Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. Regelwerk |
Empfehlungen zu Biosicherheitsmaßnahmen und Frühwarnsystem in Bienenhaltungen
- Sachsen-Anhalt -
Vom 16.11.2009
(MBl. Nr. 39 vom 14.12.2009 S. 776
1. Allgemeines
1.1 Präambel
Die vorliegenden Empfehlungen wenden sich an alle Betriebe mit Bienenhaltung, sowohl an gewerbliche als auch an nicht gewerbliche Bienenhalter (Berufs- oder Freizeitimker) mit dem Ziel, sie bei der Minimierung von Seucheneinschleppungs- und Seuchenübertragungsrisiken zu unterstützen. Durch freiwillige Umsetzung der Empfehlungen werden das Hygieneniveau und damit der Tierseuchenschutz in der Bienenhaltung deutlich verbessert. Als Folge können Schäden für die Bienenhaltung begrenzt sowie die ökologische und ökonomische Funktion der Bienen für Natur und Landwirtschaft erhalten werden.
Diese Empfehlungen begründen keine eigenständigen Rechtsverpflichtungen. Bestehende Rechtsverpflichtungen bleiben unberührt.
1.2 Begriffsbestimmungen
1.2.1 Bienen
Bienenvölker sowie Bienenköniginnen mit ihren Begleitbienen, die zur Gewinnung von Honig und anderen Produkten der Bienenhaltung sowie zur Bienenzucht oder zu Forschungszwecken gehalten werden.
1.2.2 Bienenvolk
In einer Bienenwohnung (Beute) lebende Bienen mit ihrer Brut und ihren Waben.
1.2.3 Bienenstand
Ein Platz mit Beuten, Räumen oder Einrichtungen, in denen Bienenvölker gehalten werden oder gehalten worden sind unabhängig von ihrer Bau- und Aufstellungsart.
1.2.4 Betriebsräume
Räume in denen Honig, Waben, Wabenteile, Wachs und Futtervorräte be- und verarbeitet oder gelagert werden.
1.2.5 Betrieb
Alle Bienenstände und Betriebsräume eines Bienenhalters, die hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung eine seuchenhygienische Einheit bilden. Steuerrechtliche oder prämienrechtliche Betriebsteilungen bleiben insofern unberücksichtigt.
1.2.6 Teilbestand
Bienenvölker, die ständig oder vorübergehend räumlich getrennt von den übrigen Völkern des Betriebes gehalten werden.
1.2.7 Wanderstand
Ein Platz an dem Bienenvölker nur vorübergehend gehalten werden.
2. Anforderungen an die Bienenhaltung
2.1 Registrierungspflicht und erforderliche Sachkenntnis
Wer Bienen halten will, hat dieses spätestens bei Beginn der Tätigkeit der zuständigen Behörde, in der Regel dem Veterinäramt des Landkreises oder der kreisfreien Stadt in dem oder in der sich die Bienenhaltung befindet, unter der Angabe der Anzahl der Bienenvölker und des Standortes anzuzeigen. Empfohlen wird auch Bestandsveränderungen und die Aufgabe der Bienenhaltung an die zuständige Behörde mitzuteilen.
Jeder Imker sollte Kenntnisse über eine gesunde Völkerführung und bedeutsame Erkrankungen, insbesondere anzeigepflichtige Seuchen bei Bienen besitzen. Der alleinige Erfahrungsaustausch mit anderen Imkern reicht dazu oft nicht aus. Empfohlen werden zusätzlich Besuche von Kursen, Fachvorträgen und die Information über aktuelle Fachliteratur (Fachbücher, Fachzeitschriften, Internet).
2.2 Allgemeine seuchenhygienische Anforderungen
Vom Bienenhalter sind Hygieneregeln festzulegen, die folgende Anforderungen berücksichtigen:
2.2.1 Standort und Besatzdichten
Der Bienenstandort bestimmt entscheidend das natürliche Abwehrverhalten der Bienen gegen Krankheitserreger und Umwelteinflüsse. Deshalb sind zeitweilig Sonnen beschienene (halbschattige), trockene und windgeschützte Lagen zu bevorzugen. Senken und vollschattige Standorte sind wegen ihrer hohen Luftfeuchte zu meiden. Ein optimaler Standort lässt Luftbewegung und Sonneneinstrahlung aus Südost zu. Zudem bietet er ein ausreichendes Trachtangebot. An Wanderplätzen ist unter Berücksichtigung der Trachtverhältnisse ausreichend Abstand zwischen den Ständen einzuhalten. Dabei sind insbesondere Dauerstände der ortsansässigen Imker zu berücksichtigen.
Empfehlungen zu Besatzdichten mit Bienenvölkern für bestimmte Trachten:
Tracht | Bienenvölker je ha Kulturtracht |
Steinobst, Beerenobst, Kernobst, Senf, Serradella, Lupine, Sonnenblume, Ackerbohne, Buchweizen | 4 |
Rotklee, Weißklee, Steinklee, Luzerne, Phacelia | 8 |
Linde, Ahorn, andere blühende Bäume | 4 bis 6 ausgewachsene Bäume/Bienenvolk |
Forstkulturen mit Honigtauerzeugern und sonstige Trachten | Nach örtlichen Erfahrungswerten |
2.2.2 Futtermittel
Für die Fütterung der Bienen werden betriebseigener Honig, Zuckerlösungen oder Zucker-Futterteig verwendet. Keinesfalls sollten betriebsfremder Honig oder Pollen verfüttert werden. Hier besteht die Gefahr der Infektion mit Krankheitserregern, insbesondere mit dem Erreger der Amerikanischen Faulbrut.
2.2.3 Tränke
Sofern kein natürliches oder naturnahes Gewässer in näherer Umgebung zur Verfügung steht, wird eine Tränke abseits der Flugfront aufgestellt, um eine ausreichende Versorgung mit sauberem Wasser zu sichern.
2.3 Bauliche Einrichtungen
2.3.1 Bienenstände sollten mit Hinweisschildern mit dem Aufdruck,: "Wertvoller Tierbestand - für Unbefugte Betreten verboten" versehen werden.
2.3.2 An Wanderständen sind zusätzliche Schilder mit Namen und Anschrift des Bienenhalters sowie der Anzahl der Bienenvölker in deutlicher und haltbarer Schrift gut sichtbar anzubringen. Zur schnellen Erreichbarkeit des Imkers für erforderliche Maßnahmen bei Seuchenverdacht oder Seuchengeschehen sollte zusätzlich die telefonische Erreichbarkeit des Bienenhalters auf den Schildern vermerkt werden.
2.3.3 Zur Haltung genutzte Bienenwohnungen und Betriebsräume müssen sich in einem guten baulichen Zustand befinden, der eine ordnungsgemäße Reinigung sowie eine wirksame Desinfektion und Schädlingsbekämpfung ermöglicht. Bienenhäuser, Wanderwagen und sonstige Betriebsräume müssen mit ausreichend hellen Lichtquellen ausgestattet sein, um eine gründliche Beobachtung der Bienenvölker zu ermöglichen.
2.3.4 Der Bienenhalter soll über Vorrichtungen verfügen, die eine wirksame Reinigung und Desinfektion der Beuten, Einrichtungsgegenstände und Geräte ermöglichen. Nicht desinfizierbare Gegenstände wie zum Beispiel Abkehrbesen sind vorzuhalten und regelmäßig zu erneuern.
2.3.5 Ein Bienenstand sollte eingefriedet sein. Bienenhäuser oder Wanderwagen sollten nur über abschließbare Türen betreten werden können.
2.3.6 Ein Bienenstand sollte neben den Betriebs- und Lagerräumen über einen Umkleidebereich verfügen. Der Fußboden soll nass zu reinigen und zu desinfizieren sein. Der Bienenstand sollte ohne Betreten der Betriebsräume erreicht werden können und mindestens über folgende Einrichtungen verfügen:
2.3.7 Einrichtungen zur Reinigung und Desinfektion
Betriebsräume oder Plätze zur Bearbeitung von Beuten, Wabenmaterial und anderen Gegenständen müssen einen befestigten Untergrund aufweisen, der gut zu reinigen und zu desinfizieren ist. Auf diesem Platz anfallende Wachs- und Honigreste müssen nach Abschluss der Arbeiten entfernt und bienensicher aufbewahrt und entsorgt werden.
2.3.8 Bienenbeuten
Jede Beute soll mit einem Gitterboden und einer Bodeneinlage (Windel) ausgerüstet sein. Der Gitterboden sollte sich leicht öffnen lassen, um eine störungsfreie Gemüll- oder Gesundheitskontrolle zu ermöglichen.
2.3.9 Unbesetzte Bienenbeuten und Betriebsräume
Leer stehende Beuten und Betriebsräume zur Gewinnung, Bearbeitung und Lagerung von Honig, Waben, Wachs, Futtervorräten und Abfällen sind so zu sichern, dass sie für Bienen, den Kleinen Beutenkäfer und Schädlinge unzugänglich sind. Dazu sind die Fluglöcher an leeren Beuten zu verschließen. In Betriebsräumen sind die Fenster und Türen insbesondere bei Räubereigefahr mit Fliegengittern oder anderen Abwehreinrichtungen zu sichern. Andernfalls sind sie geschlossen zu halten. Weder Waben, Futter noch Wachsreste dürfen zugänglich sein. Dadurch sollen mögliche Infektionsquellen für Faulbrut beseitigt und ein Befall mit dem Kleinen Beutenkäfer verhindert werden.
2.3.10 Lagerstätten für Waben
Lagerstätten für Waben müssen deren bienendichte Aufbewahrung ermöglichen.
2.3.11 Schleuder und Abfüllräume
Räume zur Honiggewinnung, Honigverarbeitung und -bearbeitung müssen mit Wascheinrichtungen mit kaltem und heißem Wasser zur Reinigung der Hände und Arbeitsgeräte ausgestattet sein. Die Arbeitsflächen, Fußböden und Wände müssen abwaschbar und desinfizierbar sein.
2.4 Betriebsführung
2.4.1 Personen- und Fahrzeugverkehr
Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Unbefugten der Zutritt zum Bienenstand durch Anbringung eines Hinweisschildes und erforderlichenfalls durch Umzäunung und Verschluss des Bienenstandes verwehrt wird.
2.4.2 Völkerführung und Hygieneverhalten
2.4.2.1 Vermeidung von Räuberei und Verflug
2.4.2.2 Schädlingsabwehr
An Bienenständen und in Betriebsräumen sind regelmäßig Kontrollen auf einen Schädlingsbefall durch den Kleinen Beutenkäfer, Wachsmotten, Ameisen oder Mäuse durchzuführen und geeignete Bekämpfungsmaßnahmen vorzunehmen.
2.4.3 Tierverkehr und Seuchenfreiheitsbescheinigung
Bei Zukauf von Bienen und Königinnen, der Beschickung von Belegstellen oder bei Wanderung ist eine amtstierärztliche Seuchenfreiheitsbescheinigung erforderlich, aus der hervorgeht, dass die Bienen als frei von Amerikanischer Faulbrut befunden worden sind und der Herkunftsort der Bienen nicht in einem Faulbrut-Sperrbezirk liegt. Die Bescheinigung darf nicht vor dem 1.9. des vorhergehenden Kalenderjahres ausgestellt sein und nicht älter als neun Monate sein. Das dient der Vermeidung einer Verbreitung der Amerikanischen Faulbrut. Die Bescheinigung ist dem Amtstierarzt spätestens bei Ankunft am neuen Standort vorzulegen. Es ist sinnvoll, noch vor Ankunft den dortigen Seuchenstatus zu erfragen. Schwärme unbekannter Herkunft dürfen nicht in einen Bienenstand verbracht werden.
2.4.4 Lagerung von Waben
Waben sind zum Schutz vor Räuberei, Schädlingen und Schimmelbildung trocken und luftig, aber bienendicht aufzubewahren. Dazu eignen sich belüftete, aber vor Insektenflug geschützte Räume, Wabenschränke oder Zargentürme. Wachsmottenbefall ist durch Kühlung auf unter 12 °C oder durch Behandlung mit geeigneten flüchtigen Substanzen, wie Essigsäure oder durch gelegentliches Schwefeln zu unterbinden.
2.4.5 Reinigung und Desinfektion
Beuten und Waben sind in einem sauberen Zustand zu halten. Der Wabenbau ist regelmäßig zu erneuern. Als Richtzahl gilt die jährliche Erneuerung von mindestens 30 v. H. des Baus. Alte, verunreinigte, bekotete, schimmelige oder dunkelbraune bis schwarze Waben sind einzuschmelzen! Verunreinigte, bekotete oder schimmelige Bienenbeuten sind gründlich mechanisch und anschließend mit heißem Wasser oder Ätznatronlauge zu reinigen. Rähmchen sind vor erneuter Nutzung durch mechanisches Entfernen von Wachsresten und gründlicher Reinigung mit heißem Sodawasser zu reinigen und gegebenenfalls durch Abflammen oder mit geeigneten Desinfektionsmitteln (insbesondere Ätznatronlauge) zu desinfizieren.
3. Überwachung von Tierseuchen und Gesundheitsstatus
Betriebsspezifische Hygieneregime zur Tierseuchen- und Tiergesundheitsüberwachung müssen folgende Grundsätze erfüllen:
3.1 Jeder Bienenhalter hat dafür zu sorgen, dass die Bienenvölker in seiner Gegenwart oder im Beisein eines von ihm Beauftragten von dem beamteten Tierarzt untersucht werden können, soweit eine solche Untersuchung aus Gründen der Seuchenbekämpfung erforderlich ist.
3.2 Bei Wanderung und Handel mit Bienen werden nationale und europäische Rechtsvorschriften (Bienenseuchen-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.11.2004 (BGBl. I S. 2738), geändert durch Artikel 10 der Verordnung vom 20.12.2005 (BGBl. I S. 3499, 3507), Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.04.2005 (BGBl. I S. 997), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.12.2006 (BGBl. I S. 2921) und der Entscheidung 2003/881/EG der Kommission vom 11.12.2003 über die Tiergesundheitsbedingungen und -bescheinigungen für die Einfuhr von Bienen (Apis mellifera und Bombus spp.) aus bestimmten Drittländern und zur Aufhebung der Entscheidung 2000/462/EG (ABl. EU Nr. L 328 vom 17.12.2003 S. 26), zuletzt geändert durch Entscheidung 2005/60/EG vom 20.01.2005 (ABl. EU Nr. L 25 vom 28.01.2005 S. 64), eingehalten und erforderliche Seuchenfreiheitsbescheinigungen beigebracht.
3.3 Es werden regelmäßig eigenverantwortliche Gesundheitskontrollen einschließlich Fluglochbeobachtungen an den Bienenvölkern vorgenommen. Hierbei wird insbesondere auf Anzeichen anzeige- und behandlungspflichtiger Bienenseuchen geachtet.
3.4 Jeder Verdacht auf eine anzeigepflichtige Bienenseuche (Amerikanische Faulbrut, Befall mit dem Kleinen Beutenkäfer oder der Tropilaclapsmilbe) ist dem zuständigen Veterinäramt anzuzeigen.
4. Frühdiagnostische Methoden zur Erkennung und Vermeidung der Verbreitung von Bienenseuchen und anderen bedeutsamen Bienenkrankheiten
4.1 Amerikanische Faulbrut
Folgende Maßnahmen sind bezüglich der Überwachung und Früherkennung der Amerikanischen Faulbrut durchzuführen:
4.2 Varroose
4.2.1 Kontrolle und Minimierung des Varroamilbenbefallsgrades
Durch die regelmäßige Erfassung und Dokumentation des natürlichen Milbentotenfalls der Bienenvölker über Gemülluntersuchung auf Bodeneinlagen können rechtzeitige Behandlungsmaßnahmen zum Erhalt gesunder Bienenvölker veranlasst werden. Der natürliche Milbenfall darf im Juni und Juli zehn Milben pro Tag und im Oktober und November eine Milbe pro Tag nicht übersteigen. Im Sommer kann der natürliche Milbenfall durch Ameisen verfälscht werden. Ihnen sollte deshalb der Zugang zu den Bodeneinlagen verwehrt werden. Alternativ ist das Auswaschen von Bienenproben empfehlenswert. Deren Befallsgrad soll im genannten Zeitraum 1 v. H. nicht übersteigen. Ansonsten können unumkehrbare Schäden auftreten.
4.2.2 Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen
Jeder Bienenhalter ist bei Befall zur Behandlung der Varroosc verpflichtet. Dazu wird das ganzjährige Varroabekämpfungskonzept empfohlen. Die Einhaltung des Konzepts gewährleistet die rechtzeitige Anwendung der jeweils wirksamen Mittel. Die Bekämpfung erfolgt in drei Schritten:
Einzelheiten zu den genannten Verfahren sind den Empfehlungen in der Broschüre "Varroa unter Kontrolle" der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. (Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH, München, 2007) zu entnehmen.
5. Dokumentation
5.1 Arzneimitteleinsatz
Die Anwendung apothekenpflichtiger Medikamente in Bienenvölkern ist in einem Bestandsbuch festzuhalten. Dieses ist fünf Jahre aufzubewahren. Die übrigen Medikamente sind in der Stockkarte als Nachweis für die Bekämpfung und aus Gründen guter fachlicher Praxis zu dokumentieren. Es dürfen nur für die jeweilige Anwendung zugelassene Tierarzneimittel verwendet werden.
5.2 Untersuchungsergebnisse
Protokolle über labordiagnostische Befunde und tierärztliche Untersuchungen sollen aufbewahrt werden.
Eine Aufbewahrungsdauer von mindestens drei Jahren wird empfohlen.
Varroa-Befallsgradkontrollen werden auf der Stockkarte dokumentiert.
ENDE |