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Regelwerk

Amtliche Begründung mit Ergänzungen aufgrund der Bundesratsberatungen

BR-Drucksache 754/98



A Allgemeines

Der Rat der Europäischen Gemeinschaften (EG) hat, gestützt auf Artikel 118 a des EG-Vertrages, die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit erlassen (ABl. EG Nr. L 183 S. 1). Sie enthält als Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie grundlegende Vorschriften zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Artikel 16 sieht den Erlaß von Einzelrichtlinien vor.

Als siebte dieser Einzelrichtlinien hat der Rat der EG die Richtlinie 90/679/EWG vom 26. November 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. EG Nr. L 374 S. 1) verabschiedet. Diese Richtlinie wurde ebenfalls nach Artikel 118 a des EG-Vertrages erlassen und stellt einen konkreten Beitrag zur Ausgestaltung der sozialen Dimension des Binnenmarktes dar. Sie enthält Mindestanforderungen für Tätigkeiten mit Mikroorganismen, Zellkulturen und Humanendoparasiten unter Berücksichtigung des Gefährdungspotentials dieser biologischen Arbeitsstoffe und trägt damit zu einer Annäherung der in der Gemeinschaft bestehenden Sicherheitsanforderungen bei.

Mit der Richtlinie 90/679/EWG und ihren Änderungs- und Anpassungsrichtlinien liegen auf der Ebene der Gemeinschaft Mindestvorschriften zum Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit allen biologischen Arbeitsstoffen vor. Daneben bleiben die von der Gemeinschaft verabschiedete Richtlinie 90/219/EWG vom 23. April 1990 über die Anwendung gentechnisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen (ABl. EG Nr. L 117 S. 1) und die Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. Mai 1990 über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. EG Nr. L 117 S. 15) bestehen. Die beiden zuletzt genannten Richtlinien sind in der Bundesrepublik Deutschland bereits durch das Gentechnikrecht in nationales Recht umgesetzt worden.

Die Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG ist durch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) in nationales Recht umgesetzt worden. Das Arbeitsschutzgesetz enthält in den §§ 18 und 19 Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung der auf Artikel 16 Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie gestützten Einzelrichtlinien. Auf dieser Rechtsgrundlage soll die Richtlinie 90/679/EWG durch Rechtsverordnung in nationales Recht umgesetzt werden.

Die vorgelegte Verordnung beschränkt sich auf eine sinnvolle Ausgestaltung der Mindestvorschriften der Richtlinie. Sie schafft einen branchenübergreifenden rechtlichen Rahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Wegen des umfassenden Geltungsbereichs werden Konkretisierungen nur vorgenommen, wo dies aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig oder zur Sicherung des bereits bestehenden Schutzniveaus erforderlich ist. Damit die Arbeitgeber und die vollziehenden Behörden erkennen können, wie den in der Verordnung niedergelegten Grundsätzen und Pflichten konkret entsprochen werden kann, bedarf es der weiteren Präzisierung in branchen- und tätigkeitsbezogenen technischen Regeln außerhalb der Verordnung. Die Aufgabe, diese Regeln zu ermitteln, soll dem in die Verordnung übernommenen Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) übertragen werden, dem Vertreter aller betroffenen Kreise angehören. Dieses Vorgehen entspricht der auch im Gefahrstoffbereich üblichen Regelungssystematik.

Zu den Kostenauswirkungen der Verordnung können folgende Aussagen getroffen werden:

Für den Bereich der Gentechnik werden Bund, Länder und Gemeinden nicht mit weiteren Kosten belastet, da die grundlegenden Anforderungen der Verordnung bereits Bestandteil des Gentechnikrechts sind. Aus den gleichen Gründen treten insoweit durch die Verordnung auch für die Wirtschaft keine zusätzlichen Kosten auf.

Bund, Länder und Gemeinden sind darüber hinaus entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits nach Ablauf der Umsetzungsfrist seit 1. Dezember 1993 verpflichtet, die Richtlinie zu beachten. Kosten durch diese Verordnung entstehen daher nicht. Den Ländern werden auch keine neuen Kosten durch den Vollzug entstehen, da dieser für den Bereich der biologischen Arbeitsstoffe bereits auf der Basis des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), der GenTSV sowie der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften erfolgt.

Für die Wirtschaft sind nur Kosten bei Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden biologischen Arbeitsstoffen zu erwarten. Sie lassen sich im einzelnen nicht im voraus quantifizieren, können jedoch grundsätzlich als gering angenommen werden, da bereits jetzt schon in weiten Teilbereichen Kosten für entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen auf Grund der Gefahrstoffverordnung anfallen und im übrigen die Verordnung lediglich die bestehenden Grundpflichten der Arbeitgeber nach dem Arbeitsschutzgesetz konkretisiert. Der Grad. und damit die Kosten der aufgrund der Verordnung evtl. zusätzlich zu treffenden Schutzmaßnahmen sind somit abhängig von dem bereits bestehenden Arbeitsschutzniveau und der vom einzelnen Arbeitgeber aufgrund der Gefährdungsbeurteilung schon getroffenen Maßnahmen.

Für die Arbeitgeber, die die Vorschriften des ArbSchG jetzt schon sachgerecht anwenden, werden sich die Regelungen der Verordnung daher weitestgehend kostenneutral gestalten. Hinsichtlich der gezielten Tätigkeiten mit natürlichen biologischen Arbeitsstoffen wurden im übrigen durch Satzungsrecht der Berufsgenossenschaften für Teilbereiche bereits Regelungen erlassen, die ihren Niederschlag insbesondere in den Unfallverhütungsvorschriften "Biotechnologie" (VBG 102) und "Gesundheitsdienst" (VBG 103), den berufsgenossenschaftlichen Merkblättern zur sicheren Biotechnologie "Betrieb" und "Laboratorien" sowie denen zur Klassifizierung von biologischen Arbeitsstoffen gefunden haben und Grundlage des bestehenden Vollzugs sind.

Spezifische Entlastungen werden sich als Ergebnis nach dieser Verordnung getroffener Schutzmaßnahmen einstellen, z.B. durch Verringerung der Unfallzahlen und Berufserkrankungen sowie der Ausfallzeiten und damit zusammenhängender Folgekosten.

Insgesamt sind die sich aus den Be- und Entlastungen ergebenden Auswirkungen auf Einzelpreise nicht quantifizierbar, dürften sich aber bei einer Gesamtbetrachtung ausgleichen. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B: Zu den einzelnen Vorschriften

Artikel 1:

Zu § 1:

§ 1 setzt Artikel 1 der Richtlinie um und beschreibt den Anwendungsbereich - Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen - und die Zielsetzung der Verordnung.

Die Verordnung enthält Regelungen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zum Schutz der Beschäftigten vor der Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit bei diesen Tätigkeiten. Unter biologischen Arbeitsstoffen werden im weitesten Sinne Mikroorganismen verstanden, die bei Beschäftigten im Rahmen ihrer Tätigkeit Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können.

Der Begriff Tätigkeiten umfaßt Handlungen von Beschäftigten mit biologischen Arbeitsstoffen, wie sie in § 2 Abs. 4 näher konkretisiert werden. Die Verordnung gilt ebenfalls für Tätigkeiten im Gefahrenbereich. Diese Formulierung wurde vom Gefahrstoffrecht und vom Gentechnikrecht (vgl. § 2 Abs. 3 GefStoffV und § 1 GenTSV) als Abgrenzung zum Arbeitsstättenrecht übernommen. Damit wird klargestellt, daß nicht jeglicher Kontakt mit biologischen Arbeitsstoffen von der Verordnung erfaßt wird, sondern ein direkter Bezug zur beruflichen Tätigkeit bestehen muß. Dies bedeutet, daß das bloße passive Ausgesetztsein gegenüber Krankheitserregern nicht erfaßt wird, sondern der Arbeitsstättenverordnung unterliegt.

Zu § 2:

Die Absätze 1 bis 3 übernehmen inhaltlich die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 a bis c der Richtlinie und stimmen mit den Definitionen des § 3 Gentechnikgesetz (GenTG) überein.

In Absatz 1 wird die Definition der biologischen Arbeitsstoffe um den Begriff des mit transmissibler, spongiformer Enzephalopathie assoziierten Agens erweitert. Diese Begriffserweiterung ist nötig, da neuere Forschungsergebnisse gezeigt haben, daß verschiedene spongiforme Enzephalopathien durch die Akkumulation abnormaler, krankheitsauslösender Formen von Prion-Proteinen ausgelöst werden. Die Erkrankung tritt beim Menschen nur vereinzelt auf, wobei sowohl vererbbare Formen als auch Infektionen (z.B. iatrogen) bekannt sind. Dieses bisher nicht berücksichtigte infektiöse Agens wird durch die Begriffserweiterung von den Regelungen der Biostoffverordnung mit erfaßt. Die Begriffe stimmen überein mit den Definitionen des Entwurfs des Infektionsschutzgesetzes der Bundesregierung (Stand: Februar 1998).

In Übereinstimmung mit der gemeinschaftlichen Interpretation des Begriffs "Mikroorganismus" nach der Richtlinie 90/219/EWG erfaßt Absatz 2 auch Viren und Viroide, tierische und pflanzliche Zellkulturen, nicht jedoch Plasmide und freie Nukleinsäuren.

Die in Absatz 3 aus der Richtlinie übernommene Definition des Begriffes "Zellkulturen" entspricht der in der Fachwelt gebräuchlichen Bedeutung.

Absatz 4 definiert den aus der Richtlinie übernommenen Begriff der Tätigkeit. Satz 1 beschreibt Tätigkeiten als Herstellen und Verwenden von biologischen Arbeitsstoffen und listet beispielhaft Arbeiten auf, die unter dem Begriff der Tätigkeit zusammengefaßt werden. Satz 2 erweitert diese Definition um den beruflichen Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten, Gegenständen und Materialien, wenn bei dieser Tätigkeit biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit dem biologischen Arbeitsstoff direkt in Kontakt kommen können. Maßgebend ist die Ausrichtung der beruflichen Tätigkeit. Umfaßt die berufliche Aufgabe Tätigkeiten, bei deren Ausübung wegen des möglichen Kontakts mit biologischen Arbeitsstoffen ein Infektionsrisiko besteht, wird eine Tätigkeit im Sinne der BioStoffV ausgeübt. Dies ist z.B. bei der Krankenschwester der Fall, die bei der Pflege von Patienten mit biologischen Arbeitsstoffen in Berührung kommen kann, nicht jedoch bei einem Busfahrer, der einen kranken Fahrgast transportiert.

Absatz 5 Satz 1 definiert gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und legt die Kriterien dafür fest. Gezielte Tätigkeiten liegen demnach vor, wenn

  1. biologische Arbeitsstoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind,
  2. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere biologische Arbeitsstoffe unmittelbar ausgerichtet sind, und
  3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.

Die Voraussetzungen sind eng gefaßt, so daß gezielte Tätigkeiten vor allem an Laborarbeitsplätzen in der Forschung und Entwicklung und an industriellen Arbeitsplätzen in der Biotechnologie vorzufinden sind.

Alle anderen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die mindestens eine der drei genannten Kriterien nicht erfüllen, sind nicht gezielte Tätigkeiten.

Auf das Schutzniveau für die Beschäftigten hat die Differenzierung nach gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten keinen Einfluß. Die Unterscheidung erlaubt insbesondere, die konkreten Arbeitsschutzbestimmungen in Anhang V und VI der Richtlinie in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie in angemessener Weise umzusetzen.

Nicht gezielte Tätigkeiten entsprechend Satz 2 umfassen naturgemäß ein breites Spektrum von Tätigkeiten in sehr verschiedenen Branchen. Gerade in den letzten Jahren haben sich verstärkt Tätigkeitsbereiche herausgebildet, in denen nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden und die für den Arbeitsschutz besonders relevant sind, z.B. in Müllbeseitigungsanlagen, in Abwasserkläranlagen oder in der Landwirtschaft. Darüber hinaus fällt in der Regel auch der Bereich des Gesundheitswesens unter die nicht gezielten Tätigkeiten, da in den meisten Fällen der Erreger, auf den untersucht bzw. der nachgewiesen werden soll, nicht bekannt ist. Blut- oder Speichelproben können ein ganzes Erregerspektrum enthalten. Bei den Untersuchungen steht der Nachweis des Erregers im Vordergrund und nicht die Konzentrierung und Isolierung desselben. Dies gilt in besonderem Maße für die Entnahme von Untersuchungsproben.

Absatz 6 definiert den Begriff der Kontamination, um eine klare Abgrenzung zu Belastungen mit biologischen Arbeitsstoffen zu erreichen, die gesundheitlich nicht relevant sind, z.B. weil schon in der natürlichen Umwelt eine Grundbelastung vorhanden ist.

Absatz 7 definiert den Begriff der Schutzstufe als technische, organisatorische und persönliche Sicherheitsmaßnahmen. Unter Sicherheitsmaßnahmen werden die besonderen Schutzmaßnahmen verstanden, die in den Anhängen II und III genannt und der jeweiligen Schutzstufe zugeordnet sind. In der EG-Richtlinie 90/679/EWG wird zwischen allgemeinen Schutzmaßnahmen und den konkreten Sicherheitsmaßnahmen in den Anhängen unterschieden. Dies sollte auch in der Begriffsbestimmung klar zum Ausdruck kommen. Die Sicherheitsmaßnahmen der Anhänge sind spezielle Schutzmaßnahmen und bereits in der EG-Richtlinie gefährdungsabhängig den einzelnen Schutzstufen zugeordnet. Bei den allgemeinen Schutzmaßnahmen legt der Arbeitgeber hingegen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung fest, welche geeigneten Schutzmaßnahmen tätigkeitsbezogen und gefährdungsabhängig zusätzlich erforderlich sind.

Absatz 8 erweitert die Arbeitgeberdefinition nach § 2 Abs. 3 ArbSchG um Unternehmer ohne Beschäftigte sowie um die Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes; der Begriff des Beschäftigten nach § 2 Abs. 2 ArbSchG wird um Schüler, Studenten und sonst an Hochschulen Tätige sowie auf in Heimarbeit Beschäftigte erweitert. Die Definitionen sind an die in der Gefahrstoffverordnung angelehnt (vgl. § 3 Abs. 4 GefStoffV). Durch Satz 3 wird klargestellt, daß bezüglich der Beteiligung der Personalvertretungen die Regelungen dieser Verordnung für Schüler und Studenten nicht gelten.

Zu § 3:

In § 3 werden, entsprechend Artikel 2 d der Richtlinie und ausgehend vom Infektionsrisiko, für biologische Arbeitsstoffe vier Risikogruppen definiert. Wichtigstes Unterscheidungskriterium ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens und das Ausmaß einer Erkrankung für den Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird nach Prophylaxe- und Therapiemöglichkeiten sowie Verbreitungsgefahr in der Bevölkerung differenziert. Mikroorganismen, für die wissenschaftlich nachgewiesen ist, daß sie beim Menschen keine Infektionen und keine toxischen oder sensibilisierenden Wirkungen hervorrufen, fallen nicht unter den Anwendungsbereich der BioStoffV. Für Tätigkeiten mit derartigen Mikroorganismen gilt die Verordnung folglich nicht (§ 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1).

Zu biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 gehören entsprechend Anhang VI Nr. 1 der Richtlinie auch abgeschwächte Lebendimpfstoffe. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die in Lebendimpfstoffen enthaltenen biologischen Arbeitsstoffe ihre pathogene Wirkung weitestgehend verloren haben. Das Gesundheitsrisiko für das (medizinische) Pflegepersonal ist daher bei der Verabreichung der Impfstoffe erheblich reduziert. Es ist weiterhin davon auszugehen, daß dem (medizinischen) Pflegepersonal Hygieneanforderungen hinreichend bekannt sind. Bei Anwendung der im medizinischen Bereich üblichen Hygienemaßnahmen kann dabei das Infektionsrisiko zusätzlich reduziert werden. Sofern im Rahmen der Impfstoffproduktion abgeschwächte Organismenstämme oder Stämme, die bekanntermaßen ihre Virulenzgene verloren haben, eingesetzt werden, sind auch diese Tätigkeiten in der Regel der Risikogruppe 1 zuzuordnen.

Nicht erfaßt von dieser Regelung ist dagegen die Forschung und Entwicklung der Lebendimpfstoffe, da in diesen Fällen davon auszugehen ist, daß virulente Organismenstämme gehandhabt werden. In diesen Fällen ist die Zuordnung der durchzuführenden Tätigkeiten zu einer Risikogruppe im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung von Fall zu Fall vorzunehmen.

Zu § 4:

Absatz 1 setzt Artikel 18 der Richtlinie um. Anhang 1 der Änderungsrichtlinie 93/88/EWG füllt Anhang III zur Richtlinie aus und enthält die Liste der bereits EG-weit eingestuften biologischen Arbeitsstoffe und deren Zuordnung zu den Risikogruppen 2, 3 und 4. Wird Anhang III der Richtlinie durch technische Anpassungsrichtlinien der EG-Kommission an die Entwicklung des technischen Fortschritts angepaßt, gilt diese Änderung nach Ablauf der in der Anpassungsrichtlinie festgelegten Umsetzungsfrist, ohne daß es einer Änderung dieser Verordnung bedarf. Satz 2 erlaubt es dem Arbeitgeber, den geänderten Anhang III der Richtlinie bereits früher, nämlich ab Inkrafttreten der Anpassungsrichtlinie, anzuwenden.

Die gemeinschaftliche Einstufung beschränkt sich auf biologische Arbeitsstoffe, die bekanntermaßen beim Menschen Infektionskrankheiten hervorrufen. Für einige biologische Arbeitsstoffe werden in der Organismenliste auch Hinweise zur sensibilisierenden und toxischen Wirkung gegeben. Das sensibilisierende und toxische Potential wird bei der Einstufung aber nicht berücksichtigt. Deren Angabe ist jedoch relevant, da in diesen Fällen entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ergriffen werden müssen.

Die Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe bezieht sich generell auf den "Menschen" und nicht speziell auf "Beschäftigte". Dem liegt, übereinstimmend mit der Richtlinie, die Überlegung zugrunde, daß es für die Einstufung nur auf die humanpathogenen Eigenschaften des biologischen Arbeitsstoffes, nicht jedoch auf die arbeitsplatzspezifischen Übertragungsmöglichkeiten ankommt. Erst bei der Beurteilung der Gefährdung und bei den zu ergreifenden Maßnahmen spielen der Ort des Umgangs mit biologischen Arbeitsstoffen sowie Art, Ausmaß und Dauer der Exposition eine maßgebliche Rolle.

Absatz 2 fordert für nicht nach Absatz 1 eingestufte biologische Arbeitsstoffe bei gezielten Tätigkeiten eine Einstufung in Risikogruppen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. Dazu wird auf § 17 Abs. 4 verwiesen, da der Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 die Aufgabe hat, Regeln und Erkenntnisse zur Einstufung zu ermitteln, die das BMA nach § 17 Abs. 4 bekanntmachen kann. Empfehlungen zu noch nicht auf er Basis der Richtlinie eingestuften biologischen Arbeitsstoffen enthalten auch die Einstufungsmerkblätter der BG Chemie und die Bekanntmachung der Organismenlisten nach § 5 Abs. 6 GenTSV.

Absatz 3 macht in Umsetzung von Artikel 18 Abs. 4 der Richtlinie eine Vorgabe für den Fall, daß ein biologischer Arbeitsstoff nicht eindeutig einer Risikogruppe nach § 3 zugeordnet werden kann. In diesem Fall ist der biologische Arbeitsstoff bei mehreren in Betracht kommenden Risikogruppen in diejenige mit dem höchsten Gefährdungsgrad einzustufen.

Zu § 5:

Wesentliche Voraussetzungen für die sachgerechte Durchführung der Beurteilung der Gefährdung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind Umfang und Qualität der dazu verfügbaren Informationen (vgl. § 5 ArbSchG). Die Informationsbeschaffung ist demnach von zentraler Bedeutung für die Gefährdungsbeurteilung. In der Regel liegen die erforderlichen Informationen in den Betrieben bereits vor und müssen ggf. im Rahmen der Informationsbeschaffung lediglich zusammengeführt und aufgearbeitet werden.

Nach Absatz 1 ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor Aufnahme der Tätigkeiten die erforderlichen Informationen zu beschaffen. In der Regel sind dazu keine umfangreichen Recherchen, Messungen oder Bestimmungen der biologischen Arbeitsstoffe durchzuführen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß aufgrund der betrieblichen Praxis und aufgrund der Kenntnisse vergleichbarer Tätigkeiten und Arbeitsplatzverhältnisse derselben oder ähnlicher Branchen ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen zu den Arbeitsplatz- und Expositionsverhältnissen sowie hinsichtlich möglicher oder tatsächlich aufgetretener Infektionserkrankungen der Beschäftigten vorliegen.

Bei bekannten Arbeitsabläufen kann ein Großteil der erforderlichen Informationen auch durch Berufsverbände, Kassen, Innungen etc. zusammengestellt und dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Durch diese Hilfestellung kann dem Arbeitgeber die weitere Durchführung der Gefährdungsbeurteilung erleichtert werden. Im Rahmen der Informationsbeschaffung müssen insbesondere folgende Angaben und Sachverhalte berücksichtigt werden:

1. Die ihm zugänglichen, tätigkeitsbezogenen Informationen über die Identität, die Einstufung und das Infektionspotential der vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe sowie die von ihnen ausgehenden sensibilisierenden und toxischen Wirkungen.

Bei gezielten Tätigkeiten liegen die geforderten Informationen in der Regel vor. Bei nicht gezielten Tätigkeiten muß sich der Arbeitgeber zumindest über das Spektrum der an diesen Arbeitsplätzen üblicherweise vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe Kenntnisse verschaffen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe durch aufwendige Laboruntersuchungen einzeln bis zur Spezies identifiziert werden müssen. Die Angaben müssen jedoch eine Aussage und Einschätzung des Infektionspotentials an den zu bewertenden Arbeitsplätzen ermöglichen. Der Arbeitgeber muß auch prüfen, ob Informationen zu toxischen oder sensibilisierenden Wirkungen vorliegen oder verfügbar sind.

2. Tätigkeitsbezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren

Die unterschiedlichen Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren und Arbeitsweisen der Beschäftigten stehen in direktem Zusammenhang mit einer möglichen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe. Oft können bereits relativ geringe technische Änderungen am Arbeitsverfahren oder organisatorische Veränderungen im Verfahrensablauf zu einer erheblichen Reduzierung der Exposition führen, wodurch die Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten reduziert werden kann.

3. Art und Dauer der Tätigkeiten und damit verbundene mögliche Übertragungswege sowie Informationen über eine Exposition der Beschäftigten.

Im Rahmen der Informationsermittlung muß der Arbeitgeber die Arbeitsbereiche und Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen festlegen und sich über die Arbeits- und Expositionsverhältnisse informieren.

4. Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belastungs- und Expositionssituationen und über bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen sowie die ergriffenen Gegenmaßnahmen.

Liegen dem Arbeitgeber selbst noch keine oder nur geringe Informationen vor, wie z.B. bei der Neugründung oder Erweiterung eines Betriebes, sind Informationen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belastungs- und Expositionssituationen und bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen sowie die ergriffenen Gegenmaßnahmen zu beschaffen. Auch wenn bereits Erfahrungen vorliegen, können zusätzliche Informationen oft hilfreich sein.

Die Aufzählung der Informationen ist nicht abschließend. In eine Gefährdungsbeurteilung sollten möglichst alle Informationen einfließen, um das Ergebnis der Beurteilung auf eine breite Basis zu stellen. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil die Informationen von Branche zu Branche selbst bei vergleichbaren Tätigkeiten sehr unterschiedlich sein können.

Nach Absatz 2 hat der Arbeitgeber auf der Grundlage der ermittelten Informationen zu entscheiden, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach den Definitionen der Verordnung den gezielten oder nicht gezielten Tätigkeiten zuzuordnen ist. Dies ist notwendig, weil in den nachfolgenden Vorschriften für die beiden Tätigkeitsbereiche eine unterschiedliche Vorgehensweise gewählt wird, um eine gleichwertige Einhaltung des Schutzniveaus sicherzustellen und gleichzeitig die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen.

Zu § 6:

Diese Vorschrift setzt Artikel 3 der Richtlinie für gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen um und konkretisiert die in § 5 ArbSchG geforderte Beurteilung der Arbeitsbedingungen (vgl. § 3 VBG 102). Die Beurteilung der Gefährdung (entsprechendes gilt auch für § 7) ist Teil der (Gesamt-)Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG für den Bereich der biologischen Arbeitsstoffe. Dazu werden Anforderungen festgelegt, die vom Arbeitgeber berücksichtigt und bewertet werden müssen. Um eine Beurteilung der Gefährdung für gezielte, nach der Definition in § 2 Abs. 5 also auf den biologischen Arbeitsstoff selbst ausgerichtete Tätigkeiten vornehmen zu können, muß u. a. der biologische Arbeitsstoff der Spezies nach bekannt sein, so daß entweder mit Hilfe der Listen der eingestuften biologischen Arbeitsstoffe oder nach dem Stand von Wissenschaft und Technik eine Einstufung und damit eine Zuordnung zu einer Risikogruppe möglich ist. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist, daß die Arbeits- und Expositionsbedingungen reproduzierbar und auch auf längere Sicht nur geringen Veränderungen unterworfen sind. Diese Verhältnisse sind zum Beispiel an vielen industriellen Arbeitsplätzen (z.B. Biotechnologie, Teile der Lebensmittelindustrie) anzutreffen.

Wenn bei gezielten Tätigkeiten mehrere biologische Arbeitsstoffe gleichzeitig auftreten, ist jeder einzelne für sich zu beurteilen. Sind die biologischen Arbeitsstoffe dabei verschiedenen Risikogruppen zuzuordnen, ist für die Gefährdungsbeurteilung der biologische Arbeitsstoff mit dem höchsten Gefährdungsgrad (Risikogruppe) maßgebend (Absatz 1).

Nach Absatz 2 wird ausgehend von der Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe in eine Risikogruppe nach §§ 3 und 4 entsprechend der Richtlinie die feste Zuordnung der Tätigkeiten zu den Sicherheitsmaßnahmen einer Schutzstufe wie folgt festgelegt:

Für alle gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind immer die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach Anhang II oder III festzulegen.

Zusätzlich sind biologischen Arbeitsstoffen der

nach Anhang II oder III der Verordnung zuzuordnen. Die empfohlenen Maßnahmen in den Anhängen II und III der Verordnung sind immer dann zu treffen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann.

Die in der Richtlinie vorgesehene Einstufung berücksichtigt nicht die sensibilisierenden und toxischen Wirkungen der biologischen Arbeitsstoffe, sondern nimmt dazu im Einzelfall nur Anmerkungen vor. Deshalb müssen bei der Gefährdungsbeurteilung diese Wirkungen zusätzlich berücksichtigt und geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt werden.

Da im Gefahrstoffbereich bereits durch den Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS) konkrete Maßnahmen bei Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen erarbeitet wurden, sollen der ABAS und der AGS künftig im untergesetzlichen Bereich bei der Erarbeitung von Maßnahmen zur sensibilisierenden Eigenschaft von biologischen Arbeitsstoffen und chemischen Stoffen eng kooperieren.

Zu § 7:

§ 7 regelt die Umsetzung von Artikel 3 der Richtlinie für nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Weise, daß bei der Gefährdungsbeurteilung grundsätzlich wie bei gezielten Tätigkeiten vorzugehen ist. Da jedoch Umfang und Qualität der ermittelten Informationen in entscheidender Weise die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung für nicht gezielte Tätigkeiten beeinflussen, ist in den Absätzen 2 und 3 ein zweistufiges Vorgehen vorgesehen. Umfang und Qualität der Informationen dienen hierbei als Entscheidungskriterium und bestimmen das weitere Vorgehen. Reichen die ermittelten Informationen aus, um die Tätigkeit einer Schutzstufe zuordnen zu können, ist nach Absatz 2 die Gefährdungsbeurteilung auf der Grundlage dieser Informationen durchzuführen. Andernfalls gilt für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung Absatz 3 mit der Folge, daß Art, Ausmaß und Dauer der Exposition nach dem Stand der Technik zu beurteilen sind.

Wie bei den gezielten Tätigkeiten sind sensibilisierende und toxische Wirkungen zusätzlich zu berücksichtigen und geeignete Maßnahmen festzulegen.

Zur Gewährleistung von Mindestmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten sind auch bei allen nicht gezielten Tätigkeiten die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach Anhang II oder III zu ergreifen.

Absatz 1. verpflichtet den Arbeitgeber zur Prüfung der Informationen und zur Aussage darüber, ob die nach § 5 beschafften Informationen eine abschließende Gefährdungsbeurteilung und die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Schutzstufe nach Anhang II oder III ermöglichen. Dazu werden einige wesentliche Aspekte präzisiert, die bei der Gefährdungsbeurteilung von besonderer Bedeutung sein können. Da bei nicht gezielten Tätigkeiten oftmals mehrere biologische Arbeitsstoffe gleichzeitig auftreten, müssen die einzelnen, bekannten oder üblicherweise vorhandenen, biologischen Arbeitsstoffe im Hinblick auf die gesundheitliche Gefährdung getrennt voneinander betrachtet und bewertet werden. Dies bedeutet in der Regel jedoch nicht, daß die Spezies der biologischen Arbeitsstoffe bestimmt werden muß. Vielmehr muß der Arbeitgeber aufgrund der ermittelten Informationen, seiner spezifischen betrieblichen Kenntnisse und seiner Erfahrungen aus der täglichen Praxis in der Lage sein, eine (Gesamt-)Beurteilung der von den biologischen Arbeitsstoffen ausgehenden Infektionsgefährdung vorzunehmen ("Professional Judgement"). Dabei kann er auf Erfahrungen aus vergleichbaren Belastungs- und Expositionssituationen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückgreifen. Die zu erhebenden Daten dürften für die meisten Arbeitsplätze bekannt sein.

Nach Absatz 2 hat der Arbeitgeber - bezogen auf die Gefährdung der Beschäftigten durch die in Aussicht genommene Tätigkeit - zu ermitteln, welche Schutzmaßnahmen in Betracht kommen und danach die Sicherheitsmaßnahmen aus der zugeordneten Schutzstufe nach

Anhang II oder III auszuwählen und festzulegen, durch die der festgestellten Gefährdung - insbesondere unter Berücksichtigung der bekannten Infektionswege - begegnet werden kann. Das Vorgehen orientiert sich dabei im Grundsatz an der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung für gezielte Tätigkeiten, jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, daß bei der Gefährdungsbeurteilung für nicht gezielte Tätigkeiten die zum Schutz der Beschäftigten erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aus der entsprechenden Schutzstufe auszuwählen und festzulegen sind. Die Maßnahmen der Schutzstufen 2, 3 und 4 sind immer so auszuwählen, daß die Gefährdung der Arbeitnehmer minimiert wird. Damit ist sichergestellt, daß bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten stets das gleiche Schutzniveau erreicht wird. In Einzelfällen kann es erforderlich sein, aus einer höheren Schutzstufe weitere Sicherheitsmaßnahmen auszuwählen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten weiter erheblich reduziert werden kann.

Die Möglichkeit der Auswahl der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen eröffnet dem Arbeitgeber einen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum, um den unterschiedlichen Expositions- und Arbeitsplatzbedingungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bei nicht gezielten Tätigkeiten Rechnung zu tragen. Sofern für bestimmte Arbeitsbereiche, in denen erfahrungsgemäß nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden, andere gesetzliche Regelungen bestehen, die gleichwertig den Schutz der Beschäftigten gewährleisten, können diese bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden (Beispiel: Hygieneanforderungen in landwirtschaftlichen Produktionsbetrieben).

Die Vorgehensweise in Absatz 3 findet dann Anwendung, wenn die nach § 5 ermittelten Informationen eine Gesamtbewertung nicht ermöglichen und keine Zuordnung der Tätigkeiten zu den Sicherheitsmaßnahmen einer Schutzstufe möglich ist. Dies bedeutet, daß der Arbeitgeber Art, Ausmaß und Dauer der Exposition durch biologische Arbeitsstoffe nach dem Stand der Technik zu beurteilen hat. Umstände, die eine Gefährdung der Beschäftigten beeinflussen, sind insbesondere der Ort, die Intensität, die Häufigkeit und die Einwirkungsdauer einer Exposition durch biologische Arbeitsstoffe sowie deren bekannte Infektionswege. In die Gefährdungsbeurteilung sind auch die Art der Anlage, mögliche Betriebsabläufe, der gefährdete Personenkreis und die Anwesenheitsdauer der Personen im Gefährdungsbereich einzubeziehen. Entsprechend dem ermittelten Gefährdungspotential hat der Arbeitgeber die nach dem Stand der Technik erforderlichen und geeigneten Maßnahmen in eigener Verantwortung festzulegen.

Zu § 8:

Die Vorschrift legt fest, daß die Beurteilung der Gefährdung immer vor Aufnahme der Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen durchzuführen ist und danach einmal jährlich überprüft werden muß. Unabhängig davon ist sie unter besonderen Voraussetzungen zu wiederholen:

  1. bei Änderungen der Arbeitsbedingungen, die zu einer erhöhten Gefährdung der Beschäftigten führen kann,
  2. bei der Feststellung einer Kontamination des Arbeitsplatzes,
  3. bei einer möglicherweise auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführenden Infektion des Beschäftigten (§ 15 Abs. 3 Satz 1) sowie
  4. bei gesundheitlichen Bedenken des Arztes (§ 15 Abs. 6 Satz 5).

Der Betriebs- oder Personalrat, der Betriebsarzt oder der Arzt nach § 15 Abs. 5 sowie die Fachkraft für Arbeitssicherheit sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen. Der Fachkraft für Arbeitssicherheit kommen entsprechend § 6 Arbeitssicherheitsgesetz besondere Unterstützungspflichten zu. Sie ist deshalb bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen.

Auch in Betrieben mit zehn oder weniger Beschäftigten müssen Unterlagen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbSchG vorliegen, wenn dort nicht ausschließlich Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen oder nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung verrichtet werden. Dies ist erforderlich, weil im Bereich der Biotechnologie zahlreiche Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten gegründet wurden, die erfahrungsgemäß häufig wenige Erfahrungen bezüglich der zu ergreifenden Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 bis 4 haben. Für Arbeitnehmer in diesen Betrieben bestehen jedoch die gleichen Gefährdungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wie in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten. Nach § 14 Abs. 2 kann die zuständige Behörde Ausnahmen erteilen.

Die Unterlagen müssen bei gezielten Tätigkeiten ein Verzeichnis der biologischen Arbeitsstoffe enthalten; bei nicht gezielten Tätigkeiten ist dieses Verzeichnis zu führen, soweit die biologischen Arbeitsstoffe für die Gefährdungsbeurteilung nach § 7 maßgeblich sind.

Zu § 9:

Nach § 9 gelten für gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 ohne toxische oder sensibilisierende Wirkung sowie für nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung bestimmte Regelungen der Verordnung nicht (§§ 10 bis 16, ausgenommen § 10 Abs. 1, 3 und 4 und § 14 Abs. 1). Dies ist gerechtfertigt, da bei Tätigkeiten mit diesen biologischen Arbeitsstoffen nur von einer sehr geringen Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten auszugehen ist, so daß über die allgemeinen Hygieneregel hinaus keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs für biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 ohne toxische oder sensibilisierende Wirkung entspricht Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie.

Zu § 10:

§ 10 setzt die Artikel 16 und 6 der Richtlinie um und legt die Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen fest. Speziell Artikel 6 der Richtlinie enthält Grundpflichten zur Expositionsvermeidung und -verringerung.

Der Begriff "Schutzmaßnahmen" umfaßt alle technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit.

Die Verpflichtung, die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen, richtet sich nach Absatz 1 Satz 1 nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und den sonstigen Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge. Nach Satz 2 sind außerdem die bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zu beachtenden technischen Regeln, in denen der Stand der Technik bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen beschrieben wird, zu berücksichtigen. Die Erarbeitung dieses unterhalb verbindlicher Rechtsvorschriften angesiedelten Regelwerks ist Aufgabe des durch § 17 eingesetzten Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Satz 3 weist daraufhin, daß - auch ohne Einschaltung der Aufsichtsbehörde - von diesen Regeln abgewichen werden kann, wenn gleichwertige Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten getroffen werden. Jedoch muß der Arbeitgeber dies auf Verlangen der zuständigen Behörde im Einzelfall nachweisen.

Absatz 2 formuliert das Substitutionsgebot bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und setzt Artikel 5 der Richtlinie um. Eine entsprechende Regelung enthält auch § 8 Abs. 5 GenTSV (vgl. auch § 4 VBG 102). Mit der Substitution eines biologisghen Arbeitsstoffes durch einen ungefährlicheren kann am einfachsten und sichersten die Gefährdung der Beschäftigten reduziert werden. In vielen Fällen wird jedoch eine Substitution des biologischen Arbeitsstoffes nicht möglich sein, mit der Folge, daß Absatz 2 nicht greift. Dies trifft zum Beispiel zu, wenn im Krankenhaus, bedingt durch die Betreuung infektiöser Patienten, Pflegepersonal mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen kann. Die Gefährdung der Beschäftigten muß dann durch andere Schutzmaßnahmen minimiert werden.

Absatz 3 sieht Beschäftigungsbeschränkungen zur Verwendung biologischer Arbeitsstoffe in Heimarbeit vor. Aus Vorsorgegründen dürfen nur biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 ohne toxische oder sensibilisierende Wirkung zur Heimarbeit überlassen werden. Diese Regelung war bisher in § 15c Abs. 1 GefStoffV enthalten.

Absatz 4 gibt als allgemeine Basis für die Grundsicherheit bei Tätigkeiten mit allen biologischen Arbeitsstoffen die allgemeinen Hygienemaßnahmen entsprechend Anhang VI Nr. 1 der Richtlinie vor. Der ABAS wird eine technische Regel für biologische Arbeitsstoffe erarbeiten, in der die entsprechenden Anforderungen festgelegt werden.

Absatz 5 entspricht § 12 Abs. 1 GenTSV und konkretisiert § 7 und § 9 Abs. 1 ArbSchG (vgl. auch § 16 Abs. 3 VBG 102). Die in Satz 1 und 2 formulierte Forderung, daß Beschäftigte fachkundig und eingewiesen sein müssen, wenn sie gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 oder 4 oder hinsichtlich der Gefährdung vergleichbare nicht gezielte Tätigkeiten durchführen, trägt der Tatsache Rechnung, daß diese Tätigkeiten mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung verbunden sein können. Fachkundig in diesem Zusammenhang sind insbesondere Personen, die über eine entsprechend spezifische Ausbildung verfügen (z.B. Mikrobiologen, Ärzte, ausgebildetes Laborpersonal etc.).

Die Einweisung muß sich auf die besonderen Bedingungen und Gefährdungen hinsichtlich der durchzuführenden Tätigkeiten sowie die zu treffenden Schutzmaßnahmen beziehen, wie sie in den betriebsspezifischen Arbeitsanweisungen und Verhaltensregeln niedergelegt sind. Sofern der Arbeitgeber nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, muß er sich durch Fachleute qualifiziert beraten lassen. Die fachkundige Beratung des Arbeitgebers kann zum Beispiel durch den Beauftragten über biologische Sicherheit durchgeführt werden, sofern ein solcher vorhanden ist, andernfalls durch die Sicherheitsfachkraft, durch den Betriebsarzt oder durch geeignete außerbetriebliche Dienste.

Die Regelungen nach Absatz 6 entsprechen Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie (vgl. auch § 9 Abs. 1 und § 14 VBG 102). Technische Schutzmäßnahmen sind dabei vorrangig so zu treffen, daß biologische Arbeitsstoffe nicht frei werden und damit eine Exposition der Beschäftigten vermieden wird. In vielen Fällen kann diese Forderung durch geschlossene Systeme erfüllt werden. Sofern dies nicht zu realisieren ist, muß durch gezielte technische und organisatorische Maßnahmen die Exposition der Beschäftigten so gering wie möglich gehalten werden. Dazu gehört auch die nach Nummer 2 geforderte Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchführen. Diese Festlegungen erfolgen auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung der jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten und Arbeitsaufgaben. Im Krankenhaus könnte dies bedeuten, daß bestimmte Bereiche für z.B. Verwaltungspersonal nicht zugänglich sein dürfen.

Absatz 7 regelt Maßnahmen bei Betriebs- und Anlagenstörungen und gilt für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten. Vorrangige Maßnahme beim nicht bestimmungsgemäßen Betrieb muß es sein, den bestimmungsgemäßen Zustand der Anlage unverzüglich wieder herzustellen und alle Maßnahmen einzuleiten, um eine potentielle oder tatsächliche Gefährdungssituation für die Beschäftigten zu beseitigen. Dies ist auch in der Gefährdungsbeurteilung nach § 8 aktuell zu berücksichtigen.

Absatz 8 übernimmt Regelungen aus der GefStoffV wie sie bisher schon für Krankheitserreger galten, zur Umsetzung von Artikel 6 Abs. 2 und Artikel 16 Abs. 2 Buchstabe a der EG-Richtlinie 90/679/EWG im Hinblick auf sicherheitstechnische Erfordernisse.

Die in Absatz 9 geforderte Anpassung der Arbeitsverfahren an die Fortentwicklungen in der Sicherheitstechnik entspricht § 19 Abs. 4 GefStoffV und § 12 Abs. 6 der GenTSV und konkretisiert § 3 Abs. 1 ArbSchG

Absatz 10 enthält Regelungen zum Transport und zur Lagerung von biologischen Arbeitsstoffen entsprechend den Anforderungen in Artikel 6 Abs. 2 und Artikel 15 Abs. 1 und 2 der EG-Richtlinie 90/679/EWG und übernimmt die für Krankheitserreger geltenden Anforderungen aus der GefStoffV. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß Beschäftigte auch beim Transport und der Lagerung erheblichen Infektionsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe ausgesetzt sein können.

Zu § 11:

§ 11 übernimmt in den Absätzen 1 und 3 die wesentlichen Aussagen zu Hygienemaßnahmen und Schutzausrüstungen des Artikels 8 der Richtlinie (vgl. § 22 GefStoffV § 13 und 15 VBG 102 sowie §§ 9 Abs. 4, 10 und 11 GenTSV und die Anhänge III-V GenTSV).

Absatz 1 regelt Maßnahmen zur Desinfektion und Dekontamination und legt technische und organisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Bereitstellung, Wartung und Hygiene von (persönlichen) Schutzausrüstungen fest, wenn diese erforderlich sind.

Absatz 2 regelt die Verpflichtung zur Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen und die Kontrolle der Arbeitsplätze auf mögliche Kontaminationen mit biologischen Arbeitsstoffen. Die Feststellung der mikrobiellen Belastung in der Luft am Arbeitsplatz kann dabei ein geeignetes Mittel für die Überprüfung der Funktionsfähigkeit und der Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen darstellen. Die zu diesem Zweck ermittelten Keimbelastungen liefern in der Regel jedoch keine Aussage über die Infektionsgefährdung der Beschäftigten am Arbeitsplatz.

Absatz 3 enthält die Forderung, daß Beschäftigte an Arbeitsplätzen, an denen die Gefahr einer Kontamination durch biologische Arbeitsstoffe besteht, keine Nahrungs- und Genußmittel zu sich nehmen dürfen. Dafür müssen geeignete Bereiche eingerichtet werden.

Zu § 12:

§ 12 übernimmt die in Artikel 10 der Richtlinie enthaltenen Unterrichtungspflichten und konkretisiert die §§ 8, 12 und 14 ArbSchG (vgl. § 20 GefStoffV, § 12 Abs. 2, 3 und 4 GenTSV und § 10 Abs. 1 bis 3 VBG 102).

Die nach Absatz 1 erforderliche Betriebsanweisung muß nicht ausschließlich für biologische Arbeitsstoffe erstellt werden, sondern kann auch mit Anweisungen für andere Gefährdungen kombiniert werden, sofern diese gleichzeitig gegeben sind. Werden an einem Arbeitsplatz z~ B. neben Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen auch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt, kann eine gemeinsame Betriebsanweisung erstellt werden, in der sowohl auf Gefahren im Umgang mit Gefahrstoffen als auch bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen hingewiesen sowie auf die erforderlichen Maßnahmen eingegangen wird.

Nach Absatz 2 sind die Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung über die Gefahren und die getroffenen Schutzmaßnahmen zu unterrichten. Dabei wird festgelegt, wie und in welchen zeitlichen Abständen dies zu erfolgen hat und wann und in welchen Fällen die Untersuchung zu wiederholen ist.

Absatz 3 bestimmt, daß in Fällen, in denen ein Infektionsrisiko aufgrund einer erhöhten Unfallgefahr besteht, oder bei Unfällen, bei denen mit besonders schweren Infektionen gerechnet werden muß, die Arbeitnehmer zusätzlich zu der Betriebsanweisung und der Unterweisung besondere Informationen erhalten müssen. Diese sind in Form von Arbeitsanweisungen zu vermitteln, die sich auf die bestimmte Tätigkeit beziehen und konkret umfassen, welche einzelnen Arbeitsschritte auszuführen sind.

Absatz 4 regelt die Unterrichtung der im Gefahrenbereich Beschäftigten und des Betriebs- oder Personalrats über Betriebsstörungen, die die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten gefährden können, und über Unfälle.

Zu § 13:

§ 13 setzt die Artikel 11 und 13 der Richtlinie um und regelt Anzeige- und Aufzeichnungspflichten.

Nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber die erste Aufnahme der Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 anzuzeigen.

Absatz 1 regelt ebenfalls die Frist zur Abgabe der Anzeige sowie die darin zu machenden Angaben.

Absatz 2 regelt die Fälle, in denen durch eine Änderung der Arbeitsbedingungen eine erneute Anzeige bei der zuständigen Behörde erforderlich wird.

Absatz 3 beinhaltet die Verpflichtung zum Führen eines Verzeichnisses über Beschäftigte, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 durchführen, die Art der in dem Verzeichnis zu machenden Angaben sowie das Recht auf Einsichtnahme.

Absatz 4 regelt die Aufbewahrungsdauer der nach Absatz 3 erhobenen Informationen und den Verbleib der Informationen im Fall der Betriebsauflösung.

Absatz 5 legt fest, daß die unter den Absätzen 1 bis 4 gestellten Anforderungen entsprechend auch für nicht gezielte Tätigkeiten gelten.

Absatz 6 legt ein vereinfachtes Verfahren zur Anzeige bei der zuständigen Behörde fest, wenn die erforderlichen Angaben gleichwertig aus Anzeigen nach anderen Rechtsvorschriften entnommen werden können. Für gentechnische Arbeiten gelten z.B. die Genehmigungsverfahren nach dem Gentechnikgesetz.

Zu § 14:

Die Regelungen des Absatzes 1 lehnen sich an § 44 GefStoffV an. Eine behördliche Ausnahme ist nur erforderlich, wenn der Arbeitgeber von in der Verordnung vorgeschriebenen konkreten Maßnahmen abweichen will. Über Abweichungen von technischen Regeln entscheidet der Arbeitgeber in eigener Verantwortung (s. hierzu § 10 Abs. 1 Satz 3).

Absatz 2 gibt der zuständigen Behörde die Möglichkeit, auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers für Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten eine Ausnahme von der Dokumentationspflicht bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 oder bei vergleichbaren nicht gezielten Tätigkeiten zu erteilen, womit eine Erleichterung speziell für Kleinbetriebe, z.B. in der Landwirtschaft, ermöglicht wird.

Zu § 15:

§ 15 setzt Artikel 14 der Richtlinie um und konkretisiert § 11 ArbSchG.

Absatz 1 regelt die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen von Personen, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen nach Anhang IV ausführen. Der Katalog enthält in Anbetracht des sehr hohen Gefährdungspotentials die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 4 und weitere ausgewählte biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppen 2 und 3, die bei spezifischen Tätigkeiten und Arbeitsverfahren eine besondere Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten darstellen können und für die deshalb ebenfalls arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen mit Beratungen angezeigt sind. Die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind vor Aufnahme der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Abständen durchzuführen sowie am Ende der Beschäftigung anzubieten. Die für den Regelfall geltenden Untersuchungsfristen werden - bezogen auf die

Tätigkeitsbereiche und die einzelnen biologischen Arbeitsstoffe durch den Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe in einer technischen Regel festgelegt. Bei gesundheitlichen Bedenken kann der untersuchende Arzt im Einzelfall kürzere Fristen festlegen.

Bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die der Schutzstufe 3 zuzuordnen und die nicht in Anhang IV enthalten sind und sonstigen nicht gezielten Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung hat der Arbeitgeber nach Absatz 2 den Beschäftigten lediglich arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen mit Beratungen vor Aufnahme der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Abständen anzubieten. Dies gilt auch bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 oder nicht gezielten Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung. Die Verpflichtung besteht nicht, wenn es aufgrund der Gefährdungsbeurteilung und der getroffenen Schutzmaßnahmen als unwahrscheinlich angesehen werden kann, daß mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen ist.

Die Entscheidung, ob bei einem Angebot die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung auch in Anspruch genommen wird, bleibt den Beschäftigten überlassen. Im Hinblick auf die Festlegung der zeitlichen Abfolge der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen (Erst- und Nachuntersuchungen) wird der Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe Vorschläge erarbeiten. Absatz 3 setzt die Verpflichtung des Artikels 14 Abs. 3 der Richtlinie um, im Falle einer am Arbeitsplatz zugezogenen Infektion oder aufgetretenen Erkrankung, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sein kann, allen dort Beschäftigten eine Vorsorgeuntersuchung anzubieten. Dies gilt nicht, wenn die Infektion oder Erkrankung auf eine personenbezogene Schädigung, z.B. in Folge eines individuellen Unfalls, zurückzuführen und eine Übertragung auf andere Beschäftigte auszuschließen ist.

Absatz 4 Satz 1 ist auf Artikel 14 Abs. 3 der Richtlinie und deren Anhang VII zurückzuführen. Hinweise auf verfügbare wirksame Impfstoffe sind für wichtige biologische Arbeitsstoffe im Anhang III der Richtlinie enthalten. Darüber hinaus wird der Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe entsprechende Empfehlungen erarbeiten. Eine Pflicht des Beschäftigten zur Duldung der Impfung besteht nicht.

Absatz 5 Satz 1 legt fest, daß arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nur durch Ärzte, die die erforderlichen Fachkenntnisse besitzen und von der zuständigen Behörde ermächtigt worden sind, durchgeführt werden dürfen. Um den Arzt in die Lage zu versetzen, eine arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene Vorsorgeuntersuchung bei den Beschäftigten durchführen zu können, legt Satz 2 fest, daß der Arbeitgeber dem Arzt die erforderlichen Auskünfte erteilen und eine Besichtigung des Arbeitsplatzes ermöglichen muß. Dies gilt sowohl für vorgeschriebene als auch für freiwillige Vorsorgeuntersuchungen.

Absatz 6 legt fest, daß der Arzt die untersuchte Person arbeitsmedizinisch beraten und ihr das Untersuchungsergebnis in schriftlicher Form übergeben muß. Diese Bescheinigung muß auch eine Aussage darüber beinhalten, ob gegen die Beschäftigung des Untersuchten gesundheitliche Bedenken bestehen. Eine Kopie des Untersuchungsergebnisses erhält der Arbeitgeber nur bei vorgeschriebenen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach Absatz 1. In den anderen Fällen bleibt es den Beschäftigten freigestellt, den Arbeitgeber über das Untersuchungsergebnis zu unterrichten. Sofern der Arbeitgeber oder die untersuchte Person das Untersuchungsergebnis in Zweifel ziehen, kann eine Entscheidung der zuständigen Behörde beantragt werden. Hat der Arzt aufgrund der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung gesundheitliche Bedenken bei der untersuchten Person, muß er dem Arbeitgeber empfehlen, die Beurteilung der Arbeitsbedingungen zu wiederholen (§ 8 Satz 1 Nummer 1). Erhält der Arbeitgeber eine derartige Empfehlung, hat er dies dem Betriebs- oder Personalrat mitzuteilen und die zuständige Behörde zu unterrichten, da bei festgestellten gesundheitlichen Bedenken, die ursächlich mit den Arbeitsplatzbedingungen in Verbindung stehen, diese Informationen den Beschäftigtenvertretern und der zuständigen Behörde übermittelt werden müssen, um eine Kontrolle der Arbeitsschutzmaßnahmen zu ermöglichen und ggf. geeignete Gegenmaßnahmen veranlassen zu können.

Absatz 7, regelt die Übergabe der Aufzeichnungen über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei vorgeschriebenen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach Absatz 1 im Falle der Beendigung der Tätigkeit des Arztes.

Zu § 16:

Absatz 1 setzt Artikel 7 der Richtlinie um; Der Arbeitgeber hat die zuständige Behörde auf deren Verlangen über die Arbeitsbedingungen und die getroffenen Schutzmaßnahmen zu unterrichten.

Absatz 2 setzt Artikel 14 Abs. 9 der Richtlinie um und verpflichtet den Arbeitgeber, die zuständige Behörde unverzüglich

  1. bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 und 4 über jeden Unfall und jede Betriebsstörung,
  2. über Unfälle und Betriebsstörungen, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können,
  3. über Krankheits- und Todesfälle, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sind,

zu unterrichten.

Zu § 17:

Die Verordnung hat einen sehr weiten und umfassenden Anwendungsbereich mit zum Teil sehr inhomogenen Tätigkeitsbereichen. Mit Ausnahme einzelner berufsgenossenschaftlicher Merkblätter und einiger Festlegungen der Bundesländer fehlt ein technisches Regelwerk, das die Vorschriften der Verordnung untersetzen kann. Um diese Lücke zu schließen, wurde im Vorgriff auf diese Verordnung der Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eingerichtet.

Durch Absatz 1 wird der Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe, analog zum Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS) in der GefStoffV, künftig auf der Grundlage der BioStoffV eingesetzt.

Die Einrichtung des ABAS sichert die Mitwirkung der betroffenen Kreise und gewährleistet dadurch die breite Akzeptanz der von ihm ermittelten technischen Regeln. Die Arbeit des Ausschusses hat sich bereits in der kurzen Zeit seines Bestehens bewährt und gewährleistet durch Verzicht auf die Erarbeitung besonderer Verwaltungsvorschriften eine Entlastung des Verordnungsgebers sowie der zuständigen Behörden der Länder und der Unfallversicherungsträger. Durch die Mitgliedschaft der betroffenen Kreise im Ausschuß wird ein ausgewogenes und streng am Bedarf ausgerichtetes Regelwerk sichergestellt.

Vorrangige Aufgabe des ABAS ist es nach Absatz 3

  1. Regeln und Erkenntnisse, die die allgemeinen Anforderungen des § 4 ArbSchG konkretisieren sowie solche zur Einstufung biologischer Arbeitsstoffe zu ermitteln;
  2. zu ermitteln, wie darüber hinausgehende Anforderungen der Verordnung in der Praxis umgesetzt werden können;
  3. dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Vorschriften nach dem Stand von Wissenschaft, Technik und Medizin zur Anpassung der Biostoffverordnung vorzuschlagen und
  4. das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in allgemeinen Fragen der biologischen Sicherheit zu beraten.

Die vom ABAS ermittelten Verfahrensregeln können nach Absatz 4 vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bekanntgegeben werden.

Nach Absatz 5 haben die Bundesministerien und die für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörden das Recht, zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreter zu entsenden. Diesen Vertretern ist auf Verlangen in der Sitzung das Wort zu erteilen.

Die Geschäftsordnung des Ausschusses für biologische Arbeitsstoffe sieht bisher vor, daß die genannten Stellen nachrichtlich sowohl die Tagesordnung als auch die Niederschrift zu den Sitzungen erhalten. Erheben z.B. andere Ressorts Einwände zu Beschlußvorschlägen des Ausschusses für biologische Arbeitsstoffe, sollten diese dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung umgehend, möglichst noch vor der Beschlußfassung des Ausschusses mitgeteilt werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung wird dann entsprechend der Geschäftsordnung der Bundesregierung eine Einigung herbeiführen. Diese Vorgehensweise folgt dem seit 25 Jahren bewährten Verfahren in den anderen technischen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, insbesondere dem Ausschuß für Gefahrstoffe.

Die Geschäfte des Ausschusses wird, wie beim AGS, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führen, um den dort vorhandenen Sachverstand und die im Bereich des Ausschusses für Gefahrstoffe gesammelten Erfahrungen zu nutzen (Absatz 6).

Zu § 18:

Absatz 1 regelt Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ArbSchG. Normadressat der bußgeldbewehrten Vorschriften ist der Arbeitgeber, was sich für die Nummern 2 bis 13 aus § 10 Abs. 1 Satz 1 ergibt.

Absatz 2 regelt Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes.

Zu § 19:

§ 19 regelt Übergangsvorschriften und trifft eine praxisgerechte Regelung im Hinblick auf bereits vor Inkrafttreten der Verordnung aufgenommene Tätigkeiten.

Zu den Anhängen 1 bis IV:

Anhang I entspricht Anhang II der Richtlinie.

Anhang II Abs. 1 definiert die Schutzstufe 1 als allgemeine Hygienemaßnahmen. Die allgemeinen Hygienemaßnahmen bei Tätigkeiten in Laboratorien und laborähnlichen Einrichtungen werden durch den Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe erarbeitet und als technische Regel veröffentlicht.

Absatz 2 entspricht inhaltlich Anhang V der Richtlinie und beschreibt Maßnahmen speziell für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien und laborähnlichen Einrichtungen.

Anhang III Abs. 1 definiert die Schutzstufe 1 als allgemeine Hygienemaßnahmen. Die allgemeinen Hygienemaßnahmen bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten werden durch den Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe erarbeitet und als technische Regel veröffentlicht.

Absatz 2 entspricht inhaltlich Anhang VI der Richtlinie und beschreibt Maßnahmen bei allen übrigen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.

Anhang IV enthält eine Liste der biologischen Arbeitsstoffe und Tätigkeiten, bei denen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen flach § 15 Abs. 1 obligatorisch durchzuführen sind.

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