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MWR - Muster-Wohnformen-Richtlinie
Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Wohnformen für Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder mit Behinderung
Fassung Mai 2012
(Quelle: is-argebau.de)
Erwägungsgründe:
Mit der Muster-Wohnformen-Richtlinie reagiert das Bauordnungsrecht auf den demografischen Wandel, der eine wachsende Anzahl pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen zur Folge hat.
Im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse sind in den letzten Jahren - entsprechend des im Sozialrecht verankerten Grundsatzes "ambulant vor stationär" - bundesweit neue betreute Wohnformen im Pflege- und im Behindertenbereich entstanden, die die bisherigen klassischen Wohnformen (stationäre Einrichtungen und ambulante Leistungserbringung in der Einzelhäuslichkeit) ergänzen.
Zu den neuen betreuten Wohnformen gehören insbesondere die ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Menschen, die sich für das Leben in einer Wohngemeinschaft entscheiden, räumen der selbstbestimmten, normalen und teilhabeorientierten Lebensführung einen besonderen Stellenwert ein.
Nach dem Bauordnungsrecht müssen bauliche Anlagen so beschaffen sein, dass sich bei einem Brand in einem Gebäude die Personen selbst retten können. Bei Wohngebäuden wird davon ausgegangen, dass einzelne Personen, die wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen oder Behinderung nicht zur Selbstrettung fähig sind, durch ihre Mitbewohner gerettet werden.
Wohnen in einem Gebäude oder einer Wohnung Personen, die überwiegend nicht zur Selbstrettung fähig sind, erhöht sich das Risiko. Hier muss durch zusätzliche bauliche und betriebliche Maßnahmen die Personenrettung unterstützt werden.
Das Bauordnungsrecht hat die Pflicht, einen angemessenen Rahmen an Mindestanforderungen zum Brandschutz zu schaffen.
Für Wohnformen im Sinne dieser Richtlinie
Nach § 51 Satz 1 und 2 MBO können im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen besondere Anforderungen gestellt und Erleichterungen gewährt werden. Die möglichen besonderen Anforderungen und Erleichterungen werden für den Regelfall beschrieben.
Das Brandschutzkonzept der Richtlinie unterscheidet nach den Sonderbautatbeständen des § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a, b und c MBO. Es berücksichtigt die Präsenz von Pflege- und Betreuungskräften (auch Nachtwachen), Angehörigen und ehrenamtlichen Personen.
In den Fällen der Buchstaben a und b soll die Rettung dieser Personen hauptsächlich dadurch unterstützt werden, dass diese ausreichend lange in einem sicheren Bereich verbleiben oder dass diese Personen einen sicheren Bereich aufsuchen können. Dafür sieht das Brandschutzkonzept der Richtlinie alternativ eine Bereichs- oder Zellenlösung vor.
Im Falle des Buchstaben c beschreibt die Richtlinie, unter welchen Voraussetzungen keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen und deshalb ein zweiter baulicher Rettungsweg nicht erforderlich ist.
Ob gegebenenfalls andere Brandschutzkonzepte den örtlichen Gegebenheiten oder Planungsabsichten besser gerecht werden und ebenso geeignet sind, die bauordnungsrechtlich vorgegebenen Schutzziele zu erfüllen, ist einzelfallbezogen zu entscheiden. Das Brandschutzkonzept soll sich jedoch grundsätzlich am Sicherheitsniveau und den Zielsetzungen dieser Richtlinie orientieren.
1 Anwendungsbereich
Diese Richtlinie regelt besondere Anforderungen und Erleichterungen im Sinne von § 51 MBO für Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 MBO, in denen jeweils bis zu zwölf Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung wohnen, unabhängig davon, ob es sich dabei um ambulant betreute Wohngemeinschaften oder Einrichtungen handelt. Nutzungseinheiten im Sinne dieser Richtlinie dienen dem Zweck der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist. Nicht in den Anwendungsbereich fallen Nutzungseinheiten, in denen Pflege oder Betreuung in Familien erbracht wird. Derartige Nutzungseinheiten sind auch in den Fällen nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe c MBO nicht zu berücksichtigen. Pflege und Betreuung im Sinne von Satz 2 liegen nicht vor, wenn sie sich auf hauswirtschaftliche Versorgung, Verpflegung oder allgemeine Dienstleistungen wie Notruf- oder Hausmeisterdienste, Informations- und Beratungsleistungen beschränken.
2 Bauliche Anforderungen, Rettungswege
2.1 Allgemeines
Soweit in dieser Richtlinie nichts anderes geregelt ist, genügen die Anforderungen, die die Musterbauordnung an Wohnungen und Wohngebäude stellt. Soweit in bestehenden Wohnungen Nutzungseinheiten im Sinne dieser Richtlinie eingerichtet werden, sind in der Regel keine Anforderungen an Bauteile zu stellen, die über die Anforderungen dieser Richtlinie hinausgehen.
2.2 Anforderungen an Bauteile
In Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a und b MBO sind Bereiche nach 2.2.1 oder Zellen nach 2.2.2 zu bilden. Eine Ausbildung von Bereichen oder Zellen ist in Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a MBO nicht erforderlich, wenn
2.2.1 Bereichslösung
In Nutzungseinheiten sind mindestens zwei Bereiche mit jeweils höchstens sechs Betten zu bilden. D ie Bereiche müssen von einander durch Wände oder Decken getrennt sein, die als raumabschließende Bauteile die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile des Gebäudes haben, jedoch müssen sie mindestens feuerhemmend sein. § 29 Absatz 4 und 5 MBO gilt entsprechend.
2.2.2 Zellenlösung
Bei der Zellenlösung sind die Wände und Decken der Schlafräume als raumabschließende Bauteile mindestens feuerhemmend auszubilden; dies gilt nicht für Außenwände. Türen in den Schlafraumwänden müssen, außer zu zugehörigen Sanitärräumen, dicht- und selbstschließend sein.
2.3 Rettungswege
Für Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 MBO ist ein baulicher Rettungsweg ausreichend, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen (§ 33 Absatz 3 Satz 2 MBO). Dies ist bei Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a MBO gegeben, wenn die baulichen Voraussetzungen nach Nr. 2.2 erfüllt sind; werden dabei Bereiche nach Nr. 2.2.1 ausgebildet, müssen die Rettungswege nach § 33 Abs. 1 MBO von jedem Bereich unmittelbar erreichbar sein. In Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe b MBO mit mehr als sechs Personen ist ein zweiter baulicher Rettungsweg erforderlich. In den Fällen nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe c MBO bestehen bis zu 24 Personen in der Regel keine Bedenken wegen der Personenrettung insbesondere bei Nutzungseinheiten, die
2.4 Notwendige Flure
Notwendige Flure im Sinne des § 36 Absatz 1 Satz 1 MBO sind innerhalb der Nutzungseinheit nicht erforderlich.
3 Rauchwarnmelder
In Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a und b MBO müssen alle Aufenthaltsräume und Flure miteinanander vernetzte geeignete Rauchwarnmelder haben, die ständig betriebsbereit sind.
4 Feuerlöscher
In Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a und b MBO muss mindestens ein Feuerlöscher vorhanden sein.
5 Information über Verhalten im Brandfall
In Nutzungseinheiten nach § 2 Absatz 4 Nummer 9 Buchstabe a und b MBO muss an geeigneter Stelle eine Information über Verhalten im Brandfall angebracht sein.
ENDE |