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Regelwerk, EU 2010

Beschluss 2010/453/EU der Kommission vom 3. August 2010 zur Festlegung von Leitlinien für die Bedingungen der Inspektionen und Kontrollmaßnahmen sowie für die Ausbildung und Qualifikation der Bediensteten im Bereich menschlicher Gewebe und Zellen gemäß der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 5278)
(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. L 213 vom 13.08.2010 S. 48)



Die Europäische Kommission -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen 1, insbesondere auf Artikel 7 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Zur Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus enthält die Richtlinie 2004/23/EG hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von zur Verwendung beim Menschen bestimmten menschlichen Geweben und Zellen sowie nur für die Spende, Beschaffung und Testung von Produkten, die aus zur Verwendung beim Menschen bestimmten menschlichen Geweben und Zellen hergestellt wurden.

(2) Um die Übertragung von Krankheiten durch zur Verwendung beim Menschen bestimmte menschliche Gewebe und Zellen zu verhindern und ein gleichwertiges Maß an Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, sieht Artikel 7 der Richtlinie 2004/23/EG vor, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Inspektionen veranlassen und geeignete Kontrollmaßnahmen durchführen, damit die Anforderungen der Richtlinie eingehalten werden.

(3) Nach Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie 2004/23/EG legt die Kommission Leitlinien für die Bedingungen der Inspektionen und Kontrollmaßnahmen sowie für die Ausbildung und Qualifikation der daran beteiligten Bediensteten fest, um ein einheitliches Qualifikation- und Leistungsniveau zu erreichen. Die Leitlinien sind nicht rechtsverbindlich, dienen den Mitgliedstaaten aber als nützliche Orientierungshilfe bei der Umsetzung von Artikel 7 der Richtlinie 2004/23/EG .

(4) Die Kommission sollte die im Anhang dieses Beschlusses aufgeführten Leitlinien auf der Grundlage der Berichte überprüfen und aktualisieren, welche die Mitgliedstaaten der Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Richtlinie 2004/23/EG übermitteln.

(5) Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 29 der Richtlinie 2004/23/EG eingesetzten Ausschusses

- hat folgenden Beschluss erlassen:

Artikel 1

Die Leitlinien für die Bedingungen der Inspektionen und Kontrollmaßnahmen sowie für die Ausbildung und Qualifikation der Bediensteten im Bereich menschlicher Gewebe und Zellen gemäß Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie 2004/23/EG sind im Anhang dieses Beschlusses festgelegt.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

.

Leitlinien für die Bedingungen der Inspektionen und Kontrollmassnahmen sowie für die Ausbildung und Qualifikation der Bediensteten im Bereich menschlicher Gewebe und Zellen Anhang

1. Zweck der Leitlinien

Die vorliegenden Leitlinien sollen den Mitgliedstaaten als Orientierungshilfe dienen, um ein einheitliches Qualifikations- und Leistungsniveau bei den Inspektionen im Bereich von Geweben und Zellen zu erreichen.

2. Zuständigkeiten der Inspektoren

Der Inspektor sollte von der zuständigen Behörde einen klaren schriftlichen Auftrag für die jeweilige Aufgabe erhalten und über einen amtlichen Ausweis verfügen. Der Inspektor sollte nach Maßgabe des jeweiligen Auftrags ausführliche Informationen sammeln, die der zuständigen Behörde zuzuleiten sind.

Bei einer Inspektion werden Stichproben genommen, denn die Inspektoren können nicht alle Bereiche und Unterlagen prüfen. Ein Inspektor kann nicht für Mängel verantwortlich gemacht werden, die bei der Inspektion nicht festgestellt werden konnten, weil Zeit oder Umfang begrenzt waren oder bestimmte Verfahren während der Inspektion nicht beobachtet werden konnten.

3. Qualifikation der Inspektoren

Die Inspektoren sollten mindestens über Folgendes verfügen:

  1. ein Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstigen Befähigungsnachweis im Bereich der Medizin oder der Biowissenschaften, das/der die Absolvierung einer Hochschulausbildung oder einer von dem betreffenden Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannten Ausbildung bescheinigt,

    und

  2. praktische Erfahrungen in den einschlägigen Tätigkeitsbereichen einer Einrichtung des Gewebe-, Zell- oder Blutsektors. Auch weitere Erfahrungen können als relevant gelten.

In Ausnahmefällen können die zuständigen Behörden erhebliche einschlägige Erfahrungen einer Person als Ersatz für die Anforderungen nach Buchstabe a betrachten.

4. Ausbildung der Inspektoren

Bei der Arbeitsaufnahme sollten die Inspektoren eine spezifische Schulung zur Einführung erhalten. Diese Schulung sollte mindestens Folgendes umfassen:

  1. die Systeme der Zulassung, Benennung, Genehmigung oder Lizenzierung in den betreffenden Mitgliedstaaten,
  2. den für ihre Tätigkeit geltenden Rechtsrahmen,
  3. die technischen Aspekte der Tätigkeit von Einrichtungen des Gewebe- und Zellsektors,
  4. die Inspektionsverfahren und -abläufe, einschließlich praktischer Übungen,
  5. internationale Qualitätsmanagementsysteme (ISO, EN);
  6. einzelstaatliche Gesundheitssysteme und Organisationsstrukturen des Gewebe- und Zellsektors im betreffenden Mitgliedstaat,
  7. die Organisation der nationalen Regulierungsbehörden,
  8. internationale Inspektionsinstrumente und sonstige einschlägige Stellen.

Diese Schulung zur Einführung sollte durch spezialisierte Schulungen und ständige interne Fortbildung während der gesamten Laufbahn des Inspektors ergänzt werden.

5. Inspektionsarten

5.1. Folgende verschiedene Arten von Inspektionen können durchgeführt werden:

  1. Allgemeine systemgerichtete Inspektionen sollten vor Ort stattfinden und alle Verfahren und Tätigkeiten abdecken, einschließlich Organisationsstruktur, Strategien, Zuständigkeiten, Qualitätsmanagement, Personal, Dokumentation, Datenqualität, Systeme für Datenschutz und Vertraulichkeit, Einrichtungen, Ausstattung, Verträge, Beschwerden und Rückrufe oder Audits, Information, Kommunikation (mit dem In- und Ausland) und die Rückverfolgbarkeit von Geweben und Zellen.
  2. Themenbezogene Inspektionen sollten vor Ort stattfinden und eines oder mehrere spezifischer Themen abdecken, wie beispielsweise Qualitätsmanagementsysteme, Vorbereitungsverfahren, Vigilanzsysteme oder Laborbedingungen für die Spenderuntersuchung.
  3. Dokumentenprüfungen finden nicht vor Ort sondern aus der Ferne statt und können alle Verfahren und Tätigkeiten abdecken oder sich auf eines oder mehrere spezifischer Themen konzentrieren.
  4. Erneute Inspektionen können als Nachkontrollen oder Neubewertungen zur Überwachung der Abhilfemaßnahmen stattfinden, die bei einer Erstinspektion verlangt wurden.

5.2. Zusätzlich können einige besondere Inspektionen erfolgen:

  1. Inspektionen bei Dritten: Dokumentenprüfungen oder Vor-Ort-Inspektionen sollten bei Dritten im Sinne des Artikels 24 der Richtlinie 2004/23/EG stattfinden.
  2. Gemeinsame Inspektionen: Nach Abwägung besonderer Umstände, wie Mangel an Ressourcen oder Fachwissen, kann ein Mitgliedstaat die Möglichkeit in Betracht ziehen, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats zu ersuchen, gemeinsame Inspektionen mit den Beamten des ersuchenden Mitgliedstaats auf seinem Staatsgebiet durchzuführen.

6. Inspektionsplanung

Die zuständigen Behörden sollten ein Inspektionsprogramm aufstellen und die Zuweisung der dazu nötigen Ressourcen vornehmen.

Gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2004/23/EG veranlassen die zuständigen Behörden regelmäßig Inspektionen und führen regelmäßig Kontrollmaßnahmen durch. Der Abstand zwischen zwei Inspektionen darf zwei Jahre nicht überschreiten.

Es wird empfohlen, mindestens alle vier Jahre eine umfassende Inspektion vor Ort durchzuführen, die alle Tätigkeitsbereiche abdeckt. Im Zeitraum zwischen zwei allgemeinen systemgerichteten Inspektionen kann eine themenbezogene Inspektion durchgeführt werden, die sich auf ein bestimmtes Thema oder Verfahren bezieht, oder als Alternative, sofern keine bedeutenden Veränderungen seit der letzten Inspektion stattgefunden haben, kann auch eine Dokumentenprüfung erfolgen.

7. Durchführung der Inspektionen

7.1. Soweit ausreichende Ressourcen vorhanden sind, sollte sich das Team aus Mitgliedern mit unterschiedlichen Fachkenntnissen zusammensetzen.

Bei Bedarf kann für eine spezifische Inspektion die Unterstützung eines externen Sachverständigen angefordert werden. Dieser Sachverständige sollte lediglich eine Beraterrolle übernehmen.

Inspektionen durch einen einzelnen Inspektor sind grundsätzlich zu vermeiden. Mindestens einer der Inspektoren sollte über mindestens zweijährige praktische Erfahrung im Sinne von Nummer 3 Buchstabe b verfügen.

7.2. Im Anschluss an die Inspektion sollte ein Inspektionsbericht an die überprüfte Einrichtung des Gewebesektors bzw. an den überprüften Dritten geschickt werden. In den Schlussfolgerungen des Berichts sollten die festgestellten Mängel klar genannt werden.

In diesem Bericht sollte ein Zeitpunkt festgesetzt werden, bis zu dem die Einrichtung des Gewebesektors oder der Dritte Vorschläge und einen Zeitplan für die Behebung der in dem Bericht aufgezeigten Mängel vorlegen sollte.

Bei Bedarf kann eine erneute Inspektion zur Nachkontrolle stattfinden.

8. Qualitätsmanagementsystem der Prüfstelle

Jede zuständige Behörde sollte über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen, das geeignete Standardverfahren und ein angemessenes internes Prüfsystem umfasst. Die zuständigen Behörden sollten regelmäßig eine Bewertung ihrer Inspektionssysteme vornehmen.

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1) ABl. Nr. L 102 vom 07.04.2004 S. 48.
UWS Umweltmanagement GmbHENDE