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Regelwerk, Gefahrgut/Transport See

IMO-Rundschreibens - MSC. 1/Circ.1405/Rev.2
"Überarbeitete vorläufige Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von bewaffnetem privaten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet"
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Vom 15. Mai 2013
(VkBl. Nr. 11 vom 15.06.2013 S. 640)



Siehe Fn. *

1 Der Schiffssicherheitsausschuss hat auf seiner neunundachtzigsten Tagung (vom 11. bis 20. Mai 2011) die vorläufigen Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet gebilligt.

2 Angesichts der Bedeutung und der Dringlichkeit des Problems sowie der Notwendigkeit, sobald wie möglich detaillierte Leitlinien und Empfehlungen weiterzuentwickeln und zu veröffentlichen, hat der Ausschuss die Einberufung einer außerordentlichen Tagung der Arbeitsgruppe Gefahrenabwehr in der Schifffahrt und Piraterie (vom 13. bis 15. September 2011) zur Aktualisierung der Leitlinien gebilligt und der Rat hat dies genehmigt.

3 Die vorläufigen Leitlinien wurden anschließend vom Schiffssicherheitsausschuss auf seiner 19. Tagung (16. bis 25. Mai 2012) aufgrund notwendiger Änderungen überarbeitet, die sich aus der Entwicklung der vorläufigen Leitlinien für private Bewachungsunternehmen für Gefahrenabwehr in der Schifffahrt gemäß MSC.1 /Circ.1443 betreffend die vorläufigen Leitlinien für private Bewachungsunternehmen für die Gefahrenabwehr in der Schifffahrt, die private bewaffnete Bewachungskräfte an Bord von Seeschiffen im Hochrisikogebiet anbieten, ergaben.

4 Die überarbeiteten vorläufigen Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet sind in der Anlage wiedergegeben.

5 Die beigefügten überarbeiteten vorläufigen Leitlinien sollten in Verbindung mit den folgenden Dokumenten gelesen werden: den in MSC.1/Circ.1443; MSC.1/ Circ.1406/Rev.2 dargelegten vorläufigen Empfehlungen über die überarbeiteten vorläufigen Empfehlungen für Flaggenstaaten zum Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet und dem Dokument MSC.1/ Circ.1408/Rev.1 über die überarbeiteten vorläufigen Empfehlungen für Hafen- und Küstenstaaten zum Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet, den Informationen in dem Dokument MSC-FAL.1/Circ.2 zu dem Fragebogen zu Informationen über die Vorschriften von Hafen- und Küstenstaaten für privates bewaffnetes Wachpersonal an Bord von Schiffen sowie den anderen von der Organisation erarbeiteten Empfehlungen und Leitlinien zur Verhütung und Unterbindung von Piraterie und bewaffneten Überfällen auf Schiffe.

6 Die Mitgliedsregierungen werden dringend gebeten, dieses Rundschreiben allen nationalen Behörden zur Kenntnis zu bringen, die mit der Bekämpfung der Piraterie befasst sind, sowie Reedern, Schiffsbetreibern, Schifffahrtsunternehmen, Schiffsführern und Besatzungen.

7 Die Mitgliedsregierungen werden auch dringend gebeten, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die in der Anlage wiedergegebenen überarbeiteten vorläufigen Leitlinien angemessen umzusetzen.

8 Die Mitgliedsregierungen, internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen mit Konsultativstatus werden gebeten, dem Ausschuss bei nächster Gelegenheit die Ergebnisse der Erfahrungen mit der Anwendung den überarbeiteten vorläufigen Leitlinien mitzuteilen, um den Ausschuss bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen zu unterstützen.

9 Das Rundschreiben MSC.1/Circ.1405/Rev.1 wird hiermit zurückgezogen.

Überarbeitete vorläufige Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von bewaffnetem privaten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet 1

1 Einleitung

1.1 Die gestiegene Bedrohung der Handelsschifffahrt durch somalische Piraten hat zu einem verstärkten Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal und zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Unternehmen geführt, die Dienste zur bewaffneten Gefahrenabwehr in der Schifffahrt für Schiffe anbieten, die durch das Hochrisikogebiet fahren. Die Organisation begrüßt zwar nicht den Einsatz von privatem bewaffneten Wachpersonal (PCASP - privately contracted armed security personnel), hat aber dafür Verständnis, dass es für Schifffahrtsunternehmen schwierig sein kann, zuverlässige professionelle private Anbieter von bewaffneten Bewachungsdiensten zu finden.

1.2 Für Reeder ist es eine heikle Entscheidung, PCASP an Bord von Schiffen einzusetzen. Das Fehlen entsprechender Vorschriften und die Selbstregulierung der Branche in Verbindung mit komplizierten Rechtsvorschriften über die legale Beförderung, das legale Tragen und den legalen Gebrauch von Schusswaffen 2 geben Anlass zur Sorge. Diese Situation wird durch die rasche Zunahme privater Bewachungsunternehmen für die Gefahrenabwehr in der Schifffahrt (PMSC - private maritime security companies) und Zweifel hinsichtlich der Fähigkeiten und der Seriosität einiger dieser Unternehmen noch komplizierter. Bei den Anbietern von Diensten gibt es erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Kompetenz und der Qualität.

1.3 Mit diesen Leitlinien soll Reedern, Schiffsbetreibern und Schiffsführern, die den Einsatz von PCASP an Bord von Schiffen als zusätzlichen Schutz gegen Piraten erwägen, eine Hilfestellung gegeben werden.

1.4 Wichtig ist es, festzuhalten, dass die Rechtsprechung des Flaggenstaats und somit auch alle Gesetze und Vorschriften des Flaggenstaates für den Einsatz von PMSC und PCASP gelten. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass die Gesetze der Hafen- und Küstenstaaten ebenfalls auf solche Schiffe angewandt werden können.

1.5 Der Einsatz von PCASP sollte nicht als Alternative zur Anwendung der besten Strategien und Verhaltensweisen zum Schutz gegen somalische Piraterie (BMP - Best Management Practices) und anderer Schutzmaßnahmen angesehen werden. Der Einsatz bewaffneter Wachmannschaften an Bord sollte erst dann als ein Mittel zum Schutz des Schiffes und seiner Besatzung in Erwägung gezogen werden, wenn zuvor eine Gefährdungsanalyse erstellt worden ist. Es ist außerdem wichtig, den Schiffsführer am Entscheidungsprozess zu beteiligen.

2 Begriffsbestimmungen

Hochrisikogebiet: ein Gebiet entsprechend der Definition nach den BM P, sofern es vom Flaggenstaat nicht anders definiert ist.

Private Bewachungsunternehmen zur Gefahrenabwehr in der Schifffahrt (PMSC): Private Anbieter, die zum Schutz gegen Piraterie sowohl bewaffnetes als auch unbewaffnetes Wachpersonal an Bord einsetzen.

Privates bewaffnetes Wachpersonal (PCASP): bewaffnetes Personal privater Bewachungsunternehmen für die Gefahrenabwehr in der Schifffahrt (PMSC).

3 Gefährdungsanalyse

3.1 Die Reeder sollten sicherstellen, dass in einem frühen Stadium der Entscheidungsfindung über den Einsatz von PCASP auf einem Schiff der Flaggenstaat konsultiert wird, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.

3.2 Ob PCASP im Hochrisikogebiet eingesetzt werden soll, muss der einzelne Reeder entscheiden, allerdings erst nach einer gründlichen Gefährdungsanalyse und nachdem sichergestellt ist, dass alle anderen geeigneten Mittel des Selbstschutzes ausgeschöpft sind.

3.3 Die Gefährdungsanalyse sollte die folgenden Punkte und Erwägungen enthalten und dokumentieren, die vor dem Entschluss angestellt werden müssen, die entsprechenden Schritte einzuleiten:

  1. Gefahrenabwehr, Sicherheit und Schutz von Schiff und Besatzung;
  2. die Frage, ob alle anderen geeigneten Selbstschutzmaßnahmen tatsächlich vorher getroffen worden sind;
  3. der mögliche Missbrauch von Schusswaffen, der Körperverletzung oder Tod zur Folge hat;
  4. mögliche, nicht unbedingt vorhersehbare Unfälle;
  5. Haftungsfragen;
  6. die Möglichkeit einer Eskalation aufgrund der bestehenden Situation und
  7. die Einhaltung internationaler und nationaler Rechtsvorschriften.

4. Kriterien für die Auswahl von PMSC (privater Bewachungsunternehmen für die Gefahrenabwehr in der Schifffahrt)

4.1 Wie bei der Auswahl jeder Art von Anbietern, kommt es darauf an, die übliche gebührende Sorgfalt walten zu lassen, wozu normalerweise Nachforschungen und Erkundigungen in Bezug auf:

  1. Unternehmensstruktur und Ort ihrer Registrierung;
  2. Eigentumsverhältnisse des Unternehmens;
  3. Finanzlage (z.B. Jahresabrechnungen/Bankauskünfte);
  4. Umfang des Versicherungsschutzes (insbesondere bei der Haftpflichtversicherung);
  5. Erfahrenheit der Führungskräfte und
  6. Qualitätsmanagementindikatoren, z.B. ISO-Akkreditierung.

Hintergrundinformationen über PMSC

4.2 Zur Beurteilung der Fähigkeit des PMSC, einen Auftrag durchzuführen, sollten zu dem in Frage kommenden PMSC gründliche Erkundigungen eingezogen werden, insbesondere dann, wenn kein zuverlässiges Akkreditierungssystem für PMSC vorhanden ist.

4.3 Das PMSC sollte u. a. schriftlich dokumentiert Folgendes nachweisen:

  1. Erfahrungen mit Einsätzen auf See (im Gegensatz zu solchen an Land);
  2. schriftliche Verfahrensbestimmungen für die Betriebsleitung u. a. Teamführungsqualitäten, Befehlsstruktur, Führungswechsel, Kompetenzen bei der Lebensrettung;
  3. Kenntnis der Vorschriften des Flaggen-, Hafen- und Küstenstaats über das Tragen und den Gebrauch von Schusswaffen;
  4. Vorliegen von Empfehlungsschreiben/Referenzen früherer Kunden aus dem Bereich der Seeschifffahrtsi ndustrie;
  5. Vorliegen von dokumentarischen Nachweisen, dass die Schusswaffen legal beschafft, aufbewahrt, getragen, benutzt, befördert sowie an und von Bord gebracht wurden;
  6. Kenntnis der Bedrohung durch Piraten aus Somalia und der Militäroperationen in dem Gebiet sowie die Mittel, auf dem aktuellen Kenntnisstand zu bleiben;
  7. Kenntnis der BMP und vor allem der Maßnahmen zum Schutz von Schiffen sowie
  8. Zugang zu in der Seeschifffahrt fachkundiger Rechtsberatung (z.B. Justiziar/externe Rechtsberater), 24 Stunden an 7 Tagen.

Auswahl und Überprüfung von PMSC

4.4 Da die Qualität der Dienstleistungen in sehr hohem Maße von den Fähigkeiten und der Erfahrung der Einzelnen abhängt, aus denen ein an Bord zu nehmendes PMSC-Team besteht, ist die Art und Weise der Auswahl und die Überprüfung des Einzelnen auf Herz und Nieren äußerst wichtig. Die PMSC sollten nachweisen, dass sie nachprüfbare interne schriftlich niedergelegte Taktiken und Verfahrensbestimmungen zur Feststellung der Eignung ihrer Beschäftigten haben.

4.5 Das PMSC sollte u. a. schriftlich dokumentiert Folgendes nachweisen:

  1. Polizeiliches Führungszeugnis;
  2. Prüfung des beruflichen Werdegangs;
  3. Überprüfung von Dienstzeiten in den Streitkräften und der Polizei, soweit vorhanden
  4. Nachweise der gesundheitlichen, körperlichen und geistigen Eignung des Personals (einschließlich regelmäßige Prüfungen auf Drogen- und Alkoholkonsum);
  5. ein nachprüfbares System, um die permanente Einsatzfähigkeit des Personals zu gewährleisten;
  6. dokumentarische Nachweise für die einschlägige Erfahrung und Zertifizierung hinsichtlich des Gebrauchs und des Tragens der einzusetzenden Schusswaffen und
  7. Verfahren zur Beschaffung von Ausweispapieren, Reiseunterlagen und Visa.

Schulung des PCASP (privaten bewaffneten Wachpersonals)

4.6 Da die Qualität der beruflichen Schulung des PCASP äußerst wichtig ist, sollte der Reeder prüfen, ob das PMSC über entsprechende Schulungsverfahren verfügen. Die Schulungsnachweise sollten die Gewissheit bieten, dass dem PCASP die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt worden sind.

4.7 Das PMSC sollte u. a. schriftlich dokumentiert Folgendes nachweisen:

  1. dass eine Anfangs- und eine Auffrischungsschulung stattgefunden haben, was anhand umfassender, detaillierter Schulungsnachweise belegt werden kann;
  2. vorbehaltlich zusätzlicher Anforderungen des Flaggenstaats, soll das PCASP mindestens eine Übungseinheit zur Einarbeitung an Bord (auch in Bezug auf Funkprotokolle) erhalten haben
  3. dass das Personal nach schriftlich festgelegten, betriebsinternen Standards in der angemessenen Anwendung von Gewalt entsprechend den von dem Flaggenstaat anerkannten Grundsätzen/Richtlinien geschult und ausgebildet worden ist;
  4. dass das Personal im Umgang mit speziellen Schusswaffen und anderer Sicherheitsausrüstung geschult ist, welche auf den Schiffen zum Einsatz kommen, auf denen es tätig werden soll;
  5. dass das Personal eine medizinische Schulung nach einem anerkannten internationalen Standard erhalten hat, und
  6. dass das Personal eine geeignete Schulung und/oder Einweisung erhalten hat unter besonderer Berücksichtigung der Art des Schiffes, des Gebiets, in dem das Schiff fahren soll, der Bestimmungen des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS-Code) und des Internationalen Codes für die Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs (ISM-Code) sowie der BMP.

5 Erwägungen zu Bestimmungen für die Erbringung von Dienstleistungen

Versicherung

5.1 Die Reeder sollten prüfen, ob die PMSC einen Versicherungsschutz für sich, ihr Personal und für Haftpflichtansprüche besitzen und ob die Vertragsbedingungen dieser privaten Bewachungsunternehmen den Versicherungsschutz der Reeder möglicherweise beeinträchtigen.

Versicherungsschutz der Reeder

5.2 Verpflichtungen, Verluste und Ausgaben im Zusammenhang mit dem Einsatz der PCASP können Auswirkungen auf die Sach- und die Haftpflichtversicherung des Reeders haben. Den Reedern wird dringend empfohlen, sich mit ihren Versicherern zu beraten, bevor sie PCASP unter Vertrag nehmen und an Bord einsetzen, um die möglichen Auswirkungen auf ihren Versicherungsschutz zu beurteilen, insbesondere in Bezug auf bewaffnete Auseinandersetzungen und dem Schutz der Haftpflichtversicherung der PMSC.

Versicherungsschutz der PMSC

5.3 PMSC sollten nachweisen, dass sie für die Dauer des Vertrages über folgenden Versicherungsschutz verfügen und aufrechterhalten:

  1. Unternehmens- und Arbeitgeberhaftpflichtversicherung in angemessenem Umfang entsprechend den Vorgaben des Reeders und
  2. Personenunfall-, Arztkosten-, Krankenhaus- und Rücktransportversicherung.

5.4 Diese PMSC sollten ihr Personal, das auf hoher See und in Hoheitsgewässern Schusswaffen tragen und gebrauchen soll, gegen Unfälle, Verletzungen und Schäden, die durch den Gebrauch von Schusswaffen entstehen, sowie gegen Haftpflichtansprüche aufgrund des Tragens und des Gebrauchs von Schusswaffen versichern.

5.5 Die Reeder, Charterer und Versicherungen müssen unbedingt alle Bestimmungen ihrer Charterverträge und Policen überprüfen, um sicherzustellen, dass die angesprochenen Fragen ausreichend berücksichtigt werden.

Größe, Zusammensetzung und Ausrüstung des PCASP-Teams

5.6 Größe, Zusammensetzung und Ausrüstung des ins Auge gefassten PCASP-Teams sollten mit dem Reeder, der mit dem PMSC einen Vertrag schließt, gründlich besprochen und von ihm - sofern notwendig - gebilligt werden. Folgende Faktoren können in die Überlegungen einbezogen werden:

  1. Größe des PCASP-Teams - sie hängt u. a. von folgenden Faktoren ab: voraussichtliche Fahrzeit des Schiffes durch das bedrohte Gebiet, letzte Bewertung der Bedrohungslage, vertraglich vereinbarte Aufgaben des PCASP-Teams (sollen sie als zusätzliche Ausgucks eingesetzt werden, bei Selbstschutzmaßnahmen mitwirken?) und von der Größe und Art des Schiffes. Bei der Analyse sollte die Mindestzahl der Personen angegeben werden, aus denen das Bewachungsteam bestehen sollte, wobei zu berücksichtigen ist, dass auch in Fällen von Verletzung oder Krankheit der Schutz weiterhin gewährleistet sein muss.
  2. Schiffssicherheitszeugnis - die Anzahl der Personen des PCASP-Teams sollte zusammen mit der Besatzung nicht die nach dem Schiffssicherheitszeugnis zugelassene überschreiten. Wenn die Vorgaben des Schiffssicherheitszeugnisses wegen des zusätzlichen Wachpersonals nicht erfüllt werden können, sollte die Verwaltung des Flaggenstaats konsultiert werden.
  3. Zusammensetzung - es ist wichtig, dass innerhalb des PCASP-Teams an Bord eine angemessene Rangordnung sowie eine gute Mischung aus Erfahrungen und Fertigkeiten vorhanden ist. Der Teamleiter sollte fachmännisch Schwachstellen von Schiffen und Gefährdungsanalysen beurteilen können und fähig sein, Ratschläge zu Schutzmaßnahmen bei Schiffen erteilen zu können. Es wird empfohlen, dass ein Mitglied des PCASP-Teams als Teamsanitäter ausgebildet ist.
  4. Vorschriften für die Ausrüstung - sie hängen u. a. von folgenden Faktoren ab: voraussichtliche Fahrzeit des Schiffes durch das bedrohte Gebiet, letzte Bewertung der Bedrohungslage, die vereinbarten Aufgaben des PCASP-Teams (Einsatz als zusätzliche Ausgucks, Verwendung von Tag- und Nachtsichtgeräte, Mitwirkung bei Selbstschutzmaßnahmen) und Größe und Art des Schiffes. Es wird eine verstärkte medizinische Ausrüstung empfohlen; und
  5. Schusswaffen: das geeignete Schusswaffenarsenal, das nach den geltenden Rechtsvorschriften des Flaggenstaats - bezogen auf den für PCASP erlaubten Typ der Schusswaffen, das Tragen und deren Gebrauch - eingesetzt werden darf, um aus Entfernung eine präzise, abgestufte Abschreckung zu erreichen.

Befehlsgewalt und Kontrolle über das Bewachungsteam an Bord - einschließlich ihres Verhältnisses zum Schiffsführer

5.7 Wenn ein Reeder/Schiffsbetreiber mit einem PMSC einen Vertrag schließt, sollte er sicherstellen, dass die Befehls- und Kontrollstruktur für den Schiffsbetreiber, den Schiffsführer, die Schiffsoffiziere und den Leiter des PCASP-Teams genau geregelt und schriftlich festgehalten ist.

5.8 Außerdem sollte vor der Einschiffung des PCASP der Reeder sicherstellen, dass der Schiffsführer und die Besatzung eingewiesen, Übungen geplant und ausgeführt sind, damit das gesamte Personal an Bord vor dem Einlaufen in das Hochrisikogebiet alle seine Aufgaben und Pflichten kennt.

5.9 Um die erforderliche Eindeutigkeit zu gewährleisten, sollte eine Befehls- und Kontrollstrukturvereinbarung folgendes enthalten:

  1. eine eindeutige Aussage, in der anerkannt wird, dass der Schiffsführer zu jeder Zeit die Befehlsgewalt innehat und die allen übergeordnete Führungsgewalt an Bord beibehält und für den Fall, dass der Kapitän nicht verfügbar ist, ein vorab festgelegtes Verfahren;
  2. eine Reihe von eindeutig, schriftlich festgelegten schiffs- und fahrtspezifischen Verfahren für die Schiffsführung, die u. a. die Durchführung von Übungen und Verfahrensweisen bei realen Vorfällen einschließen
  3. eine schriftliche Liste der Aufgaben, der erwarteten Art ihrer Erfüllung, des Verhaltens der PCASP und schriftliche Nachweise über deren Tätigkeiten an Bord während der gesamten Dienstzeit
  4. ein transparenter wechselseitiger Informationsfluss und eine erkennbare Koordinierung und Kooperation zwischen dem Reeder, dem Charterer, den PCASP, PMSC sowie dem Schiffsführer, den Offizieren und der Besatzung während des gesamten Einsatzes.

5.10 Eine erfolgreiche Erfüllung der Aufgaben könnte dadurch erreicht werden, dass

  1. während des gesamten vertraglich festgelegten Aufenthalts an Bord ständig aktualisierte Bedrohungsbewertungen auf der Basis von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen vorhanden sind und diese Informationen dazu benutzt werden, Vorschläge für die geplante Fahrstrecke des Schiffes zu machen, diese auch erforderlichenfalls zu ändern, wobei die vertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf das Schiff zu berücksichtigen sind;
  2. die täglichen Tätigkeiten des PCASP- Teams an Bord überwacht werden;
  3. für 24 Stunden täglich ein Noteinsatzplan und ein Krisenplan zur Hand sind, die alle vorhersehbaren Verteidigungsmaßnahmen enthalten, und
  4. den in den Berichten des an Bord tätigen PCASP- Teams erhobenen Forderungen zu Übungen der Besatzung und der Verbesserung der Abwehrfähigkeit des Schiffes nachgegangen wird.

Behandlung von Schusswaffen und Munition vom Betreten bis zum Verlassen des Schiffes

5.11 Eine wesentliche Anforderung an das PCASP-Team ist, dass es während des gesamten Aufenthalts an Bord ein verantwortungsvolles Verhalten im Umgang und Gebrauch von Schusswaffen und Munition zeigt.

5.12 Dabei sollte u. a. Folgendes beachtet werden:

  1. schriftlich dokumentiert sollten sein: die Einhaltung der anzuwendenden Rechtsvorschriften und Bedingungen des jeweiligen Flaggen-, Küsten und Hafenstaats über die Beförderung, das Tragen, die Aufbewahrung, Bereitstellung und den Gebrauch von Schusswaffen, Munition und Sicherheitsausrüstung bis zu der Ein- und Ausschiffungsstelle oder den Häfen/Orten, die das Schiff während seiner geplanten Fahrt möglicherweise anläuft, w sich das PCASPTeam an Bord befindet. Das PCASP-Team sollte nachweisen können, dass der mitgeführte Ist-Bestand allen dokumentierten Erklärungen entspricht, einschließlich die Übereinstimmung der Export/Import Genehmigungen mit allen anwendbaren Bestimmungen;
  2. das Vorhandensein geeigneter Behälter für Schusswaffen, Munition und Sicherheitsausrüstung schon von der Stelle an, wo sie auf das und vom Schiff gebracht werden, was in vollständiger rechtlicher Übereinstimmung mit der nationaler Rechtsprechung und den Gesetzen des Hafenstaates erfolgen muss;
  3. das Vorhandensein schriftlich festgelegter Standards und Verfahren zur Führung einer vollständigen Bestandsliste der gesamten Schusswaffen, Munition und Sicherheitsausrüstung, die bei Ankunft auf dem Schiff zur Verfügung stehen (in der Bestandsliste sollten die Marke, das Modell, das Kaliber, die Seriennummer und das Endbenutzerzertifikat des Unternehmens sowie der Kaufnachweis für alle Schusswaffen und Zubehörteile genau angegeben sein; außerdem sollte sie Einzelheiten über die Art der Munition und die Menge enthalten);
  4. das Bestehen von effektiven Kontrollverfahren für die getrennte, sichere Lagerung und Verwendung von Schusswaffen, Munition und Sicherheitsausrüstung an Bord;
  5. Bereiche, in denen Schusswaffen getragen bzw. nicht getragen werden dürfen, sollten zusammen mit der Angabe des Zustands der Waffe (z.B. ungeladen und Magazin entnommen, Magazin eingesetzt, Sicherungshebel umgelegt und keine Patrone zugeführt) ausdrücklich genannt werden wie auch welche Umstände eine Änderung dieses Zustands veranlassen;
  6. detaillierte und eingeübte Befehle, wann Schusswaffen geladen und für den Gebrauch "bereit gemacht" werden können, sollten in bestimmten Zeitabständen, die im Vertrag mit dem PCASP angegeben sind, bestätigt, trainiert und dokumentiert werden, um bei dem Gebrauch von Schusswaffen an Bord des Schiffes die größtmögliche Sicherheit und Einsatzfähigkeit im Ernstfall zu gewährleisten, und
  7. die Bestandsliste sollte beim Ausladen aller Schusswaffen und Munition abgeglichen werden.

Regeln für die Anwendung von Gewalt

5.13 Es ist unbedingt erforderlich, dass alle im PCASPTeam die zwischen dem Reeder, dem PMSC und dem Schiffsführer vereinbarten Regeln zur Anwendung von Gewalt genau kennen und diese in vollem Umfang einhalten. Das PCASP sollte sich voll und ganz dessen bewusst sein, dass seine Hauptaufgabe darin besteht, das Entern mit möglichst geringer Gewaltanwendung zu verhindern. Als Teil der Regeln zum Einsatzverfahren für seine Teams sollte das PMSC einen detaillierten Plan für eine abgestufte Reaktion auf einen Piratenangriff erstellen.

5.14 Das PMSC sollte sein Personal anweisen, alle vertretbaren Schritte zu unternehmen, um Gewaltanwendung zu vermeiden. Wird Gewalt angewendet, so sollte dies in einer Weise geschehen, die mit dem geltenden Recht übereinstimmt. In keinem Fall sollte bei Gewaltanwendung über das unbedingt erforderliche Maß hinausgegangen werden, und in jedem Fall sollte so gehandelt werden, dass dies verhältnismäßig zur Bedrohung und der Situation angemessen geschieht.

5.15 Das PMSC sollte vorschreiben, dass sein Personal keine Schusswaffen gegen Personen einsetzt, außer zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung anderer.

Berichte und Aufzeichnungen

5.16 Der Schiffsführer sollte jeden Fall, in dem Schusswaffen, ob mit oder ohne Absicht, abgefeuert wurden, ins Logbuch eintragen. Solche Vorfälle sollten vollständig und hinlänglich im Detail dokumentiert werden, um einen formalen, schriftlichen Bericht für den Schiffseigner/Reeder zur Vorlage an den Flaggenstaat zu erstellen.

5.17 Als Anforderungen für einen formalen, schriftlichen Bericht könnten folgende Angaben in Betracht gezogen werden:

  1. Zeit und Ort des Vorfalls;
  2. Einzelheiten der Vorkommnisse, die zu dem Vorfall geführt haben;
  3. schriftliche Erklärungen aller Zeugen sowie der an dem Vorfall beteiligten Mitglieder der Schiffsbesatzung und des Bewachungsteams;
  4. Feststellung der Identität und genaue Personenangaben der an dem Vorfall beteiligten Mitglieder des Personals;
  5. Einzelheiten des Vorfalls;
  6. bei dem Vorfall erlittene Verletzungen und/oder entstandener Sachschaden und
  7. aus dem Vorfall gezogene Lehren und gegebenenfalls empfohlene Verfahren zur Vermeidung der Wiederholung des Vorfalls.

5.18 Für den Fall, dass das PCASP Gewalt anwendet, sollte seinen Teamchefs angeraten werden, im Hinblick auf ein Gerichtsverfahren Fotografien anzufertigen (sofern dies angebracht ist), den Vorfall schriftlich festzuhalten, ihn zu melden und zeitnahe schriftliche Erklärungen aller bei dem Vorfall Anwesenden zu sammeln.

PCASP Berichterstattung

5.19 Zusätzlich zu der Meldung der Vorfälle wird empfohlen, dass nach einem Einsatz das PCASP-Team dem Reeder/Schiffsbetreiber einen umfassenden Bericht zukommen lässt, falls gefordert über seinen Arbeitgeber, in dem alle Einzelheiten des Einsatzes, operative Angelegenheiten, Schulungsmaßnahmen und/oder die Verstärkung der Abwehrfähigkeit des Schiffes behandelt werden und Empfehlungen hinsichtlich einer eventuellen weiteren Verbesserung der Bewachung gegeben werden.

Eingruppierung der PCASP

5.20 Die Reeder/Schiffsbetreiber sollten bei der Eingruppierung von PCASP an Bord ihrer Schiffe die geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Flaggenstaats heranziehen.

Meldungen innerhalb des Hochrisikogebiets

5.21 Der Schiffsführer sollte den zuständigen Militärbehörden melden, wenn sich auf einem Schiff, das durch das Hochrisikogebiet fahren soll oder gerade dieses Gebiet durchquert, PCASP, Schusswaffen und sicherheitsbezogene Ausrüstung befinden.

Einweisung des Schiffsführers und der Besatzung

5.22 Reeder und Schiffsbetreiber sollten sicherstellen, dass der Schiffsführer und die Besatzung mit diesen Leitlinien vertraut gemacht werden.

_____
1) Hochrisikogebiet: ein Gebiet entsprechend der Definition nach den besten Strategien und Verhaltensweisen zum Schutz gegen somalische Piraterie (Best Management Practices against Somalia Based Piracy)(MSC.1/Circ.1339), sofern es vom Flaggenstaat nicht anders definiert ist.

2) In der vorliegenden Leitlinie schließen alle Hinweise auf Schusswaffen auch die dazugehörige Munition, das Verbrauchsmaterial, die Ersatzteile und die Wartungsausrüstung ein, die von den PCASP zu verwenden sind, und alle Hinweise auf sicherheitsbezogene Ausrüstung schließen auch die Schutz- und Kommunikationsausrüstung ein, die von PCASP zu verwenden sind.

Bekanntmachung des IMO-Rundschreibens MSC. 1/Circ.1405/Rev.2 vom 25. Mai 2012
"Überarbeitete vorläufige Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von bewaffnetem privaten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet"

Vom 15. Mai 2013
(VkBl. Nr. 11 vom 15.06.2013 S. 640)

Der Schiffssicherheitsausschuss MSC (Maritime Safety Committee) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO (International Maritime Organisation) hat in seiner 89. Tagung vom 11. bis 20. Mai 2011 die vorläufigen Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von bewaffnetem privaten Wachpersonal an Bord von Schiffen im Hochrisikogebiet erarbeitet. In einer weiteren Tagung der Arbeitsgruppe Gefahrenabwehr in der Schifffahrt und Piraterie vom 13. bis 25. September 2011 wurden die vorläufigen Leitlinien noch einmal überprüft, verbessert und aktualisiert. In der 90. Tagung des MSC (16.05. bis 25. Mai 2012) sind diese schließlich angenommen und vom Rat genehmigt worden.

Die überarbeiteten vorläufigen Leitlinien für Reeder, Schiffsbetreiber und Schiffsführer über den Einsatz von bewaffnetem privaten Wachpersonal des IMO-Rundschreibens MSC. 1/Circ.1405/Rev.2 werden nachfolgend in deutscher und englischer Sprache bekanntgegeben.

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