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Empfehlung 2009/387/EG der Kommission vom 12. Mai 2009 zur Umsetzung der Grundsätze der Wahrung der Privatsphäre und des Datenschutzes in RFID- gestützten Anwendungen
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 3200)
(ABl. Nr. L 122 vom 16.05.2009 S. 47)
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 211,
nach Anhörung des Europäischen Datenschutzbeauftragten, in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Funkwellenidentifikation (Radio Frequency Identification, RFID) markiert eine neue Entwicklung in der Informationsgesellschaft, in deren Verlauf Gegenstände mit mikroelektronischen Komponenten, die automatisch Daten verarbeiten können, zunehmend Einzug in den Lebensalltag halten werden.
(2) In dem Maße, wie sich die RFID-Technik verbreitet, wird sie in vielfältigen Bereichen wie Logistik 1, Gesundheitsfürsorge, öffentlicher Verkehr, Einzelhandel (insbesondere für eine höhere Produktsicherheit und den schnelleren Rückruf von Produkten), Unterhaltung, Arbeit, Mauterhebung, Gepäckabfertigung und Reisedokumente zum Teil des persönlichen Lebens der Menschen.
(3) Die RFID-Technik hat das Potenzial, zu einer wichtigen neuen Triebkraft für Wachstum und Beschäftigung zu werden und einen großen Beitrag zur Verwirklichung der Lissabonner Strategie zu leisten. Sie verspricht große wirtschaftliche Vorteile, denn sie kann neue Geschäftschancen eröffnen, zu Kostensenkungen und Effzienzsteigerungen führen, insbesondere in Bezug auf die Bekämpfung von Produktnachahmungen, die Bewirtschaftung von Elektronikabfällen und gefährlichen Stoffen und das Recycling von Altprodukten.
(4) Die RFID-Technik erlaubt die Verarbeitung von u. a. auch personenbezogenen Daten über kurze Entfernungen ohne physischen Kontakt oder sichtbare Wechselwirkung zwischen dem Lese- oder Schreibgerät und dem RFID-Tag, so dass eine solche Datenübertragung stattfinden kann, ohne dass die betroffene Person dies bemerkt.
(5) RFID-Anwendungen sind potenziell in der Lage, Daten zu verarbeiten, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen, die dadurch direkt oder indirekt identifiziert werden kann. So können sie entweder direkt im RFID-Tag gespeicherte personenbezogene Daten wie Namen, Geburtsdatum und Anschrift oder biometrische Angaben einer Person oder aber Daten verarbeiten, durch die eine bestimmte RFID-Artikelnummer mit anderweitig im System gespeicherten personenbezogenen Daten verknüpft werden. Außerdem bietet die Technik die Möglichkeit, Personen anhand der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die eine RFID-Artikelnummer enthalten, zu überwachen.
(6) Da die RFID-Technik potenziell sowohl allgegenwärtig als auch praktisch unsichtbar ist, muss bei ihrer Einführung den Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes besondere Beachtung geschenkt werden. Funktionsmerkmale für die Wahrung der Privatsphäre und die Informationssicherheit sollten folglich in RFID-Anwendungen bereits integriert werden, bevor diese auf breiter Basis genutzt werden (Grundsatz der "eingebauten Sicherheit und Privatsphäre").
(7) Die zahlreichen wirtschaftlichen und sozialen Vorteile der RFID-Technik werden nur dann zum Tragen kommen, wenn es wirksame Vorkehrungen für die Einhaltung des Datenschutzes, die Wahrung der Privatsphäre und die Achtung der damit zusammenhängenden ethischen Aspekte gibt, die im Mittelpunkt der Debatte um die öffentliche Akzeptanz der RFID-Technik stehen.
(8) Die Mitgliedstaaten und alle Beteiligten sollten insbesondere in dieser Anfangsphase der RFID-Einführung weitere Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass RFID-Anwendungen überwacht und die Rechte und Freiheiten des Einzelnen geachtet werden.
(9) In ihrer Mitteilung vom 15. März 2007 "Funkfrequenzkennzeichnung (RFID) in Europa: Schritte zu einem ordnungspolitischen Rahmen 2 kündigte die Kommission an, dass sie Klarstellungen und Vorgaben in Bezug auf die Aspekte des Datenschutzes und der Wahrung der Privatsphäre in RFID-Anwendungen in Form von einer oder mehreren Empfehlungen der Kommission vorlegen würde.
(10) Die Rechte und Pflichten in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten und den freien Datenverkehr, wie sie in der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr 3 und in der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) 4 festgelegt sind, gelten uneingeschränkt für RFID-Anwendungen, in denen personenbezogene Daten verarbeitet werden.
(11) Die Grundsätze, die in der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität 5 verankert sind, sollten auf die Entwicklung von RFID-Anwendungen angewandt werden.
(12) Der Europäische Datenschutzbeauftragte macht in seiner Stellungnahme 6 Vorgaben für den Umgang mit Produkten, die mit RFID-Tags versehen und für den Einzelnen bestimmt sind, und verlangt Datenschutz- und Sicherheitsfolgenabschätzungen zur Ermittlung und Weiterentwicklung der "besten verfügbaren Technik" (BAT) für die Wahrung der Privatsphäre und die Sicherheit von RFID-Systemen.
(13) RFID-Anwendungsbetreiber sollten alle angemessenen Maßnahmen treffen, damit es nicht möglich ist, durch Mittel, die dem RFID-Anwendungsbetreiber oder einer sonstigen Person wahrscheinlich zur Verfügung stehen, die betreffenden Daten einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zuzuordnen, sofern die Verarbeitung der Daten nicht in Übereinstimmung mit den geltenden Grundsätzen und Rechtsvorschriften über den Datenschutz erfolgt.
(14) In der Mitteilung der Kommission vom 2. Mai 2007 über die Verbesserung des Datenschutzes durch Technologien zum Schutz der Privatsphäre 7 werden konkrete Maßnahmen dargelegt, um die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken und nach Möglichkeit anonyme oder pseudonymisierte Daten zu verwenden, auch durch die Förderung der Entwicklung von Technologien zum Schutz der Privatsphäre und deren Nutzung durch die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen und die Verbraucher.
(15) In der Mitteilung der Kommission vom 31. Mai 2006 "Eine Strategie für eine sichere Informationsgesellschaft - Dialog, Partnerschaft und Delegation der Verantwortung" 8 werden Verschiedenartigkeit, Offenheit, Interoperabilität, Benutzerfreundlichkeit und Wettbewerb als Schlüsselfaktoren für eine sichere Informationsgesellschaft anerkannt, die Rolle der Mitgliedstaaten und öffentlichen Verwaltungen bei der Sensibilisierung und der Förderung bewährter Sicherheitsverfahren herausgestellt und die Akteure des Privatsektors aufgefordert, auf erschwingliche Sicherheits-Zertifzierungsprogramme für Produkte, Verfahren und Dienste hinzuarbeiten, die bestimmte EU-Anforderungen abdecken (insbesondere in Bezug auf die Privatsphäre).
(16) In der Entschließung des Rates vom 22. März 2007 zu einer Strategie für eine sichere Informationsgesellschaft in Europa 9 werden die Mitgliedstaaten aufgerufen, der notwendigen Prävention und Bekämpfung in Bezug auf neue und bestehende Bedrohungen der Sicherheit elektronischer Kommunikationsnetze gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
(17) Ein auf Gemeinschaftsebene aufgestellter Rahmen für die Durchführung von Datenschutzfolgenabschätzungen stellt sicher, dass den Bestimmungen dieser Empfehlung in den Mitgliedstaaten in einheitlicher Weise nachgekommen wird. Die Entwicklung eines solchen Rahmens sollte gestützt auf bestehende Praktiken und Erfahrungen in den Mitgliedstaaten und in Drittländern sowie auf die Arbeiten der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) 10 erfolgen.
(18) Die Kommission wird für die Aufstellung von gemeinschaftlichen Leitlinien für das Informationssicherheitsmanagementsystem bei RFID-Anwendungen sorgen und sich dabei auf bestehende Praktiken und Erfahrungen in den Mitgliedstaaten und in Drittländern stützen. Die Mitgliedstaaten sollten ihren Beitrag zu diesem Prozess leisten und private Einrichtungen wie auch Behörden zur Mitarbeit anhalten.
(19) Eine Datenschutzfolgenabschätzung, die der Betreiber vor der Einführung einer RFID-Anwendung durchgeführt, liefert die für angemessene Schutzmaßnahmen erforderlichen Informationen. Solche Maßnahmen müssen über die gesamte Lebensdauer der RFID-Anwendung überwacht und überprüft werden.
(20) Im Einzelhandel sollten anhand einer Datenschutzfolgenabschätzung für an Verbraucher verkaufte Produkte, an denen RFID-Tags angebracht sind, die erforderlichen Informationen ermittelt werden, um festzustellen, ob eine Bedrohung für die Privatsphäre oder den Schutz personenbezogener Daten wahrscheinlich ist.
(21) Die Anwendung von internationalen Normen, wie sie z.B. von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) entwickelt werden, sowie von Verhaltenskodizes und bewährten Praktiken, die mit dem EU-Rechtsrahmen vereinbar sind, kann helfen, die Maßnahmen zur Gewährleistung der Informationssicherheit und der Privatsphäre über den gesamten RFID-gestützten Geschäftsablauf zu verwalten.
(22) RFID-Anwendungen, die sich auf die allgemeine Öffentlichkeit auswirken, z.B. elektronische Fahrscheine im öffentlichen Verkehr, müssen angemessen geschützt werden. RFID-Anwendungen, die den Einzelnen berühren, weil beispielsweise biometrische Identifikationsdaten oder Gesundheitsdaten verarbeitet werden, sind im Hinblick auf die Informationssicherheit und die Wahrung der Privatsphäre besonders problematisch und müssen daher besondere Berücksichtigung finden.
(23) Die Gesellschaft als Ganzes muss sich der im Zusammenhang mit dem Einsatz von RFID-Anwendungen geltenden Rechte und Pflichten bewusst sein. Diejenigen, die solche Technik einführen, sind deshalb auch dafür verantwortlich, dass dem Einzelnen Informationen über die Nutzung dieser Anwendungen gegeben werden.
(24) Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Funktionsmerkmale und Fähigkeiten der RFID-Technik wird dazu beitragen, dass die Technik ihr wirtschaftliches Potenzial entfalten kann und gleichzeitig die Risiken einer Nutzung zum Nachteil öffentlicher Interessen mindern, wodurch ihre Akzeptanz gesteigert wird.
(25) Die Kommission wird an der Umsetzung dieser Empfehlung sowohl direkt als auch indirekt mitwirken, indem sie den Dialog und die Zusammenarbeit der Beteiligten fördert, und zwar insbesondere über das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP), das mit dem Beschluss Nr. 1639/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 11 eingerichtet wurde, und das Siebte Forschungsrahmenprogramm (7. RP), das mit dem Beschluss Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 12 eingerichtet wurde.
(26) Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der preisgünstigen Technologien für einen besseren Schutz der Privatsphäre und die Erhöhung der Informationssicherheit sind auf Gemeinschaftsebene unverzichtbar, wenn eine breitere Einführung dieser Technologien unter annehmbaren Bedingungen erreicht werden soll.
(27) Diese Empfehlung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie dient insbesondere der uneingeschränkten Wahnrag des Privat- und Familienlebens und dem Schutz personenbezogener Daten
- empfiehlt:
Anwendungsbereich
Begriffsbestimmungen
Datenschutzfolgenabschätzungen
Informationssicherheit
Informationen und Transparenz in Bezug auf die RFID-Nutzung
RFID-Anwendungen im Einzelhandel
Sensibilisierungsmagnahmen
Forschung und Entwicklung
Folgemaßnahmen
Adressaten
Brüssel, den 12. Mai 2009
_____________
1) KOM(2007) 607 endg.
2) KOM(2007) 96 endg.
3 ) ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995 S. 31.
4) ABl. Nr. L 201 vom 31.07.2002 S. 37.
5) ABl. Nr. L 91 vom 07.04.1999 S. 10.
6) ABl. C 101 vom 23.04.2008 S. 1.
7) KOM(2007) 228 endg.
8 ) KOM(2006) 251 endg.
9) ABl. C 68 vom 24.03.2007 S. 1.
10) Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 460/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 77 vom 13.03.2004 S. 1).
11) ABl. Nr. L 310 vom 09.11.2006 S. 15.
12) ABl. Nr. L 412 vom 30.12.2006 S. 1.
ENDE |