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Verordnung (EU) 2021/1408 der Kommission vom 27. August 2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Tropanalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. L 304 vom 30.08.2021 S. 1)
Die Europäische Kommission -
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 315/93 des Rates vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln 1, insbesondere auf Artikel 2 Absatz 3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) In der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission 2 werden Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten, einschließlich Tropanalkaloide, in Lebensmitteln festgesetzt.
(2) Atropin ist das racemische Gemisch aus (-)-Hyoscyamin und (+)-Hyoscyamin, wovon nur das (-)-Hyoscyamin-Enantiomer anticholinerge Wirkung aufweist. Bei Analysen ist es nicht immer möglich, zwischen den Enantiomeren von Hyoscyamin zu unterscheiden. Da jedoch die Synthese von Tropanalkaloiden in Pflanzen zu (-)-Hyoscyamin und (-)-Scopolamin und nicht zu (+)-Hyoscyamin und (+)-Scopolamin führt, spiegeln die Analyseergebnisse zu Atropin und Scopolamin in Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs das Vorkommen von (-)-Hyoscyamin bzw. (-)-Scopolamin wider.
(3) Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die "Behörde") nahm 2013 ein Gutachten zu Tropanalkaloiden in Lebens- und Futtermitteln 3 an. Die Behörde hat einen Gruppenwert für die akute Referenzdosis (Acute Reference Dose - ARfD) in Höhe von 0,016μg/kg Körpergewicht (KG) festgelegt, ausgedrückt als Summe aus (-)-Hyoscyamin und (-)-Scopolamin, unter Annahme einer äquivalenten Potenz. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass angesichts der geringen verfügbaren Informationen die Exposition bei Kleinkindern über die Nahrung den Gruppenwert für die akute Referenzdosis deutlich überschreiten könnte. Sie betonte daher die Notwendigkeit einer besseren Charakterisierung von entweder auf natürliche Weise oder als Kontaminanten in Lebens- und Futtermittel gelangten Tropanalkaloiden, und empfahl die Zusammenstellung analytischer Daten über das Vorkommen von Tropanalkaloiden in Getreide und Ölsaaten.
(4) Unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen der Stellungnahme wurden mit der Verordnung (EU) 2016/239 der Kommission 4 Höchstgehalte für Atropin und Scopolamin in Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder festgelegt, die Millethirse, Sorghumhirse, Buchweizen oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthalten.
(5) Im Anschluss an die Empfehlung in ihrer Stellungnahme von 2013 veröffentlichte die Behörde eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zur Untersuchung der Konzentrationen von Tropanalkaloiden in einer breiten Palette pflanzlicher Lebensmittel in verschiedenen Regionen der Union. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden am 8. Dezember 2016 5 veröffentlicht.
(6) Am 5. Februar 2018 veröffentlichte die Behörde einen wissenschaftlichen Bericht über die Bewertung der akuten ernährungsbedingten Exposition gegenüber Tropanalkaloiden in der europäischen Bevölkerung, in den neue Daten zum Vorkommen eingeflossen sind 6 . Bei mehreren Abschätzungen der akuten Exposition wurde der Gruppenwert in mehreren Bevölkerungsgruppen überschritten. Das Vorkommen von Tropanalkaloiden, insbesondere Atropin und Scopolamin, ist somit ein gesundheitliches Problem.
(7) Daher sollten für Lebensmittel, bei denen festgestellt wird, dass sie eine hohe Tropanalkaloid-Konzentration aufweisen und erheblich zur Exposition der Bevölkerung beitragen, d. h. bestimmte Getreidearten, daraus gewonnene Erzeugnisse und Kräutertees, Höchstgehalte festgelegt werden. Insbesondere bei Getreide und Getreideerzeugnissen wird durch gute landwirtschaftliche Verfahren und Ernteverfahren die Kontamination der Pflanzen durch Samen von Tropanalkaloiden enthaltenden Arten wie Datura stramonium minimiert. Im Falle einer Kontamination können diese Samen bei bestimmten Getreidearten durch Sortieren und Reinigen entfernt werden. Sie können jedoch nicht ohne Weiteres aus Sorghumhirse, Millethirse, Mais und Buchweizen entfernt werden. Da die Höchstgehalte für diese Lebensmittel höher sind als für Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, könnte für jedes dieser Lebensmittel ein Gesamthöchstgehalt von Atropin und Scopolamin festgesetzt werden.
(8) Darüber hinaus geht aus aktuellen Daten hervor, dass Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Mais oder Maiserzeugnisse enthalten, ebenfalls mit Tropanalkaloiden kontaminiert sein können. Daher sollten die geltenden Höchstgehalte für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder auch auf diese Lebensmittel ausgedehnt werden.
(9) Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.
(10) Da gute landwirtschaftliche Verfahren und Erntepraktiken erst kürzlich eingeführt oder eingesetzt wurden und um den Lebensmittelunternehmern zu ermöglichen, sich auf die neuen Anforderungen dieser Verordnung einzustellen, und gleichzeitig den Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten, ist es angezeigt, für andere Lebensmittel als Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, die Mais enthalten, einen angemessenen Zeitraum bis zum Beginn der Anwendbarkeit der Höchstgehalte sowie einen Übergangszeitraum für alle Lebensmittel, die vor Inkrafttreten rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, vorzusehen.
(11) Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel
- hat folgende Verordnung erlassen:
Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.
Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Mais oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthalten und vor Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, dürfen bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum in Verkehr verbleiben.
Die unter den Nummern 8.2.2 bis 8.2.9 des Anhangs dieser Verordnung aufgeführten Lebensmittel, die vor dem 1. September 2022 rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, dürfen bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum weiter vermarktet werden.
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 27. August 2021
2) Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 vom 20.12.2006 S. 5).
3) Wissenschaftliches Gutachten zu Tropanalkaloiden in Lebens- und Futtermitteln. EFSA Journal 2013;11(10):3386, 113 S. doi:10.2903/j.efsa.2013.3386.
4) Verordnung (EU) 2016/239 der Kommission vom 19. Februar 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Tropanalkaloiden in bestimmter Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder (ABl. L 45 vom 20.02.2016 S. 3).
5) Mulder, PPJ., De Nijs, M., Castellari, M., Hortos, M., MacDonald, S., Crews, C., Hajslova, J. und Stranska, M., 2016. "Occurrence of tropane alkaloids in food", EFSA supporting publication 2016:EN-1140, 200 S. doi:10.2903/sp.efsa.2016.EN-1140.
6) Arcella, D., Altieri, A., Horváth, Zs, 2018. "Scientific report on human acute exposure assessment to tropane alkaloids", EFSA Journal 2018;16(2):5160, 29 S. doi:10.2903/j.efsa.2018.5160.
Anhang |
In Abschnitt 8 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 erhält der Eintrag 8.2 folgende Fassung:
"Erzeugnis 1 |
Höchstgehalt μg/kg) | ||
8.2 | Tropanalkaloide * | ||
Atropin | Scopolamin | ||
8.2.1 | Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Millethirse, Sorghumhirse, Buchweizen, Mais oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthält 3 29 | 1,0 | 1,0 |
Gesamtgehalt an Atropin und Scopolamin | |||
8.2.2 | Unverarbeitete Millethirse und Sorghumhirse 18 | 5,0 ab 1. September 2022 | |
8.2.3 | Unverarbeiteter Mais 18 mit Ausnahme von
| 15 ab 1. September 2022 | |
8.2.4 | Unverarbeiteter Buchweizen 18 | 10 ab 1. September 2022 | |
8.2.5 | Popcorn-Mais Millethirse, Sorghumhirse und Mais, die für den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden Mahlerzeugnisse aus Millethirse, Sorghumhirse und Mais | 5,0 ab 1. September 2022 | |
8.2.6 | Buchweizen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird Mahlerzeugnisse aus Buchweizen | 10 ab 1. September 2022 | |
8.2.7 | Kräutertees (getrocknetes Erzeugnis), ausgenommen die unter 8.2.8 genannten Kräutertees | 25 ab 1. September 2022 | |
8.2.8 | Kräutertees (getrocknetes Erzeugnis) von Anissamen | 50 ab 1. September 2022 | |
8.2.9 | Kräutertees (flüssig) | 0,20 ab 1. September 2022 | |
*) Bei den genannten Tropanalkaloiden handelt es sich um Atropin und Scopolamin." |
ENDE |