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Regelwerk; Energienutzung, Klimaschutz
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Landesverordnung zur Ausführung zu § 9 des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein
- Schleswig-Holstein -

Vom 1. November 2022
(GVOBl. Schl.-H. Nr. 15 vom 17.11.2022 S. 932 i.K.)
Gl.-Nr.: B 755-3-2


§ 1 Begriffsbestimmungen

Für die Ausführung des § 9 Absatz 1 bis 9 des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein (EWKG) vom 7. März 2017 (GVOBl. Schl.-H. S. 124), geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2021 (GVOBl. Schl.-H. S. 1339), gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. "Heizungsanlage" ist eine technische Anlage zur Versorgung von Wohn- und Nichtwohngebäuden mit Raumwärme oder Raumwärme und Warmwasser; die Wärmeerzeugung kann hierbei insbesondere durch Heizkessel, Stromdirektheizungen oder regenerative Wärmeerzeugungsanlagen sowie durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz erfolgen; "Heizkessel" im Sinne dieser Verordnung ist ein solcher im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 14 des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728), das durch Artikel 18a des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1237) geändert worden ist, (GEG);
  2. der "Austausch einer Heizungsanlage" liegt vor, wenn mindestens der Heizkessel oder der andere Wärmeerzeuger erneuert wird; bei Heizungsanlagen mit mehreren Wärmeerzeugern liegt ein Austausch vor, sobald ein Kessel oder Wärmeerzeuger erneuert wird; als Austausch gilt auch, wenn die Heizungsanlage durch den Anschluss an ein Wärmenetz ersetzt wird;
  3. ein "nachträglicher Einbau einer Heizungsanlage" liegt vor, wenn in ein bisher nicht beheiztes Gebäude oder Teile des Gebäudes eine Heizungsanlage eingebaut wird;
  4. "Stromdirektheizung" im Sinne dieser Verordnung ist eine solche im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 29 des GEG.

§ 2 Formulare

Für Anzeigen und Nachweise gemäß § 9 Absatz 3 Sätze 1 und 2 EWKG sowie zur Darlegung der Gründe für ein Entfallen der Nutzungspflicht nach § 9 Absatz 9 EWKG sind Formulare zu verwenden, welche durch das für Energie und Klimaschutz zuständige Ministerium gemeinsam mit dem für Bauen zuständigen Ministerium öffentlich bekanntgemacht werden.

§ 3 Anzeige und Nachweis

(1) Die Anzeigepflicht gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 EWKG ist mit Zugang des unterschriebenen Formulars bei der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger erfüllt. Der Zugang der Anzeige wird schriftlich bestätigt und die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer erhält binnen eines Monats nach Zugang der Anzeige einen schriftlichen Hinweis, falls die Pflicht zum anteiligen Einsatz von Erneuerbaren Energien nach § 9 Absatz 1 in Verbindung mit den Absätzen 4 bis 8 EWKG durch die angezeigten Maßnahmen nicht erfüllbar ist oder Nachbesserungen erforderlich sind.

(2) Der Austausch der Heizungsanlage kann auf eigenes Risiko der Gebäudeeigentümerin oder des Gebäudeeigentümers auch bereits innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige bei der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger erfolgen.

(3) Zum Nachweis gemäß § 9 Absatz 3 Satz 2 EWKG hat die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ergibt,

  1. welche anerkannte Erneuerbare Energie (§ 9 Absatz 4 Satz 1 EWKG in Verbindung mit § 2 Nummer 5 EWKG) genutzt wird oder
  2. welche Ersatzmaßnahme (§ 9 Absatz 5 bis 8 EWKG) eingesetzt wird oder
  3. welche Kombination (§ 9 Absatz 4 Satz 2 EWKG) von anerkannten Erneuerbaren Energien mit Ersatzmaßnahmen unter Angabe der Anteile verwendet wird.

(4) Der Nachweis gemäß § 9 Absatz 3 Satz 2 EWKG ist erbracht, wenn seitens der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers entweder eine Bestätigung zur nachgewiesenen Maßnahme erfolgt ist oder nach Ablauf eines Monats nach Zugang des Nachweises kein Hinweis zur Nachbesserung erteilt wurde.

§ 4 Überwachung, Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten

(1) Im Rahmen der Überwachung und Überprüfung der Nutzungs- und Nachweispflichten gemäß § 9 Absatz 3 Satz 3 EWKG durch die zuständigen bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegerinnen und zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger sind die Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer zur Mitwirkung verpflichtet und haben hierzu alle erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(2) Ergeben sich aus Überwachung und Überprüfung Hinweise auf Verstöße gegen die Anzeige-, Nachweis- und Nutzungspflichten, teilen die bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegerinnen und bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger dies den für Ordnungswidrigkeiten jeweils zuständigen Landrätinnen, Landräten, Bürgermeisterinnen oder Bürgermeistern als Kreisordnungsbehörden mit, soweit dies zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 17 Absatz 1 EWKG erforderlich ist.

§ 5 Statistik

Für statistische Zwecke übermitteln die bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegerinnen und bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die Ergebnisse der Überwachung nach § 9 Absatz 3 Satz 3 EWKG jedes Kalenderjahres in anonymisierter Form bis zum 31. Januar des folgenden Jahres dem Landesinnungsverband der Bezirksschornsteinfegerinnen und Bezirksschornsteinfeger (LIV) unter Verwendung eines vom LIV dafür bereitgestellten Formulars. Zu übermitteln sind insbesondere die Anzahl der Anzeigen, die Verteilung der Nachweise gemäß den gewählten Erfüllungsoptionen auf den Anzeigeformularen einschließlich der Angaben zu bisherigen und künftigen Heizungsanlagen sowie der Energieträger, gebäudebezogene Daten zu Orten und Baujahren sowie Art und Anzahl der Hinweise auf Verstöße gemäß § 5 Absatz 2. Der LIV erstellt für jedes Kalenderjahr eine Übersicht und eine statistische Auswertung der übermittelten Daten und legt diese bis zum 30. April des folgenden Jahres dem für Energie und Klimaschutz zuständigen Ministerium vor. Für die Erstellung dieser Übersicht und die statistische Auswertung sowie für die Anbindung und Pflege einer IT-Schnittstelle zum Abruf der Formulare gemäß § 3 erhält der LIV von dem für Energie und Klimaschutz zuständigen Ministerium eine Jahrespauschale, die gesondert vereinbart wird.

§ 6 Anerkannte Nutzung Erneuerbarer Energien

(1) Für die anerkannte Nutzung Erneuerbarer Energien nach § 9 Absatz 4 Satz 1 EWKG in Verbindung mit § 2 Nummer 5 EWKG sind ergänzend die folgenden Absätze maßgeblich.

(2) Die gemäß § 9 Absatz 4 Satz 1 EWKG anerkannte Nutzung von Geothermie und Umweltwärme schließt die Nutzung von Abwärme nach § 2 Nummer 1 EWKG ein und ist durch folgende technische Lösungen möglich:

  1. elektrisch oder gasbetriebene Sole/Wasser-Wärmepumpen, Wasser/Wasser-Wärmepumpen oder Luft/Wasser-Wärmepumpen, die nach der Verordnung (EU) 813/2013 1 ordnungsgemäß in Verkehr gebracht wurden,
  2. elektrisch oder gasbetriebene Luft/Luft-Wärmepumpen oder festverbaute Luftheizungsprodukte, die nach der Verordnung (EU) 2016/2281 2 ordnungsgemäß in Verkehr gebracht wurden,
  3. festverbaute Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung, die nach der Verordnung (EU) 1253/2014 3 ordnungsgemäß in Verkehr gebracht wurden und die bauordnungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere nach den Technischen Baubestimmungen Schleswig-Holstein (VV TB SH) vom 22. April 2021 (Amtsbl. Schl.-H. 2021 Nr. 19, S. 607) erfüllen,
  4. Nutzung von Abwärme, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang produziert wird, wenn hierdurch entweder 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs gedeckt wird oder mindestens 50 Prozent der Nutzfläche bei Nichtwohngebäuden oder mindestens 50 Prozent der Wohnfläche bei Wohngebäuden versorgt wird.

(3) Für die gemäß § 9 Absatz 4 Satz 1 EWKG anerkannte Nutzung von fester, flüssiger oder gasförmiger Biomasse gelten folgende Voraussetzungen:

  1. Eine öl- oder gasbetriebene Heizungsanlage oder gasbetriebene Brennstoffzelle wird zur vollständigen Deckung des Wärmeenergiebedarfs genutzt und mit einem Brennstoff betrieben, der durch Beimischung zu mindestens 15 Prozent aus Erneuerbaren Energien besteht; wenn ein Brennstoff eingesetzt werden soll, der durch Beimischung zu einem geringeren Prozentsatz aus Erneuerbaren Energien besteht, muss dies in Kombination mit anderen Maßnahmen gemäß § 9 Absatz 4 Satz 2 EWKG erfolgen; der Nachweis über den beigemischten Anteil kann beispielsweise durch einen Bezugsvertrag oder eine Rechnung nachgewiesen werden, sofern
    1. gasförmige Biomasse den Voraussetzungen des § 40 Absatz 3 Nummer 2 GEG entspricht oder
    2. flüssige Biomasse den Anforderungen nach § 39 Absatz 3 GEG entspricht;
  2. bei Betrieb von mehreren zentralen Heizkesseln zur Deckung der Grundlast werden mindestens 15 Prozent der Nennwärmeleistung des Kessels durch Biomasse gedeckt;
  3. feste Biomasse wird wie folgt genutzt:
    1. für den Betrieb einer Heizungsanlage zur vollständigen Deckung des Wärmeenergiebedarfs,
    2. für den Betrieb einer Heizungsanlage zur Deckung von mindestens 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs, was durch Rechnung oder Eigenerklärung nachzuweisen ist,
    3. für den Betrieb von Einzelraumfeuerungsanlagen gemäß § 2 Nummer 3 der 1. BImSchV, welche mindestens 30 Prozent der Wohnfläche nachweisbar beheizen und an mindestens 90 Tagen im Jahr benutzt werden oder mit einem Wasserwärmeüberträger zum Zentralheizungssystem ausgestattet sind,
    4. in Ausnahmefällen ersatzweise anstelle der Anforderungen des Buchstaben c für den Betrieb von Einzelraumfeuerungsanlagen gemäß § 2 Nummer 3 der 1. BImSchV zur Deckung von mindestens 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs, was durch Rechnung oder Eigenerklärung nachzuweisen ist.

(4) Die anerkannte Nutzung Erneuerbarer Energien kann auch durch Nutzung von daraus erzeugtem Strom in einer Stromdirektheizung erfolgen, wenn dadurch der Wärmeenergiebedarf zu mindestens 15 Prozent gedeckt wird. In dem Fall ist über einen Strombezugsvertrag oder durch eine Erzeugung im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Gebäude gegenüber der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nachzuweisen, dass ausschließlich Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt.

§ 7 Gebäudeindividueller energetischer Sanierungsfahrplan

Die Erstellung eines gebäudeindividuellen energetischen Sanierungsfahrplans gemäß § 9 Absatz 7 EWKG muss durch eine vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zugelassene Energieberaterin oder einen entsprechenden Energieberater erfolgen, die oder der in der Energieeffizienz-Experten-Datenbank der Deutschen Energie-Agentur GmbH unter www.energie-effizienz-experten.de gelistet ist.

§ 8 Entfallen der Nutzungspflicht

(1) Die Gründe für ein Entfallen der Nutzungspflicht nach § 9 Absatz 9 EWKG hat die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer gegenüber der zuständigen bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegerin oder dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger schriftlich unter Verwendung des entsprechenden Formulars darzulegen. Der Eingang der Begründung wird schriftlich bestätigt und die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer erhält binnen eines Monats nach Eingang der Begründung bei der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger schriftlich einen beratenden Hinweis, falls Nachbesserungen erforderlich sind.

(2) Die Nutzungspflicht entfällt gemäß § 9 Absatz 9 Satz 1 Nummer 3 EWKG insbesondere, wenn

  1. eine Wirtschaftlichkeitsberechnung eines Energieberaters, der bei der Energieeffizienz-Experten-Datenbank der Deutschen Energie-Agentur GmbH unter www.energieeffizienzexperten.de gelistet ist, ergibt, dass eine Amortisation der günstigsten technisch realisierbaren Option zur Erfüllung des § 9 Absatz 1 Satz 1 EWKG erst nach über 20 Jahren möglich ist, oder
  2. die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer auf Grund ihrer oder seiner persönlichen oder betrieblichen Situation nachweislich nicht in der Lage ist, die günstigste technisch realisierbare Option zur Erfüllung des § 9 Absatz 1 Satz 1 EWKG zu finanzieren.

§ 9 Gebühren

Die beliehenen Bezirksschornsteinfegerinnen und Bezirksschornsteinfeger erheben für Amtshandlungen der ihnen durch § 9 Absatz 11 Satz 1 EWKG übertragenen Aufgaben nach § 9 Absatz 3 und 5 bis 8 EWKG Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Verwaltungskostengesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 17. Januar 1974 (GVOBl. Schl.-H. S. 37), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes zur Änderung des Landesjustizgesetzes und anderer Gesetze vom 17. März 2022 (GVOBl. Schl.-H. S. 301), in Verbindung mit der Verwaltungsgebührenverordnung vom 26. September 2018 (GVOBl. Schl.-H. S. 476), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27. Oktober 2022 (GVOBl. Schl.-H. S. 931).

1) Verordnung (EU) Nr. 813/2013 der Kommission vom 2. August 2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Raumheizgeräten und Kombiheizgeräten (ABl. L 239 vom 06.09.2013 S. 136-161)

2) Verordnung (EU) 2016/2281 der Kommission vom 30. November 2016 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte im Hinblick auf Luftheizungsprodukte, Kühlungsprodukte, Prozesskühler mit hoher Betriebstemperatur und Gebläsekonvektoren (Text von Bedeutung für den EWR) vom 30.11.2016 (ABl. L 346 vom 20.12.2016 S. 1-50)

3) Verordnung (EU) Nr. 1253/2014 der Kommission vom 07.07.2014 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen (ABl. L 337 vom 25.11.2014 S. 8-26)

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