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Regelwerk, Gefahrgut/Transport / See / MSC

MSC.1/Rundschreiben 1185/Rev.1 vom 30. November 2012
Leitfaden für das Überleben in kaltem Wasser

Vom 28. März 2013
(VkBl. Nr. 8 vom 30.04.2013 S. 405)



Bekanntmachung

1 Der Schiffssicherheitsausschuss hat auf seiner einundneunzigsten Tagung (26. bis 30. November 2012) unter Berücksichtigung des beträchtlichen medizinischen Fortschritts, der in den letzten Jahren gemacht worden ist, die in der Anlage wiedergegebene Überarbeitung des Rundschreibens MSC.1/1185 mit dem "Leitfaden für das Überleben in kaltem Wasser" angenommen, die vom Unterausschuss "Funkverkehr, Suche und Rettung" auf seiner sechzehnten Tagung (12. bis 16. März 2012) erarbeitet wurde.

2 Die Mitgliedsregierungen und die internationalen Organisationen werden aufgefordert, den beigefügten Leitfaden allen Beteiligten zur Kenntnis zu bringen.

3 Dieses Rundschreiben ersetzt das Rundschreiben MSC.1 /1185.

Leitfaden für das Überleben in kaltem Wasser

1 Einleitung

Dieser Leitfaden ist hauptsächlich für Seeleute vorgesehen. Er stellt Informationen zur Verfügung, die demjenigen helfen, der unglücklicherweise ins kalte Wasser fällt, in einem Notfall sich in das Wasser begeben muss oder ein Überlebendfahrzeug bei kalten Bedingungen benutzen muss. Er stellt auch Informationen zur Verfügung, die den als Helfer für Erste Hilfe ausgebildeten Seeleuten helfen, diejenigen zu behandeln, die aus kalten Umgebungsbedingungen gerettet wurden.

Dieser Leitfaden behandelt kurz die Gefahren der Kälte-Exposition, die das Leben gefährden kann, und erteilt auf der Basis der neusten medizinischen und wissenschaftlichen Auffassung Ratschläge darüber, wie derartige Gefahren zu verhindern oder zu minimieren sind. Es ist eine traurige Tatsache, dass weiterhin Menschen auf See sterben mangels dieser Kenntnisse. Das Wissen darüber, was wahrscheinlich geschieht, wenn man kaltem Wasser ausgesetzt ist, ist eine Überlebenshilfe an sich. Ein vollständiges Verstehen der in dieser Broschüre enthaltenen Informationen könnte eines Tages das eigene Leben retten - oder das von anderen.

Es ist extrem wichtig zu erkennen, dass man nicht hilflos ist, das eigene Überleben in kaltem Wasser zu beeinflussen. Das Verstehen der körpereigenen Reaktion und einfache Selbsthilfe-Techniken können die eigene Überlebenszeit verlängern, besonders dann, wenn man eine Rettungsweste trägt. Man kann selbst etwas bewegen; dieser Leitfaden ist dafür vorgesehen, das Wie aufzuzeigen.

Dieser Leitfaden ist wie folgt angelegt:

2 Kaltwasser-Gefahren und ihre Auswirkungen:

Wissen, das die Überlebenschancen verbessern kann

Das Verständnis, wie der eigene Körper auf die Exposition in kalter Luft oder im kalten Wasser reagiert, und das Kennen der Schritte, die man unternehmen kann, um dem eigenen Körper zu helfen, die schädigenden Auswirkungen der Kältebelastung hinauszuzögern, wird hilfreich sein, um am Leben zu bleiben.

Wenn man das eigene Schiff verlassen muss, hat man, sofern möglich, das Eintauchen in das kalte Wasser unbedingt zu vermeiden. Kaltes Wasser stellt ein viel größeres Risiko als kalte Luft dar, teils weil Wasser die Wärme vom Körper viel schneller als Luft abführt. Bei gleicher Temperatur kühlen Menschen im Wasser vier- bis fünfmal schneller aus als in Luft - und je kälter das Wasser ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass man die nachfolgend beschriebenen physischen Reaktionen und medizinischen Probleme ertragen muss. Deshalb muss man versuchen, die Überlebensfahrzeuge oder Bereitschaftsboote ohne Eintauchen in das Wasser direkt zu besteigen.

Die hauptsächlichen Gefährdungen durch das Eintauchen in kaltes Wasser sind:

Es sind vier Eintauchstadien ermittelt worden. Jedes ist mit speziellen Risiken verbunden, und es hilft, diese zu verstehen und somit mit ihnen besser umgehen zu können

Die anfänglichen Reaktionen beim Eintauchen in kaltes Wasser können umfassen:

Diese Reaktionen sind durch den plötzlichen Abfall der Hauttemperatur verursacht. Es ist wichtig, daran zu denken, dass sie nur etwa drei Minuten andauern und dann nachlassen. Man muss auch daran denken, dass in diesem Stadium gilt:

Die Auswirkungen des kurzzeitigen Eintauchens folgen den anfänglichen Reaktionen. Während dieser Phase kann das Abkühlen der Muskeln und Nerven dicht unter der Oberfläche der Haut - besonders in den Gliedmaßen - zur Unfähigkeit führen, körperliche Tätigkeiten auszuführen. Die Fähigkeit zu schwimmen wird erheblich beeinträchtigt sein (Schwimmen beschleunigt auf jeden Fall den Grad der Abkühlung) Daraus folg, dass:

Man muss ruhig bleiben. Man muss seine Möglichkeiten abschätzen. Kann man ein Ufer oder ein schwimmendes Objekt erreichen, - dabei wissend, dass die eigene Fähigkeit zu schwimmen geringer als normal sein wird? Wenn nicht, dann soll man bleiben, wo man gerade ist, Körperwärme bewahren (siehe unten) und auf Rettung warten.

Die Auswirkungen des langzeitigen Eintauchens umfassen einen Abfall auf eine Tief-Körpertemperatur (eine Abkühlung der eigenen vitalen Organe wie beispielsweise Herz, Lunge und Gehirn) bis zum Niveau der Unterkühlung. Der Wert, bis zu dem die eigene Tief-Körpertemperatur abfällt, ist jedoch von vielen Faktoren abhängig einschließlich der Kleidung, die man trägt, der eigenen Konstitution, und ob man sich im Wasser bewegt oder nicht - beispielsweise durch Schwimmen. Die eigene Körpertemperatur fällt langsamer ab, wenn man:

Die Rettungsphase ist das vierte Stadium des Eintauchens, auf das man sich konzentrieren muss. Ein erheblicher Prozentanteil von Schiffbrüchigen stirbt kurz bevor sie gerettet werden, während ihrer Rettung oder kurz nach ihrer Rettung. Dieses kann verursacht sein infolge:

Daraus folgt, dass:

3 Vorbereitungen vor dem Verlassen des Schiffes

Das Verlassen ist so lange, wie es gefahrlos möglich ist, zu vermeiden: "Das Schiff ist das beste Überlebensfahrzeug".

Wenn das Verlassen notwendig ist, kann möglicherweise wenig Zeit zur Verfügung stehen, um einen Plan auszuarbeiten, deshalb ist eine sorgfältige Planung im Voraus unerlässlich. Nachfolgend sind einige Dinge aufgelistet, die man zu bedenken hat, falls man jemals ein Schiff verlassen muss:

4 Die Überlebensphase: In einem Überlebensfahrzeug

Man muss versuchen, in das Überlebensfahrzeug "trocken" einzusteigen. Aber dieses könnte nicht möglich sein, und es ist unwahrscheinlich, dass das Fahrzeug selbst trocken ist. Man kann immer noch auf gefährliche Niveaus abkühlen - besonders, wenn man anfangs nass ist, teilweise infolge der Verdunstung von Wasser in der eigenen Kleidung. Selbst wenn man einen Eintauchanzug oder einen sogenannten "Trockenanzug" trägt, kann man noch nass sein. Man muss jedoch ruhig bleiben; es gibt Dinge, die man tun kann, um die eigene Situation zu verbessern:

5 Die Überlebensphase: Im Wasser

Wegen des größeren Wärmeverlustes im Wasser ist es immer besser, wenn man sich außerhalb des Wassers befindet statt im Wasser - ungeachtet dessen, wie dieses vielleicht zunächst empfunden wird - und es ist besser, wenn man sich teilweise außerhalb des Wassers befindet, falls man nicht vollständig aus ihm herauskommen kann.

Nachdem die anfänglichen Reaktionen vorüber sind und man die Kontrolle über die eigene Atmung zurückgewonnen hat, muss man:

6 Die Rettungsphase: Anleitung für die bei der Suche und Rettung eingesetzten Personen

Suche kommt eventuell vor der Rettung. Man muss daran denken:

Rettung

Bergen aus dem Wasser:

Bergen aus Überlebensfahrzeugen:

7 Behandlung der aus dem kalten Wasser geborgenen Personen

Die Personen sind auf Lebenszeichen zu untersuchen. Atmet das Unfallopfer? Sind sie bewusstlos (nicht reagierend) oder bei Bewusstsein?

Es ist, wie nachfolgend beschrieben, mit den geeigneten Erste-Hilfe-Sofortmaßnahmen zu beginnen. Siehe auch das Ablaufdiagramm im Anhang:

Es ist immer ärztlicher Rat so bald wie möglich einzuholen, auch wenn das Unfallopfer nicht lange im kalten Wasser gewesen und bei Bewusstsein ist. Eine kostenlose funkärztliche Beratung kann bei einem Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) eingeholt werden, mit dem über eine Rettungsleitstelle (Rescue Coordination Centre - RCC) Verbindung aufgenommen werden kann. Beratung in Deutschland durch Telemedical Maritime Assistance Service - TMAS Germany, Cuxhaven, Tel. 0(49) 4721.785 (Notfall), email: medico@tmasgermany.de

Unfallopfer ohne Bewusstsein

Es sind die Standard-Erste-Hilfe-Sofortmaßnahmen anzuwenden.

Wenn keine Atmung vorhanden ist:

Wenn Atmung vorhanden ist, aber ohne Bewusstsein:

Unfallopfer bei Bewusstsein

Kurzzeitige Exposition (weniger als etwa 30 Minuten) und der Überlebende zittert

Langzeitige Exposition (mehr als 30 Minuten) und/ oder der Überlebende zittert nicht

Wenn sich der Zustand des Überlebenden verschlechtert, muss man auf die vorstehenden Behandlungsmaßnahmen für Unfallopfer ohne Bewusstsein zurückgehen.

8 Behandlung von aus Überlebensfahrzeugen geborgenen Personen

Insassen, die kurzzeitig (2 bis 3 Tage) ausgesetzt und trocken waren und vollkommen munter sind, können eine Behandlung für leichte Unterkühlung erforderlich machen, wie sie vorstehend für Überlebende bei Bewusstsein beschrieben ist.

Insassen, die nass und kalt und weniger munter sind, müssen in einer halbwaagerechten Position geborgen werden, und sind in der gleichen Art und Weise zu behandeln wie Unfallopfer, die im Wasser waren, bei gleichem Wachheits-Zustand.

Es sind warme gezuckerte Getränke zu geben.

Es ist ärztlicher Rat einzuholen. Eine kostenlose funkärztliche Beratung kann bei einem Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) eingeholt werden, mit dem über eine Rettungsleitstelle (Rescue Coordination Centre - RCC) Verbindung aufgenommen werden kann. Beratung in Deutschland durch Telemedical Maritime Assistance Service - TMAS Germany, Cuxhaven, Tel. 0(49) 4721.785 (Notfall), email: medico@tmasgermany.de

9 Behandlung der anscheinend Toten

Was man mit Personen macht, die anscheinend tot geborgen werden, keine Lebenszeichen zeigen und bei Berührung äußerst kalt sind, ist eine sehr schwierige Frage.

Aller Wahrscheinlichkeit nach werden sie tatsächlich tot sein, besonders wenn es Zeugenaussagen von anderen Überlebenden gibt, dass sie seit vielen Stunden in diesem Stadium gewesen sind.

Wenn es jedoch derartige Zeugenaussagen nicht gibt, muss angenommen werden, dass sie vielleicht am Leben sind, aber an einer drastischen Unterkühlung leiden; das heißt, das Herz kann noch arbeiten, aber nur mit einer derart äußerst reduzierten Herztätigkeit, dass der Puls nicht gefühlt werden kann, und die Augenpupillen sehr erweitert sind.

Es ist immer ärztlicher Rat so bald wie möglich einzuholen. Eine kostenlose funkärztliche Beratung kann bei einem Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) eingeholt werden, mit dem über eine Rettungsleitstelle (Rescue Coordination Centre - RCC) Verbindung aufgenommen werden kann. Beratung in Deutschland durch Telemedical Maritime Assistance Service - TMAS Germany, Cuxhaven, Tel. 0(49) 4721.785 (Notfall), email: medico@tmasgermany.de

Die anscheinend Toten sind wie folgt zu behandeln:

10 Zusammenfassung

In diesem Leitfaden wurde kurz dargestellt, wie der eigene Körper auf Kälte reagiert, was man tun kann, um zu helfen, seine schädlichen Auswirkungen abzuwenden, und letztendlich, wie man den Personen hilft, die aus dem Wasser oder aus Überlebensfahrzeugen geborgen wurden.

Lass uns einige wichtige Gedächtnisstützen über das Überleben zusammenfassen. Befolge sie, das eigene Leben könnte eines Tages von ihnen abhängen:

Vorherige Kenntnisse, Planung, Vorbereitung und der Gedanke an deinen Teil können die maßgeblichsten Faktoren bei deinem Überleben sein - oder bei der Behandlung anderer, die der Kälte ausgesetzt gewesen sind.

Mache dich vertraut mit dem Inhalt dieses Leitfadens.

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Behandlung von aus dem Wasser geborgener PersonenAnhang

Es ist immer ärztlicher Rat so bald wie möglich einzuholen. Eine kostenlose funkärztliche Beratung kann bei einem Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) eingeholt werden, mit dem über eine Rettungsleitstelle (Rescue Coordination Centre - RCC) Verbindung aufgenommen werden kann. Beratung in Deutschland durch Telemedical Maritime Assistance Service - TMAS Germany, Cuxhaven, Tel. 0(49) 4721.785 (Notfall), email: medico@tmasgermanyv.de

1) Nach medizinischer Vereinbarung ist klinische Hypothermie gegeben, wenn die Körpertieftemperatur oder die Körperkerntemperatur unter 35 °C (95 °F) absinkt; das ist gegeben, wenn etwa 2 °C (3,5 °F) verloren gegangen sind. Mit fortdauernder Abkühlung wird das Bewusstsein zunehmend getrübt und wird dann verloren gehen, letztendlich wird der Tod folgen. In kaltem Wasser ist der Tod durch Hypothermie selbst jedoch relativ selten. Eine größere Gefährdung geht vom Wärmeverlust der Muskulatur aus: Das Unfähigmachen kann dann bei den Unfallopfern dazu führen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Atemwege - den Mund und/oder die Nase - vom Wasser freizuhalten, sodass sie ertrinken. Daraus folgt die Wichtigkeit, angemessen angezogen zu sein und eine richtig angelegte und angepasste Rettungsweste zu tragen

2) Das Bad oder die Dusche sollte eine Temperatur von 39-41 °C (102- 106 °F) haben. Bei viel weniger als dieser Temperatur wird der Körper des Überlebenden weiterhin auskühlen, auch wenn sich das Wasser "warm" anfühlt. Falls man kein Thermometer hat, taucht man seinen nackten Ellenbogen in das Wasser ein; die Wärme wird bei etwa richtiger Temperatur erträglich sein, aber nicht oberhalb dieser Temperatur.

*) Durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr wird hiermit das Rundschreiben des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/Rundschreiben 1185/ Rev.1 , "Leitfaden für das Überleben in kaltem Wasser", in deutscher Sprache amtlich bekannt gemacht.

UWS Umweltmanagement GmbHENDE