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Handlungsanleitung zur Hochwasservorsorge und zum Hochwasserschutz in der Raumordnungs- und in der Bauleitplanung sowie bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben
Stand: 26.November 2018
(IS-ARGEBAU: https://www.is-argebau.de/)
Die immer wiederkehrenden Hochwasserereignisse haben vielfältige Reaktionen, aber auch Forderungen zum Schutz vor Hochwassergefahren hervorgerufen. Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Auswirkungen des Klimawandels sowie über vorbeugende und anpassende Maßnahmen rücken auch Fragen des Hochwasserschutzes wieder verstärkt in den Fokus. Es bedarf daher weiterer Anstrengungen, um sowohl Konsequenzen aus fehlerhaften Entwicklungen der Vergangenheit zu ziehen als auch noch bestehende Mängel zu beheben und weitere vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Sicher leisten dabei der weitere Ausbau von Deichen, die Erhaltung und Ausweitung von natürlichen Rückhalteflächen und die Sicherung von Talsperren sowie Rückhaltebecken (insbesondere Flutpolder) einen wichtigen Beitrag. Soweit Gebiete von Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt werden, gilt es, diese zu ermitteln und zumindest in den Risikogebieten förmlich als Überschwemmungsgebiete festzusetzen, zumindest dort, wo ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist. Darüber hinaus sind die zur Hochwasserentlastung und zum Rückhalt beanspruchten Gebiete als Überschwemmungsgebiete festzusetzen. Bestehende Bauten und Anlagen wie Öltanks in Überschwemmungsgebieten sind zu überprüfen, inwieweit sie möglichst hochwassersicher nachgerüstet oder rückgebaut werden können bzw. müssen. Ebenso sind gegebenenfalls bestehende Bauleitpläne, die für hochwassergefährdete Gebiete beziehungsweise (potentielle) Überflutungsbereiche eine bauliche Nutzung vorsehen, auf die Möglichkeit ihrer Aufhebung oder Änderung zu überprüfen. Es gilt Voraussetzungen für die Rückgewinnung von Überflutungsräumen, die Gewässerrenaturierung sowie für die Sicherung des Hochwasserabflusses zu schaffen. Zur Reduzierung des Hochwasserrisikos gehört auch - und das nicht nur in den von Hochwasser gefährdeten Gebieten -, ganz allgemein die Versiegelung weiterer Flächen auf das notwendige Maß zu begrenzen und überflüssige Versiegelungen weitgehend zu reduzieren. Neben der weiteren Ertüchtigung der Kanalisation kommt es auf deren Entlastung durch verstärkte Nutzung der Versickerung von Regenwasser an.
Diese nur beispielhaft aufgeführten Aufgaben zum vorbeugenden Hochwasserschutz verdeutlichen, allein mit den Mitteln und Möglichkeiten einer Behörde oder Institution lässt sich ein nachhaltiger Hochwasserschutz kaum bewerkstelligen. Es sind komplexe Maßnahmen nötig, die eine Vernetzung aller betroffenen Handlungsfelder erforderlich machen. So können zum Beispiel nur die Wasserbehörden bzw. Fachämter den jeweiligen Planungsbehörden die Informationen zur Verfügung stellen, die sie in die Lage versetzen, die für den Abfluss von Niederschlägen und Hochwasser erforderlichen Flächen planerisch festzustellen und freizuhalten. Diese Flächen können gemeindeübergreifend durch die Raumordnung als raumordnerisches Ziel gesichert und gegebenenfalls durch die für Wasserwirtschaft zuständigen Behörden als Überschwemmungsgebiet festgesetzt werden. Die Gemeinden können wiederum mit den planungsrechtlichen Instrumentarien des Städtebaus in ihren jeweiligen Gemeindegebieten Einfluss auf eine dem Hochwasserschutz Rechnung tragende städtebauliche Entwicklung nehmen. Dies gilt im Übrigen jenseits des gebietsbezogenen Hochwasserschutzes aus Vorsorgegründen auch wegen der zunehmenden und räumlich nicht auf bestimmte Gebiete eingrenzbaren Starkregenniederschläge. Die Genehmigungsbehörden können entsprechende technische Nebenbestimmungen in ihre Genehmigung aufnehmen und die Bauherren beraten. Das Wasserhaushaltsgesetz sieht ausdrücklich eine Vorsorge- und Schadensminderungspflicht für von Hochwasser betroffene Personen vor. Hochwasserschutz als Aufgabe der Daseinsvorsorge kann daher von den betroffenen Personen, den betroffenen Planungsträgern, Behörden und Institutionen nur gemeinsam geleistet werden.
Rechtliche Instrumente und technische Möglichkeiten, Hochwasserschäden zu minimieren oder gar weitgehend zu verhindern, sind vorhanden. Hochwasser selbst ist jedoch ein natürliches Ereignis, auf das sich der Mensch noch besser als bisher einstellen muss und das niemals zu verhindern sein wird. Doch es ist in seinem Ausmaß und vor allem in seinen Wirkungen beeinflussbar. Das Wasser-, das Raumordnungs- und das Baurecht halten wichtige Instrumente bereit, um sowohl auf Planungsebene als auch bei der Vorhabengenehmigung zu verhindern, dass Menschen und ihr Vermögen, aber auch die natürlichen Lebensgrundlagen durch voraussehbare Hochwasserereignisse gefährdet werden. Dies setzt neben dem Willen zum Einsatz der zur Verfügung stehenden Instrumentarien auch die Kenntnis seiner Möglichkeiten und Grenzen voraus. Die vorliegende gemeinsame Handlungsanleitung der Arbeitsgemeinschaft der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren (ARGEBAU), der Bund/Ländergemeinschaft Wasser (LAWA) sowie der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) soll den betroffenen Fachbereichen dafür Hilfe und Unterstützung geben. Dabei werden die raumordnungs-, wasser- und baurechtlichen Instrumente näher betrachtet und ihre Wechselwirkungen dargestellt.
Da die Länder das Recht haben, ergänzende (dort, wo das Wasserhaushaltsgesetz keine abschließenden Regelungen enthält) oder von Bundesrecht abweichende (mit Ausnahme anlagen- und stoffbezogener Regelungen) Bestimmungen zu treffen (Artikel 72 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 5 GG), sind landesrechtliche Besonderheiten, insbesondere die landesrechtlichen Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung zu beachten.
1. Bereich der Raumordnung
1.1. Raumordnerische Aufgaben und Instrumente zum vorbeugenden Hochwasserschutz
Nach § 1 ROG besteht die Aufgabe der Raumordnung darin, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen, und es ist Vorsorge für Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.
Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist eine nachhaltige Raumentwicklung, welche die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt.
Im Rahmen dieser komplexen Aufgabe und Leitvorstellung ist der vorbeugende Hochwasserschutz als ein Grundsatz der Raumordnung umzusetzen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 5 ROG ist "für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen".
Dieser bundesweite Grundsatz der Raumordnung ist, soweit erforderlich, in den Raumordnungsplänen der Länder zu konkretisieren. Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen mit ihren Festlegungen müssen alle berührten öffentlichen und privaten Belange, soweit sie erkennbar sind, abgewogen werden. Mit den Entschließungen vom 8. März 1995, vom 29. März 1996, vom 4. Juni 1998 und vom 6. Februar 2013 hat die MKRO eine Überprüfung der bisherigen Hochwasserschutzstrategien und einen wirksamen Beitrag der Raumordnung und Landesplanung zum vorbeugenden Hochwasserschutz gefordert. In den Handlungsempfehlungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14. Juni 2000 (GMBl. 2000 S. 514 ff.) wurden die Entschließungen bekräftigt und konkretisiert. Inzwischen wurde in vielen Ländern entsprechend der jeweiligen Notwendigkeit und der raumordnungsrechtlichen Grundlagen in Ergänzung zu den Instrumenten der Wasserwirtschaft sowie auf der Basis wasserwirtschaftlicher Erkenntnisse mit der Umsetzung begonnen.
Nach den Handlungsempfehlungen der MKRO vom 14. Juni 2000 umfasst das raumordnerische Flächenmanagement zum vorbeugenden Hochwasserschutz:
In ihrer Entschließung vom 6. Februar 2013 hat die MKRO die Bedeutung der raumordnerischen Risikovorsorge für den Hochwasserschutz erneut hervorgehoben und weiteren Handlungsbedarf aufgrund der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Extremwetterlagen aufgezeigt und zwei einschlägige Handlungsfelder ("Vorbeugender Hochwasserschutz in Flussgebieten und Küstenschutz" und "Küstenschutz") genannt. Sie empfiehlt eine auf die jeweiligen regionalen Verhältnisse ausgerichtete Anwendung und weitere Optimierung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen durch die Landes- und Regionalplanung. Hierzu werden in den Raumordnungsplänen für das gesamte Landesgebiet (landesweiter Raumordnungsplan gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG) sowie in Raumordnungsplänen für Teilräume der Länder (Regionalpläne gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG) entsprechende Ziele und Grundsätze festgelegt. Im jeweiligen Planungsmaßstab können entsprechende Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2 ROG) ausgewiesen werden. Diese raumordnerischen Instrumente sind wie folgt definiert:
Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes, § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Ziele der Raumordnung sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG zu beachten. Sie können in Bauleitplänen und sektoralen Fachplanungen nicht erneut abgewogen werden, sondern nur noch dem größeren Planungsmaßstab entsprechend konkretisiert werden.
Grundsätze der Raumordnung sind Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen, § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG. Grundsätze sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG zu berücksichtigen, das heißt ihre inhaltliche Ausrichtung ist bei weiteren, auf der Ebene der Raumordnung noch nicht abschließend vollzogenen Abwägungen mit anderen örtlichen oder sektoralen Belangen zu berücksichtigen.
Für räumliche Festsetzungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz ermöglichen die Vorschriften der § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d) und § 7 Abs. 3 Satz 2 Nrn 1 und 2 ROG die Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in Raumordnungsplänen:
Vorranggebiete geben bestimmten, raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen Priorität und schließen andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet aus, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind, § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG.
Vorbehaltsgebiete messen in den jeweiligen Gebieten bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen für nachfolgende Abwägungen mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen ein besonderes Gewicht bei - schließen aber die Zulassung entgegenstehender Nutzungen nicht vollständig aus, § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ROG.
Der Einsatz der oben aufgeführten raumordnerischen Instrumente zum vorbeugenden Hochwasserschutz ist Aufgabe der Länder; entsprechende textliche Ziele und Grundsätze sowie räumliche (zeichnerische) Gebietsfestlegungen müssen in den Landes- und Regionalplänen der Länder im jeweiligen Planungsmaßstab ausgestaltet werden. Auf der Ebene der Landesplanung (Landesentwicklungsprogramme und -pläne) werden Grundsätze und Ziele als Vorgabe für eine weitere Konkretisierung auf regionalplanerischer Ebene verankert. Dabei können bereits mit Zielen der Landesebene nachfolgend zu sichernde Flächen eindeutig definiert werden (zum Beispiel "Flächen, die bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis überschwemmt werden") und Abwägungsregeln für nachgeordnete Entscheidungen festgelegt werden (zum Beispiel "In den Überschwemmungsbereichen sind die verschiedenen Raumfunktionen - Landwirtschaft/Naturschutz/Erholung - unter Beachtung der vorrangigen Belange des Hochwasserschutzes aufeinander abzustimmen.").
Vorrang- beziehungsweise Vorbehaltsgebiete, die für alle Planungsbeteiligten die räumliche Anordnung der jeweiligen Raumfunktionen und Raumnutzungen eindeutig festlegen, sind besonders effektiv. Wegen der Größe und Ausformung der hochwassergefährdeten Bereiche (langgestreckte schmale Bereiche entlang der Flüsse) sind solche Festlegungen für den vorbeugenden Hochwasserschutz in der Regel nur auf regionalplanerischer Ebene möglich; sie sollten hier - soweit der Planungsmaßstab es zulässt - angewandt werden. Außerdem sollte in den Regionalplänen festgelegt werden, dass die Ziele auf kleinere Fließgewässer entsprechend anzuwenden sind, um auch kleinere, im regionalen Planungsmaßstab nicht darstellbare Überschwemmungsbereiche zu sichern.
Die Handlungsempfehlungen der MKRO umfassen differenzierte Angaben zur Verwendung der raumordnerischen Instrumente für bestimmte Belange des vorbeugenden Hochwasserschutzes. Im Folgenden soll auf die für die Bauleitplanung bedeutsamen Aspekte dieser raumordnerischen Vorgaben zum vorbeugenden Hochwasserschutz eingegangen werden:
1.2. Raumordnerische Sicherung (vorhandener) Überschwemmungsflächen
Die natürlichen Überschwemmungsflächen der Fließgewässer sind durch Eindeichungen, Gewässerausbau und Aufhöhung gewässernaher (Bau-)Grundstücke stark verkleinert worden. Die heute noch nicht bebauten Überschwemmungsflächen sollen deshalb möglichst vollständig für den Abfluss, die Rückhaltung und die Entlastung von Hochwasser erhalten werden. Eine weitere Inanspruchnahme für Baugebiete soll ausgeschlossen werden, um Retentionsraum zu erhalten und keine zusätzlichen Schadenspotentiale aufzubauen.
Die vorhandenen Überschwemmungsflächen sollen deshalb durch entsprechende Ziele in Landes- und Regionalplänen gesichert werden. Bei der Bemessung soll bundeseinheitlich mindestens ein 100-jährliches Hochwasserereignis zugrunde gelegt werden. Sofern es die (von der Wasserwirtschaft bereitzustellenden) Planungsgrundlagen und der Maßstab der Raumordnungspläne zulassen, soll eine zeichnerische Darstellung/räumliche Abgrenzung als Vorranggebiet erfolgen. Wenn konkrete Vorschläge beziehungsweise hinreichende Planungsgrundlagen nicht vorliegen oder eine raumordnerische Endabwägung nicht möglich ist, kommt auch eine Ausweisung als Vorbehaltsgebiet in Betracht.
Dabei ist die raumordnerische Darstellung entsprechender "Überschwemmungsbereiche" (im Gegensatz zur wasserrechtlichen Festsetzung von "Überschwemmungsgebieten") nicht parzellenscharf. Diese Darstellungsunschärfe erleichtert es, neben wasserrechtlich festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten auch n o c h nicht festgesetzte oder vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete (für diese gelten die Regelungen für festgesetzte Überschwemmungsgebiete entsprechend) sowie sonstige faktische Überschwemmungsgebiete in die raumordnerische Ausweisung von Überschwemmungsbereichen einzubeziehen. Letztere können dann im Nachgang zur raumordnerischen Sicherung sukzessive wasserrechtlich festgesetzt werden.
Innerhalb der durch raumordnerische Ziele gesicherten Überschwemmungsbereiche ist die bauleitplanerische Ausweisung neuer Baugebiete grundsätzlich unzulässig (vergleiche hierzu unten 3.2.1.).
Da in der Vergangenheit der Erhaltung von Überschwemmungsflächen zu wenig Beachtung geschenkt wurde, sollte die raumordnerische Sicherung von Überschwemmungsbereichen mit dem Ziel verbunden werden, innerhalb dieser Überschwemmungsbereiche in Flächennutzungsplänen ausgewiesene Siedlungsflächen zurückzunehmen, soweit sie noch nicht realisiert oder in verbindlichen Bauleitplänen als Baugebiete festgesetzt sind. Weitergehende Forderungen nach Rücknahme vorhandener oder rechtsverbindlich festgesetzter Siedlungsflächen können Entschädigungsansprüche gegenüber den Gemeinden auslösen (s. hierzu 3.5.3.3).
Vorhandene überschwemmungsgefährdete Bebauung, die Bestandsschutz i. S. v. Art. 14 Abs. 1 GG genießt, soll in die raumordnerische Darstellung von Überschwemmungsbereichen einbezogen werden. In zugeordneten raumordnerischen Erläuterungen soll klargestellt werden, dass damit diese vorhandene Bebauung nicht in Frage gestellt wird; vielmehr soll das Risiko deutlich werden und zu entsprechenden hochwasserangepassten Maßnahmen anregen.
1.3. Raumordnerische Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen
In die raumordnerische Sicherung von Überschwemmungsbereichen sollen auch solche Flächen einbezogen werden, die im Zuge von Deichrückverlegungen, Gewässerrenaturierungen und Verbreiterungen von Abflussquerschnitten als Retentionsraum zurückgewonnen werden sollen (in der Regel ehemalige Überschwemmungsgebiete). Die Raumordnung sichert damit Optionen für entsprechende wasserwirtschaftliche Maßnahmen zur Vergrößerung von Überschwemmungsgebieten und greift räumlich über die nach Wasserrecht mögliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten hinaus.
Neben textlichen Zielaussagen zur Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen ist auch hierzu eine räumliche/zeichnerische Darstellung in Raumordnungsplänen anzustreben. Die Darstellung von Vorranggebieten mit dem Ziel der Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen beziehungsweise die Einbeziehung in entsprechende Überschwemmungsbereiche erfordert konkrete Angaben der Wasserwirtschaft, die bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen mit anderen Ansprüchen an den Raum abschließend abgewogen werden können.
Wenn solche konkreten Angaben zur Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen noch nicht vorliegen, können gegebenenfalls erkennbare Rückgewinnungsmöglichkeiten als Vorbehaltsgebiete dargestellt werden. Bei solchen Vorbehalten ist dann eine abschließende Abwägung mit anderen Ansprüchen an den Raum in der Bauleitplanung oder in wasserrechtlichen Verfahren möglich.
Vorranggebiete, die zur Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen festgelegt werden, sind in nachgeordneten Planverfahren genauso zu beachten wie Vorranggebiete, die zur Erhaltung vorhandener Überschwemmungsflächen ausgewiesen wurden; in beiden Fällen entfalten die Vorranggebiete die gleichen Wirkungen bezüglich der bauleitplanerischen Anpassung/Ausweisung von Bauflächen. Um bisherige (landwirtschaftliche) Nutzungen weiterhin zu gewährleisten und die Akzeptanz anderer Planungsbeteiligter zu gewinnen, sollte nicht jede Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen mit der Forderung nach Naturentwicklung verbunden werden. Selten überschwemmte Flächen können weiterhin landwirtschaftlich beziehungsweise ackerbaulich genutzt werden.
1.4. Raumordnerische Risikovorsorge in potentiellen Überflutungsbereichen
Historisch gewachsene Siedlungen können, sofern ausgewiesene Retentionsflächen in flussaufwärts gelegenen Bereichen nicht ausreichen, i.d.R. nur durch technische Hochwasserschutzanlagen geschützt werden. Hochwasserschutzanlagen können dennoch keine absolute Sicherheit garantieren. Katastrophen, zum Beispiel durch Deichbrüche oder ein Überströmen von Deichen bei extremen Hochwasserereignissen, können nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Auch hinter den Deichen ist deshalb eine stärkere Berücksichtigung des Restrisikos notwendig.
Mit der raumordnerischen Ausweisung von potentiellen Überflutungsbereichen (hinter Deichen) sollen das Bewusstsein für dieses "Restrisiko" in deichgeschützten Bereichen geschärft und entsprechend angepasste Raumnutzungen initiiert werden. Bei der Bemessung sollte mindestens ein 200-jährliches Hochwasserereignis zugrunde gelegt werden. Geeignete Maßnahmen können sein:
Die genannten Maßnahmen machen deutlich, dass eine weitere Siedlungsentwicklung in den deichgeschützten, potentiellen Überflutungsbereichen nicht generell ausgeschlossen, sondern dem Risiko angepasst werden soll. Landes- und Regionalpläne können deshalb vor allem Grundsätze und Vorbehaltsgebiete zur Risikovorsorge festlegen; die konkrete Berücksichtigung der Risiken ist dann eine Aufgabe kommunaler Planungen und Maßnahmen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, bereits im Regionalplan für besonders gefährdete Teile von potentiellen Überflutungsbereichen eine neue Siedlungsnutzung durch entsprechende Ziele und Vorranggebiete auszuschließen.
1.5. Raumordnerische Darstellungen zum Rückhalt des Wassers in den Einzugsgebieten der Flüsse
Der im Sinne des vorbeugenden Hochwasserschutzes anzustrebende Rückhalt des Wassers in der Fläche des gesamten Einzugsgebietes deckt sich mit traditionellen raumordnerischen Zielen zur Sicherung von Freiräumen und Freiraumfunktionen, insbesondere der Sicherung von Wald- und Agrarbereichen mit gegebenenfalls überlagernden weiteren Schutzfunktionen (Schutz von Natur und Landschaft, Grundwasserschutz, Sicherung und Entwicklung regionaler Grünzüge etc.). Ihre Sicherung ist nunmehr auch unter dem Gesichtspunkt der positiven, ausgleichenden Wirkungen für den Wasserhaushalt beziehungsweise Wasserabfluss fortzuführen. Die raumordnerische Sicherung von Freiräumen erfolgt über Ziele und Grundsätze sowie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die jeweiligen Freiraumfunktionen und -nutzungen. Diese sind von der Bauleitplanung im Sinne der primär gesicherten Funktionen und Nutzungen zu beachten beziehungsweise zu berücksichtigen; der Wasserrückhalt ist dabei in der Regel nur mittelbar von Bedeutung.
Ergänzend können zum Wasserrückhalt Standorte vorhandener und zusätzlicher Talsperren und Rückhaltebecken (insbesondere Flutpolder) mit ihren jeweiligen Einzugsgebieten raumordnerisch gesichert werden. Vorhandene und geplante Talsperren und Rückhaltebecken (insbesondere Flutpolder) werden raumordnerisch in der Regel durch konkrete Ziele und Darstellung von Standorten beziehungsweise Vorranggebieten gesichert und sind dann von der Bauleitplanung zu beachten.
Außerdem können in Raumordnungsplänen Grundsätze zum Wasserrückhalt in Siedlungsbereichen aufgenommen werden. Maßstabbedingt werden dabei aber keine konkreten Flächen oder Maßnahmen festgelegt; die Umsetzung in planerische Festlegungen zur Versickerung und Bewirtschaftung von Niederschlagswasser müsste im Rahmen der Bauleitplanung, durch wasserwirtschaftliche Pläne oder durch Satzungen nach Landesrecht erfolgen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen zum Rückhalt des Wassers in den Einzugsgebieten der Flüsse vor allem für kleine und mittlere Hochwasserereignisse von Bedeutung sind. Im Hinblick auf extreme Hochwasserereignisse steht beim raumordnerischen Flächenmanagement die Sicherung und Rückgewinnung von natürlichen Überschwemmungsflächen und die Risikovorsorge in potentiell überflutungsgefährdeten Bereichen im Vordergrund.
In den Gewässerauen selbst kann durch Entwicklung von Auewäldern und andere Renaturierungsmaßnahmen auf einen verzögerten Wasserabfluss hingewirkt werden. Solche Maßnahmen können am Ort des Rückstaus höhere Wasserstände bewirken und bedürfen deshalb einer einzelfallbezogenen Bewertung.
1.6. Bindung der Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung
Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Wie bereits dargelegt, können in der Landes- und Regionalplanung durch die Festlegung von Vorranggebieten überschwemmungsgefährdete Flächen und rückgewinnbare Retentionsräume gegen Planungen abgesichert werden, die den Hochwasserabfluss und -rückhalt beeinträchtigen. In Vorranggebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen, die mit den Funktionen, Nutzungen und Zielen des Vorranggebiets nicht vereinbar sind. Vorranggebiete stellen Ziele der Raumordnung dar und sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten (§ 4 Abs. 1 ROG). Soweit daher in Vorranggebieten für den Hochwasserabfluss und -rückhalt Darstellungen eines Flächennutzungsplans oder Festsetzungen eines Bebauungsplans darauf gerichtet sind, eine bauliche Entwicklung vorzubereiten, die den Hochwasserabfluss und -rückhalt beeinträchtigt, ist der Anpassungspflicht des (§ 1 Abs. 4 BauGB nicht Rechnung getragen. Ein gemeindlicher Abwägungsspielraum besteht insoweit nicht. Vorranggebiete für den Hochwasserschutz sind damit einer auf die Ausweisung von Bauflächen gerichteten Bauleitplanung grundsätzlich entzogen.
Demgegenüber verbleibt bei der landesplanerischen Ausweisung von Vorbehaltsgebieten für den Hochwasserschutz ein Abwägungsspielraum der Gemeinde erhalten. In Vorbehaltsgebieten für den Hochwasserschutz wird dieser Nutzung für nachfolgende Abwägungen ein besonderes Gewicht beigemessen; eine dieser Nutzung entgegenstehende Planung ist damit aber nicht von vornherein ausgeschlossen.
1.7. Ermächtigung zu einem Bundesraumordnungsplan (länderübergreifende Raumordnungspläne)
Die mit Gesetz vom 23.05.2017 modifizierte Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 ROG, in Kraft getreten am 29.11.2017, ermöglicht es dem Bund, länderübergreifende Raumordnungspläne für den Hochwasserschutz im Benehmen mit den Ländern und den angrenzenden Staaten aufzustellen. Sofern der Bund von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch machen sollte, entfaltet der (Bundes-)Raumordnungsplan die Bindungswirkungen nach § 4 ROG - auch gegenüber (bestehenden) Raumordnungsplänen der Länder. Die frühere Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 ROG 2009, die eine gegenteilige Rechtsfolge bewirkte, ist weggefallen.
Voraussetzung ist nach § 17 Abs. 2 Satz 2 ROG, dass die Aufstellung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Bundesgebietes unter nationalen oder europäischen Gesichtspunkten erforderlich ist. Die Aufstellung länderübergreifender Raumordnungspläne für den Hochwasserschutz bedarf also einer entsprechenden Rechtfertigung im Abgleich mit bereits bestehenden Regelungen auf Länderebene.
2. Bereich des Wasserrechts
Das "Gesetz zur weiteren Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes" vom 30.06.2017 1) (in allen Teilen in Kraft seit 05.01.2018) führt neben Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes (Art. 3) und der Verwaltungsgerichtsordnung (Art. 4) die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 und die durch das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005 (BGBl I S. 1224) getroffenen Vorgaben zur Hochwasservorsorge und zum Hochwasserschutz im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) (Art. 1) und im BauGB (Art. 2) fort.
Die Landeswassergesetze bleiben jedoch nach wie vor auch für den Hochwasserschutz von Bedeutung, da die Länder die Möglichkeit haben, ergänzende oder abweichende Bestimmungen zu treffen (Artikel 72 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 5 GG). Ausgenommen von der Abweichungsbefugnis sind stoff- und anlagenbezogene Regelungen. Zudem ist zu beachten, dass bestimmte Regelungen des § 78a WHG auch auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 und Nr. 18 GG gestützt werden.
Das WHG enthält eine Definition des Begriffes "Hochwasser" (§ 72) und unter anderem folgende rechtliche Instrumente des vorsorgenden Hochwasserschutzes:
2.1. Erhaltungsgebot
Sowohl festgesetzte oder vorläufig gesicherte als auch faktische, also nicht festgesetzte oder vorläufig gesicherte, Überschwemmungsgebiete sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten (§ 77 Abs. 1 Satz 1 WHG). Soweit der Erhaltung überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 WHG).
Das Erhaltungsgebot des § 77 WHG gilt insbesondere in Überschwemmungsgebieten nach § 76 Abs. 1 WHG, die nicht festgesetzt oder vorläufig gesichert sind. Gerade Überschwemmungsgebiete, die weder festgesetzt noch im Sinn von § 76 Abs. 3 WHG vorläufig gesichert sind, sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Das Erhaltungsgebot tritt zurück, soweit ihm überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen; in diesem Fall sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 WHG).
Bebaute Flächen, Flächen eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans und Flächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile haben in der Regel die Funktion der Rückhaltung verloren. Größere Baulücken können aber im Einzelfall eine Rückhaltefunktion haben (s. hierzu BVerwG, Urt. v. 22.07.2004 - Az: 7 CN 1/04). Dies kann auch im Geltungsbereich qualifizierter oder einfacher Bebauungspläne der Fall sein, wenn dort von Bebauung freizuhaltende Flächen festgesetzt sind, denen (auch) eine Rückhaltefunktion zukommt.
Die Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2 WHG greift nach Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur noch eingeschränkt, wenn es sich dabei um einen rechtsverbindlichen Bebauungsplan handelt, der die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben abschließend bestimmt. Sofern die Aspekte des Hochwasserschutzes bei der Aufstellung des Bebauungsplans sachgerecht behandelt wurden, kann dem Bauvorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht neuerlich das Erhaltungsgebot entgegenstehen. Allerdings besteht in festgesetzten und vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet eine Ausgleichspflicht nach § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 a) WHG. Es sei denn, der Ausgleich ist bereits mit der Bauleitplanung geregelt (§ 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 WHG).
Soweit der Erhaltung von Überschwemmungsgebieten als Rückhalteflächen überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen - also eine entsprechende Bauleitplanung möglich ist -, sind nach § 77 Abs. 1 Satz 2 WHG rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Beim Ausgleich muss berücksichtigt werden, dass die Unterlieger und gegebenenfalls auch die Oberlieger geschützt werden sollen. Ein Ausgleich ist auch dann notwendig, wenn die Maßnahme im Verhältnis zum gesamten Überschwemmungsraum gering ist.
Der Begriff "notwendige Ausgleichsmaßnahmen" hat nicht zwingend zur Folge, dass gleiche Flächen wiederhergestellt werden müssen. Der Ausgleich muss vielmehr funktional von gleicher Qualität sein, das heißt, der Ausgleich muss geeignet sein, das verloren gegangene Rückhaltevolumen zumindest zeitgleich und vollständig zu ersetzen. Im Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan ist zu ermitteln, in welchem Umfang eine durch einen Bebauungsplan ermöglichte Bebauung den Verlust an Retentionsraum zur Folge hat und durch welche Maßnahmen dies ausgeglichen werden kann.
Ausgleichsmaßnahmen nach § 77 Abs. 1 Satz 2 WHG können auch Maßnahmen mit dem Ziel des Schutzes vor Hochwasser sein, die entweder zum Zweck des Ausgleichs künftiger Verluste an Rückhalteflächen getroffen werden oder zugleich als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme nach § 15 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes dienen oder nach § 16 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes anzuerkennen sind, § 77 Abs. 1 Satz 3 WHG. Diese durch das Hochwasserschutzgesetz II eingeführte Vorschrift ermöglicht eine vorausschauende Vorratshaltung an Retentionsflächen, wenn z.B. zuvor an anderer Stelle "zum Zweck des Ausgleichs künftiger Verluste an Rückhalteflächen" auf Vorrat eine Aue oder ein Polder angelegt worden ist. Dies kann auch im Zusammenwirken mit anderen Gemeinden erfolgen, sofern die Maßnahme geeignet ist, die o.a. Zielsetzung zu erfüllen. Dem liegt das aus dem Naturschutzrecht bekannte System des "Ökokontos" zugrunde, ein Instrument zur vorsorgenden Sicherung und Bereitstellung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, mit denen künftige Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Es umfasst Konzepte zur Bevorratung von Flächen und zur Durchführung von Maßnahmen. Nach § 77 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WHG können die neu geschaffenen Retentionsflächen zugleich auch der naturschutzrechtlichen Kompensationen dienen.
2.2. Wasserrechtliche Gebietskategorien
2.2.1 Überschwemmungsgebiete
Überschwemmungsgebiete sind nach § 76 Abs. 1 WHG die Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Ausgenommen sind - vorbehaltlich abweichender landesrechtlicher Regelungen - Gebiete, die überwiegend von Gezeiten beeinflusst werden. Einen Bedarf, den Küstenschutz über das bestehende und durch die EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie veranlasste Maß hinaus bundesrechtlich zu regeln, hat der Bundesgesetzgeber nicht gesehen.
2.2.1.1 Festzusetzende Gebiete
Die Landesregierungen sind nach § 76 Abs. 2 Satz 1 WHG verpflichtet, bestimmte Überschwemmungsgebiete durch Rechtsverordnung festzusetzen. Eine Übertragung der Festsetzungsermächtigung auf andere Landesbehörden ist möglich (§ 76 Abs. 2 Satz 4 WHG). Das Verfahren zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten wird weitgehend durch Landesrecht geregelt. Gemäß Artikel 80 Abs. 4 GG ist es auch möglich, die Überschwemmungsgebiete durch Landesgesetz festzusetzen.
Erfasst von der Festsetzungspflicht sind folgende Gebiete:
In festgesetzten Überschwemmungsgebieten bestehen nach §§ 78, 78a und 78c WHG bestimmte gesetzliche Verbote, z.B. das Verbot der Ausweisung von neuen Baugebieten (im Außenbereich § 78 Abs. 1 Satz 1) das Verbot der Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen (§ 78 Abs. 4 Satz 1) oder das Verbot der Errichtung neuer Heizölverbraucheranlagen (§ 78c Abs. 1 Satz 1) Von diesen Verboten können unter den Voraussetzungen der §§ 78 Abs. 2, 78 Abs. 5, 78a Abs. 2 und 78c Abs. 1 Satz 2 WHG jeweils Ausnahmen erteilt werden. Darüber hinaus können bei der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten je nach Erfordernis im konkreten Überschwemmungsgebiet nach § 78a Abs. 5 WHG alternativ oder kumulativ weitere Regelungen getroffen werden.
§ 76 Abs. 3 WHG regelt im Vorfeld der Festsetzung die Pflicht, noch nicht nach § 76 Abs. 2 WHG festgesetzte Überschwemmungsgebiete zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern. Für diese vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiete gelten die gesetzlichen Regelungen für festgesetzte Überschwemmungsgebiete nach § 78 Abs. 1 bis 7, § 78a Abs. 1 bis 5 WHG und § 78c Abs. 1 WHG entsprechend (§ 78 Abs. 8 bzw. §§ 78a Abs. 6 und 78c Abs. 1 Satz 1 WHG).
Weiterhin gelten gemäß § 106 Abs. 3 WHG vor dem 01.03.2010 aufgrund bisherigen Landesrechts festgesetzte, als festgesetzt geltende oder vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete als festgesetzte oder vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete im Sinne von § 76 Abs. 2 oder Abs. 3 WHG. Den Ländern ist es darüber hinaus unbenommen, in ihren Landesgesetzen nach dem 01.03.2010 weitere Überschwemmungsgebiete zu definieren. Für all diese Gebiete gelten dieselben Regeln wie für die Überschwemmungsgebiete nach § 76 Abs. 2 WHG.
2.2.1.2 Festsetzung von Überschwemmungsgebieten und baurechtliche Qualifikation von Gebieten
Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten erfolgt unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung der Fläche. Überschwemmungsgebiete können daher nicht nur im Außenbereich nach § 35 BauGB, sondern auch in Bereichen festgesetzt werden, die mit qualifizierten oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen überplant oder im Zusammenhang bebauten Ortsteilen (Innenbereich) zuzuordnen sind. In festgesetzten bzw. vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten gilt für Einzelbauvorhaben ein Bauverbot mit Ausnahmevorbehalt, § 78 Abs. 4 WHG. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 78 Abs. 5 Satz 1 WHG (im Einzelnen siehe unten 4.) kann die zuständige Behörde abweichend von diesem Verbot die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB genehmigen.
Zum Hochwasserschutz in der Bauleitplanung vergleiche im Folgenden, insbesondere zu den Anforderungen an die Abwägung, vergleiche 3.3.
2.2.2 Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten
Durch das Hochwasserschutzgesetz II wurden in § 78b WHG Regelungen zu den Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten getroffen. Diese Gebietskategorie ähnelt der vormaligen Kategorie der überschwemmungsgefährdeten Gebiete nach § 31c WHG a.F. (bis 2009). Erfasst sind die Gebiete, für die Gefahrenkarten zu erstellen sind und die nicht als Überschwemmungsgebiete festgesetzt oder vorläufig gesichert sind. Die Festlegung dieser Gebiete bedarf keiner besonderen Ausweisung, ihr Umfang ergibt sich aus den aktuellen Gefahrenkarten, welche nach § 74 Abs. 2 zu erstellen sind (§ 78b Abs. 1 Satz 1 WHG).
2.2.3 Hochwasserentstehungsgebiete
Als neue Gebietskategorie wurden mit dem Hochwasserschutzgesetz II bundesweit die Hochwasserentstehungsgebiete nach § 78d WHG eingeführt. Hochwasserentstehungsgebiete können ebenso wie Überschwemmungsgebiete nur durch Rechtsverordnung festgelegt werden. Das Ziel der Ausweisung dieser Gebiete ist die Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche, wobei der Gesetzgeber die Entwicklung und Festlegung von Kriterien für das Vorliegen von Hochwasserentstehungsgebieten den Ländern überlässt. Die wichtigsten Kriterien sind in Absatz 2 Satz 2 allgemein genannt. Diese Ausweisung durch Rechtsverordnung ist ebenfalls als Option für die Länder ausgestaltet, eine Pflicht zur Ausweisung dieser Gebiete besteht nicht.
3. Hochwasserschutz in der Bauleitplanung
3.1. Hochwasserschutz als Aufgabe der Bauleitplanung
Hochwasserschutz ist eine Aufgabe der Planungsträger auf allen Planungsebenen. Hochwasser an Flussläufen ist in Ursprung und Auswirkungen ein gemeindeübergreifendes Geschehen. Daher ist auch der Schutz vor Hochwasser zunächst gemeindeübergreifend zu leisten und eine Aufgabe der Raumordnung und Landesplanung. Wie in Abschnitt 1 dargestellt, stellt das Raumordnungsrecht hierfür wirksame Instrumente zur Verfügung, zur Bindungswirkung des § 1 Abs. 4 BauGB s. o. 1.6. Hinzu treten die Instrumente des Wasserrechts. Die Bestimmungen der §§ 78 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 8, 78b Abs. 1Satz 2 Nr. 1, 78d Abs. 6 WHG mit den Regelungen zur Bauleitplanung in festgesetzten und vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten, sowie in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten sowie in Hochwasserentstehungsgebieten.
sowie des § 77 WHG zum Gebot der Erhaltung von Überschwemmungsgebieten in ihrer Funktion als Rückhalteflächen haben erhebliche Auswirkungen auf die gemeindliche Bauleitplanung (zu den einschlägigen Bestimmungen des WHG siehe 3.2.).
Abgesehen davon kann die kommunale Bauleitplanung - sei es auf der Ebene der Flächennutzungsplanung, sei es auf der Ebene der Bebauungsplanung - durch die bestehenden bauplanungsrechtlichen Instrumentarien ihren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Da der Städtebau und sein rechtliches Instrumentarium auf das Gebiet der planenden Gemeinde beschränkt sind, kommt der Bauleitplanung insoweit in erster Linie eine die überörtliche Planung und das wasserrechtliche Instrumentarium ergänzende Funktion zu. In der bauleitplanerischen Abwägung sind Belange des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen (3.3.). Auf die Besonderheiten in der Flächennutzungs- bzw. der Bebauungsplanung wird unter 3.4. bzw. 3.5. eingegangen.
3.2. Planungsverbot in Überschwemmungsgebieten
Die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen und bestimmten sonstigen städtebaulichen Satzungen nach dem BauGB ist in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt, § 78 Abs. 1. Satz 1 WHG. Für nach § 76 Abs. 3 WHG ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete gilt dieses Verbot entsprechend, § 78 Abs. 8 WHG. Unter den im Einzelnen in § 78 Abs. 2 WHG genannten Voraussetzungen kann die zuständige Behörde die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen (siehe hierzu 3.2.2.).
3.2.1. Grundsätzliches Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete in festgesetzten Überschwemmungsgebieten
§ 78 Abs. 1 Satz 1 WHG bestimmt, dass in festgesetzten Überschwemmungsgebieten durch Bauleitpläne oder sonstige Satzungen nach dem BauGB keine neuen Baugebiete im Außenbereich ausgewiesen werden dürfen; ausgenommen sind Bauleitpläne für Häfen und Werften sowie Ausweisungen, die ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen, § 78 Abs. 1 Satz 2 WHG.
§ 78 Abs. 1 Satz 1 WHG bezieht sich auf die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich. Damit kodifiziert der Gesetzgeber die bereits von der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil v. 03.06.2014 - 4 CN 6/12) entwickelten Grundsätze, wonach nur solche Flächen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten, die erstmalig einer Bebauung zugeführt werden sollen, unter das Planungsverbot fallen. Damit ist gesetzlich geklärt, dass nur Baugebiete auf bisher unbebauten Flächen gemeint sind, und nicht auch die Überplanung oder Umplanung bereits bebauter Bereiche und die Änderung eines bereits bestehenden Bebauungsplans. So fallen bloße Umplanungen, etwa die Änderung der Gebietsart eines bereits bestehenden Baugebiets, sowie Überplanungen bestehender Bebauungszusammenhänge (s. Sächsisches OVG, Urteil v. 30.5.2013 - 1 C 4/13 zu einem bereits vorhandenen faktischen Wohngebiet) nicht unter das Verbot. In diesem Fall sind die Belange des Hochwasserschutzes im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung (§ 78 Abs. 3 WHG, § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 12, Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB, s. hierzu 3.3) sowie der für die Vorhabenzulassung erforderlichen hochwasserschutzrechtlichen Abweichungsentscheidungen (§ 78 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 WHG, s. hierzu unter 4.) zu berücksichtigen.
Die Vorschrift bezieht sich auf die Ausweisung neuer Baugebiete durch Bauleitpläne und sonstige Satzungen nach dem BauGB. Bauleitpläne sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan."Sonstige Satzungen" erfasst zum einen die Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB - nicht hingegen die deklaratorisch wirkende Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB, mit der nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 18.05.1990 - 4 C 37/87) kein neues Baurecht ausgewiesen wird, und Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB.
Baugebiete sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 BauNVO Flächen, die für die Bebauung vorgesehen sind und in einem Bauleitplan nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung dargestellt sind (wie zum Beispiel Wohngebiete, Mischgebiete oder Gewerbegebiete).
Im Übrigen wird auch die erstmalige Darstellung von Bauflächen (§ 1 Abs. 1 BauNVO) im bisherigen planungsrechtlichen Außenbereich in einem Flächennutzungsplan von § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG erfasst. Dies ergibt sich daraus, dass bereits bei der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen, um das im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende gesamträumliche Entwicklungskonzept der Gemeinde in Bebauungsplänen umsetzen zu können (vergleiche hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 21.10.1999, NVwZ 2000, 1045 = DVBl 2000, 794 = DÖV 2000, 423).
Ausgenommen von dem Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete sind Bauleitpläne für Häfen und Werften (§ 78 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz WHG). Grund für diese Ausnahmeregelung ist, dass solche Anlagen nur unmittelbar am Gewässer errichtet oder fortentwickelt werden können. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an ein "Hafengebiet" als Sondergebiet im Sinne von § 11 Abs. 2 BauNVO. Auch Ausweisungen, die ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen, sind nach § 78 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz WHG vom Planungsverbot ausgenommen.
3.2.2. Ausnahmsweise Zulassung neuer Baugebiete
Nach § 78 Abs. 2 WHG kann die zuständige Behörde die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen. Die Bestimmung der zuständigen Behörde im Sinne der Vorschrift obliegt dem Landesrecht.
Die zuständige Behörde hat vor der Zulassung der Ausweisung eines neuen Baugebietes im festgesetzten Überschwemmungsgebiet das Vorliegen aller in § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 9 WHG geregelten Ausnahmevoraussetzungen zu prüfen. Die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen liegt beim Planungsträger (Gemeinde). Soweit die Ausnahmevoraussetzungen wasserwirtschaftliche Aspekte betreffen, sind Gemeinden für ihren Planungsprozess auf entsprechende fachliche Unterstützung der Wasserbehörden angewiesen (vgl. auch § 78 Abs. 3 Satz 3 WHG für die Abwägung bei Bestandsüberplanung). Liegen die Ausnahmevoraussetzungen sämtlich vor, hat die Behörde nach den Grundsätzen sachgerechter Ermessensausübung über die Zulassung der Baugebietsausweisung zu entscheiden.
Das Gesetz führt folgende Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulassung auf, die kumulativ erfüllt sein müssen:
Im Einzelfall sind die Anforderungen an eine hochwasserangepasste Bauausführung den Festsetzungen oder der Begründung des Bebauungsplans zu entnehmen. Welche Anforderungen bei der Bauausführung im Einzelnen zu beachten sind, bestimmt sich darüber hinaus naturgemäß nach den konkreten örtlichen Erfordernissen. Empfehlungen für das Bauen in hochwassergefährdeten Bereichen enthält die Anlage.
§ 78 Abs. 2 Satz 2 WHG sieht vor, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen der Erteilung einer Ausnahme vom Planungsverbot nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 - 8 WHG die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen sind. Dadurch misst der Bundesgesetzgeber dem Planungsverbot nunmehr drittschützende Wirkung bei (zum Nachbarbegriff und zur Reichweite des Nachbarschutzes, s. unter 4.2.2).
3.2.3. Grundsätzliches Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten
Für nach § 76 Abs. 3 WHG ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete gelten die Bestimmungen des § 78 Abs. 1 bis 7 WHG entsprechend (§ 78 Abs. 8 WHG; vergleiche hierzu bereits oben 2.2.). Auch in solchen Überschwemmungsgebieten dürfen folglich grundsätzlich keine neuen Baugebiete ausgewiesen werden; Ausnahmen sind ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 WHG möglich.
3.3. Hochwasserschutz in der bauleitplanerischen Abwägung
Sofern kein Planungsverbot gem. § 78 Abs. 1 WHG (s.o. Ziff. 3.2) besteht und auch Ziele der Raumordnung (s.o. Ziff. 1.6) einer Planung nicht entgegenstehen, sind die Belange des Hochwasserschutzes auf der Ebene der Abwägung zu berücksichtigen und mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Die Belange des Hochwasserschutzes sind ausdrücklich im Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführt. § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB hebt den Stellenwert der Erfordernisse des Hochwasserschutzes in der Bauleitplanung hervor. Als Ergebnis dieses Abwägungsvorganges kann es zu unterschiedlichen Reaktionsmöglichkeiten der Gemeinde auf die Betroffenheit des Planungsgebietes mit Hochwasserereignissen kommen. Besondere fachrechtliche Anforderungen an die bauleitplanerische Abwägung bestehen bei
Diese Vorschriften werden nachstehend erläutert. Sie lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass in ihrem Anwendungsbereich kein generelles Planungsverbot und somit ein entsprechender gemeindlicher Handlungs- und Gestaltungsspielraum besteht. Die genannten Regelungen betonen aber die Bedeutung der dort genannten Hochwasserschutzbelange für die Abwägung. Sie konkretisieren die gemeindlichen Pflichten hinsichtlich der Ermittlung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen und Gefährdungspotentiale und können auf den Abwägungsprozess im Sinne einer Optimierung planerischer Hochwasserrisikovorsorge Einfluss nehmen.
Dies gilt entsprechend für den Umgang mit bereits bestehenden Bebauungsplänen. Das Spektrum reicht dabei von der bloßen Kennzeichnung bzw. nachrichtlichen Übernahme des Überschwemmungsgebietes über Festsetzungen zur Optimierung im Bestand bis hin zur Einschränkung oder gar zur Aufhebung bestehenden Baurechts. Bei bereits verbindlichen Bebauungsplänen sind evtl. planungsschadensrechtliche Ansprüche nach §§ 39 ff. BauGB besonders zu berücksichtigen und bei der Wahl der vorgenannten, wenn auch nicht abschließend aufgezählten Handlungsoptionen in die Abwägung einzubeziehen (siehe hierzu auch 3.5.3.3). Eine Änderung bestehender Bebauungspläne kann letztlich nur auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 und Abs. 4 BauGB erfolgen, also wenn der gemeindlichen Abwägung vorgelagerte Ziele der Raumordnung (dann Fall des § 1 Abs. 4 BauGB) oder wenn städtebauliche Gründe unter besonderer Berücksichtigung des Hochwasserschutzes es gebieten (dann Fall des § 1 Abs. 3 BauGB). Direkt aus wasserrechtlichen Vorschriften hingegen kann eine Änderung bestehender Bebauungspläne nicht abgeleitet werden, sie haben vielmehr nur mittelbare Bedeutung.
3.3.1. In der Bauleitplanung zu berücksichtigende Belange im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz
Das BVerwG führt in seinem Urteil vom 03.06.2014 (Az. 4 CN 6/12) zur Abwägungsrelevanz des Hochwasserschutzes explizit aus: "Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB sind die Belange des Hochwasserschutzes bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen, d. h., mit ihrer jeweils konkret nach Planungsanlass, Planungsziel und örtlichen Gegebenheiten zu gewichtenden Bedeutung in die Abwägung einzustellen (Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2014, § 1 Rn. 56). Der Umstand, dass der Verbotstatbestand des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG [jetzt: § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG] - wie aufgezeigt - der Umplanung eines bereits bestehenden Baugebiets nicht entgegensteht, enthebt die planende Gemeinde nicht von der Pflicht, die Belange des Hochwasserschutzes in der Abwägung zu berücksichtigen. Der Hochwasserschutz ist gerade in diesem Fall auf eine planerische Bewältigung im Rahmen der Abwägung bzw. im Rahmen der für die Vorhabenzulassung erforderlichen wasserrechtlichen Abweichungsentscheidung (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 WHG) [jetzt: § 78 Abs. 4 und 5]) angewiesen."
3.3.1.1 Belange bei Bestandsüberplanung in Überschwemmungsgebieten
Nunmehr enthält § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG für festgesetzte Überschwemmungsgebiete eine Abwägungsklausel. In der Terminologie der Bauleitplanung handelt es sich bei § 78 Abs. 3 WHG um eine "Abwägungsdirektive". Die Abwägungsklausel konkretisiert die allgemeinen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB in der Weise, dass bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB insbesondere zu berücksichtigen sind
Zu 1.: Die Formulierung "Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Unter- und Oberlieger" entspricht der Regelung in § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 WHG. Konkret muss die beabsichtigte Bebauung hinsichtlich möglicher Hochwassergefahren für diese Grundstücke verträglich sein (keine Risikoverlagerung). Durch die Bauleitplanung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen auf den natürlichen Abfluss durch Rückstau bei Hochwasser auf Grundstücke, die flussaufwärts oder flussabwärts gelegen sind, sind zu vermeiden 3)
Zu 2.: Die Formulierung "Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes" entspricht der Regelung in § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 WHG. Danach darf die geplante Bebauung den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigen. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen, etwa Deichanlagen, Hochwasserrückhaltebecken, Pumpanlagen u.ä. dürfen daher in ihrer Funktion und Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden. Würde zum Beispiel die Kapazität eines Hochwasserpumpwerkes nach der Umsetzung des Baugebietes nicht mehr ausreichen, um das geplante Gebiet zu entwässern, wäre der bestehende Hochwasserschutz beeinträchtigt. 4)
Zu 3.: Anhaltspunkte für eine hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben können etwa dem Merkblatt DWA-Regelwerk DWA-M-533 Hochwasserangepasstes Planen und Bauen (Stand: November 2016) oder der Hochwasserschutzfibel 5) entnommen werden (s. näher 4.1). Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
Die Regelung des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG gilt für Satzungen nach § 34 Abs. 4 und § 35 Abs. 6 BauGB entsprechend, § 78 Abs. 3 Satz 2 WHG.
Die zuständige (Wasser)Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Abs. 2 Satz 4 BauGB zur Verfügung zu stellen, (§ 78 Abs. 3 Satz 3 WHG), soweit. sie über die erforderlichen Datengrundlagen und Erkenntnisse verfügt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, insbesondere der zuständigen Wasserbehörde, dient auch dazu, die Vollzugsfähigkeit des entsprechenden Bauleitplans sicherzustellen.
Gem. § 78 Abs. 4 WHG ist in festgesetzten Überschwemmungsgebieten die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt.
Die zuständige Behörde kann gem. § 78 Abs. 5 WHG die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen.
Es ist insofern zielführend, wenn die zuständige (Wasser)Behörde bereits im Aufstellungsverfahren des Bauleitplans prüft, ob eine Ausnahme nach § 78 Abs. 5 WHG grundsätzlich in Aussicht gestellt werden kann.
Sofern bereits im Planverfahren ersichtlich ist, dass für den Bereich des Bauleitplans Genehmigungen nach § 78 Abs. 5 WHG aus wasserrechtlicher Sicht nicht erteilt werden können, sollte die Wasserbehörde der Gemeinde dies bereits im Rahmen der Beteiligung mitteilen.
Eine weitere Bauleitplanung wäre dann nicht zielführend und es wäre zu befürchten, dass der Bauleitplan nicht vollzugsfähig und gem. § 1 Abs. 3 BauGB nicht erforderlich wäre.
3.3.1.2 Belange bei Planung in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG
Auch für die Kategorie der Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten wurde im WHG mit dem Hochwasserschutzgesetz II eine konkretisierende Abwägungsklausel für die Bauleitplanung eingeführt. Nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG sind in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten zum Schutz vor einem Hochwasserereignis bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich sowie bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen in Gebieten nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 oder § 34 BauGB insbesondere der Schutz von Leben und Gesundheit und die Vermeidung erheblicher Sachschäden in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich nur um Mindestvorgaben im Hinblick auf die einzubeziehenden Belange.6) Diese Abwägungsklausel gilt auch für Innenbereichs- und Außenbereichssatzungen (§ 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 2 WHG).
3.3.1.3 Belange bei Planung in Hochwasserentstehungsgebieten nach § 78d Abs. 6 WHG.
Entsprechend dem § 78 Abs. 3 WHG und dem § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG wurde auch für die neue Kategorie des Hochwasserentstehungsgebiets eine konkretisierende Abwägungsklausel für die Bauleitplanung eingeführt. Nach § 78d Abs. 6 WHG sind bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB insbesondere die Vermeidung einer Beeinträchtigung des Wasserversickerungs- oder Wasserrückhaltvermögens des Bodens und der Ausgleich einer Beeinträchtigung wie das Anlegen von Wald oder die Schaffung von Rückhalteräumen im Hochwasserentstehungsgebiet zu berücksichtigen. Die Formulierung "insbesondere" macht deutlich, dass die hier genannten Belange nicht abschließend sind und im Übrigen auch bei der Bauleitplanung in festgesetzten Überschwemmungsgebieten die allgemeinen Anforderungen für eine sachgerechte bauleitplanerische Abwägung gelten. Der Begriff des "neuen Baugebiets" in § 78d Abs. 6 WHG ist im Sinne des § 78 Abs. 1 WHG und der Rechtsprechung des BVerwG zu verstehen. 7)
3.3.1.4 Weitere Belange
Da sich bei den Hochwasserereignissen der vergangenen Jahre gezeigt hat, dass insbesondere gravierende Schäden bei Bauten eingetreten sind, ist bei der Aufstellung von Bauleitplänen besonderes Augenmerk auf einen vorbeugenden Hochwasserschutz zu richten. Die Gemeinden haben den Belangen des Hochwasserschutzes damit nicht nur in den oben dargestellten Gebieten, sondern auch bei sonstigen Hochwassergefahren - insbesondere auch in faktischen Überschwemmungsgebieten und zur Vorsorge gegen die zunehmenden und räumlich nicht auf bestimmte Gebiete eingrenzbaren Starkregenniederschläge - in der bauleitplanerischen Abwägung das erforderliche Gewicht einzuräumen. Dies entspricht auch der Gewährleistung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung als Ziel der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB).
Im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz können neben den in § 78 Abs. 3 WHG erwähnten Belangen insbesondere folgende weitere Belange Bedeutung für die bauleitplanerische Abwägung erlangen:
Das Interesse des Hochwasserschutzes an der Freihaltung von Rückhalteflächen ist ein Belang, der bei der Aufstellung von Bauleitplänen mit dem durch § 77 WHG gesetzlich vorgeprägten Gewicht in die Abwägung einzustellen ist (vergleiche unten unter 3.3.1.). Sprechen überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit für die Realisierung eines Vorhabens, ergibt mithin die Abwägung, dass Belange von höherem Gewicht dem Erhalt eines natürlichen Überschwemmungsgebietes als Rückhaltefläche entgegenstehen, ist ein Eingriff in das Gebiet zulässig (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 02.06.2014 - 1 KN 136/12 m.w.N.). Wann dies der Fall ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls feststellen.
Dabei kommt es auch darauf an, inwieweit die betreffenden Flächen eine tatsächliche Rückhaltefunktion haben und insofern einen relevanten Beitrag zum Hochwasserschutz leisten.
Die Entscheidung, welchen der im Einzelfall miteinander in Konflikt stehenden öffentlichen Interessen der Vorrang zu geben ist, setzt auf Seiten der planenden Gemeinde eine Interessenabwägung voraus (zu Einzelfällen vergleiche BayVGH, Urteil vom 27.04.2004, 26 N 02.2437, NuR 2005, 109 zu einem Bebauungsplan für ein Wohngebiet und BayVGH, Beschluss vom 29.09.2004, 15 ZB 02.2958, DÖV 2005, 164 = BauR 2005, 66 zur Darstellung von Gewerbe- und Mischgebietsflächen in einem Flächennutzungsplan, jeweils in faktischen Überschwemmungsgebieten).
In die Abwägung ist insbesondere der materielle Gehalt von § 78 Abs. 2 WHG einzustellen (vgl. BayVGH vom 26.01.2009 a.a.O.). Wäre die Ausweisung eines Baugebiets nach § 78 Abs. 2 WHG im bereits festgesetzten Überschwemmungsgebiet zulässig, muss dies im Sinn eines Erst-Recht-Schlusses auch für das faktische Überschwemmungsgebiet gelten.
Die Gemeinde ist - sofern überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit für die Planung bestehen - bei der Überplanung von Überschwemmungsgebieten verpflichtet, die sich daraus ergebenden Konsequenzen (unter anderem den Verlust an Retentionsraum) zu bewältigen (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 15.05.2003, BauR 2003, 1524). Bei kleineren Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass diese für sich genommen zwar nur zu einer geringen Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses führen mögen, aber sich derartige Maßnahmen addieren können. Die Frage, ob es alternative Standorte für die Planung oder das Vorhaben gibt, ist für die Abwägung besonders relevant.
3.3.2. Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis
Über den konkreten Stellenwert der genannten mit dem Hochwasserschutz in Zusammenhang stehenden Belange entscheidet die Gemeinde anhand der Maßstäbe einer gerechten Abwägung im Sinne von § 1 Abs. 7 BauGB.
Dabei hängt der gemeindliche Entscheidungsspielraum wesentlich davon ab, ob es um die Vermeidung bestehender Hochwassergefährdungen oder um allgemeine Vorsorgemaßnahmen ohne konkrete Gefährdung im Plangebiet und insbesondere, ob es nur um unbebaute Flächen oder um bloße Optimierungen im Bestand oder um Einschränkungen bestehenden Baurechts geht. Dies bedeutet, dass - so bedeutsam diese Ziele sind - etwa bei der Vermeidung von Versiegelung oder bei Regelungen über die dezentrale Niederschlagswasserentsorgung im Plangebiet - ein weiterer planerischer Gestaltungsspielraum besteht als im Bereich des konkreten Schutzes vor Hochwassergefahren, also insbesondere bei einer beabsichtigten Neuausweisung eines Baugebietes in einem festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet bei Bejahung des § 78 Abs. 2 WHG oder in einem faktischen Überschwemmungsgebiet. Nach dem Gebot gerechter Abwägung wird bei Überwiegen dieses Belanges eine Ausweisung von Bauflächen regelmäßig unterbleiben oder jedenfalls nur mit entsprechenden Schutzmaßnahmen erfolgen.
Eine sachgerechte Abwägung setzt voraus, dass im Raum stehende Hochwassergefahren und gegebenenfalls auch Schutzvorkehrungen im Rahmen der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials vollständig ermittelt werden (Abwägungsvorgang). Hierfür ist im Bauleitplanverfahren die Beteiligung der Behörden der Wasserwirtschaftsverwaltung als Fachbehörden nach § 4 BauGB unabdingbar. Grundsätzlich können nur die Behörden der Wasserwirtschaft den Gemeinden die Informationen zur Verfügung stellen, die sie in die Lage versetzen, die für den Abfluss von Niederschlägen und für die Ausdehnung von Hochwasser erforderlichen Flächen planerisch freizuhalten (vgl. auch § 78 Abs. 3 Satz 3 WHG bei Bestandsüberplanung im Überschwemmungsgebiet). Bedarf es für die Zusammenstellung des notwendigen Abwägungsmaterials weiterer sachverständiger Untersuchungen, Gutachten oder Bestandsaufnahmen, muss die planende Gemeinde derartige Untersuchungen durchführen lassen. Ist das Abwägungsmaterial vollständig ermittelt, sind die Hochwassergefahren und Schutzmöglichkeiten im Hinblick auf ihre Bedeutung für die jeweilige Planung zu bewerten und mit dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht in der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen, damit einem Abwägungsergebnis zuzuführen. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich eine Abwägung wegen unvollständigen Abwägungsmaterials als fehlerhaft erweist, wenn keine näheren Ermittlungen angestellt werden, in welcher Häufigkeit mit Überschwemmungen zu rechnen sein wird und welche Hochwasserstände dabei voraussichtlich erreicht werden (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.10.1990, BauR 1991, 45 = BRS 50 Nr. 40) oder wenn die Gemeinde eine von der zuständigen Wasserbehörde vor Erlass des Bebauungsplans in einem Überschwemmungsgebiet geforderte fachgutachterlich abgestützte Bestandsaufnahme nicht einholt (BayVGH, Urteil vom 15.12.2000, Az. 26 N 96.2710).
In Risikogebieten nach § 78b WHG wird sich die Hochwassergefahr im Vergleich mit festgesetzten Überschwemmungsgebieten tendenziell niedriger darstellen. Insofern und im Hinblick auf die gesetzgeberische Wertung, kein Planungsverbot für diese Gebiete vorzusehen, werden sich hier meist größere gemeindliche Abwägungsspielräume eröffnen.
Auf die Planerhaltungsvorschriften zum Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis in §§ 214 ff. BauGB wird verwiesen.
3.4. Besonderheiten bei der Flächennutzungsplanung
Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Im Flächennutzungsplan, der das räumliche und städtebauliche Entwicklungsprogramm und damit das Bodennutzungskonzept für die gesamte Gemeinde enthält, fällt die grundlegende Entscheidung, wo innerhalb des Gemeindegebiets Bauflächen ausgewiesen werden beziehungsweise wo eine solche Ausweisung unterbleibt. Damit enthält der Flächennutzungsplan auf der gemeindlichen Planungsebene auch die Vorentscheidung über die Sicherung der Überschwemmungsbereiche. Daher kommt auf der Planungsstufe der Flächennutzungsplanung einer sorgfältigen Bestandsaufnahme der Hochwasserereignisse in der Vergangenheit und der Abschätzung künftiger Hochwassergefahren wesentliche Bedeutung zu. Zu den Bindungen des Flächennutzungsplans an die Ziele der Raumordnung und an wasserrechtliche Vorschriften vergleiche oben 1.6.
3.4.1. Darstellungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz
Im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz können verschiedene Darstellungsmöglichkeiten im Flächennutzungsplan Anwendung finden.
Dem Hochwasserschutz wird zunächst grundlegend dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden auf die Darstellung von Bauflächen im Flächennutzungsplan in Überschwemmungsgebieten verzichten und an deren Stelle im Vergleich zu Bauflächen weniger hochwasserempfindliche Nutzungen wie etwa Flächen für die Landwirtschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 9a BauGB), für den Wald (§ 5 Abs. 2 Nr. 9b BauGB; zu denken ist etwa an Auwälder) oder Grünflächen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB; gegebenenfalls auch mit besonderer Zweckbestimmung wie zum Beispiel "Überschwemmungswiesen") darstellen.
Eine Darstellung von Baugebieten und Bauflächen im Flächennutzungsplan in förmlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten kommt nur unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 WHG in Betracht (vergleiche oben 3.2.2.). Aber auch außerhalb förmlich festgesetzter Überschwemmungsgebiete ist eine Darstellung von Bauflächen und Baugebieten im Flächennutzungsplan in Überschwemmungsgebieten nicht allgemein mit dem Hinweis zu rechtfertigen, dass das nachfolgende Bebauungsplanverfahren noch eine planerische Bewältigung der Überflutungs-, Abfluss- und Retentionsproblematik erwarten lasse. Da die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), müssen grundsätzlich bereits bei der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein, um das gewollte gesamträumliche Entwicklungskonzept in den abgeleiteten verbindlichen Bebauungsplänen umsetzen zu können. Damit muss auf der Ebene der Flächennutzungsplanung bereits geklärt sein, ob eine künftige bauliche Entwicklung insbesondere mit dem Erhaltungsgebot des § 77 WHG sowie den sonstigen Belangen des Hochwasserschutzes und der Sicherheit des Wohn- und Arbeitsbevölkerung hinreichend vereinbar ist.
Unbeschadet dessen kommt im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz insbesondere folgenden Darstellungsmöglichkeiten im Flächennutzungsplan Bedeutung zu:
3.4.2. Kennzeichnungen, Vermerke und nachrichtliche Übernahmen
Neben den planerischen Darstellungsmöglichkeiten bestehen bei der Aufstellung und Änderung von Flächennutzungsplänen auch Kennzeichnungspflichten und Pflichten zu nachrichtlicher Übernahme:
§ 6 Abs. 6 BauGB ermächtigt die Gemeinde, anlässlich des Beschlusses über eine Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans zu bestimmen, dass der Flächennutzungsplan in der geänderten oder ergänzten Fassung neu bekannt zu machen ist.
3.4.3. Bestehende Bauflächendarstellungen in festgesetzten oder vorläufig gesicherten und in faktischen Überschwemmungsgebieten
Ist nach neueren Erkenntnissen davon auszugehen, dass im Flächennutzungsplan dargestellte Bauflächen überflutungsgefährdet sind, sind die Gemeinden zur Überprüfung dieser Darstellungen aufgerufen.
Dies gilt auch für solche Bauflächen, für die noch kein Baurecht über Bebauungspläne oder andere städtebauliche Satzungen geschaffen wurde und die im bisherigen bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB liegen. Gerade dort geben die aufgrund jüngerer Hochwasserereignisse und neuer wasserwirtschaftlicher Feststellungen gewonnenen Erkenntnisse den Gemeinden Anlass, die vorgesehene Bauleitplanung zu überprüfen und gegebenenfalls von ihr Abstand zu nehmen. Im Einzelfall kann dies ergeben, dass eine Änderung des Flächennutzungsplans zur Herausnahme oder Reduzierung einer solchen Baufläche im Sinne vom § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist.
Im Zusammenhang mit einer Rücknahme von Bauflächendarstellungen im Flächennutzungsplan ist zu beachten, dass Änderungen des Flächennutzungsplans keinen Planungsschaden nach §§ 40 und 42 BauGB auslösen können. Auch die Vertrauensschadensentschädigung nach § 39 BauGB kann nicht auf Änderungen oder Ergänzungen des Flächennutzungsplans gestützt werden.
3.5. Besonderheiten bei der Bebauungsplanung
Der Bebauungsplan enthält als Rechtsnorm (§ 10 Abs. 1 BauGB) und verbindlicher Bauleitplan (§ 1 Abs. 2 BauGB) die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung.
Der Inhalt möglicher Festsetzungen des Bebauungsplans ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 4 BauGB. Im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz können in der Bebauungsplanung eine Reihe von Festsetzungsmöglichkeiten nutzbar gemacht werden. Ob und in welchem Umfang von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, hängt von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab. Aus den von der jeweiligen Planung betroffenen öffentlichen Belangen nach § 1 Abs. 6 BauGB und § 1a BauGB sowie aus dem Gebot einer gerechten Abwägung der betroffenen Belange kann sich dabei allerdings im Einzelfall auch das Erfordernis bestimmter Festsetzungen ergeben.
Neben den Festsetzungen sind - wie beim Flächennutzungsplan - abhängig von den konkreten Umständen auch Kennzeichnungen und nachrichtliche Übernahmen Inhalt des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 5 - 6a BauGB).
3.5.1. Festsetzungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz
Durch das Hochwasserschutzgesetz II wurden die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB zur Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden neu strukturiert. Vor allem ermöglicht § 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. C BauGB die Festsetzung von Gebieten, in denen bei Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen. Insbesondere Festsetzungen zur Verwendung bestimmter Bauteile oder Baustoffe zur hochwassersicheren Errichtung von Bauvorhaben kommen in Betracht. Auch wird die Festsetzung zur Flutung des Erdgeschosses oder ein Ausschluss des Kellergeschosses ebenso von § 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BauGB gedeckt sein wie die Festsetzungen, Ölheizungsanlagen - sofern gem. § 78c WHG überhaupt noch zulässig - nur im Obergeschoss oder nur oberhalb einer bestimmten Höhe platzieren zu dürfen.
Mit der Festsetzungsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. d BauGB können auf Baugrundstücken Flächen für die natürliche Versickerung des Niederschlagswassers zugunsten des Hochwasserschutzes freigehalten werden. Das kann z.B. notwendig sein, wenn Flächen mit Parkplätzen versiegelt werden sollen, z.B. durch Grünstreifen zwischen den Parkflächen oder durch Verwendung von Rasengittersteinen.
Die Festsetzungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz unterscheiden im Übrigen zwischen Festsetzungen, die den Hochwasserschutz im Gemeindegebiet unmittelbar betreffen, und Festsetzungen, die vorbeugend zur Verringerung von Hochwassergefahren beitragen. Bei letzteren kommt insbesondere Festsetzungsmöglichkeiten mit dem Ziel einer Flächen sparenden Bauleitplanung Bedeutung zu oder auch Festsetzungen, die auf eine natürliche Versickerung des Niederschlagswassers gerichtet sind.
Hierbei sind auch zu nennen Flächen für die Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser (§ 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB), für die Landwirtschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB), für den Wald (§ 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB), Grünflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder Flächen zum Schutz, zur Pflege oder zur Entwicklung von Natur und Landschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB). Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung auch im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz Anwendung finden kann.
Des Weiteren bestehen insbesondere folgende Festsetzungsmöglichkeiten mit Bezügen zum unmittelbaren Schutz vor Hochwassergefahren:
Wie bereits dargelegt, kann insbesondere auch eine Flächen sparende Bauleitplanung einen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten.
Das BauGB stellt den Gemeinden zahlreiche Instrumente zur Umsetzung einer Flächen sparenden Bauleitplanung zur Verfügung. Dem Ziel einer Verminderung des Flächenverbrauchs kann insbesondere über folgende Festsetzungen Rechnung getragen werden:
Auch die natürliche Versickerung von Regenwasser im Baugebiet kann eine gemeindliche Maßnahme der Hochwasservorsorge darstellen. Im Bebauungsplan können Flächen für die Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser festgesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB). Dabei ist etwa an eine zentrale Regenwasserrückhaltung zu denken, bei der das Niederschlagswasser eines bestimmten Bereichs zu einem größeren öffentlichen Rückhaltebecken geführt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann grundsätzlich auch ein dezentrales System privater Versickerungsmulden und Grünflächen zur Sammlung, Versickerung und Verdunstung des Niederschlagswassers am Ort des Anfalls im Baugebiet durch die Verbindung der Festsetzungsmöglichkeiten von § 9 Abs. 1 Nr. 14, 15 und 20 BauGB festgesetzt werden, wenn die Vollzugsfähigkeit des Plans dauerhaft gesichert ist (vergleiche hierzu im Einzelnen Urteil vom 30.08.2001, NVwZ 2002, 202 = DVBl. 2002, 269 = DÖV 2002, 296 = UPR 2002, 108).
Im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans können auch Festsetzungen zum Hochwasserschutz getroffen werden, die nicht im Katalog des § 9 BauGB verankert sind, (s. § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB). I.V.m. den Regelungen im Durchführungsvertrag kann so eine effektive Hochwasservorsorge erzielt werden.
3.5.2. Kennzeichnungen und nachrichtliche Übernahmen
Wie im Flächennutzungsplan sollen auch im Bebauungsplan Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, gekennzeichnet werden (§ 9 Abs. 5 Nr. 1 BauGB). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen zum Flächennutzungsplan verwiesen (vergleiche oben 3.4.2.).
Entsprechend den Regelungen für den Flächennutzungsplan sollen auch im Bebauungsplan festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Abs. 2 WHG, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Abs. 1 WHG und Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne von § 78d Abs. 1 WHG nachrichtlich übernommen und noch nicht festgesetzte, aber gesicherte Überschwemmungsgebiete im Sinn des § 76 Abs. 3 WHG sowie Risikogebiete im Sinn des § 73 Abs. 1 Satz 1 WHG vermerkt werden (§ 9 Abs. 6a BauGB). Diese Verpflichtungen stellen im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz eine spezielle Regelung gegenüber der allgemeinen Pflicht zu nachrichtlichen Übernahmen von nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffenen Festsetzungen in § 9 Abs. 6 BauGB dar.
3.5.3. Maßnahmen bei nachträglichen Änderungen in bereits durch Bebauungsplan überplanten Gebieten
Stellt sich nach Inkrafttreten eines Bebauungsplans heraus, dass die von ihm festgesetzten überbaubaren Flächen einer Überschwemmungsgefahr ausgesetzt sind, ist die Gemeinde gem. § 1 Abs. 3 BauGB gehalten, ihre planerischen Festsetzungen zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es bereits zu einer Überflutung des Baugebiets gekommen ist. Im Einzelfall kann sich als Ergebnis der Prüfung für Gemeinden die Verpflichtung ergeben, Bebauungspläne zu ändern (= Optimierung im Bestand) oder aufzuheben. Hier ist entscheidend, wie aufgrund der neueren Erkenntnisse die Gefährdung durch Überschwemmungen einzuschätzen ist und in welchem Umfang nachträgliche Schutzvorkehrungen dagegen möglich sind. Steht fest, dass gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht geschaffen werden können, wird als Ergebnis einer gerechten Abwägung nur die Aufhebung des Bebauungsplans bzw. seine Änderung mit dem Ziel, weitere Bebauung zu verhindern, in Betracht kommen. Soweit damit eine (vollständigen) Aufhebung bestehender Baurechte verbunden ist, ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Insbesondere bei bebauten Flächen sind darüber hinaus mögliche Entschädigungsansprüche nach § 42 Abs. 3 BauGB zu beachten (vgl. im Einzelnen hierzu unter 3.5.3.3).
Eine Verpflichtung zur Überprüfung eines Bebauungsplans kann sich auch aus der (nachträglichen) Aufstellung von Raumordnungszielen gem. § 1 Abs. 4 BauGB ergeben (s. bereits o. nach 3. und im Einzelnen nachfolgend).
3.5.3.1. Anpassungen an Ziele der Raumordnung
Auf die Ausführungen zur Verpflichtung der Gemeinde zur Änderung oder Aufhebung eines Bebauungsplanes gemäß § 1 Abs. 4 BauGB (siehe oben 1.6.) wird verwiesen. Wenn daher in einem Raumordnungsplan ein Vorranggebiet "Überschwemmungsbereich" (1.2.) oder ein Vorranggebiet zur Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen (1.3.) festgelegt wurde, soweit im Raumordnungsplan diese Verpflichtung nicht begrenzt wurde, ist der Bebauungsplan (auch im Fall von nachträglich festgelegten Zielen der Raumordnung) anzupassen. Sind im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes noch keine Gebäude vorhanden oder würden bei Wegfall des Bebauungsplanes vorhandene Gebäude als Außenbereichsbebauung zu qualifizieren sein, ist die Anpassungspflicht mit der bloßen Aufhebung des Bebauungsplans erfüllt. Sind jedoch im Geltungsbereich des Bebauungsplans bereits so viele Gebäude errichtet worden, dass die so entstandene (zusammenhängende) Bebauung bei Wegfall des Bebauungsplanes als Innenbereich zu qualifizieren wäre, reicht eine bloße Aufhebung des Bebauungsplanes i. d. R. nicht aus, um der aus § 1 Abs. 4 BauGB resultierenden Anpassungspflicht zu genügen. Denn die Ziele der Raumordnung sind im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB kein Zulässigkeitskriterium, so dass bei Vorliegen der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB (siehe unten 4.2.) in den bestehenden Baulücken noch Gebäude errichtet werden könnten beziehungsweise nach dem Abriss vorhandener Gebäude Ersatzbauten errichtet werden könnten. In solchen Fällen erfüllt daher die Gemeinde ihre Anpassungspflichten nur dadurch, dass sie den Bebauungsplan nicht aufhebt, sondern in der Weise ändert, dass eine künftige Bebauung ausgeschlossen oder ihre Vereinbarkeit mit dem jeweiligen Ziel der Raumordnung sichergestellt wird. Insoweit wird auf die in 3.5.1. genannten Festsetzungsmöglichkeiten verwiesen.
3.5.3.2. Städtebauliche Rechtfertigung / "Planungspflicht" nach § 1 Abs. 3 BauGB
Soweit für den Geltungsbereich eines Bebauungsplans kein Vorranggebiet als Ziel der Raumordnung festgelegt wurde, richten sich die planerischen Konsequenzen nach § 1 Abs. 3 BauGB sowie dem Gebot der gerechten Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen entsprechend, s. § 1 Abs. 8 BauGB. Die Gemeinde hat einen weiten planerischen Gestaltungsspielraum, gleichwohl ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dass sich bei Vorliegen eines Planungserfordernisses das planerische Ermessen der Gemeinde aus städtebaulichen Gründen objektivrechtlich zu einer strikten Planungspflicht verdichten kann (s. BVerwG, Urt. vom 17.09.2003 - 4 C 14/01). Dies gilt für die erstmalige Aufstellung eines Bauleitplans ebenso wie für dessen Änderung, Ergänzung oder Aufhebung. Anzunehmen ist eine solche Pflicht der Gemeinde dann, wenn die Einschätzung, es könne auf Maßnahmen der Bauleitplanung verzichtet werden, eindeutig nicht mehr vertretbar ist und qualifizierte Gründe von besonderem Gewicht planerische Maßnahmen gebieten. Das ist dann der Fall, wenn die geltenden bauplanungsrechtlichen Bestimmungen städtebauliche Konflikte auslösen oder auszulösen drohen, die eine Gesamtkoordination der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange in einem förmlichen Planverfahren dringend erfordern (s. BVerwG, Urt. vom 17.09.2003 - 4 C 14/01).
Eine Pflicht zur ggf. Änderung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann sich für eine Gemeinde auch dann ergeben, wenn nach Inkrafttreten des Bebauungsplans ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt oder ein Risikogebiet dargestellt wird
3.5.3.3. Planungsschadensrecht nach §§ 39 ff. BauGB
Bei der vorerwähnten Änderung eines bestehenden Bebauungsplanes können entschädigungsrechtliche Fragestellungen nach §§ 39 ff. BauGB auftreten. Das Planungsschadensrecht gewährt Entschädigung für die Fälle, in denen durch Änderung oder Aufhebung der Festsetzung eines Bebauungsplans die Bebaubarkeit eines Grundstücks eingeschränkt oder aufgehoben wird. Entschädigungspflichtig können Vertrauensschäden (§ 39 BauGB), Vermögensnachteile - falls z.B. Flächen für Hochwasserschutzanlagen oder für die Regelung des Wasserabflusses festgesetzt werden (§ 40 Abs. 1 Nr. 13 BauGB) - sowie die Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung (§ 42 BauGB) sein. Der Anspruch auf Entschädigung von Vermögensnachteilen ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplanes den Interessen des Eigentümers oder der Erfüllung einer ihm obliegenden Rechtspflicht dienen. Hierbei wird davon auszugehen sein, dass der Hochwasserschutz grundsätzlich dem Schutzinteresse des Eigentümers dient und in diesem Zusammenhang eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellt 8).
Die Planungs- und Bauverbote nach § 78 Abs. 1 und 4 WHG sind als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und nicht als entschädigungspflichtige Enteignung einzustufen. Das ist in der Rechtsprechung grundsätzlich geklärt (BVerwG, Urt. v. 22.07.2004 - 7 CN 1/04 -). Soweit bauleitplanerisch ein aufgrund der wasserrechtlichen Bestimmungen nicht "ausnutzbarer" Bebauungsplan gem. § 1 Abs. 4 BauGB oder des § 1 Abs. 3 BauGB zusätzlich bzw."nachvollziehend" geändert oder aufgehoben wird, scheidet ein Entschädigungsanspruch nach §§ 39 ff BauGB aus. War die Nutzungsmöglichkeit zwar im Bebauungsplan vorgesehen, standen ihrer Realisierung aber andere (rechtliche) Hindernisse entgegen, war keine (vertrauensgeschützte) Rechtsposition vorhanden, die durch die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Bebauungsplans beeinträchtigt werden konnte 9).
Bei der Prüfung, ob und in welchem Umfang bei sonstigen, hochwasserschutzbedingten Bebauungsplanänderungen eine Entschädigungspflicht gegeben sein kann, kommt es darauf an, ob und inwieweit die durch den ursprünglichen Bebauungsplan festgesetzte Bebauung bereits umgesetzt worden ist. Werden noch nicht oder nicht vollständig ausgeschöpfte Bau-/bzw. Nutzungsmöglichkeiten durch die Änderung des Bebauungsplans aufgehoben oder eingeschränkt, sieht § 42 Abs. 2 und 3 BauGB grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch in Höhe der Grundstückswertminderung und/oder für den Eingriff in die ausgeübte Nutzung vor. Die zulässige Nutzung muss nach der Rechtsprechung die Qualität einer eigentumsähnlichen Rechtsposition haben. Die Höhe der Entschädigung richtet sich danach, ob die Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung innerhalb oder nach Ablauf der 7-Jahres-Frist (§ 42 Abs.2 und Abs. 3 BauGB) erfolgt. Erfolgt die Änderung oder Aufhebung der bisherigen Planfestsetzungen innerhalb der 7-Jahres-Frist, erstreckt sich die Entschädigung auf den Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt. Die Wertminderung wird daher maßgeblich davon abhängen, ob das bestehende Baurecht insgesamt aufgehoben wird oder aber ob mit den Änderungen des Bebauungsplans nur Festsetzungen zur Optimierung des Bestands getroffen werden, ohne die nach den bisherigen Festsetzungen zulässige Nutzung komplett aufzuheben. Es ist stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich, bei der vorangegangene wasserrechtliche Entscheidungen oder tatsächliche Hochwassergefährdungen, die ggf. die Planänderung (mit-)veranlasst haben, bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung zu berücksichtigen sein werden. Erfolgt die Planänderung nach Ablauf der 7-Jahres-Frist, erfolgt ein Ersatz der Grundstückswertverluste in Höhe der Differenz des Wertes aufgrund der ausgeübten Nutzung und dem Wert, der sich in Folge der Planänderung ergibt. Dies gilt jedoch nur, sofern durch die Planänderung die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden.
Soweit eine unbebaute, bisher nicht überplante Fläche (§ § 34, 35 BauGB) erstmalig überplant wird, scheiden Planungsschadensansprüche nach den §§ 39 ff. BauGB in der Regel aus. Bei der erstmaligen Überplanung bereits bebauter Flächen kann sich ein Entschädigungsanspruch aus § 42 Abs. 3 BauGB ergeben, soweit eine nicht nur unerhebliche Wertminderung eintritt.
3.5.3.4. Verfahren
Nach § 1 Abs. 8 BauGB gelten die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung. Das bedeutet insbesondere, dass auch die Entscheidung über die Aufhebung eines Bauleitplans eine Abwägungsentscheidung im Sinn von § 1 Abs. 7 BauGB ist.
3.5.3.5. Rückbau
Hat die Gemeinde den Bebauungsplan entsprechend geändert, kann sie nach Maßgabe von § 175 BauGB den Eigentümer zur Duldung der vollständigen oder teilweisen Beseitigung einer baulichen Anlage verpflichten, wenn diese den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entspricht und ihnen nicht angepasst werden kann (§ 179 Abs. 1 BauGB). Insbesondere wenn der Bebauungsplan zur Schaffung von Retentionsflächen geändert wurde, lässt sich dies nur erreichen, wenn auch Gebäude wieder beseitigt werden. Sofern nicht bereits die Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde erfolgt oder eine vertragliche Grundlage für den Rückbau geschaffen wurde, kann die Gemeinde die Duldung des Rückbaus notfalls mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Bei Wohnraum darf der Rückbau nur vollzogen werden, wenn im Zeitpunkt der Beseitigung angemessener Ersatzwohnraum für die Bewohner unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht. Gewerbetreibenden ist Gelegenheit zur anderweitigen Unterbringung einzuräumen (§ 179 Abs. 2 BauGB). Die dem Eigentümer, Mieter, Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten durch die Beseitigung entstehenden Vermögensnachteile hat die Gemeinde in Geld zu ersetzen (§ 179 Abs. 3 BauGB).
3.6 Vorkaufsrecht und Enteignung
3.6.1 Vorkaufsrecht der Gemeinden nach BauGB
Der Gemeinde steht in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, ein Vorkaufsrecht zu (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Wie auch in den sonstigen Fällen des Vorkaufsrechts setzt dessen Ausübung voraus, dass das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die Freihaltung von Grundstücken von Bebauung im Hinblick auf den vorbeugenden Hochwasserschutz dient allerdings regelmäßig auch dem Wohl der Allgemeinheit.
3.6.2 Vorkaufsrecht der Länder nach WHG
Mit dem Hochwasserschutzgesetz II wurde für die Länder in § 99a Abs. 1 Satz 1 WHG ein Vorkaufsrecht eingeführt. Nach dieser Vorschrift besteht das Vorkaufsrecht an Grundstücken, die für Maßnahmen des Hochwasser- oder Küstenschutzes benötigt werden).
Liegen die Merkmale des § 99a Abs. 1 Satz 1 WHG nur bei einem Teil des Grundstücks vor, so erstreckt sich das Vorkaufsrecht nur auf diesen Grundstücksteil (§ 99a Abs. 1 Satz 2 WHG). Der Eigentümer kann aber verlangen, dass sich der Vorkauf auf das gesamte Grundstück erstreckt, wenn ihm der weitere Verbleib des anderen Grundstücks in seinem Eigentum wirtschaftlich nicht zuzumuten ist (§ 99a Abs. 1 Satz 3 WHG).
Nach § 99a Abs. 2 WHG besteht kein Vorkaufsrecht beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Grund dafür ist, dass ein Vorkaufsrecht zu Gunsten des Hochwasser- oder Küstenschutzes nur Sinn ergibt, wenn das Land oder derjenige, zu dessen Gunsten das Land das Vorkaufsrecht ausübt, Eigentum an den Grundstücken erwirbt.
Gemäß § 99a Abs. 3 WHG darf das Vorkaufsrecht nur aus Gründen des Hochwasser- oder Küstenschutzes ausgeübt werden.
§ 99a Abs. 4 WHG enthält Regelungen hinsichtlich der Eintragung im Grundbuch, des Vorrangs vor rechtsgeschäftlichen und landesrechtlich begründeten Vorkaufsrechten sowie der Anwendbarkeit der §§ 463 bis 469, 471, 1098 Abs. 2 und §§ 1099 bis 1102 BGB. Ausnahmen bezüglich des Vorkaufsrechts sind in § 99a Abs. 4 Satz 4 für den Fall geregelt, dass das Grundstück an nahe Angehörige übertragen wird: Bei Verkauf an den Ehegatten, den eingetragenen Lebenspartner oder Verwandte ersten Grades kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden.
§ 99a Abs. 5 WHG regelt, dass die Länder das Vorkaufsrecht nicht nur für sich selbst ausüben können, sondern das Vorkaufsrecht auf Antrag auch zugunsten von Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts und von begünstigten Personen im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt werden kann. Die Regelung entspricht § 66 BNatSchG.
§ 99a Abs. 6 WHG sieht vor, dass abweichende Regelungen der Länder unberührt bleiben.
3.6.3 Enteignung
§ 71 WHG enthält Regelungen zur Zulässigkeit der Enteignung. Der durch das Hochwasserschutzgesetz II geänderte § 71 Abs. 2 WHG stellt klar, dass die Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit zulässig ist, sofern sie der Umsetzung einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung für den Küsten- oder Hochwasserschutz dient. Zuvor war umstritten, ob die Regelung in § 71 a.F. WHG für Enteignungen ausreicht. 10) Mit der bundeseinheitlichen Regelung wird zudem verhindert, dass hierzu jeweils in den einzelnen Landesgesetzen eine Klarstellung erforderlich ist. Weitergehende Regelungen der Länder bleiben unberührt. § 71 Abs. 4 WHG regelt, dass im Übrigen die Enteignungsgesetze der Länder gelten.
4. Hochwasserschutz bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben
Bei Einzelbauvorhaben kann dem Hochwasserschutz insbesondere durch eine hochwasserangepasste Bauweise Rechnung getragen werden, die auch Gegenstand wasserrechtlicher Vorschriften für Einzelbauvorhaben ist (siehe nachfolgend Ziff. 4.1). In festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten (ggf. übergeleitete nach § 106 Abs. 3 WHG) besteht überdies grundsätzlich ein wasserrechtliches Bauverbot nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG mit Regelungen zu Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall nach § 78 Abs. 5 WHG (s.u. Ziff. 4.2). Ein derartiges wasserrechtliches Bauverbot gibt es in sonstigen Gebieten nicht, allerdings wurden durch das Hochwasserschutzgesetz II besondere Vorschriften für Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten (§ 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG) sowie Hochwasserentstehungsgebiete (§ 78d Abs. 4 WHG) aufgenommen. Unberührt von diesen wasserrechtlichen Bauverboten bzw. Anforderungen bleiben die planungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen hinsichtlich Hochwasserbelangen, die für die einzelnen planungsrechtlichen Gebietskulissen unter Ziff. 4.3 näher dargestellt werden.
4.1. Hochwasserangepasste Bauweise
Sofern eine der oben genannten wasserrechtlichen Gebietskategorien mit Restriktionen für Bauvorhaben gegeben ist, können sich hieraus Erfordernisse im Sinne einer hochwasserangepassten Bauweise ergeben. Eine hochwasserangepasste Bauweise wird in festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten durch § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 d) WHG bzw. § 78 Abs. 8 WHG ausdrücklich gefordert. Für Risikogebiete außerhalb von festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten gilt nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG hingegen, dass bauliche Anlagen im dortigen Anwendungsbereich nur in einer dem jeweiligen Hochwasserrisiko angepassten Bauweise nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet oder wesentlich erweitert werden sollen, soweit eine solche Bauweise nach Art und Funktion der Anlage technisch möglich ist, wobei Lage des Grundstücks und mögliche Schadenshöhe angemessen berücksichtigt werden sollen. § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG findet nur außerhalb der von § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG erfassten Gebiete Anwendung, was nach den Gesetzesmaterialien nur bislang unbeplante Gebieten umfasst.
Die Anforderungen an eine hochwasserangepasste Bauweise sind demnach in Überschwemmungsgebieten nach § 76 Abs. 2, 3 WHG bzw. ggf. § 106 Abs. 3 WHG entsprechend der dort gegebenen Hochwassergefahren tendenziell höher (zu diesen und den weiteren Voraussetzungen für Ausnahmen vom Bauverbot in Überschwemmungsgebieten, s.u. Ziff. 4.2). Für Bauvorhaben in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten beinhaltet § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG demgegenüber kein Bauverbot. Die Regelung ist lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet.
Für die Frage, welche Anforderungen an die hochwasserangepasste Bauweise zu stellen sind, betont das Gesetz in § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG im Hinblick auf die geringere Eintrittswahrscheinlichkeit eines Hochwasserereignisses insbesondere die Frage der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Relation zwischen den (höheren) Baukosten und die voraussichtliche Schadenhöhe bei Hochwasserereignissen; auch Funktionalität und Erscheinungsbild der jeweiligen baulichen Anlage werden hierbei zu berücksichtigen sein.
Es wird letztlich stets um die Frage gehen, inwieweit mit vertretbarem baulichen und finanziellen Aufwand der Hochwasserschutz für die bauliche Anlage optimiert werden kann. Wie dies konkret ausgestaltet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls und lässt sich nicht pauschal beschreiben. Wichtig ist zuvorderst die genaue Ermittlung der jeweils bestehenden Hochwassergefährdung, da § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG auch eine Sensibilisierung der Bauherren hinsichtlich der Hochwassergefahren bewirken soll. Bei der Frage, mit welchen baulichen und technischen Vorkehrungen diesen Gefahren ggf. begegnet werden sollte, belässt das Gesetz der Eigenvorsorge des Bauherrn einen Spielraum, zumal der Begriff der hochwasserangepassten Bauweise weder gesetzlich noch in technischen Regelwerken exakt definiert ist. Anhaltpunkte für eine hochwasserangepasste Bauweise können etwa dem Merkblatt DWA-M-533 aus November 2016 11) oder der Hochwasserschutzfibel 12) entnommen werden. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Für die Ermittlung der im Einzelfall gebotenen hochwasserangepassten Bauweise kommt es insbesondere auf folgende Kriterien an:
4.2. Wasserrechtliche Zulassung von Einzelbauvorhaben in Überschwemmungsgebieten
4.2.1 Bauverbot
Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG ist die Errichtung und die Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB in festgesetzten oder vorläufig gesicherten (§ 78 Abs. 8 WHG) Überschwemmungsgebieten untersagt. Damit sieht das WHG ein komplettes Bauverbot in allen bauplanungsrechtlichen Bereichen vor. Die Errichtung und die Erweiterung baulicher Anlagen kann nach § 78 Abs. 5 Satz 1 WHG aber genehmigt werden, wenn die folgenden vier Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen:
Alternativ hierzu können nach § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WHG nachteilige Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden.
Die Darlegungslast, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, trifft den Bauherrn als Antragsteller. Das OVG Münster, Urteil vom 30.10.2009, Az.: 10 A 1074/09, hält hierzu fest: "Die Baugenehmigungsbehörde kann sich grundsätzlich auf die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes berufen und verlassen. Sie muss regelmäßig nicht mehr nachweisen, dass Gründe des Hochwasserschutzes einer Bebauung des Grundstücks entgegenstehen. Vielmehr ist es Aufgabe des Eigentümers darzutun, dass sie mit den Belangen des Hochwasserschutzes vereinbar ist. Daraus folgt, dass es ihm obliegt, die Befreiungsvoraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls durch geeignete Gutachten zu belegen".
Die Erteilung der, gegebenenfalls neben einer bauaufsichtlichen Genehmigung erforderlichen wasserrechtlichen Genehmigung steht im pflichtgemäßen Ermessen der nach Landesrecht zuständigen Behörde.
4.2.2 Nachbarschützende Wirkung der Erteilung einer Ausnahme vom Bauverbot gemäß § 78 Abs. 5 Satz 2 WHG
Wie bei § 78 Abs. 2 Satz 2 WHG sind auch bei der Prüfung der Voraussetzungen der Erteilung einer Ausnahme vom Bauverbot nach § 78 Abs. 5 Satz 1 WHG die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Eine drittschützende Wirkung des Bauverbotes war bisher in der Rechtsprechung zumindest umstritten (verneint u.a. von SächsOVG, Urteil vom 09.06.2011 - 1 A 504/09 -, juris u. von OVG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2016 - 2 Bs 254/15, BauR 2016, 1125 ), wird nunmehr aber vom Bundesgesetzgeber auch angenommen. Nach der Gesetzesbegründung sprechen zwingende Gründe für diese Regelung, weil jedenfalls die Gewährleistung eines schadlosen Wasserabflusses als Teilelement des Hochwasserschutzes auch dem Schutz von Individualinteressen, nämlich dem Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum der von dem jeweiligen Bauleitplan betroffenen Menschen dient. Als Nachbarschaft sind dabei nicht nur die unmittelbaren Grundstücksnachbarn, sondern alle diejenigen anzusehen, deren verfassungsrechtliche Rechtsgüter durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sein könnte. Mit Hilfe der vorliegenden Karten, die nach der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (Richtlinie 2007/60/EG; s. a. § 74 WHG) zu erstellen sind, kann der Kreis der Betroffenen näher eingegrenzt werden. 13)
Die Vorschrift ist so zu verstehen, dass beim Nachbarn rechnerisch nachweisbare und konkret nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden, z.B. mehr als nur geringfügig erhöhter Wasserstand. Damit kommt es auf eine Prognose der zu erwartenden Veränderungen beim Bemessungshochwasser an. Zur Unterstützung des einzelnen Bauherrn - unabhängig von der grundsätzlichen formalen Beweislast für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen - werden auch insofern die Wasserbehörden maßgebliche Informationen und Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen haben (s. § 78 Abs. 3 Satz 3 WHG). Auf die Lage des Nachbargrundstückes (innerhalb oder außerhalb eines Überschwemmungsgebiets kommt es indes nicht an.
4.2.3 Allgemeine Zulassung von einzelnen baulichen Anlagen bei der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten gemäß § 78 Abs. 6 Satz 1 WHG
Nach § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WHG besteht die Möglichkeit, dass in der Rechtsverordnung, mit der das Überschwemmungsgebiet festgesetzt wird, die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen in gemäß § 78 Abs. 2 WHG neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 BauGB allgemein zugelassen wird, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans eingehalten werden. Dadurch, dass der Gesetzgeber ausdrücklich auf "neu ausgewiesene Gebiete" abstellt, sollen nur solche Bereiche erfasst werden, die zeitlich nach der Festsetzung (oder der vorläufigen Sicherung) des Überschwemmungsgebiets durch Bebauungsplan ausgewiesen worden sind und bei denen somit bereits die Voraussetzungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 WHG erfüllt wurden. Nur so ist sichergestellt, dass die Tatsache, dass der überplante Bereich in einem Überschwemmungsgebiet liegt, in der Bauleitplanung angemessen Berücksichtigung gefunden hat.
Sieht die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes oder eine vorläufige Sicherung eine allgemeine Zulassung vor und entsprechen Vorhaben den Vorgaben eines derartigen angepassten Bebauungsplans, sind sie der zuständigen (Wasser-)Behörde lediglich anzuzeigen (§ 78 Abs. 6 Satz 2 WHG).
Nach § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 WHG können einzelne bauliche Anlagen bei der Festsetzung des Überschwemmungsgebiets (§ 76 Abs. 2 WHG) auch dann allgemein zugelassen werden, wenn sie ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1WHG gewährleistet ist. Sieht die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes oder eine vorläufige Sicherung eine solche allgemeine Zulassung vor und erfüllt ein Vorhaben diese Anforderungen an die Bauweise, sind auch diese Bauvorhaben der zuständigen (Wasser-)Behörde anzuzeigen (§ 78 Abs. 6 Satz 2 WHG).
4.2.4 Weitere Genehmigungstatbestände für baurechtlich relevante Anlagen
Für die ausnahmsweise Zulassung durch eine Einzelfallentscheidung gilt für
die speziellere Vorschrift des § 78a Abs. 2 WHG. Besondere Bedeutung kommt der Regelung in § 78a Abs. 2 Satz 2 WHG zu, nach der der gestattende Verwaltungsakt sofort oder nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen oder gar (entschädigungslos) widerrufen werden kann. Im Übrigen bestimmt § 78a Abs. 4 WHG, dass in einer Rechtsverordnung nach § 76 Abs. 2 WHG Maßnahmen nach § 78a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 8 auch allgemein zugelassen werden können.
Weitere Verbote sind in § 78a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6, 7, und 8 WHG geregelt und erfassen im Wesentlichen bauplanungsrechtlich nicht relevante Tatbestände.
4.3. Planungsrechtliche Anforderungen
4.3.1 Planbereich
Im Geltungsbereich eines rechtswirksamen qualifizierten Bebauungsplans ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dessen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Dies bedeutet, dass Belange des Hochwasserschutzes bereits im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Berücksichtigung und Eingang in seine Festsetzungen (3.5.) finden müssen, um bei der Vorhabenzulassung zum Tragen zu kommen. Weitere bauplanungsrechtliche Zulassungsschranken bestehen grundsätzlich nicht. Ob ausnahmsweise im Einzelfall über § 15 BauNVO Gesichtspunkte des Hochwasserschutzes in die Vorhabenzulassung einfließen können, hängt davon ab, inwieweit mit der - an sich zulässigen - Errichtung eines Gebäudes unzumutbare Störungen in der Umgebung des Baugrundstücks verbunden sind. Dies kann der Fall sein, wenn das Gebäude aufgrund seiner Lage oder seines Umfangs die Abflussverhältnisse so zum Nachteil der Nachbargrundstücke verändern würde, dass diese überflutet würden. Dabei kann an Lage und Umfang des Gebäudes angeknüpft werden (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO).
Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch, wenn es um die Zulassung eines Vorhabens geht, das sich im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB) befindet. Maßgeblich ist auch hier allein die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem (abschließenden) Inhalt des Vorhaben- und Erschließungsplans. Der Inhalt eines Vorhaben- und Erschließungsplans ist allerdings nicht an den Festsetzungskatalog des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden, sondern kann auch darüber hinaus gehende und detailliertere Bestimmungen (zum Beispiel für den Hochwasserschutz) enthalten.
Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplan richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zunächst nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans und im Übrigen, das heißt soweit diese Festsetzungen nicht vorgehen, nach den §§ 34 oder 35 BauGB.
4.3.2 Innenbereich
Im Innenbereich bestimmt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens danach, ob es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Außerdem müssen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben, und das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
Belange des Hochwasserschutzes gehören nicht zu den für die Frage des Einfügens eines Vorhabens in die maßgebliche Umgebungsbebauung relevanten Prüfkriterien des § 34 Abs. 1 BauGB, nämlich Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und zu überbauende Grundstücksfläche (siehe BayVGH, Beschluss vom 06.06.2002 BauR 2003, 683=NVwZ-RR 2003, 478=BayVBl 2003, 342). Die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB über die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse verfolgt - wie das Einfügungsgebot - die Abwehr städtebaulicher Missstände. Im Innenbereich kann wegen der hier stets vorhandenen Bebauung den Gesichtspunkten des Rückhalts von Hochwasser und der Gefährdung eines schadlosen Wasserabflusses keine (eigenständige) Bedeutung nach dieser Vorschrift zukommen (Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Krautzberger, BauGB-Kommentar, Mai 2017, Rdn. 66 zu § 34 BauGB). Die praktische Bedeutung der Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB neben dem Einfügungsgebot wird in Frage gestellt und auf wenige Fallkonstellationen in Gemengelagen und in sonstigen sehr dicht bebauten Gebieten beschränkt, wenn eine Fortsetzung und Verfestigung einer überholten Form der Bodennutzung im Hinblick auf moderne Vorstellungen von gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnissen nicht mehr (städtebaulich) vertretbar ist (so Dürr in Brügelmann, Kohlhammer-Kommentar zum BauGB, Rn. 77 zu § 34 BauGB).
Im Allgemeinen kann angenommen werden, dass der Hochwasserschutz im nichtbeplanten Innenbereich die Bebaubarkeit zum Beispiel von Baulücken oder die Wiedererrichtung baulicher Anlagen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse grundsätzlich nicht in Frage stellen kann (Söfker a. a. O.). Im Einzelfall kann es das Gebot der Rücksichtnahme jedoch gebieten, dass eine bestimmte Nutzung nicht verwirklicht werden kann, weil sie durch Hochwasser gefährdet wäre (Söfker a. a. O.). Die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse kann jedoch verneint werden, wenn nach Einschätzung der Fachbehörden bei Lage des Baugrundstücks in der unmittelbaren Nähe eines Gewässers die konkrete Gefahr besteht, dass das Gebäude im Falle plötzlich auftretenden Hochwassers von den Wassermassen weggespült wird. Im Übrigen genügen die lediglich abstrakte Gefahr eines 100jährigen Hochwassers und durch dieses ausgelöster Schäden an Gebäudesubstanz für sich genommen nicht zur Annahme eines städtebaulichen Missstands. Der Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes kann insofern die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse im unbeplanten Innenbereich und damit die Bebaubarkeit von Baulücken grundsätzlich nicht in Frage stellen (BayVGH, Urt.v. 19.06.2013 - 1 B 10.1841, Rn. 44). Auch Forderungen nach hochwasserangepasster Bauweise entsprechend § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1d) WHG können in diesen Fällen nicht auf § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB gestützt werden.
4.3.3 Außenbereich
Im Außenbereich ist der Hochwasserschutz sowohl auf der Ebene des Bauplanungsrechts wie auch auf der Ebene des Wasserrechts relevant. Bei der Zulassung von Vorhaben ist die Gefährdung des Hochwasserschutzes in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB als öffentlicher Belang genannt. Sofern ein Vorhaben raumbedeutsam ist und in einem Bereich liegt, der als Vorranggebiet "Überschwemmungsbereich" in einem Raumordnungsplan festgelegt wurde, ist das Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz BauGB unzulässig. Die Verbotsvorschriften einer Verordnung zur Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets nach § 76 Abs. 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 5 WHG stellen nicht nur öffentliche Belange dar, sondern eine eigenständige normative Zulassungsschranke (BVerwG, Urteil vom 12.04.2001 - 4 C 5.00 -, NVwZ 2001, 1048 zu einer Wasserschutzgebietsverordnung). Liegt das Vorhaben in einem nicht festgesetzten Überschwemmungsgebiet, ist § 77 WHG als Planungsleitsatz im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere der materielle Gehalt von § 78 Abs. 555 WHG einzustellen. Wäre ein Vorhaben nach § 78 Abs. 555 WHG im bereits festgesetzten Überschwemmungsgebiet zulässig, so ist es erst recht auch im faktischen Überschwemmungsgebiet zulässig. Eine Maßnahme beeinträchtigt den Hochwasserschutz in der Regel nicht, wenn das Bauvorhaben die Prüfungskriterien des § 78 Abs. 555 WHG erfüllt.
Werden Gebäude im Außenbereich zerstört, können einer Wiedererrichtung des Gebäudes die genannten Belange des Hochwasserschutzes entgegen gehalten werden. Die Begünstigungsvorschrift des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB blendet nur gewisse andere öffentliche Belange aus (Darstellungen des Flächennutzungs- und Landschaftsplans, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, Entstehung, Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung), verlangt aber im Übrigen die Außenbereichsverträglichkeit des Vorhabens, so dass die Belange des Hochwasserschutzes voll zum Tragen kommen.
Die Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 6 BauGB können auch privilegierten Vorhaben entgegenstehen. Selbst wenn privilegierte Vorhaben ein erhöhtes Durchsetzungsvermögen gegenüber öffentlichen Belangen im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB seitens der Rechtsprechung zuerkannt wird, kommt eine Zulassung nur dann in Betracht, wenn keine Verringerung des Retentionsraumes zu befürchten ist und das Vorhaben den Wasserabfluss nicht stört. Auch das privilegierte Vorhaben muss sich wasserrechtlich am Maßstab des § 78 Abs. 5 WHG messen lassen. Nach § 77 Abs. 1 WHG müssen unter dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes überwiegende Gründe des Allgemeinwohls für das Außenbereichsvorhaben sprechen, wobei rechtzeitig die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen sind (2.1).
Hochwasserschutzfibel | Anlage 1 |
Hochwasserschutzfibel - Objektschutz und bauliche Vorsorge, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Stand 2022, abrufbar unter der Internetseite:
https://www.fib-bund.de/Inhalt/Themen/Hochwasser/
Berücksichtigung von Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge in der Bauleitplanung | Anlage 2 |
3) Zu § 78 Abs. 2 Nr. 7 WHG a.F: Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, WHG § 78 Rn. 30.
4) Zu § 78 Abs. 2 Nr. 6 WHG a.F. Schrödter, in Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 1 Rn. 532.
6) BT-Drs. 18/10879 v. 18.1.2017, S. 30.
7) BR-Drs. 18/10879 v. 18.1.2017, S. 31.
8) Queitsch "Hochwasser- und Überflutungsschutz unter dem Blickwinkel des Bau- und Haftungsrechts", UPR 2014, S. 321 (325).
9) Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2016, § 39, Rdnr.20; Runkel in EZBK BauGB § 42 Rn. 47.
10) BR-Drs. 665/16, S. 24.
13) Vgl. BT-Drs. 18/10879
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