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Induktion benigner Tumoren durch ionisierende Strahlung
Stellungnahme der Strahlenschutzkommission
Vom 28. März 2018
(BAnz AT 17.04.2018 B4)
Zur Bekanntmachung =>
Verabschiedet in der 290. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 5./6. Dezember 2017
Vorwort
Die Frage, ob ionisierende Strahlung die Entstehung oder das Wachstum benigner (gutartiger) Tumoren begünstigen kann, war lange Zeit eine wenig beachtete Thematik im Strahlenschutz.
In der aktuellen Fassung der wissenschaftlichen Stellungnahme zur Berufskrankheit Nr. 2402 aus dem Jahr 2011 in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen", veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 49-51, wird allerdings nun festgestellt, dass "... gegebenenfalls auch benigne Tumoren als strahlenbedingte Spätschäden bedeutsam ..." sind. Jedoch erfolgt keine nähere Spezifizierung, um welche benignen Tumoren es sich handeln könnte.
Auf Bitten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ist die SSK dieser Fragestellung nachgegangen.
Zur Erarbeitung eines Entwurfs der vorliegenden Stellungnahme wurde die Arbeitsgruppe "Benigne Tumoren" (A113) des Ausschusses "Strahlenrisiko" (A1) eingerichtet, der folgende Mitglieder angehörten:
In der wissenschaftlichen Begründung wird der Kenntnisstand zu den Mechanismen der Entstehung von benignen Tumoren sowie zu den tierexperimentellen und epidemiologischen Ergebnissen einzelner Tumorarten dargestellt. Die Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Daten werden in der Stellungnahme zusammengefasst.
Einige dieser Erkrankungen gehen mit einer stark eingeschränkten Lebensqualität oder sogar mit lebensbedrohenden Konsequenzen einher. Der SSK ist es daher auch ein Anliegen darzustellen, inwieweit strahlenbedingte benigne Tumoren im Strahlenschutz allgemein in der Bewertung von Gesundheitsrisiken durch Strahlenexpositionen berücksichtigt werden sollten.
Stellungnahme
1 Einleitung
Die vorliegende Stellungnahme befasst sich mit der Frage, ob ionisierende Strahlung die Entstehung oder das Wachstum benigner (gutartiger) Tumoren begünstigen kann. Tumor bedeutet im weiteren Sinne eine örtlich umschriebene Zunahme des Gewebevolumens. Im engeren Sinne werden unter Tumoren gewebliche Neubildungen (Neoplasien) in Form eines spontanen, autonomen und irreversiblen Wachstums verstanden, das über jenes eines normalen Gewebes hinausgeht. Benigne Tumoren sind gekennzeichnet durch eine gut differenzierte, homogene und gewebetypische Struktur, ein langsam verdrängendes Wachstum sowie durch eine gute Abgrenzbarkeit zu dem umliegenden Gewebe. Sie zeigen kein invasives Wachstum in das umliegende Gewebe und entwickeln keine Tochtergeschwülste (Metastasen). Benigne Tumoren besitzen keine oder nur geringgradige Zellveränderungen sowie eine geringe mitotische Aktivität. Allerdings können einige benigne Tumoren Vorstufen zu malignen (bösartigen) Tumoren sein (z.B. Adenome des Darms). Die Einteilung in benigne und maligne ist unter anderem deswegen nicht immer einfach.
Es ist vielfach gesichert, dass ionisierende Strahlung maligne Tumoren (Krebs) auslösen kann. Die Datenbasis in Bezug auf die Auslösung von benignen Tumoren durch ionisierende Strahlung ist viel unsicherer. Das hat eine ganze Reihe von Gründen:
In der Vergangenheit wurden die gutartigen Tumoren im Merkblatt zur BK Nr. 2402 (Berufskrankheit Nr. 2402 "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen"; Bekanntmachung des BMA vom 13. Mai 1991, BArbBl. 7-8/72) gar nicht erwähnt. Daraus wurde vielfach geschlossen, dass ionisierende Strahlung keine gutartigen Tumoren auslöst. In der aktuellen Fassung aus dem Jahr 2011 der wissenschaftlichen Stellungnahme zur Berufskrankheit Nr. 2402 wird in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen", veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 49-51, 2011, festgestellt, dass "... gegebenenfalls auch benigne Tumoren als strahlenbedingte Spätschäden bedeutsam ..." sind. Allerdings wird nicht näher spezifiziert, um welche benignen Tumoren es gehen könnte.
Daher hat das BMUB die SSK um "eine Stellungnahme zu den Voraussetzungen gebeten, unter denen bestimmte benigne Tumoren bei der Begutachtung von Berufserkrankung Nr. 2402 berücksichtigt werden sollten". Weiterhin wurde darum gebeten "zu benennen, welche benignen Tumorentitäten betrachtet werden sollten".
Es stellte sich heraus, dass nicht nur die Datenlage insgesamt für viele gutartige Tumoren unzureichend ist, um Risikoschätzungen durchführen zu können, vielmehr ist es auch sehr schwierig, die wenigen Daten, die es gibt, zu finden. Das liegt daran, dass häufig gutartige Tumoren nur nebenbei in den Publikationen erwähnt werden, die sich mit bösartigen Tumoren beschäftigen. Dadurch sind Informationen zu den gutartigen Tumoren über die üblichen Indiziersysteme nur schwer oder gar nicht zu finden. Im Wesentlichen ging die Arbeitsgruppe bei der Erarbeitung der vorliegenden Stellungnahme folgendermaßen vor:
Generell ist es schwierig, epidemiologische Studien systematisch über Datenbankrecherchen zu finden, weil Titel und Zusammenfassung der Arbeiten im Falle von Kohortenstudien nicht zwingend eine Angabe über den gesuchten speziellen Tumor oder das Organ enthalten und im Falle von Fall-Kontroll-Studien nicht zwingend über den interessierenden Risikofaktor. Diese Informationen sind oft nur im Text der Artikel zu finden. Daher ist eine Suchstrategie in der Regel sehr breit anzulegen, und nicht von vorneherein auf die Stichworte "Kohortenstudie" oder "Fall-Kontroll-Studie" o. Ä. einzuschränken. Es ist außerdem sinnvoll, Literaturzitate aus einschlägigen Publikationen und Veröffentlichungen "am Rande" des eigentlichen Themas zu durchsuchen. All dies wurde hier gemacht.
Konzeptionell wäre es möglich, Daten, die im Rahmen der NAKO-Gesundheitsstudie (Nationale Kohorte) oder eines organisierten Früherkennungsprogramms (z.B. für Darmkrebs) erhoben werden, für eine Studie zum Zusammenhang des Auftretens von gutartigen Tumoren mit einer Strahlenexposition zu nutzen. Dabei ist mit zwei wichtigen Quellen von Verzerrungen zu rechnen: Erinnerungsbias wird wahrscheinlich die Rekonstruktion der Exposition beeinflussen, und Selektionsbias wird durch das unterschiedliche Teilnahmeverhalten nach sozioökonomischem Status entstehen. Zurzeit ist allerdings eine solche Datenerhebung im Rahmen einer der oben erwähnten Studien nicht vorgesehen.
Im Folgenden werden in Kurzform die in der wissenschaftlichen Begründung ausführlich diskutierten Themen zu den Mechanismen der Entstehung von benignen Tumoren sowie zu den tierexperimentellen und epidemiologischen Ergebnissen einzelner Tumorarten (v. a. Hirn und Schilddrüse) dargestellt. Die Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Daten werden in der Stellungnahme zusammengefasst.
2 Mechanismen der Entstehung von benignen Tumoren
Aus den in den folgenden Kapiteln dargestellten Beispielen wird deutlich, dass ionisierende Strahlung in bestimmten Organen maligne und auch benigne Tumoren induzieren kann. Unabhängig vom Einwirken von Strahlung sind die der Entstehung von benignen und malignen Tumoren zugrundeliegenden Mechanismen vergleichbar und damit gehören die gutartigen Tumoren in die im Strahlenschutz gebräuchliche Kategorie der stochastischen Effekte. Dabei spielen genetische und epigenetische Veränderungen sowie die Ausbildung einer tumorfördernden Umgebung eine Rolle; beides kann eine Folge von Bestrahlung sein. So können zufällig hervorgerufene Mutationen in Genen bedeutsam sein, die beispielsweise für Zellüberleben, Proliferation oder DNA-Reparatur zuständig sind und dabei erste Schritte in Richtung Tumorgenese darstellen (z.B. Schilddrüsen-Adenom). Solche Mutationen können auch eine bereits bestehende genetische Prädisposition so ergänzen, dass es zur Ausbildung eines Tumors kommt (z.B. Meningeom). Deshalb kann angenommen werden, dass benigne Tumoren prinzipiell durch Strahlenexpositionen induziert werden können. Es ist aber bis jetzt nicht geklärt, warum in manchen Organen oder Tumorarten benigne Tumoren die Vorstufen von malignen Tumoren sind und in anderen Arten benigne Formen unabhängig von malignen Formen entstehen oder selten in ein malignes Stadium übergehen. Ebenfalls ungeklärt ist, warum es für einige Organe weder für benigne noch für maligne Formen Hinweise für eine Rolle von Strahlenexpositionen bei der Tumorentstehung gibt.
3 Benigne Tumoren des zentralen und peripheren Nervensystems
Epidemiologische Studien zum Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und benignen Hirntumoren belegen einen deutlichen positiven Zusammenhang für Meningeome. Dies ergeben insbesondere Langzeituntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen, die eine therapeutische Röntgenbestrahlung erhielten. Die Bestrahlungen wurden bei Kindern mit einem Pilzbefall der Kopfhaut mit mittleren Dosen um 1,5 Gy bzw. bei an Krebs erkrankten Kindern (zumeist mit Dosen deutlich über 10 Gy) durchgeführt. Auch in der Kohorte der Atombombenüberlebenden finden sich bei einer deutlich niedrigeren mittleren Dosis (0,27 Gy) erhöhte strahlungsassoziierte Meningeomrisiken, die jedoch nicht statistisch signifikant sind. Für andere benigne Hirntumoren liegen zu wenige Studien für eine Einschätzung der Assoziation vor.
4 Schilddrüsenknoten
Schilddrüsenknoten sind häufig und in der Regel gutartig. Die in entsprechenden Studien festgestellte Prävalenz hängt von der Studiengruppe und dem Studienprotokoll ab. Ultraschalluntersuchungen ergaben eine Prävalenz von 19 % bis 57 %. Die Prävalenz steigt mit dem Alter der untersuchten Personen. Sie ist höher bei Frauen und in Jodmangelgebieten. Durch die weite Verbreitung und die verbesserte Technik von Ultraschallgeräten hat sich die Anzahl der detektierten Knoten vergrößert und damit die beobachtete Inzidenz erhöht.
Epidemiologische Studien zeigen, dass nach Strahlenexpositionen in der Kindheit das Risiko für benigne Schilddrüsenknoten steigt. Dies gilt allerdings nur für lange Zeiträume nach Exposition, für kurze Zeiträume (< 10 Jahre) jedoch nicht. Es deutet sich an, dass das zusätzliche relative Risiko pro Schilddrüsendosis für Schilddrüsenknoten über längere Zeiträume gemittelt vergleichbar ist mit dem für Schilddrüsenkrebs. Das zusätzliche Risiko ist besonders ausgeprägt für große Knoten (> 10 mm).
Für Expositionen im Erwachsenenalter liegen nicht genügend Studien vor, um Schlussfolgerungen auf Erhöhungen der Häufigkeit von Schilddrüsenknoten zu ziehen.
5 Benigne Tumoren in weiteren Lokalisationen
Vereinzelt wurden die Ergebnisse von Tierexperimenten und epidemiologischen Studien zu weiteren benignen Tumorarten publiziert. Insbesondere gilt dies für folgende Lokalisationen: Hypophyse, Speicheldrüse, Brust (Mamma), Darm, Niere, Leber, Ovar, Uterus, Knochen/Knorpel, Haut.
6 Gutartige Tumorarten, die nach Strahlenexposition nicht vermehrt aufgetreten sind
Die Frage, ob bestimmte gutartige Tumoren nach Strahlenexposition nicht beobachtet werden, ist schwierig zu beantworten. Man könnte vermuten, dass in den oben aufgeführten Studien diejenigen benignen Tumor-Arten, die nicht erwähnt werden, nicht oder nur sehr selten durch ionisierende Strahlung ausgelöst werden. Bei dieser Überlegung gilt es, die folgenden Einschränkungen zu beachten:
7 Stellungnahme
Auf der Basis der in der wissenschaftlichen Begründung aufgeführten Daten stellt die SSK fest:
1 Definition "benigne Tumoren"
Tumor bedeutet im weiteren Sinne eine örtlich umschriebene Zunahme des Gewebevolumens als lokalisierte Schwellung durch z.B. Ödem oder akute bzw. chronische Entzündung. Tumor im Sinne einer Schwellung ist Bestandteil der sogenannten klassischen Entzündungszeichen nach Celsus (Aulus Cornelius Celsus; geb. um 25 v. Chr., gest. um 50 n. Chr.; römischer Enzyklopädist): Rubor (Rötung), Calor (Hitze), Tumor (Schwellung), Dolor (Schmerz) und Functio laesa (gestörte Funktion; dieses fünfte Kriterium wurde von Galenos hinzugefügt).
Im engeren Sinne werden unter Tumoren gewebliche Neubildungen (Neoplasien) in Form eines spontanen, autonomen und irreversiblen Wachstums verstanden, das über jenes eines normalen Gewebes hinausgeht. Neoplasien können jede Art von Gewebe betreffen. Die Einordnung von Tumoren erfolgt nach ihrem biologischen Verhalten sowie nach dem jeweiligen Ursprungsgewebe.
In der Bezeichnung Tumor im Sinne einer geweblichen Neubildung ist noch keine Wertung hinsichtlich der Dignität enthalten, also hinsichtlich der Wertung als gutartiger (benigner) oder als bösartiger (maligner) Tumor. Die Unterscheidung zwischen benignen und malignen Tumoren orientiert sich im Wesentlichen an den Kriterien Differenzierungsgrad, Wachstumsrate, lokale Invasion und Metastasierung. Allerdings ist die Klassifizierung in benigne oder maligne nicht immer einfach. Benigne Tumoren sind nach den vorgenannten Kriterien gekennzeichnet durch eine gut differenzierte, homogene und gewebetypische Struktur, ein langsam verdrängendes Wachstum sowie durch eine gute Abgrenzbarkeit zu dem umliegenden Gewebe. Sie zeigen kein invasives Wachstum in das umliegende Gewebe und entwickeln keine Tochtergeschwülste (Metastasen). Benigne Tumoren besitzen keine oder nur geringgradige Zellveränderungen sowie eine geringe mitotische Aktivität. Maligne Tumoren zeichnen sich im Vergleich zu den benignen Tumoren durch einen unterschiedlichen Differenzierungsgrad, Atypien, hohe Zellteilungsrate, lokal infiltratives und destruktives Wachstum sowie potentieller Metastasierung in Abhängigkeit von Stadium und Differenzierungsgrad aus.
Benigne Tumoren werden im Rahmen der histologischhistogenetischen Tumor-Klassifikation nach dem jeweiligen Ursprungsgewebe weiter differenziert. Die Benennung erfolgt durch das jeweilige Ursprungsgewebe sowie die angehängte Endung "-om" (v. a. historisch bedingt gibt es hiervon Ausnahmen wie z.B. das "Melanom").
Benigne Tumoren epithelialen Ursprungs sind z.B. das Plattenepithelpapillom (Plattenepithel), Urothelpapillom (Urothel) und das Adenom (Drüsenepithel). Zu den benignen mesenchymalen Tumoren gehören das Fibrom (Bindegewebe), Lipom (Fettgewebe), Chondrom (Knorpel), Osteom (Knochen), Leiomyom (glatte Muskulatur) und Hämangiom (Blutgefäße).
Neben den möglichen klinischen Konsequenzen des verdrängenden Wachstums benigner Tumoren können auch in Abhängigkeit des Ausgangsgewebes vorhandene sekretorische Eigenschaften des Tumors für klinisch relevante Symptome verantwortlich sein (z.B. Insulinom, Gastrinom).
2 Mechanismen der Entstehung von benignen Tumoren
2.1 Grundzüge der Tumorentwicklung
Als essenzielle Faktoren beim Übergang von normal regulierten Zellen zu Tumorzellen sind genetische Schäden und epigenetische Veränderungen anzusehen, die im Rahmen der zellulären Reparaturmechanismen nicht oder falsch repariert wurden. Die Schäden manifestieren auf Ebene der DNA und des Chromatins (Mutationen, epigenetische Veränderungen) und auf chromosomaler Ebene (strukturelle und numerische Aberrationen, "loss of heterozygosity", LOH). Daraus können durch weitere Veränderungen Tumoren entstehen. Es gibt zahlreiche Ähnlichkeiten unter anderem auch auf der Ebene genetischer Schäden zwischen benignen und malignen Tumoren (Marino-Enriquez und Fletcher 2014). Die benignen Tumoren gehören daher ebenso wie die malignen Tumoren in die im Strahlenschutz verwendete Kategorie der stochastischen Effekte.
Inzwischen werden auch andere Prozesse als Kennzeichen einer tumorigenen Entwicklung betrachtet. Dies betrifft vor allem äußere Faktoren, wozu fördernde oder inhibierende Wirkungen der Tumorumgebung zählen. Hierbei wird der Einfluss des Immunsystems zunehmend deutlich. Ein Zusammenhang zwischen Tumorentstehung und Entzündungsprozessen ("cancer related inflammation", CRI), einschließlich Angiogenese, ist inzwischen zumindest für maligne Tumoren etabliert (Hanahan und Weinberg 2011). Bei Entzündung wird zwischen intrinsischen und extrinsischen Mechanismen unterschieden (Colotta et al. 2009). Der intrinsische Mechanismus geht über die Schaffung einer inflammatorischen Mikroumgebung, z.B. durch Mutationen im (proliferationsfördernden) Ras-Raf-Signalweg in den Tumorzellen (Karnoub und Weinberg 2008), während der extrinsische Mechanismus auf entzündlichen Prozessen basiert, die unter anderem von Infektionen (z.B. Helicobacter, Papilloma-Virus) oder zum Beispiel durch chronischentzündliche Darm-Erkrankungen ausgelöst werden. Obwohl es Hinweise auf Entzündungsprozesse aufgrund der genannten Mutationen (Balmain et al. 1984) oder auch veränderter Genexpression (Todisco 2017) bei der Entstehung von benignen Tumoren gibt, sind die Mechanismen für benigne Tumoren nicht gut dokumentiert. Es ist aber davon auszugehen, dass Entzündungen tumorfördernde Bedingungen schaffen können, z.B. über den Wechsel von tumorassoziierten Effektorzellen zu immunsuppressiven Subtypen (Colotta et al. 2009).
2.2 Auf welchen Stufen der Tumorentwicklung wirkt Strahlung?
Sowohl durch ionisierende Strahlung direkt als auch über reaktive Sauerstoff-Spezies (ROS) können Schäden an der DNA oder anderen relevanten Zielstrukturen entstehen. Außerdem werden als Folge von Bestrahlung intrazellulär ROS und Stickstoff-Oxid (NO) freigesetzt. Strahlung induziert so potenziell direkt oder indirekt:
In beiden Fällen kann genetische Instabilität bewirkt werden. Daraus ergibt sich, dass Strahlung auf verschiedenen Stufen der Tumorentwicklung wirken kann. Das Risiko für eine Tumorentwicklung ist für einzelne Gewebe, Organe und Individuen unterschiedlich. Es wird diskutiert, dass ein gewisser Anteil des Risikos auf Umweltfaktoren und Prädisposition zurückzuführen ist, aber auch, dass die Gesamtzahl der Zellteilungen von selbsterneuernden Zellen (Stammzellen), die die Gewebshomöostase erhalten, mit dem Lebenszeitrisiko für Krebs korreliert (Tomasetti und Vogelstein 2015). Dieser Zusammenhang wird aber gegenwärtig noch kontrovers diskutiert (Tomasetti und Vogelstein 2015, Nowak und Waclaw 2017, Little et al. 2016).
2.3 Molekulare Grundlagen des Übergangs von Normalgewebe zu benignen Tumoren und Weiterentwicklung zu malignen Stadien (am Beispiel Darmkrebs)
Die molekularen Grundlagen der Entstehung von gutartigen Tumoren und ein möglicher Übergang zu malignen Formen sind für Darmtumoren, bei denen es sich zu 95 % um Karzinome handelt, gut verstanden. In diesem Fall sind die benignen Tumoren als Vorstufe von malignen Formen anzusehen, bei denen Entzündung eine große Rolle spielt. Die benignen Vorstufen müssen aber wahrscheinlich nicht immer vorhanden sein. Ob die benignen Vorstufen eine Folge von Entzündung sind oder ob diese durch Mutationen entstehen und dann eine entzündliche Umgebung erst fördern, kann nach Datenlage nicht eindeutig festgestellt werden. Die kausalen Abläufe sind aber sicher tumorspezifisch, da die Entwicklung von Darmkrebs auch auf Keimbahn-Mutationen beruhen kann (Gelsomino et al. 2016). Die entzündliche Umgebung kann in manchen Fällen auch auf eine chronischinflammatorische Erkrankung zurückgehen, und zwar in erster Linie auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Charakteristisch für den Übergang von Normalgewebe zum Tumor ist genetische Mikrosatelliten-Instabilität (durch Überexpression von Proteinen der Basen-Exzisions-Reparatur, vor allem bei Colitis ulcerosa) (Colotta et al. 2009) und Allelverlust (Boland et al. 1995).
Der anschließende Übergang zu malignen Stadien wird durch Veränderungen im TP53-Lokus sowie anderen kritischen Genen (z.B. APC, adenomatous polyposis coli) verursacht, außerdem ist der Mismatch-Reparaturweg inaktiviert (Colotta et al. 2009). Charakteristisch sind weiterhin Mutationen in den Ras- und Raf-Genen (Karnoub und Weinberg 2008) und epithelialemesenchymale Transition (Tam und Weinberg 2013).
Das sich daraus entwickelnde invasive Stadium ist durch eine hohe Anzahl an Allel-Variationen, die sich aufgrund der genetischen Instabilität herausgebildet haben, gekennzeichnet. Dazu gehören wegen der persistierenden Entzündung der Transkriptionsaktivator STAT3, mit Auswirkungen auf Proliferation und Apoptose (c-Myc, Mci-1, Cyclin B, Bcl-2) und auf die chromosomale Stabilität (FAT 10) (Colotta et al. 2009).
Allerdings liegen für gutartige Darmtumoren zurzeit keine eindeutigen Hinweise auf einen Zusammenhang mit Strahlenexposition vor (siehe Nummer 5.5). Selbst für die bösartigen Dünndarmtumoren scheint nur ein geringer Zusammenhang zu bestehen; etwas deutlicher ist der Zusammenhang zwischen Strahlenexposition und Dickdarmkrebs (UN 2006, S. 62-64).
Die Mechanismen der Entstehung von gutartigen Tumoren, bei denen epidemiologische Studien einen Zusammenhang zu vorangegangener Strahlenexposition gezeigt haben, sind am Beispiel von Adenomen der Schilddrüse und von Meningeomen im Folgenden genauer erläutert.
2.4 Mechanismen der Entstehung benigner Tumoren an weiteren Beispielen
2.4.1 Meningeome
Ein wichtiges Beispiel für einen benignen Tumor, der durch Strahlung verursacht werden kann, ist das Meningeom (für eine ausführliche medizinische Charakterisierung siehe Anhang), der häufigste primäre Tumor (etwa ein Drittel der Fälle) des Zentralen Nervensystems (Blakely und Plotkin 2016).
Die Ursprungszellen des Meningeoms sind Zellen einer Schicht der Hirnhaut, der Arachnoidea, die mesenchymale ("fibroblastisch") und epitheliale ("meningothelial") Charakteristika aufweisen. Auch wenn Meningeome meist benigne sind und auch bleiben, gibt es selten infiltrierende, aggressive Formen, die sich aus den benignen Stadien entwickeln oder spontan entstehen können (Brastianos et al. 2013).
Direkt assoziiert mit dem Auftreten von Meningeomen, und auch von Schwannomen, sind die Tumorsuppressor-Syndrome Neurofibromatose Typ 1 (NF1) und Typ 2 (NF2) sowie Schwannomatosis (SWN). Die genannten Syndrome werden durch Keimbahnmutationen in Tumorsuppressor-Genen verursacht, die zu einem mutierten und einem normalen Allel führen. Wenn zusätzlich im zweiten Allel Mutationen auftreten, kommt es zur Entstehung von Tumoren, und zwar Meningeomen, Schwannomen oder anderen meist gutartigen Tumoren des zentralen oder peripheren Nervensystems (Blakely und Plotkin 2016).
Die Erkrankungen Neurofibromatose und Schwannomatosis stellen Risikofaktoren für ein Auftreten von Meningeomen dar. Entsprechend ist in etwa 50 % der Meningeome das für Neurofibromatose verantwortliche NF2 (auch Merlin genannt) durch Mutationen, Allelverlust oder durch epigenetische Mechanismen inaktiviert (Miettinen 2006). NF2-Protein fungiert als Stabilisator von zellulären Membranen und reguliert Signalwege des Zellwachstums über Inhibition von Tyrosinkinase-Rezeptoren. Außerdem bewirkt der Verlust von funktionellem, nukleärem NF2, ähnlich wie NF1, eine Aktivierung von Signalwegen, die Überleben und Proliferation unterstützen (mTOR, RAC1 und FAK) (Blakely und Plotkin 2016).
Neuere Untersuchungen zeigen für manche Meningeom-Subtypen zusätzlich Mutationen in den Onkogenen AKT1, SMO und mTOR, einschließlich dadurch veränderter Signaltransduktionen (Mutationen in Hedgehog- und PI3K/AKT-Signalwegen) (Brastianos et al. 2013) und Mutationen in Transkriptionsfaktoren, die eine Rolle bei der Induktion von Pluripotenz spielen (Clark et al. 2013, Abedalthagafi et al. 2016).
Zusammengefasst ist das Auftreten von Meningeomen eng mit genetischer Prädisposition, d. h. Mutationen in Tumorsuppressor-Genen in der Keimbahn, verknüpft. Der Übergang zum benignen Tumor ist durch kompletten Allelverlust und Mutationen in Onkogenen gekennzeichnet, die grundsätzlich auch durch Strahlenexposition bedingt sein können. Zum Beitrag der Tumorumgebung ist nichts bekannt. Ein Übergang zu malignen Formen ist selten, ähnlich wie bei anderen benignen Tumoren des zentralen Nervensystems.
2.4.2 Schilddrüsentumoren
Bei benignen Schilddrüsentumoren handelt es sich fast ausschließlich um follikuläre Adenome oder deren Varianten, die aus epithelialen Schilddrüsenzellen (Thyreozyten) hervorgehen (für eine ausführliche medizinische Charakterisierung von Schilddrüsenknoten siehe Anhang). Man spezifiziert darunter "autonome" Adenome, in denen in vermehrtem Maße Schilddrüsenhormone (Trijodthyronin und Thyroxin) gebildet werden. Die Grundlage der Überproduktion ist eine Abkopplung vom normalen Regulationsmechanismus, der von der Hypophyse ausgeht (Thyrotropin, TSH, bindet an den Thyrotropin-Rezeptor TSH-R, [Corvilain 2003]). Eine Häufung des Auftretens autonomer Adenome findet sich in Jodmangelgebieten, mit zunehmendem Alter und bei Frauen deutlicher als bei Männern.
Liegt bei einem Schilddrüsenknoten keine Hormonüberproduktion vor, sondern eine Hypofunktionalität, spricht man vom "szintigraphisch kalten Knoten", bei dem die Abgrenzung zwischen benignem und malignem Wachstum erforderlich ist. Das follikuläre Adenom ist ein benigner Tumor, der jedoch nur selten eine Vorstufe für einen malignen Tumor darstellt. Genetische Veränderungen, die bereits für maligne Formen von Schilddrüsenkrebs beschrieben wurden (Cassinelli et al. 2009), werden inzwischen durch Verwendung sensitiverer Nachweismethoden auch häufig bei benignen Schilddrüsentumoren beobachtet, wo sie mit einem beschleunigten Wachstum der Knoten in Verbindung gebracht werden (Marotta et al. 2011). Betroffen ist das RET-Gen, das für einen Tyrosinkinase-Rezeptor kodiert; Translokationen und Mutationen führen zu einer Aktivierung (RET/PTC), die eine nukleäre Translokation von ²-Catenin nach sich zieht. Auch gibt es einzelne Untersuchungen zu Genvarianten von DNA-Reparaturproteinen und Cytokinen, auf deren Grundlage eine Assoziation mit dem Auftreten von SchilddrÌsenknoten diskutiert wird (Sigurdson et al. 2009, Penna-Martinez et al. 2014).
Für die Ausbildung von Malignität ist zusätzlich ein gehäuftes Auftreten von Mutationen in Onkogenen, insbesondere des MAP-Kinase Signalweges nötig (Sapio et al. 2007), wie unter anderem bei Atombombenüberlebenden gezeigt wurde (Hamatani et al. 2008). Auch spielt je nach Grad der Entdifferenzierung der "intrinsische Mechanismus", d. h. die Schaffung einer inflammatorischen Mikroumgebung durch Mutationen eine Rolle (Borrello et al. 2005, Mantovani et al. 2008, Mantovani 2009). Allerdings wird ein Übergang vom follikulären Adenom zu einem follikulären Karzinom praktisch nicht beobachtet (UN 2013, S. 187 bis 193; siehe insbesondere die Zusammenfassung der Studien zu benignen Schilddrüsentumoren bei Kindern, § C147) und stellt daher kein vordringliches Problem dar. In der Klinik stehen vor allem die mit dem Auftreten von einem Adenom einhergehende Hyperfunktionalität der Schilddrüse im Vordergrund sowie die Unsicherheit bei der diagnostischen Abgrenzung zum Karzinom. Letztere führt zu weiteren diagnostischen Maßnahmen, gegebenenfalls bis hin zu operativen Eingriffen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Auftreten spezifischer Mutationen in Thyreozyten zur Entwicklung eines follikulären Adenoms beiträgt, die in den malignen Formen ebenfalls zu finden sind und daher eine diagnostische Abgrenzung erschweren. Inwiefern die zufällige Induktion von bestimmten Mutationen bereits vorhandene genetische Veränderungen oder auch andere Gegebenheiten in der Umgebung des entstehenden Tumors dazu beitragen, ob nach Strahlenexposition ein Adenom induziert wird bzw. ob ein follikuläres Adenom zu einem Karzinom entartet, bleibt im Moment noch offen.
2.5 Zusammenfassung
Tumoren entstehen durch genetische und/oder epigenetische Schäden (Mutationen in kritischen Genen, genetische Instabilität) in einer begünstigenden Mikroumgebung. Ebenfalls gefördert wird die Tumorentwicklung durch systemische Einflüsse, einschließlich chronischer Entzündung und Immunreaktionen, die ebenfalls genetische Instabilität verursachen können. Bestrahlung kann sich auf allen Stufen der Tumorentwicklung auswirken. Benigne Darmtumoren können sich zu malignen Tumoren entwickeln; Veränderungen in Tumorsuppressor-Genen können den Übergang in ein malignes Stadium verursachen. Bei benignen Darmtumoren liegen allerdings keine Hinweise auf einen Zusammenhang zu Strahlenexposition vor.
Hingegen spielt eine Strahlenexposition bei der Entstehung benigner und maligner Schilddrüsentumoren eine Rolle, wie epidemiologische Studien gezeigt haben. Benigne und maligne Schilddrüsentumoren entstehen weitgehend unabhängig voneinander. In beiden Formen spielen aber genetische Veränderungen in Genen der Proliferation und DNA-Reparatur als auslösende Faktoren eine Rolle, während Entzündung erst bei fortschreitender Malignität beobachtet wurde. Es ist offen, unter welchen Bedingungen ein benigner oder maligner Schilddrüsentumor entsteht bzw. ob das zufällige Auftreten von Mutationen in den jeweils relevanten Genen und Ursprungszellen entscheidend ist. Im Gegensatz dazu ist für benigne Hirn-Tumoren, z.B. Meningeome, eine genetische Prädisposition gezeigt worden. Durch eine Strahlenexposition können zusätzliche Mutationen z.B. in Onkogenen induziert werden, was dann zur Ausbildung des Tumors führt.
3 Benigne Tumoren des zentralen und peripheren Nervensystems
3.1 Einleitung
Von besonderer Bedeutung als größere Gruppe benigner Hirntumoren sind einerseits die Meningeome (siehe Anhang), andererseits die Schwannome zu nennen. Zu den seltenen benignen Tumoren des ZNS gehören die Hypophysenadenome sowie die Akustikusneurinome.
In epidemiologischen Studien zur Frage der Assoziation zwischen ionisierender Strahlung und Hirn- und anderen ZNS-Tumoren besteht die besondere Problematik, dass in vielen Studien keine genaue Abgrenzung zwischen bösartigen und gutartigen Tumoren erfolgt. Als Gründe hierfür gelten:
Angaben aus den UNSCEAR-Berichten
UNSCEAR-Berichte enthalten vereinzelt Angaben zu epidemiologischen Studien mit Ergebnissen bezüglich benigner Hirntumoren, die jedoch nicht über die unten diskutierten Studien hinausgehen. Der UNSCEAR 2013 Report (Annex B: Effects of radiation exposure of children, UN 2013) enthält eine Übersicht über Altersdifferenzen bei Risikoabschätzungen für Hirn- und ZNS-Tumor-Inzidenzen und -Mortalitäten aus Studien zur medizinischen Strahlenexposition. In Bezug auf benigne Tumoren werden hier konkret zwei Studien genannt: eine Studie (Neglia et al. 2006), die Hinweise, allerdings fern der statistischen Signifikanz, auf eine Altersabhängigkeit des strahlenassoziierten Meningeomrisikos enthält, sowie die israelische Tinea capitis-Studie mit einem deutlich erhöhten Risiko für Meningeome nach therapeutischer Strahlenexposition (Sadetzki et al. 2005). Beide Studien werden in den Folgeabschnitten genauer erläutert.
Eine Reihe weiterer Studien unter Kindern und Jugendlichen nach Strahlentherapie enthält Angaben zu Meningeomen und/oder malignen Hirntumoren als Folgeerkrankungen, die Daten sind jedoch unzureichend, um aussagekräftige Risikoschätzungen für benigne Hirntumoren zu ergeben (UN 2013, S.134-135).
3.2 Ergebnisse
Ein systematischer Review von Braganza et al. (2012) wurde als Kernpublikation für diesen Themenbereich identifiziert. Die Autoren berichten über ionisierende Strahlung und das Risiko von Hirn- und ZNS-Tumoren. Sie identifizieren elf relevante epidemiologische Artikel unter 413 initialen Treffern in der PubMed-Literaturdatenbank, die über acht verschiedene Kohorten berichteten. Vier Studien enthielten Angaben zu Risiken für Meningeome, nur eine Publikation enthielt eine Risikoschätzung für Schwannome.
Eine erweiterte Literaturrecherche mit denselben Suchtermen wie bei Braganza et al. (2012) mit Enddatum Februar 2016 ergab als weitere relevante Einzelstudien zur Thematik der Risiken für (benigne) Hirntumorrisiken nach Strahlenexposition die Studie von Pearce et al. (2012) und Mathews et al. (2013) zu Risiken nach diagnostischer Computertomographie. Allerdings werden in diesen Untersuchungen den bisherigen Publikationen zufolge keine getrennten Risiken für benigne versus maligne Hirntumoren angegeben.
Schwannome:
Preston et al. (2007) berichten über solide Tumoren in der Life Span Studie im Followup von knapp 82.000 Atombombenüberlebenden bis zum Jahr 1998. Ausgehend von einer mittleren Hirndosis von 0,27 Gy und 64 Schwannom-Fällen wurde ein erhöhtes Exzess Relatives Risiko (ERR)1 pro Dosis von 4,5 (95 %-KI 2: 1,9 - 9,2) Gy-1 ermittelt; das Risiko ist deutlich höher für Männer (ERR pro Dosis = 8,0 Gy-1) als für Frauen (ERR pro Dosis = 2,3 Gy-1). Diese Studie ist die einzige mit einem konkreten Risikoschätzer für das strahlenassoziierte Schwannomrisiko.
Meningeome:
Dieselbe Studie berichtet in der Auswertung aus dem Jahr 2007 über 110 Meningeomfälle und ein ERR pro Dosis von 0,64 (95 %-KI: -0,01 - 1,8) Gy-1, bei einer mittleren Hirndosis von 0,27 Gy (siehe oben). Damit ist die Risikoerhöhung in dieser Studie nicht statistisch signifikant, anders als in den drei weiteren Studien mit konkreten Risikoschätzern für benigne Hirntumoren, die von Braganza et al. (2012) identifiziert wurden.
In einer israelischen Kohorte von Kindern mit Pilzbefall der Kopfhaut (Tinea capitis), die mit ionisierender Strahlung behandelt wurden (Sadetzki et al. 2005), wird im Followup 40 Jahre nach Exposition (Median) ein statistisch signifikant erhöhtes ERR pro Dosis von 5,01 (95 %-KI: 2,66 - 9,80) Sv-1 für Meningeome (n = 86) berichtet, auch das EAR pro Dosis ist mit 0,48 (95 % KI: 0,28 - 0,73) (104 Personenjahre Sv)-1 signifikant erhöht. Die mittlere geschätzte Hirndosis wurde mit 1,5 Gy (Spanne 1 Gy bis 6 Gy) angegeben. In der Auswertung nach Dosiskategorien fand sich ein ERR von 2,64 für Dosen ≤ 1,2 Gy, und ein deutlich höheres ERR von 18,8 für Dosen über 2,6 Gy. Eine Altersabhängigkeit des Meningeomrisikos bezüglich der Exposition wurde nicht gefunden. 75 % der Fälle traten erst mehr als 30 Jahre nach der Exposition auf. In der Tinea Capitis-Kohorte aus New York werden keine getrennten Risikoberechnungen für benigne Hirntumoren (vier Meningeome, fünf vestibuläre Schwannome in der mit Röntgenstrahlung behandelten Gruppe) angegeben (Shore et al. 2003), die Gesamt-SIR (standardized incidence ratio) für die insgesamt 16 Hirntumoren liegt bei 3,0 (95 %-KI: 1,3 - 5,9). Die mittlere Hirndosis in dieser Kohorte wird mit 1,4 Gy angegeben.
Neglia et al. (2006) berichten über Folgetumoren in einer Kohorte von Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindesalter in den USA, die mit ionisierender Strahlung therapiert wurden. Das Meningeomrisiko war insgesamt für strahlentherapierte gegenüber nicht strahlentherapeutisch behandelten Kindern deutlich erhöht (Odds Ratio OR = 9,94, 95 %-KI: 2,17 - 45,6), das Risiko ist zudem stark von der Dosis abhängig. Das ERR pro Dosis wird bei 66 Meningeomfällen (als Zweittumoren) mit 1,06 (95 %-KI: 0,21 - 8,15) Gy-1 angegeben, es finden sich Hinweise auf eine Altersabhängigkeit des Risikos: Kinder, die bei Strahlenexposition jünger als fünf Jahre waren, weisen kein erhöhtes ERR pro Dosis für Meningeome auf, für Kinder mit Exposition im Alter fünf Jahre bis < 10 Jahre liegt das ERR pro Dosis bei 1,99 (95 %-KI: 0,28 - 21,1) Gy-1, für Alter bei Exposition zehn Jahre bis ≤ 20 Jahre ist das ERR pro Dosis mit 1,36 (95 %-KI: 0,10 - 30,7) Gy-1 ebenfalls leicht erhöht. Die kleinen Fallzahlen sind zu beachten. Die mittlere Hirndosis in der Gruppe der Meningeomfälle und bei den entsprechenden Kontrollen wird mit 9 Gy angegeben (Spanne < 1 Gy bis > 45 Gy). 52 der 58 Meningeomfälle mit verwertbaren Angaben erhielten für ihre Grunderkrankung therapeutische Dosen von 20 Gy und mehr.
Eine vergleichbare Studie unter Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindesalter aus Großbritannien (Taylor et al. 2010) ergab ebenfalls ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für Meningeome nach Röntgenbestrahlung mit therapeutischen Dosen (n = 137), mit einem 479-fach erhöhten Risiko bei denjenigen mit mehr als 40 Gy Hirndosis im Vergleich zu Nicht-Exponierten. Das ERR pro Dosis wird mit 5,1 (95 %-KI: 0,7 - 107,7) Gy-1 angegeben. Die mittlere Hirndosis wird nur für die Gliomerkrankten und deren Kontrollpersonen angegeben, hier beträgt sie etwa 10 Gy.
Damit findet sich insgesamt ein positiver Zusammenhang zwischen Strahlendosis und Meningeomen in den analysierten Studien, der stärker ist als die Assoziation von Strahlendosis und malignen Gliomen. Braganza et al. (2012) geben ein gepooltes ERR pro Dosis von 1,8 (95 %-KI: -0,51 - 4,14) Gy-1 an. Bei Stratifizierung nach Geschlecht ergeben sich höhere Schätzwerte für Männer (ERR pro Dosis = 2,45 (95 %-KI: -0,64 - 5,54) Gy-1) als für Frauen (ERR pro Dosis = 0,54 (95 %-KI: -0,32 - 1,40) Gy-1). Für das Schwannomrisiko liegt nur ein Schätzwert aus der LSS vor, der als Hinweis auf erhöhte Risiken zu werten ist.
Eine Metaanalyse zum Risiko von Meningeomen nach dentalen Röntgenaufnahmen (Xu et al. 2015) ergab unter insgesamt 6.174 Fällen und 19.459 Kontrollpersonen aus sieben Studien keine erhöhten Risiken in der gepoolten Auswertung (OR = 0,97; 95 %-KI: 0,70 - 1,32), allerdings fanden sich für bestimmte Aufnahmen ("bitewing"-Aufnahmen) nach der Auswertung zweier Studien (Claus et al. 2012, Longstreth et al. 2004) leicht erhöhte Risiken (OR = 1,73; 95 %-KI: 1,28 - 2,34).
Eine Fall-Kontrollanalyse von 381 Meningeomfällen im Rahmen der Interphone-Studie ergab weder eine statistisch signifikante Risikoerhöhung bei EMF(elektromagnetische Felder)-Expositionen noch bei diagnostischer Röntgenstrahlung noch bei einer gemeinsamen Einwirkung von EMF und diagnostischer Röntgenstrahlung (Blettner et al. 2007). Das OR für diagnostische Röntgenstrahlung (Vergleich: jemals vs. niemals exponiert) lag bei 1,07 (95 %-KI: 0,80 - 1,44). In Bezug auf Strahlentherapie des Hals-Nacken-Bereichs wurden stärker erhöhte Risiken (Meningeome OR = 2,32, 95 %-KI: 0,90 - 5,96/Akustikusneurinome OR = 6,45, 95 %-KI: 0,62 - 7,16) berichtet. Es konnten nur Selbstberichte über diagnostische Röntgenuntersuchungen verwendet werden, da objektive Expositionsdaten nicht vorlagen.
Im Jahr 2013 wurde zudem noch eine weitere systematische Übersichtsarbeit publiziert (Bowers et al. 2013), die aber in Bezug auf den Zusammenhang benigner Hirntumoren mit ionisierender Strahlung keine weiteren Studien oder andere Informationen enthält.
3.3 Zusammenfassung
Es liegen weltweit nur wenige aussagekräftige Studien vor, die eine getrennte Analyse der Assoziation maligner und benigner Hirntumoren mit ionisierender Strahlung zulassen. Zu beachten ist, dass sich die hier beschriebenen benignen und malignen Hirntumoren oft nicht gut unterscheiden lassen, u. a. aufgrund eines in beiden Fällen häufig langsamen Wachstums. Auch als benigne klassifizierte Tumoren können aufgrund der Raumforderung im knöchernen Schädel schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
Die vorliegenden Studien ergeben insgesamt Hinweise auf einen positiven Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und Meningeomen, für andere benigne Tumoren ist ein Zusammenhang weder auszuschließen noch zu bestätigen, da die Aussagekraft der vorliegenden Studien zu gering ist.
Die individuelle Expositionsabschätzung ist für die Therapiestudien genauer möglich als für Studien, die sich auf Selbstberichte verlassen. Für die Studien zu dentaler Radiographie ergeben sich ebenfalls nur grobe Dosisschätzungen, die eine Ermittlung dosisbezogener Risiken nicht zulassen.
4 Schilddrüsenknoten
4.1 Einleitung
Dean und Gharib (2008) haben in einem Übersichtsartikel wesentliche Aspekte der Epidemiologie für Schilddrüsenknoten (solide Knoten und mit Wasser oder Blut gefüllte Knoten, die als Zysten bezeichnet werden) dargestellt. In Kürze: Schilddrüsenknoten sind häufig und in der Regel gutartig (zu Pathologie, Diagnostik, klinischen Konsequenzen siehe Anhang). Die in entsprechenden Studien festgestellte Prävalenz hängt von der Studiengruppe und dem Studienprotokoll ab. Sie steigt mit dem Alter der untersuchten Personen. Die Prävalenz ist höher bei Frauen und in Jodmangelgebieten. Die bis zum Zeitpunkt der Arbeit von Dean und Gharib (2008) publizierten Studien ergaben durch Ultraschalluntersuchungen eine Prävalenz von 19 % bis 35 % und durch Autopsien von 8 % bis 65 %. Durch die weite Verbreitung von Ultraschalluntersuchungen hat sich die Anzahl der detektierten Knoten vergrößert und damit die beobachtete Inzidenz erhöht. Der angemessene Umgang mit gegenwärtig detektierten Knoten, von denen ja offensichtlich die meisten im Laufe des Lebens keine klinischen Symptome bewirken, ist unter Diskussion.
Das Schilddrüsenadenom stellt die häufigste Form der Schilddrüsenknoten dar. Das Adenom ist eine Neoplasie des Follikelepithels und wird als eine Vorstufe zum follikulären Schilddrüsenkrebs gesehen. Ob dies auch für das strahleninduzierte Adenom gilt, ist nicht bekannt.
Der Hauptabschnitt dieses Kapitels fasst epidemiologische Studien zur Ausbildung von Schilddrüsenknoten nach Exposition mit ionisierender Strahlung kurz zusammen. In den Arbeiten wird teilweise die Einheit Sievert (Sv) und teilweise die Einheit Gray (Gy) für die Strahlungsartgewichtete Schilddrüsendosis verwendet. In der vorliegenden Zusammenfassung werden die jeweils in den Originalarbeiten verwendeten Einheiten übernommen.
Im auf den Hauptabschnitt folgenden Abschnitt wird basierend auf den epidemiologischen Studien eine erste Bewertung des Strahlenrisikos für Schilddrüsenknoten vorgenommen. Diese ist auch von besonderer Bedeutung für diejenige Bevölkerungsgruppe in der Präfektur Fukushima, deren Schilddrüse seit Oktober 2011 regelmäßig mit Ultraschall untersucht wird. Die Ergebnisse werden in einem weiteren Abschnitt dargestellt.
4.2 Epidemiologische Studien
4.2.1 Atombombenexplosionen über Hiroshima und Nagasaki
Imaizumi et al. (2006) untersuchten zwischen März 2000 und Februar 2003 die Schilddrüse von 4091 Mitgliedern der epidemiologischen Kohorte der Atombombenüberlebenden. Das mittlere Alter der 1.352 männlichen und 2739 weiblichen Personen betrug 70 Jahre. Für 1.833 Studienteilnehmer (44,8 %) wurden Schilddrüsenerkrankungen festgestellt. Die Erkrankungsrate unter Männern betrug 32,2 % (436 Fälle) und unter Frauen 51,0 % (1.397 Fälle). Für die weiteren Untersuchungen wurden Personen ausgeschlossen, die in utero exponiert worden waren, die sich während der Bombenexplosion nicht in der Stadt aufgehalten hatten oder deren Strahlendosis nicht bekannt war. Unter den verbliebenen 3.185 Studienteilnehmern betrug der Mittelwert der Dosis 0,45 Sv, der Median ca. 0,09 Sv. Die Prävalenzen der Knoten und aller untersuchten Untergruppen waren signifikant mit der Schilddrüsendosis assoziiert (Tabelle 4.1). Es wurde jedoch keine Assoziation autoimmuner Schilddrüsenerkrankungen mit der Strahlendosis gefunden.
Tab. 4.1 Zusätzliches odds ratio (EOR 3) pro Schilddrüsendosis in den Jahren 2000 bis 2003 für Schilddrüsenknoten und deren Untergruppen unter 3.185 Atombombenüberlebenden (Imaizumi et al. 2006).
Art der Schilddrüsenknoten |
Anzahl der Personen |
Häufigkeit (%) |
EOR (95 %-KI) pro Dosis, Sv-1 |
Solide Knoten | 464 | 14,6 | 2,01 (1,33; 2,94) |
Maligne Tumoren | 70 | 2,2 | 1,95 (0,67; 4,92) |
Gutartige Knoten | 156 | 4,9 | 1,53 (0,76; 2,67) |
Zysten | 244 | 7,7 | 0,89 (0,48; 1,47) |
Imaizumi et al. (2015) untersuchten 3087 Atombombenüberlebende, die zum Zeitpunkt der Exposition jünger als zehn Jahre alt waren. Die Schilddrüsenuntersuchungen beinhalteten Ultraschallaufnahmen, die im Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2011 durchgeführt wurden, und Biopsien solider Knoten mittels Feinnadelaspiration. Für 2668 Personen (86,4 % der untersuchten Personen) konnten die Untersuchungsergebnisse in Bezug zu den Schilddrüsendosen durch die Strahlenexpositionen in Folge der Atombombenexplosion gesetzt werden. Das mittlere Alter der 1213 männlichen und 1455 weiblichen Personen betrug 68,2 Jahre. Der Mittelwert der Dosis betrug 0,18 Gy, der Median ca. 0,02 Gy. Für 470 Studienteilnehmer (17,6 %) wurden Schilddrüsenknoten mit einem Durchmesser von mehr als 10 mm festgestellt. Die Anzahl der Knoten und alle untersuchten Untergruppen waren signifikant mit der Schilddrüsendosis assoziiert (Tabelle 4.2). Die EORs für alle Knoten und die Untergruppe solider Knoten nahmen signifikant mit zunehmendem Alter bei Exposition ab. Es ergab sich keine signifikante Abhängigkeit der EORs vom Geschlecht, von Schilddrüsenerkrankungen in der Familie, von Schilddrüsenantikörpern oder vom Verzehr von Seetang. Für kleine Knoten (< 10 mm) ergab sich keine Assoziation mit der Schilddrüsendosis.
Tab. 4.2 Zusätzliches odds ratio (EOR) pro Schilddrüsendosis im Zeitraum 2007 bis 2011 für große Schilddrüsenknoten (größer 10 mm) und deren Untergruppen unter 2.668 Atombombenüberlebenden, die während der Kindheit exponiert wurden (Imaizumi et al. 2015).
Art der Schilddrüsenknoten |
Anzahl der Personen |
Häufigkeit (%) |
EOR (95 %-KI) pro Dosis, Gy-1 |
Alle Knoten | 470a | 17,6 | 1,65 (0,89; 2,64) |
Solide Knoten | 427 | 16,0 | 1,72 (0,93; 2,75) |
Maligne Tumoren | 47 | 1,8 | 4,40 (1,75; 9,97) |
Gutartige Knoten | 186 | 7,0 | 2,07 (1,16; 3,39) |
Zysten | 49 | 1,8 | 1,11 (0,15; 3,12) |
a) Einige Studienteilnehmer hatte solide Knoten und Zysten |
4.2.2 Atmosphärische Atombombentests
Davis et al. (2004) untersuchten im Zeitraum 1992 bis 1997 Personen, die zwischen den Jahren 1940 und 1957 in einem der Counties geboren wurden, die durch die im Hanford-Testgebiet durchgeführten Atombombenversuche kontaminiert worden waren. Die Expositionen traten im Zeitraum 1944 bis 1957 auf mit den höchsten Werten in den Jahren 1945 und 1946. Das mittlere Alter bei Schilddrüsenuntersuchung von 3.440 Personen betrug 51 Jahre. 3.191 dieser Personen waren exponiert. Ihre mittlere Schilddrüsendosis war 0,17 Gy, der Median lag bei 0,10 Gy. Dosen höher als 1 Gy wurden für 24 Personen berechnet. Insgesamt wurden unter den Frauen 182 Tumoren diagnostiziert (10,4 %), davon zwölf (0,7 %) bösartige Tumoren und 170 gutartige Knoten (9,7 %), sowie 86 Tumoren unter den Männern (5,1 %), davon sieben (0,4 %) bösartige Tumoren und 79 gutartige Knoten (4,7 %). Es zeigte sich keine Abhängigkeit von der Schilddrüsendosis.
Land et al. (2008) führten im Jahr 1998 Ultraschalluntersuchungen der Schilddrüse von 2.994 Bewohnern von acht Orten im Nordosten Kasachstans durch, die durch die Atombombentests auf dem Semipalatinsk-Testgebiet in den Jahren 1949 bis 1962 kontaminiert wurden. Individuelle Schilddrüsendosen durch externe und interne Strahlung wurden mit Hilfe von Daten zur Bodenkontamination, Wohngeschichte und Verzehrsgewohnheiten, insbesondere von Milch, rekonstruiert. Die Dosen lagen in einem Bereich von 0 Gy bis über 10 Gy mit einem Mittelwert von 0,35 Gy. Es wurden für 18 % der Männer und 39 % der Frauen Schilddrüsenknoten festgestellt. Die Häufigkeit nahm signifikant mit dem Alter und mit der Strahlendosis zu. Das EOR pro Dosis betrug 2,42 (95 %-KI: 1,31 - 4,16) Gy-1 für Männer und 0,22 (95 %-KI: 0,02 - 0,52) Gy-1 für Frauen. Die Prävalenz von papillärem Schilddrüsenkrebs betrug 0,9 % und war nicht mit der Schilddrüsendosis assoziiert.
Das geschlechtsgemittelte EOR pro Dosis für Schilddrüsenknoten lag in der Studie von Sigurdson et al. (2009) bei 0,30 (95 %-KI: 0,05 - 0,56) Gy-1. Für Knoten mit dem Polymorphismus im XRCC1 ergab sich eine Tendenz für ein höheres EOR pro Dosis als für Knoten ohne den Polymorphismus.
4.2.3 Atomwaffenproduktion
Mushkacheva et al. (2006) untersuchten zwischen den Jahren 1998 und 2001 insgesamt 894 in den Jahren 1952 und 1953 geborene Einwohner von Ozyorsk, einer Stadt im Südural, die durch atmosphärische I-131-Freisetzungen aus der Produktionsanlage Majak insbesondere in den frühen fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts exponiert wurden. Es wurden klinische (Palpation) und Ultraschall-Untersuchungen der Schilddrüse durchgeführt. Die Prävalenz von Schilddrüsenknoten unter den zum Zeitpunkt der Freisetzungen in Ozyorsk geborenen Einwohnern war mit 20,8 % signifikant höher als unter den Einwohnern, die erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Stadt zogen (14,4 %). Die relative Inzidenzrate war besonders hoch für solitäre Knoten und für Knoten größer 10 mm.
4.2.4 Tschernobyl-Unfall
Mettler et al. (1992) führten 4,5 Jahre nach dem Tschernobyl-Unfall Schilddrüsenuntersuchungen von jeweils ca. 100 Personen in kontaminierten und nichtkontaminierten Gebieten durch. Einzelne Schilddrüsenknoten wurden mit der Sonographie in 0,7 % der Kinder und 14,9 % der Erwachsenen gefunden, multinodulare Struma in 3 % der Erwachsenen. Insgesamt waren Schilddrüsenknoten bei Frauen häufiger als bei Männern. Es ergaben sich keine Unterschiede der Prävalenzen in den kontaminierten und nicht kontaminierten Gebieten.
Ito et al. (1995) untersuchten in den Jahren 1991 bis 1993 die Schilddrüse von 26.406 Jungen und 28.648 Mädchen aus vom Tschernobyl-Unfall kontaminierten Gebieten, die zum Zeitpunkt des Unfalls im Alter von zehn Jahren oder jünger waren. Für 2,5 % der Kinder wurden Anomalitäten der Schilddrüse festgestellt, wobei der Anteil in den höher kontaminierten Oblasts (Bryansk, Gomel, Kiev, Zhitomir) mit 1,4 % bis 3,6 % höher war als in dem weniger kontaminierten Oblast Mogilev mit 1,0 %. Zytologische Untersuchungen von 171 mit Feinnadelaspiration gewonnenen Biopsien ergaben vier Krebsfälle (2,3 %), elf follikuläre Neoplasien (6,4 %), 32 adenomatöse Struma (18,7 %), 41 Zysten (24 %) und 53 Fälle chronischer Schilddrüsenentzündung. Für 30 Proben ergab sich kein klares Ergebnis.
Inskip et al. (1997) untersuchten im Jahr 1995 die Schilddrüse von 1.984 Aufräumarbeitern des Tschernobyl-Unfalls. Das mittlere Alter bei Ankunft an der Unfallstelle betrug 32 Jahre, das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Schilddrüsenuntersuchung 40 Jahre. Die mittlere externe Dosis betrug 0,11 Gy. Bei 201 Arbeitern (10,2 %) wurden Schilddrüsenknoten gefunden. Die Prävalenz der Knoten stieg mit dem Alter und zeigte keine Abhängigkeit von der Dosis. Die Autoren geben die folgenden möglichen Gründe für die anscheinende Abwesenheit einer Dosisabhängigkeit an: Niedrige Dosis; länger anhaltende Exposition (und damit besonders niedrige Dosisleistung); Fehler in der Dosisbestimmung (was eine möglicherweise existierende Dosisabhängigkeit verwischen würde); niedrige Sensitivität von Erwachsenen für Schilddrüsenerkrankungen durch Exposition mit ionisierender Strahlung; zu kurze Zeit nach Exposition, um eine strahleninduzierte Schilddrüsenerkrankung zu bewirken.
Zablotska et al. (2008) analysierten die Dosisabhängigkeit von 23 follikulären Schilddrüsenadenomen, die während des ersten Screenings (1998 bis 2000) in der UkrAm(Ukraine Amerikanische)-Kohorte von 12.504 Ukrainern gefunden wurden. Für alle Kohorten-Mitglieder war während der ersten zwei Monate nach dem Tschernobyl-Unfall die I-131-Aktivität in der Schilddrüse gemessen worden. Unter Annahme einer linearen Dosiswirkungsbeziehung ergab sich ein zusätzliches relatives Risiko pro Schilddrüsendosis von 2,07 (95 %-KI: 0,28 - 0,31) Gy-1. Das zusätzliche Risiko war unter Frauen etwas höher als unter Männern.
O'Kane et al. (2010) analysierten im Zeitraum 1998 bis 2007 durchgeführte Ultraschallmessungen der Schilddrüse von Mitgliedern der UkrAm-Kohorte hinsichtlich der Frage, in welchem Maße ein in einer Untersuchung detektierter Schilddrüsenknoten in einer früheren Untersuchung hätte entdeckt werden können. Jeweils drei Pathologen untersuchten 140 Fälle. In 24 % der Fälle stellte sich heraus, dass ein Schilddrüsenknoten bereits vorhanden gewesen war, aber erst in der Nachuntersuchung mit Hilfe der Information, dass in einer späteren Untersuchung ein Knoten gefunden wurde, von mindestens einem Pathologen ausfindig gemacht werden konnte. In 11 % der Fälle fanden alle drei Pathologen den Befund bereits in einer früheren Aufnahme. Die Studie zeigt keine Evidenz für ein schnelles Wachstum der Knoten. Auf Grund der relativ hohen Rate an bei den früheren Untersuchungen nicht gefundenen Knoten warnen die Autoren, bei der Interpretation von Ultraschallstudien von Schilddrüsenknoten vorsichtig zu sein.
Hayashida et al. (2012) führten im Zeitraum 2009 bis 2010 eine zweite Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse von jeweils 160 Ukrainern durch, für die in einer ersten Ultraschalluntersuchung im Zeitraum 1991 bis 2000 Schilddrüsenknoten entweder festgestellt oder nicht festgestellt worden waren. Es zeigte sich, dass in der ersten Gruppe die Anzahl und Größe der Knoten signifikant zugenommen hatten. Zytologie von mit Feinnadelaspiration gewonnenen Biopsien erwies drei Proben als bösartig und ergab für neun Proben den Verdacht auf eine Bösartigkeit. Damit wurden in 7,5 % der Schilddrüsen mit Knoten (12 von 160) eine Bösartigkeit oder ein Verdacht auf eine Bösartigkeit festgestellt. Unter den 160 Personen, für die bei der ersten Untersuchung kein Knoten nachgewiesen werden konnte, ergab auch die zweite Untersuchung kein positives Ergebnis.
Zablotska et al. (2015) analysierten Daten von Schilddrüsenuntersuchungen, die 11 bis 15 Jahre nach dem Tschernobyl-Unfall an 11613 weißrussischen Personen durchgeführt wurden, die zum Zeitpunkt des Unfalls im Kindes- oder Jugendalter waren. Für alle Personen wurde die I-131-Aktivität in der Schilddrüse während der ersten zwei Monate nach dem Unfall gemessen und die individuelle Schilddrüsendosis abgeschätzt. Es wurden 39 follikuläre Adenome gefunden. Das zusätzliche Odds Ratio pro Schilddrüsendosis lag bei 2,2 (95 %-KI: 0,41 - 13,1) Gy-1. Es war besonders hoch für Personen, die im jungen Kindesalter exponiert wurden.
4.2.5 Medizinische Expositionen
Schneider et al. (1993) begannen im Jahr 1974 Personen, deren Kopf-/Halsbereich wegen gutartiger Erkrankungen im Kindesalter geröntgt worden war, nach Schilddrüsenerkrankungen zu befragen und eine Untersuchung der Schilddrüse anzubieten. Dies führte im befragten Personenkreis ab dem Jahr 1974 zu häufigeren Untersuchungen der Schilddrüse als im Zeitraum davor. Insgesamt konnten für 2.634 Personen die Schilddrüsendosen durch die Röntgenuntersuchungen rekonstruiert und Daten zu Schilddrüsenerkrankungen erhoben werden. Das mittlere Alter bei der ersten Röntgenaufnahme war 4,3 Jahre, die Schilddrüsendosen lagen in einem Bereich von 0,05 Gy bis 2 Gy mit einem Mittelwert von 0,59 Gy. Alters- und geschlechtsadjustiert lag die Prävalenz für Schilddrüsenknoten in einem Alter von 30 Jahren bis 34 Jahren vor dem Jahr 1974 bei 0,26 % und im späteren Zeitraum bei 1,57 %. Das durch die Strahlenexposition ERR pro Dosis unterschied sich in den beiden Zeitintervallen nicht und lag bei 9,1 (95 %-KI: 4 - 33) Gy-1. Es gab Hinweise, dass das ERR im Zeitraum von 25 bis 29 Jahren nach der Exposition ein Maximum hat und bis zum Ende des Followup (mehr als 40 Jahre nach Exposition) erhöht bleibt. Mehr als ein Drittel aller Knoten wurden in der Studie im Zeitraum von 25 bis 29 Jahren nach der ersten Exposition beobachtet.
Lubin et al. (2004) analysierten den Einfluss von Dosisunsicherheiten auf die Schätzung von Strahlenrisiken für Schilddrüsenerkrankungen unter Personen, die zur Behandlung von Tinea capitis im Kindesalter mit ionisierender Strahlung exponiert wurden. Die Studiengruppe bestand aus 10.834 Personen, die im Zeitraum 1948 bis 1960 mit Röntgenstrahlung behandelt wurden, und Kontrollgruppen nicht exponierter Personen. Benigne Tumoren (Schilddrüsenknoten inklusive Adenome) wurden durch eine Israelweite Suche in Aufzeichnungen pathologischer Untersuchungen im Zeitraum 1950 bis 1980 identifiziert. Unter den exponierten Personen wurden 55, unter den nicht exponierten Personen 41 gutartige Schilddrüsentumoren gefunden. Es ergab sich ein zusätzliches relatives Risiko pro Schilddrüsendosis von 1,19 (95 %-KI: 0,5 - 2,3) Gy-1. Das Strahlenrisiko war besonders ausgeprägt für einen Zeitraum von 20 bis 24 Jahren nach Exposition. Für längere Zeiträume lag nur sehr wenig Information vor.
4.3 Risikobewertung
Die Ergebnisse der einzelnen epidemiologischen Studien zum Strahlenrisiko für Schilddrüsenknoten sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst. Für kurze Zeiten nach Exposition (< 10 Jahre) überwiegt die Anzahl der Studien, in denen keine Abhängigkeit von der Strahlenexposition gefunden wurde. Für den Zeitraum von 10 bis 40 Jahren nach Exposition überwiegt die Anzahl der Studien mit einer signifikant erhöhten Häufigkeit von Schilddrüsenknoten nach Strahlenexposition, wobei allerdings im Wesentlichen nur eine Studie zur Exposition im Erwachsenenalter vorliegt. Für sehr lange Zeiten (49 bis 64 Jahre) nach Strahlenexposition im Kindesalter zeigen die vorliegenden Studien insbesondere für große Knoten (> 10 mm) eine signifikante Dosisabhängigkeit. Insgesamt deuten die Studien auf eine Erhöhung der Häufigkeit von Schilddrüsenknoten nach einer längeren Zeit nach einer Exposition mit ionisierender Strahlung hin.
Für Expositionen in der Kindheit deutet sich an, dass das zusätzliche relative Risiko pro Schilddrüsendosis für Schilddrüsenknoten vergleichbar ist mit dem für Schilddrüsenkrebs (Jacob et al. 2014 und Referenzen darin). Für Expositionen im Erwachsenenalter liegen nicht genügend Studien vor, um Schlussfolgerungen auf Erhöhungen der Häufigkeit von Schilddrüsenknoten zu ziehen.
Tab. 4.3 EOR bzw. ERR pro Schilddrüsendosis (Gy-1) für Schilddrüsenknoten in einer Reihe von epidemiologischen Studien.
Mittlere Zeit |
Mittleres Alter bei Exposition (Jahre) | |
< 18 |
> 18 | |
4 bis 9 | keine Evidenz (Mettler et al. 1992) erhöhtes Risiko a (Ito 1995) | keine Evidenz (Mettler et al. 1992) keine Evidenz (Inskip 1997) |
10 bis 24 | 1,19 (95 %-KI: 0,5 - 2,3) (Lubin et al. 2004) 2,07 (95 %-KI: 0,28 - 10,31) (Zablotska et al. 2008) 2,2 (95 %-KI: 0,41 - 13,1) (Zablotska et al. 2015) | |
25 bis 40 | keine Evidenz (Davis et al. 2004) 9,1 (95 %-KI: 4 - 33) (Schneider et al. 1993) | m: 2,42 (1,31; 4,16) w: 0,22 (0,02; 0,52) (Land et al. 2008) 0,30 (0,05; 0,56) (Sigurdson et al. 2009) |
49 bis 64 | Solide Knoten: 2,01 (1,33; 2,94) Zysten: 0,89 (0,48; 1,47) (Imaizumi et al. 2006) < 10 mm: keine Evidenz > 10 mm: 1,65 (0,89; 2,64) b (Imaizumi et al. 2015) > 10 mm: erhöhtes Risiko a (Mushkacheva et al. 2006) | |
a) keine Angabe zur Dosis
b) Abnahme der zusätzlichen Rate mit zunehmenden Alter bei Exposition |
Tabelle 4.4 fasst Prävalenzen von Schilddrüsenknoten in einer Reihe von epidemiologischen Studien zusammen. Die Prävalenz ist unter Kindern deutlich niedriger als unter Erwachsenen und ist unter Frauen ca. doppelt so hoch wie unter Männern. Mit der Verbesserung der Nachweisverfahren über die letzten Jahrzehnte ist auch die registrierte Prävalenz gestiegen. Wiederholungsmessungen ergaben keine klare Aussage bzgl. der Schnelligkeit des Wachstums der Knoten.
Tab. 4.4 Häufigkeit von Schilddrüsenknoten in einer Reihe von epidemiologischen Studien.
Kalenderjahrperiode der Untersuchung |
Mittleres Alter bei Diagnose (Jahre) | |
< 45 | > 45 | |
1950 bis 1980 | m: 1,0 %, w: 2,3 % (Schneider et al. 1993) 0,4 % (Lubin et al. 2004) | |
1990 bis 1997 | Kinder: 0,7 % (Mettler et al. 1992) Kinder: 2,5 % (Ito 1995) 10,2 % (Inskip 1997) | m: 5,2 % w: 11 % (Davis et al. 2004) 17,9 % (Mettler et al.1992) |
1998 bis 2011 | 0,2 % a (Zablotska et al. 2008) 0,3 % a (Zablotska et al. 2015) | 14,6 % (Imaizumi et al. 2006) ≤ 10 mm: 17,6 %, > 10 mm: 25,0 % (Imaizumi et al. 2015) m: 18 % w: 39 % (Land et al. 2008) 18,5 % (Mushkacheva et al. 2006) |
a) nur follikuläre Adenome |
4.4 Schilddrüsenknoten in der Präfektur Fukushima
Die Medizinische Universität Fukushima (Fukushima Medical University 2015) untersuchte im Zeitraum Oktober 2011 bis August 2015 insgesamt 300.476 Personen, die zwischen dem 2. April 1992 und dem 1. April 2011 geboren wurden und zum Zeitpunkt des Fukushima-Unfalls in der Präfektur Fukushima lebten oder dort zu Besuch waren. Tabelle 4.5 fasst die Ergebnisse der Ultraschalluntersuchungen zusammen.
Die Anzahl solider Knoten entspricht im Wesentlichen der Erwartung auf Grund von früheren Studien (siehe Tabelle 4.4). Kleine solide Knoten (< 5 mm) wurden bei 0,7 % der Mädchen und bei 0,5 % der Jungen gefunden. Größere solide Knoten waren jedoch deutlich häufiger bei Mädchen (1,0 %) als bei Jungen (0,5 %).
Es wurde eine sehr hohe Prävalenz von Zysten gefunden (47,9 %). Mehr als die Hälfte trug dazu die Prävalenz von sehr kleinen Zysten (< 3 mm) bei (29,3 %). Die hohe Prävalenz der Zysten warf die Frage auf, ob diese auf die Strahlenexposition durch den Fukushima-Unfall zurückzuführen sei. Es spricht jedoch Einiges dagegen: Frühere Studien wiesen auf eine relativ lange Latenzzeit für strahleninduzierte Schilddrüsenknoten hin (siehe Nummer 4.3). Außerdem wurde in drei japanischen Präfekturen, die nicht durch den Fukushima-Unfall kontaminiert wurden, eine sogar etwas höhere Prävalenz (56,9 %) als in der Fukushima-Präfektur gefunden (Hayashida et al. 2013).
Tab. 4.5 Häufigkeit von Schilddrüsenknoten und Zysten in der Erstuntersuchung von 300.476 Einwohnern der Fukushima-Präfektur (Fukushima Medical University 2015).
Schilddrüsenanomalie |
Anzahl |
Häufigkeit (%) |
Solide Knoten ≤ 5 mm | 1.715 | 0,6 |
> 5 mm | 2.275 | 0,8 |
alle | 3.990 | 1,3 |
Zysten ≤ 20 mm | 143.901 | 47,9 |
> 20 mm | 12 | 0,0 |
alle | 143.913 | 47,9 |
Die Medizinische Universität Fukushima (Fukushima Medical University 2016) führte im Zeitraum April 2014 bis Dezember 2015 Wiederholungsuntersuchungen von 220.088 Personen durch. Tabelle 4.6 fasst die Ergebnisse der Ultraschalluntersuchungen zusammen. Kleine solide Knoten (< 5 mm) wurden bei 0,7 % der Mädchen und bei 0,5 % der Jungen gefunden. Größere solide Knoten waren weiterhin deutlich häufiger bei Mädchen (1,1 %) als bei Jungen (0,5 %). Es wurde eine noch höhere Prävalenz von Zysten (57,8 %) als bei der Erstuntersuchung gefunden. Auffällig ist dabei die besonders starke Zunahme sehr kleiner Zysten (< 3 mm) auf nunmehr (36,9 %).
Tab. 4.6 Häufigkeit von Schilddrüsenknoten und Zysten in der Zweituntersuchung von 220088 Einwohnern der Fukushima-Präfektur (Fukushima Medical University 2016).
Schilddrüsenanomalie |
Anzahl |
Häufigkeit (%) |
Solide Knoten ≤ 5 mm | 1.302 | 0,6 |
> 5 mm | 1.811 | 0,8 |
alle | 3.113 | 1,4 |
Zysten ≤ 20 mm | 129.326 | 58,8 |
> 20 mm | 6 | 0,0 |
alle | 129.332 | 58,8 |
4.5 Zusammenfassung
Schilddrüsenknoten sind häufig und in der Regel gutartig. Die in entsprechenden Studien festgestellte Prävalenz hängt von der Studiengruppe und dem Studienprotokoll ab. Ultraschalluntersuchungen ergaben eine Prävalenz von 19 % bis 57 %. Die Prävalenz steigt mit dem Alter der untersuchten Personen. Sie ist höher bei Frauen und in Jodmangelgebieten. Durch die weite Verbreitung von Ultraschalluntersuchungen hat sich die Anzahl der detektierten Knoten vergrößert und damit die Inzidenz erhöht. Der angemessene Umgang mit gegenwärtig detektierten Knoten, von denen ja offensichtlich die meisten im Laufe des Lebens keine klinischen Symptome bewirken, ist unter Diskussion.
Epidemiologische Studien für Expositionen im Kindesalter ergeben ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenknoten für lange Zeiten nach Exposition. Das zusätzliche Risiko ist besonders ausgeprägt für große Knoten (> 10 mm). Für kurze Zeiten nach Exposition (< 10 Jahre) ergibt sich jedoch keine Evidenz für ein erhöhtes Risiko. Es deutet sich an, dass das zusätzliche relative Risiko pro Schilddrüsendosis für Schilddrüsenknoten über längere Zeiträume gemittelt vergleichbar ist mit dem für Schilddrüsenkrebs. Das Risiko für Schilddrüsenknoten ist insbesondere für lange Zeiträume nach Exposition erhöht im Gegensatz zu Schilddrüsenkrebs, für den das Risiko nach einer minimalen Latenzzeit von wenigen Jahren eher für kurze Zeiten nach Exposition erhöht ist. Bei einem vergleichbaren relativen Risiko pro Dosis und gleichzeitig deutlich höheren Inzidenzraten für die Knoten folgt auch ein deutlich höheres absolutes Risiko pro Dosis für die Knoten. Für Expositionen im Erwachsenenalter liegen nicht genügend Studien vor, um Schlussfolgerungen auf Erhöhungen der Häufigkeit von Schilddrüsenknoten zu ziehen.
Die Anzahl solider Schilddrüsenknoten von unter 21-Jährigen in der Präfektur Fukushima während der ersten Jahre nach dem Kernkraftwerksunfall entspricht im Wesentlichen der Erwartung. Es wurde jedoch eine sehr hohe Prävalenz von überwiegend sehr kleinen Zysten gefunden (47,9 %). Da in drei nicht durch den Fukushima-Unfall kontaminierten Präfekturen eine sogar etwas höhere Prävalenz (56,9 %) gefunden wurde, ist davon auszugehen, dass der Effekt auf das intensive Untersuchungsverfahren und nicht auf die Strahlung zurückzuführen ist.
5 Benigne Tumoren in weiteren Lokalisationen
5.1 Hypophyse
In Tierversuchen bei Atombomben-Testdetonationen, die den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ähnelten, fanden Upton et al. (1960) bei weiblichen Mäusen einen deutlichen Anstieg von Hypophysenadenomen. In der Kontrolle waren 4,2 % der Tiere betroffen, nach Gammastrahlendosen (zwischen etwa 2 Gy und 7 Gy) 7,9 % und nach Neutronen-Exposition (zwischen etwa 0,4 Gy und 4,5 Gy) 14,8 %. Nach Gammastrahlen-Exposition stieg die Häufigkeit zwischen etwa 2 Gy und 6 Gy an, um nach etwa 7 Gy deutlich zurückzugehen.
In einer deskriptiven Studie stellten Juven und Sadetzki (2002) fest, dass die bis dahin gängige Schlussfolgerung, dass Hypophysenadenome beim Menschen durch Strahlung nicht auslösbar seien, fraglich ist. Sie fanden unter etwa 4900 Tineacapitis-Patienten 16 Fälle von Hypophysenadenomen (durchschnittliche Dosis: 0,56 Gy), ohne jedoch Risikobetrachtungen anzustellen. Die Schlussfolgerung lautete daher: "the authors suggest that this series should be considered as preliminary observation that supports the role of ionizing radiation in the development of this tumor".
Preston et al. (2002) berichteten ebenfalls, dass unter den 80160 Atombombenüberlebenden in Hiroshima und Nagasaki in den Jahren 1958 bis 1995 ein (allerdings nicht signifikanter) Anstieg an Hypophysenadenomen (34 insgesamt, wovon vier mit einem 95 %-KI von -0,8 bis 10 möglicherweise auf die Strahlung zurückzuführen waren) zu beobachten war: ERR pro Dosis = 1,0 (95 %-KI: -0,1 - 3,1) Sv-1.
5.2 Speicheldrüse
Erstaunlich viele epidemiologische Daten gibt es zu gutartigen Speicheldrüsentumoren, obwohl Speicheldrüsentumoren zu den eher seltenen Tumorerkrankungen gehören. Bereits 1967 fanden Hempelmann et al. (Hempelmann et al. 1967) nach Strahlenexpositionen von Kindern wegen einer Thymus-Vergrößerung vier Fälle von gutartigen Speicheldrüsentumoren unter 2878 Exponierten und einen Fall unter 5006 Geschwisterkindern. In der weiteren Untersuchung dieser Kohorte wurde im Jahr 1985 ein relatives Risiko von 4,4 (95 %-KI: 1,2 - 16,7) zwischen den bestrahlten Kindern und ihren unbestrahlten Geschwistern ermittelt (Hildreth et al. 1985). Die mittlere Strahlenexposition in Luft betrug 225 R bei einer Spannweite von 25 R bis 1250 R (100 R entsprechen etwas weniger als 1 Gy).
In der Tineacapitis-Studie wurden unter 10.834 strahlenexponierten Kindern (überwiegend sechs bis acht Jahre alt, Speicheldrüsendosis etwa 0,8 Gy) 14 benigne Speicheldrüsentumoren gefunden, was etwas mehr als einer Verdopplung des Risikos in den Kontrollen entsprach und statistisch signifikant war (Modan et al. 1998).
Erste Schätzungen des absoluten Risikos pro Dosis von gutartigen Speicheldrüsentumoren in Hiroshima und Nagasaki lagen bei 0,063 ± 0,035 Fällen (104 Personenjahre Gy)-1 (Takeichi et al. 1976, Ohkita et al. 1978). Spätere Analysen lieferten ein absolutes Risiko pro Dosis von 1,89 (90 %-KI: 0,27 - 4,21) (104 Personenjahre Gy) -1 und ein zusätzliches relatives Risiko pro Dosis von 0,7 (90 %-KI: 0,1 - 1,7) Gy-1 basierend auf 64 Fällen (Land et al. 1996, Saku et al. 1997). Besonders hoch war das zusätzliche relative Risiko pro Dosis für Warthin-Tumoren (3,1 Gy-1 mit einem 90 %-Konfidenzintervall von (0,6 - 10,3) Gy-1, basierend auf zwölf Fällen).
Eine Metaanalyse von Land (1986) unter Zugrundelegung von Studien nach Strahlenexpositionen während der Kindheit wegen medizinischer Indikationen ergab ein absolutes Risiko pro Dosis von (0,44 ± 0,11) (104 Personenjahre Gy)-1. Auf ein relatives Risiko von 1,5 kamen Preston-Martin et al. (1988) für benigne Speicheldrüsentumoren nach Röntgendiagnostik von Zähnen oberhalb von 0,5 Gy. In einer weiteren Publikation warf dieselbe Autorengruppe allerdings die Frage auf, ob ein erhöhtes Risiko, das v. a. auf die hohen Strahlendosen der zwanziger und dreißiger Jahre zurückzuführen ist, bei den heutigen Strahlendosen noch nachweisbar wäre (Preston-Martin und White 1990). Ebenfalls ein vergleichsweise hohes zusätzliches relatives Risiko beobachteten Schneider et al. (1998) auf der Basis der Analyse einer Kohorte von 2.945 Personen, die als Kinder in den Jahren 1939 bis 1962 aus medizinischen Gründen strahlenexponiert wurden: ERR pro Dosis = 19,6 (95 %-KI: 0,16 bis unbestimmt) Gy-1.
5.3 Lunge
Da bösartige Lungentumoren eindeutig durch ionisierende Strahlung auslösbar sind, ist es naheliegend zu vermuten, dass dies auch für gutartige Lungentumoren gilt. Allerdings wurden hierzu keine Informationen gefunden.
Die breite Suche in PubMed mit der Suchstrategie "ionizing radiation AND adenoma AND (lung OR pleura)" wurde zuletzt am 1. Juni 2016 durchgeführt und lieferte 38 Treffer: Es wurde keine Veröffentlichung zu relevanten epidemiologischen Studien gefunden. Es wurden wenige Veröffentlichungen gefunden, die dem Titel nach Hinweise auf weitere Studien geben konnten, nach Durchsicht der Literaturzitate aber keine weiteren Treffer lieferten (Iwata et al. 2013, Mohr et al. 1999, Nakamura et al. 2009, Oghiso und Yamada 2002, Oghiso und Yamada 2003, Schneider et al. 1999).
5.4 Brust (Mamma)
Wegner und Graul (1964) fanden benigne Brusttumoren nach Inutero-Exposition von neun Tage alten Wistar-Ratten-Feten. Allerdings wurde dieser Effekt nach Inutero-Exposition am 18. Tag der Schwangerschaft nicht gefunden, ganz im Gegenteil, die Zahl der benignen Mamma-Tumoren nahm gegenüber der Kontrolle sogar ab (Wegner et al. 1961).
Im dritten Followup der Studie zu den Folgen einer Strahlenexposition wegen einer Thymus-Vergrößerung berichteten (Hempelmann et al. 1967), dass sechs Fälle benigner Brusttumoren bei 2878 Strahlenexponierten auftraten und sieben Fälle unter 5006 Geschwisterkindern. Diese Zahl erhöhte sich auf 30 Fälle bei 2.856 Strahlenexponierten und ebenfalls 30 Fällen unter 5053 Geschwisterkindern in der Studie, die von Hildreth et al. (1985) publiziert wurde; dies entsprach einem adjustierten (für Geschlecht und zehn Jahre Latenzzeit) relativen Risiko von 2,1 (95 %-KI: 1,3 - 3,5) zwischen den bestrahlten Kindern und ihren unbestrahlten Geschwistern.
Bhatia et al. (2003) fanden unter 1380 Personen, die wegen eines Morbus Hodgkin im Kindesalter eine Strahlentherapie (teilweise in Kombination mit einer Chemotherapie) erhielten, insgesamt 40 benigne Tumoren, wovon drei die Brust (Fibroadenome) betrafen. Leider analysierten die Autoren nur die Daten zu malignen Tumoren und machten keine näheren Angaben zu den benignen Formen.
5.5 Darm
Die Ätiologie von Krebs wird zunehmend besser verstanden, so dass molekularbiologische Methoden heute in der histopathologischen Diagnostik zum Standard gehören. Ging man beim Darmkrebs früher von einer "Adenom-Karzinom-Sequenz" als entscheidendem Pfad der Karzinogenese aus, wurde in den letzten Jahren aufgrund molekulargenetischer Befunde nachgewiesen, dass weitere Pfade bestehen (Tannapfel et al. 2010).
Der Anteil per Kolonoskopie entdeckter Adenome gehört laut europäischen Richtlinien für Darmkrebsfrüherkennungsprogramme zu den wichtigen zu erfassenden Qualitätsmaßen, so dass epidemiologische Krebsregister sie am ehesten in Begleitung eines solchen Programms systematisch registrieren würden, und dann wahrscheinlich eher hochgradige intraepitheliale Neoplasien (HGIEN) als niedriggradige (LGIEN).
Die bewusst breite Suche in Medline mit der Suchstrategie "ionizing radiation AND adenoma" wurde zuletzt am 1. Juni 2016 durchgeführt und lieferte 227 Treffer. Es wurde keine Veröffentlichung zu relevanten epidemiologischen Studien gefunden. Es wurden wenige Veröffentlichungen gefunden, die dem Titel nach Hinweise auf weitere Studien geben konnten (Kaiser et al. 2014, Trani et al. 2013, Okamoto und Yonekawa 2005, van der Houven van Oordt et al. 1997, Bracey et al. 1995, Calmes et al. 1992), darunter viele tierexperimentelle Studien. Die Durchsicht der Literaturzitate lieferte keine weiteren Treffer. Durch die Suche in Berichten von UNSCEAR konnte eine relevante Studie identifiziert werden (Ron et al. 1995). Weitere Suchen lieferten keine zusätzlichen relevanten Treffer.
Die Studie von Ron und Kollegen wird im Bericht von UNSCEAR 2006 zusammengefasst (UN 2008, Annex A, S. 63): "In their tumour registry study of benign gastrointestinal tumour incidence among survivors of the atomic bombings, Ron et al. (Ron et al. 1995) observed 215 histologically confirmed cases of benign colon tumour diagnosed between 1958 and 1989. There was little evidence of a radiation dose response (ERR = 0.14 (95 % CI: -0.20, 0.76) Gy-1). However, 74 % of the tumours were diagnosed between 1985 and 1989, presumably reflecting a more frequent use of colonoscopy. The dose response was positive for the period 1958-1984 (ERR = 0.64 (95 % CI: -0.11, 2.46) Gy-1), whereas that for the period 1985-1989 was negative (ERR = -0.20 (95 % CI: undetermined, 0.47) Gy-1)." Diese Studie liefert damit keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Exposition mit ionisierender Strahlung und Adenomen des Darms.
Es wurde also zum Zusammenhang einer Exposition mit ionisierender Strahlung mit Adenomen des Darms lediglich eine einzige epidemiologische Studie gefunden (Ron et al. 1995). In dieser Studie wurde aktiv in allen zur Verfügung stehenden Quellen nach benignen kolorektalen Tumoren in der ohnehin gut dokumentierten Kohorte der Atombombenüberlebenden von Hiroshima und Nagasaki gesucht. Diese Studie liefert keine Hinweise auf einen Zusammenhang. Zum gewählten Studienansatz der aktiven Verfolgung einer Kohorte Strahlenexponierter gibt es kaum Alternativen.
In Ermangelung von Daten kann eine Schätzung des Entstehungsrisikos für benigne Darmtumoren aktuell lediglich über biologisch motivierte Modellierungsansätze gewonnen werden (Kaiser et al. 2014).
5.6 Niere
Nach hohen Strahlendosen (oberhalb von etwa 10 Gy) wurden in Wistar-Ratten benigne Nierentumoren entdeckt (Maldague 1969). Maligne Formen dominierten jedoch eindeutig. Sowohl für maligne als auch für benigne Tumoren spricht viel für eine Schwellendosis bei etwa 5 Gy.
5.7 Leber
Im Rahmen von Tierversuchen bei Atombomben-Testdetonationen, die den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ähnelten, fanden Upton et al. (1960) bei 9,2 % der exponierten Mäuse benigne Hepatome nach Gammastrahlendosen zwischen etwa 2 Gy und 7 Gy im Vergleich zu 5,5 % der nichtexponierten Tiere, wobei jedoch eine Dosis-Wirkungsbeziehung nicht zu erkennen war. Korrigierte man allerdings für konkurrierende Todesursachen, so war nur bei weiblichen Tieren ein Strahleneffekt bei Dosen von etwa 2 Gy und 4 Gy zu erkennen, nicht jedoch bei höheren Dosen. Nach Neutronen-Exposition (Dosen zwischen etwa 0,4 Gy und 4,5 Gy) wiesen 11,7 % der Tiere ein benignes Hepatom auf, in der Kontrolle waren es 5,5 %.
5.8 Ovar
Im UNSCEAR-Report aus dem Jahr 1958 (UN 1958; S. 25, § 33) wird berichtet, dass in Mäusen nach einmaligen oder mehrfachen Strahlenexpositionen neben bösartigen vermehrt auch gutartige Tumoren an den Ovarien auftauchten. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass durch die Strahlenexpositionen der gesamte Hormonhaushalt verändert wird, so dass ein Teil der Tumoren auf diesem indirekten Weg entstehen könnte.
Zahlreiche benigne Ovarialtumoren in Mäusen wurden von Upton et al. (1960) im Zusammenhang mit Test-Detonationen von Atombomben beschrieben, die den Abwürfen in Hiroshima und Nagasaki ähnelten. Beobachtet wurden v. a. Luteome, Granulosazell-Tumoren und Adenome. Der Grund für die zahlreichen Ovarialtumoren könnte darin liegen, dass wegen der hohen Strahlendosen (im Bereich zwischen 2 Gy und 7 Gy Gammadosis) Sterilisation auftrat. Es ist bekannt, dass die dadurch bedingte Änderung im Hormonstatus benigne Ovarialtumoren hervorrufen kann. Ganz ähnliche Ergebnisse wurden von Komuro (1976) an zwei unterschiedlichen Mäusestämmen nach 130 R und 260 R (ca. 1,3 Gy und 2,6 Gy) erhalten, wobei keine Dosisabhängigkeit beobachtet wurde. Das Tumorspektrum unterschied sich: bei dem ddY/F-Stamm dominierten Luteome, bei dem C3H/Tw-Stamm tubuläre Adenome.
Gutartige Ovarialtumoren beim Menschen wurden in Hiroshima und Nagasaki gefunden (Tokuoka et al. 1987, Inai et al. 2006). Unter den benignen Tumoren fanden sich vor allem seröse Tumoren, Fibrome und reife cystische Teratome. Die Keimstrang-Stroma-Tumoren (hier v. a. Fibrome und Thecome) nahmen statistisch signifikant mit der Strahlendosis zu (Inai et al. 2006).
5.9 Uterus
Hochgradig signifikant abhängig von der Höhe der Strahlendosis (p < 0,00001) ist das Auftreten von Uterus-Myomen in der "Adult Health Study" aus Hiroshima und Nagasaki (Yamada et al. 2004). Die Autoren weisen darauf hin, dass wegen der unklaren Pathogenese weitere Studien zur Klärung des Mechanismus der Entstehung der Myome notwendig sind.
5.10 Knochen/Knorpel
Insbesondere nach Strahlenexpositionen im Kindesalter findet man vermehrt gutartige Knochen- bzw. Knorpel-Tumoren. Klinisch wurde dies zuerst von Neuhauser et al. im Jahr 1952 festgestellt (Neuhauser et al. 1952). Nach Strahlenexposition der wachsenden Wirbelsäule traten bei 14 % der Kinder Osteochondrome auf. Allerdings basierte die Studie nur auf 45 Kindern.
In Experimenten mit Sr-89 und Ca-45 fanden Kuzma und Zander bei Sprague Dawley-Ratten, dass Ca-45 zwar ein geringeres Potential hatte, Neoplasien auszulösen, aber unter den Neoplasien fanden sich einige Osteome (Kuzma und Zander 1957).
Nachdem in (Hempelmann et al. 1967) über eine Erhöhung von gutartigen Knochentumoren nach Strahlenexposition wegen einer Thymus-Vergrößerung berichtet worden war (15 Fälle unter 2878 Exponierten und drei Fälle unter 5006 Geschwisterkindern), wurde dies in einem Followup im Jahr 1985 auf der Basis von weiteren Fällen bestätigt und ein relatives Risiko von 7,0 (95 %-KI: 2,6 - 18,6) zwischen den bestrahlten Kindern und ihren unbestrahlten Geschwistern ermittelt (Hildreth et al. 1985).
Unter 200 langzeitüberlebenden Kindern nach Strahlentherapie wegen verschiedener Tumoren (u. a. Morbus Hodgkin, Wilms Tumor, Rhabdomyosarkom) fanden Jaffe et al. (1983) zwölf Osteochondrome (es waren also 6 % der Kinder betroffen). Die Strahlendosen lagen zwischen 1500 rad und 5500 rad (15 Gy und 55 Gy). Der Median der Latenzzeit betrug fünf Jahre.
In einer Studie von Evans et al. (1991) an etwa 700 Kindern, die wegen eines Wilms Tumors eine Strahlentherapie erhielten, wurden keine bösartigen Knochentumoren beobachtet, wohl aber bei 19 Patienten Exostosen und Osteochondrome. Unter 1380 Kindern, die wegen eines Morbus Hodgkin eine Strahlentherapie (teilweise in Kombination mit einer Chemotherapie) erhielten, fanden Bhatia et al. (2003) insgesamt 176 solide Sekundärtumoren, wovon 40 benigne waren und davon vier Osteochondrome, die Präkanzerosen für Osteosarkome darstellen. Die meisten benignen Sekundärtumoren (30) waren Schilddrüsen-Adenome.
Unter 1632 Kindern, die eine Knochenmarktransplantation erhalten hatten, fanden Faraci et al. (2009) bei 27 Kindern Osteochondrome. Die beiden einzigen unabhängigen Risikofaktoren waren junges Alter bei Transplantation und Ganzkörper-Strahlenexposition.
In vielen der oben genannten Publikationen wird auf weitere Hinweise eingegangen, die basierend auf Einzel- oder einigen wenigen Fällen zeigen, dass Strahlenexpositionen im Kindesalter vermehrt zu Osteochondromen führen.
5.11 Haut
Bereits sehr lange bekannt ist, dass Kokarzinogene die Häufigkeit strahleninduzierter benigner Hauttumoren im Tierversuch deutlich steigern können. So zeigten Experimente von Shubik et al. (1953), dass bei Beta-Strahlenexpositionen, die selbst keine Hauttumoren auslösten, Crotonöl die Häufigkeit von gutartigen Hauttumoren erhöht.
Ebenfalls bekannt ist, dass die Radiologen in der Frühzeit der Radiologie vermehrt an Hautkrebs litten (Court und Doll 1958). Allerdings findet man keine genaueren Angaben zu eventuell aufgetretenen gutartigen Hauttumoren.
Eine signifikante Erhöhung von benignen Hauttumoren wurde von Hildreth et al. (1985) im Zusammenhang mit den Untersuchungen zu den Folgen einer Bestrahlung wegen eines vergrößerten Thymus beobachtet. Das relative Risiko betrug 3,3 (95 %-KI: 1,3 - 9,0) zwischen den bestrahlten Kindern und ihren unbestrahlten Geschwistern.
5.12 Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurden die folgenden Lokalisationen betrachtet: Hypophyse, Speicheldrüse, Brust (Mamma), Darm, Niere, Leber, Ovar, Uterus, Knochen/Knorpel, Haut.
Es gibt erstaunlich viele Untersuchungen mit dem Nachweis, dass ionisierende Strahlung gutartige Speicheldrüsentumoren beim Menschen auslösen kann; diese Untersuchungen erfolgten an den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, sowie insbesondere an Kindern nach Strahlentherapie (Speicheldrüsendosen etwa 1 Gy und mehr) und nach Röntgendiagnostik von Zähnen in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts (oberhalb von 0,5 Gy).
In einigen Studien wird eine geringfügige Erhöhung benigner Brusttumoren berichtet. Die einzige epidemiologische Studie zu Adenomen des Darms berichtet keine signifikante Erhöhung nach Strahlenexposition. Für eine Strahleninduktion von Adenomen der Lunge wurden keine Informationen gefunden.
Für gutartige Tumoren der Niere und Leber liegen nur einige wenige Tierexperimente vor, die einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und diesen Tumoren zeigen. Eine ganze Reihe von Tierexperimenten belegt, dass gutartige Ovarialtumoren durch ionisierende Strahlung auslösbar sind; dies wurde auch bei den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki beobachtet. Ebenfalls in Hiroshima und Nagasaki wurde ein sehr deutlicher dosisabhängiger Anstieg von Uterus-Myomen festgestellt, wobei die Pathogenese von Uterus-Myomen unklar ist. Vor allem nach Strahlenexpositionen im Kindesalter findet man vermehrt gutartige Knochen- bzw. Knorpel-Tumoren.
Es ist seit langem bekannt, dass UV-Strahlung sehr effektiv Hauttumoren, darunter auch benigne Formen, auslöst; für ionisierende Strahlung ist die Datenlage für benigne Formen nicht eindeutig.
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Anhang |
A1 Schilddrüsenknoten
Pathologie, Diagnostik, klinische Konsequenzen
Am Aufbau der Schilddrüse sind zwei Arten von Drüsenzellen beteiligt: Follikelepithelzellen (Thyreozyten) bilden die Wand der Schilddrüsenfollikel und bilden Schilddrüsenhormone, parafollikuläre C-Zellen sezernieren Calcitonin. Adenome der Schilddrüse gehen aus den Thyreozyten hervor. Benigne Tumoren der Schilddrüse sind fast ausschließlich follikuläre Adenome oder Varianten. Follikuläre Adenome sind epitheliale Tumoren mit einer follikulären Differenzierung. Varianten sind trabekuläre Adenome und hellzellige follikuläre Adenome. In Jodmangelgebieten treten follikuläre Schilddrüsen-Adenome häufiger auf als in jodreichen Gebieten.
Schilddrüsen-Adenome können als sogenannte autonome Adenome oder szintigraphisch "heiße" Knoten die Ursache für eine Hyperthyreose sein. Das Schilddrüsen-Adenom unterliegt dabei nicht mehr der hypothalamischhypophysären Regelung und produziert autonom Schilddrüsenhormon.
Klinische Untersuchung (Palpation), Ultraschalluntersuchung sowie Laboruntersuchung hinsichtlich der Schilddrüsenfunktion (TSH, T3, T4) bilden die Basisdiagnostik. Mittels Ultraschalldiagnostik sind echoarme und echoreiche Knoten zu unterscheiden. Die weiterführende Diagnostik umfasst die Schilddrüsenszintigraphie, Feinnadelbiopsie sowie weitere Laboruntersuchungen (z.B. Calcitonin).
Die Durchführung einer Schilddrüsen-Szintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat erlaubt die Unterscheidung von Schilddrüsenknoten aufgrund der Anreicherung von Tc-99m-Pertechnetat, welche mittels Gamma-Kamera sichtbar gemacht wird. Je nach Anreicherung von Tc-99m-Pertechnetat werden Schilddrüsenknoten als kalte, warme oder heiße Knoten bezeichnet. Sogenannte heiße Knoten deuten auf ein autonomes Adenom mit hoher Stoffwechselaktivität und Produktion von Schilddrüsenhormon hin. Kalte Knoten hingegen deuten auf eine geringe Produktion von Schilddrüsenhormon hin, was auch bei Schilddrüsenkarzinomen der Fall ist. Bei szintigraphisch kaltem Knoten besteht somit auch ein Malignomverdacht. Mittels Feinnadelbiopsie ist jedoch meist keine sichere Unterscheidung zwischen einem follikulären Adenom und einem follikulären Schilddrüsenkarzinom möglich.
Die Indikation für eine chirurgische Entfernung von Schilddrüsenknoten wird aufgrund der guten Erreichbarkeit der Schilddrüse mit geringen Komplikationsraten großzügig gestellt, um das Risiko eines malignen Prozesses sicher ausschließen zu können. Gerade in Deutschland wird diese Praxis durch einen niedrigen Anteil an malignen Tumoren nach operativer Entfernung von Schilddrüsenknoten deutlich. Somit sind als klinische Konsequenz von benignen Schilddrüsentumoren auch die Risiken eines operativen Eingriffes einzuordnen.
Als OP-Indikation bei Schilddrüsen-Knoten wird angesehen:
In beiden Fällen wird eine einseitige Entfernung der Schilddrüse durchgeführt. Im Falle eines "kalten" Knotens erfolgt zusätzlich eine histopathologische Schnellschnittuntersuchung zum Ausschluss eines Schilddrüsenkarzinoms. Im Falle eines "heißen" Knotens kann gegebenenfalls auch eine subtotale Lobektomie erfolgen. Je nach Ausmaß der operativen Resektion ist eine postoperative medikamentöse Therapie mit Thyroxinpräparaten erforderlich.
Weiterführende Literatur
Dietlein M, Dressler J, Grünwald F, Joseph K, Leisner B, Moser E, Reiners Chr, Rendl J 1 , Schicha H, Schneider P, Schober O (1 federführend, Klinik für Nuklearmedizin, St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, Südendstr. 32, 76137 Karlsruhe). Leitlinie zur Schilddrüsendiagnostik. Stand: 02.01.2003
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Bruch H-P, Trentz O (Hrsg.). Berchtold Chirurgie. 6. aktual. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2008. ISBN 978-3437444814
Henne-Bruns D. Chirurgie, Duale Reihe. 4. überarbeitete Auflage, Thieme 2012. ISBN 978-313125294-4
Siewert JR, Stein HJ (Hrsg). Chirurgie. 9. Auflage, Springer Berlin 2012, ISBN 978-364211330-7
Welsch U, Deller Th (Hrsg.). Sobotta Lehrbuch Histologie. 4. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2014. ISBN 978-3437444333
A2 Meningeome
Meningeome entstehen aus Zellen der Arachnoidea (Spinnenwebenhaut). Die Arachnoidea ist die mittlere, zwischen Dura mater und Pia mater, gelegene Hirnhaut. Die Hirnhäute setzen sich im Spinalkanal fort, somit können auch hier aus der Arachnoidea spinalis Meningeome entstehen.
Meningeome werden aufgrund der histopathologischen Morphologie unterteilt in:
Die meisten Meningeome sind benigne Tumoren (WHO Grad I). Jedoch treten auch Meningeome im WHO Grad II (atypische Meningeome) und WHO Grad III (maligne Meningeome) auf.
Gutartige Meningeome sind scharf begrenzte Tumoren. Atypische Meningeome zeichnen sich durch ein erhöhtes Wachstumspotential aus und haben selbst nach kompletter operativer Entfernung eine hohe Rezidivquote.
Anaplastische Meningeome sind relativ seltene maligne Tumoren. Eine Metastasierung ist möglich. Eine postoperative Strahlentherapie ist erforderlich.
Langsam wachsende Meningeome können über einen langen Zeitraum symptomlos bleiben und als Zufallsbefund bei einer CT- oder MRT-Untersuchung des Schädels entdeckt werden.
Die klinischen Symptome sind von der Lage des Meningeoms abhängig und treten durch Verdrängung und Komprimierung des umliegenden und angrenzenden Gewebes auf. Je nach Lokalisation können die folgenden Frühsymptome auftreten: Kopfschmerzen, Krampfanfälle, fortschreitende Wesensveränderungen, Stimmungsschwankungen, neurologische Herdsymptome je nach Lokalisation (motorische Störungen, Sehstörungen, Sprachstörungen).
Therapeutisch wird eine komplette Entfernung des Tumors angestrebt, was jedoch aufgrund der Lokalisation des Tumors nicht immer möglich ist. Unterschiedliche operative Zugangswege sowie minimalinvasive Methoden wurden entwickelt. Alternativ sowie zusätzlich zu einer operativen Entfernung eines Meningeoms kommt die Strahlentherapie zum Einsatz. Lokalisation des Tumors oder auch der Gesundheitszustand des Patienten können das Risiko einer neurochirurgischen Intervention bestimmen. Bei älteren Patienten kann daher auch die alleinige strahlentherapeutische Behandlung indiziert sein.
Weiterführende Literatur
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Schirmer M (Hrg.). Neurochirurgie, 10. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2004. ISBN 978-343731478-0
Henne-Bruns D. Chirurgie, Duale Reihe. 4. überarbeitete Auflage, Thieme 2012. ISBN 978 313125294-4
Siewert JR, Stein HJ (Hrg.). Chirurgie. 9. Auflage, Springer Berlin 2012, ISBN 978 364211330-7
Welsch U, Deller Th (Hrg.). Sobotta Lehrbuch Histologie. 4. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2014. ISBN 978-3437444333
1) Das ERR pro Dosis beschreibt das zusätzliche relative Risiko, das mit einer definierten Dosiseinheit (oft: 1 Gy) im Vergleich zu einer Personengruppe ohne Strahlenexposition verbunden ist. Das relative Risiko (RR) ist der Quotient der Inzidenz- oder Mortalitätsraten der verglichenen Gruppen, das ERR entspricht numerisch dem Wert des RR minus 1. Das EAR ist das zusätzliche absolute Risiko und ergibt sich aus der Differenz der Risiken zwischen der mit definierter Strahlendosis exponierten Gruppe und dem Basisrisiko ohne Exposition in dieser Gruppe. In der Literatur wird teilweise anstelle des ERR das EOR (excess odds ratio) verwendet, das bei niedrigen Häufigkeiten einer Erkrankung (weniger als etwa 10 % in einer Population) numerisch in etwa dem ERR entspricht.
2) KI = Konfidenzintervall
3) Erläuterung zu EOR siehe Fußnote 1
Bekanntmachung einer Stellungnahme der Strahlenschutzkommission Induktion benigner Tumoren durch ionisierende Strahlung
Vom 28. März 2018
(BAnz AT 17.04.2018 B4)
Nachfolgend wird die Stellungnahme der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet in der 290. Sitzung der Kommission am 5./6. Dezember 2017 bekannt gegeben (Anlage).
ENDE |