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Delegierte Verordnung (EU) 2024/1502 der Kommission vom 22. Februar 2024 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der Kriterien für die Einstufung von IKT-Drittdienstleistern als für Finanzunternehmen kritisch
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. L 2024/1502 vom 30.05.2024)
Die Europäische Kommission -
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 909/2014 und (EU) 2016/1011 1, insbesondere auf Artikel 31 Absatz 6,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Um zu beurteilen, ob ein IKT-Drittdienstleister für Finanzunternehmen kritisch ist, sollten die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) unter Berücksichtigung der Kriterien in Artikel 31 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2022/2554 im Rahmen eines zweistufigen Bewertungsansatzes Unterkriterien heranziehen. Angesichts der Vielzahl von IKT-Dienstleistungen und der Vielfalt und Zahl der Finanzinstitute, die diese Dienstleistungen nutzen, sollte ein solcher zweistufiger Ansatz zur Anwendung kommen, um die Population der IKT-Drittdienstleister zu filtern und jene IKT-Drittdienstleister zu ermitteln, die am kritischsten sind. Die in Stufe 1 der Bewertung anzulegenden quantitativen Unterkriterien sind notwendig, um eine erste Auswahl der IKT-Drittdienstleister zu treffen, bei denen eine weitere eingehende Analyse anhand der in Stufe 2 der Bewertung heranzuziehenden qualitativen Unterkriterien relevant ist.
(2) Inwieweit eine von einem IKT-Drittdienstleister bereitgestellte IKT-Dienstleistung kritische oder wichtige Funktionen des Finanzunternehmens unterstützt, wird generell als zentrales Element der Kritikalitätsbewertung erachtet. Daher sollte die Bedeutung der durch IKT-Dienstleistungen unterstützten Tätigkeiten der Finanzunternehmen in alle Unterkriterien der Stufe 1 einfließen. Folglich sollte in Stufe 1 der Bewertung keine gesonderte quantitative Beurteilung der Kritikalität der Funktionen der Finanzunternehmen vorgenommen werden. Stattdessen sollten die Europäischen Aufsichtsbehörden die Kritikalität und Bedeutung der durch IKT-Dienstleistungen unterstützten Funktionen der Finanzunternehmen in der qualitativen zweiten Bewertungsstufe berücksichtigen.
(3) Die Bewertung sollte für jeden einzelnen IKT-Drittdienstleister oder, sofern anwendbar, für jede einzelne Gruppe von IKT-Drittdienstleistern vorgenommen werden, falls der IKT-Drittdienstleister im Sinne von Artikel 31 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2022/2554 einer Gruppe angehört. Um eine umfassende Bewertung der potenziellen systemischen Auswirkungen auf den Finanzsektor der Union zu ermöglichen, sollten die IKT-Unterauftragnehmer von IKT-Drittdienstleistern ebenfalls der Bewertung durch die Europäischen Aufsichtsbehörden unterzogen und gegebenenfalls als kritische IKT-Drittdienstleister eingestuft werden.
(4) Um die systemischen Auswirkungen des IKT-Drittdienstleisters auf die Stabilität, Kontinuität oder Qualität der Erbringung von Finanzdienstleistungen zu ermitteln, ist es überaus wichtig, sich ein klares Bild von Ausmaß und Art der systemischen Auswirkungen zu verschaffen, die eine umfassende Betriebsstörung bei einem IKT-Drittdienstleister auf die Finanzunternehmen, die die von einem IKT-Drittdienstleister erbrachten Dienstleistungen in Anspruch nehmen, und auf das Finanzsystem hätte. Deshalb sollte berücksichtigt werden, wie viele Finanzunternehmen einer bestimmten Kategorie von Finanzunternehmen dieselben IKT-Dienste nutzen und auf welchen Wert sich ihre Vermögenswerte belaufen, damit beurteilt werden kann, ob ein IKT-Drittdienstleister, der die betreffenden IKT-Dienstleistungen erbringt, als kritisch eingestuft werden sollte. Darüber hinaus sollte eine qualitative Bewertung der systemischen Bedeutung und der Verflechtungen der IKT-Drittdienstleister sowie der Bedeutung der von einem IKT-Drittdienstleister erbrachten Dienstleistungen für die Erbringung von Finanzdienstleistungen durch Finanzunternehmen unter Berücksichtigung der Stabilität und Kontinuität der Dienstleistungen durchgeführt werden, um die systemischen Auswirkungen des IKT-Drittdienstleisters auf die Tätigkeiten der Finanzunternehmen zu ermitteln.
(5) Um den systemischen Charakter und die Bedeutung der Finanzunternehmen, die die IKT-Dienstleistungen in Anspruch nehmen, zu ermitteln, gilt es zu berücksichtigen, um welche Art von Finanzunternehmen es sich handelt. Nehmen als G-SRI und A-SRI oder als "systemrelevant" eingestufte Finanzunternehmen zur Unterstützung kritischer oder wichtiger Funktionen ein und dieselben IKT-Dienstleistungen in Anspruch, sollte bewertet werden, ob der IKT-Drittdienstleister, der diese Dienstleistungen erbringt, für den Finanzsektor der Union als kritisch eingestuft werden sollte. Die Verflechtungen zwischen jenen Finanzunternehmen innerhalb des Finanzsektors der Union, die IKT-Dienstleistungen ein und desselben IKT-Drittdienstleisters in Anspruch nehmen, sollten ebenfalls bewertet werden, um die Abhängigkeit der Finanzunternehmen von diesem IKT-Drittdienstleister festzustellen.
(6) Die IKT-Dienstleistungen, die kritische oder wichtige Funktionen von Finanzunternehmen unterstützen, sollten mit Blick auf ihre Art und ihren kritischen Charakter dahin gehend bewertet werden, ob sie notwendig sind, damit die Finanzunternehmen ihre Tätigkeiten ohne Störungen ausüben können.
(7) Um den Grad der Substituierbarkeit des IKT-Drittdienstleisters zu ermitteln, müssen bei der von den Europäischen Aufsichtsbehörden durchzuführenden Bewertung die Zahl der auf einem bestimmten Markt tätigen IKT-Drittdienstleister, die Existenz alternativer Lösungen für ein und dieselbe IKT-Dienstleistung sowie die Kosten einer Migration von Daten und IKT-Arbeitslasten zu einem anderen IKT-Drittdienstleister berücksichtigt werden.
(8) Um die Solidität des Bewertungsprozesses zu gewährleisten, ist es wichtig, dass sich die Europäischen Aufsichtsbehörden bei der Bewertung, ob IKT-Drittdienstleister als kritisch eingestuft werden sollten, auf die Daten aus den in Artikel 28 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2022/2554 genannten Informationsregistern sowie alle sonstigen leicht verfügbaren Informationen stützen
- hat folgende Verordnung erlassen:
Artikel 1 Bewertungsansatz
(1) Bei der Prüfung der in Artikel 31 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriterien für die Einstufung eines IKT-Drittdienstleisters als für Finanzunternehmen kritisch, gehen die Europäischen Aufsichtsbehörden nach folgendem Ansatz vor:
Abweichend von Unterabsatz 1 wird bei der Bewertung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2022/2554 genannten Kriteriums die erste Stufe durch die Bewertung der Kriterien in Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben a, b und d der Verordnung (EU) 2022/2554 abgedeckt.
(2) Nach Ablauf der Frist für die Übermittlung einer begründeten Erklärung nach Artikel 31 Absatz 5 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2022/2554 stufen die Europäischen Aufsichtsbehörden einen IKT-Drittdienstleister im Wege des Gemeinsamen Ausschusses und auf Empfehlung des Überwachungsforums als für Finanzunternehmen kritisch ein, wenn er alle in Absatz 1 Buchstabe a genannten Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt und die Bewertung der in Absatz 1 Buchstabe b genannten Unterkriterien der "Stufe 2" positiv ausfällt.
Artikel 2 Systemische Auswirkungen von IKT-Drittdienstleistern auf die Stabilität, Kontinuität oder Qualität der Erbringung von Finanzdienstleistungen
(1) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums bewerten die Europäischen Aufsichtsbehörden, ob der IKT-Drittdienstleister die folgenden Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt:
(2) Das in Absatz 1 Buchstabe a genannte Unterkriterium 1.1 wird wie folgt berechnet:
Zahl der Finanzunternehmen einer in Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung |
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Gesamtzahl der Finanzunternehmen einer in Artikel 2 Absatz 1 der |
(3) Das in Absatz 1 Buchstabe b genannte Unterkriterium 1.2 wird wie folgt berechnet:
Gesamtwert der Vermögenswerte der Finanzunternehmen einer in |
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Gesamtwert der Vermögenswerte aller EU-Finanzunternehmen derselben in |
(4) Bei einem IKT-Drittdienstleister gelten die in Absatz 1 genannten Unterkriterien der "Stufe 1" als erfüllt, wenn beide gemäß den Absätzen 2 und 3 berechneten Anteile bei mindestens einer in Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2022/2554 genannten Kategorie von Finanzunternehmen mindestens 10 % betragen.
(5) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums und sofern der IKT-Drittdienstleister die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt, führen die Europäischen Aufsichtsbehörden ihre Bewertung anhand der folgenden Unterkriterien der "Stufe 2" durch:
Artikel 3 Systemischer Charakter und Bedeutung der IKT-Dienstleistungen für Finanzunternehmen
(1) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums bewerten die Europäischen Aufsichtsbehörden, ob der IKT-Drittdienstleister die folgenden Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt:
(2) Bei einem IKT-Drittdienstleister gilt das in Absatz 1 Buchstabe a genannte Unterkriterium als erfüllt, wenn die von ihm bereitgestellten IKT-Dienstleistungen mindestens in Anspruch genommen werden von:
(3) Bei einem IKT-Drittdienstleister gilt das in Absatz 1 Buchstabe b genannte Unterkriterium als erfüllt, wenn die von ihm bereitgestellten IKT-Dienstleistungen mindestens in Anspruch genommen werden von:
(4) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums und sofern der IKT-Drittdienstleister die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Unterkriterien in "Stufe 1" erfüllt, führen die Europäischen Aufsichtsbehörden ihre Bewertung anhand des folgenden Unterkriteriums der "Stufe 2" durch:
Artikel 4 Kritikalität oder Bedeutung der Funktionen
Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums führen die Europäischen Aufsichtsbehörden ihre Bewertung anhand des folgenden Unterkriteriums der "Stufe 2" durch:
Artikel 5 Grad der Substituierbarkeit
(1) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums bewerten die Europäischen Aufsichtsbehörden, ob der IKT-Drittdienstleister die folgenden Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt:
(2) Das in Absatz 1 Buchstabe a genannte Unterkriterium 4.1 wird wie folgt berechnet:
Zahl der Finanzunternehmen einer in Artikel 2 Absatz 1 |
|
Gesamtzahl der Finanzunternehmen dieser in Artikel 2 Absatz 1 der Verodnung (EU) 2022/2554 |
(3) Das in Absatz 1 Buchstabe b genannte Unterkriterium wird wie folgt berechnet:
Zahl der Finanzunternehmen einer in Artikel 2 Absatz 1 |
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Gesamtzahl der EU-Finanzunternehmen dieser in Artikel 2 Absatz 1 der Verodnung (EU) 2022/2554 genannten Kategorie von Finanzunternehmen |
(4) Bei einem IKT-Drittdienstleister gelten die beiden Unterkriterien 4.1 und 4.2 als erfüllt, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
(5) Bei der Prüfung des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Kriteriums und sofern der IKT-Drittdienstleister die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Unterkriterien der "Stufe 1" erfüllt, führen die Europäischen Aufsichtsbehörden ihre Bewertung anhand des in Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe d Ziffer i der Verordnung (EU) 2022/2554 festgelegten Unterkriteriums der "Stufe 2" durch.
Artikel 6 Informationsquellen für die Kritikalitätsbewertung
(1) Für die Bewertung der in den Artikeln 2 bis 5 genannten Unterkriterien ziehen die Europäischen Aufsichtsbehörden die Daten aus den in Artikel 28 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2022/2554 genannten Informationsregistern heran. Für die Kritikalitätsbewertung können die Europäischen Aufsichtsbehörden auch weitere verfügbare Daten aus allen anderen Informationsquellen heranziehen.
(2) Die Europäischen Aufsichtsbehörden berücksichtigen die neuesten Daten, die ihnen im Bewertungsjahr zur Verfügung stehen, oder, falls anwendbar, die Daten, die ihnen spätestens zum 31. Dezember des der Kritikalitätsbewertung vorausgehenden Jahres zur Verfügung gestellt wurden.
Artikel 7 Inkrafttreten und Geltungsbeginn
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Jedoch wendet die federführende Überwachungsbehörde das in Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe b genannte Unterkriterium 1.4 ab dem 16. Januar 2025 an.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 22. Februar 2024
2) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.06.2013 S. 338, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2013/36/oj).
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