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Regelwerk

Neue und aktualisierte Referenzwerte für Schädlingsbekämpfungsmittel: Organophosphat- und Pyrethroid-Metabolite im Urin von Kindern in Deutschland
- Stellungnahme der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltamtes -

(Bundesgesundheitsbl. Nr. 10/2009 S. 964)



Einleitung

Nach dem Verbot zahlreicher Organochlorpestizide werden heute im Wesentlichen - neben Carbamaten - Organophosphate und Pyrethroide im Pflanzenschutz und zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in privaten Haushalten eingesetzt. Insbesondere eine nicht sachgemäße Anwendung kann zu erhöhten Expositionen der Verbraucherinnen und Verbraucher führen, sei es durch belastete Lebensmittel oder durch Aufenthalt in entsprechend behandelten Räumen. Organophosphatpestizide und Pyrethroide haben neurotoxische Wirkungen auch auf den Menschen. Pyrethroide verfügen zusätzlich über endokrinähnliche Wirkungen. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu akzidentellen Vergiftungen mit Organophosphaten, Pyrethroiden oder Pyrethroidhaltigen Pestizid-Mischungen.

Da bereits vor einigen Jahren ein Bedarf an Referenzwerten zur Beurteilung der Organophosphat- und Pyrethroid-Belastung der Bevölkerung bestand und die Daten zur Ausscheidung von Organophosphat- und Pyrethroidmetaboliten aus verschiedenen Untersuchungen in Deutschland mit Daten aus anderen industrialisierten Ländern recht gut übereinstimmten, hatte die Kommission im Jahr 2003 [1, 2, 3] und 2005 [2, 3, 4] aus den damals vorliegenden Angaben Referenzwerte abgleitet. Referenzwerte gestatten die Beurteilung der inneren Schadstoffbelastung von einzelnen Personen oder von Bevölkerungsgruppen im Vergleich zur ubiquitären Hintergrundbelastung. Das Konzept zur Ableitung von Referenzwerten hat die Kommission Human-Biomonitoring 1996 in dieser Zeitschrift publiziert [5]. Vor dem Hintergrund sich wandelnder Umweltbelastungen sind Referenzwerte ständig zu überprüfen und bei Vorliegen neuer Daten gegebenenfalls zu revidieren.

Auf der Basis des bevölkerungsrepräsentativen Kinder-Umwelt-Surveys 2003-06 [6, 7, 8, 9, 10] hat die Kommission für eine Reihe von Schadstoffen beziehungsweise deren Metaboliten in Blut und/oder Urin die bisherigen Referenzwerte für Kinder in Deutschland [11,12,13] aktualisiert, bestätigt oder modifiziert. Der vorliegende Beitrag gibt die neuen und aktualisierten Referenzwerte bekannt für die Dialkylphosphat-Metabolite: Dimethylphosphat (DMP), Dirnethylthiophosphat (DMTP), Dimethyldithiophosphat (DMDTP), Diethylphosphat (DEP) und Diethylthiophosphat (DETP) sowie für die folgenden Pyrethroidmetabolite: cis-Cl2 CA, trans-Cl2 CA (cis- und trans-3-(2,2-Dichlorvinyl)-2,2-dimethylcyclopropan-lcarbonsäure) und 3-PBA (3-Phenoxybenzoesäure) im Urin der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland.

Die Kommission weist ausdrücklich darauf hin, dass Referenzwerte rein statistisch abgeleitete Werte sind, denen per Definition keine gesundheitliche Bedeutung zukommt [5]. Das heißt, eine Überschreitung des Referenzwertes muss keine Gesundheitsgefahr bedeuten, ebenso wie eine Unterschreitung des Wertes nicht beweist, dass keine Gesundheitsgefahr besteht. Referenzwerte werden für die Beurteilung, ob bestimmte Personengruppen oder Einzelpersonen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besonders stark mit einem Schadstoff belastet sind, eingesetzt und bei anlassbezogenen oder regional begrenzten Studien sowie für die Bewertung von Untersuchungen bei Einzelpersonen zum Beispiel von Gesundheitsämtern herangezogen. Mit der Aktualisierung der Referenzwerte werden zeitliche Trends aufgezeigt, die Hinweise auf die Notwendigkeit oder den Erfolg umweltpolitischer Maßnahmen geben.

Datenbasis

Der Kinder-Umwelt-Survey (KUS) ist wie die vorangegangenen Umwelt-Surveys [14] eine bevölkerungsrepräsentative Querschnittsuntersuchung, bei der die Auswahl der Probanden nach einem gestuften mehrfach geschichteten Zufallsverfahren erfolgte. Der KUS ist das Umweltmodul des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts (RKI) [15,16,17], welches die Stichprobenziehung und die Feldarbeit auch für den KUS übernommen hat. Die Untersuchung der aus 150 Studienorten zufällig ausgewählten drei- bis 14-jährigen Kinder erfolgte zwischen Mai 2003 und Mai 2006. Die angewandten Methoden (Stichprobenziehung, Fragebogen, Probenahme, Analytik, Statistik) sind bei Becker et al. [6] und Schulz et al. [8, 10] beschrieben.

Die Berechnung der 95. Populationsperzentile und ihrer 95 %-Konfidenzintervalle erfolgte je Analyt nach dem parametrischen Verfahren unter Annahme einer log-Normalverteilung mit der Software SPSS für Windows, Version 14, oder nach dem Bootstrapping-Verfahren, sofern keine log-Normalverteilung vorlag, mit der Software R für Windows, Version 2.40.

Ergebnisse und Diskussion

Im Folgenden werden die für die Ableitung der Referenzwerte wesentlichen Ergebnisse zusammenfassend vorgestellt. Im KUS wurden bei einem repräsentativ ausgewählten Unterkollektiv von N=600 Kindern im Alter zwischen drei und 14 Jahren unter anderem die folgenden Dialkylphosphat-Metabolite im Morgenurin untersucht: DMP, DMTP, DMDTP, DEP, DETP und DEDTP (Diethyldithiophosphat) sowie die folgenden Pyrethroidmetabolite im Morgenurin bestimmt: cis-Cl2 CA, trans-Cl2CA, Br2 CA (3-(2,2-Dibromvinyl)-2,2-dimethylcyclopropan-icarbonsäure), 3-PBA und F-PBA (4-Fluor-3-phenoxybenzoesäure).

Metabolite von Organophosphaten im Urin

Die Metabolite mißt den relativ höchsten mittleren Gehalten im Urin der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland sind die beiden Dimethylphosphate DMP mit 15,8 µg/l und DMTP mit 16,8 µg/l sowie das Diethylphosphat (DEP) mit 5,92 µg/l. Die mittleren Gehalte der weiteren gemessenen Metabolite betragen 1,09 µg/l bei DETP, 0,56 µg/1 bei DMDTP und 0,023 µg/l bei DEDTP (Tabelle 1.1). Mit Ausnahme von DEDTP zeigen alle gemessenen Organophosphatmetabolite im Urin einen signifikanten Altersgang, das heißt mit zunehmendem Lebensalter nehmen die Gehalte ab. Während die Gehalte an DMP, DMTP und DEP im Urin der jüngsten Altersgruppe (Drei- bis Fünfjährige) signifikant höher sind als die Gehalte im Urin der älteren Kinder (Sechs- bis 14-Jährige), weisen sowohl die jüngsten als auch die Kinder der mittleren Altersgruppe (Drei- bis Elfjährige) höhere Gehalte an DMDTP und DETP im Urin auf im Vergleich zur ältesten Gruppe (Zwölf- bis 14-Jährige) (Tabelle 1.1) [6]. Der Grund für diese unterschiedlichen Altersgänge ist derzeit ungeklärt. Festzustellen ist aber, dass eine hohe Varianz in den Daten vorliegt und dass von starken inter- und intraindividueilen Schwankungen auszugehen ist.

Da bereits vor einigen Jahren ein Bedarf an Referenzwerten zur Beurteilung der Organophosphat-Belastung der Bevölkerung bestand und die Daten zur Organophosphatausscheidung aus verschiedenen Untersuchungen in Deutschland mit Daten aus anderen industrialisierten Ländern recht gut übereinstimmten, hatte die Kommission im Jahr 2003 [1] aus den damals vorliegenden Angaben Referenzwerte für DMP (135 µg/l), DMTP (160 µg/l) und DEP (16 µg/l) für die Allgemeinbevölkerung abgeleitet.

Basierend auf den repräsentativen Daten des KUS hat die Kommission nun aktuelle Referenzwerte für die Metabolite DMP, DMTP, DMDTP, DEP und DETP im Urin von Kindern abgeleitet. Aus Gründen der Praktikabilität und der Überschaubarkeit gibt die Kommission keine altersgeschichteten Referenzwerte an. Sie ist sich dabei bewusst, dass durch die Angabe "nur" eines Referenzwertes je Metabolit bei jüngeren Kindern häufiger Überschreitungen auftreten werden, was im Sinne der Vorsorge von der Kommission als gerechtfertigt angesehen wird. Für DEDTP wird kein Referenzwert abgeleitet, da im niedrigen Konzentrationsbereich (< 0,5µg/l) erhebliche analytische Unsicherheiten bestehen. Sollten DEDTPGehalte im Urin oberhalb der in der Routineanalytik üblichen Bestimmungsgrenze von 0,5 µg/l auftreten, so muss eine spezifische Belastung angenommen werden.

Metabolite von Pyrethroiden

Die geometrischen Mittelwerte der Pyrethroidmetabolite im Urin betragen 0,14 µg/l bei cis-Cl2 CA, 0,28 µg/l bei trans-Cl2 CA und 0,49 µg/l bei 3-PBA (vergleiche Tabelle 1.2). Die Gehalte an F-PBA und Br2 CA lagen bei der Mehrheit (81% und 55%) der Kinder unter der Bestimmungsgrenze von 0,1 µg/l [6]. Mädchen weisen signifikant höhere mittlere Gehalte an cis- und trans-Cl2 CA sowie an 3-PBA auf als Jungen (vergleiche Tabelle 1.2). Auch hier ist die Ursache für die unterschiedlichen Konzentrationen derzeit unbekannt.

Da bereits vor einigen Jahren ein Bedarf an Referenzwerten zur Beurteilung der Pyrethroid-Belastung der Bevölkerung bestand und die Ergebnisse zur Pyrethroidausscheidung aus verschiedenen Untersuchungen in Deutschland recht gut übereinstimmen, hatte die Kommission im Jahr 2005 [2, 3, 4] aus den damals vorliegenden Daten Referenzwerte für cis-Cl2 CA (1 µg/l), trans-Cl2 CA (2 µg/l) und 3-PBA (2 µg/l) im Urin der Allgemeinbevölkerung abgeleitet. Mit den repräsentativen Daten des KUS werden diese Referenzwerte für die drei Metabolite cis-Cl2 CA, trans-Cl2 CA und 3-PBA im Urin für Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren bestätigt.

Referenzwerte

Der Referenzwert ist definiert als das 95. Perzentil der Messwerte der Stoffkonzentration in dem entsprechenden Körpermedium der jeweiligen Referenzpopulation [5]. Er wird aus dem 95 %-Konfidenzintervall des 95. Populationsperzentils abgleitet und möglichst als einfacher Zahlenwert angegeben.

Basierend auf den Daten des KUS 2003-06 werden anhand der Kennwerte (Tabelle 1.1 und 1.2) folgende Referenzwerte abgesenkt:

Die folgenden Referenzwerte werden erstmalig abgeleitet:

Der folgende Referenzwert wird angehoben, wobei nicht von einer Zunahme der Belastung gesprochen werden kann und somit kein "Alarm" gegeben wird. Denn: Im Vergleich zur Datenbasis, die für die erstmalige Ableitung eines Referenzwertes für DEP im Urin herangezogen wurde (Kinder und Erwachsene aus Frankfurt am Main aus dem Jahr 1998), liegt jetzt zur Aktualisierung des Referenzwertes eine ausschließlich für die kindliche Bevölkerung (drei bis 14 Jahre) in Deutschland und zudem repräsentative Datengrundlage aus den Jahren 2003/06 vor, so dass eine genauere Ableitung vorgenommen werden kann. Weitere Beobachtungen sind jedoch angezeigt.

Die folgenden Referenzwerte werden bestätigt:

Tabelle 1.1 Metabolite von Organophosphaten im Urin (µg/l) der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland - Kinder-Umwelt-Survey [6]
Metabolit/PopulationN%>BG50.P95.P.GMKI-GMPP95 1KI-PP95 1
DMP(BG: 0,1)59910015,286,215,814,6-17,178,1.69,3-88,0 a
Lebensalter *        
3 bis 5 Jahre13810019,011020,016,8-23,6105 a80,9-135 a
6 bis 8 Jahre14510015,769,215,213,0-17,773,4 a57,8-93,2 a
9 bis 11 Jahre14810015,578,714,712,6-17,272,2 a56,9-91,6 a
12 bis 14Jahre16810013,587,014,312,4-16,670,3 a56,0-88,4 a
DMTP (BG: 0,1)59910015,911216,815,4-18,4107 a93,1-123 a
Lebensalter ***        
3 bis 5 Jahre13810019,018122,118,1-27,0154 a114-208 a
6 bis 8 Jahre14510016,511217,514,6-21,0108 a81,8-142 a
9 bis 11 Jahre14810016,612017,114,3-20,5109 a82,5-144 a
12 bis 14 Jahre16810012,269,912,810,9-15,174,9 a58,2-96,4 a
DMDTP(BG:0,1)599920,58,40,560,50-0,639,48 b6,10-12,9 b
Lebensalter **        
3 bis 5 Jahre138910,613,10,700,54-0,9211,5 b2,74-20,2 b
6bis8Jahre145910,513,50,650,50-0,8414,5 b1,26-27,8b
9 bis 11 Jahre148930,510,50,560,44-0,728,8 b3,67-13,9 b
12 bis 14 Jahre168920,44,30,410,34-0,493,97 b1,35-6,58 b
DEP(BG:0,1)5991006,029,15,925,46-6,4331,227,6-35,4 a
Lebensalter ***        
3 bis 5 Jahre1381007,534,58,106,87-9,5640,731,7-52,4 a
6bis8Jahre1451005,830,95,344,52-6,3228,722,2-37,1 a
9 bis 11 Jahre1481005,722,75,534,77-6,4124,819,8-31,0 a
12 bis 14 Jahre1681005,729,75,324,51-6,2931,224,9-41,5 a
DETP(BG:0,1)5991001,09,91,090,98-1,219,137,79-10,7 a
Lebensalter**        
3 bis 5 Jahre1381001,316,71,441,16-1,7811,68,39-16,1 a
6bis8Jahre145991,18,61,130,92-1,389,066,60-12,4 a
9 bis 11 Jahre148991,010,41,090,87-1,3710,57,49-14,8 a
12 bis 14 Jahre1681000,87,50,840,69-1,026,604,91-8,88 a
DEDTP(BG:0,01)599660,020,340,0230,020-0,0260,280,20-0,36 b
Lebensalter        
3 bis 5 Jahre138610,010,280,0190,015-0,0250,250,15-0,34 b
6 bis 8 Jahre145700,020,480,0240,019-0,0310,340,11-0,56 b
9 bis 11 Jahre148630,020,370,0230,018-0,0290,250,07-0,43 b
12 bis 14 Jahre168690,020,560,0250,020-0,0310,330,10-0,57 b

 

NStichprobenumfang;
%>BGAnteil der Werte ab der BG (BG: Bestimmungsgrenze; Werte < BG wurden mit BG/2 berücksichtigt);
50.P., 95.P.Stichprobenperzentil;
GMgeometrischer Mittelwert
KI-GMKonfidenzintervall des GM;
PP95 95.Populationsperzentil;
KI-PP9595 %-Konfidenzintervall des PP95;
1) bei der Berechung des PP95 und KI-PP95 wurden nur Proben mit einem Kreatiningehalt zwischen 0,3 und 3,0 g/l Urin berücksichtigt;
a) parametrisches Verfahren;
b) nonparametrisches Verfahren - Bootstrapping; Signifikanzprüfung: t-Test bzw. Varianzanalyse (Unterschiede der GM):
*) (p < 0,05);
**) (p < 0,01);
***) (p < 0,001)

Tabelle 1.2: Metabolite von Pyrethroiden im Urin (µg/l) der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland - Kinder-Umwelt-Survey [6]

Metabolit/PopulationN%>BG50.P95.P.GMKI-GMPP95 1KI-PP95 1
cis-Cl2 CA (BG: 0,1)        
Gesamt598600,121,000,140,12-0,151,14 b0,64-1,65 b
Geschlecht ***        
Mädchen288640,151,980,160,14-0,191,77 b0,84-2,70 b
Jungen310550,110,620,120,10-0,130,64 b0,29-0,99 b
trans-Cl2 CA (BG: 0,1)        
Gesamt598860,252,460,280,26-0,311,92 a1,66-2,22 a
Geschlecht ***        
Mädchen288860,303,810,330,28-0,382,73 a2,18-3,43 a
Jungen310860,221,400,240,21-0,271,33 a1,11-1,59 a
3-PBA (BG: 0,1)        
Gesamt598980,433,800,490,45-0,532,53 a2,24-2,87 a
Geschlecht ***        
Mädchen288980,494,760,590,52-0,673,56 a2,944,32 a
Jungen310970,391,670,410,37-0,451,73 a1,49-2,01 a

 

NStichprobenumfang;
%>BGAnteil der Werte ab der BG (BG: Bestimmungsgrenze; Werte < BG wurden mit BG/2 berücksichtigt);
50.P., 95.P.Stichprobenperzentil;
GMgeometrischer Mittelwert
KI-GMKonfidenzintervall des GM;
PP95 95.Populationsperzentil;
KI-PP9595 %-Konfidenzintervall des PP95;
1) bei der Berechung des PP95 und KI-PP95 wurden nur Proben mit einem Kreatiningehalt zwischen 0,3 und 3,0 g/l Urin berücksichtigt;
a) parametrisches Verfahren;
b) nonparametrisches Verfahren - Bootstrapping; Signifikanzprüfung: t-Test bzw. Varianzanalyse (Unterschiede der GM):
*) (p < 0,05);
**) (p < 0,01);
***) (p < 0,001)

Die aktuellen Referenzwerte sind in den Tabelle 2.1 und 2.2 aufgeführt. Bei der Anwendung von Referenzwerten ist grundsätzlich die analytische Messunsicherheit zu berücksichtigen, das heißt, bei der Bewertung von HBM-Messwerten ist sicher zustellen, dass die Analysen unter den Bedingungen der internen und externen Qualitätssicherung durchgeführt wurden [19]. Dies zeigen die Erfahrungen aus den Ringversuchen der arbeits- und umweltmedizinischtoxikologischen Analysen, die von der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin durchgeführt werden [20]. Weiteres zur analytischen Bestimmung der Metabolitengehalte im Urin ist den jeweiligen Stellungnahmen [1, 2, 3, 4] und Grundsätzliches der Stellungnahme zur Qualitätssicherung für das Human-Biomonitoring zu entnehmen [21].

Es sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Referenzwerte statistisch ermittelte Werte sind, welche die obere Grenze der derzeitigen Hintergrundbelastung kennzeichnen. Sie können als Kriterien verwendet werden, um Messwerte von Einzelpersonen oder Personengruppen als"erhöht" oder "nicht erhöht" einzustufen. Eine umweltmedizinischtoxikologische Bewertung einer Belastungssituation ist anhand von Referenzwerten nicht möglich.

Maßnahmen bei Überschreitung des Referenzwertes

In den Fällen, in denen der Referenzwert überschritten ist, sind Kontrollmessungen angezeigt. Extrem verdünnte oder konzentrierte Urinproben sind für Kontrolluntersuchungen auszuschließen [18]. Zuverlässige und bestätigte Überschreitungen der Referenzwerte sollten Anlass für eine umweltmedizinische Quellensuche im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sein.

Als Quellen kommen neben akzidentellen Vergiftungen unter anderem Kontaminationen im Raum nach unsachgemäßen Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen (im Raum oder bei Haustieren) oder mit Organophosphaten beziehungsweise Pyrethroiden belastete Nahrungsmittel in Frage. Permethrin, ein Pyrethroid, ist außerdem in antiparasitären Mitteln enthalten, die gegen Kopfläuse oder zur Behandlung von Skabies (Krätze) beim Menschen Verwendung finden. Diese Anwendungen können deutlich erhöhte Konzentrationen der Urinmetabolite cis- und trans-Cl2 CA sowie 3-PBA verursachen [22].

Tabelle 2.1: Referenzwerte für Organophosphatmetabolite im Urin (pg/I) der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland

MetabolitPersonengruppeBezugsjahr*Referenzwert
DMPKinder (3 bis 14 Jahre)2003-200675
DMTPKinder (3 bis 14 Jahre)2003-2006100
DMDTPKinder (3 bis 14 Jahre)2003-200610
DEPKinder (3 bis 14 Jahre)2003-200630
DETPKinder (3 bis 14 Jahre)2003-200610
*) Zeitraum, in dem die zugrunde liegende Studie durchgeführt wurde

Tabelle 2.2: Referenzwerte für Pyrethroidmetabolite im Urin (pg/I) der 3- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland

MetabolitPersonengruppeBezugsjahr*Referenzwert
cis-Cl2 CAKinder (3 bis 14 Jahre)2003-20061
trans-Cl2 CAKinder (3 bis 14 Jahre)2003-20062
3-PBAKinder (3 bis 14 Jahre)2003-20062
*Zeitraum, in dem die zugrunde liegende Studie durchgeführt wurde

Weitere Informationen zur Arbeit der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes stehen zur Verfügung unter: http://wwwuba.de/gesundheit/monitor/index.htm. Eine englischsprachige Veröffentlichung zu diesen Referenzwerten erfolgt von Schulz et al. 2009 [23].

Literatur

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  2. Heudorf U, Butte W, Schulz C, Angerer J (2006) Reference values for metabolites of pyrethroid and organophosphorous insecticides in urine for human biomonitoring in environmental medicine. Int J Hyg Environm Health 209(3):293-299 http:// www.elsevier.de/intjhyg
  3. Schulz C, Angerer J, Ewers U, Kolossa-Gehring M (2007) The German Human Biomonitoring Commission. Int. J. Hyg. Environm. Health 210 (3-4):373-382, http://www.elsevier.de/intjhyg
  4. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2005) Innere Belastung der Allgemeinbevölkerung in Deutschland mit Pyrethroiden und Referenzwerte für Pyrethroid-Metabolite im Urin. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 48(10):1187-1193
  5. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1996) Konzept der Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM) in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsblatt 39(6): 221-224
  6. Becker K, Müssig-Zufika M, et al. (2007) Kinder-Umwelt-Survey 2003/06 - KUS -. Human-Biomonitoring. Stoffgehalte in Blut und Urin der Kinder in Deutschland WaBoLu-Hefte 01/2007. Umweltbundesamt, Berlin
  7. Schulz C, Becker K, Seiwert M (2002) Kinder-Umwelt-Survey. Gesundheitswesen 64:569-S79
  8. Schulz C, Babisch W, Becker K, et al. (2004) Kinder-Umwelt-Survey - das Umweltmodul im KiGGS. Teil 1: Konzeption und Untersuchungsprogramm. Bundesgesundhbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 47(11):1066-1072
  9. Schulz C, Wolf U, Becker K, et al. (2007) Kinder-Umwelt-Survey (KUS) im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) - Erste Ergebnisse. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50(5/6):889-894
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  11. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2008a) Neue und aktualisierte Referenzwerte für Metabolite von PAK im Urin von Kindern. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 51:969-972
  12. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2008b) Neue und aktualisierte Referenzwerte für Antimon, Arsen und Metalle (Pb, Cd, Ni, Hg,Tl, U), im Blut und im Urin von Kindern. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 51:977-982
  13. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2008c) Neue und aktualisierte Referenzwerte für Organochlorverbindungen im Blut von Kindern. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 52:973-976
  14. Schulz C, Conrad A, Becker K, Kolossa-Gehring M, Seiwert M, Seifert B (2007) Twenty years of the German Environmental Survey (GerES), Human biomonitoring - temporal and spatial (West Germany/East Germany) differences in Population exposure. Int. J. Hyg. Environ. Health 210(3-4): 271-297
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  16. Kurth B-M (2007) Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS): Ein Überblick über Planung, Durchführung und Ergebnisse unter Berücksichtigung von Aspekten eines Qualitätsmanagements. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50(5-6):547-556
  17. Kamtsiuris P, Lange M, Schaffrath-Rosario A (2007) Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS): Stichprobendesign, Response und Non-Responder-Analyse. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50(5-6): 547-556
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  19. Angerer J, Ewers U, Wilhelm M (2007) Human Biomonitoring: state of the art. Int J Hyg Environ Health 210:201-228
  20. Angerer J, Göen Th, Lehnert G (1998) Mindestanforderungen an die Qualität von umweltmedizinischtoxikologischen Analysen. Umweltmed Forsch Prax 3(5):307-312
  21. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1996) Qualitätssicherung beim Human-Biomonitoring. Bundesgesundheitsblatt 39(6):216-221
  22. HardtJ, Ehret W (2005) Innere Belastung durch Anwendung von Permethrin gegen Kopfläuse (Kasuistik), (Posterabstract), Umweltmed Forsch Prax (10):419
  23. Schulz C, Angerer J, Ewers U, Heudorf U, Wilhelm M on behalf ofthe Commission on Human Biomonitoring ofthe German Federal Environment Agency (2009) Revised and new reference values for environmental pollutants in urine or blood of children in Germany derived from the German Environmental Survey on Children 2003-2006 (GerES IV). Int J Hyg Environ Health 212 doi: 10.101 6/j. ij h e h.2009.05.003


___________
1) Unter Ausschluss von Urinproben mit Kreatiningehalten <0,3 und > 3,0 g/l [18]

UWS Umweltmanagement GmbHENDE