Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, EU 2020, Energienutzung - EU Bund
Frame öffnen

Empfehlung (EU) 2020/775 der Kommission vom 5. Juni 2020 zu den zentralen Aspekten der angemessenen Kompensation sowie zu anderen zentralen Aspekten der technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten zur Anwendung des Unterstützungsmechanismus gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 3572)

(ABl. L 184 vom 12.06.2020 S. 79)



Die Europäische Kommission -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG 1, insbesondere auf Artikel 15 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 194 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollte die Energiepolitik der EU dazu beitragen, im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten in der Union eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten.

(2) Die Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor soll einen Beitrag zur Umsetzung der Ziele der Energieunion leisten, darunter Energieversorgungssicherheit, Solidarität, Vertrauen und eine ambitionierte Klimapolitik.

(3) Die Verordnung sieht einen Unterstützungsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten als Instrument zur Prävention oder Bewältigung von Stromversorgungskrisen in der Union vor.

(4) Bei der Verabschiedung der für die Umsetzung des Unterstützungsmechanismus erforderlichen Maßnahmen müssen die Mitgliedstaaten eine Reihe technischer, rechtlicher und finanzieller Elemente in regionalen oder bilateralen Regelungen vereinbaren und in ihren Risikovorsorgeplänen beschreiben.

(5) Um die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zu unterstützen, hat die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe "Strom" und der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) die vorliegenden rechtlich nicht bindenden Leitlinien zu den zentralen Aspekten erstellt, die in diese Regelungen aufgenommen werden sollten

- hat folgende Empfehlung abgegeben:

(1) Die Mitgliedstaaten sollten die rechtlich nicht bindenden Leitlinien im Anhang dieser Empfehlung befolgen. Diese Leitlinien sollen den Mitgliedstaaten dabei helfen, die technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen zur Erfüllung der Unterstützungsverpflichtungen gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/941 einzuführen und in den nach der Verordnung zu erstellenden Risikovorsorgeplänen zu beschreiben.

(2) Diese Empfehlung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Brüssel, den 5. Juni 2020

1) ABl. L 158 vom 14.06.2019 S. 1.

.

Anhang

1. Einleitung

Mit der Verordnung (EU) 2019/941 (im Folgenden die "Verordnung") wird der Grundsatz der Solidarität in die Praxis umgesetzt und ein Unterstützungsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten eingeführt, der anzuwenden ist, wenn die in den einschlägigen Bestimmungen festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Die Unterstützung dient als letztes Mittel zur Prävention oder Bewältigung von Stromversorgungskrisen.

1.1. Der Unterstützungsmechanismus

Ersucht ein Mitgliedstaat um Unterstützung, so sind die anderen Mitgliedstaaten im Rahmen des Unterstützungsmechanismus nach einer regionalen oder bilateralen Vereinbarung 1 verpflichtet, bei der Prävention und Bewältigung von Stromversorgungskrisen solidarisch zusammenzuarbeiten. Die Hilfe, die ein Mitgliedstaat leisten kann, wird dabei grundsätzlich durch folgende Faktoren begrenzt:

Die einzelnen Bestandteile einer regionalen oder bilateralen Regelung über die rechtlichen, technischen und finanziellen Aspekte der Unterstützung sind in Artikel 15 der Verordnung bereits teilweise festgelegt. Zudem müssen sich die Mitgliedstaaten in ihren regionalen oder bilateralen Regelungen über alle erforderlichen Elemente und Einzelheiten verständigen, um im Rahmen des Unterstützungsmechanismus allen Beteiligten Gewissheit und Sicherheit zu verschaffen. Diese Regelungen - insbesondere für den wirtschaftlichen Kompensationsmechanismus - sind in den jeweiligen Risikovorsorgeplänen zu beschreiben. Die Verordnung und die vorliegenden Leitlinien dienen nicht dazu, alle Aspekte einer angemessenen Kompensation zwischen den Mitgliedstaaten zu harmonisieren.

Nach Artikel 15 der Verordnung fließen in die Kompensation mehrere Aspekte ein: Sie umfasst Zahlungen für den in den um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaat gelieferten Strom, Zusatzkosten wie die damit verbundenen Übertragungskosten und weitere vertretbare Kosten, die dem unterstützenden Mitgliedstaat entstanden sind.

Damit die Unterstützung wirksam ist, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

Erstens sollten marktbasierte Maßnahmen so lange wie möglich fortgeführt werden. Die Mitgliedstaaten müssen alle Anstrengungen unternehmen, um koordinierte Mechanismen oder Plattformen vollständig umzusetzen und so gemeinsam auf freiwilliger Basis Laststeuerung und andere flexible Kapazitäten nutzen zu können. Es liegt sowohl im Interesse des potenziell unterstützenden Mitgliedstaats als auch des um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaats, Situationen zu vermeiden, in denen nicht marktbasierte Maßnahmen - wie erzwungene Lieferkürzungen für Kunden - zu einem früheren Zeitpunkt eingeleitet werden müssen. Dies entspricht auch dem allgemeinen Grundsatz der Verordnung, wonach der Markt über einen maximalen Spielraum zur Behebung von Stromversorgungsproblemen verfügen sollte.

Zweitens sollten Änderungen der Großhandelspreise, die den Marktvorschriften entsprechen, auch in einer Stromversorgungskrise zugelassen werden, solange sich die Stromversorgungskrise durch den Betrieb der Strommärkte nicht weiter verschärft. So können Gebotsbeschränkungen und implizite oder explizite Preisobergrenzen, die nicht mit gut konzipierten Marktvorschriften im Einklang stehen 3, dazu führen, dass sich der zusätzliche Strombedarf nicht in Preissignalen widerspiegelt und somit der Strom nicht dorthin geliefert werden kann, wo er gebraucht wird. Daher sollten Marktpreise vor Beginn einer Krise so lange wie möglich auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage gebildet werden können, und die Preise für die Abrechnung von Bilanzkreisabweichungen nach einer Krise sollten die den Verbrauchern aufgrund von Versorgungsunterbrechungen entstehenden Kosten widerspiegeln. So wird verhindert, dass implizite Preisobergrenzen in den Ausgleichsregeln als Negativanreize für Investitionen in flexible und zuverlässige Kapazitäten wirken, die zur Vermeidung von Stromversorgungskrisen beitragen können.

Drittens sollte der grenzüberschreitende Zugang zur Infrastruktur gemäß der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates 4 jederzeit - also auch in Stromversorgungskrisen - aufrechterhalten werden, solange dies technisch möglich und sicher umsetzbar ist. In Abhängigkeit von den technischen Beschränkungen jedes Mitgliedstaats sollten die Regelungen sicherstellen, dass zonenübergreifende Kapazitäten und ggf. nachfrageseitige Angebote auch für Marktteilnehmer jenseits der Grenze umfassend zur Verfügung stehen. So werden Lieferkürzungen für Kunden in Mitgliedstaaten mit Versorgungsengpässen erst zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich.

Viertens werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, in allen Phasen einer Stromversorgungskrise zusammenzuarbeiten. Eine wirksame Zusammenarbeit zu einem frühen Zeitpunkt kann dazu beitragen, das Eintreten oder die Eskalation einer Stromversorgungskrise zu verhindern und ihre Auswirkungen zu begrenzen.

Die ersuchenden Mitgliedstaaten können die Unterstützung als letztes Mittel nur dann auslösen, wenn alle marktbasierten Optionen ausgeschöpft sind oder wenn marktbasierte Maßnahmen allein offensichtlich nicht ausreichen werden, um eine weitere Verschlechterung der Stromversorgungslage zu verhindern, insbesondere wenn auf dem Markt nicht ausreichend Strom bereitgestellt werden kann, um die öffentliche und persönliche Sicherheit zu gewährleisten. Zudem müssen die nationalen Maßnahmen des Risikovorsorgeplans des ersuchenden Mitgliedstaats ausgeschöpft sein.

1.2. Rechtsgrundlage

Nach Artikel 15 Absatz 7 der Verordnung muss die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe "Strom" und der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) einen nicht verbindlichen Leitfaden erstellen, in dem sie die zentralen Aspekte einer angemessenen Kompensation gemäß den Absätzen 3 bis 6 und andere zentrale Aspekte der technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen gemäß Absatz 3 sowie die allgemeinen Grundsätze der gegenseitigen Unterstützung gemäß Absatz 2 des genannten Artikels erläutert.

1.3. Anwendungsbereich der Leitlinien

In den Artikeln 12 und 15 der Verordnung werden mehrere Elemente und Aspekte des Unterstützungsmechanismus genannt, die zu vereinbaren und in die regionalen und bilateralen Regelungen aufzunehmen sind. Bei der Vereinbarung des Inhalts dieser abgestimmten Maßnahmen und somit hinsichtlich des Inhalts der angebotenen Unterstützung wird den Mitgliedstaaten in der Verordnung jedoch ein großer Spielraum eingeräumt. Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, diese abgestimmten Maßnahmen zu beschließen und zu vereinbaren, insbesondere was die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen für ihre Umsetzung betrifft.

Um nützliche Anleitungen zu diesen und sonstigen gegebenenfalls in diese Regelungen aufzunehmenden Elementen bereitstellen zu können, ist es zunächst erforderlich, genauer zu untersuchen, in welchen Situationen Unterstützungsmaßnahmen ausgelöst werden könnten und durch welche Maßnahmen und Grundprinzipien diese Situationen gegebenenfalls von vornherein vermieden werden können. Die vorliegenden rechtlich nicht bindenden Leitlinien sollen und können keine für alle Mitgliedstaaten geeignete, erschöpfende und verbindliche Liste enthalten, da es den Mitgliedstaaten freistehen muss, unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten, bestehenden Rahmenbedingungen, Situation und Prioritäten die für sie am besten geeignete Lösung zu wählen. Stattdessen enthalten die Leitlinien Empfehlungen zur Nutzung einiger erforderlicher bzw. fakultativer Elemente sowie eine Beschreibung der Möglichkeiten zur Umsetzung bestimmter Unterstützungsmaßnahmen.

Es wird empfohlen, dass sich die Mitgliedstaaten bei den abgestimmten Maßnahmen so weit wie möglich auf bestehende nationale Rahmenvorschriften und Verfahren stützen und sie gegebenenfalls für Unterstützungszwecke anpassen. So können sie z.B. auch bestehende Plattformen oder Mechanismen für nachfrageseitige Maßnahmen oder bestehende Kompensationsmechanismen für Kunden nutzen.

2. Rechtliche, Technische und finanzielle Regelungen

2.1. Rechtliche Regelungen

Durch rechtliche Regelungen sollen alle an der Lieferung oder dem Erhalt von Strom beteiligten Akteure in einer Stromversorgungskrise Rechtssicherheit erhalten. Den an der Anwendung des Unterstützungsmechanismus beteiligten Mitgliedstaaten wird empfohlen, klare, transparente und wirksame rechtliche Regelungen einzuführen, damit alle Beteiligten über die Vorschriften und Verfahren für grenzüberschreitende Unterstützungsmaßnahmen informiert sind.

Nach Artikel 12 der Verordnung müssen die Risikovorsorgepläne regionale und gegebenenfalls bilaterale Maßnahmen umfassen, mit denen sichergestellt wird, dass Stromversorgungskrisen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen angemessen verhindert oder bewältigt werden. Bei der Vereinbarung rechtlicher Regelungen können die Mitgliedstaaten auch Untergruppen innerhalb einer Region 5 bilden, die diejenigen Mitgliedstaaten umfassen, die technisch in der Lage sind, einander Unterstützung zu leisten. Es sind nämlich nicht zwangsläufig alle Mitglieder einer größeren Region in der Lage, in einer Krise Strom in andere Mitgliedstaaten zu liefern. Regelungen über konkrete grenzüberschreitende Maßnahmen brauchen daher nicht mit allen Mitgliedstaaten einer Region vereinbart werden, sondern nur mit denjenigen Mitgliedstaaten, die über die technischen Möglichkeiten verfügen, Unterstützung zu leisten. Bilaterale Maßnahmen sollten zwischen Mitgliedstaaten vereinbart werden, die direkt miteinander verbunden sind, aber nicht derselben Region angehören.

Denkbar ist auch, dass ein Mitgliedstaat mit keinem anderen Mitgliedstaat direkt verbunden ist, was sich jedoch mit der Umsetzung der derzeit laufenden Infrastrukturvorhaben für Verbindungsleitungen ändern könnte. Sollten die Verbindungsleitungen erst nach der Verabschiedung der Risikovorsorgepläne in Betrieb genommen werden, müssen die betreffenden Mitgliedstaaten die rechtlichen, finanziellen und technischen Regelungen gemäß Artikel 15 der Verordnung so bald wie möglich einführen und ihre Risikovorsorgepläne entsprechend aktualisieren.

2.1.1. Betroffene Mitgliedstaaten

Der Unterstützungsmechanismus betrifft folgende Mitgliedstaaten:

Hat der ersuchende Mitgliedstaat eine regionale und/oder eine bilaterale Vereinbarung geschlossen, sollte er alle Mitgliedstaaten, die Unterstützung leisten können, über seinen Bedarf an Unterstützung informieren.

2.1.2. Unterstützungsersuchen

Da Stromversorgungskrisen schnelle Reaktionen erfordern, sollte das Unterstützungsersuchen kurz und standardisiert sein und nur die unbedingt erforderlichen Informationen enthalten. Empfehlenswert wäre es, sich beim Abschluss einer regionalen oder bilateralen Regelung auf ein Formular für das Ersuchen zu einigen und es der Regelung als Anhang beizufügen. Für eine wirksame Reaktion auf ein Unterstützungsersuchen sind folgende Informationen als mindestens erforderlich anzusehen:

2.1.3. Stromverbraucher, die aus Gründen der öffentlichen und persönlichen Sicherheit Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben

In Artikel 11 der Verordnung ist beschrieben, welche nationalen Maßnahmen zur Prävention, Vorbereitung und Eindämmung von Stromversorgungskrisen in die Risikovorsorgepläne aufgenommen werden sollten. Nach Absatz 1 Buchstabe h können die Mitgliedstaaten mit Blick auf die öffentliche und persönliche Sicherheit unter Angabe von Gründen festlegen, welche Kategorien von Stromverbrauchern nach nationalem Recht einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung beanspruchen können."Öffentliche und persönliche Sicherheit" bezeichnet dabei das Wohlergehen und den Schutz der allgemeinen Öffentlichkeit und bezieht sich auf die Gefahrenprävention sowie den Schutz vor Gefahren im Zusammenhang mit Nutzern, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben.

Zum Schutz der öffentlichen und persönlichen Sicherheit sollten die Mitgliedstaaten besondere Maßnahmen zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Stromversorgung festlegen und dabei Folgendes berücksichtigen:

Nach der Verordnung können die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht festlegen, welche Kategorien von Stromverbrauchern einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung beanspruchen können. Bei der Festlegung dieser Kategorien sollten die Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass Dauer und Ausmaß der Krise Einfluss auf die Liste der Stromverbraucher haben können, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben. Überschreitet die Krise eine bestimmte Dauer oder einen bestimmten Umfang, könnten Leben, Sicherheit oder Gesundheit größerer Teile der Bevölkerung gefährdet sein. In jedem Fall sollte die Liste der Stromverbraucher, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, in den Risikovorsorgeplänen klar festgelegt werden, wobei auch die Verbraucherkategorie aufgeführt werden sollte, die nur bei einer umfangreichen und lang andauernden Krise in diese Liste aufgenommen wird. Die Liste muss mit den in den Risikovorsorgeplänen beschriebenen, auf nationaler und regionaler Ebene ermittelten Risikoszenarien und mit deren erwarteten Auswirkungen zu vereinbaren sein.

Beispielsweise könnten folgende Stromverbraucher Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben:

Länder, in denen die Kategorien der Stromverbraucher, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, im nationalen Recht festgelegt wurden, sollten die Liste einschließlich des geschätzten Verbrauchs für alle Bestandteile stets auf dem aktuellen Stand halten.

Es wird empfohlen sicherzustellen, dass Stromverbraucher, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, sich nicht nur auf die Regelungen im Rahmen der Risikovorsorgepläne verlassen, sondern auch über robuste Regelungen zur Fortführung ihrer Tätigkeiten (Business Continuity) verfügen, um in einer Stromversorgungskrise einen ausreichenden Betrieb sicherzustellen.

Alle Stromverbraucher, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, sollten in einer Stromversorgungskrise zudem die Last so weit wie möglich verringern. Wenn sich die Situation verschärft und eine Lücke in der Stromversorgung dieser Stromverbraucher unmittelbar bevorsteht, sollte das Hauptaugenmerk darauf liegen, menschliches Leben zu schützen und das Risiko von Katastrophen zu minimieren, die zum Verlust von Menschenleben oder großen Schäden führen könnten.

2.1.4. Beginn und Ende der Unterstützung

Nach Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung müssen die Mitgliedstaaten vereinbaren, wie die Unterstützung und die Aussetzung der Unterstützung auszulösen sind. Dies muss mit den erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen im Einklang stehen.

Nach Artikel 2 Nummer 9 der Verordnung bezeichnet "Stromversorgungskrise" eine bestehende oder drohende Situation, die durch eine im Sinne der Vorgaben der Mitgliedstaaten und der Beschreibung in ihren Risikovorsorgeplänen erhebliche Stromknappheit oder durch die Unmöglichkeit, Kunden mit Strom zu versorgen, gekennzeichnet ist. Wenn die zuständige Behörde des betroffenen Mitgliedstaats den Eintritt einer Stromversorgungskrise erklärt hat, sollten alle vereinbarten Maßnahmen so weit wie möglich umgesetzt werden.

Der Auslöser für das Unterstützungsersuchen sollte für jede bestehende oder unmittelbar bevorstehende Situation festgelegt werden, in der damit zu rechnen ist, dass nicht marktbasierte Maßnahmen getroffen werden müssen, um Auswirkungen der Stromversorgungskrise zu vermeiden oder zu minimieren.

Wenn die Kategorien von Stromverbrauchern, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, im nationalen Recht festgelegt wurden, sollte der Auslöser für das Unterstützungsersuchen für alle bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden Situationen festgelegt werden, in denen der Mitgliedstaat den Schutz der als relevant für die öffentliche und persönliche Sicherheit ermittelten Stromverbraucher trotz aller nationalen marktbasierten und nicht marktbasierten Maßnahmen nicht sicherstellen kann. Wenn die Kategorien von Stromverbrauchern, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, nicht im nationalen Recht festgelegt wurden, sollte der Auslöser für das Unterstützungsersuchen für alle bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden Situationen festgelegt werden, in denen der Mitgliedstaat die für den Schutz der öffentlichen und persönlichen Sicherheit erforderliche Strommenge nicht bereitstellen kann.

Die Mitgliedstaaten sollten das auslösende Ereignis für jedes Risikoszenario des Risikovorsorgeplans bestimmen. Dabei kann es sich um ein betriebliches oder sonstiges Ereignis handeln. Zu betrieblichen Ereignissen können z.B. der Verlust der Regelbarkeit, ein Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -bedarf, fehlende Reserven oder unzureichende Möglichkeiten zur Lieferung von Strom aufgrund physischer Schäden in den Systemen zählen. Zu nicht betrieblichen Ereignissen können z.B. externe Sicherheitsbedrohungen zählen.

Das Risiko eines Missbrauchs des Unterstützungsmechanismus durch ein nicht gerechtfertigtes Unterstützungsersuchen ist sehr begrenzt, da vor der Auslösung des Unterstützungsmechanismus strenge Bedingungen erfüllt sein müssen.

Unbeschadet der Regelungen in den regionalen oder bilateralen Vereinbarungen der Mitgliedstaaten sollte die Verpflichtung, Unterstützung zu leisten, in folgenden Fällen enden:

Zudem könnte der Mitgliedstaat, der um Unterstützung ersucht hatte, trotz einer akuten Stromversorgungskrise z.B. dann um Aussetzung der Unterstützung ersuchen, wenn er sie nicht bezahlen kann.

2.1.5. Aufgaben und Zuständigkeiten

Die Gesamtverantwortung für die Anwendung des Unterstützungsmechanismus sollte bei den Mitgliedstaaten liegen. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung, um Unterstützung zu ersuchen, und die Gesamtaufsicht über die Anwendung des Mechanismus durch die mit bestimmten Aufgaben betrauten Stellen. Die Verordnung enthält keine Verpflichtung zur Einrichtung neuer Stellen. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Zuständigkeiten vorzugsweise bereits bestehenden oder - unter besonderen Umständen - neuen Stellen zuzuweisen und dabei deren Organisationsstruktur und Erfahrung mit dem Krisenmanagement und Notfallmaßnahmen zu berücksichtigen. Um Kosten zu senken und insbesondere Fixkosten zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit auf bestehende Mechanismen zurückgreifen. Das Hauptziel sollte dabei darin bestehen, wirksame und effiziente Unterstützungsmaßnahmen sicherzustellen.

Für die Umsetzung des Rahmens sind die für die Anwendung der Verordnung zuständigen Behörden verantwortlich, und die Aufgaben und Zuständigkeiten sollten den einzelnen Beteiligten klar zugewiesen werden, etwa dem nationalen Krisenkoordinator, dem Koordinator oder einem Team aus relevanten nationalen Krisenmanagern für Stromversorgungskrisen, den ÜNB, der nationalen Regulierungsbehörde und den Stromversorgungsunternehmen. Die zuständigen Behörden sind darüber hinaus am besten geeignet, die regionalen und bilateralen Regelungen mit den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten vorzubereiten. Diese Regelungen bilden die Rechtsgrundlage für die Unterstützung, einschließlich der Kompensationszahlung und der Abrechnungen nach Ende der Unterstützung. Zudem sind die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen Behörden am besten in der Lage, Unterstützungsersuchen zu übermitteln oder entgegenzunehmen, Maßnahmen zu koordinieren und Informationen über eine Aussetzung der Unterstützung bereitzustellen. Um die unverzügliche Zahlung einer angemessenen Kompensation ausreichend sicherzustellen, sollte die finanzielle Gesamtverantwortung für die Kompensation ebenfalls bei den Mitgliedstaaten liegen.

Vorbehaltlich technischer und rechtlicher Beschränkungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sind die nationalen Regulierungsbehörden am besten geeignet, die Kompensationskosten zu berechnen oder sich zumindest an der Berechnung zu beteiligen. Für den kosteneffizienten Dispatch der erforderlichen Strommengen sollten vorzugsweise die ÜNB verantwortlich sein.

Die ÜNB sind mit Unterstützung der regionalen Koordinierungszentren und (bis zur Einrichtung der regionalen Koordinierungszentren) der regionalen Sicherheitskoordinatoren am besten in der Lage, die Verantwortung für die Koordination aller technischen Aspekte sowie für die Umsetzung aller erforderlichen betrieblichen Maßnahmen zu übernehmen, wenn Unterstützungsmaßnahmen getroffen werden. Die für die Unterstützung zuständige Stelle des unterstützenden Mitgliedstaats könnte auch damit beauftragt werden, Forderungen auf Begleichung von Strom- und sonstigen Kosten entgegenzunehmen, zu prüfen und an die Stelle des Mitgliedstaats weiterzuleiten, der unterstützt wurde. Hierfür würde sich eine zentrale Anlaufstelle eignen. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gemeinsam festzulegen und zu vereinbaren, welche Stelle die Kompensationsansprüche bei Lieferkürzungen entgegennimmt und weiterleitet.

Durch Bestimmungen über einen Mittler in den regionalen und bilateralen Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten ließe sich die Sicherheit aller Beteiligten hinsichtlich der Zahlung und Berechnung der Kompensationskosten erhöhen. Der Mittler könnte die Beteiligten dabei unterstützen, Meinungsverschiedenheiten über den Betrag der zu zahlenden Kompensation zu lösen.

2.1.6. Rechtsform der regionalen und bilateralen Regelungen

Für die Rechtsform der regionalen und bilateralen Regelungen gibt es keine expliziten Anforderungen. Die Mitgliedstaaten können jede Rechtsform wählen, die bei der Anwendung des Unterstützungsmechanismus wechselseitige Rechte und Pflichten begründet. Das Recht, um Unterstützung zu ersuchen, und die Pflicht, diese Unterstützung zu leisten, sind in den Artikeln 14 und 15 der Verordnung verankert. In den regionalen und bilateralen Regelungen wird festgelegt, wie diese im Unionsrecht vorgesehenen Rechte und Pflichten auszuüben sind. Dabei sollte es sich um betriebliche und nicht um politische Regelungen handeln. Abhängig von den Bestimmungen des nationalen Rechts jedes Mitgliedstaats kann es für Umsetzungszwecke ausreichend sein, wenn die zuständigen Behörden eine verbindliche administrative Regelung vereinbaren. Diese kann Bestimmungen bestehender regionaler oder bilateraler Verträge, vertragliche Regelungen zwischen ÜNB oder spezifische Lizenzbedingungen für Stromversorgungsunternehmen umfassen, sofern diese der Aufsicht der jeweils zuständigen Behörden unterliegen. Ein nicht verbindliches Rechtsinstrument allein, wie eine Absichtserklärung, wäre hingegen nicht ausreichend, da die Parteien damit keine rechtlichen Verpflichtungen eingehen würden. Die ausschließliche Regelung durch eine Absichtserklärung würde daher nicht den Anforderungen des Artikels 15 entsprechen, ein rechtlich bindendes Unterstützungssystem zu schaffen, und könnte daher als unzureichende Anwendung des Artikels 15 betrachtet werden 6.

2.1.7. Unterstützung vor Abschluss regionaler und bilateraler Vereinbarungen

Nach Artikel 15 der Verordnung sollten die Mitgliedstaaten Ad-hoc-Maßnahmen und -Regelungen einschließlich einer angemessenen Kompensation vereinbaren, wenn sie bei Eintreten einer Stromversorgungskrise noch keine abgestimmten Maßnahmen und keine technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen vereinbart haben. Ersucht ein Mitgliedstaat um Unterstützung, bevor solche Regelungen vereinbart wurden, sollte er sich vor dem Erhalt der Unterstützung verpflichten, eine angemessene Kompensation zu zahlen.

2.1.8. Behandlung vertraulicher Angaben

Alle Verfahren, an denen Mitgliedstaaten oder die in der Verordnung genannten Behörden der Mitgliedstaaten beteiligt sind, müssen im Einklang mit den anwendbaren Vorschriften, einschließlich nationaler Vorschriften für die Behandlung vertraulicher Angaben und Verfahren, durchgeführt werden. Wenn Informationen aufgrund solcher Vorschriften - etwa im Rahmen eines Risikovorsorgeplans - nicht offengelegt werden dürfen, kann der Mitgliedstaat oder die Behörde eine nichtvertrauliche Zusammenfassung dieser Informationen vorlegen. Zur Vorlage dieser Zusammenfassung ist er/sie zudem auf Anfrage verpflichtet.

Wenn die Kommission, die ACER, die Koordinierungsgruppe "Strom", ENTSO-E, die Mitgliedstaaten, die zuständigen Behörden, die nationalen Regulierungsbehörden und andere relevante Organe, Einrichtungen oder Personen im Rahmen der Verordnung vertrauliche Informationen erhalten, müssen sie die vertrauliche Behandlung dieser sensiblen Informationen gewährleisten.

2.2. Technische Regelungen

Die technischen Regelungen müssen alle erforderlichen technischen Bestimmungen und Bedingungen enthalten, die die Voraussetzung für die praktische Anwendung des Unterstützungsmechanismus bilden. Dazu müssten vorab in jedem Fall Informationen über die technischen Möglichkeiten und Beschränkungen der relevanten Strominfrastruktur sowie über die theoretisch maximal für die Unterstützung relevanten Strommengen ausgetauscht werden, wobei technische Beschränkungen geprüft werden müssen, die die Unterstützung erschweren könnten. Sind technische oder sonstige Beschränkungen vorhanden, sollten die Mitgliedstaaten für beide Seiten akzeptable Lösungen bestimmen und vereinbaren, die bei Auslösung des Unterstützungsmechanismus anzuwenden sind, um die erforderliche zonenübergreifende Kapazität sicherzustellen.

Abhängig von den technischen Beschränkungen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten dürften die ÜNB aufgrund ihrer Kenntnisse des Stromversorgungssystems und bestehender grenzübergreifender Kooperationsvereinbarungen 7 in einem Notfall am besten in der Lage sein, mit Unterstützung der regionalen Koordinierungszentren die Verantwortung für die Koordination aller technischen Aspekte sowie für die Umsetzung aller erforderlichen betrieblichen Maßnahmen zu übernehmen. Diese bestehenden Kooperationsstrukturen, -vereinbarungen und -erfahrungen sollten die Grundlage der Unterstützung bilden. In jedem Fall sollte ein klarer Gesamtrahmen - auch für die technischen Bedingungen - bestimmt (soweit bereits vorhanden) oder erstellt werden, um bei der erforderlichen Zusammenarbeit für Rechtssicherheit zu sorgen. Die technischen Daten können erforderlichenfalls in den Risikovorsorgeplänen aktualisiert werden.

2.2.1. Technische Lösungen und Koordinierung (Artikel 15 Absatz 2)

Für die unterschiedlichen Teile der Infrastruktur in einem Mitgliedstaat können unterschiedliche technische Lösungen und Regelungen festgelegt werden. Dies trägt dazu bei, sich ein klareres Bild von der verfügbaren Unterstützung und den technischen Beschränkungen zu verschaffen, und ermöglicht eine genauere Abschätzung der (gegebenenfalls) mit der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen verbundenen Kosten. Da Krisensituationen ganz unterschiedlich verlaufen können, ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten über ein breites Spektrum an Optionen und Instrumenten verfügen. Die technischen Regelungen können daher eine indikative, nicht erschöpfende Liste technischer Lösungen enthalten, um den Beteiligten Klarheit über die vor und während eines Notfalls zu Unterstützungszwecken möglicherweise zu unternehmenden Schritte zu verschaffen. Zur Vorbereitung auf solche Situationen könnten auch Simulationen von Unterstützungsmaßnahmen hilfreich sein.

Die Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb 8 und der Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes 9 enthalten detaillierte Bestimmungen darüber, wie Übertragungsnetzbetreiber und andere relevante Akteure handeln und zusammenarbeiten sollten, um die Systemsicherheit zu gewährleisten. Zudem werden mit ihnen die technischen Normen und Notfallprotokolle der ÜNB innerhalb jedes Synchrongebiets harmonisiert. Diese technischen Bestimmungen sollen sicherstellen, dass die meisten Vorfälle im Elektrizitätssystem auf betrieblicher Ebene wirksam bewältigt werden können. Zur Bewältigung von Stromversorgungskrisen, die einen größeren Umfang und größere Auswirkungen aufweisen und möglicherweise durch die Anwendung von Markt- und Systembetriebsvorschriften allein nicht bewältigt werden können, sollten die Mitgliedstaaten besondere Maßnahmen vereinbaren, die über die Zuständigkeiten der ÜNB zur Prävention, Vorbeugung und Bewältigung dieser Situationen hinausgehen. Auch während solcher Krisensituationen sollten die Vorschriften für den Binnenmarkt sowie die betrieblichen Vorschriften der Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb und des Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau (zur Regelung von Transaktionsbeschränkungen, der Einschränkung der Bereitstellung zonenübergreifender Kapazität bei der Kapazitätsvergabe oder der Beschränkung der Fahrplanbereitstellung) eingehalten werden.

Im Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes sind die Bestimmungen für die Maßnahmen der ÜNB im Notzustand, Blackout-Zustand oder Netzwiederaufbau-Zustand und die Koordination des Netzbetriebs in der gesamten Union für diese Zustände festgelegt, einschließlich des Verfahrens für die Aussetzung von Markttätigkeiten, des Systemschutzplans und des Netzwiederaufbauplans."Systemschutzplan" bezeichnet dabei die zu treffenden technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung der Ausweitung oder Zunahme einer Störung im Übertragungsnetz mit dem Ziel, eine übergreifende Störung und den Blackout-Zustand zu vermeiden.

Bei der Festlegung der technischen Lösungen und Regelungen sollten die Möglichkeiten der regionalen Zusammenarbeit in vollem Umfang genutzt werden. Diese Regelungen sollten daher die vereinbarten technischen Schritte zur Prävention einer Krise sowie zur Eindämmung ihrer Auswirkungen und zur Vermeidung einer Eskalation nach ihrem Eintreten umfassen.

Einige technische Lösungen werden zu Präventionszwecken, d. h. weit im Voraus genutzt, um das Risiko künftiger Krisen zu minimieren (z.B. Entwicklung von Redispatch-Produkten für Extremereignisse im Winter oder Änderung der Dauer einer geplanten Abschaltung). Andere werden erst kurz vor dem Ereignis durchgeführt, d. h., wenn Anzeichen einer möglichen Krise vorliegen (in der Vorbereitungsphase). Wieder andere werden während der Störung angewandt, um die Folgen der Krise zu begrenzen oder ihre Dauer zu verringern.

In den Risikovorsorgeplan sollten für jede technische Lösung Angaben zur Kapazität (GWh/Woche), einer möglichen bereits vorgenommenen Überprüfung in der Praxis, dem Zeitraum zwischen Entscheidung und Wirksamkeit, der möglichen Dauer, der zuständigen Stelle für jede Maßnahme, der Abhängigkeit von anderen Maßnahmen, den Nebenwirkungen sowie sonstige ergänzende Angaben aufgenommen werden. Für nicht marktbasierte Lösungen sollte gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g klargestellt werden, wie sie mit den Anforderungen des Artikels 16 im Einklang stehen.

Wenn der Eintritt einer Krise erklärt ist oder droht, müssen sich alle relevanten ÜNB, NEMOs, Verteilernetzbetreiber (VNB), nationalen Notfallkoordinatoren, zuständigen Behörden und an der Stromversorgung beteiligten Akteure abstimmen. Sie sollten in die Gespräche über die Unterstützungsbestimmungen früh genug einbezogen werden und gegebenenfalls beauftragt werden, die Regelungen für die Unterstützung gemeinsam umzusetzen.

In Ausnahmefällen, in denen zonenübergreifende Kapazitäten auf dem Markt angeboten, aber nicht genutzt wurden, sollten die ÜNB das Recht haben, diese Kapazitäten zu nutzen.

2.2.2. Technische Angaben bei der Frühwarnung und der Erklärung des Eintritts einer Krise (Artikel 14) und Methode für die Schätzung gemäß Artikel 15 Absatz 3 (die auf der Grundlage der technischen Möglichkeiten erneut geprüft werden sollte, wenn während der Krise Unterstützung erforderlich wird)

Im Interesse der Transparenz und als Grundlage der Gespräche über die erforderliche Unterstützung sollten die Mitgliedstaaten die anderen Mitgliedstaaten, mit denen sie eine regionale oder bilaterale Vereinbarung geschlossen haben (d. h. die möglichen unterstützenden Mitgliedstaaten), über die theoretische maximale Strommenge, die sie beantragen könnten, den Zustand und die Obergrenze der zonenübergreifenden Kapazität, den möglichen Zeitraum, in dem Unterstützung erforderlich sein könnte, und den Auslöser für die Unterstützung informieren. Die genauen benötigten, angeforderten und verfügbaren Strommengen sind allerdings erst bei Auslösung der Unterstützung bekannt. Bei der Berechnung dieser theoretischen maximalen Strommengen sollten mindestens folgende Elemente berücksichtigt werden:

Ein guter Ausgangspunkt für die Analyse potenzieller Strommengen könnten die letzten saisonalen und kurzfristigen Abschätzungen der Angemessenheit der Ressourcen sein. Die vorangegangenen Angaben sollten aktualisiert werden, wenn neue Informationen vorliegen und wenn die Krise tatsächlich eintritt, um die Anforderungen und den Systemzustand neu bewerten zu können.

2.2.3. Betriebssicherheit der Netze

Die Risikoszenarien können darüber hinaus weitere Extremereignisse, andere außergewöhnliche Ausfallvarianten und Ausnahme-Ausfallvarianten, die in der Ausfallvarianten-Liste 10 nicht enthalten sind, oder Verstöße gegen zu beachtende Betriebssicherheitsgrenzwerte umfassen. Um mögliche Situationen, in denen die Sicherheit nicht gewährleistet ist, und die möglichen Verfahren zu ihrer Bewältigung zu bestimmen, sollte eine eigene Abschätzung durchgeführt werden.

Die Regelungen können eine Beschreibung der technischen Möglichkeiten und Beschränkungen der einzelnen Stromnetze enthalten, die zu beachten sind, um einen sicheren und verlässlichen Betrieb des Stromversorgungssystems zu gewährleisten. Diese Informationen sind sowohl für die unterstützenden als auch für die unterstützten Mitgliedstaaten wichtig.

2.2.4. Einhaltung von Marktvorschriften

Nach Artikel 16 der Verordnung müssen Maßnahmen zur Verhinderung oder Eindämmung von Stromversorgungskrisen mit den Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und den Systembetrieb im Einklang stehen. Insbesondere sollten die Märkte so weit wie möglich aktiv bleiben und Marktmaßnahmen weitestmöglich weitergeführt werden, d. h., die Preise sollten sich nach Angebot und Nachfrage richten, und der Zugang zu grenzübergreifenden Verbindungsleitungen sollte unter Standardbedingungen offen bleiben. Hohe Preise (bei Knappheit) sollten beim Betrieb der Strommärkte als normal betrachtet werden, da sie ein wichtiges Mittel sind, um für eine zusätzliche Stromeinspeisung und sowohl kurz- als auch langfristig für die Deckung der Nachfrage zu sorgen.

So ist auch die Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb im Normalzustand und im gefährdeten Zustand des Netzes einzuhalten, und im Notzustand, Blackout-Zustand oder Netzwiederaufbau-Zustand ist der Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau zu befolgen.

2.2.5. Einleitung nicht markbasierter Maßnahmen

Nach Artikel 16 der Verordnung dürfen nicht marktbasierte Maßnahmen in Stromversorgungskrisen nur in folgenden Fällen getroffen werden:

Zudem dürfen die nicht marktbasierten Maßnahmen den Wettbewerb und die Funktion des Elektrizitätsbinnenmarktes nicht unangemessen beeinträchtigen. Sie müssen notwendig, verhältnismäßig und diskriminierungsfrei sein und dürfen nur vorübergehend ergriffen werden. Nicht marktbasierte Maßnahmen, die den Stromfluss zwischen Mitgliedstaaten einschränken, dürfen nicht über die unter Nummer 2.2.5.1 aufgeführten Maßnahmen hinausgehen und nur gemäß den dort genannten Bestimmungen eingeleitet werden.

Nicht marktbasierte Maßnahmen sollten so spät wie möglich eingeleitet werden, wobei die aktuellsten Informationen zur Situation des Stromversorgungssystems (Systemstatus und Prognosen) zu berücksichtigen sind. Zudem sollte ausreichend Zeit eingeplant werden, um die Mitgliedstaaten, die ÜNB, die relevanten Akteure und die NEMOs in der Region zu informieren und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die nicht marktbasierten Maßnahmen sollten so kurz wie möglich andauern, und der Zeitplan für ihre Anwendung ist vorab festzulegen.

2.2.5.1. Nicht marktbasierte Maßnahmen, die den Stromfluss zwischen Mitgliedstaaten einschränken

Transaktionen können in den folgenden Fällen eingeschränkt werden:

  1. Kürzungen bereits vergebener zonenübergreifender Kapazität (gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) 2016/1719 der Kommission vom 26. September 2016 zur Festlegung einer Leitlinie für die Vergabe langfristiger Kapazität 11 und Artikel 72 der Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement 12);
  2. Beschränkung der Bereitstellung zonenübergreifender Kapazität für die Kapazitätsvergabe (gemäß Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/943 und Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2017/2196 der Kommission vom 24. November 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes 13); oder
  3. Einschränkung der Bereitstellung von Fahrplänen (gemäß Artikel 111 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/1485 der Kommission 14) nach Ende des Day-ahead- oder Intraday-Marktes.

In den folgenden Unterabschnitten sind die Regeln für die einzelnen Fälle beschrieben.

  1. Kürzungen bereits vergebener zonenübergreifender Kapazität (gemäß der Verordnung (EU) 2016/1719 und der Verordnung (EU) 2015/1222)

    Nach Artikel 51 der Verordnung (EU) 2016/1719 zur Festlegung einer Leitlinie für die Vergabe langfristiger Kapazität müssen alle ÜNB gemeinsam einen Vorschlag für harmonisierte Vergabevorschriften für langfristige Übertragungsrechte erarbeiten. Vorschriften für die Kürzung langfristiger zonenübergreifender Kapazität sind in Titel 9 der harmonisierten Vergabevorschriften enthalten 15.

    Nach Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1222 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement sind Kürzungen vergebener zonenübergreifender Kapazität nur in Fällen höherer Gewalt oder in Notfällen möglich, in denen der ÜNB schnell handeln muss und ein Redispatching oder Countertrading nicht möglich ist. Eine solche Kürzung muss stets koordiniert und nach Absprache mit allen direkt betroffenen ÜNB erfolgen. In Artikel 72 Absatz 3 ist festgelegt, wie die Kürzung zu kompensieren ist.

  2. Beschränkung der Bereitstellung zonenübergreifender Kapazität für die Kapazitätsvergabe (gemäß der Verordnung (EU) 2019/943 und der Verordnung (EU) 2017/2196)

    Die Bereitstellung zonenübergreifender Kapazität für die Kapazitätsvergabe kann nur dann beschränkt werden, wenn das Übertragungsnetz voraussichtlich nicht in den Normalzustand oder den gefährdeten Zustand zurückgeführt werden kann.

  3. Einschränkung der Bereitstellung von Fahrplänen (gemäß der Verordnung (EU) 2017/1485)

    Informationen über eine Einschränkung der Bereitstellung von Fahrplänen aufgrund örtlicher Probleme im physischen Netz oder in IKT-Systemen (Tools und Kommunikationsmittel) sollten so früh wie möglich übermittelt werden. Für mögliche IKT-Probleme sollten alternative Kommunikationskanäle oder Backup-Verfahren zur Verfügung stehen, um die Auswirkungen dieser Probleme zu begrenzen. Für Probleme im physischen Netz, die zur Einschränkung der Bereitstellung von Fahrplänen führen, sollte der Risikovorsorgeplan auf nationaler Ebene ein Verfahren vorsehen, mit dem die Probleme bewältigt und ausgeglichen werden können.

2.2.5.2. Marktaussetzung

In Artikel 35 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2196 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes ist festgelegt, in welchen Fällen Marktaktivitäten ausgesetzt werden können.

Artikel 35 Absatz 2 enthält die Marktaktivitäten, die der ÜNB vorübergehend aussetzen kann. Die ÜNB einer Region müssen sich auf die Entscheidung hinsichtlich der Aussetzung der einzelnen Aktivitäten und die Gründe für diese Entscheidung verständigen.

Regional oder bilateral vereinbarte Krisenmaßnahmen und nationale nicht marktbasierte Maßnahmen sollten nur dann zur Aussetzung von Markttätigkeiten führen, wenn die Gründe in Artikel 35 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2196 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau genannt sind.

2.3. Finanzielle Regelungen

Durch finanzielle Regelungen sollte sichergestellt werden, dass für den gelieferten Strom im Rahmen des Unterstützungsmechanismus ein angemessener Preis gezahlt wird. Diese Regelungen könnten die Berechnung der Kosten, die Kompensation für die geleistete Unterstützung (einschließlich der Kompensation für Lieferkürzungen) und die zwischen den betreffenden Stellen festgelegten und vereinbarten Zahlungsverfahren umfassen.

Die finanziellen Regelungen sollten keine Fehlanreize enthalten, die ihrerseits einen Unterstützungsbedarf auslösen könnten. Die Kompensation für die geleistete Unterstützung sollte nur die tatsächlich entstandenen Kosten abdecken; sie darf für die Unterstützung leistende Stelle keine Gewinnquelle darstellen. Der unterstützte Mitgliedstaat sollte dem unterstützenden Mitgliedstaat unverzüglich einen angemessenen Preis für den gelieferten Strom zahlen. Letzterer legt dann fest, wie mit diesen Mitteln zu verfahren ist und wie sie mit den Vorschriften für die Abrechnung von Bilanzkreisabweichungen zu vereinbaren sind.

Die Kompensation für Kunden, die in einem Notfall von Lieferkürzungen betroffen sind, sollte der Kompensation nach nationalem Recht entsprechen, unabhängig davon, ob die Lieferkürzungen auf die Verpflichtung zur Leistung grenzübergreifender Unterstützung oder einen nationalen Notfall zurückzuführen sind.

Vor diesem Hintergrund können die Mitgliedstaaten den bestehenden nationalen Mechanismus (zur Kompensation erzwungener Lieferkürzungen) für rein nationale Notfälle beibehalten (in denen nicht um Unterstützung ersucht wird). So können die Mitgliedstaaten frei entscheiden, ob sie den von erzwungenen Lieferkürzungen betroffenen Kunden eine Kompensation zahlen. Wenn sich jedoch aus einem nationalen Notfall eine Situation entwickelt, in der grenzübergreifende Unterstützung erforderlich wird, kann eine Option darin bestehen, den vom ersuchenden an den Unterstützung leistenden Mitgliedstaat gezahlten Kompensationsbetrag für die Unterstützungsmaßnahmen unter allen von der Kürzung betroffenen Verbrauchergruppen aufzuteilen, unabhängig davon, ob die Kürzungen bei ihnen schon vor oder erst nach dem Eintreten des Unterstützungsfalls erfolgten. Für diese Option würde ein System gelten, das von dem Unterstützung leistenden Mitgliedstaat konzipiert wurde, die Grundlage würde jedoch vorzugsweise ein Konzept des Typs "Value of Lost Load" (Wert der Zahlungsbereitschaft für die Beibehaltung der Stromversorgung) bilden. Alternativ können die Mitgliedstaaten auch beschließen, die für geleistete Unterstützung empfangene Kompensation in einen zentral verwalteten "Unterstützungsfonds" einzuzahlen. Auf diese Weise bleiben die bestehenden nationalen Kompensationsmechanismen für Lieferkürzungen in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und die unterschiedlichen Ansätze der Mitgliedstaaten führen bei grenzüberschreitenden Unterstützungsmaßnahmen, für die eine Kompensation obligatorisch ist, nicht zu unterschiedlichen Behandlungen der von Kürzungen betroffenen Verbrauchergruppen innerhalb eines Landes.

Die wichtigsten Elemente der Kompensation für geleistete Unterstützung sind i) der Strompreis und ii) die zusätzlichen Kosten für den unterstützenden Mitgliedstaat, der für den grenzüberschreitenden Stromtransport sorgen muss; diese müssen auf den tatsächlich entstandenen Kosten beruhen, die nach den nationalen Rechtsvorschriften des unterstützenden Mitgliedstaats beglichen werden können.

Für die Bestimmung des Strompreises können in den Regelungen unterschiedliche Ansätze genutzt und vereinbart werden. Aus den Regelungen muss jedoch klar hervorgehen, welcher Ansatz vereinbart wurde, unter welchen Umständen die Regelungen Anwendung finden und welche bekannten Parameter verwendet werden (z.B. die Prämie, wenn der letzte bekannte Handelspreis plus Prämie gewählt wird).

2.3.1. Strompreis

In den finanziellen Regelungen sollten der Preis des gelieferten Stroms und/oder die Methode der Preisfestsetzung genannt werden, wobei die Auswirkungen auf die Marktabläufe zu berücksichtigen sind. Durch die letztgenannte Bedingung soll gewährleistet werden, dass der Preis oder die Methode nicht zu Marktverzerrungen und Fehlanreizen führt. Der Strompreis, der als Grundlage der Kompensation für die geleistete Unterstützung dient, wird (marktbezogen oder anderweitig) in dem Mitgliedstaat bestimmt, der die Unterstützung leistet.

  1. Marktpreis

    Als Leitsatz gilt, dass der Preis des im Rahmen des Unterstützungsmechanismus gelieferten Stroms nicht unter dem Marktpreis liegen sollte, da dies zu Fehlanreizen führen würde. Wird der Preis nicht eingefroren und kann er sich dynamisch entsprechend Angebot und Nachfrage entwickeln, kann davon selbst in einer Krise ein Signal ausgehen.

    Hinsichtlich der Marktpreise ist ein zentraler Faktor generell das als Basisfall betrachtete Ausmaß der Marktintegration. Ist von einer vollständigen Verwirklichung des Strombinnenmarkts einschließlich der Regelreservemärkte auszugehen, könnte der Referenzpreis direkt von einer der Plattformen bereitgestellt werden, die gemäß der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission 16 über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem für den Austausch von Regelarbeit eingerichtet werden. Eine Methode zur Berechnung eines "Referenzpreises" wäre nur erforderlich, wenn im Regelreservemarkt keine Gebote mehr verfügbar sind (was auf eine gleichzeitige Krise hindeuten könnte) oder wenn die Aktivierung durch den um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaat aufgrund von Besonderheiten des Marktes (d. h. Vorhandensein rein nationaler Regelreserveprodukte) nicht möglich ist. Sind auf dem Regelreservemarkt keine Gebote (und somit auch keine Ressourcen auf dem Markt) mehr verfügbar, ist das letzte verfügbare Mittel schließlich der Lastabwurf. In diesem Fall sollte der Preis der Energie den Kosten der Durchführung des Lastabwurfs entsprechen (siehe Buchstabe b).

  2. Administrative Preisbildung/erzwungene Lieferkürzungen

    Gibt es keinen Marktpreis, können andere Ansätze zur Festsetzung des Strompreises erforderlich sein, z.B. der letzte bekannte Preis am Regelreservemarkt oder der Intraday-Marktpreis, wobei der jeweils höhere Preis zu wählen ist. Alternativ kann auch der Preis des letzten bekannten Stromhandels oder der letzten Maßnahme mit oder ohne Prämie als Richtwert dienen. Eine Prämie kann in Betracht gezogen werden, um - wenn nötig - die Differenz zwischen dem letzten bekannten Preis und dem "Value of Lost Load" (VoLL) bei den von Lieferkürzungen betroffenen Kunden auszugleichen 17.

    Zur Bestimmung des Preises für Kunden, die im unterstützenden Mitgliedstaat von erzwungenen Lieferkürzungen betroffen sind, kann eine VoLL-Berechnung vorgenommen werden. Der Wert entspricht dem Nutzen, der der spezifischen Verbrauchergruppe infolge der Kürzung entgangen ist. Der VoLL sollte anhand der in Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/943 genannten Methode bestimmt werden.

    In der Regel werden die angenommen Werte auch in die Kürzungsanordnung im Rahmen der nationalen Risikovorsorgepläne einbezogen.

    Möglich wäre es auch, eine Methode für die Preisfestsetzung durch die nationale Regulierungsbehörde oder die zuständige Behörde oder eine Alternative, zum Beispiel den Preis von Call-Optionen 18, in Erwägung zu ziehen.

  3. Zahlungsbereitschaft

    Es kann sinnvoll sein, den Höchstbetrag zu ermitteln, den die einzelnen Mitgliedstaaten in einer Krisensituation für Strom zu zahlen bereit wären. Bei diesem Höchstbetrag würde es sich wahrscheinlich um den VoLL für Kategorien von Stromverbrauchern handeln, die in einem Mitgliedstaat Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben. Übersteigt der Strompreis diesen Wert, liegt es möglicherweise nicht im Interesse des betreffenden Mitgliedstaats, Strom im Rahmen des Unterstützungsmechanismus anzufordern. Diese Information muss jedoch nicht zwangsläufig Teil der Regelungen sein oder in die Pläne aufgenommen werden.

2.3.2. Sonstige Kostenarten

In die finanziellen Regelungen sollten auch sonstige Kostenarten aufgenommen werden, einschließlich der einschlägigen und angemessenen Kosten vorab festgelegter Maßnahmen (Artikel 15 Absatz 4 der Verordnung), für die eine angemessene und unverzügliche Kompensation zu leisten ist. Zusätzliche Kosten sollten auf ein Minimum begrenzt bleiben und Doppelanrechnungen sorgfältig vermieden werden, da einige Elemente der zusätzlichen Kosten unter Umständen bereits in den Strompreis einfließen.

  1. Anfallende Übertragungskosten

    Die Kompensation sollte die anfallenden Stromübertragungskosten im Zusammenhang mit den für die Unterstützungsmengen erforderlichen Kapazitäten umfassen.

  2. Entschädigungen für von erzwungenen Kürzungen betroffene Kunden (Kompensation für Lieferkürzungen)

    Sonstige Kosten können auch die Kosten umfassen, die dem unterstützenden Mitgliedstaat aus der Verpflichtung zur Zahlung einer Kompensation erwachsen, wie etwa Entschädigungen für von erzwungenen Kürzungen betroffene Kunden. Solche Kosten können in die Kompensationskosten einbezogen werden, wenn nach nationalem Recht zusätzlich zum Strompreis Entschädigungen an die von erzwungenen Kürzungen betroffenen Kunden zu zahlen sind, die auch eine Kompensation für den wirtschaftlichen Schaden umfassen können. Die einschlägige Berechnungsmethodik muss in die Regelungen aufgenommen werden. Es kann vereinbart werden, dass der tatsächlich anfallende Kompensationsbetrag von den Stellen zu zahlen ist, die den im Rahmen der Unterstützung gelieferten Strom im unterstützten Mitgliedstaat nutzen.

    Die Kosten von Entschädigungen für von erzwungenen Kürzungen betroffene Kunden dürfen jedoch nur Gegenstand der Kompensation sein, wenn sie nicht in den Strompreis einbezogen sind, den der um Unterstützung ersuchende Mitgliedstaat zu zahlen hat. Der um Unterstützung ersuchende Mitgliedstaat sollte keine doppelte Kompensation für dieselben Kosten zahlen müssen.

  3. Kosten von Gerichtsverfahren im unterstützenden Mitgliedstaat

    Unter sonstige Kosten kann auch die Erstattung von Kosten fallen, die aus Gerichtsverfahren, Schiedsverfahren und Schlichtungen resultieren, sowie sonstige Kosten im Zusammenhang mit solchen Verfahren zwischen dem unterstützenden Mitgliedstaat und den Stellen, die an der Bereitstellung der Unterstützung beteiligt sind (Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung). Diese Kompensation sollte jedoch nur gegen Vorlage entsprechender Kostennachweise gezahlt werden.

    Für Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einer unterstützenden Stelle wegen (einer unzureichenden) Kompensation durch den unterstützten Mitgliedstaat sollten Bestimmungen zum Schutz des letzteren Mitgliedstaats vorgesehen werden. Unter bestimmten Umständen können die betreffende Stelle und der Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, nämlich gegeneinander vor Gericht gehen, um einen höheren Strompreis oder eine höhere Kompensation für die Stelle zu erwirken, und dabei zum Nachteil des um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaats - der nicht in das Gerichtsverfahren einbezogen ist - kolludieren. Dies sollte vermieden werden.

    Die obige Situation ist von Fällen zu unterscheiden, in denen ein Unternehmen in dem unterstützenden Mitgliedstaat in Bezug auf den Strompreis oder die Kompensation für Lieferkürzungen ein Gerichtsverfahren gegen eine Stelle in dem unterstützten Mitgliedstaat einleitet. In einem solchen Fall müsste das Unternehmen oder die Stelle, das/die vor Gericht unterliegt, die Kosten tragen.

2.3.3. Angabe der Methode zur Berechnung einer angemessenen Kompensation

Folgende Methoden kommen für die Berechnung einer angemessenen Kompensation infrage:

2.3.4. Berechnung der Kompensation für alle einschlägigen und vertretbaren Kosten und Verpflichtung zur Zahlung der Kompensation

Der Betrag, der an den Unterstützung leistenden Mitgliedstaat und an Stellen in diesem Mitgliedstaat zu zahlen ist, dürfte sich realistischerweise erst eine gewisse Zeit nach der Lieferung des im Rahmen des Unterstützungsmechanismus angeforderten Stroms exakt berechnen lassen. In ihrer regionalen oder bilateralen Regelung können die Mitgliedstaaten den Ansatz für die Berechnung des Strompreises und der Zusatzkosten sowie eine realistische Frist für die Zahlung festlegen.

Die Informationen über die tatsächlich gelieferten Strommengen und sonstige relevante Informationen für die Berechnung der Kompensation sollten der/den einschlägigen Kontaktperson(en) in den an der Unterstützungsmaßnahme beteiligten Mitgliedstaaten übermittelt werden, damit beide die Kompensation abschließend berechnen können. Je nach Art der durchgeführten Maßnahme können die Informationen beim ÜNB, VNB, beim Betreiber einer strategischen Reserve, einem Lieferanten oder einem NEMO erhältlich sein. Die Berechnung der Kompensation kann an eine andere vorab bestimmte Stelle delegiert werden.

2.3.5. Zahlungsmodalitäten

Als Leitsatz sollte gelten, dass die in einem Mitgliedstaat geltenden Verfahren für Zahlungen und Kompensationen innerhalb des Mitgliedstaats (oder Transaktionen mit Ausgleichscharakter) sowie dabei bestehende Aufgaben und Zuständigkeiten beibehalten und möglichst auch bei Kompensationszahlungen für geleistete Unterstützung zwischen Mitgliedstaaten genutzt werden sollten. Im Mittelpunkt der Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten sollte die Frage stehen, wie diese bestehenden nationalen Regelungen miteinander verknüpft oder durch Schnittstellen verbunden werden können. Die Art der zu leistenden Unterstützung kann es erforderlich machen, dass der Mitgliedstaat oder die zuständige Behörde als Schnittstelle fungiert und die finanzielle Gesamtverantwortung übernimmt.

2.3.6. Aufgaben und Zuständigkeiten: Wer bezahlt wen und wer wickelt die Zahlungen ab?

Wenn in dem unterstützenden Mitgliedstaat noch freiwillige nachfrageseitige Maßnahmen möglich sind, muss der Zugang zur relevanten Plattform und zur zonenübergreifenden Kapazität aufrechterhalten werden. Ein Käufer in einem Nachbarland sollte - im Einklang mit den Vorgaben der Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem - Zahlungen für den Strom in der gleichen Weise leisten können wie ein einheimischer Käufer.

Im Falle von Lieferkürzungen könnten die bestehenden Rechtsvorschriften, Zahlungsverfahren oder die für die Verwaltung von Zahlungen in dem unterstützenden Mitgliedstaat zuständige Behörde - gegebenenfalls mit den nötigen Anpassungen - die Grundlage für die Abwicklung von Kompensationszahlungen aus einem Nachbarland bilden.

Die Unterstützung kommt letztlich den belieferten Kunden zugute. Bei Lieferkürzungen sollte die Kontinuität der Zahlungen an den Stromlieferanten der von den Kürzungen betroffenen nicht geschützten Kunden gewährleistet sein, wobei der Unterstützungsumfang zu berücksichtigen ist. Die Zahlungen sollten entsprechend der in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Kompensationsregelung erfolgen. Die möglichen Aufgaben und Zuständigkeiten können entsprechend der Beschreibung unter Nummer 1.5 zugewiesen werden.

2.3.7. Beschreibung des Zahlungsverfahrens und seiner einzelnen Schritte

In Abhängigkeit von den bestehenden Rahmenregelungen und den von den Mitgliedstaaten vereinbarten Schnittstellen zwischen diesen Rahmenregelungen müssen die vereinbarten Verfahren in die Regelungen aufgenommen werden.

Ist die Zuständigkeit für finanzielle Aspekte - insbesondere die Überwachung, Prüfung und Weiterleitung von Ansprüchen nach der Lieferung von Strom im Unterstützungsfall - auf der Ebene der beteiligten Mitgliedstaaten angesiedelt, berechnet die einschlägige Stelle in dem Unterstützung gewährenden Mitgliedstaat die Höhe der Kompensation auf der Grundlage der gelieferten Strommenge, der vereinbarten Kostenelemente und der vereinbarten Berechnungsmethode und richtet ihre Zahlungsforderung an die einschlägige Stelle des um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaats. Der um Unterstützung ersuchende Mitgliedstaat bestätigt dann die geleistete Unterstützung, prüft die Berechnung und zahlt, wenn er keine Einwände hat, innerhalb der vereinbarten Frist. Interne finanzielle Verfahren der Mitgliedstaaten - z.B. zur Verteilung der Kompensation oder Berechnung der Kompensation für die Unterstützung - basieren auf nationalen Vorschriften (z.B. können sie direkt auf die anbietende/die von Kürzungen betroffene Stelle angewandt oder sozialisiert - auf alle Kunden verteilt - werden).

Die Fristen für die Berechnung der Kompensation für die Unterstützung, die Prüfungen und die Zahlungen sollten in die Regelungen aufgenommen werden. Das Gleiche gilt für das anwendbare Recht und Streitbeilegungsverfahren bei Streitigkeiten infolge der Anwendung des Unterstützungsmechanismus.

3. Schlussfolgerung

Durch die Verordnung über die Risikovorsorge wurde der politische Wunsch nach Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten in die Praxis umgesetzt. Darüber hinaus erweitert die Verordnung die Unterstützung von einem national angewandten Prinzip auf einen EU-weiten Schutz der öffentlichen und persönlichen Sicherheit. Zum Schutz der öffentlichen und persönlichen Sicherheit sieht sie weitreichende Rechte und Pflichten vor und verschafft so Stromverbrauchern, die Anspruch auf einen besonderen Schutz vor einer Netztrennung haben, die Gewissheit und Sicherheit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung. Die Leitlinien in dieser Empfehlung bieten ein breites Spektrum an Optionen für einen gut funktionierenden Unterstützungsmechanismus und erhalten gleichzeitig die Freiheit der Mitgliedstaaten, die für sie am besten geeignete Lösung zu wählen.

1) Nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung sind "regionale Maßnahmen" in der betreffenden Region zwischen Mitgliedstaaten zu vereinbaren, die über die technischen Möglichkeiten verfügen, einander gemäß Artikel 15 Unterstützung zu leisten. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten auch Untergruppen innerhalb einer Region bilden und regionale Maßnahmen bilateral oder multilateral vereinbaren. Zudem sind "bilaterale Maßnahmen" zwischen Mitgliedstaaten zu vereinbaren, die direkt miteinander verbunden sind, aber nicht derselben Region angehören.

2) Das übergeordnete Ziel des Unterstützungsmechanismus ist nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung der Schutz der öffentlichen und persönlichen Sicherheit.

3) Vorschriften in Bezug auf Preisobergrenzen und technische Gebotsgrenzen sind in Artikel 10 der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt enthalten (ABl. L 158 vom 14.06.2019 S. 54).

4) ABl. L 158 vom 14.06.2019 S. 54.

5) In der Verordnung wird "Region" als Gruppe von Mitgliedstaaten definiert, deren Übertragungsnetzbetreiber sich dasselbe regionale Koordinierungszentrum nach Maßgabe des Artikels 36 der Verordnung (EU) 2019/943 teilen.

6) Regelungen in Form einer Absichtserklärung sollten durch verbindliche nationale Maßnahmen ergänzt werden, die die Anwendung der Bestimmungen der Absichtserklärung sicherstellen.

7) Z. B. Verträge über gegenseitige Unterstützung im Notfall (Mutual Emergency Assistance Service, MEAS) zwischen ÜNB.

8) Verordnung (EU) 2017/1485 der Kommission vom 2. August 2017 zur Festlegung einer Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb (ABl. L 220 vom 25.08.2017 S. 1).

9) Verordnung (EU) 2017/2196 der Kommission vom 24. November 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes (ABl. L 312 vom 28.11.2017 S. 54).

10) Ausfallvarianten-Listen werden gemäß Artikel 33 der Verordnung (EU) 2017/1485 erstellt (ABl. L 220 vom 25.08.2017 S. 1).

11) ABl. L 259 vom 27.09.2016 S. 42.

12) ABl. L 197 vom 25.07.2015 S. 24.

13) ABl. L 312 vom 28.11.2017 S. 54.

14) ABl. L 220 vom 25.08.2017 S. 1.

15) Beschluss Nr. 3/2017 der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden vom 2. Oktober 2017 über den Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber für harmonisierte Vergabevorschriften für langfristige Übertragungsrechte.

16) Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23. November 2017 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem (ABl. L 312 vom 28.11.2017 S. 6)

17) In manchen Fällen deckt die Prämie den "Versicherungswert" des freigegebenen Stroms ab.

18) Call-Optionen sind mit dem Recht, nicht aber der Verpflichtung des Käufers der Call-Option verbunden, eine bestimmte Strommenge in der Zukunft zu einem festen Preis zu kaufen. Der Käufer der Option zahlt einen Aufschlag für das Recht auf Ausübung der Option. Optionen umfassen einen Ausübungspreis, eine Laufzeit, eine Abrechnungsmethode und eine Prämie. Optionen werden an Börsen oder außerbörslich (OTC) als private bilaterale Transkationen gehandelt.

UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen