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Beschluss (EU) 2024/1274 der Kommission vom 29. April 2024 über die Ausnahme der Hellenischen Republik von bestimmten Vorschriften der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Insel Kreta
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2024) 2890)
(Nur der griechische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. L 2024/1274 vom 03.05.2024)
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt 1, insbesondere auf Artikel 64,
gestützt auf die Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU 2, insbesondere auf Artikel 66,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. Verfahren
(1) Am 21. Februar 2022 nahm die Kommission den Beschluss (EU) 2022/258 3 an, mit dem Griechenland für die Insel Kreta eine Ausnahme von den folgenden Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/943 und der Richtlinie (EU) 2019/944 gewährt wurde:
(2) Die mit dem Beschluss (EU) 2022/258 gewährte Ausnahme galt bis zum 31. Dezember 2023 oder bis die Insel Kreta vollständig an das griechische Festland angeschlossen wurde, je nachdem, was zuerst einträte.
(3) Am 18. Dezember 2023 stellte Griechenland bei der Kommission einen neuen Antrag auf Ausnahme von den in Erwägungsgrund 1 genannten Bestimmungen für die Insel Kreta. In dem neuen Antrag erklärte Griechenland, dass der vollständige Anschluss der Insel Kreta aufgrund unvorhersehbarer Verzögerungen bei den entsprechenden Bau- und Genehmigungsverfahren bis Ende Dezember 2023 nicht möglich war, und beantragte eine neue Ausnahme von diesen Bestimmungen bis zum 31. Dezember 2025 oder bis zur Fertigstellung des vollständigen Anschlusses der Insel Kreta an das griechische Festland, je nachdem, was zuerst eintritt.
(4) Am 28. Februar 2024 veröffentlichte die Kommission den Antrag auf ihrer Website und forderte die Mitgliedstaaten und Interessenträger auf, bis zum 27. März 2024 Stellung zu nehmen. Nur eine Partei übermittelte eine Stellungnahme, die sich auf die Installation zusätzlicher konventioneller Erzeugungskapazitäten auf Kreta sowie auf die Vergütung dieser Kapazitäten bezog. Konkret äußerte die Partei Bedenken, dass die geltende Vergütungsregelung möglicherweise nicht mit den für Kapazitätsmechanismen geltenden EU-Vorschriften vereinbar ist. Um Zweifel zu vermeiden, hat Griechenland keine Ausnahme von den EU-Vorschriften für Kapazitätsmechanismen beantragt, was bedeutet, dass diese Vorschriften weiterhin für alle Vergütungsregelungen für Erzeugungskapazitäten auf Kreta gelten. Die eingegangene Stellungnahme betrifft daher nicht den Anwendungsbereich dieses Beschlusses. Darüber hinaus lässt dieser Beschluss das EU-Beihilferecht unberührt.
2. Die Insel Kreta
Das Stromnetz und der Strommarkt auf der Insel Kreta
(5) Die griechische Insel Kreta liegt im Mittelmeer, südlich des kontinental-griechischen Festlands. Bis zum 3. Juli 2021 verfügte sie über ein autonomes Stromversorgungssystem, das nicht an das kontinentale Stromnetz Griechenlands angebunden war.
(6) Wie in den Erwägungsgründen 6 bis 9 des Beschlusses (EU) 2022/258 erläutert, priorisierte Griechenland den vollständigen Anschluss der Insel Kreta an das griechische Festland, der bis Ende 2023 abgeschlossen und in zwei Phasen verwirklicht werden sollte:
(7) Vor der Fertigstellung des Anschlusses Phase I war der Strommarkt auf Kreta so beschaffen, dass die Erzeuger und Versorger keine Gebote auf dem griechischen Markt abgaben und der Dispatch der Erzeugungseinheiten unter Berücksichtigung ihrer variablen Mindestkosten erfolgte. Der Großhandels-Clearingpreis für Strom auf Kreta wurde monatlich auf der Grundlage der variablen Kosten und der Gesamtkosten der konventionellen Kraftwerke berechnet, die alle dem etablierten Unternehmen Public Power Cooperation S.A. ("PPC S.A.") gehörten. PPC S.A. war der einzige konventionelle Stromerzeuger auf der Insel. Darüber hinaus gab es mehrere Elektrizitätserzeuger aus erneuerbaren Energiequellen ("RES"), die einen festen Tarif auf der Grundlage eines Strombezugsvertrags oder einen festen Tarif in Abhängigkeit vom Datum der Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage bekamen. Die Anwendung dieses Modells endete mit Abschluss der Phase I (1. November 2021).
(8) Für die Übergangszeit zwischen dem Abschluss von Phase I und dem Abschluss von Phase II (im Folgenden die "Übergangszeit") gilt für den Strommarkt in Kreta ein hybrides Marktmodell (im Folgenden das "Hybridmodell"). Einzelheiten zum Betrieb des Hybridmodells wurden in den Erwägungsgründen 15 bis 19 des Beschlusses (EU) 2022/258 dargelegt.
(9) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die griechische Strombörse HEnEX nach dem Hybridmodell Aufträge für die gesamte Last- und Wärmeerzeugung auf Kreta sowohl für den Day-Ahead- als auch für den Intraday-Markt übermittelt. Diese Aufträge werden im Namen aller Lastvertreter und Wärmeerzeuger auf Kreta eingereicht. Alle RES-Verträge wurden per Ministerialbeschluss an den Betreiber erneuerbarer Energiequellen und Herkunftsnachweise ("DAPEEP") übertragen, und der Verteilernetzbetreiber ("HEDNO S.A.") stellt dem DAPEEP alle relevanten Messdaten sowohl für bestehende als auch für neue erneuerbare Energieträger auf Kreta zur Verfügung. Gleichzeitig übermittelt DAPEEP Aufträge für die gesamte EE-Erzeugung auf Kreta. Auf der Grundlage dieser Aufträge wird die vom griechischen Übertragungsnetzbetreiber (im Folgenden "IPTO S.A.") prognostizierte Gesamtstromnachfrage den Lastvertretern entsprechend ihrem von der HEDNO S.A. im Voraus auf monatlicher Basis berechneten Anteil ihres Angebotsanteils zugewiesen. Nach Abschluss dieses Prozesses wird das gesamte Last- und Erzeugungsprofil Kretas praktisch in den Day-Ahead- und Intraday-Markt des Verbundnetzes des griechischen Festlands eingeführt.
(10) Nach dem Antrag folgt der Betrieb des Anschlusses Phase I den wirtschaftlichen Signalen der Preisbildung im Verbundnetz auf dem Festland im Vergleich zum Strommarkt auf Kreta. Da die Kosten für die thermische Elektrizitätserzeugung auf Kreta hoch sind, führt Phase I hauptsächlich Strom nach Kreta ein. Allerdings trifft dies nicht immer zu. In Zeiten niedriger Last und hoher Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen auf Kreta kehrt der Stromfluss über die Kabel des Anschlusses Phase I und die Stromflüsse von Kreta zum Festland um. Griechenland erklärte, dass in diesem Fall ein solcher Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt worden sei, da davon ausgegangen werde, dass die gesamte thermische Energieerzeugung die lokale Last auf Kreta bediene.
(11) Griechenland brachte vor, dass das Hybridmodell durch folgende nationale Maßnahmen in Kraft getreten sei: Artikel 105, 107 und 108 des griechischen Gesetzes 4821/2021 und Beschlüsse der nationalen Regulierungsbehörde (RAE) Nr. 755/2021 und Nr. 807/2021.
(12) Griechenland brachte ferner vor, dass sich das Hybridmodell während der Übergangszeit im Vergleich zu den beiden in Betracht gezogenen Alternativen, nämlich der Integration Kretas in den griechischen Strommarkt durch eine oder zwei Gebotszonen, als das geeignetste, effizienteste und wirksamste Marktsystem für Kreta erwiesen habe. Zur Untermauerung dieser Erklärung legte Griechenland Informationen vor, aus denen hervorgeht, dass das Hybridmodell zu erheblichen Kosteneinsparungen, zur Vermeidung übermäßiger Kosten für den Redispatch, zu niedrigeren Kosten der Stromversorgung und zur effizienten Nutzung umweltfreundlicherer Technologien geführt hat.
(13) In Bezug auf den Endkundenmarkt erklärte Griechenland, dass dieser allen Anbietern offen stehe, da derzeit etwa fünfzehn auf der Insel Kreta tätig seien. In Anbetracht der Tatsache, dass die Erzeugungskosten auf der Insel Kreta höher sind als die Kosten des griechischen Stromverbundnetzes, hat sich Griechenland dafür entschieden, dass die Versorger für jede Kundenkategorie einen einheitlichen Tarif für ihr gesamtes Versorgungsgebiet anwenden. Diese Entscheidung beruhte auf Gründen der sozialen Kohäsion.
3. Die beantragte Ausnahme
(14) Der für die Insel Kreta gestellte Ausnahmeantrag beruht auf seiner Einstufung als kleines Verbundnetz im Sinne des Artikels 64 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2019/943. Diese Einschränkung wurde in den Erwägungsgründen 36 bis 40 des Beschlusses (EU) 2022/258 bestätigt.
3.1. Freistellung gemäß Artikel 64 der Verordnung (EU) 2019/943
(15) Griechenland beantragte für die Insel Kreta eine neue Ausnahme von Artikel 6, Artikel 7 Absatz 1, Artikel 8 Absätze 1 und 4 sowie den Artikeln 9, 10 und 11 der Verordnung (EU) 2019/943.
3.2. Ausnahme gemäß Artikel 66 der Richtlinie (EU) 2019/944
(16) Griechenland beantragte eine neue Ausnahme von Artikel 40 Absätze 4 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/944 für die Insel Kreta.
3.3. Geltungsdauer der beantragten Ausnahme
(17) Griechenland beantragte, dass die Dauer der Ausnahme mit der Dauer der Übergangszeit übereinstimmt, d. h. bis Ende 2025, wenn Kreta vollständig an das griechische Festland angeschlossen sein wird. Griechenland stellte klar, dass bestimmte Netzaufrüstungen auf der Insel Kreta zwar bis Ende 2028 schrittweise erfolgen, die Fertigstellung und den Betrieb des Anschlusses Phase II jedoch nicht gefährden werden.
(18) In dem Antrag machte Griechenland geltend, dass der vollständige Anschluss bis Ende 2023 abgeschlossen sein sollte, was der Dauer der mit dem Beschluss (EU) 2022/258 gewährten Ausnahme entsprach, sich der Abschluss des Projekts jedoch verzögert habe. Nach dem von Griechenland vorgelegten aktualisierten Zeitplan soll der vollständige Anschluss bis Ende 2025 abgeschlossen sein. Griechenland erklärte, dass es bei dem Projekt aufgrund von Ereignissen, die vor Beginn der Bauarbeiten nicht vorhersehbar gewesen seien, erhebliche Verzögerungen gebe.
(19) Konkret brachte Griechenland vor, dass die COVID-19-Pandemie zu erheblichen Verzögerungen bei der Beschaffung bestimmter Baumaterialien und -dienstleistungen geführt habe. Darüber hinaus führte die Entdeckung wichtiger archäologischer Funde während der Aushubarbeiten zu weiteren Verzögerungen, da die zuständigen archäologischen Behörden in die bereits laufenden Genehmigungsverfahren einbezogen werden mussten. Griechenland wies ferner darauf hin, dass die Feststellung von Karsthöhlen im unterirdischen Bereich des Baufelds dazu führe, dass die Arbeiten ausgesetzt werden müssten, bis diese Hohlräume ausreichend bewertet und behandelt worden seien. Schließlich führten die Überschwemmungen im September 2023 zu weiteren Verzögerungen bei dem Projekt, da sie sich auf den Produktionsprozess des Stahlstrukturlieferanten der Stromrichterstation auf Kreta auswirkten.
4. Bewertung
4.1. Kleine Verbundnetze, deren Betrieb erhebliche Probleme aufwirft
(20) Gemäß Artikel 64 der Verordnung (EU) 2019/943 kann in zwei Fällen eine Ausnahme von den einschlägigen Bestimmungen des Artikels 6, des Artikels 7 Absatz 1, des Artikels 8 Absätze 1 und 4 sowie der Artikel 9, 10 und 11 der genannten Verordnung gewährt werden:
(21) Gemäß Artikel 66 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 kann für kleine isolierte Netze und kleine Verbundnetze eine Ausnahmeregelung zu den einschlägigen Bestimmungen der Artikel 7 und 8 sowie der Kapitel IV, V und VI dieser Richtlinie gewährt werden, wenn die Mitgliedstaaten nachweisen können, dass sich für den Betrieb dieser Netze erhebliche Probleme ergeben.
(22) Sowohl gemäß der Verordnung (EU) 2019/943 als auch gemäß der Richtlinie (EU) 2019/944 müssen die Mitgliedstaaten im Falle kleiner Verbundnetze nachweisen, dass sich für den Betrieb dieser Netze erhebliche Probleme ergeben. Darüber hinaus sollte die Ausnahmeregelung zeitlich begrenzt und an Bedingungen geknüpft sein, die darauf abzielen, den Wettbewerb und die Integration in den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken.
Kleines Verbundnetz
(23) Die Einstufung der Insel Kreta als kleines Verbundnetz wurde in den Erwägungsgründen 36 bis 40 des Beschlusses (EU) 2022/258 bewertet. Da diese Bewertung nach wie vor gültig ist, gilt die Insel Kreta als kleines Verbundnetz im Sinne des Artikels 64 der Verordnung (EU) 2019/943 und des Artikels 66 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Erhebliche Probleme beim Netzbetrieb
(24) Der in Artikel 64 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2019/943 verwendete Begriff "erhebliche Probleme" wurde weder vom Gesetzgeber noch von der Kommission in ihrer Entscheidungspraxis definiert. Die offene Formulierung ermöglicht es der Kommission, alle potenziellen Probleme im Zusammenhang mit der besonderen Situation kleiner Netze zu berücksichtigen, sofern diese einen erheblichen und nicht nur marginalen Umfang aufweisen. Diese Probleme können je nach den geografischen Besonderheiten, der Produktion und dem Verbrauch des betreffenden Netzes erheblich variieren, aber auch im Hinblick auf technische Entwicklungen, wie z.B. Stromspeicherung und Stromerzeugung in kleinem Umfang. Zudem müssen diese erheblichen Probleme im Zusammenhang mit dem Betrieb kleiner, isolierter Netze und kleiner Verbundnetze stehen.
(25) In dem Antrag erläuterte Griechenland, auf welche Probleme es beim Betrieb des Stromnetzes auf Kreta stoßen würde, wenn es die Verordnung (EU) 2019/943 und die Richtlinie (EU) 2019/944 während der Übergangszeit vollständig anwenden würde. Die vollständige Anwendung dieser Rechtsakte würde die Integration Kretas in die griechischen Strommärkte durch eine einzige Gebotszone (im Folgenden "Szenario mit einer Gebotszone") oder zwei Gebotszonen (im Folgenden "Szenario mit zwei Gebotszonen") erfordern. Die mit dem Antrag verbundenen Herausforderungen bezogen sich auf dieselben erheblichen Probleme, die von der Kommission im Beschluss (EU) 2022/258 bewertet worden waren.
(26) Insgesamt wies Griechenland auf Probleme beim Funktionieren des Strommarkts auf Kreta hin, wenn die Verordnung (EU) 2019/943 und die Richtlinie (EU) 2019/944 in vollem Umfang Anwendung fänden.
(27) Einerseits würde die Integration der kretischen Marktteilnehmer in den griechischen Strommarkt im Szenario mit einer Gebotszone hohe Kosten für den Redispatch verursachen, die letztlich von den Stromverbrauchern zu tragen wären. In jedem Fall würde die unzureichende Messinfrastruktur den kretischen Marktteilnehmern die uneingeschränkte Teilnahme an den Day-Ahead-, Intraday- und Bilanzierungsmärkten Griechenlands nicht ermöglichen. Insbesondere sind die erforderlichen Messsysteme nicht vorhanden und werden nicht vor dem ersten Quartal 2024 vorliegen.
(28) Andererseits würde die Schaffung einer separaten Gebotszone nicht nur zusätzliche Infrastrukturinvestitionen erfordern, die in jedem Fall während des Zeitraums der beantragten Ausnahme nicht fertiggestellt würden, sondern sie scheint auch aus Gründen der allgemeinen Markteffizienz, Stabilität und Robustheit der Gebotszone ungeeignet zu sein. Darüber hinaus wäre dies angesichts der begrenzten Dauer der Ausnahmeregelung auch keine verhältnismäßige Lösung.
(29) In dem Antrag legte Griechenland auch bestimmte Aktualisierungen der Informationen vor, die vor dem Erlass des Beschlusses (EU) 2022/258 übermittelt wurden. Es schätzte unter anderem, dass die Gesamtkosten des Stroms in den hypothetischen Szenarien mit einer Gebotszone und zwei Gebotszonen im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit dem Hybridmodell für den Zeitraum um rund 190 Mio. EUR bzw. 217 Mio. EUR höher ausfallen würden.
(30) Es ist daher erforderlich, auf die entsprechende Bewertung in den Erwägungsgründen 41 bis 48 des Beschlusses (EU) 2022/258 zu verweisen und zu dem Schluss zu gelangen, dass Griechenland nachgewiesen hat, dass der Betrieb des Stromnetzes auf Kreta als kleines Verbundnetz erhebliche Probleme aufwirft, bis die Insel vollständig an das kontinentale Netz angeschlossen ist, d. h. bis Phase II des Anschlussprojekts abgeschlossen ist.
(31) Das derzeit auf Kreta geltende zeitlich befristete Hybridmodell zielt darauf ab, diese Probleme zu lösen, und führt aus den in Erwägungsgrund 29 dargelegten Gründen im Vergleich zur vollständigen Integration des kretischen Netzes in den griechischen Elektrizitätsmarkt zu erheblichen Kostenvorteilen während der Übergangszeit.
4.2. Anwendungsbereich der beantragten Ausnahme
4.2.1. Artikel 6, Artikel 7 Absatz 1, Artikel 8 Absätze 1 und 4, Artikel 9, 10 und 11 der Verordnung (EU) 2019/943
4.2.1.1. Der Antrag
(32) In Bezug auf Artikel 6 der Verordnung (EU) 2019/943 brachte Griechenland vor, dass das derzeit auf der Insel Kreta geltende Hybridmodell keinen Regelreservemarkt umfasse. Daher wäre eine Ausnahme von diesem Artikel erforderlich, damit das Hybridmodell so lange gelten kann, bis die Insel Kreta vollständig angeschlossen ist.
(33) In Bezug auf Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 Absätze 1 und 4 der Verordnung (EU) 2019/943 stellt Griechenland fest, dass das auf der Insel Kreta derzeit geltende Hybridmodell keine Day-Ahead- und Intraday-Märkte oder Handelstransaktionen auf einem dieser Märkte vorsieht. Daher wäre nach Ansicht Griechenlands eine Ausnahme von diesen Artikeln erforderlich, damit das Hybridmodell so lange gelten kann, bis die Insel Kreta vollständig angeschlossen ist.
(34) Entsprechend ist Griechenland im Anschluss an die Ausführungen in Erwägungsgrund 33 der Auffassung, dass die Integration der Terminmärkte, die technischen Gebotsobergrenzen und der Wert der Zahlungsbereitschaft für die Beibehaltung der Stromversorgung gemäß den Artikeln 9, 10 und 11 der Verordnung (EU) 2019/943 nicht für das Hybridmodell auf der Insel Kreta gelten. Daher wäre nach Ansicht Griechenlands eine Ausnahme von diesen Artikeln erforderlich, damit das Hybridmodell so lange gelten kann, bis die Insel Kreta vollständig angeschlossen ist.
4.2.1.2. Bewertung
(35)In Bezug auf die beantragte Ausnahme von Artikel 6, Artikel 7 Absatz 1, Artikel 8 Absätze 1 und 4 sowie den Artikeln 9, 10 und 11 der Verordnung (EU) 2019/943 beziehen sich diese Bestimmungen auf Anforderungen an Termin-, Day-Ahead-, Intraday- und Regelreservemärkte. Aus den von Griechenland vorgelegten Informationen geht hervor, dass diese Märkte auf der Insel Kreta angesichts der Besonderheiten der Stromnetze in diesem Gebiet nicht wirksam implementiert werden können. Daher ist eine Ausnahme von diesen Bestimmungen gerechtfertigt.
4.2.2. Artikel 40 Absätze 4 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/944
4.2.2.1. Der Antrag
(36) Griechenland brachte vor, dass das Hybridmodell weder einen Regelreservemarkt noch eine marktbasierte Beschaffung von Systemdienstleistungen vorsehe. Damit das Hybridmodell während der Übergangszeit weiter angewendet werden kann, wäre eine Ausnahme von diesem Artikel erforderlich.
4.2.2.2. Bewertung
(37) Da es auf der Insel Kreta keinen Regelreservemarkt und keine marktbasierte Beschaffung nicht frequenzgebundener Systemdienstleistungen gibt, ist eine Ausnahme von den Verpflichtungen nach Artikel 40 Absätze 4 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/944 gerechtfertigt.
4.3. Keine Behinderung des Übergangs zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, zu mehr Flexibilität, Energiespeicherung, Elektromobilität und Laststeuerung
(38) Gemäß Artikel 64 Absatz 1 Unterabsatz 5 der Verordnung (EU) 2019/943 und Artikel 66 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2019/944 muss mit einem Ausnahmebeschluss sichergestellt werden, dass der Übergang zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, zu mehr Flexibilität, Energiespeicherung, Elektromobilität und Laststeuerung nicht behindert wird.
(39) In Bezug auf den Übergang zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zu mehr Flexibilität (einschließlich Laststeuerung) und Energiespeicherung ist darauf hinzuweisen, dass gut funktionierende Terminmärkte, Day-Ahead-, Intraday-Märkte und Regelreservemärkte im Einklang mit den Anforderungen der Verordnung (EU) 2019/943 und der Richtlinie (EU) 2019/944 die erforderlichen Signale für Dispatch und Investitionen liefern sollten, um die potenzielle Entwicklung dieser Technologien bestmöglich voranzutreiben. Dies dürfte der Fall sein, sobald die Insel Kreta vollständig an das griechische Festland angeschlossen ist.
(40) Wie in Erwägungsgrund 56 des Beschlusses (EU) 2022/258 dargelegt, galten auf Kreta vor der Fertigstellung des Anschlusses Phase I technische Beschränkungen, die den Anteil der erneuerbaren Energien an der Last aus Gründen der Betriebssicherheit auf maximal 25 % begrenzten. Mit dem Abschluss von Phase I wurde diese Beschränkung für erneuerbare Energien bis zu einem gewissen Grad aufgehoben. Das Hybridmodell ermöglicht es Kreta, seinen Strom zu exportieren, wenn die Last niedrig und die Erzeugung aus erneuerbaren Energien hoch ist, um eine Einschränkung der erneuerbaren Energien zu vermeiden. Griechenland legte Zahlen zur Untermauerung dieser Erklärung vor, aus denen hervorgeht, dass im Jahr 2021 und insbesondere im Jahr 2022, das das erste vollständige Jahr des Betriebs des Anschlusses Phase I darstellte, die Erzeugung erneuerbarer Energien im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen ist.
(41) Griechenland stellt fest, dass die beantragte Ausnahmeregelung die bereits laufende Entwicklung und Vorbereitung der Errichtung neuer EE-Kapazitäten auf der Insel Kreta nicht verzögern wird. Griechenland brachte ferner vor, dass Kreta nach Fertigstellung des vollständigen Anschlusses mindestens 2.150 MW EE aufnehmen werde, was unter Berücksichtigung der Installation von Speicheranlagen auf 2.500 MW steigen könnte.
(42) Was die erhöhte Flexibilität, die Energiespeicherung und die Laststeuerung betrifft, so hängt die Möglichkeit, Flexibilitätsdienste, einschließlich der Speicherung von Energie, zur Unterstützung des Stromnetzes anzubieten, von der Qualität der Preissignale und ihrer Fähigkeit ab, den Anbietern dieser Dienste effiziente Investitions- und Dispatch-Anreize zu bieten. Grundsätzlich können strukturelle Engpässe innerhalb einer Gebotszone, wie sie in der Übergangszeit von Phase I zu Phase II auftreten werden, zu verzerrten Investitionssignalen für standortspezifische Flexibilitätsdienstleistungen führen. Bei einem Ansatz mit zwei Gebotszonen für Kreta und das griechische Festland wären die Investitionssignale jedoch sehr instabil, da der Zeitrahmen für die Fertigstellung von Phase II und dem vollständigen Anschluss Kretas an das griechische Festland, der zu einer Entlastung der strukturellen Engpässe führen wird, sehr eng ist. Da der Anschluss an das Festland eine marktgestützte Bereitstellung von Flexibilitätsdienstleistungen ermöglichen wird, ist eine befristete Ausnahme, die eine rasche Integration Kretas in das Festlandnetz ermöglicht, für die Integration von Laststeuerung, Energiespeicherung und anderen Flexibilitätsquellen von Vorteil.
(43) In Artikel 64 der Verordnung (EU) 2019/943 ist nicht vorgeschrieben, dass Entscheidungen über Ausnahmeregelungen darauf abzielen müssen, das Potenzial für Flexibilität oder Energiespeicherung zu maximieren. Eine Ausnahmeregelung nach diesem Artikel soll lediglich sicherstellen, dass sie einen solchen Übergang nicht behindert. Mit anderen Worten: Die Ausnahme sollte Entwicklungen, die ohne die Freistellung natürlicherweise eintreten würden, nicht verhindern. Es ist unwahrscheinlich, dass sich ohne die Ausnahmeregelung in jedem der Stromnetze der Insel Kreta gut funktionierende Termin-, Day-Ahead-, Intraday- und Regelreservemärkte entwickeln würden. Dies ist auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der kleinen Stromverbundnetze, dem sehr geringen Wettbewerb im Erzeugungssegment und der mangelnden Anbindung an den Festlandmarkt zurückzuführen. In dieser Hinsicht ist die begrenzte Dauer der Ausnahme und die Bereitschaft für einen vollständigen Marktbetrieb, sobald Phase II abgeschlossen ist, von größter Bedeutung.
(44) Aufgrund seines kurzfristigen Charakters scheint das Hybridmodell keine nennenswerten Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der erneuerbaren Energien, der Flexibilität, der Energiespeicherung, der Elektromobilität und der Laststeuerung zu haben.
(45) Schließlich muss die Kommission gemäß Artikel 64 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/943 darlegen, inwieweit bei der Ausnahme die Anwendung der Netzkodizes und Leitlinien berücksichtigt werden soll. In diesem Fall gelten die Netzkodizes und Leitlinien mit Ausnahme der Bestimmungen, die vom Anwendungsbereich der in den Erwägungsgründen 32 bis 37 beschriebenen Ausnahmeregelung betroffen sind, für die Insel Kreta und sie sollen auch weiterhin gelten.
4.4. Befristung der Ausnahme und Bedingungen, die einen verstärkten Wettbewerb und eine stärkere Integration in den Elektrizitätsbinnenmarkt zum Ziel haben
(46) In Artikel 64 der Verordnung (EU) 2019/943 und Artikel 66 der Richtlinie (EU) 2019/944 ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Ausnahme befristet und an Bedingungen geknüpft ist, die einen verstärkten Wettbewerb und eine stärkere Integration in den Elektrizitätsbinnenmarkt zum Ziel haben.
(47) Angesichts der von Griechenland in Erwägungsgrund 19 angeführten Gründe beschränkt sich der neue Ausnahmeantrag auf die Übergangszeit, die spätestens am 31. Dezember 2025 endet.
(48) Es wird davon ausgegangen, dass bis zum 31. Dezember 2025 die Verbindungsleitung zwischen Kreta und dem griechischen Festland zusammen mit der entsprechenden Messinfrastruktur betriebsbereit sein wird, sodass Kreta in den griechischen Stromgroßhandelsmarkt einbezogen werden kann. Griechenland bestätigte, dass es bei der Fertigstellung des Anschlussprojekts keine weiteren Verzögerungen geben wird.
4.5. Inkrafttreten
(49) Obwohl der Antrag am 18. Dezember 2023 einging, war es nicht möglich, diesen Beschluss vor dem 31. Dezember 2023 zu erlassen, zu dem die mit dem Beschluss (EU) 2022/258 gewährte Ausnahme auslief. Um rasche und unvorhersehbare Änderungen des Rechtsrahmens für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2024 und dem Datum der Annahme dieses Beschlusses zu vermeiden, die das Funktionieren des Marktes auf der Insel Kreta und möglicherweise auf dem griechischen Festland ernsthaft beeinträchtigen könnten, sollte dieser Beschluss ab dem Datum gelten, das auf das Ende der mit dem Beschluss (EU) 2022/258 gewährten Ausnahme folgt, d. h. ab dem 1. Januar 2024
- hat folgenden Beschluss erlassen:
Der Hellenischen Republik wird im Hinblick auf die Insel Kreta eine Ausnahme von den Bestimmungen des Artikels 6, des Artikels 7 Absatz 1, des Artikels 8 Absätze 1 und 4 sowie der Artikel 9, 10 und 11 der Verordnung (EU) 2019/943 und von den Bestimmungen des Artikels 40 Absätze 4 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/944 gewährt.
Die in Artikel 1 gewährte Ausnahme gilt vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2025 oder bis Abschluss der Phase II des Anschlusses zwischen Kreta und dem griechischen Festland, je nachdem, was zuerst eintritt.
Die Hellenische Republik unterrichtet die Kommission in zwei Stufen, zuerst bis zum 31. Dezember 2024 und dann bis zum 30. Juni 2025, über die Fortschritte und die verbleibenden Planungen im Hinblick auf den Abschluss und den kommerziellen Betrieb der Phase II des Anschlusses zwischen Kreta und dem griechischen Festland, einschließlich der Einrichtung und des Betriebs der geeigneten Messinfrastruktur, die die Teilnahme Kretas am griechischen Großhandels- und Regelreservemarkt ermöglicht.
Dieser Beschluss ist an die Hellenische Republik gerichtet.
Brüssel, den 29. April 2024
2) ABl. L 158 vom 14.06.2019 S. 125, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2019/944/oj.
3) Beschluss (EU) 2022/258 der Kommission vom 21. Februar 2022 über die Ausnahme der Hellenischen Republik von bestimmten Vorschriften der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Kreta (ABl. L 42, 23.2.2022, S. 92, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2022/258/oj).
4) Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement (ABl. L 197 vom 25.07.2015 S. 24, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2015/1222/oj).
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