umwelt-online: Mittelspannungsrichtlinie 2008 - Technische Richtlinie Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz (3)

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B Erläuterungen

B.1 Zu Kapitel 2.3 Zulässige Spannungsänderung

Bei nur einem Verknüpfungspunkt lässt sich die ergebende Spannungsänderung am einfachsten mit Hilfe des Kurzschluss-Leistungs-Verhältnisses kkl abschätzen:

kkl = SkV / ∑ SAmax(B.1-1)

wobei SkV die Netzkurzschlussleistung am Verknüpfungspunkt ist und ∑ SAmax die Summe der maximalen Scheinleistungen aller an diesem Verknüpfungspunkt angeschlossenen und/oder geplanten Erzeugungsanlagen.

Im Fall eines einzigen Verknüpfungspunktes in einem Netz wird die Bedingung für die Spannungsänderung immer eingehalten, wenn das Kurzschluss-Leistungs-Verhältnis nachstehenden Grenzwert nicht unterschreitet:

kkl > 50(B.1-2)

Wenn die Netzimpedanz stark induktiv ist, fällt die Abschätzung mit Hilfe des Faktors kkl zu konservativ aus, d. h. die Einspeisescheinleistung wird stärker begrenzt, als es zur Einhaltung der Spannungsänderung erforderlich ist. In einem solchen Fall sollte eine Rechnung auf der Basis der komplexen Netzimpedanz mit ihrem Phasenwinkel ψ kV durchgeführt werden, die ein wesentlich genaueres Ergebnis als die Rechnung mit Hilfe der Leistungen allein liefert, allerdings auch immer noch eine Näherung darstellt.

Δ uaV = [SAmax * cos (ψ kV + Φ )] / SkV(B.1-3)

wobei cp der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung der Erzeugungsanlage bei der maximalen Scheinleistung SAmax ist. Ergibt sich für den cos (ψ kV +(p) ein Wert kleiner als 0,1,

so sollte er zur Berücksichtigung der in dieser Rechnung enthaltenen Unsicherheiten mit 0,1 abgeschätzt werden. Zur Festlegung des Vorzeichens für den Phasenwinkel wird auf die Erläuterung zum Zählpfeilsystem in Anhang B.5 verwiesen. Im Fall von Windenergieanlagen gibt die Erläuterung in Anhang B.1.1 nähere Hinweise.

Nach dem in der Richtlinie angewendeten Verbraucherzählpfeilsystem ist der Phasenwinkel Φ der Erzeugungsanlage bei Wirkleistungseinspeisung (-P) bei Bezug induktiver Blindleistung mit positivem und bei Bezug kapazitiver Blindleistung mit negativem Vorzeichen einzusetzen. Die Netzimpedanz mit dem dazugehörigen Netzimpedanzwinkel ψ kV wird dabei stets als induktiv vorausgesetzt.

Die Toleranzen der Betriebsspannung im Niederspannungsnetz sind in den Normen DIN IEC 60038 und EN 50160 zwingend vorgeschrieben. Die Nennspannung beträgt europaweit 400 V zwischen den Außenleitern entsprechend 230 V zwischen dem Außen- und Neutralleiter oder Erde. Die Toleranzgrenze der Betriebsspannung beträgt ± 10 % Un.

Eine Erweiterung des zulässigen Bereiches des Verschiebungsfaktors cos Φ kann in Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber unter Berücksichtigung folgender Randbedingungen festgelegt werden:

Die zulässige positive Spannungsänderung ergibt sich aus der Differenz der positiven Toleranz der Niederspannung von 230 V +10 % und der höchsten ermittelten Spannung im Niederspannungsnetz (in der Regel bei Schwachlast, evtl. mit Einspeisung).

Die zulässige negative Spannungsänderung ergibt sich aus der Differenz der negativen Toleranz der Niederspannung von 230 V - 10 % und der niedrigsten ermittelten Spannung im Niederspannungsnetz (in der Regel bei Starklast, evtl. ohne Einspeisung).

Abhängig von der Höhe der Erzeugungsleistung ergibt sich daraus der einstellbare Bereich für den Verschiebungsfaktor.

Die im Niederspannungsnetz vorhandenen Spannungsverhältnisse sind in Bild B.1 schematisch dargestellt. Bei Starklast wird dem am weitesten entfernten Verbraucher die niedrigste Betriebsspannung zur Verfügung gestellt. Sie ist aufgrund der Spannungsfälle auf den Leitungen umso niedriger, je weiter der Verbraucher von dem Umspannwerk entfernt ist. Bei Schwachlast entfallen diese Spannungsfälle und die Betriebsspannung ist im gesamten Netz weitgehend konstant.

Der Netzbetreiber wird bemüht sein, die Betriebsspannung des Mittelspannungsnetzes und die Stufenstellung der Netztransformatoren so zu wählen, dass die Betriebsspannung der am weitesten entfernten Kundenanlage noch oberhalb der unteren Toleranzgrenze liegt und die Mehrzahl der näher an dem Umspannwerk liegenden Kundenanlagen eine nicht zu weit oberhalb der Nennspannung liegende Betriebsspannung erfährt.

Bild B.1: Schematische Darstellung der Spannungsverhältnisse für den Verbraucher im Niederspannungsnetz

Un NS: Nennspannung des Niederspannungsnetzes (400 V: Leiter-Leiter; entsprechend 230 V Leiter-Neutral)

Hinzu kommt, dass die Regelung der Netztransformatoren in Stufen erfolgt und die Mittelspannung an der Sammelschiene innerhalb einer Stufung (in der Regel zwischen 1 % und 1,5 %) schwanken kann. Es ergibt sich somit der in Bild B.1 gezeigte schattierte Bereich, in dem die Betriebsspannung der angeschlossenen Verbraucher abhängig von Last und Ort liegen kann.

Im Normalbetrieb verändert eine an der Sammelschiene des Umspannwerkes angeschlossene Erzeugungsanlage die Sammelschienenspannung nur innerhalb einer Stufe der Stufenschalter-Regelung des Netztransformators. Der gewählte zulässige Wert von 2 % gewährleistet, dass der Stufenschalter nicht unzulässig häufig schalten muss. Dieser Grenzwert kann auch bei großen Einspeiseleistungen eingehalten werden, wenn der Verschiebungsfaktor cos Φ ∼ 1 ist, da dann lediglich die Spannungsabfälle am ohmschen Anteil der Kurzschlussimpedanz zur Spannungsänderung beitragen.

Wenn der Netzbetreiber jedoch den Bezug induktiver oder kapazitiver Blindleistung fordert, werden die höheren Spannungsfälle an den reaktiven Anteilen der Kurzschlussimpedanz maßgebend, und die Erwartungswerte der Spannungsänderung werden größer. Im Normalbetrieb bewirkt dies lediglich ein häufigeres Arbeiten der Stufenschalter. Bei Störungen, z.B. bei der Abschaltung einer Erzeugungsanlage aufgrund von Störungen ist jedoch zu bedenken, dass der Stufenschalter bestimmte Umschaltzeiten von etwa 10 s pro Stufe besitzt. Während dieser Zeit ändert sich die Betriebsspannung entsprechend der eingestellten Blindleistung:

Kurzeitige Änderungen können Auswirkungen auf die Betriebssicherheit elektronischer Rechner- oder Steuerungseinrichtungen haben und sollten innerhalb der von den Herstellern solcher Einrichtungen empfohlenen Grenzen bleiben. Der empfohlene Wert einer Spannungsanhebung oder -absenkung von 2 % wird dies in der Regel gewährleisten, doch sollte der Netzbetreiber bei der Wahl einer geforderten Blindleistungseinspeisung die Konsequenzen auf die Auswirkungen eines Ausfalls der Erzeugungsanlage auf die kurzzeitige Änderung der Spannung berücksichtigen.

B.1.1 Anschluss im Mittelspannungsnetz

Die Leistungseinspeisung von Erzeugungsanlagen verändert die Betriebsspannung des Netzes. Abgeleitet von der Formel (B.1-3) lässt sich die Spannungsänderung am Verknüpfungspunkt bei Bezug induktiver Blindleistung wie folgt ausdrücken:

Δ ua = [Samax * cos| Φ | -XkV * sin| Φ | )] / U2(B.1-4)

Wie die Gleichung zeigt, kann die Spannungsänderung positiv oder negativ werden, wenn der erste Term im Zähler gleich oder kleiner als der zweite wird, was bei einem genügend kleinen cos Φ , also bei einem entsprechend hohen Bezug induktiver Blindleistung möglich ist.

Ein hoher Blindleistungsbezug hat jedoch erhebliche Nachteile in der Praxis. Zum einen werden dadurch - wie bekannt - die Leitungsverluste erhöht und die Übertragungskapazität der Leitungen vermindert. Zum anderen können in einem solchen Fall weitab vom Verknüpfungspunkt größere Spannungsänderungen auftreten als an diesem selbst, da das R/XVerhältnis (auf das es nach Gleichung (B.1-4) ankommt) keineswegs für alle Betriebsmittel auf der Strecke der Leistungsübertragung dasselbe ist. Bei Bezug kapazitiver Blindleistung gilt:

Δ ua = [SAmax * cos| Φ | +XkV * sin| Φ | )] / U2(B.1-5)

Aus der Gleichung ist erkennbar, dass der Bezug kapazitiver Blindleistung die Spannungserhöhung verstärkt; bei variablem Blindleistungsbezug ist dies zu berücksichtigen.

Die angegebenen Formeln B.1-4 und B.1-5 sind praktikable Näherungen, bei denen der Winkel zwischen der Netz-Sammelschienenspannung und der Spannung am Verknüpfungspunkt zu Null angenommen und die Rückwirkung der Spannungsänderung auf Spannung und Strom am Verknüpfungspunkt vernachlässigt wird (Linearisierung des an sich nichtlinearen Lastflussproblems). Die nach diesen Formeln berechneten Spannungsänderungen sind daher geringfügig größer als die exakten Werte und somit auf der "sicheren Seite". Jedoch sollte diese Tatsache berücksichtigt werden, wenn man die mit diesen Formeln berechneten Ergebnisse mit denen der komplexen Lastflussrechnung vergleicht.

Eine gebräuchliche Annäherung zur Berechnung der Spannungsänderung ist auch

Δ ua = SAmax * [(Sk SS - SkV) / (Sk SS * SkV)](B.1-6)

mit SkSS = Kurzschlussleistung an der Mittelspannungssammelschiene des Umspannwerkes. Dieser Formel liegt die Annahme einer konstanten Spannung an der Sammelschiene zugrunde.

Aufgrund vieler durchgerechneter Fallbeispiele kann angenommen werden, dass die in den einschlägigen Vorschriften (vor allem in EN 50160) angegebenen Toleranzen der Betriebsspannung sowohl im Mittelspannungs- als auch im Niederspannungsnetz eingehalten werden, wenn die durch den Betrieb aller Erzeugungsanlagen in diesem Mittelspannungsnetz verursachte Spannungsänderung auf einen Wert von 2 % begrenzt wird. Wenn in Sonderfällen die Art des Netzes und seine Betriebsweise es erfordern, kann der Netzbetreiber auch eine geringere Spannungsänderung als 2 % verlangen.

Wenn es nach den bisher beschriebenen Überlegungen nicht möglich ist, die gewünschte Erzeugungsleistung anzuschließen, dann müssen in der Regel Maßnahmen zur Netzverstärkung ergriffen werden. Dabei ist am einfachsten, den Verknüpfungspunkt in Richtung höherer Kurzschlussleistung zu verlegen, also die Erzeugungsanlage über eine separate Leitung an die Mittelspannungssammelschiene des Umspannwerkes anzuschließen oder sogar direkt in das Hochspannungsnetz über einen separaten Kundentransformator einzuspeisen.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Anschlusses einer Erzeugungsanlage stark von der Form des Mittelspannungsnetzes, von den vorhandenen Netzelementen und von der Betriebsweise des Netzes abhängt. Die hier gegebenen Hinweise können daher fallweise abgewandelt werden.

B 1.2 Anschluss an die Sammelschiene eines Umspannwerkes

Bei direktem Anschluss der Erzeugungsanlage an die Sammelschiene des Umspannwerkes kommt die Spannungsänderung nicht zum tragen, da diese von dem Netztransformator ausgeregelt wird. Dies trifft jedoch nur zu, wenn die Änderung der Einspeiseleistung nicht schneller ist, als der Regler reagieren kann. Durch Begrenzung der maximalen Anstiegsgeschwindigkeit der Einspeiseleistung ist sicherzustellen, dass ein Ausregeln von Spannungsänderungen an der Sammelschiene erreicht wird.

Bei sprungartigem Wegfall der Einspeiseleistung kann der Sammelschienenregler aus Trägheitsgründen den sich ergebenden Spannungssprung nicht ausregeln. Daher kann der im Kapitel "Schnelle Spannungsänderungen" angegebene Spannungssprung ein begrenzendes Kriterium für die Einspeiseleistung sein.

B.2 Zu Kapitel 2.4 Netzrückwirkungen

B 2.1 Berechnungsgrundlagen für schnelle Spannungsänderungen

In Abhängigkeit von der Kurzschlussleistung SkV des Netzes des Netzbetreibers und der Bemessungsscheinleistung SrE einer Erzeugungseinheit lässt sich eine durch Zuschaltung bedingte schnelle Spannungsänderung zu

Δ umax = ki max * (SrE / SkF)(B.2-1)

abschätzen. Der Faktor kimax wird als "maximaler Schaltstromfaktor" bezeichnet und gibt

das Verhältnis des größten während des Schaltvorganges auftretenden Stromes (z.B. eines Anzugstromes Ia) zum Nennstrom der Generatoreinheit oder Erzeugungseinheit InG an, beispielsweise:

ki max = Ia / InG(B.2-2)

Ergebnisse aufgrund einer Rechnung mit diesem "maximalen Schaltstromfaktor" stellen eine obere Abschätzung dar und liegen damit grundsätzlich auf der "sicheren" Seite. Es gelten für diesen Faktor folgende Richtwerte:

Asynchronmaschinen, die mit annähernder Synchrondrehzahl an das Netz geschaltet werden, können aufgrund interner Ausgleichsvorgänge sehr kurze Spannungseinbrüche verursachen. Ein solcher darf das Doppelte des sonst zulässigen Wertes, also 4 %, betragen, sofern er nicht länger als zwei Vollschwingungen andauert und die darauf folgende Abweichung der Spannung vom Wert vor dem Spannungseinbruch den sonst zulässigen Wert nicht überschreitet.

Für die Zu-, Ab- und Umschaltung von Windenergieanlagen stehen zwei spezielle, vom Hersteller nachzuweisende "netzabhängige Faktoren" kf (Flicker Step Factor) und ku (Voltage Step Factor)" zur Verfügung, mit denen die Bewertung von Schaltvorgängen formal auf dieselbe Weise wie oben beschrieben möglich ist und die auch die erwähnten kurzzeitigen Ausgleichsvorgänge berücksichtigen. Die beiden Faktoren kf und ku können mit Hilfe eines fiktiven Netzes bestimmt werden und werden als Funktion des Netzimpedanzwinkels ψ zu jedem Anlagentyp im Prüfbericht nach 22) für Einschaltvorgänge bei Einschalt- und Nennwind, bei Umschaltungen von Generatorstufen, sowie beim Ausschalten bei Nennleistung angegeben.

Für die Bewertung der schnellen Spannungsänderungen ist nach Prüfbericht 21 der jeweils ungünstigste Faktor ku bei entsprechend vorliegendem Netzimpedanzwinkel am Netzanschlusspunkt anzusetzen. Mit seiner Hilfe lässt sich auf formal dieselbe Weise wie mit Gleichung (B.2-1) eine fiktive "Ersatzspannungsänderung" berechnen, die ebenfalls (wie Δ umax) einen Grenzwert von 2 % nicht überschreiten darf.

Δ uers = ku * SrE / SkF(B.2-3)

In der Regel ist der Faktor ku bei Einschaltvorgängen bei Nennwind am ungünstigsten. Ein zeitliches Zusammenfallen von Schaltvorgängen mehrerer Generatoren an einem Verknüpfungspunkt führt zum Mehrfachen der von einem Generator verursachten Spannungsänderung und sollte daher zur Minimierung der Rückwirkungen auf das Netz des Netzbetreibers vermieden werden. Eine hierfür geeignete technische Möglichkeit stellt die zeitliche Staffelung der einzelnen Schaltvorgänge dar. Dabei richtet sich der zeitliche Abstand Δ tmin in Sekunden zwischen zwei Schaltvorgängen nach der Größe der durch sie verursachten Spannungsänderungen und muss bei einem Δ Umax = 2 % mindestens 3 Minuten betragen. Bei geringeren Spannungsänderungen genügen kleinere zeitliche Abstände entsprechend Gleichung B.2-4.

Δ tmin =23 * (100 Δ u)3 in [Sekunden](B.2-4)

Für die Anschlussbeurteilung einer oder mehrerer Erzeugungseinheiten ist im Hinblick auf flickerwirksame Spannungsänderungen aufgrund von Schaltvorgängen der Grenzwert Plt < 0,46 einzuhalten.

Die Langzeitflickeremission Plt, begründet in Schaltvorgängen einer einzelnen Erzeugungseinheit, wird unter Anwendung von Gleichung (B.2-5) berechnet:

(B.2-5)

Die Langzeitflickeremission Plt, begründet in Schaltvorgängen mehrerer Erzeugungseinheiten, wird unter Anwendung von Gleichung (B.2-6) berechnet. Dabei versteht man unter N120 die maximale Anzahl der Schaltvorgänge der Erzeugungseinheiten innerhalb von 120 Minuten. Unter NE versteht man die Anzahl der Erzeugungseinheiten an einem Verknüpfungspunkt.

(B.2-6)

Der Faktor N120 und dessen Anwendung ist in Anhang B.2.2 beschrieben und dem Auszug des Prüfberichtes 23) zu entnehmen.

Der sich ergebende Langzeitflicker muss kleiner als Plt = 0,46 sein.

B.2.2 Schnelle Spannungsänderungen

Beim motorischen Anlauf von Asynchronmaschinen beträgt der Strom ein Mehrfaches des Nennstromes. Daher ist zur Vermeidung von hohen Strombelastungen und Spannungseinbrüchen im Netz der motorische Anlauf von Asynchrongeneratoren nicht zu empfehlen. Jedoch tritt auch beim Zuschalten mit Synchrondrehzahl ein - allerdings sehr kurzer, d. h. wenige Halbschwingungen dauernder - Stromstoß in der Größenordnung des Anzugstromes auf. Führt er zu unzulässigen Rückwirkungen auf das Netz, so ist eine überbrückbare Drossel zu seiner Begrenzung vorzusehen.

Zu- und Umschaltungen von Erzeugungsanlagen mit Asynchrongeneratoren werden von verhältnismäßig komplizierten Ausgleichsvorgängen begleitet. Zur Berechnung dieser Schaltvorgänge bei Windenergieanlagen wurde der vom Phasenwinkel ψ der Netzimpedanz abhängige Voltage Step Factor ku(w) einführt. Dieser Faktor wird aus Messungen während der Schaltvorgänge abgeleitet und als Funktion von yi tabelliert den Daten der Erzeugungsanlage beigefügt. Die Faktoren ku(ψ ) und kf(ψ ) werden speziell bei Windenergieanlagen verwendet und für folgende Schaltvorgänge für die Netzimpedanzwinkel 30°, 50°, 70° und 85° jeweils angegeben:

Für die Bewertung der verursachten Netzrückwirkungen - in diesem Fall schnelle Spannungsänderungen - ist der jeweils ungünstigste (größte) Faktor anzusetzen. Für Netzimpedanzwinkel, die von den o.g. Winkeln abweichen, ist eine Interpolation zulässig.

Die Bewertung der Flickerwirksamkeit der durch Schaltvorgänge bedingten Spannungsänderungen erfolgt mit Hilfe des sog. Flicker Step Factor kf(ψ ) . und des Faktors N120. Der einzuhaltende Grenzwert bei schaltbedingten Flickerwirkungen ist identisch mit dem Grenzwert für Flickerwirkungen bei Dauerbetrieb der Anlagen (Langzeitflicker).

Die Flickerbewertung erfolgt für jede der o.g. Schaltarten mit dem dazugehörigem Faktor N120 und dem Flicker Step Factor kf(ψ ) . Der Faktor N120 beschreibt die maximale Anzahl der jeweiligen Schaltart in 120 Minuten. Der höchste errechnete Wert ist ausschlaggebend für die Flickerbeurteilung. Für Netzimpendantwinkel, die von den o.g. Winkeln abweichen, ist eine Interpolation zulässig.

B.2.3 Langzeitflicker

Mit Flicker wird ein Phänomen bezeichnet, das durch Spannungsschwankungen gekennzeichnet ist, deren Frequenz und Amplitude eine derartige Höhe besitzen, dass die von dieser Spannung gespeisten Lampen störende Helligkeitsschwankungen aufweisen. Einzelheiten sind 24) zu entnehmen. Messgröße und Beurteilungskriterium für Flicker, der von Erzeugungsanlagen verursacht wird, sind der Langzeit-Flickerstörfaktor Alt oder die Langzeit-Flickerstärke Plt.

Die von einem menschlichen Beobachter empfundene Intensität eines Flickers ist proportional dem Flickerstörfaktor A und dabei (etwa) linear abhängig von der Frequenz der Spannungsschwankungen und (etwa) kubisch abhängig von deren Amplitude. Die Amplitude hängt wiederum ab von:

Der Flickerkoeffizient c wird wie der Voltage Step Factor ku(Ψ ) für die Netzimpedanzwinkel

30°, 50°, 70° und 85° bei unterschiedlichen mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten angegeben und hat in erster Linie Bedeutung bei Windenergieanlagen (vor allem bei solchen mit Asynchrongeneratoren). Der Netzimpedanzwinkel Ψ k wird aus entsprechenden Netzberechnungen ermittelt und kann für von oben genannte abweichende Winkel interpoliert werden. Bei nicht genauer Kenntnis über die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit ist der ungünstigste (größte) Faktor anzuwenden. Der Flickerkoeffizient c beschreibt die flickerwirksamen Eigenschaften der Maschine, die für die Flickererzeugung verantwortlich sind und ist im Wesentlichen abhängig vom flickerwirksamen Phasenwinkel (Φ f der jeweiligen Anlage. Der Flickerkoeffizient wird im Prüfbericht 25) angegeben. Die gemeinsame Flickerwirkung mehrerer, an einem Verknüpfungspunkt angeschlossener Erzeugungseinheiten lässt sich nach (2.4.2-3) bzw. (2.4.2-4) aus den Flickerstörfaktoren dieser Anlagen berechnen, wobei hier eine quadratische Addition der Plt-Werte stattfindet. Dieses ist dadurch begründet, dass - nach allen bisher durchgeführten Untersuchungen - der von mehreren Windenergieanlagen ausgehende Flicker eine stochastische Überlagerung erfährt (ähnlich der Überlagerung von Rauschspannungen oder von Wechselspannungen unterschiedlicher Frequenz).

Bei der Ermittlung der gemeinsamen Flickerwirkung mehrerer an einem Verknüpfungspunkt angeschlossener Erzeugungsanlagen wird gemäß Gleichung 2.4.2-3 die quadratische Addition der Einzelwerte angesetzt. Dies ist mit der Überlagerungsverhalten der Erzeugungseinheiten, deren Emissionen nicht unabhängig voneinander sind, erklärbar. Bei zeitlich voneinander unabhängigen Einzelemissionen wäre ein kubisches Überlagerungsverhalten anzusetzen.

B.2.4 Oberschwingungen und Zwischenharmonische

Die einschlägigen Vorschriften (z.B. die europäische Norm EN 50160 "Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen") schreiben die Einhaltung festgelegter Grenzwerte für die Oberschwingungsspannungen sowohl für das Nieder- als auch das Mittelspannungsnetz vor. Diese Werte sind in beiden Spannungsebenen mit einer ausreichend hohen Wahrscheinlichkeit einzuhalten. In der Niederspannungsebene addieren sich die Spannungsverzerrungen aller überlagerten Spannungsebenen. Die zulässigen Oberschwingungsspannungen werden zum großen Teil bereits durch die angeschlossenen Verbrauchsgeräte ausgeschöpft. In der Mittelspannungsebene müssen daher die von Erzeugungsanlagen zusätzlich eingespeisten Oberschwingungsspannungswerte auf zulässige Werte begrenzt werden.

Tabelle B.2.4-1: Maximale Oberschwingungsspannungsanteile, die durch alle Erzeugungsanlagen in einem galvanisch verbundenen Mittelspannungsnetz erzeugt werden dürfen.

OrdnungszahlZulässige OS-Spannung
im MS-Netz [% Un]
50,5
71
111
130,85
170,65
190,6
230,5
250,4
25 < v < 40 1)0,4
geradzahlig0,1
µ < 400,1
µ, v > 40 2)0,3
1) ungeradzahlig

2) Meßbandbreite 200 Hz

Die in der Tabelle B.2.4-1 genannten Oberschwingungsspannungsanteile durch Erzeugungsanlagen im Mittelspannungsnetz bestimmen sich wie folgt:

Werden verschiedene Erzeugungsanlagen über getrennte, längere Leitungen (Freileitung über 2 km, Kabel über 6 km) direkt an die Sammelschiene eines Umspannwerkes angeschlossen, das ein Netz mit merkbarem Kabelanteil speist (Qc > 3 MVar), dann kann der genannte Grenzwert 0,3 % für die Erzeugungsanlagen auf jeder dieser Leitungen ausgeschöpft werden. Bei einer eigenen Leitung zur Sammelschiene (die dann den Verknüpfungspunkt darstellt) treten bei solchen Netzen höherfrequente Spannungen in störender Höhe nicht auf, da sie von der Netzkapazität kurzgeschlossen werden.

Die in der Tabelle 2.4.3-1 genannten bezogenen Oberschwingungsströme ergeben sich bei Begrenzung der Oberschwingungsspannungen auf die Werte der Tabelle B.2.4-1 am induktiven Netz. Angegeben ist jeweils die für eine Ordnungszahl zulässige Summe der Oberschwingungsströme, die von der Gesamtheit aller in einem Mittelspannungsnetz direkt angeschlossenen Anlagen erzeugt werden darf. Die angegebenen zulässigen Oberschwingungsströme beziehen sich auf den Verknüpfungspunkt der Erzeugungsanlage mit dem Mittelspannungsnetz. Die Werte können wahlweise durch entsprechende Auslegung der Erzeugungseinheiten oder durch zentrale Maßnahmen, z.B. durch Filterkreise, erreicht werden.

Wenn die Erzeugungsanlage aus mehreren Erzeugungseinheiten (z.B. Windpark) besteht, können die ins Mittelspannungsnetz eingespeisten Oberschwingungsströme aus den Strömen der einzelnen Erzeugungseinheiten bestimmt werden:

Netzgeführte Wechselrichter (6- oder 12-pulsig)

Die stromrichtertypischen Oberschwingungsströme (5., 7., 11., 13. usw. Ordnung) sowie nichttypische sehr niedriger Ordnung (v < 13) werden arithmetisch addiert:

(B.2.4-1)

Für die nicht typischen Oberschwingungen höherer Ordnung (v > 13) ist der gesamte Oberschwingungsstrom einer Ordnung gleich der Wurzel aus der Summe der Quadrate der Oberschwingungsströme dieser Ordnung:

(B.2.4-2)


Pulsmodulierte Wechselrichter

Für eine Ordnungszahl µ, die grundsätzlich nichtganzzahlig ist, aber für Werte von µ > 13 auch ganzzahlige Werte mit einschließt, ist der gesamte Strom gleich der Wurzel aus der Summe der Quadrate der Ströme der Erzeugungseinheiten:

(B.2.4-3)

Treten bei solchen Wechselrichtern untypische Oberschwingungsströme bei ganzzahligen Ordnungszahlen von v < 13 auf, dann sind diese Ströme entsprechend der Gleichung B.2.4-1 arithmetisch zu addieren. Oberschwingungssströme oberhalb der 2. Ordnung sowie Zwischenhamonische dürfen gemäß Gleichung B.2.4-3 berechnet werden, wenn die Pulsfrequenz des Wechselrichters mindestens 1 kHz beträgt.

Werden die zulässigen Oberschwingungsströme (oder die zulässigen Ströme der Zwischenharmonischen) überschritten, dann können weitergehende Untersuchungen innerhalb der Erzeugungsanlage erforderlich werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in den oben gegebenen Gesetzmäßigkeiten der Oberschwingungsstrom-Überlagerung so gewählt sind, dass sie für eine auch bei höheren Frequenzen induktive Netzimpedanz gelten. In ausgedehnten Anlagen mit merklichem Kabelanteil leitet aber bei höheren Frequenzen die Kabelkapazität (vor allem über 2000 Hz, also bei µ > 40) in vielen Fällen die Einspeiseströme der Erzeugungseinheiten ab, so dass niedrigere Oberschwingungsströme der gesamten Erzeugungsanlage entstehen können, als mit den Näherungsgleichungen abgeschätzt werden.

Die zur Berechnung der zulässigen Oberschwingungsströme herangezogenen Kurzschlussleistungen in Mittelspannungsnetzen können im Bereich 20 bis 500 MVA liegen. Typischerweise liegen sie zwischen 50 und 200 MVA. Es ist darauf zu achten, dass nicht die Bemessungs-Kurzschlussleistung der Mittelspannungsanlagen, sondern die tatsächliche Kurzschlussleistung am Verknüpfungspunkt in Ansatz gebracht wird.

Wenn die nach der hier vorgestellten Methode ermittelten zulässigen Oberschwingungsströme von den anzuschließenden Anlagen eingehalten werden, dann ist mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit sichergestellt, dass die zulässigen Oberschwingungsspannungen im Netz nicht überschritten werden. Anderenfalls sind genauere Rechnungen erforderlich, bei denen die Netzverhältnisse im einzelnen nachgebildet und bereits vorhandene oder noch zu erwartende Oberschwingungserzeuger berücksichtigt werden.

Derartige, genauere Untersuchungen können vor allem für das Frequenzgebiet oberhalb 2000 Hz erforderlich werden, da dort der Impedanzverlauf nur noch wenig vom Impedanzwert bei 50 Hz abhängt. Können die für dieses Frequenzgebiet in Tabelle 2.4.3-1 vorgegebenen Stromwerte nicht eingehalten werden, dann sollten die zu erwartenden Spannungswerte mit den tatsächlichen Netzimpedanzen bei diesen höheren Frequenzen ermittelt werden. Weitere Hinweise zu diesem Thema finden sich in 26.

Führt auch diese Methode nicht zum Ziel, dann müssen Abhilfemaßnahmen angewandt werden, wie z.B. die Verringerung der in das Netz eingespeisten Oberschwingungsströme durch den Einbau von Filtern oder die Erhöhung der zulässigen Oberschwingungsströme durch den Anschluss an einen Punkt höherer Kurzschlussleistung.

Ferner ist zu empfehlen und im Einzelfall zu prüfen, ob für Wechselrichteranlagen ab etwa 100 kVA (Bemessungsleistung) 12-pulsige und für Anlagen über 2 MVA (Bemessungsleistung) 24-pulsige Wechselrichter eingesetzt werden können, falls nicht ohnehin die Technik der Pulsmodulation zur Anwendung kommt.

Unter besonderen Verhältnissen können auch Oberschwingungen höherer Frequenz, d. h. etwa im Bereich oberhalb von 1250 Hz, auftreten, die dadurch entstehen, dass schwach gedämpfte Resonanzen von Teilnetzen durch Kommutierungseinbrüche angeregt werden. In solchen Fällen müssen besondere Maßnahmen ergriffen werden, die in 26) näher beschrieben werden.

B.3 Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

Bei einer erfolglosen AWE bei Fehlern im übergelagerten Netz (110, 220, 380 kV) finden zwei Spannungseinbrüche hintereinander statt.

Bild B.3-1 Spannungsverlauf bei einer erfolglosen AWE im übergeordneten Netz

Bild B.3-1 zeigt einen hierbei auftretenden Verlauf der Spannung am Netzanschlusspunkt von Erzeugungsanlagen. Die Höhe des Spannungseinbruches ist dabei abhängig von der Lage des Fehlerortes zum Netzanschlusspunkt.

In Bild B.3-1 ist das allgemeine Verhalten der Spannung bei einem Schutz der Hochspannungs-Leitungen durch Distanzschutzeinrichtungen ohne Signalübertragung dargestellt. Die Distanzschutzeinrichtungen auf beiden Enden des zu schützenden Leitungssystems sind normalerweise übergreifend eingestellt, d.h. deren erste Zone schützt in Schnellzeit z.B. 125 % des betrachteten Leitungssystems. Dadurch werden alle Fehler auf diesem Leitungssystem sicher in Schnellzeit abgeschaltet. Die durch diese Betriebsweise gegebene Überfunktion bei Fehlern jenseits der nächsten Sammelschiene wird in Kauf genommen. Während der AWE-Pausenzeit, die typischerweise 0,3 s bis 2 s beträgt, schalten die Schutzeinrichtungen für die erste Zone auf die Standardeinstellung mit der üblichen Unterreichweite ohne Berücksichtigung einer AWE um. Dies bedeutet, dass jetzt nur noch ca. 85 % des betrachteten Leitungssystems in Schnellzeit geschützt werden. Das hat zur Folge, dass die Schutzeinrichtung auf der einen Seite des Leitungssystems den Fehler jetzt innerhalb ihrer ersten Zone erfasst und ihn in Schnellzeit abschaltet. Die Schutzeinrichtung auf der anderen Seite des Leitungssystems hingegen kann den Fehler u. U. - je nach Fehlerort - erst außerhalb ihrer ersten Zone erkennen, z.B. wenn sich der Fehler kurz vor der Gegenstation befindet. Um die ohne Berücksichtigung der AWE gewünschte Selektivität sicherzustellen, schaltet diese Schutzeinrichtung den Fehler jetzt entsprechend dem Standardprogramm zeitverzögert - beispielsweise in 0,5 s - ab.

Unter der Voraussetzung, dass alle Einrichtungen bestimmungsgemäß funktionieren, kann somit davon ausgegangen werden, dass der erste Spannungseinbruch nur 150 ms andauert, während der zweite Spannungseinbruch ggf. zeitverzögert bis zum Ablauf der zweiten Zeitstufe andauert.

Weiterhin sind im Bild B.3-1 die Grenzlinien der Spannung rot dargestellt, bis zu der sich die Erzeugungsanlage mit Netzanschlusspunkt im Mittelspannungsnetz nicht vom Netz trennen darf (siehe hierzu auch Kapitel 2.5.1.2).

Falls eine der an der Kurzschlussabschaltung beteiligten Einrichtungen versagt, wird der Spannungseinbruch beim ersten Fehler nicht nach 150 ms beendet sein. In diesem Fall darf die Erzeugungsanlage bei einem Verlauf der Spannung oberhalb der in Bild 2.5.1.2-2 des Kapitels 2.5.1.2 dargestellten Kurve nicht entkuppelt werden.

Befindet sich ein Fehler auf der vorgeordneten 110-kV-Leitung, an der die Erzeugungsanlage über das Netz des Netzbetreibers letztlich angeschlossen ist (siehe Bild B.3-2), so kommt es zunächst aufgrund der Zwischeneinspeisungen zu Fehlmessungen aller Distanzschutzeinrichtungen. Die Größe der jeweiligen Fehlmessungen ist dabei abhängig vom Verhältnis der Kurzschlussleistungen der speisenden Stellen. Ist die Kurzschlussleistung des Netzes gegenüber der Kurzschlussleistung der Erzeugungsanlage so groß, dass die Distanzschutzeinrichtungen in den Umspannwerken A und B den Fehler in der Übergreifzone einmessen, führen die Distanzschutzeinrichtungen in den Umspannwerken A und Umspannwerk B eine AWE durch. Wenn beide Leistungsschalter in den Umspannwerk A und B ausgeschaltet sind, kann nun die Distanzschutzeinrichtung im Umspannwerk C den Fehler richtig einmessen und dann ein entsprechendes AUS-Kommando erteilen. Bei im Stich angeschlossenen Umspannwerken wird mit dem AUS-Kommando der Leistungsschalter des Mittelspannungs-Feldes ausgeschaltet, in das die Erzeugungsanlage einspeist. Die Erzeugungsanlage wird somit vom Netz getrennt. Dies gilt bei Anschluss der Erzeugungsanlage an die Mittelspannungs-Sammelschiene eines Umspannwerkes über ein gesondertes Leistungsschalter-Feld.

Bild B.3-2: Fehler auf der vorgelagerten 110-kV-Leitung

Sofern sich eine im Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage auf Forderung des Netzbetreibers an der Spannungsstützung im Fehlerfall beteiligen soll, ist zu berücksichtigen, dass bei im Stich angeschlossenen Umspannwerken das AUS-Kommando vom oberspannungsseitig eingebauten Distanzschutzrelais zum Übergabeleistungsschalter z.B. mittels Binärsignalübertragung übertragen wird. Dies ist deshalb notwendig, da ansonsten durch die Erzeugungsanlage weiterhin Energie auf den Fehler gespeist wird und der Fehler dadurch entsprechend länger bestehen bleibt. Zudem kann bei entsprechendem Energieeintrag ein Lichtbogen in der spannungslosen Pause nicht mehr verlöschen.

Bei Fehlern im Mittelspannungsnetz, in das die Erzeugungsanlage einspeist, können sich die Erzeugungsanlagen grundsätzlich vom Netz trennen, da eine Netztrennung in diesem Falle keine Auswirkung auf die Systemstabilität des übergeordneten Netzes hat. Es kann jedoch am Netzanschlusspunkt zu einem gleichartigen Verlauf der Spannung wie bei einer AWE im übergeordneten Netz kommen. Insofern kann mittels des Spannungsverlaufes nicht detektiert werden, in welcher Spannungsebene der Fehler liegt. Es müssen demnach grundsätzlich die gleichen Forderungen hinsichtlich der Netztrennung wie zuvor beschrieben zur Anwendung gelangen. Zu berücksichtigen ist hierbei weiterhin, dass nach einer erfolglosen AWE ggf. nach ca. 15 ... 20 s eine weitere AWE durchgeführt wird. Bei der zweiten AWE können sich die Erzeugungsanlagen dann vom Netz trennen (siehe Bild B.3-3). Auch sind bei Fehlern im Mittelspannungsnetz höhere Auslösezeiten zu berücksichtigen.

Bild B.3-3: Spannungsverlauf bei einer erfolglosen zweifachen AWE im MS-Netz

B.4 Zählpfeilsystem

Für die Angabe von Richtungen und Phasenwinkeln wird das Verbraucher-Zählpfeil-System angewendet.

Bild B.4-1: Verbraucherzählpfeilsystem

Im Folgenden wird das Verbraucherzählpfeilsystem auf an das Netz angeschlossene Bezugskundenanlagen ebenso wie auf Erzeugungsanlagen angewendet. Ströme und Spannungen in Pfeilrichtung werden positiv gezählt.

Für die Darstellung in Quadranten wird ein Leistungskreis gewählt, dessen Darstellung kompatibel zu mathematischen Darstellungen der Trigonometrie und der komplexen Zahlen ist. Dabei liegt der Stromzeiger immer auf der reellen Achse ("bei 3 Uhr"), während die Lage des Spannungszeigers der Scheinleistung und dem Phasenwinkel entspricht. Winkel werden - wie in der Mathematik - gegen den Uhrzeigersinn positiv gezählt. Als Phasenwinkel wird der Winkel vom Stromzeiger zum Spannungszeiger definiert.

Bild B.4-2: Beispiel: Ohmschinduktive Last

Die unterschiedlichen "Betriebszustände" werden in den 4 Quadranten I bis IV dargestellt. Die Benennung der Quadranten erfolgt gegen den Urzeigersinn und entspricht den mathematischen Gepflogenheiten.

Ein an das Netz angeschlossenes Kraftwerk mit einem Synchrongenerator befindet sich in Quadrant III, wenn der Synchrongenerator übererregt ist und in Quadrant II, wenn der Synchrongenerator untererregt ist.

Anmerkung: Man sollte sich nicht davon verwirren lassen, dass der untererregte Betriebszustand im Quadranten II im Leistungsdiagramm eines Synchrongenerators auch als "kapazitiver Betrieb" bezeichnet wird. Das rührt daher, dass bei Synchrongeneratoren i. A. das Erzeuger-Zählpfeil-System angewendet wird.

Bild B.4-3: Darstellung im Verbraucherzählpfeilsystem

C Anschlussbeispiele

In den Bildern C.1 und C.2 sind die grundsätzlichen Netzanschlusspunkte für Erzeugungsanlagen dargestellt.

C.1Netzanschlusspunkt im Mittelspannungsnetz
C.2Netzanschlusspunkt an der Mittelspannungs-Sammelschiene eines Umspannwerkes

In den Bildern C.3 bis C.10 sind mögliche Ausführungsformen des Anschlusses von Erzeugungsanlagen hinsichtlich des Zusammenwirkens von Übergabeschalteinrichtung nach Kapitel 3.1.2, Kuppelschalter nach Kapitel 3.1.3 und Schutzeinrichtungen nach Kapitel 3.2.3 dargestellt. Die Schutzeinrichtungen sind dort angetragen, wo die Messgrößen erfasst werden. Eine gestrichelte Linie kennzeichnet jeweils die Wirkungskette auf das dazugehörige Schaltgerät. Die in diesen Bildern beispielhaft gezeigten Ausführungsformen können entsprechend den örtlichen Gegebenheiten modifiziert werden.

C.3An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und einer Erzeugungseinheit ohne Inselbetriebsmöglichkeit
C.4An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit Lasttrennschalter und einer Erzeugungseinheit ohne Inselbetriebsmöglichkeit
C.5An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit
C.6An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Lasttrennschalter und mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit
C.7An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit einer Erzeugungseinheit und Inselbetriebsmöglichkeit über niederspannungsseitigen Kuppelschalter
C.8An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit einer Erzeugungseinheit und Inselbetriebsmöglichkeit über mittelspannungsseitigen Kuppelschalter
C.9An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und einer oder mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit
C.10An die Mittelspannungs-Sammelschiene eines Umspannwerkes angeschlossene Erzeugungsanlage mit einer oder mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit

Bild C.1 Netzanschlusspunkt im Mittelspannungsnetz

Bild C.2 Netzanschlusspunkt an der Mittelspannungs-Sammelschiene eines Umspannwerkes

Anmerkung: Die Anschlussanlage ist nach Vorgabe des Netzbetreibers als Übergabestation oder als separates Mittelspannungsschaltfeld im Umspannwerk zu realisieren.

Bild C.3: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und einer Erzeugungseinheit ohne Inselbetriebsmöglichkeit

* Der Leistungsschalter kann in Abstimmung mit dem Netzbetreiber auch die Funktion
der Übergabeschalteinrichtung übernehmen.

Anmerkung: Hierzu muss der Leistungsschalter in Einschubtechnik oder mit vorgeordnetem Trenn-/Lasttrennschalter ausgeführt werden.

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.4: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit Lasttrennschalter und einer Erzeugungseinheit ohne Inselbetriebsmöglichkeit

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.5: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit

* Der Leistungsschalter kann in Abstimmung mit dem Netzbetreiber auch die Funktion
der Übergabeschalteinrichtung übernehmen.

Anmerkung: Hierzu muss der Leistungsschalter in Einschubtechnik oder mit vorgeordnetem Trenn-/Lasttrennschalter ausgeführt werden.

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.6: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Lasttrennschalter und mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.7: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit einer Erzeugungseinheit und Inselbetriebsmöglichkeit über niederspannungsseitigen Kuppelschalter

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.8: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Kundenanlage mit Erzeugungsanlage mit einer Erzeugungseinheit und Inselbetriebsmöglichkeit über mittelspannungsseitigen Kuppelschalter

* Der Leistungsschalter kann in Abstimmung mit dem Netzbetreiber auch die Funktion
der Übergabeschalteinrichtung übernehmen.

Anmerkung: Hierzu muss der Leistungsschalter in Einschubtechnik oder mit vorgeordnetem Trenn-/Lasttrennschalter ausgeführt werden.

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.9: An das Mittelspannungsnetz angeschlossene Erzeugungsanlage mit Leistungsschalter und einer oder mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit

* Der Leistungsschalter kann in Abstimmung mit dem Netzbetreiber auch die Funktion
der Übergabeschalteinrichtung übernehmen.

Anmerkung: Hierzu muss der Leistungsschalter in Einschubtechnik oder mit vorgeordnetem Trenn-/Lasttrennschalter ausgeführt werden.

** auf Anforderung des Netzbetreibers

Anmerkung: Gegebenenfalls ist für den übergeordneten Entkupplungsschutz zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

Bild C.10: An die Mittelspannungs-Sammelschiene eines Umspannwerkes angeschlossene Erzeugungsanlage mit einer oder mehreren Erzeugungseinheiten ohne Inselbetriebsmöglichkeit

* Der Leistungsschalter kann in Abstimmung mit dem Netzbetreiber auch die Funktion
der Übergabeschalteinrichtung übernehmen.

Anmerkung: Hierzu muss der Leistungsschalter in Einschubtechnik oder mit vorgeordnetem Trenn-/Lasttrennschalter ausgeführt werden.

Anmerkung zum übergeordneten Entkupplungsschutz: Gegebenenfalls ist zusätzlich ein Frequenzsteigerungs- und Frequenzrückgangsschutz zu installieren. Der Einsatz dieser Funktion wird dann vom Netzbetreiber vorgegeben.

D Beispiele für die Anschlussbeurteilung von Erzeugungsanlagen

D.1 Anschluss einer 800-kW-Photovoltaik-Anlage

Daten der Erzeugungsanlage

beantragte Anschlusswirkleistung:800 kW
voraussichtliche Jahresenergie:720 MWh
beantragter Eigenbedarf:10 kW

Erzeugungseinheiten


Hersteller:WR, Typ PV 200
Bemessungsscheinleistung:SrE = 220 kVA
Anzahl der Erzeugungseinheiten:4 Stück
Wechselrichter:Selbstgeführter Wechselrichter 14 kHz
 Bemessungsspannung: 400 V
 Verschiebungsfaktor cos Φ : einstellbar zwischen 0,92 untererregt und 0,92 übererregt
Konzept (Kurzbeschreibung, Umrichterkonzept)
  • 4 Zentralwechselrichter über 1000-kVA-Kundentransformator angeschlossen
  • Entkupplungsschutzeinrichtungen in jedem Zentralwechselrichter einzeln realisiert
  • Anschluss an das MS-Netz über Sicherungs-Lasttrennschalter-Kombination
  • Eigenbedarf 10 kW

Kurzschlussverhalten (bei einem dreipoligen Fehler auf der NS-Seite des Maschinentransformators)

Verhältnis subtransienter Kurzschlussstrom / BemessungsstromI" k3 / IrE = 1 p.u.
bzw. Verhältnis Anlaufstrom / BemessungsstromIAn / IrE = 1 p.u.

Entkupplungseinrichtungen

Die Entkupplungseinrichtungen sind im Zentralwechselrichter integriert. Da die Entkupplungsschutzeinrichtungen auf der Niederspannungsseite realisiert werden, wird die Stufung des Kundentransformators vom Netzbetreiber festgelegt. Ohne Zustimmung des Netzbetreibers darf das Übersetzungsverhältnis nicht geändert werden.

In der Übergabestation wurde eine übergeordnete Entkupplungsschutzeinrichtung (inkl. Leistungsschalter) konzeptionell berücksichtigt.

Erzeugungsanlage (Daten stammen aus dem Datenblatt)

Kundentransformator

OS-SeiteBemessungsspannung:UrT-OS = 20 kV
Bemessungsleistung:SrT-OS1 = 1000 kVA
Stufenschalter max.Umax1 = 21 kV
Stufenschalter min.Umin1 = 19 kV
Anzahl der Stufen:5
US1-SeiteBemessungsspannung:UrT-US1 = 0,4 kV
SchaltgruppeDyn5
rel. Kurzschlussspannung bei Mittelstellung des Stufenschalters:OS-US uk-OS-US = 6 %

Mittelspannungsseitiges Netz der Erzeugungsanlage

gesamte Kabellänge:2 km
Typ, Querschnitt des Kabels:NA2XS2Y 3 x 1 x 150 mm2
Niederspannungsseitiges Netz der Erzeugungsanlage
gesamte Kabellänge:0,05 km
Typ, Querschnitt des Kabels:NYY 4 x 300 mm2 x 4

Netzdaten


Kurzschlussleistung des vorgelagerten Netzes:Sk VN = 1000 MVA
Netztransformator:Sr Tr = 16 MVAuk = 12 %PCu = 92 kW
Freileitung Al/St 70/12:R´ = 0,413 Ω /kmX` = 0,345 Ω /km

Berechnung der Netzkurzschlussleistung SkV am Netzanschlusspunkt

ZN = U2 / SkVN = 20kV * 20 kV / 1000 MVA = 0,4Ω

XN ∼ ZN = 0,4Ω

Wenn das Verhältnis Reaktanz zu Widerstand nicht bekannt ist, kann als Richtwert ein Wert von 6 eingesetzt werden.

XN =0,4 Ω RN =0,07Ω

SkT = ST / uk = 133,3 MVA XT ∼ ZT = U2 / SkT = 3Ω

Der Widerstand des Netztransformators kann in der Regel vernachlässigt, aber auch gegebenenfalls aus den Kurzschlussverlusten des Netztransformators berechnet werden.


PCu = 3 * Ir2 * RT = 3 * [(Sr2) / (3 * U2)] * RT

RT = [(U2) / Sr2)] * PCu = 0,14Ω

XL = 4,83 Ω RL =5,78 Ω

Die für den Anschluss der Anlage maßgebenden Impedanzen ergeben sich aus der Summe der drei Einzelwerte zu

XkV = 8,23 ΩRkV = 5,99 ΩZkV = 10,18 Ω

und die Kurzschlussleistung zu

SkV = (U2 / ZkV) = 39,3 MVA

Festlegungen des Netzbetreibers zum Netzanschluss

Bei dem Netz handelt es sich um ein Landnetz, an dem weitere Erzeugungsanlagen erwartet werden. Um das Netz optimal auszulasten, sollen sich alle neuen Erzeugungsanlagen an der statischen Spannungsstützung beteiligen. Eine dynamische Netzstützung wird vorerst nicht vorgesehen.

Die statische Spannungsstützung soll mit einer cosΦ (P)-Kennlinie realisiert werden. Die cosΦ (P)-Kennlinie wird vom Netzbetreiber vorgegeben. Hierzu muss die Erzeugungsanlage so betrieben werden können, dass der Verschiebungsfaktor am Netzanschlusspunkt zwischen

0,95 untererregt < cos Φ < 1

eingestellt werden kann.

An der Anschlussfreileitung ist bereits eine Windkraftanlage (PAV = 2,4 MW, cos Φ = 1) angeschlossen. Ausserdem befindet sich eine weitere Erzeugungsanlage (Biomasse, PAV = 500 kW, cos Φ = 1) auf der anderen Ringseite.

Überprüfung der zulässigen Spannungsänderung nach Kapitel 2.3

Da die Spannung an der Sammelschiene des Umspannwerkes als konstant angenommen wird, werden für das Kriterium "Spannungsänderung" nur die Impedanzen im Mittelspannungsnetz berücksichtigt.

XkV, MS = 4,83 ΩRkV, MS = 5,78 ΩZkV, MS = 7,53 Ω

Bei einem Verschiebungsfaktor cosΦ = 1, ergibt sich eine Spannungsänderung am Verknüpfungspunkt der PV-Anlage von:

Die maximale Scheinleistung der Erzeugungsanlage ergibt sich bei einem Verschiebungsfaktor von cosΦ = 0,95untererregt.

Nach Formel B.1-1 wird für den untererregten Betrieb eine Spannungsänderung am Verknüpfungspunkt der PV-Anlage von:

ermittelt. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Windkraftanlage und der geplanten Photovoltaik-Anlage ergibt sich durch Überlagerung der Spannungsänderungen beider Anlagen eine Spannungsänderung, wie in Tabelle D.1-1 dargestellt.

Tabelle D.1-1: Spannungsänderung an den einzelnen Verknüpfungspunkten.

 VP WKAVP PV
WKA (cos Φ = 1)0,990,99
PV neu (0,95 untererregt)0,240,84
Summe1,231,83

Es ergibt sich eine Spannungsanhebung von 1,83 %, der Anschluss ist also zulässig. Anmerkung: Mit einem Verschiebungsfaktor von cos Φ = 1 würde sich eine Spannungsanhebung am VP PV von ua = 1,16 % + 0,99 % = 2,15 % ergeben. Der Anschluss wäre also nicht zulässig.

Zur individuellen Festlegung der cosΦ (P)-Kennlinie muss mindestens noch ein weiterer Punkt der Kennlinie berechnet werden. Die Kennlinie wird so festgelegt, dass die Spannungsanhebung konstant ist. Das bedeutet, es ergibt sich für jeden Verschiebungsfaktor eine maximal mögliche Einspeisung, z.B.:

Es ergeben sich folgende Kennlinienpunkte:

Tabelle D.1-2: Spannungsänderung an den einzelnen Verknüpfungspunkten.

cos Φ
(nur PV-Anlage)
Spannungsänderung PV + WKA (nur PV)in %
 VP WKAVP PVPAmax/kW
0,95 untererregt1,23 (0,24)1,83 (0,84)800
0,98 untererregt1,23 (0,24)1,83 (0,84)700
11,23 (0,24)1,83 (0,84)580

Aus Tabelle D.1-2 ergibt sich folgende Kennlinie:

Bild D.1-1: cos Φ (P)-Kennlinie

Die in Bild D.1-1 dargestellte Kennlinie muss in den Wechselrichtern hinterlegt werden. Vereinfacht kann auch die gestrichelt dargestellte Gerade angenommen werden.

Die Erzeugungsanlage geht erst in den untererregten Betrieb, wenn es für die Spannungshaltung notwendig ist. Die durch die untererregte Fahrweise zusätzlich entstehenden Verluste werden durch die Kennlinie minimiert.

Überprüfung der Bemessung der Betriebsmittel nach Kapitel 2.2

Dauerstrombelastung

Die maximale Scheinleistung ergibt sich aus der maximalen Wirkleistung und dem am Netzanschluss vorgegebenen Leistungsfaktor (in diesem Fall = cos Φ ):

S Amax = (P Emax / cos Φ ) = (800kW / 0,95) = 842 kVA

Der sich bei der Netz-Nennspannung von 20 kV ergebende maximale Einspeisestrom beträgt:

I Amax = [(SAmax / (√ 3 * 20kV) = (842kVA) / (√ 3 * 20kV) = 24,3 A

Im (n-1)-Fall können sich die Einspeiseströme der Bestandsanlagen (500 kW, cos Φ = 1, IAmax, BMA = 14,4 A und 2.400 kW, cosΦ = 1, IAmax, WKA = 69,3 A) und der Neuanlage auf folgenden Wert addieren:

IAmax, ges = 24,3 A + 14,4 A + 69,3 A = 108 A

Den Engpass bildet in diesem Netz die Al/St 70/12 Freileitung mit einer zulässigen Dauerstrombelastbarkeit von 290 A. Die maximalen Einspeiseströme liegen somit weit unterhalb der zulässigen Dauerstrombelastbarkeit der Betriebsmittel.

Kurzschlussstrom

Je nach Ort des Kurzschlusses verringern sich beide Anteile (Impedanzen der Freileitung, der Kabel und des Kundentransformators). Werden diese Impedanzen vernachlässigt, ergibt sich ein maximal auftretender Kurzschlussstrom von 3,5 kA (bzw. 3,6 kA im (n-1)-Fall).

Die Kurzschlussfestigkeit der Betriebsmittel ist ausreichend.

Anmerkung:

Der Stoßkurzschlussstrom kann abhängig vom X/R-Verhältnis das bis zu 2,83-fache des Kurzschlussstromes erreichen. Dies kann für elektrische Betriebsmittel (im oder in der Nähe des Umspannwerkes, in der Nähe der Einspeisung) kritischer als der thermische Kurzschlussstrom sein.

Aufgrund des geringen Kurzschlussstromes von weniger als 3,5 kA bzw. 3,6 kA ist eine Überprüfung der dynamischen Kurzschlussfestigkeit in diesem Fall nicht erforderlich.

Überprüfung der Netzrückwirkung "Schnelle Spannungsänderung"

Die Bemessungsscheinleistung der Wechselrichter der Erzeugungsanlage ist mit jeweils 200 kVA angegeben. Der Wert für kimax beträgt 1,2.

Δ ua = ki max * (S rE / SkV) = 1,2 * (200 kVA / 39,3 MVA) = 0,61 %

Die schnelle Spannungsänderung beträgt 0,61 % und ist damit zulässig. Die Zuschaltung der weiteren Wechselrichter muss verzögert erfolgen.

Δ t min = 23 * (100 * Δ u)3 in [Sekunden] Δ t min = 23 * (100 * 0, 0061) 3 = 5,2 s

Die weiteren Wechselrichter dürfen in einem Abstand von jeweils 6 Sekunden zugeschaltet werden.

Bei der gleichzeitigen Abschaltung aller Erzeugungsanlagen ist die Spannungsänderung an jedem Punkt im Netz begrenzt auf Δ umax < 5 %.

Bei der schnellen Spannungsänderung wird die Spannungsregelung am Netztransformator nicht berücksichtigt, deshalb müssen neben den Impedanzen des Mittelspannungsnetzes auch die Impedanzen des Netztransformators und der überlagerten Netze berücksichtigt werden.

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