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Änderungstext
Viertes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite
Vom 22. April 2021
(BGBl. I Nr. 18 vom 22.04.2021 S. 802)
Gesetzgebungsvorgang mit Erläuterungen / Begründungen
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu § 28a die folgenden Angaben zu den §§ 28b und 28c eingefügt:
" § 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung
§ 28c Verordnungsermächtigung für besondere Regelungen für Geimpfte, Getestete und vergleichbare Personen".
2. Nach § 28a wird folgender § 28b eingefügt:
" § 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung
(1) Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen:
abweichend von Halbsatz 1 ist
für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ist die Ausübung von Sport ferner zulässig in Form von kontaktloser Ausübung im Freien in Gruppen von höchstens fünf Kindern; Anleitungspersonen müssen auf Anforderung der nach Landesrecht zuständigen Behörde ein negatives Ergebnis einer innerhalb von 24 Stunden vor der Sportausübung mittels eines anerkannten Tests durchgeführten Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen;
ausgenommen von der Untersagung sind ferner die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen; erworbene Speisen und Getränke zum Mitnehmen dürfen nicht am Ort des Erwerbs oder in seiner näheren Umgebung verzehrt werden; der Abverkauf zum Mitnehmen ist zwischen 22 Uhr und 5 Uhr untersagt; die Auslieferung von Speisen und Getränken bleibt zulässig;
Das Robert Koch-Institut veröffentlicht im Internet unter https://www.rki.de/inzidenzen für alle Landkreise und kreisfreien Städte fortlaufend die Sieben-Tage-Inzidenz der letzten 14 aufeinander folgenden Tage. Die nach Landesrecht zuständige Behörde macht in geeigneter Weise die Tage bekannt, ab dem die jeweiligen Maßnahmen nach Satz 1 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt gelten. Die Bekanntmachung nach Satz 3 erfolgt unverzüglich, nachdem aufgrund der Veröffentlichung nach Satz 2 erkennbar wurde, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 eingetreten sind.
(2) Unterschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag nach dem Eintreten der Maßnahmen des Absatzes 1 an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen des Absatzes 1 außer Kraft. Sonn- und Feiertage unterbrechen nicht die Zählung der nach Satz 1 maßgeblichen Tage. Für die Bekanntmachung des Tages des Außerkrafttretens gilt Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend. Ist die Ausnahme des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 Buchstabe b wegen Überschreitung des Schwellenwerts von 150 außer Kraft getreten, gelten die Sätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 150 liegt.
(3) Die Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen ist nur zulässig bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte; die Teilnahme am Präsenzunterricht ist nur zulässig für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte, die zweimal in der Woche mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so ist die Durchführung von Präsenzunterricht ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen nur in Form von Wechselunterricht zulässig. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 165, so ist ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen die Durchführung von Präsenzunterricht untersagt. Abschlussklassen und Förderschulen können durch die nach Landesrecht zuständige Behörde von der Untersagung nach Satz 3 ausgenommen werden. Die nach Landesrecht zuständigen Stellen können nach von ihnen festgelegten Kriterien eine Notbetreuung einrichten. Für das Außerkrafttreten der Untersagung nach Satz 3 gilt Absatz 2 Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 165 liegt. Für die Bekanntmachung des Tages, ab dem die Untersagung nach Satz 3 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt gilt, gilt Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend. Für die Bekanntmachung des Tages des Außerkrafttretens nach Satz 6 gilt Absatz 2 Satz 3 entsprechend. Für Einrichtungen nach § 33 Nummer 1 und 2 gelten die Sätze 3 und 5 bis 7 entsprechend.
(4) Versammlungen im Sinne des Artikels 8 des Grundgesetzes sowie Zusammenkünfte, die der Religionsausübung im Sinne des Artikels 4 des Grundgesetzes dienen, unterfallen nicht den Beschränkungen nach Absatz 1.
(5) Weitergehende Schutzmaßnahmen auf Grundlage dieses Gesetzes bleiben unberührt.
(6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung folgende Gebote und Verbote zu erlassen sowie folgende Präzisierungen, Erleichterungen oder Ausnahmen zu bestimmen:
Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.
(7) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Die zuständigen Behörden für den Vollzug der Sätze 1 und 2 bestimmen die Länder nach § 54 Satz 1.
(8) Das Land Berlin und die Freie und Hansestadt Hamburg gelten als kreisfreie Städte im Sinne dieser Vorschrift.
(9) Anerkannte Tests im Sinne dieser Vorschrift sind Invitro-Diagnostika, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt sind und die auf Grund ihrer CE-Kennzeichnung oder auf Grund einer gemäß § 11 Absatz 1 des Medizinproduktegesetzes erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig sind. Soweit nach dieser Vorschrift das Tragen einer Atemschutzmaske oder einer medizinischen Gesichtsmaske vorgesehen ist, sind hiervon folgende Personen ausgenommen:
(10) Diese Vorschrift gilt nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag, längstens jedoch bis zum Ablauf des 30. Juni 2021. Dies gilt auch für Rechtsverordnungen nach Absatz 6.
(11) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden eingeschränkt und können auch durch Rechtsverordnungen nach Absatz 6 eingeschränkt werden."
3. Nach § 28b wird folgender § 28c eingefügt:
" § 28c Verordnungsermächtigung für besondere Regelungen für Geimpfte, Getestete und vergleichbare Personen
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können, Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes oder von aufgrund der Vorschriften im fünften Abschnitt dieses Gesetzes erlassenen Geboten und Verboten zu regeln. Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat."
4. § 32 wird wie folgt gefasst:
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§ 32 Erlass von Rechtsverordnungen
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt werden. | " § 32 Erlass von Rechtsverordnungen
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) können insoweit eingeschränkt werden." |
5. § 73 Absatz 1a wird wie folgt geändert:
a) Nach Nummer 11a werden die folgenden Nummern 11b bis 11m eingefügt:
"11b. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erster Halbsatz an einer Zusammenkunft teilnimmt,
11c. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erster Halbsatz sich außerhalb einer Wohnung, einer Unterkunft oder des jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztums aufhält,
11d. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine dort genannte Einrichtung öffnet,
11e. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 erster Halbsatz ein Ladengeschäft oder einen Markt öffnet,
11f. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erster Halbsatz, auch in Verbindung mit Nummer 5 zweiter Halbsatz, eine dort genannte Einrichtung öffnet oder eine Veranstaltung durchführt,
11g. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 erster Halbsatz Sport ausübt,
11h. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 erster Halbsatz, auch in Verbindung mit Nummer 7 zweiter Halbsatz, eine Gaststätte öffnet,
11i. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 fünfter Halbsatz eine Speise oder ein Getränk verzehrt,
11j. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 sechster Halbsatz eine Speise oder ein Getränk abverkauft,
11k. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 erster Halbsatz eine Dienstleistung ausübt oder in Anspruch nimmt,
11l. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 erster oder dritter Halbsatz eine dort genannte Atemschutzmaske oder Gesichtsmaske nicht trägt,
11m. entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 ein Übernachtungsangebot zur Verfügung stellt,".
b) In Nummer 24 werden nach den Wörtern " § 23 Absatz 8 Satz 1 oder Satz 2" ein Komma und die Wörter " § 28b Absatz 6 Satz 1 Nummer 1" eingefügt.
6. Dem § 77 werden die folgenden Absätze 6 und 7 angefügt:
"(6) Für die Zählung der nach § 28b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 2 maßgeblichen Tage werden die drei unmittelbar vor dem 23. April 2021 liegenden Tage mitgezählt. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz an den drei unmittelbar vor dem 23. April 2021 liegenden Tagen den nach § 28b Absatz 1 und 3 jeweils maßgeblichen Schwellenwert überschritten hat, gelten die Maßnahmen nach § 28b Absatz 1 und 3 ab dem 24. April 2021. In den Fällen des Satzes 2 macht die nach Landesrecht zuständige Behörde den Tag, ab dem die Maßnahmen nach § 28b Absatz 1 und 3 gelten, am 23. April 2021 bekannt.
(7) Bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 28c bleiben landesrechtlich geregelte Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist, unberührt."
Artikel 2
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
In § 421d Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Januar 2021 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, wird die Angabe "20" durch die Angabe "30", die Angabe "40" durch die Angabe "60", die Angabe "45" durch die Angabe "65" und die Angabe "90" durch die Angabe "130" ersetzt.
Artikel 3
Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
§ 45 Absatz 2a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 28. März 2021 (BGBl. I S. 591) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Satz 1 wird die Angabe "20" durch die Angabe "30" und die Angabe "40" durch die Angabe "60" ersetzt.
2. In Satz 2 wird die Angabe "45" durch die Angabe "65" und die Angabe "90" durch die Angabe "130" ersetzt.
3. In Satz 3 werden nach den Wörtern "oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen" die Wörter "von der zuständigen Behörde" gestrichen.
Artikel 4
Inkrafttreten
(1) Die Artikel 2 und 3 treten mit Wirkung vom 5. Januar 2021 in Kraft.
(2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft.
ID: 210822
ENDE |