umwelt-online: EG-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis Anhang 15

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Qualifizierung und ValidierungAnhang 15 18, 18a, 19a
zum EU-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis

Textvergleich der Fassungen 2018/2019

Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung dieses Leitfadens:

Artikel 47 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel und Artikel 51 der Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel.

Dieses Dokument bietet eine Anleitung für die Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis (GMP) für Arzneimittel entsprechend der Richtlinie 2003/94/EG für Humanarzneimittel und der Richtlinie 91/412/EWG für Tierarzneimittel.

Status des Dokuments: Revision

Grund der Änderungen:

Seit der Veröffentlichung von Anhang 15 im Jahr 2001 haben sich das Herstellungsumfeld sowie die regulatorischen Bedingungen maßgeblich verändert. Eine Überarbeitung des Anhangs ist erforderlich, um diesen veränderten Bedingungen gerecht zu werden. Die vorliegende Überarbeitung von Anhang 15 berücksichtigt Änderungen in anderen Abschnitten von EudraLex, Band 4, Teil I, den Bezug zu Teil II, Anhang 11, ICH Q8, Q9, Q10 und Q11, Leitlinien der QWP zur Prozessvalidierung sowie Änderungen in der Herstellungstechnologie.

Termin des Inkrafttretens: 1. Oktober 2015

Grundsätze

Dieser Anhang beschreibt die Grundsätze der Qualifizierung und Validierung, die auf Einrichtungen, Ausrüstung, Betriebsmittel und Prozesse anzuwenden sind, die in der Herstellung von Arzneimitteln Anwendung finden. Er kann ferner als zusätzliche optionale Leitlinie für Wirkstoffe herangezogen werden, ohne dass dadurch zusätzliche Anforderungen zu EudraLex, Band 4, Teil II entstehen. Die GMP-Bestimmungen besagen, dass Hersteller kritische Aspekte ihrer spezifischen Arbeitsabläufe durch Qualifizierung und Validierung über den gesamten Lebenszyklus des Produkts und Prozesses kontrollieren müssen. Alle geplanten Änderungen an Einrichtungen, Ausrüstung, Betriebsmitteln und Prozessen, die die Produktqualität beeinflussen können, sollten formell dokumentiert und die Auswirkungen auf den Validierungsstatus oder die Kontrollstrategie untersucht werden. Computergestützte Systeme, die zur Herstellung von Arzneimitteln eingesetzt werden, sollten ebenfalls validiert werden gemäß den Anforderungen in Anhang 11. Auch die relevanten Konzepte und Leitlinien in ICH Q8, Q9, Q10 und Q11 sollten Berücksichtigung finden.

Allgemeine Hinweise

Das Konzept des Qualitätsrisikomanagements sollte über den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels Anwendung finden. Als Teil des Qualitätsrisikomanagementsystems sollten Entscheidungen zum Umfang und zur Tiefe der Qualifizierung und Validierung auf der Grundlage einer begründeten und dokumentierten Risikobewertung der Einrichtungen, Ausrüstung, Betriebsmittel und Prozesse getroffen werden. Die retrospektive Validierung wird nicht mehr als geeigneter Ansatz betrachtet. Daten zur Unterstützung der Qualifizierungs- und/oder Validierungsstudien, die von Quellen außerhalb der firmeneigenen Programme des Herstellers stammen, können unter der Voraussetzung herangezogen werden, dass diese Vorgehensweise begründet wurde und dass es ausreichende Garantien für vorhandene Kontrollen während der Erhebung der Daten gibt.

1 Organisation und Planung der Qualifizierung und Validierung

1.1 Sämtliche Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten sollten geplant werden und den Lebenszyklus der Einrichtungen, Ausrüstung, Betriebsmittel, Prozesse und des Produkts berücksichtigen.

1.2 Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten sollten nur durch ausreichend geschulte Mitarbeiter unter Einhaltung genehmigter Verfahren erfolgen.

1.3 Mitarbeiter in der Qualifizierung/Validierung sollten in Einklang mit den Bestimmungen im pharmazeutischen Qualitätssystem Bericht erstatten. Die Person, der berichtet wird, muss nicht unbedingt eine Qualitätsmanagement- oder Qualitätssicherungsfunktion innehaben. Es sollte aber ein angemessener Qualitätsüberblick über den gesamten Validierungslebenszyklus gegeben sein.

1.4 Die Schlüsselelemente des Qualifizierungs- und Validierungsprogramms der Betriebsstätte sollten im Rahmen eines Validierungsmasterplans (VMP) oder eines gleichwertigen Dokuments klar definiert sein.

1.5 Der VMP oder ein gleichwertiges Dokument sollte das Qualifizierungs-/Validierungssystem definieren und mindestens Informationen zu folgenden Punkten enthalten oder auf diese verweisen:

  1. Qualifizierungs- und Validierungspolitik;
  2. organisatorische Struktur der Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten einschließlich Aufgaben und Verantwortlichkeiten;
  3. zusammenfassende Darstellung der Einrichtungen, Ausrüstung, Systeme und Prozesse in der Betriebsstätte sowie ihr Qualifizierungs- und Validierungsstatus;
  4. Änderungskontrolle und Abweichungsmanagement für Qualifizierung und Validierung;
  5. Leitlinien zur Entwicklung von Akzeptanzkriterien;
  6. Verweise auf bestehende Dokumente;
  7. die Qualifizierungs- und Validierungsstrategie einschließlich gegebenenfalls einer Requalifizierung.

1.6 Im Falle größerer und komplexer Projekte kommt der Planung eine größere Bedeutung zu und separate Validierungsmasterpläne können mehr Klarheit schaffen.

1.7 Für Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten sollte ein Qualitätsrisikomanagementansatz gewählt werden. Angesichts zunehmenden Wissens und eines besseren Verständnisses durch Änderungen während der Projektphase oder der kommerziellen Produktion, sollten die Risikobewertungen bei Bedarf wiederholt werden. Es sollte klar dokumentiert werden, in welcher Weise Risikobewertungen zur Unterstützung der Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten herangezogen werden.

1.8 Angemessene Kontrollen sollten Bestandteil der Qualifizierungs- und Validierungsarbeit sein, um die Integrität aller erhaltenen Daten zu gewährleisten.

2 Dokumentation, einschließlich VMP

2.1 Eine gute Dokumentationspraxis ist für die Unterstützung des Wissensmanagements während des gesamten Lebenszyklus des Produkts wichtig.

2.2 Alle während der Qualifizierung und Validierung erstellten Dokumente sollten durch hierfür qualifizierte Mitarbeiter gemäß den Bestimmungen im pharmazeutischen Qualitätssystem genehmigt und autorisiert werden.

2.3 Der Zusammenhang zwischen verschiedenen Dokumenten bei komplexen Validierungsprojekten sollte klar definiert sein.

2.4 Es sollten Validierungsanweisungen erstellt werden, in denen die kritischen Systeme, Attribute und Parameter sowie die damit einhergehenden Akzeptanzkriterien definiert sind.

2.5 Qualifizierungsdokumente können, wo zweckdienlich, kombiniert werden, zum Beispiel die Installationsqualifizierung (IQ) und die Funktionsqualifizierung (OQ).

2.6 Wenn die Validierungsanweisung und andere Dokumente von einer dritten Partei geliefert werden, die Validierungsdienstleistungen anbietet, sollten hierfür qualifizierte Mitarbeiter in der Herstellungsstätte vor der Genehmigung die Eignung und Übereinstimmung mit internen Verfahren bestätigen. Lieferantenanweisungen können vor der Verwendung durch zusätzliche Dokumente/Testanweisungen ergänzt werden.

2.7 Alle wesentlichen Änderungen an den genehmigten Anweisungen, z.B. von Akzeptanzkriterien, Betriebsparametern etc., die während der Ausführung erfolgen, sollten als Abweichung dokumentiert und wissenschaftlich begründet werden.

2.8 Ergebnisse, die zuvor festgelegte Akzeptanzkriterien nicht erfüllen, sollten als Abweichung protokolliert und gemäß den örtlichen Verfahren umfassend untersucht werden. Alle Auswirkungen auf die Validierung sind im Bericht zu diskutieren.

2.9 Prüfung und Schlussfolgerungen der Validierung sollten Gegenstand eines Berichts sein und die erhaltenen Ergebnisse sollten mit den Akzeptanzkriterien abgeglichen werden. Jegliche nachfolgende Änderung der Akzeptanzkriterien sollte wissenschaftlich begründet werden und eine abschließende Beurteilung im Hinblick auf das Validierungsergebnis erstellt werden.

2.10 Eine formale Freigabe für den nächsten Schritt des Qualifizierungs- und Validierungsprozesses sollte von entsprechend verantwortlichen Mitarbeitern entweder als Teil der Genehmigung des Validierungsberichts oder als separates Übersichtsdokument erfolgen. Eine Genehmigung unter Vorbehalt, die nächste Qualifizierungsstufe einzuleiten, kann erfolgen, wenn bestimmte Akzeptanzkriterien oder Abweichungen nicht vollständig angesprochen wurden, aber eine dokumentierte Bewertung dahingehend vorliegt, dass keine wesentliche Auswirkung auf den nächsten Arbeitsschritt zu erwarten ist.

3 Qualifizierungsschritte für Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmittel und Systeme

3.1 Qualifizierungsaktivitäten sollten alle Schritte von der anfänglichen Entwicklung der Benutzeranforderung (URS) bis zum Ende der Nutzung von Ausrüstung, Einrichtung, Betriebsmitteln oder Systemen umfassen. Die wichtigsten Schritte sowie einige vorgeschlagene Kriterien (auch wenn diese von den jeweiligen Projektbedingungen abhängen und abweichen können), welche Bestandteil jedes Schritts sein könnten, werden nachfolgend genannt:

Benutzeranforderung (URS)

3.2 Die Spezifikation für Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmittel oder Systeme sollte in Form einer URS und/oder einer Funktionsspezifikation erfolgen. Die wesentlichen Qualitätselemente müssen zu diesem Zeitpunkt integriert und eventuelle GMP-Risiken auf ein akzeptables Niveau reduziert werden. Die URS sollte während des gesamten Validierungslebenszyklus als Bezugspunkt dienen.

Designqualifizierung (DQ)

3.3 Der nächste Schritt der Qualifizierung von Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmitteln oder Systemen ist die DQ. In ihrem Rahmen wird die Übereinstimmung des Designs mit den GMP-Anforderungen nachgewiesen und dokumentiert. Die Anforderungen der URS sollten während der Designqualifizierung überprüft werden.

Werksabnahme (FAT)/Abnahme der installierten Anlage (SAT)

3.4 Die Ausrüstung kann insbesondere dann beim Lieferanten vor der Lieferung evaluiert werden, wenn diese neue oder komplexe Technologien beinhaltet.

3.5 Vor der Installation sollte gegebenenfalls beim Lieferanten bestätigt werden, dass die Ausrüstung die URS/Funktionsspezifikation erfüllt.

3.6 Falls angemessen und begründet, können eine Überprüfung der Dokumentation sowie bestimmte Prüfungen im Rahmen der Werksabnahme oder während anderer Schritte erfolgen, ohne dass diese dann im Rahmen von IQ/OQ in der Betriebsstätte wiederholt werden müssen. Dies gilt, sofern nachgewiesen wird, dass die Funktionalität durch den Transport und die Installation nicht beeinträchtigt wird.

3.7 Die FAT kann nach Erhalt der Ausrüstung in der Herstellungsstätte durch die Durchführung einer SAT ergänzt werden.

Installationsqualifizierung (IQ)

3.8 Für Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmittel oder Systeme sollte eine IQ durchgeführt werden.

3.9 Die IQ sollte Folgendes umfassen, ohne dadurch beschränkt zu werden:

  1. Überprüfung der korrekten Installation von Bauteilen, Instrumenten, Ausrüstung, Rohrleitungen und Diensten im Abgleich mit technischen Zeichnungen und Spezifikationen;
  2. Überprüfung der korrekten Installation anhand vorgegebener Kriterien;
  3. Erfassung und Zusammenstellung von Betriebs- und Arbeitsanweisungen sowie Wartungsanforderungen des Lieferanten;
  4. Kalibrierung der Instrumente;
  5. Verifizierung der Konstruktionsmaterialien.

Funktionsqualifizierung (OQ)

3.10 Die Funktionsqualifizierung (OQ) erfolgt normalerweise im Anschluss an die Installationsqualifizierung (IQ). In Abhängigkeit von der Komplexität der Ausrüstung kann die OQ auch als kombinierte Installations- und Funktionsqualifizierung (IOQ) durchgeführt werden.

3.11 Die OQ sollte Folgendes umfassen, ohne dadurch beschränkt zu werden:

  1. Tests, die auf der Grundlage von aus den Prozessen, Systemen und der Ausrüstung gewonnenem Wissen entwickelt wurden, um zu gewährleisten, dass das System wie geplant funktioniert;
  2. Tests, die obere und untere Betriebsgrenzen und/oder "Worst-Case"-Bedingungen bestätigen.

3.12 Der Abschluss einer erfolgreichen OQ sollte die Fertigstellung von Standardarbeitsanweisungen und Reinigungsverfahren, Schulung des Bedienpersonals sowie vorbeugende Wartungsanforderungen ermöglichen.

Leistungsqualifizierung (PQ)

3.13 Die Leistungsqualifizierung (PQ) sollte normalerweise im Anschluss an die erfolgreiche Durchführung einer Installations- und Funktionsqualifizierung vorgenommen werden. In manchen Fällen kann es jedoch angebracht sein, die PQ zusammen mit der OQ oder der Prozessvalidierung durchzuführen.

3.14 Die PQ sollte Folgendes umfassen, ohne dadurch beschränkt zu werden:

  1. Tests mit Produktionsmaterialien, geeigneten Ersatzmaterialien oder simulierten Produkten, die erwiesenermaßen unter normalen Betriebsbedingungen bei Worst-Case-Chargengrößen ein äquivalentes Verhalten zeigen. Die Häufigkeit der Probenahme zur Bestätigung der Prozesskontrolle sollte begründet werden.
  2. Tests sollten den Operationsbereich des angestrebten Prozesses abdecken, sofern nicht aus den Entwicklungsphasen ein dokumentierter Nachweis zur Bestätigung der Operationsbereiche vorliegt.

4 Requalifizierung

4.1 Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmittel und Systeme sollten mit ausreichender Häufigkeit evaluiert werden, um zu bestätigen, dass sie in einem kontrollierten Zustand bleiben.

4.2 Wo eine Requalifizierung erforderlich ist und in bestimmten zeitlichen Abständen erfolgt, sollten die Zeitabstände begründet und Kriterien für die Evaluation festgelegt werden. Ferner sollte die Möglichkeit, dass im Laufe der Zeit kleinere Veränderungen auftreten, beurteilt werden.

5 Prozessvalidierung

Allgemeine Hinweise

5.1 Die in diesem Kapitel dargelegten Anforderungen und Prinzipien gelten für die Herstellung sämtlicher pharmazeutischer Darreichungsformen. Abgedeckt werden die anfängliche Validierung neuer Prozesse, die anschließende Validierung veränderter Prozesse, Standortverlagerungen und die laufende Prozessverifizierung. Im vorliegenden Anhang wird vorausgesetzt, dass ein robuster Produktentwicklungsprozess vorhanden ist, der eine erfolgreiche Prozessvalidierung gewährleistet.

5.2 Nummer 5 sollte zusammen mit der aktuellen EMA-Leitlinie zur Prozessvalidierung Anwendung finden.

5.2.1 Die Leitlinie zur Prozessvalidierung soll ausschließlich Empfehlungen zu Informationen und Daten geben, die im Zulassungsantrag einzureichen sind. GMP-Anforderungen an die Prozessvalidierung gelten jedoch während des gesamten Lebenszyklus des Prozesses.

5.2.2 Dieser Ansatz sollte dazu herangezogen werden, Produkt- und Prozessentwicklung zu verbinden. Er sichert die Validierung des kommerziellen Herstellungsprozesses und gewährleistet, dass der Prozess während der kommerziellen Routineherstellung in einem Kontrollzustand bleibt.

5.3 Herstellungsprozesse können unter Anwendung eines traditionellen Ansatzes oder des Konzepts der kontinuierlichen Verifizierung entwickelt werden. Unabhängig vom gewählten Ansatz muss jedoch vor der Marktfreigabe jedes Produkts nachgewiesen werden, dass die Prozesse robust sind und eine gleichbleibende Produktqualität garantieren. Herstellungsprozesse, die einen traditionellen Ansatz verwenden, sollten möglichst vor der Zertifizierung des Produkts einem prospektiven Validierungsprogramm unterzogen werden. Die retrospektive Validierung wird als Ansatz nicht mehr akzeptiert.

5.4 Die Prozessvalidierung neuer Produkte sollte alle für den Markt vorgesehenen Stärken und Herstellungsstätten abdecken. Bracketing könnte für neue Produkte gerechtfertigt sein basierend auf umfassendem Produktwissen aus der Entwicklungsphase in Verbindung mit einem geeigneten fortlaufendem Verifizierungsprogramm.

5.5 Bei der Prozessvalidierung von Produkten, die von einer Betriebsstätte zu einer anderen oder innerhalb der Betriebsstätte transferiert werden, könnte die Anzahl von Validierungschargen durch Anwendung eines Bracketing-Ansatzes reduziert werden. Vorhandenes Produktwissen einschließlich des Inhalts der vorherigen Validierung sollte jedoch verfügbar sein. Falls begründet, kann auch für unterschiedliche Stärken, Chargengrößen und Packungsgrößen/ Behältnisarten ein Bracketing-Ansatz angewendet werden.

5.6 Beim Transfer von bereits bestehenden Produkten zu einer anderen Betriebsstätte müssen der Herstellungsprozess und die Kontrollen den Zulassungsunterlagen entsprechen und aktuelle Standards der Zulassungsanforderungen für den betreffenden Produkttyp erfüllen. Gegebenenfalls sind Änderungsanzeigen einzureichen.

5.7 Anhand der Prozessvalidierung soll nachgewiesen werden, dass alle Qualitätsmerkmale und Prozessparameter, die als wichtig für die Gewährleistung des Validierungsstatus und einer akzeptablen Produktqualität gelten, mittels des Prozesses beständig eingehalten werden können. Die Grundlage, auf der Prozessparameter und Qualitätsmerkmale als kritisch oder nichtkritisch eingestuft wurden, sollte unter Berücksichtigung der Ergebnisse aller Aktivitäten zur Risikobeurteilung klar dokumentiert werden.

5.8 In der Regel sollten Chargen, die für die Prozessvalidierung hergestellt werden, dieselbe Größe aufweisen wie die vorgesehenen Chargen im Produktionsmaßstab. Die Verwendung anderer Chargengrößen sollte begründet oder in anderen Abschnitten von EudraLex, Band 4, spezifiziert sein.

5.9 Ausrüstung, Einrichtungen, Betriebsmittel und Systeme, die für die Prozessvalidierung verwendet werden, sollten qualifiziert werden. Testmethoden sind für die vorgesehene Verwendung zu validieren.

5.10 Für alle Produkte sollte der Herstellungsstätte, sofern nicht anders begründet, unabhängig vom verwendeten Ansatz Prozesswissen aus Entwicklungsstudien oder anderen Quellen zur Verfügung stehen und die Grundlage für Validierungsaktivitäten bilden.

5.11 An der Herstellung von Chargen für die Prozessvalidierung können Mitarbeiter aus der Produktion, der Entwicklung oder andere, für Standorttransfer zuständige Mitarbeiter beteiligt sein. Chargen sollten nur von geschultem Personal gemäß der Guten Herstellungspraxis unter Verwendung genehmigter Dokumentation hergestellt werden. Es wird erwartet, dass Mitarbeiter aus der Produktion an der Herstellung von Validierungschargen beteiligt sind, um das Produktverständnis zu fördern.

5.12 Die Lieferanten von kritischen Ausgangsstoffen und Verpackungsmaterialien sollten vor der Herstellung von Validierungschargen qualifiziert werden. Ansonsten sollte eine Begründung dokumentiert werden, die auf der Anwendung von Grundsätzen des Qualitätsrisikomanagements beruht.

5.13 Es ist besonders wichtig, dass das zugrunde liegende Prozesswissen für die Begründung des Design Space (falls verwendet) und für die Entwicklung mathematischer Modelle (falls verwendet) zur Bestätigung einer Prozesskontrollstrategie verfügbar ist.

5.14 Werden Validierungschargen für den Markt freigegeben, sollte dies vorab festgelegt werden. Die Bedingungen, unter denen die Chargen hergestellt werden, sollten der Guten Herstellungspraxis, den Akzeptanzkriterien für die Validierung, jeglichen Kriterien der kontinuierlichen Prozessverifizierung (falls verwendet) und den Zulassungsunterlagen oder der Genehmigung klinischer Studien in vollem Umfang entsprechen.

5.15 Für die Prozessvalidierung von klinischen Prüfpräparaten (IMP) beachten Sie bitte Anhang 13.

Begleitende Validierung

5.16 In Ausnahmefällen, wenn ein deutliches Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Patienten vorliegt, kann es akzeptabel sein, dass ein Validierungsprogramm vor dem Beginn der Routineproduktion nicht beendet, sondern eine begleitende Validierung durchgeführt wird. Die Entscheidung, eine begleitende Validierung durchzuführen, muss indes begründet, im VMP sichtbar dokumentiert und durch befugte Mitarbeiter genehmigt werden.

5.17 Wenn das Konzept einer begleitenden Validierung gewählt wurde, sollten ausreichend Daten vorliegen, die den Schluss zulassen, dass alle Produktchargen einheitlich sind und die festgelegten Akzeptanzkriterien erfüllen. Die Ergebnisse und die Schlussfolgerung sollten formal dokumentiert werden und der sachkundigen Person vor der Chargenzertifizierung vorliegen.

Traditionelle Prozessvalidierung

5.18 Beim traditionellen Ansatz wird eine Anzahl von Chargen des Fertigprodukts unter Routinebedingungen hergestellt, um die Reproduzierbarkeit zu belegen.

5.19 Die Anzahl der hergestellten Chargen und der entnommenen Proben sollte auf Grundsätzen des Qualitätsrisikomanagements basieren, die Erkennung des normalen Variationsbereichs und von Trends erlauben und ausreichend Daten für die Evaluierung bereitstellen. Jeder Hersteller muss bestimmen und begründen, welche Anzahl an Chargen erforderlich ist, um nachzuweisen, dass der Prozess mit hoher Sicherheit beständig ein Produkt der gewünschten Qualität hervorbringt.

5.20 Unbeschadet der Nummer 5.19 gilt es allgemein als akzeptabel, dass mindestens drei aufeinanderfolgende, unter Routinebedingungen hergestellte Chargen eine Validierung eines Prozesses darstellen können. Eine andere Chargenanzahl kann gerechtfertigt sein, falls berücksichtigt wird, ob Standardherstellungsmethoden eingesetzt werden und ob bereits ähnliche Produkte oder Prozesse in der Betriebsstätte verwendet werden. Bei einer anfänglichen Validierung von drei Chargen kann eine Ergänzung durch weitere Daten aus nachfolgenden Chargen als Teil einer fortdauernden Prozessverifizierung erforderlich sein.

5.21 Es sollte ein eine Prozessvalidierungsanweisung erstellt werden, welche basierend auf Entwicklungsdaten oder dokumentiertem Prozesswissen kritische Prozessparameter (CPP), kritische Qualitätsmerkmale (CQA) und die zugehörigen Akzeptanzkriterien festlegt.

5.22 Prozessvalidierungsanweisungen sollten Folgendes umfassen, ohne dadurch beschränkt zu werden:

  1. Eine kurze Beschreibung des Prozesses und einen Verweis auf die betreffende Herstellungsanweisung;
  2. Aufgaben und Verantwortlichkeiten;
  3. Zusammenfassung der zu untersuchenden CQAs;
  4. Zusammenfassung der CPPs und der zugehörigen Grenzwerte;
  5. Zusammenfassung anderer (nicht kritischer) Attribute und Parameter, die während des Validierungsvorgangs untersucht oder überwacht werden, und Begründung ihrer Auswahl;
  6. Liste der zu verwendenden Ausrüstung/Einrichtungen (einschließlich Mess-/Überwachungs-/Aufzeichnungsgeräte) und Kalibrierungsstatus;
  7. Liste der Analysemethoden und Methodenvalidierung, soweit erforderlich;
  8. Vorgeschlagene Inprozesskontrollen mit Akzeptanzkriterien und Grund/Gründen für die Wahl der jeweiligen Inprozesskontrolle;
  9. Zusätzlich durchzuführende Tests mit Akzeptanzkriterien;
  10. Probenahmeplan und Begründung;
  11. Methoden für die Aufzeichnung und Bewertung von Ergebnissen;
  12. Chargenfreigabe- und Zertifizierungsprozess (falls zutreffend).

Kontinuierliche Prozessverifizierung

5.23 Bei Produkten, die mit einem Qualityby-Design-Ansatz entwickelt wurden und bei denen während der Entwicklung wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass die festgelegte Kontrollstrategie in hohem Maße die Produktqualität gewährleistet, kann die kontinuierliche Prozessverifizierung als Alternative zur traditionellen Prozessvalidierung herangezogen werden.

5.24 Die zur Prozessverifizierung herangezogene Methode sollte definiert werden. Zur Bestätigung der Produktrealisierung sollte eine wissenschaftlich fundierte Kontrollstrategie für die erforderlichen Eigenschaften eingehender Materialien, kritische Qualitätsmerkmale und kritische Prozessparameter vorliegen. Diese sollte auch eine regelmäßige Evaluierung der Kontrollstrategie umfassen. Prozessanalytische Technologien und die multivariate statistische Prozesskontrolle können als Werkzeuge herangezogen werden. Jeder Hersteller muss bestimmen und begründen, welche Anzahl an Chargen erforderlich ist, um nachzuweisen, dass der Prozess mit hoher Sicherheit beständig ein Produkt der gewünschten Qualität hervorbringt.

5.25 Die in den Nummer 5.1 bis 5.14 genannten allgemeinen Grundsätze finden weiterhin Anwendung.

Hybrid-Ansatz

5.26 Eine Mischform aus traditionellem Ansatz und der kontinuierlichen Prozessverifizierung kann zum Einsatz kommen, wenn umfangreiches Produktwissen und Prozessverständnis vorliegt, das aus der Herstellungserfahrung und vorhandenen Chargendaten stammt.

5.27 Dieser Ansatz kann auch für Validierungsaktivitäten nach Änderungen oder während der laufenden Prozessverifizierung herangezogen werden, auch wenn das Produkt zunächst mittels eines traditionellen Ansatzes validiert wurde.

Fortlaufende Prozessverifizierung während des Lebenszyklus

5.28 Die Nummern 5.28 bis 5.32 gelten für alle drei oben genannten Ansätze der Prozessvalidierung, d. h. den traditionellen, den kontinuierlichen und den Hybrid-Ansatz.

5.29 Hersteller sollten die Produktqualität überwachen, um zu gewährleisten, dass ein Kontrollzustand während des gesamten Lebenszyklus des Produkts aufrechterhalten wird und relevante Prozesstrends evaluiert werden.

5.30 Umfang und Häufigkeit der fortlaufenden Prozessverifizierung sollten in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Es kann an jedem Punkt des Produktlebenszyklus gerechtfertigt sein, die Anforderungen unter Berücksichtigung des aktuellen Prozessverständnisses und der Prozessleistung zu modifizieren.

5.31 Eine fortlaufende Prozessverifizierung sollte anhand einer genehmigten Anweisung oder eines äquivalenten Dokuments durchgeführt werden, und es sollte ein entsprechender Bericht zur Dokumentation der erhaltenen Ergebnisse erstellt werden. Gegebenenfalls sollten statistische Werkzeuge hinzugezogen werden, um Schlussfolgerungen hinsichtlich der Variabilität und Prozessfähigkeit eines gegebenen Prozesses zu untermauern und einen Kontrollzustand sicherzustellen.

5.32 Die fortlaufende Prozessverifizierung sollte während des gesamten Produktlebenszyklus dazu verwendet werden, den Validierungsstatus des Produkts gemäß der Dokumentation in der Produktqualitätsüberprüfung (PQR) zu belegen. Schrittweise Änderungen im Laufe der Zeit sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Die Notwendigkeit zusätzlicher Aktionen, beispielsweise einer erweiterten Probenahme, sollte geprüft werden.

6 Transportverifizierung

6.1 Fertigarzneimittel, Prüfpräparate, Bulkprodukte und Proben sollten ab den Herstellungsstätten gemäß den in den Zulassungsunterlagen, der genehmigten Produktkennzeichnung, der Produktspezifikation oder den vom Hersteller genannten Bedingungen transportiert werden.

6.2 Es ist anerkannt, dass die Überprüfung des Transports aufgrund der veränderlichen Faktoren eine Herausforderung darstellen kann. Transportwege sollten jedoch klar festgelegt sein. Auch jahreszeitliche und andere Schwankungen sollten bei der Transportverifizierung berücksichtigt werden.

6.3 Zur Einschätzung des Einflusses von anderen Veränderlichkeiten im Transportprozess als den kontinuierlich kontrollierten oder überwachten Bedingungen, wie zum Beispiel Verzögerungen während des Transports, Ausfall der Überwachungsgeräte, Nachfüllen von Flüssigstickstoff, Produktempfindlichkeit und andere relevante Faktoren, sollte eine Risikobewertung erfolgen.

6.4 Aufgrund der während des Transports zu erwartenden veränderlichen Bedingungen sollte, sofern nicht anders begründet, eine kontinuierliche Überwachung und Aufzeichnung kritischer Umgebungsbedingungen erfolgen, denen das Produkt ausgesetzt sein kann.

7 Verpackungsvalidierung

7.1 Schwankungen der Prozessparameter der Ausrüstung, insbesondere während der Primärverpackung, können eine signifikante Auswirkung auf die Unversehrtheit und die korrekte Funktion der Verpackung (z.B. Blisterstreifen, Beutel und sterile Komponenten) haben. Daher sollte die Ausrüstung für Primär- und Sekundärverpackung für Fertigarzneimittel und Bulkware qualifiziert sein.

7.2 Die Qualifizierung der für die Primärverpackung verwendeten Ausrüstung sollte für die minimalen und maximalen Betriebsgrenzen erfolgen, die für die kritischen Prozessparameter, wie beispielsweise Temperatur, Maschinengeschwindigkeit, Siegeldruck oder für andere Faktoren festgelegt sind.

8 Qualifizierung der Betriebsmittel

8.1 Die Qualität von Dampf, Wasser, Luft sowie anderen Gasen etc. sollte nach der Installation unter Anwendung der oben in Nummer 3 beschriebenen Qualifizierungsschritte bestätigt werden.

8.2 Zeitraum und Umfang der Qualifizierung sollten gegebenenfalls jahreszeitliche Schwankungen und die vorgesehene Verwendung des Betriebsmittels widerspiegeln.

8.3 Dort, wo ein direkter Kontakt mit dem Produkt bestehen kann, wie z.B. bei Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungssystemen (HVAC-Systemen), oder ein indirekter Kontakt, wie z.B. bei Wärmeaustauschern, sollte eine Risikobewertung durchgeführt werden, um das Risiko eines Schadens zu minimieren.

9 Validierung der Prüfmethoden

9.1 Alle bei Qualifizierungs-, Validierungs- oder bei Reinigungsvorgängen eingesetzten analytischen Prüfmethoden sollten, sofern erforderlich, unter Verwendung angemessener Nachweis- und Bestimmungsgrenzen, gemäß den Bestimmungen in Kapitel 6, EudraLex, Band 4, Teil I validiert werden.

9.2 Erfolgt eine mikrobielle Prüfung des Produkts, sollte das Verfahren validiert werden, um zu belegen, dass das Produkt keinen Einfluss auf die Wiederfindungsrate von Mikroorganismen hat.

9.3 Erfolgt eine mikrobielle Prüfung der Oberflächen in Reinräumen, sollte eine Validierung der Prüfmethode erfolgen, um zu belegen, dass Desinfektionsmittel die Wiederfindungsrate von Mikroorganismen nicht beeinflussen.

10 Reinigungsvalidierung

10.1 Eine Reinigungsvalidierung ist durchzuführen, um die Wirksamkeit der Reinigungsverfahren für alle produktberührenden Ausrüstungsgegenstände zu belegen. Nach entsprechender wissenschaftlicher Begründung können simulierende Produkte zum Einsatz kommen. Werden ähnliche Ausrüstungstypen in Gruppen zusammengefasst, wird eine Begründung erwartet, warum diese bestimmte Ausrüstung für die Reinigungsvalidierung ausgewählt wurde.

10.2 Eine visuelle Überprüfung auf Reinheit ist ein wichtiger Bestandteil der Akzeptanzkriterien für die Reinigungsvalidierung. Es ist in der Regel nicht akzeptabel, dass dieses Kriterium allein herangezogen wird. Wiederholte Reinigung und wiederholte Prüfungen bis zum Erhalt zulässiger Rückstandswerte gelten nicht als akzeptables Vorgehen.

10.3 Es ist anerkannt, dass es einige Zeit dauert, ein Reinigungsvalidierungsprogramm durchzuführen, und dass bei einigen Produkten, wie beispielsweise bei Prüfpräparaten, eine Validierung mit einer Verifizierung nach jeder Charge erforderlich ist. Es sollten ausreichend Daten aus der Verifizierung vorliegen, um die Schlussfolgerung zuzulassen, dass die Ausrüstung sauber ist und für eine weitere Verwendung zur Verfügung steht.

10.4 Die Validierung sollte den Automatisierungsgrad des Reinigungsverfahrens berücksichtigen. Wird ein automatisiertes Verfahren verwendet, sollte der spezifizierte normale Arbeitsbereich der Betriebsmittel und der Ausrüstung validiert werden.

10.5 Bei allen Reinigungsverfahren sollte eine Bewertung zur Bestimmung der variablen Faktoren erfolgen, welche die Effektivität der Reinigung und die Reinigungsleistung beeinflussen, z.B. das Bedienpersonal, die Detailliertheit der Verfahren, wie beispielsweise Spülzeiten etc. Wurden variable Faktoren identifiziert, sollten Worst-Case-Situationen als Grundlage für Reinigungsvalidierungsstudien dienen.

10.6 Grenzwerte für die Übertragung von Produktrückständen sollten auf einer toxikologischen Bewertung 5 basieren. Die Begründung der gewählten Grenzwerte sollte in einer Risikobeurteilung dokumentiert werden, welche alle unterstützenden Referenzen enthält. Für die Entfernung aller verwendeten Reinigungsmittel sollten Grenzwerte festgelegt werden. Akzeptanzkriterien sollten die mögliche kumulative Wirkung mehrerer Ausrüstungsgegenstände in der gesamten Abfolge aller Prozessausrüstungen berücksichtigen.

10.6.1 Es ist bekannt, dass therapeutische Makromoleküle und Peptide zerfallen, denaturieren und pharmakologisch unwirksam werden können, wenn sie extremen pH-Werten und/oder Hitze ausgesetzt sind. Unter diesen Umständen ist eine toxikologische Bewertung möglicherweise nicht anwendbar.

10.6.2 Ist eine Untersuchung auf spezielle Produktrückstände nicht realisierbar, können andere repräsentative Parameter gewählt werden, z.B. gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) und Leitfähigkeit.

10.7 Bei der Erstellung der Reinigungsvalidierungsanweisung sollte das Risiko einer Kontamination durch Mikroorganismen und Endotoxine Berücksichtigung finden.

10.8 Der Einfluss des Zeitintervalls zwischen Herstellung und Reinigung und zwischen Reinigung und Verwendung sollte als Grundlage für die Festlegung der Standzeiten der ungereinigten und der gereinigten Ausrüstung für den Reinigungsprozess dienen.

10.9 Erfolgt eine Kampagnenherstellung, sollte der Einfluss auf die Reinigbarkeit am Ende der Kampagne betrachtet werden. Die maximale Länge einer Kampagne (Zeitangabe und/oder Anzahl der Chargen) sollte die Grundlage für Reinigungsvalidierungsarbeiten sein.

10.10 Dient ein Worst-Case-Produktansatz als Modell für die Reinigungsvalidierung, sollte eine wissenschaftliche Begründung für die Auswahl des Worst-Case-Produkts erfolgen und der Einfluss neuer Produkte in der Betriebsstätte untersucht werden. Kriterien für die Bestimmung des Worst-Case können unter anderem die Löslichkeit, Reinigungsfreundlichkeit, Toxizität und Wirkstärke sein.

10.11 In den Reinigungsvalidierungsanweisung sollten die Probenahmestellen und die Begründung der Auswahl dieser Stellen spezifiziert oder referenziert werden sowie die Akzeptanzkriterien festgelegt werden.

10.12 Die Probenahme sollte durch Wischen und/oder Spülen, oder abhängig von der Produktionsausrüstung auf andere Weise erfolgen. Materialien und Verfahren zur Probenahme sollten das Ergebnis nicht beeinflussen. Es sollte nachgewiesen werden, dass mit allen eingesetzten Probenahmeverfahren eine Wiederfindung von allen in der Ausrüstung bemusterten, produktberührenden Materialien möglich ist.

10.13 Das Reinigungsverfahren sollte basierend auf einer Risikobeurteilung ausreichend häufig durchgeführt werden und die Akzeptanzkriterien erfüllen, um die Validierung des Reinigungsverfahrens zu belegen.

10.14 Wenn ein Reinigungsprozess unwirksam oder für manche Ausrüstungsgegenstände ungeeignet ist, sollten für jedes Produkt eine fest zugeordnete Ausrüstung oder andere geeignete Maßnahmen vorgesehen werden, wie in den Kapiteln 3 und 5 des EudraLex Band 4, Teil 1 beschrieben.

10.15 Wenn eine manuelle Reinigung der Ausrüstung erfolgt, ist es besonders wichtig, die Wirksamkeit des manuellen Prozesses in begründeten Zeitabständen zu bestätigen.

11 Änderungskontrolle

11.1 Die Kontrolle von Änderungen ist ein wichtiger Teil des Wissensmanagements und sollte im Rahmen des pharmazeutischen Qualitätssystems behandelt werden.

11.2 Für den Fall der beabsichtigten Änderung an einem Ausgangsstoff, Produktbestandteil, Prozess, Ausrüstungsgegenstand, der Räumlichkeiten, Produktpalette, Produktions- oder Prüfmethode, Chargengröße, dem Design Space oder jeder anderen Änderung während des Lebenszyklus, die die Produktqualität oder Reproduzierbarkeit beeinflussen könnte, sollte es schriftliche Verfahren geben, die die dann zu ergreifenden Maßnahmen darlegen.

11.3 Wird ein Design Space verwendet, sollten die Auswirkungen von Änderungen des Design Space im Vergleich zu dem in den Zulassungsunterlagen beschriebenen Design Space untersucht und die Notwendigkeit regulatorischer Maßnahmen bewertet werden.

11.4 Das Qualitätsrisikomanagement sollte für die Beurteilung geplanter Änderungen herangezogen werden, um mögliche Auswirkungen auf die Produktqualität, pharmazeutische Qualitätssysteme, die Dokumentation, die Validierung, den Zulassungsstatus, die Kalibrierung, Wartung und mögliche weitere Systeme zu bestimmen, unerwünschte Folgen zu vermeiden und mögliche Prozessvalidierungs-, Verifizierungs- oder Requalifizierungsmaßnahmen zu planen.

11.5 Änderungen sollten durch die verantwortlichen Mitarbeiter oder jeweiliges operatives Personal im Einklang mit dem pharmazeutischen Qualitätssystem autorisiert und genehmigt werden.

11.6 Unterstützende Daten, z.B. Kopien von Dokumenten, sollten überprüft werden, um nachzuweisen, dass die Auswirkungen der Änderung vor der abschließenden Genehmigung aufgezeigt wurden.

11.7 Im Anschluss an die Umsetzung sollte gegebenenfalls eine Beurteilung der Effektivität der Änderung erfolgen, um zu bestätigen, dass die Änderung erfolgreich war.

12 Glossar

Es folgen Definitionen von Begriffen, die mit Qualifizierung und Validierung in Zusammenhang stehen, die nicht in anderen Abschnitten des aktuellen EudraLex, Band 4, enthalten sind.

Änderungskontrolle

Ein formales System, durch das qualifizierte Vertreter entsprechender Fachbereiche beabsichtigte oder tatsächliche Änderungen, die den validierten Zustand von Einrichtungen, Systemen, Ausrüstung oder Prozessen beeinflussen könnten, überprüfen. Ziel ist es, die Vorkehrungen festzulegen, die für den Nachweis und die Dokumentation der Einhaltung des validierten Zustands erforderlich sind.

Begleitende Validierung

Validierung, die in Ausnahmefällen durchgeführt wird und durch deutliche Vorteile für den Patienten gerechtfertigt ist. Die Validierungsanweisung wird zeitgleich mit der Vermarktung der Validierungschargen ausgeführt.

Benutzeranforderung (URS)

Eine Reihe von Anforderungen seitens des Eigners, Anwenders und der Technik, die erforderlich und ausreichend sind, um ein realisierbares Design zu schaffen, das den vorgesehenen Zweck des Systems erfüllt.

Bracketing-Ansatz

Ein wissenschafts- und risikobasierter Validierungsansatz, bei dem während der Prozessvalidierung nur Chargen geprüft werden, die Extreme bestimmter vorfestgelegter und begründeter Designfaktoren darstellen, z.B. Stärke, Chargen- und/oder Packungsgröße. Bei diesem Konzept wird davon ausgegangen, dass die Validierung aller Zwischenstufen durch die Validierung der Extremwerte repräsentiert wird. Ist ein Bereich von Stärken zu validieren, kann Bracketing angewendet werden, wenn die Stärken hinsichtlich der Zusammensetzung identisch oder sehr ähnlich sind (z.B. für eine mit unterschiedlichen Kompressionsgewichten einer ähnlichen Basisgranulierung hergestellte Tablettenreihe oder für eine Kapselreihe, die durch die Abfüllung verschiedener Füllgewichte der gleichen Basiszusammensetzung in verschieden große Kapselhüllen entsteht). Bracketing kann bei verschiedenen Behältergrößen oder verschiedenen Abfüllungen im gleichen Verschlusssystem angewendet werden.

Designqualifizierung (DQ)

Die dokumentierte Verifizierung, dass das für Einrichtungen, Systeme und Ausrüstung vorgesehene Design für den entsprechenden Verwendungszweck geeignet ist.

Design Space

Die multidimensionale Kombination und Wechselwirkung von Eingangsvariablen, z.B. Materialeigenschaften und Prozessparametern, welche nachweislich eine sichere Qualität bieten. Das Arbeiten innerhalb des Design Space wird nicht als Änderung angesehen.

Ein Verlassen des Design Space wird als Änderung angesehen und löst normalerweise eine genehmigungspflichtige Änderungsanzeige nach erteilter Zulassung aus. Ein Design Space wird vom Antragsteller vorgeschlagen und unterliegt der Beurteilung und Genehmigung durch die Zulassungsbehörden. (ICH Q8).

Fortlaufende Prozessverifizierung (auch als fortgesetzte Prozessverifizierung bezeichnet)

Dokumentierter Nachweis, dass sich ein Prozess während der kommerziellen Herstellung im Kontrollzustand befindet.

Funktionsqualifizierung (OQ)

Die dokumentierte Verifizierung, dass Einrichtungen, Anlagen und Ausrüstung, so wie sie installiert oder modifiziert wurden, innerhalb der vorgesehenen Betriebsbereiche den Erwartungen gemäß funktionieren.

Installationsqualifizierung (IQ)

Die dokumentierte Verifizierung, dass Einrichtungen, Systeme und Ausrüstung, so wie sie installiert oder modifiziert wurden, mit dem genehmigten Design und den Empfehlungen des Herstellers übereinstimmen.

Kontinuierliche Prozessverifizierung

Ein alternativer Ansatz zur Prozessvalidierung, bei dem die Leistung des Herstellungsprozesses fortlaufend überwacht und ausgewertet wird. (ICH Q8).

Kontrollstrategie

Eine geplante Reihe von Kontrollen, die sich aus dem aktuellen Produkt- und Prozessverständnis herleitet und die Prozessleistung und Produktqualität sicherstellt. Die Kontrollen können umfassen: Parameter und Eigenschaften, die sich auf Materialien und Bestandteile von Wirkstoff und Fertigprodukt beziehen, Betriebsbedingungen von Anlagen und Ausrüstungen, Inprozesskontrollen, Spezifikationen des Fertigprodukts und die damit verbundenen Methoden sowie die Häufigkeit der Überwachungsmaßnahmen und Kontrollen. (ICH Q10).

Kontrollzustand

Ein Zustand, in dem eine Reihe von Kontrollen eine angemessene Prozessleistung und Produktqualität lückenlos sicherstellt.

Kritischer Prozessparameter (CPP)

Ein Prozessparameter, dessen Schwankungen eine Auswirkung auf ein kritisches Qualitätsmerkmal haben, und der daher überwacht oder kontrolliert werden sollte, um sicherzustellen, dass der Prozess die gewünschte Qualität erbringt. (ICH Q8).

Kritisches Qualitätsmerkmal (CQA)

Eine physikalische, chemische, biologische oder mikrobiologische Eigenschaft, die innerhalb zugelassener Grenzwerte, Bereiche oder einer zugelassenen Verteilung liegen sollte, um die gewünschte Produktqualität sicherzustellen (ICH Q8).

Lebenszyklus

Alle Phasen im Leben eines Produkts, einer Ausrüstung oder Einrichtung von der anfänglichen Entwicklung oder Nutzung bis zur Einstellung der Verwendung.

Leistungsqualifizierung (PQ)

Die dokumentierte Verifizierung, dass Systeme und Ausrüstung auf der Grundlage der genehmigten Prozessmethode und Produktspezifikation effektiv und reproduzierbar funktionieren.

Produktrealisierung

Die Erzielung eines Produkts mit den erforderlichen Qualitätsmerkmalen zur Erfüllung der Bedürfnisse von Patienten, Angehörigen eines Gesundheitsberufs und Behörden sowie von internen Kundenanforderungen. (ICH Q10).

Prospektive Validierung

Eine vor der routinemäßigen Produktion von für den Verkauf bestimmten Produkten durchgeführte Validierung.

Prozessvalidierung

Die dokumentierte Beweisführung, dass der Prozess innerhalb festgelegter Parameter auf effektive und reproduzierbare Art ein Arzneimittel hervorbringt, das im Voraus festgelegte Spezifikationen und Qualitätsmerkmale erfüllt.

Qualitätsrisikomanagement

Ein systematisches Verfahren zur Beurteilung, Steuerung, Kommunikation und Überwachung von Risiken hinsichtlich der Qualität des Arzneimittels über den Produktlebenszyklus hinweg. (ICH Q9).

Quality by Design

Eine systematische Vorgehensweise, die ausgehend von vorab definierten Zielen Produkt- und Prozessverständnis betont und auf solider Wissenschaft und Qualitätsrisikomanagement basiert.

Reinigungsvalidierung

Bei der Reinigungsvalidierung handelt es sich um eine dokumentierte Beweisführung, dass ein genehmigtes Reinigungsverfahren reproduzierbar das Vorprodukt oder in der Ausrüstung verwendete Reinigungsmittel unter den wissenschaftlich festgelegten maximal zulässigen Rückstand senkt.

Reinigungsverifizierung

Das Sammeln von Beweisen mittels chemischer Analyse nach jeder Charge/Kampagne als Nachweis dafür, dass Restmengen des Vorprodukts oder der Reinigungsmittel unter den wissenschaftlich festgelegten, maximal zulässigen Rückstand gesenkt wurden.

Simulierte Produkte

Ein Material, das den physikalischen und, wenn möglich, den chemischen Eigenschaften (z.B. Viskosität, Partikelgröße, pH etc.) des zu validierenden Produkts sehr ähnlich ist.

Traditioneller Ansatz

Ein Ansatz der Produktentwicklung, bei dem festgelegte Punkte und Betriebsbereiche für Prozessparameter definiert werden, um Reproduzierbarkeit zu gewährleisten.

Wissensmanagement

Ein systematischer Ansatz zum Erwerb, der Analyse, der Speicherung und Verbreitung von Informationen (ICH Q10).

Worst Case

Eine oder mehrere Bedingungen, die obere und untere Betriebsgrenzen und Gegebenheiten innerhalb der zugrunde liegenden Standardverfahrensanweisungen einschließen, bei denen, verglichen mit den Idealbedingungen, fehlerhafte Prozesse oder Produkte mit der größten Wahrscheinlichkeit auftreten. Diese Bedingungen führen nicht zwangsläufig zu einem Produkt- oder Prozessversagen.

Bekanntmachung 1 zu § 2 Nummer 3 der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) 2

Vom 1. April 2019
(BAnz. AT vom 08.04.2019 B2)

Gemäß § 2 Nummer 3 AMWHV macht das Bundesministerium für Gesundheit die jeweils aktuelle Fassung des EU-GMP Leitfadens in deutscher Sprache im Bundesanzeiger bekannt. Der EU-GMP Leitfaden ist der Leitfaden für die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und Prüfpräparate einschließlich seiner Anhänge, mit dem die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die ausführlichen Leitlinien nach Artikel 47 der Richtlinie 2001/83/EG 3 und nach Artikel 51 der Richtlinie 2001/82/EG 4 veröffentlicht hat. Der Leitfaden (Einleitung, Teil I und Teil II) wurde vom Bundesministerium für Gesundheit mit Datum vom 27. Oktober 2006 in deutscher Sprache (BAnz. S. 6887) bekannt gemacht. Mit Bekanntmachung vom 5. Dezember 2017 (BAnz AT 03.01.2018 B2) wurden die Änderungen im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Hiermit werden folgende Änderungen des vom Bundesministerium für Gesundheit in die deutsche Sprache übersetzten EU-GMP Leitfadens gemäß § 2 Nummer 3 AMWHV bekannt gemacht:

Anhang 15: Qualifizierung und Validierung

Der Leitfaden und die Anhänge in deutscher Sprache sind auch auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit, www.bmg.bund.de, abrufbar.

____
1) Diese Bekanntmachung ersetzt die Bekanntmachung vom 7. September 2018 (BAnz AT 26.09.2018 B3).

2) Artikel 1 der Verordnung vom 3. November 2006 (BGBl. S. 2523), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2842).

3) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001 S. 67; Ber. 2003 ABl. L 302 vom 20.11.2003 S. 40; 2014 ABl. L 239 vom 12.08.2014 S. 81), zuletzt geändert durch Artikel 117 ÄndVO (EU) 2017/745 vom 5. April 2017 (ABl. L 117 vom 05.05.2017 S. 1).

4) Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001 S. 1), zuletzt geändert durch Anhang Nummer 1.6 ÄndVO (EG) 596/2009 vom 18. Juni 2009 (ABl. L 188 vom 18.06.2009 S. 14; Ber. 2012 ABl. L 86 vom 24.03.2012 S. 25).

5) Siehe EMA Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities

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