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Regelwerk, EU 2021, Lebensmittel - EU Bund

Verordnung (EU) 2021/1399 der Kommission vom 24. August 2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. L 301 vom 25.08.2021 S. 1)



Die Europäische Kommission -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 315/93 des Rates vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln 1, insbesondere auf Artikel 2 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) In der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission 2 sind Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten, einschließlich Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden, in Lebensmitteln festgelegt.

(2) Der Begriff "Mutterkorn" bzw. Mutterkorn-Sklerotien bezeichnet Pilzstrukturen von Claviceps-Arten, die auf Getreide- oder Grasähren an die Stelle von Körnern bzw. Samen treten und als große verfärbte Sklerotien sichtbar werden. Diese Sklerotien enthalten verschiedene Klassen von Alkaloiden.

(3) Am 28. Juni 2012 nahm die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die "Behörde") ein Gutachten zu Ergotalkaloiden in Lebens- und Futtermitteln an 3 . Die Behörde stützte ihre Risikobewertung auf die wichtigsten Ergotalkaloide der Art Claviceps purpurea, nämlich Ergometrin, Ergotamin, Ergosin, Ergocristin, Ergocryptin und Ergocornin sowie deren Epimere. Sie legte einen Gruppenwert für die akute Referenzdosis in Höhe von 1μg/kg Körpergewicht und einen Gruppenwert für die duldbare tägliche Aufnahmemenge in Höhe von 0,6 μg/kg Körpergewicht fest. Sie kam zu dem Schluss, dass die verfügbaren Daten zwar nicht darauf hindeuteten, dass es für irgendeine Populationsuntergruppe Anlass zur Besorgnis gebe, die Schätzungen der ernährungsbedingten Exposition bezögen sich jedoch nur auf eine begrenzte Anzahl von Lebensmittelgruppen und mit einem möglichen unbekannten Beitrag durch andere Lebensmittel sei zu rechnen.

(4) Am 6. Juli 2017 veröffentlichte die Behörde einen wissenschaftlichen Bericht über die ernährungsbedingte Exposition von Mensch und Tier gegenüber Ergotalkaloiden 4. Für bestimmte Bevölkerungsgruppen deuten die Expositionsschätzungen für Ergotalkaloide auf eine Exposition nahe an der duldbaren täglichen Aufnahmemenge hin. Bei den höchsten Expositionsschätzungen trugen vor allem verschiedene Arten von Brot und Brötchen zur chronischen lebensmittelbedingten Exposition bei, insbesondere solche, die Roggen enthalten oder ausschließlich aus Roggen hergestellt sind. Die höchsten Schätzungen der akuten Exposition deuten auf eine akute Exposition nahe an der akuten Referenzdosis hin.

(5) Die Behörde untersuchte auch den Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden. Bei höheren Gehalten konnte ein statistisch signifikanter linearer Zusammenhang zwischen dem Gehalt an Sklerotien und dem Gehalt an Ergotalkaloiden beobachtet werden. Dieser Zusammenhang konnte jedoch nicht immer bei niedrigeren Gehalten nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass das Nichtvorhandensein von Sklerotien das Vorhandensein von Ergotalkaloiden nicht ausschließt. Ein Grund dafür ist, dass bei der Handhabung des Getreides die Sklerotien zerbrechen und die Getreidekörner den dabei entstehenden Mutterkornstaub adsorbieren.

(6) Es ist daher angezeigt, den Höchstgehalt für Mutterkorn-Sklerotien zu senken und Höchstgehalte für Ergotalkaloide in denjenigen Lebensmitteln mit signifikantem Gehalt an solchen Alkaloiden festzulegen, welche erheblich zur Exposition des Menschen beitragen, sowie in Lebensmitteln, die für die Exposition gefährdeter Bevölkerungsgruppen relevant sind.

(7) Niedrigere Gehalte an Mutterkorn-Sklerotien können in den meisten Getreidearten bereits durch die Anwendung guter landwirtschaftlicher Verfahren und durch die Anwendung von Sortier- und Reinigungsverfahren erreicht werden. Der geltende Höchstgehalt für Getreide sollte daher entsprechend gesenkt werden. In diesem Zusammenhang sollte auch klargestellt werden, in welchem Schritt die Höchstgehalte für Mutterkorn-Sklerotien in unverarbeitetem Getreide gelten, um Probleme bei der Anwendung der Höchstgehalte zu beseitigen.

(8) Für Mahlerzeugnisse sollten je nach Getreideart unterschiedliche Höchstgehalte für Ergotalkaloide festgelegt werden. Da es sich bei Roggen um eine Getreideart mit höherem Risiko einer Kontamination durch Mutterkorn-Sklerotien handelt, lassen sich niedrigere Gehalte an Mutterkorn-Alkaloiden schwerer erreichen, weshalb für Roggenmahlerzeugnisse ein spezifischer Höchstgehalt und für Mahlerzeugnisse aus anderem Getreide ein niedrigerer Gehalt festgelegt werden sollte. Für Mahlerzeugnisse aus anderen Getreidearten sollten jedoch je nach Aschegehalt der Erzeugnisse unterschiedliche Höchstgehalte festgelegt werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Erzeugnisse mit mehr Kleie (höherer Aschegehalt) natürlicherweise einen höheren Gehalt an Ergotalkaloiden aufweisen, da Kleie den Staub von Mutterkorn-Sklerotien adsorbiert.

(9) Da davon auszugehen ist, dass die erreichbaren Kontaminationswerte für einige Mahlerzeugnisse weiter sinken werden, sollte außerdem vorgesehen werden, dass mittelfristig für diese Erzeugnisse strengere Höchstgehalte gelten. Damit die Kommission die Fortschritte hin zu diesen strengeren Höchstgehalten überwachen und die möglichen Änderungen der Gehalte aufgrund von Änderungen bei den landwirtschaftlichen Verfahren sowie veränderter Klima- und Umweltfaktoren bewerten kann, sollten die Mitgliedstaaten und die interessierten Kreise verpflichtet werden, die erforderlichen Daten und Informationen vorzulegen.

(10) Weizengluten als Nebenprodukt des Nassmahlverfahrens enthält trotz der Anwendung guter Praxis nachweislich höhere Mengen an Ergotalkaloiden, da es in der Folge des Herstellungsprozesses zu einer Anreicherung von Ergotalkaloiden kommt. Daher sollte ein höherer Höchstgehalt für Ergotalkaloide in Weizengluten festgelegt werden.

(11) Aufgrund von Änderungen in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates 5 sollte eine entsprechende Fußnote im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission geändert werden.

(12) Damit sich die Wirtschaftsakteure auf die Anwendung der mit dieser Verordnung eingeführten neuen Vorschriften vorbereiten können, ist es angezeigt, einen angemessenen Zeitraum bis zur Anwendung der Höchstgehalte vorzusehen und für Lebensmittel, die vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, einen Übergangszeitraum vorzusehen. Bei Roggen kann jedoch eine niedrigere Belastung durch Mutterkorn-Sklerotien vernünftigerweise noch nicht erreicht werden; daher sollte ein längerer Zeitraum eingeräumt werden, um eine strengere Anwendung guter landwirtschaftlicher Verfahren und die Anwendung verbesserter Sortier- und Reinigungsverfahren zu ermöglichen.

(13) Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.

(14) Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel

- hat folgende Verordnung erlassen:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 wird wie folgt geändert:

1. Artikel 9 Absatz 4 erhält folgende Fassung:

"(4) Die Mitgliedstaaten und interessierten Kreise teilen der Kommission bis zum 1. Januar 2023 die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen und die Fortschritte bei der Anwendung von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung einer Kontamination mit Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in Roggen und Roggenmahlerzeugnissen sowie mit Ergotalkaloiden in Mahlerzeugnissen aus Gersten-, Weizen-, Dinkel- und Haferkörnern mit.

Die Mitgliedstaaten und interessierten Kreise melden regelmäßig an die EFSA-Datenbank die Daten zum Vorkommen von Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in Roggen und Roggenmahlerzeugnissen sowie zum Vorkommen von Ergotalkaloiden in Mahlerzeugnissen aus Gersten-, Weizen-, Dinkel- und Haferkörnern."

2. Der Anhang wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Die im Anhang aufgeführten Lebensmittel, die vor dem 1. Januar 2022 rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, dürfen bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum in Verkehr bleiben.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2022.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. August 2021


1) ABl. L 37 vom 13.02.1993 S. 1.

2) Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 vom 20.12.2006 S. 5).

3) Wissenschaftliches Gutachten zu Ergotalkaloiden in Lebens- und Futtermitteln. EFSA Journal 2012;10(7):2798. [158 S.] doi:10.2903/j.efsa.2012.2798.

4) Arcella, D., Gomez Ruiz, J-A., Innocenti, ML und Roldán, R., 2017. Wissenschaftlicher Bericht über die ernährungsbedingte Exposition von Mensch und Tier gegenüber Ergotalkaloiden. EFSA Journal 2017;15(7):4902, 53 S. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2017.4902.

5) Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 vom 16.03.2005 S. 1).

.

Anhang


Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 wird wie folgt geändert:

1. In Abschnitt 2 erhalten die Einträge "2.9 Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloide" folgende Fassung:

Erzeugnis 1

Höchstgehalt
"2.9Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloide
2.9.1Mutterkorn-Sklerotien
2.9.1.1Unverarbeitetes Getreide 18 außer
  • Mais, Roggen und Reis
0,2 g/kg
2.9.1.2Unverarbeiteter Roggen 180,5 g/kg bis 30.6.2024
0,2 g/kg ab 1.7.2024
2.9.2Ergotalkaloide *
2.9.2.1Mahlerzeugnisse aus Gerste, Weizen, Dinkel und Hafer
(mit einem Aschegehalt von weniger als 900 mg/100 g)
100μg/kg
50μg/kg ab 1.7.2024
2.9.2.2Mahlerzeugnisse aus Gerste, Weizen, Dinkel und Hafer
(mit einem Aschegehalt von mindestens 900 mg/100 g)
Gersten-, Weizen-, Dinkel- und Haferkörner, die für den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden
150μg/kg
2.9.2.3Roggenmahlerzeugnisse
Roggen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird
500μg/kg bis 30.6.2024
250μg/kg ab 1.7.2024
2.9.2.4Weizengluten400μg/kg
2.9.2.5Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder 3 2920μg/kg
*) Der Höchstgehalt für Ergotalkaloide bezieht sich auf die Untergrenze ('lower bound') der Summe der folgenden zwölf Ergotalkaloide: Ergocornin/Ergocorninin; Ergocristin/Ergocristinin; Ergocryptin/Ergocryptinin α- und β-Form); Ergometrin/Ergometrinin; Ergosin/Ergosinin; Ergotamin/Ergotaminin. Bei der Untergrenze ('lower bound') der Summe wird der Beitrag jedes nicht quantifizierten Epimers auf null festgesetzt."

2. Fußnote 1 erhält folgende Fassung:

"(1) Was Früchte, Gemüse und Getreide anbelangt, so wird Bezug genommen auf die in der jeweiligen Kategorie aufgeführten Erzeugnisse gemäß der Definition in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 vom 16.03.2005 S. 1). Hieraus folgt unter anderem, dass Buchweizen ( Fagopyrum spp.) unter 'Getreide' eingeordnet wird und Erzeugnisse aus Buchweizen unter 'Getreideerzeugnisse' fallen. Der Höchstgehalt für Früchte gilt nicht für Schalenfrüchte."

3. Fußnote 18 erhält folgende Fassung:

"(18) Der Höchstgehalt gilt für unverarbeitetes Getreide, das vor der ersten Verarbeitungsstufe in Verkehr gebracht wird. In integrierten Erzeugungs- und Verarbeitungssystemen gilt der Höchstgehalt in der Produktionskette auf der der ersten Verarbeitungsstufe vorausgehenden Stufe. Unter integrierten Erzeugungs- und Verarbeitungssystemen sind Systeme zu verstehen, bei denen sämtliche eingehenden Partien im gleichen Betrieb gereinigt, sortiert und verarbeitet werden.

Trocknung und Reinigung, einschließlich Sortierung (gegebenenfalls Farbauslese) und mechanischer Oberflächenbearbeitung, gelten nicht als 'erste Verarbeitungsstufe', sofern das ganze Korn intakt bleibt.

Unter mechanischer Oberflächenbearbeitung ist die Reinigung von Getreide durch kräftiges Bürsten oder Scheuern in Verbindung mit Entstaubung (z.B. Staubabsaugung) zu verstehen.

Soll Getreide, in dem Mutterkorn-Sklerotien vorhanden sind, einer mechanischen Oberflächenbearbeitung unterzogen werden, muss das Getreide vor der mechanischen Oberflächenbearbeitung erst einen Reinigungsschritt durchlaufen."


UWS Umweltmanagement GmbHENDE