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Vollzugshinweise "Verfahrensbeschleunigung durch Teilgenehmigungen und vorzeitigen Beginn"
Stand: 19.04.2023
(Quelle: www.lai-immissionsschutz.de)
1. Allgemeines
Mittels Umlaufbeschluss Nr. 04/2022 hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) die Ausschüsse für Rechtsfragen, Umsetzung und Vollzug (RUV) sowie anlagenbezogenen Immissionsschutz / Störfallvorsorge (AISV) gebeten, kurzfristig eine gemeinsame Adhoc-AG zur stärkeren Nutzung der Instrumente des vorzeitigen Beginns und der Teilgenehmigung für Verfahrensbeschleunigungen einzurichten. Die vorliegende Vollzugshilfe ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Adhoc-Arbeitsgruppe.
Die Arbeitshilfe baut auf den Ausführungen im Genehmigungsleitfaden NRW "Das Genehmigungs- und Anzeigeverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz" (Stand September 2021) zu den §§ 8 und 8a BImSchG auf.
2. Abgrenzung der Instrumente Teilgenehmigung, vorzeitiger Beginn und Vorbescheid
Sowohl eine Teilgenehmigung (§ 8 BImSchG), als auch die Zulassung des vorzeitigen Beginns (§ 8a BImSchG) und die Erteilung eines Vorbescheides (§ 9 BImSchG) können im Einzelfall zu einer schnelleren Verwirklichung eines Vorhabens beitragen.
Für die zügige Realisierung eines Vorhabens sollte bereits zu Beginn des Projektes das Genehmigungsverfahren als fester Bestandteil in der Projektplanung berücksichtigt werden. Je nach Wahl des Instrumentes zur Beschleunigung des Verfahrens können sich für die Erlangung der Genehmigung Vorteile ergeben. Es empfiehlt sich, die Genehmigungsbehörde sehr frühzeitig in die Planung einzubeziehen.
Folgende Aspekte können insbesondere für die Ausgestaltung des Verfahrens ausschlaggebend sein:
Teilgenehmigungen nach § 8 BImSchG
In einem Teilgenehmigungsverfahren wird eine Vollgenehmigung in Teilgenehmigungen aufgeteilt. Eine Teilgenehmigung kann in jedem Verfahren erteilt werden, in dem eine genehmigungsbedürftige Anlage einer Vollgenehmigung bedarf. Mit der ersten Teilgenehmigung wird die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens festgestellt (feststellender Teil der Genehmigung) und der beantragte Projektabschnitt abschließend genehmigt (gestattender Teil der Genehmigung). Mit Erhalt der Teilgenehmigung kann die Antragstellerin mit der Errichtung und eventuell dem Betrieb des genehmigten Projektabschnittes beginnen.
Teilgenehmigungen bieten sich an, um komplexe oder umfangreiche Genehmigungsverfahren zu strukturieren. Die Teilgenehmigung eröffnet insbesondere die Möglichkeit, Großvorhaben, deren Errichtung sich über eine längere Zeit erstreckt, abschnitts- bzw. stufenweise zu genehmigen (gestuftes Verfahren). In diesem Fall ergeht kein punktueller Zulassungsakt, sondern es findet eine mitlaufende Verwaltungskontrolle statt.
Das gestufte Verfahren hat den Vorteil, dass im ersten Antrag auf Teilgenehmigung die Antragsunterlagen nur für den zu genehmigenden ersten Abschnitt des Vorhabens vollständig eingereicht werden müssen und noch nicht für das Gesamtvorhaben (Vollantrag). Hinzu kommen die Unterlagen zur Feststellung der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit (siehe auch Ziffer 3.5.1).
Für die nachfolgenden Teilgenehmigungen können die jeweiligen Antragsunterlagen im Rahmen des Projektfortschritts erstellt werden und müssen zeitlich nicht vor den entsprechenden Detailplanungen vorgelegt werden. Vorteilhaft ist dabei auch, dass eventuelle Änderungen, die sich bei den Detailplanungen zu einem späteren Zeitpunkt ergeben, in nachfolgenden Teilgenehmigungsanträgen mit dargestellt und bei deren Genehmigung berücksichtigt werden können.
Für die Behörde besteht ein Vorteil dieser Vorgehensweise darin, dass sie frühzeitig in die Planung und stufenweise Umsetzung des Verfahrens eingebunden ist. So kann die Behörde sinnvolle Abgrenzungen und die Anzahl der geplanten Teilgenehmigungen sowie den zeitlichen Ablauf des Gesamtverfahrens bis zur letzten Teilgenehmigung mitgestalten.
Ab dem zweiten Antrag auf Teilgenehmigung müssen die vorherigen Antragsunterlagen fortgeschrieben werden, so dass mit dem letzten Teilgenehmigungsantrag alle Teilgenehmigungsanträge zusammen einem Vollantrag entsprechen. In der Erstellung und Prüfung der aufeinander aufbauenden Teilgenehmigungsanträge entwickeln sich Routinen und i.d.R. werden dadurch Nachforderungen oder der Austausch von Unterlagen bei Teilgenehmigungen insgesamt weniger.
Plant die Antragstellerin ein Projekt von vornherein in Teilgenehmigungen, erstellt die für die erste Teilgenehmigung erforderlichen Unterlagen direkt zu Beginn und reicht den ersten Teilgenehmigungsantrag entsprechend früh ein, ist mit dem Instrumentarium des Teilgenehmigungsantrages ein erheblicher Zeitgewinn für das Projekt insgesamt möglich.
Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG
Die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG ist ein eigenständiges Verfahren, das innerhalb des Genehmigungsverfahrens nach §§ 4, 8, 16 oder 23b BImSchG auf Antrag durchgeführt werden kann. Im Rahmen der Zulassung des vorzeitigen Beginns nach Maßgabe des § 8a BImSchG ist es möglich, bereits vor Erteilung einer Genehmigung Maßnahmen der Errichtung bzw. Änderung durchzuführen. Dadurch kann eine Zulassung des vorzeitigen Beginns bei gut mit der Genehmigungsbehörde vorbesprochenen Vorhaben und vollständigen Antragsunterlagen einen Zeitgewinn für die Umsetzung des Vorhabens bringen. Eine Beschleunigung des eigentlichen Genehmigungsverfahrens wird demgegenüber mit der Zulassung des vorzeitigen Beginns nicht erreicht. Ein Antrag nach § 8a BImSchG löst immer zusätzlichen Prüfaufwand bei der Behörde aus, der bei komplexen Genehmigungsverfahren Auswirkung auf die Dauer des Gesamtverfahrens haben kann. Sofern dem Interesse des Vorhabenträgers bereits dadurch entsprochen werden kann, dass das Gesamtgenehmigungsverfahren auf Grund einer guten Projektplanung und frühzeitigen Einbindung der Genehmigungsbehörde zügig durchgeführt wird, kann unter Umständen auf ein § 8a-Verfahren vollständig verzichtet werden.
Für die Beantragung der Zulassung des vorzeitigen Beginns müssen die Antragsunterlagen vollständig sein. Der Umfang einer Zulassung des vorzeitigen Beginns ist nicht deckungsgleich mit dem durch den eigentlichen Genehmigungsantrag definierten Antragsgegenstand selbst und ist im Antrag explizit zu beschreiben. Die Antragsunterlagen für den eigentlichen Genehmigungsantrag müssen insoweit vorliegen, als dass für das Gesamtvorhaben eine positive Prognose durch alle beteiligten Behörden möglich ist. Sind die Angaben und Unterlagen für den Antrag zu § 8a BImSchG nicht vollständig, ist der Antrag von der Genehmigungsbehörde auf die Maßnahmen zu beschränken, für die die Antragsunterlagen vollständig vorliegen, oder vollständig abzulehnen. Sind die Antragsunterlagen für den eigentlichen Genehmigungsantrag nicht ausreichend für eine Genehmigungsprognose, ist der Antrag nach § 8a BImSchG vollständig abzulehnen.
Die positive Prognose im Hinblick auf die Erteilung der beantragten Genehmigung besitzt im Gegensatz zum vorläufigen positiven Gesamturteil bei der Teilgenehmigung keine Bindungswirkung. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns hat keinen Genehmigungscharakter, das Risiko liegt allein bei der Antragstellerin.
Der Vorbescheid nach § 9 BImSchG
Der Vorbescheid ist keine materielle Genehmigung, er gestattet der Antragstellerin weder die Errichtung, noch den Betrieb der Anlage. Ziel des Vorbescheides ist es, vor einem Genehmigungsverfahren vorab einzelne Genehmigungsvoraussetzungen verbindlich zu klären, um so, insbesondere bei komplexen Vorhaben, unnötige Detailplanungen zu vermeiden. Er dient "der rechtsverbindlichen Feststellung insbesondere zweifelhafter Vorfragen eines Genehmigungsverfahrens im Interesse weiterer Planungs- und Investitionssicherung ("Dispositionsschutz")" 1.
Die im Vorbescheidsverfahren zu prüfenden Genehmigungsvoraussetzungen legt die Antragstellerin durch die Fassung des Antrags selbst fest. Die Antragsunterlagen müssen nur die für die vorhabenbezogenen Genehmigungsvoraussetzungen benötigten Angaben vollständig und in ausreichend bestimmter Form enthalten, für die anderen Informationen sind konzeptionelle Darstellungen i.d.R. ausreichend. Der Vorbescheid hat für die geprüften Sachverhalte feststellenden Charakter und Bindungswirkung.
Das Vorbescheidsverfahren ist besonders geeignet, um z.B. die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens am gewählten Standort festzustellen. Dies kann bei UVP-pflichtigen Vorhaben und bei Öffentlichkeitsbeteiligungen große Vorteile für das Gesamtverfahren haben. Bei Vorhaben mit Öffentlichkeitsbeteiligung können z.B. die öffentlichkeitsrelevanten Fragestellungen (wie Planungs-, Umwelt- und Nachbarschaftsrecht) bereits in einem Vorbescheidsverfahren geklärt werden. Ein Vorteil dabei ist, dass der Umfang der auszulegenden Unterlagen für einen Vorbescheid deutlich geringer ist als bei einer Vollgenehmigung. Außerdem kann durch die geringere Detailtiefe der konzeptionellen Antragsunterlagen auf Informationen, die in einer Vollgenehmigung aufgrund der für die fachbehördliche Prüfung notwendigen Detailtiefe von der Antragstellerin als Betriebsgeheimnis gekennzeichnet würden, in einem Vorbescheidsantrag ggf. verzichtet werden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung kann, wie auch bei einem Teilgenehmigungsantrag, in einem früheren Stadium der Projektplanung durchgeführt werden, weil hinsichtlich des Gesamtvorhabens keine vollständigen Antragsunterlagen erforderlich sind, die gegebenenfalls erst mit Abschluss der Detailplanungen vorliegen.
Wird nach Erlass eines Vorbescheids eine Vollgenehmigung (oder werden Teilgenehmigungen) erteilt, muss der Antrag nur dann erneut in die Auslegung, wenn es zu nachteiligen Auswirkungen auf Dritte kommen kann, die in der Ursprungsauslegung noch nicht enthalten waren (vgl. § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV).
Auch bei der Entscheidung für ein Vorbescheidsverfahren empfiehlt es sich, die Gliederung des Vorbescheidsantrags zwischen Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde abzustimmen und so anzulegen, dass diese Gliederung für die nachfolgenden (Teil-)Genehmigungsanträge übernommen werden kann (siehe Ziffer 3.5.1). Die Antragsunterlagen für einen Vorbescheid entsprechen in etwa den Antragsunterlagen für eine erste Teilgenehmigung, aber ohne die Unterlagen für den zu genehmigenden Projektabschnitt (im Beispiel die Bauantragsunterlagen).
3. Teilgenehmigung
3.1 "Soll"-Bestimmung - eingeschränktes Verfahrensermessen
Wenn die Voraussetzungen für eine Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG vorliegen, "soll" die Teilgenehmigung erteilt werden. Die Entscheidung liegt dann nur noch im eingeschränkten Ermessen der Genehmigungsbehörde. Das bedeutet, in der Regel ist auf Antrag des Vorhabenträgers eine Teilgenehmigung zu erteilen. Nur in atypischen Ausnahmefällen steht der Behörde ein Ermessen zu, ob sie den Vorhabenträger auf eine Vollgenehmigung verweist. Eine solche Sondersituation kann etwa vorliegen, wenn wegen der Vielzahl der Teilgenehmigungen die Interessen der Nachbarschaft an einem fairen Rechtsschutz beeinträchtigt werden.
Grundsätzlich werden die Interessen der Nachbarschaft bei Teilgenehmigungen jedoch dadurch gewahrt, dass ein Antrag dann erneut in die Auslegung muss, wenn es zu nachteiligen Auswirkungen auf Dritte kommen kann, die in der Ursprungsauslegung noch nicht enthalten waren.
3.2 Berechtigtes Interesse
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss die Antragstellerin ein berechtigtes Interesse an der Aufteilung des Genehmigungsverfahrens haben. Ein berechtigtes Interesse ist regelmäßig gegeben, wenn bei umfangreichen Anlagen Planung und Ausbau sinnvollerweise in Abschnitten vorgenommen werden. Auch erhebliche Kostenvorteile oder eine deutliche zeitliche Beschleunigung können für ein berechtigtes Interesse sprechen. An den Nachweis des berechtigten Interesses sollten keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; eines überwiegenden Interesses bedarf es nicht.
3.3 Rechtmäßigkeit des beantragten Teils
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG müssen für den beantragten Gegenstand der Teilgenehmigung die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG in vollem Umfang vorliegen. Eine vorläufige Prüfung ist insoweit nicht zulässig.
3.4 Positive vorläufige Gesamtbeurteilung
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG muss eine positive vorläufige Gesamtbeurteilung ergeben, dass den Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG bezogen auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des OVG NW (Beschluss vom 16.05.2013 - 8 A 2705/12) setzt die positive Gesamtbeurteilung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit der Gesamtanlage voraus und darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass das erforderliche vorläufige positive Gesamturteil erst dann fehlt, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bei kursorischer Prüfung mit Sicherheit ausgeschlossen ist. Eine positive Gesamtbeurteilung setzt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit der Gesamtanlage voraus. Jedoch muss die Detailplanung für die Anlagenicht so weit fortgeschritten sein wie bei einer Antragstellung für das gesamte Vorhaben. Die positive vorläufige Gesamtbeurteilung ist für die Erteilung der Teilgenehmigung von grundlegender Bedeutung. Einzelne Fragestellungen dürfen von der Behörde nicht ausgeklammert werden. Können einzelne Fragestellungen nicht positiv beurteilt werden, darf die Teilgenehmigung nicht erteilt werden. Ergänzende Hinweise dazu enthält auch die Nummer 3.2 der TA Luft.
Bei einer Großfeuerungsanlage/Abfallverbrennungsanlage, deren Genehmigung in zwei Teilgenehmigungen (z.B. die erste für die Errichtung der Gebäude und die zweite für den eigentlichen Anlagenbau und -betrieb) erfolgt, stellt sich der notwendige Detaillierungsgrad der Unterlagen zum Beispiel wie folgt dar: Für eine positive Gesamtprognose einer solchen Anlage sind auch für die erste Teilgenehmigung alle Angaben notwendig, mit denen die wesentlichen Umweltauswirkungen sowie die generelle Genehmigungsfähigkeit beurteilt werden können. Dazu zählen zum Beispiel die Emissionen (Lärm, Gerüche, Luftschadstoffe und Licht), eine Immissionsprognose, die angewandten Verfahren, die (Durchsatz-)Kapazitäten, grundsätzliche Angaben zur Verwendung von wassergefährdenden Stoffen, die Umweltverträglichkeitsprüfung, die FFH-(Vor-)Prüfung und Grunddaten der Komponenten zur Emissionsminderung sowie Angaben zum Betriebsgrundstück. Für die Abgasreinigung müssen für die erste Teilgenehmigung z.B. die Grunddaten des Verfahrens und der Komponenten, wie z.B. SCR und SNCR zur Entstickung, und die damit erreichten Emissionswerte feststehen. Eine konkrete Festlegung auf einen bestimmten Hersteller und/oder Typ erfolgt dann erst im Antrag für die zweite Teilgenehmigung. Weitere detaillierte Angaben, die erst für die zweite Teilgenehmigung erforderlich sind, können unter anderem Maschinenaufstellungspläne und -zeichnungen, das endgültige Verfahrensfließbild und die Ermittlung der Entsorgungskosten bei Abfallverbrennungsanlagen sein.
3.5 Verfahren
3.5.1 Antragsunterlagen
Vorbereitung
Unabhängig vom gewählten Verfahren ist für eine zügige und fristgerechte Durchführung eines Genehmigungsverfahrens die Qualität der Antragsunterlagen ein bestimmendes Kriterium. Daher empfiehlt es sich, dass die Genehmigungsbehörde bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in das Projekt und die Planung des Genehmigungsverfahrens einbezogen wird. So erhält die Genehmigungsbehörde frühzeitig einen Überblick über die Größenordnung des geplanten Vorhabens und kann ihre Einschätzungen über das geeignete Verfahren (§§ 4/16; ggf. auch 23b, 8 oder 9, mit oder ohne § 8a), den Verfahrensablauf, die zu beteiligenden Stellen, geeignete Kommunikationswege und sonstige Erfahrungen einbringen.
Für ein zügiges und reibungsloses Genehmigungsverfahren ist die professionelle und vollständige Zusammenstellung der Antragsunterlagen von entscheidender Bedeutung. Soweit das Antragsvorhaben komplexer ist, keine ausgeprägte Erfahrung hinsichtlich eines Genehmigungsmanagements oder keine ausreichenden internen Personalkapazitäten bei dem Vorhabenträger vorliegen, sollte die Antragstellerin auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass im Einzelfall ein durch sie beauftragtes externes Antragsmanagement durch ein erfahrenes fachkundiges Planungs- oder Gutachterbüro einen erheblichen Kompetenz- und Zeitgewinn ergeben kann (z.B. öffentlich bestellte Sachverständige für Genehmigungsverfahren im Umweltbereich nach § 36 GewO). Das verhindert gleichzeitig, dass das Projekt vom Tagesgeschäft der beauftragten Personen im Unternehmen verzögert wird.
Kommunikationswege
Die Möglichkeiten, einen Genehmigungsantrag einzureichen, sind derzeit im Umbruch und nicht bundeseinheitlich geregelt. Neben der klassischen Papierform gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Möglichkeiten der elektronischen Antragstellung und Bearbeitung 2 . Im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) finden derzeit Weiterentwicklungen der Software hin zu einer webbasierten Online-Anwendung statt, mit denen sich die elektronische Antragstellung und -bearbeitung weiter verändern wird. Auch aus diesem Grund empfiehlt sich die frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Genehmigungsbehörde.
Antragsberatung
Vor der Antragsberatung sollten möglichst folgende Informationen vorliegen:
Maßgeblich ist weiterhin, dass sowohl die nachfordernden Stellen als auch die Antragstellerin zeitnah reagieren. Mögliche Nachforderungen (Behörde) sind schnellstmöglich zu kommunizieren und entsprechend auch zu liefern (Antragstellerin/Entwurfsverfasserin). Eine funktionierende Kommunikation ist somit ausschlaggebend für die zügige Durchführung eines Genehmigungsverfahrens.
Antragskonferenz
Das Vorhaben mit der geplanten Antragsgliederung sollte alsbald den zu beteiligenden Behörden in einer Antragskonferenz vorgestellt werden, so dass diese einen umfassenden Einblick in das Vorhaben bekommen und schnell die jeweils betroffenen Belange identifizieren können. Dadurch sind Fragen zum Vorhaben und relevante Unterlagen für die fachspezifische Antragsprüfung bereits bei der Erstellung der Antragsunterlagen bekannt und können berücksichtigt werden. Erfahrungsgemäß ermöglicht ein derart vorbereiteter Antrag den beteiligten Behörden eine schnellere Bearbeitung.
Bei der Planung der Antragskonferenz sollte berücksichtigt werden, dass die zuständige Genehmigungsbehörde ihre gesetzlich vorgesehene Beratungsfunktion umso besser wahrnehmen kann, je früher und umfassender sie informiert wird. Dabei ist zu beachten, dass der Informationsgehalt über das geplante Projekt hoch genug sein sollte, da nur so Hinweise zu den relevanten Fragestellungen gegeben werden können. Fehlen wichtige Eckdaten, ist eine Beurteilung des Projektes aus immissionsschutzrechtlicher Sicht oft nicht möglich bzw. schwierig.
Da dies zur Verfahrensbeschleunigung beitragen kann, sollte im Rahmen der Antragskonferenz geklärt werden, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen die Antragstellung auf elektronischem Weg erfolgen kann.
Gliederung
Wenn die Art des Genehmigungsverfahrens zwischen der Antragstellerin und der Genehmigungsbehörde geklärt ist, sollte eine Gliederung für den Genehmigungsantrag abgestimmt werden. Bei Teilgenehmigungsverfahren (§ 8 BImSchG) sollte die Gliederung von Anfang an der eines Vollantrags entsprechen, alle identifizierten genehmigungsrechtlichen Belange berücksichtigen und möglichst unverändert für alle Anträge übernommen werden. Gefüllt werden die Kapitel je nach Informationsbedarf des jeweiligen Teilgenehmigungsantrags. Das erleichtert die Fortschreibung (siehe unten bei "Aufteilung der Antragsunterlagen") und Prüfung der Antragsunterlagen und gewährleistet, dass spätestens mit dem letzten Genehmigungsantrag alle zu Beginn des Verfahrens identifizierten Aspekte aufgenommen sind.
Es empfiehlt sich, die Gliederung der Antragsunterlagen vor Erstellung des ersten Teilgenehmigungsantrags zwischen Genehmigungsbehörde und Vorhabenträger abzustimmen und so anzulegen, dass diese Gliederung für alle nachfolgenden Teilgenehmigungsanträge übernommen werden kann.
Eine praktische Aufteilung eines Vorhabens in Teilgenehmigungen kann z.B. wie folgt aussehen:
1. Teilgenehmigung:
Der Antragsinhalt zu a), Feststellung der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit, muss eine Gesamtprognose ermöglichen sowie alle Angaben enthalten, mit denen die wesentlichen Umweltauswirkungen beurteilt werden können (siehe "Unterlagen für das vorläufige positive Gesamturteil").
Für den Antragsinhalt von b) wird die Genehmigung abschließend erteilt, daher müssen die betreffenden Unterlagen (im Beispiel die entsprechenden Bauantragsunterlagen für den Bauabschnitt) vollständig eingereicht werden (siehe "Unterlagen für den zu genehmigenden Teil der Genehmigung").
2. Teilgenehmigung
Errichtung der Anlage
Antragsinhalt sind hier die vollständigen Unterlagen, die für die Errichtung der Anlage erforderlich sind. Das schließt auch Nachweise und Gutachten, die zur Errichtung vorliegen müssen, ein.
3. Teilgenehmigung
Betriebsgenehmigung
Antragsinhalt sind u.a. folgende abschließende Unterlagen: die vollständige Anlagen- und Betriebsbeschreibung, Verfahrensfließbilder, Apparatelisten, Prüfungen und Gutachten vor Inbetriebnahme (soweit schon vorhanden), usw.
Umfang und Detaillierungsgrad der Antragsunterlagen
Bei einer Teilgenehmigung wird für den Teil des Vorhabens, der beantragt wird, eine abschließende Genehmigung erteilt (gestattender Teil). Daraus ergibt sich, dass die Antragsunterlagen für den Gegenstand der Teilgenehmigung in der Detaillierung einem vollständigen Genehmigungsantrag entsprechen müssen.
Folge der abschließenden Genehmigung für den beantragten Teil ist, dass in den nachfolgenden Teilgenehmigungsverfahren keine erneute Betrachtung stattfindet. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn sich im Projektfortschritt Änderungen zu einem bereits genehmigten Teil des Vorhabens ergeben und diese Änderungen Antragsgegenstand in nachfolgenden Teilgenehmigungsanträgen werden.
Mit der ersten Teilgenehmigung muss die Behörde zusätzlich die vorläufige Beurteilung vornehmen, dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen (vorläufige positive Gesamtbeurteilung, feststellende Wirkung). Für die Gesamtanlage müssen die Antragsunterlagen daher die Beurteilung der voraussichtlichen Genehmigungsfähigkeit in Bezug auf alle Genehmigungsvoraussetzungen ermöglichen (§ 22 Abs. 1 der 9. BImSchV).
Aufteilung der Antragsunterlagen
Die Antragsunterlagen setzen sich zusammen aus Unterlagen für den zu genehmigenden (gestattenden) Teil der Genehmigung und Unterlagen für das vorläufige positive Gesamturteil (feststellende Wirkung). Je nach Art und Umfang des Vorhabens sind von der Antragstellerin folgende Unterlagen vorzulegen:
Unterlagen für den zu genehmigenden (gestattenden) Teil der Genehmigung
Unterlagen für das vorläufige positive Gesamturteil (feststellende Wirkung)
Die konzeptionellen Unterlagen des ersten Teilgenehmigungsantrags sollen grundsätzlich zu allen Belangen des entsprechenden Vollantrags (siehe oben unter "Gliederung") (erste) Informationen beinhalten. Diese werden mit den Detailplanungen im Projektfortschritt vervollständigt und für die nachfolgenden Teilgenehmigungsanträge sukzessive zu vollständigen Antragsunterlagen fortgeschrieben.
Fortschreibung der Antragsunterlagen bedeutet, dass ein nachfolgender Genehmigungsantrag auf dem vorherigen Antrag aufbaut. Die (konzeptionellen) Beschreibungen und Angaben im vorlaufenden Antrag sind Grundlage für den folgenden Antrag und werden, bezogen auf den jeweiligen Teilgenehmigungsantrag, konkretisiert. Erleichternd für die Bearbeitung ist, wenn die vom Antrag betroffenen Veränderungen und Erweiterungen erkennbar eingefügt werden (z.B. werden Ergänzungen farblich markiert oder Kursivschrift eingefügt, Wegfallendes wird sichtbar durchgestrichen). So werden die Entwicklung des Projektes und der Antragsunterlagen für alle Beteiligten unmittelbar deutlich.
Die Unterlagen für den gestattenden Teil eines Teilgenehmigungsantrags gelten nach Erteilung der Genehmigung als abgeschlossen und werden in nachfolgenden Teilgenehmigungsanträgen nicht weitergeführt oder fortgeschrieben, es sei denn, sie werden erneut Antragsgegenstand.
3.5.2 Behördenbeteiligung
Die Behördenbeteiligung im Rahmen des § 8 BImSchG entspricht dem Verfahren bei Erteilung einer Vollgenehmigung (vgl. § 11 der 9. BImSchV). Insoweit bestehen keine Besonderheiten.
Die erste Beteiligung einer Genehmigungsbehörde im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens sollte immer das Antragsvorgespräch sein. Diesem Gespräch sollte die Antragskonferenz mit den zu beteiligenden Behörden folgen.
Eine Antragskonferenz erlaubt es den zu beteiligenden Behörden, bereits im Vorfeld wesentliche Aspekte für das Genehmigungsverfahren zu klären. Es empfiehlt sich, die gewählte Art des Genehmigungsverfahrens bei dieser Gelegenheit auch mit den zu beteiligenden Behörden abzustimmen und eventuell vorhandene Unklarheiten zum Verfahren auszuräumen (siehe hierzu bereits vorstehend unter Ziffer 3.5.1).
3.5.3 Öffentlichkeitsbeteiligung
Es handelt sich bei der Teilgenehmigung um ein einheitliches Genehmigungsverfahren, das in mehrere Abschnitte aufgeteilt wird. Ist die Anlage in einem förmlichen Verfahren zu genehmigen, gilt dies auch für die Teilgenehmigungen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Verfahrens zur ersten Teilgenehmigung umfasst auch die zu erwartenden Auswirkungen der Gesamtanlage. Von der Bekanntmachung und Auslegung eines weiteren Teilgenehmigungsantrags kann nach § 8 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 der 9. BImSchV abgesehen werden, wenn gegenüber früheren Bekanntmachungen keine zusätzlichen bzw. anderen nachteiligen Auswirkungen zu erwarten sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn diese durch vorhandene oder vom Vorhabenträger vorgesehene Vorkehrungen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den vergleichbaren Vorteilen gering sind. Es kommt für die Frage der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung also wesentlich auf die Qualität und Belastbarkeit der Unterlagen im Zusammenhang mit der Gesamtprognose für das erste Teilgenehmigungsverfahren an.
Hilfreich ist es, auch hier die zuvor festgelegte Gliederung beizubehalten und die Antragsinhalte fortzuschreiben. Hierdurch lassen sich Veränderungen der Umweltauswirkungen schnell erkennen.
In der Praxis empfiehlt es sich, die Öffentlichkeitsbeteiligung zeitgleich mit der Behördenbeteiligung durchzuführen. Dieser parallele Verfahrensschritt optimiert den Zeitablauf von Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Voraussetzung dafür ist, dass der Antrag gut vorbereitet ist (siehe Ziffer 3.5.1), so dass seitens der beteiligten Fachbehörden keine erheblichen und für die Auslegung relevanten Nachforderungen an die Antragsunterlagen gestellt werden. Anderenfalls müssen die öffentlichkeitsrelevanten ergänzten Kapitel des Antrags erneut ausgelegt werden (§ 10 Satz 3 der 9. BImSchV).
3.5.4 UVP
Ist für das Vorhaben eine UVP durchzuführen, so hat sich diese im ersten Teilgenehmigungsverfahren auch auf die erkennbaren Auswirkungen der Gesamtanlage zu erstrecken (§ 22 Abs. 3 S. 1 der 9. BImSchV). Ist in den weiteren Teilgenehmigungsverfahren eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, soll die UVP auf die zusätzlichen erheblichen oder anderen erheblichen Auswirkungen beschränkt werden (§ 22 Abs. 3 S. 2 der 9. BImSchV). Daraus folgt, dass die im ersten Teilgenehmigungsverfahren durchzuführende umfassende UVP für die Gesamtanlage dann abschließend bleibt, wenn in Bezug auf die Genehmigungsgegenstände nachfolgender Verfahren keine zusätzlichen erheblichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind. In diesem Fall sind die weiteren Teilgenehmigungsverfahren ohne ergänzende UVP und ohne weitere Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
4. Zulassung vorzeitigen Beginns
4.1 Vorbemerkung
§ 8a BImSchG dient einem Ausgleich zwischen den Interessen des Vorhabenträgers, Zeitverzögerungen bis zur abschließenden Genehmigungserteilung zu vermeiden, und den allgemein anerkannten Zielen des Umweltschutzes. Aus volkswirtschaftlicher Sicht zielt § 8a BImSchG auf eine Förderung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands durch die Beschleunigung der Errichtung, Änderung und Inbetriebnahme genehmigungsbedürftiger Anlagen. Insofern ist die Zulassung des vorzeitigen Beginns bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu gestatten.
Die Antragstellerin kann dann bereits vor Erteilung der erforderlichen Genehmigung mit der Errichtung der Anlage (z B. Erd-, Fundamentierungs-, Bauarbeiten) und mit Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit (z.B. Probebetrieb) beginnen. Zur Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Pflichten kann nach § 8a Abs. 3 BImSchG im Fall einer beantragten Änderungsgenehmigung auch der vorläufige Betrieb zugelassen werden. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist nur in einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung möglich und setzt daher einen Antrag für eine solche Genehmigung voraus. Dennoch ist das Verfahren zur Zulassung des vorzeitigen Beginns gegenüber dem Hauptverfahren selbstständig. Es ist auch möglich, die Zulassung des vorzeitigen Beginns unterschiedlicher, zeitlich gestaffelter Maßnahmen zu beantragen oder, zeitlich gestaffelt, mehrere Anträge in Bezug auf unterschiedliche Maßnahmen zu stellen. Es ist bei IE-Anlagen sicherzustellen, dass mit den im Rahmen von § 8a BImSchG zugelassenen Maßnahmen die Untersuchungen für einen ggf. erforderlichen Ausgangszustandsbericht (AZB) nicht beeinträchtigt werden. Dazu sollte bei Erteilung des Bescheides nach § 8a BImSchG ein von Antragstellerin und Behörden abgestimmtes AZB-Konzept vorliegen. Dort ist dann der ggf. erforderliche Probenahmeumfang hinterlegt und gleichzeitig sichergestellt, dass durch bauliche Maßnahmen Untersuchungen im Rahmen der AZB-Erstellung nicht unmöglich gemacht werden.
4.2 "Soll"-Bestimmung - eingeschränktes Verfahrensermessen
Die Entscheidung liegt dann nur noch im eingeschränkten Ermessen der Genehmigungsbehörde. Das bedeutet, in der Regel ist auf Antrag des Vorhabenträgers eine Zulassung des vorzeitigen Baubeginns zu erteilen. Nur in atypischen Ausnahmefällen steht der Behörde ein Ermessen zu, ob sie das Instrument der Zulassung des vorzeitigen Beginns in dem konkreten Fall nicht nutzt.
Die Erleichterungen im Rahmen des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, z.B. § 2 EEG (überragendes öffentliches Interesse und der öffentlichen Sicherheit dienend) haben insbesondere einen Einfluss auf § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, fließen darüber hinaus aber auch in die Ermessensentscheidung mit ein.
4.3 Voraussichtliche Erteilung der Genehmigung
Die Zulassung setzt nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG voraus, dass die Erteilung der Genehmigung überwiegend wahrscheinlich ist. Das Tatbestandsmerkmal der positiven Genehmigungsprognose dient nicht zuletzt der Beachtung des Genehmigungsvorbehalts. Dieser darf durch die vorzeitige Zulassung nicht unterlaufen werden. Daran besteht aus rechtssystematischen Gründen sowie aus Umweltschutzgesichtspunkten ein erhebliches öffentliches Interesse.
Die positive Prognose muss sich auf die gesamten Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG beziehen. Im Vergleich zur positiven Gesamtprognose bei der Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG sind jedoch aufgrund der Verpflichtungen der Antragstellerin nach § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG geringere Anforderungen zu stellen. Sie muss jedoch umso mehr Substanz besitzen, je mehr Errichtungsmaßnahmen zugelassen werden. Zum Prognosezeitpunkt noch nicht ausgeräumte Versagungsgründe stehen einer positiven Gesamteinschätzung nicht zwingend entgegen, wenn diese nach sorgfältiger Prüfung durch die Genehmigungsbehörde als überwindbar anzusehen sind.
Um für das jeweilige Vorhaben eine positive Prognose abgeben zu können, muss der Antrag mit allen wesentlichen Unterlagen vorliegen. Darüber hinaus sollen die Behörden, deren Belange durch den Genehmigungsantrag berührt sind, beteiligt werden und hinsichtlich der Prognose bzgl. des Genehmigungsantrages Stellung nehmen. Die von den vorzeitigen Maßnahmen betroffenen Behörden sollen zu Auflagenvorschlägen aufgefordert werden. Die Stellungnahmen sollten vollzählig und zumindest in vorläufiger Form vorliegen. Aus den Stellungnahmen sollte sich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den durch die anderen Behörden vertretenen Belangen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ableiten lassen. Soweit für die Genehmigungsbehörde bzw. die zu beteiligenden Behörden eine Prognoseentscheidung nur aufgrund von Sachverständigengutachten möglich ist, sind diese durch die Antragstellerin vorzulegen.
4.4 Reversibilität der Maßnahme
Der Vorhabenträger muss sich nach § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verpflichten, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung bedingt, dass die zugelassenen Maßnahmen zur Errichtung reversibel sind. Die Frage der Reversibilität stellt sich vor allem bei Vorhaben im Außenbereich, auf vorher nicht industriell genutzten Grundstücken, dies auch schon bei der Einrichtung der Baustelle und bauvorbereitenden Arbeiten zur Herstellung der Baufreiheit. Ein besonderer Fokus muss auf die Erfüllung dieser Voraussetzung gelegt werden, wenn im Rahmen der Herstellung der Baufreiheit Wald gerodet werden muss oder artenschutzrechtliche Eingriffe erforderlich sind, die zur Beseitigung von Habitaten und geschützten Biotopen führen.
Nach einer Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 20.02.2020 ist dabei in Bezug auf Wald auf dessen Beschaffenheit abzustellen. Für eine Reversibilität kann danach sprechen, dass es sich um Wirtschaftswald handelt, der auch ohne die Verwirklichung des Vorhabens in regelmäßigen Abständen zur Holzernte genutzt und anschließend wieder aufgeforstet wird. Im Fall der Rodung eines über lange Zeit gewachsenen Naturwaldes, der im Wesentlichen Erholungszwecken und dem Schutz von Natur und Landschaft dient, kann diese Frage kritischer zu beurteilen sein, weil diese Funktionen nur mit großem zeitlichen Abstand wieder erreichbar sind. Zu berücksichtigen ist nach der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg zudem die bauplanungsrechtliche Einordnung des Gebietes. 3
Ein ähnlicher Maßstab sollte auch bei der Prüfung von artenschutzrechtlichen Fragen angelegt werden. Die Einrichtung von Ersatzhabitaten bzw. die vorherige fachgerechte Umsetzung von Individuen geschützter Arten muss vor der Entscheidung gesichert sein. Die grundsätzliche Möglichkeit einer späteren Wiederherstellung von Habitaten geschützter Arten und Wiederansiedelung auf der Vorhabenfläche muss bestehen.
Umfasst die Zulassung das Aufstellen von Maschinen und Geräten, so ist bei der Beurteilung der Reversibilität und ggf. auch bei der Forderung einer Sicherheitsleistung zur Absicherung der Verpflichtung der Wert der eingebrachten Gegenstände und das Interesse des Vorhabenträgers an einem möglichen Weiterverkauf oder Rückgabe an den Hersteller in die Entscheidung mit einzubeziehen.
Nahezu alle baulichen Maßnahmen können wieder rückgängig gemacht werden - abgesehen vom Sonderfall eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes lässt sich auch ein abgerissenes Gebäude neu errichten. Daher wird zur weiteren Eingrenzung auf die wirtschaftliche Fähigkeit der Antragstellerin und allgemeine wirtschaftliche Vertretbarkeit abgestellt: Es können nur Maßnahmen zugelassen werden, zu deren späterer Rückgängigmachung die Antragstellerin wirtschaftlich in der Lage ist (siehe hierzu Ziffer 4.7). Außerdem soll verhindert werden, dass in unvertretbarem Umfang Mittel vergeudet werden. 4
4.5 Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit
Der Umfang der Maßnahmen, die mit einer Zulassung des vorzeitigen Beginns zugelassen werden können, umfasst auch Maßnahmen zur Erprobung der Betriebstüchtigkeit. Diesbezüglich ist die Abgrenzung zur Inbetriebnahme einer Anlage zu berücksichtigen. Die Erprobung der Betriebstüchtigkeit einer Anlage umfasst nicht die gewinnorientierte Herstellung von Produkten unter betriebswirtschaftlichen Aspekten. Im Einzelfall kann die Abgrenzung insbesondere dann schwierig werden, wenn die Erprobung der Betriebstüchtigkeit auch den Leistungstest von Betriebseinheiten umfasst. Die Antragstellerin sollte in diesem Fall z.B. durch Vorlage einer Beschreibung des durchzuführenden Testprogramms nachweisen, dass der Betrieb nicht unter betriebswirtschaftlichen Aspekten, sondern tatsächlich nur zu Testzwecken erfolgt.
Dabei ist es grundsätzlich möglich, dass im Rahmen des Tests auch schon verkaufsfähige Produkte entstehen, auch wenn die Betriebstüchtigkeit einer Anlage unter Leistungsbedingungen noch nicht nachgewiesen ist. In einem solchen Fall kann sich im Anschluss an die Erprobung der Betriebstüchtigkeit die Frage stellen, ob diese marktfertigen Produkte in den Verkehr gebracht werden dürfen. Diese Frage ist jedoch im Rahmen der Zulassungsentscheidung und der späteren Genehmigung nicht erheblich, da es sich bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine anlagenbezogene Realkonzession handelt, in der grundsätzlich keine Regelung zum Umgang mit Produkten der Anlage getroffen werden können.
4.6 Berechtigtes oder öffentliches Interesse
Nach § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG muss ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Beschleunigung gegeben sein. Ersteres ist häufig gegeben, wenn durch eine Änderung der Umweltschutz verbessert wird. Von einem öffentlichen Interesse kann nach § 2 EEG zudem bei der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG ausgegangen werden. Ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin liegt in jedem verständigen, durch besondere Sachlage gerechtfertigtem Interesse. Es kann durch eine deutliche zeitliche Beschleunigung begründet werden.
4.7 Risikoübernahme
Nach § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG muss die Antragstellerin eine verbindliche Erklärung in zweierlei Hinsicht abgeben:
In Bezug auf die Verpflichtung wird empfohlen, mit der Antragstellerin einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu schließen. Dieser kann auch dadurch zustande kommen, dass die Verpflichtungserklärung im Zulassungsbescheid durch die Behörde bestätigt wird. Nach § 8a Abs. 2 S. 3 BImSchG kann die Behörde darüber hinaus auch eine Sicherheitsleistung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Pflichten sicherzustellen. Gibt es also Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin, sollte hiervon Gebrauch gemacht werden. Aus der Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes ist zu schließen, dass die vorzeitig zuzulassenden Maßnahmen reversibel sein müssen (siehe Ziffer 4.4).
Eine Sicherheitsleistung ist insbesondere dann erforderlich, wenn mit den vorzeitig zugelassenen Maßnahmen eine Schadensverursachung einhergehen kann und wenn der vorzeitige Beginn zu Eingriffen führt, die im Falle der Ablehnung der Genehmigung voraussichtlich die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands notwendig machen. 5 Bei natürlichen Personen als Antragstellerinnen kann in der Regel eine Sicherheitsleistung verlangt werden, da eine spätere Zahlungsunfähigkeit dieser nie auszuschließen ist. 6
Ferner ist die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zu verlangen, nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung beschränkt. Die Behörde ist vielmehr auch berechtigt, bei einer Änderung der Sachlage die Sicherheitsleistung zu erhöhen, insbesondere, wenn erkennbar wird, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Antragstellerin gesunken ist, oder wenn ein weniger zahlungskräftiger Gesamtrechtsnachfolger in die Position der ursprünglichen Antragstellerin nachrückt. 7
Die Höhe der Sicherheitsleistung ist einzelfallabhängig festzusetzen und richtet sich nach den voraussichtlichen Aufwendungen, die erforderlich sind, um die durch die vorzeitig zugelassenen Maßnahmen verursachten Schäden zu ersetzen bzw. den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Behörde hat die eventuell entstehenden Kostenlasten seriös abzuschätzen. 8
Wichtig ist hierbei, dass Sicherheitsleistungen auf die Behörde ausgestellt werden müssen, die nachher im Falle einer Ersatzvornahme ggf. für die Kosten in Vorleistung geht.
Für Anlagen, für die eine Rückbauverpflichtung bei dauerhafter Betriebsaufgabe besteht, wie z.B. privilegierte Anlagen nach § 35 BauGB zur öffentlichen Versorgung mit Wärme und Elektrizität, sollte eine Sicherheitsleistung zum Rückbau und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erhoben werden. Wird für eine solche Anlage ein Antrag auf Zulassung des vorzeitigen Beginns, z.B. zur Baufeldfreimachung und der Errichtung von Bodenplatten inklusive Pfahlgründung, gestellt, sollte die Sicherheitsleistung den eigentlichen Rückbau durch Entfernung der Bodenplatten und Pfahlgründung sowie weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, wie den Rückbau von Bodenarbeiten (z.B. Flächennivellierung) und der Wiederbepflanzung der Fläche, beinhalten. Positive Materialerlöse des Rückbaus, z.B. durch die Verwertung der Stahlbewehrung, können bei der Ermittlung der Rückbaukosten berücksichtigt werden.
Sofern sich die Zulassung auf das Einbringen von Maschinen und anderen technischen Anlagen beschränkt, sollte bei der Festsetzung der Höhe einer Sicherheitsleistung berücksichtigt werden, dass der Vorhabenträger ein wirtschaftliches Interesse am Wiederverkauf oder an der Rückgabe der Anlagenteile an den Hersteller haben kann.
4.8 Verfahren
4.8.1 Antragsunterlagen
Hinsichtlich der Antragsunterlagen wird auf die obenstehenden Ausführungen unter Ziffer 3.5.1 verwiesen.
4.8.2 Behördenbeteiligung
Im Rahmen des Verfahrens zur Zulassung des vorzeitigen Beginns ist eine eigenständige "8a-Behördenbeteiligung" durchzuführen.
Es ist eine Stellungnahme aller Behörden, deren Belange von der beantragten Genehmigung berührt werden, in Bezug auf die Prognoseentscheidung nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erforderlich. Das bedeutet, dass z.B. die Bauaufsichtsbehörde auch hinsichtlich der positiven Prognose konkret Stellung nehmen muss. Für die Prognose muss eine Bescheinigung über die Prüfung des Standsicherheitsnachweises noch nicht vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die Antragstellerin durch eine Auflage in der Zulassung nach § 8a BImSchG verpflichtet wird, das Ergebnis über die Prüfung der Standsicherheit, die entweder selbst oder von der Bauaufsichtsbehörde beauftragt wird, bei der Errichtung zu berücksichtigen, bzw. eine gültige Typenprüfung spätestens mit der Anzeige des Baubeginns vorzulegen. Ferner wird regelmäßig auch eine Beteiligung weiterer Behörden geboten sein. Jedoch sind keine abschließenden Stellungnahmen zu den Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich, sondern vielmehr lediglich eine Einschätzung zur voraussichtlichen Genehmigungsfähigkeit. Auflagen oder Auflagenvorbehalte nach § 8a Abs. 2 S. 2 BImSchG in Bezug auf die vorgezogenen Maßnahmen können erforderlich werden. § 12 BImSchG ist nicht anwendbar.
Es sollten daher kürzere Fristen gesetzt werden und der Abschluss der Behördenbeteiligung im Genehmigungsverfahren muss nicht abgewartet werden.
Soweit im Genehmigungsverfahren ein Einvernehmen oder eine Zustimmung anderer Behörden einzuholen ist oder bei UVP-pflichtigen Vorhaben eine Pflicht zur Zusammenarbeit besteht, kommen diese Pflichten nicht zum Tragen, um die Beschleunigungsfunktion nicht zu sehr zu behindern.
Zur zügigen Verfahrensdurchführung bzw. Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit im Sinne des § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist die fristgerechte und vollständige Äußerung der nach § 11 der 9. BImSchV zu beteiligenden Behörden von besonderer Bedeutung. Darauf ist - soweit voraussichtlich zu beteiligende Behörden nicht bereits in die Beratung der Antragstellerin einbezogen waren (vgl. § 2 der 9. BImSchV) - jedenfalls bei Einleitung der Behördenbeteiligung ausdrücklich hinzuweisen. Um Verfahrensverzögerungen wegen fehlender Äußerungen beteiligter Behörden zu vermeiden, soll zugleich zu fristgerechter Fehlanzeige aufgefordert werden, falls eine beteiligte Behörde ihren Aufgabenbereich durch das Vorhaben als nicht berührt ansieht.
4.8.3 Öffentlichkeitsbeteiligung
Soweit im Genehmigungsverfahren die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist, sollte vor der Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG in der Regel die Einwendungsfrist abgelaufen sein. Eine Entscheidung über die Zulassung nach § 8a BImSchG kann aber bei positiver Prognose hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens durchaus auch vor Beginn der Offenlage, vor Ablauf der Einwendungsfrist und vor dem Erörterungstermin getroffen werden. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Behörde die zu erwartenden Einwendungen der betroffenen Öffentlichkeit im konkreten Einzelfall bereits zuvor hinreichend bekannt oder die Maßnahmen wieder problemlos zurückzuführen sind, z.B. Errichtung einer Anlage in einem bestehenden Gebäude. Bei einer Entscheidung vor Ablauf der Einwendungsfrist ist zu berücksichtigen, ob die Behörde aus allgemein zugänglichen Quellen, früheren Genehmigungsverfahren oder aufgrund öffentlicher Äußerungen potentieller Einwender schon abschätzen kann, welche Einwendungen voraussichtlich zu erwarten sind. Die insoweit vorgezogene Zulassung des vorzeitigen Beginns sollte immer in enger fachlicher Abstimmung mit den beteiligten Behörden geschehen.
Der Erörterungstermin ist fakultativ. Ob auch der Erörterungstermin abgewartet werden sollte, ist im Einzelfall zu entscheiden. Insoweit ist zu entscheiden, ob für die Prognose die relevanten Auswirkungen des Vorhabens bereits aufgrund der Einwendungen sachgerecht beurteilt werden können oder ob die Entscheidung erst anhand der Ergebnisse des Erörterungstermins getroffen werden sollte. Insoweit hat die Behörde ein Verfahrensermessen, im Rahmen dessen sie auch das Ziel der Verfahrensbeschleunigung zu berücksichtigen hat. Auf die Entscheidung kann auch Einfluss haben, welche Maßnahmen Gegenstand des Antrages auf vorzeitigen Beginn sind.
4.8.4 UVP
Für die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist weder erforderlich, dass im parallel anhängigen Genehmigungsverfahren bereits alle Verfahrensschritte der UVP durchgeführt wurden, noch ist eine eigenständige UVP für die Entscheidung über den vorzeitigen Beginn vorzunehmen. Weder § 8a BImSchG noch § 24a der 9. BImSchV sehen entsprechende Vorgaben vor, wie dies für die Teilgenehmigung nach § 22 Abs. 3 und den Vorbescheid nach § 23 Abs. 4 der 9. BImSchV der Fall ist. Die voraussichtlichen Umweltauswirkungen, die auch Gegenstand der UVP im Genehmigungsverfahren sind, finden jedoch Eingang in die Prognoseentscheidung nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Soweit Umweltauswirkungen bereits durch die vorzeitig zuzulassenden Maßnahmen möglich sind, sollte diesbezüglich besonderer Wert auf die Belastbarkeit der Prognose gelegt werden.
4.8.5 Entscheidung und Konzentrationswirkung
Die Zulassung ist nach den Vorgaben des § 24a der 9. BImSchV zu fassen. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist keine Genehmigung, deshalb ist § 13 BImSchG nicht unmittelbar anwendbar.
Die Gestattung durch Bescheid bewirkt, dass die Antragstellerin das Vorhaben gerade ohne Genehmigung auf eigenes Risiko teilweise oder sogar vollständig realisieren kann. Es handelt sich um eine vorläufige Befreiung von der Verbotswirkung der weiteren, von der späteren Genehmigung eingeschlossenen Entscheidungen. Damit wird das aus §§ 4 und 16 BImSchG folgende Verbot nicht endgültig aufgehoben, sondern nur bis zur Entscheidung der Behörde über den Genehmigungsantrag suspendiert. Es ist daher keine parallele separate Baugenehmigung erforderlich.
Macht die Antragstellerin von der Zulassung des vorzeitigen Beginns Gebrauch und hält sich an den Rahmen der Zulassung, handelt sie nicht ordnungswidrig i.S.d. § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BImSchG und gegen sie kann keine Stilllegungs- oder Beseitigungsverfügung nach § 20 Abs. 2 BImSchG ergehen.
4.9 Weitere Hinweise
Die Antragstellerin kann nach § 21a der 9. BImSchV eine öffentliche Bekanntmachung der Zulassung des vorzeitigen Beginns beantragen. Durch die öffentliche Bekanntmachung kann die Widerspruchs- bzw. Klagefrist nach Ende der Offenlegung auf einen Monat reduziert werden. Hierdurch kann mehr Rechtssicherheit gewonnen werden.
4.10 Erweiterte und vereinfachte Möglichkeiten für den vorzeitigen Beginn (§ 31e BImSchG)
Durch die Einfügung der neuen - zeitlich auf die ernste und erhebliche Gasmangellage befristeten - §§ 31e und 31f in das BImSchG wurden für Verfahren zur Bewältigung der Gasmangellage erweiterte und vereinfachte Möglichkeiten für den vorzeitigen Beginn (§ 31e BImSchG) eingeführt. Für Verfahren zur Bewältigung der Gasmangellage kann die zuständige Behörde danach den vorzeitigen Beginn, wie er im § 8a BImSchG geregelt ist, abweichend bereits vor dem Vorliegen vollständiger Antragsunterlagen zulassen, wenn (kumulativ):
Der Antragstellerin werden besondere Nachweispflichten auferlegt. Sie muss folgende Nachweise erbringen:
Bei Verfahren im Rahmen der Gasmangellage soll nach § 31e BImSchG auch bei unvollständigen Antragsunterlagen dem Antrag zugestimmt werden, wenn eine positive Prognose auch mit unvollständigen Unterlagen gegeben ist.
Hinsichtlich diesbezüglicher Auslegungsfragen wird auf die Ausführungen in den LAI-Vollzugshinweisen "Immissionsschutz in der Gasmangellage" unter Ziffer 3.3 verwiesen.
Die Sonderregelung des § 31e BImSchG tritt am 26.10.2024 außer Kraft.
5. Sonderfall: Mehrfache genehmigungsrechtliche Aufteilung des Gesamtvorhabens
Bei großen bzw. komplexen Vorhaben, die mit umfangreichen Baumaßnahmen verbunden sind, bietet sich unter Umständen auch eine mehrfache genehmigungsrechtliche Aufteilung des Vorhabens entsprechend der geplanten Bauabschnitte an. Die Aufteilung kann sich z.B. an folgenden Bauabschnitten orientieren: Erdarbeiten und Fundament-Errichtung, weitere Hochbaumaßnahmen, Errichtung von Maschinen.
Eine Möglichkeit der genehmigungsrechtlichen Aufteilung des Vorhabens besteht in der mehrfachen Zulassung des vorzeitigen Beginns. Die Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 BImSchG müssen dabei bei jeder Entscheidung über den vorzeitigen Beginn erfüllt sein.
Als Alternative zur mehrfachen Zulassung des vorzeitigen Beginns kommt die genehmigungsrechtliche Aufteilung des Vorhabens mittels Teilgenehmigungen in Betracht. Teilgenehmigungen haben im Vergleich zur Zulassung des vorzeitigen Beginns den Vorteil, dass die Umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange betreffenden Unterlagen im ersten Teilgenehmigungsverfahren für das Gesamtvorhaben bereits vollständig vorliegen und neben dem Antragsgegenstand die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit geprüft wird. Im Unterschied zur Zulassung des vorzeitigen Beginns trifft die Behörde das Gesamturteil (vorbehaltlich neuer bzw. abweichender Erkenntnisse der Detailprüfung oder einer Änderung der Sach- oder Rechtslage) beim Erlass einer weiteren Teilgenehmigung nicht jeweils neu. Von der Behörde müssen die nächsten Teilgenehmigungsanträge i.d.R. nur im Hinblick auf den im Vergleich zum Vollantrag reduzierten Antragsgegenstand geprüft werden, was die behördliche Bearbeitungszeit erfahrungsgemäß verkürzt.
Schließlich ist auch eine Kombination aus Teilgenehmigungen und Zulassungen des vorzeitigen Beginns möglich. Unabhängig davon, ob die genehmigungsrechtliche Aufteilung des Vorhabens mittels der mehrfachen Zulassung des vorzeitigen Beginns, dem Erlass mehrerer Teilgenehmigungen oder einer Kombination aus den beiden Instrumenten erfolgt, ist insbesondere bei komplexen Genehmigungsvorhaben eine enge Abstimmung zwischen Antragstellerin und Genehmigungsbehörde unerlässlich. Nur so lässt sich das Vorhaben sinnvoll unterteilen und damit eine Beschleunigung des Verfahrens herbeiführen.
Bzgl. der Gebührenrechnung bei der mehrfachen genehmigungsrechtlichen Aufteilung des Gesamtvorhabens wird auf die Gebührenordnungen der Länder verwiesen.
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1 Aufsatz: Bau- und immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid - taugliche Instrumente zur Rechtssicherung für den Vorhabenträger? Von Rechtsanwalt Hans-Jürgen Ermisch,* Hamburg NordÖR 2/2013 16. Jahrgang, Seiten 49-92 Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland.
2 Zum aktuellen Stand (März 2023) sind für die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen die entsprechenden Antragsunterlagen über ELiA abruf- und einreichbar. In den anderen Ländern stehen landesspezifische Verfahren zur elektronischen Antragstellung zur Verfügung.
3 Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Februar 2020 - OVG 11 S 8/20 -, Rn. 15, juris.
4 BVerwG, Beschluss vom 30. April 1991 - 7 C 35/90 -, Rn. 17, juris.
5 Landmann/Rohmer/Mann, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 8a Rn. 106.
6 Landmann/Rohmer/Mann, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 8a Rn. 106; Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, BImSchG § 8a Rn. 15.
7 Landmann/Rohmer/Mann, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 8a Rn. 106; Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, BImSchG § 8a Rn. 15.
8 Landmann/Rohmer/Mann, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 8a Rn. 108.
ENDE |