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Waldschutzerlass - Waldschutz im Land Sachsen-Anhalt
Vom 11. April 2017
(MBl.LSA Nr. 16 vom 02.05.2017 S. 250)
Gl.-Nr.: 790
Bezug: RdErl. des MLU vom 21.02.2013 (MBl. LSA S. 182)
1. Rechtsgrundlagen
2. Vorbemerkungen
Der Klimawandel hat einen erheblichen Einfluss auf Waldökosysteme. Mit Veränderungen der Jahresmitteltemperaturen und der Niederschlagsmengen insbesondere in der Vegetationszeit werden sich langfristig auch Waldökosysteme in ihrer Baumartenzusammensetzung und in ihren Waldaufbaustrukturen von den heutigen Wäldern unterscheiden. Für die in langen Zeiträumen produzierende Forstwirtschaft stellen Ausmaß und Geschwindigkeit des erwarteten Klimawandels eine besondere Herausforderung dar.
Die Erhaltung und Mehrung der Waldfläche und der Aufbau stabiler und gemischter Wälder tragen wesentlich dazu bei, das Schadensrisiko im Falle biotischer und abiotischer Schadereignisse zu minimieren und zu verteilen.
Der Waldschutz besitzt unter den standörtlichen Bedingungen des Landes Sachsen-Anhalt eine herausragende Bedeutung. Er ist eine zentrale forstliche Aufgabe zur nachhaltigen Sicherung der Erträge aus der Forstwirtschaft und der bestehenden Waldfunktionen. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert einen hohen Grad an ökologischen und physiologischen Kenntnissen der Schadorganismen, umfangreiche standörtliche Kenntnisse sowie ein notwendiges Grundwissen zu Überwachungsverfahren (Monitoring) und Verfahren zur Gefährdungsabschätzung (Prognose). Ein intensiver Informationsaustausch zwischen den forstlichen Dienststellen und den Waldbesitzern ist dabei unerlässlich, da Waldgefährdungen oftmals Eigentumsgrenzen überschreiten.
3. Grundsätze des Waldschutzes
Aufgabe des Waldschutzes ist die Vermeidung und Abwendung von Beeinträchtigungen der Gesundheit und Stabilität von Waldökosystemen sowie die Minimierung von wirtschaftlichen Schäden durch biotische und abiotische Störungen in allen Waldbesitzarten.
Gemäß § 16 Abs. 3 LWaldG ist der Waldbesitzer verpflichtet, zum Schutz des Waldes vorbeugend und bekämpfend tätig zu werden. Für die forstlichen Dienststellen bestehen bei der Umsetzung der Waldschutzaufgaben unterschiedliche Handlungsfelder und -erfordernisse.
Dieser RdErl. regelt unter anderem die Zuständigkeiten der einzelnen forstlichen Dienststellen für Maßnahmen zur Vorbeugung, Früherkennung, Bekämpfung und Minderung von Schäden durch tierische, pflanzliche und sonstige Schaderreger sowie für das Verfahren für Maßnahmen, die im Interesse der Allgemeinheit zur Abwehr erheblicher Gefährdungen für größere Waldgebiete notwendig werden und ihrer Art nach nur großflächig (z.B. aviochemische Maßnahmen) für Waldflächen unterschiedlicher Besitz- und Eigentumsformen gemeinsam durchgeführt werden können (§ 16 Abs. 5 Satz 1 LWaldG).
Für den Waldbrandschutz sind die zusätzlichen Regelungen des RdErl. des MLU über Waldbrandschutz Sachsen-Anhalt vom 19.02.2013 (MBl. LSA S. 178), zuletzt geändert durch RdErl. vom 31.08.2015 (MBl. LSA S. 532), zu beachten.
Waldbauliche Maßnahmen, insbesondere der Waldumbau, sowie Maßnahmen der Waldhygiene sind wesentliche Elemente des vorbeugenden Waldschutzes. Bei der Waldbewirtschaftung sind nachfolgende Grundsätze notwendiger Bestandteil eines integrierten Waldschutzes:
4. Sicherung der Ökosystemleistungen von Wäldern
Zur nachhaltigen und ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes (§ 5 Abs. 3 LWaldG) gehört auch die rechtzeitige und ausreichende Bekämpfung bestimmter biotischer Schadfaktoren, insbesondere bei Bedrohungen, die existenzielle Gefährdungen von Waldbeständen auslösen können, wobei der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich minimiert werden soll. Trotz intensiver vorbeugender Maßnahmen können deshalb zur Abwehr von Schäden Waldschutzmaßnahmen notwendig werden.
Die Ursache des eingetretenen oder zu erwartenden Schadens ist dabei zu ermitteln (Diagnose) und die weitere Entwicklung des Schaderregers ist aufzuzeigen (Prognose).
Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit von Bekämpfungen ist eine Abwägung der Folgen hinsichtlich der betriebsspezifischen Wirtschaftsziele und des Schutzes der Umweltgüter durchzuführen. Die Umweltverträglichkeit von Maßnahmen und Mitteln hat dabei grundsätzlich Vorrang vor Kostenüberlegungen.
Bei gleicher Wirksamkeit ist das umweltschonendste Mittel zu verwenden, das heißt Einsatz biologischer oder biotechnischer Mittel vor chemischen Mitteln. Dabei sollen Waldschutzmaßnahmen (mit Einsatz von Pflanzenschutzmitteln) nach Art und Dauer und Flächenumfang so gering wie möglich gehalten werden.
5. Aufgabenabgrenzung zwischen den forstlichen Behörden und Einrichtungen
Ein effizienter Waldschutz setzt ein intensives Zusammenwirken zwischen den beteiligten Forstbehörden und Einrichtungen der Forstverwaltung voraus.
Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten werden die Aufgaben für die Bereiche Waldbewirtschaftung, forstliches Versuchswesen, forstrechtlicher Vollzug und Durchführung konkreter Maßnahmen im Folgenden definiert und festgelegt. Der forstliche Pflanzenschutz wird gesondert geregelt.
5.1 Oberste Forstbehörde
Das für forstliche Angelegenheiten zuständige Ministerium ist als oberste Forstbehörde für die Gewährleistung des Waldschutzes im Land Sachsen-Anhalt verantwortlich. Im Rahmen der Wahrnehmung der Fachaufsicht gegenüber den nachgeordneten Forstbehörden werden die Grundsätze des Waldschutzes sichergestellt. Durch das Ministerium werden in Zusammenarbeit mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, als wissenschaftliche Einrichtung, die Überwachungs- und Prognoseverfahren für bedeutende Schaderreger festgelegt, die durch das Landeszentrum Wald gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 3 Nr. 2 LWaldG landesweit angewendet werden. Die Durchführung von Waldschutzmaßnahmen nach § 16 Abs. 5 Satz 1 LWaldG bedarf der Genehmigung durch die oberste Forstbehörde.
5.2 Landeszentrum Wald (untere Forstbehörde für Waldschutz)
Das Landeszentrum Wald hat folgende Aufgaben:
Zur effizienten Aufgabenwahrnehmung vor Ort benennt das Landeszentrum Wald für jedes Betreuungsforstamt einen Waldschutzbeauftragten, der Kontakt zu den Revieren, Waldbesitzern, Landkreisen oder kreisfreien Städten und zur Nordwestdeutschen forstlichen Versuchsanstalt unterhält.
Die durch das Landeszentrum Wald benannten Waldschutzbeauftragten haben insbesondere folgende Aufgaben:
5.3 Obere Forstbehörde und untere Forstbehörden (Landkreise und kreisfreie Städte)
Das Landesverwaltungsamt nimmt als obere Forstbehörde die Fachaufsicht wahr.
Die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Forstbehörden sind gemäß § 33 Abs. 2 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 LWaldG nicht für die Wahrnehmung der Aufgaben des Waldschutzes zuständig. Sofern im Rahmen der Wahrnehmung der Vollzugsaufgaben nach dem Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt waldschutzrelevante Sachverhalte festgestellt werden, sind diese umgehend und in geeigneter Weise dem Landeszentrum Wald zur Kenntnis zu geben.
5.4 Landesforstbetrieb und Nationalparkverwaltung Harz
Im Landeswald sind der Landesforstbetrieb mit seinen Betriebsteilen und die Nationalparkverwaltung Harz umfassend für den Schutz des Waldes gemäß § 16 Abs. 1 LWaldG verantwortlich.
Sie nehmen die Pflichten des Landes als Waldeigentümer gemäß des § 16 Abs. 3 LWaldG wahr. Der Landesforstbetrieb ist für die Umsetzung der Bewirtschaftungsgrundsätze im Bereich des Waldschutzes (Nummer 3) und für den Schutz der Umwelt (Nummer 4) im Landeswald verantwortlich. Die Nationalparkverwaltung gewährleistet, dass durch Schadinsekten, die zu Massenvermehrung neigen, angrenzende Waldgebiete außerhalb des Nationalparks vor wirtschaftlichen Schäden bewahrt und nicht waldexistenziell bedroht werden. Entsprechende Konzepte sind fortzuschreiben oder zu entwickeln.
Der Landesforstbetrieb und die Nationalparkverwaltung Harz nutzen das Waldschutzmeldeportal für ihre Waldflächen. Sofern für Maßnahmen des Waldschutzes im Landeswald Genehmigungen erforderlich sind, werden diese durch den Landesforstbetrieb oder durch die Nationalparkverwaltung Harz eingeholt. Die Zuständigkeit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt für die Einholung pflanzenschutzrechtlicher Genehmigungen bei aviochemischen Maßnahmen bleibt davon unberührt.
5.5 Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Die Zusammenarbeit mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt - Abteilung Waldschutz ist in der von allen Trägerländern bestätigten Waldschutzvereinbarung "Grundsätze zur Durchführung des Waldschutzes in den Partnerländern der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt" geregelt. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt - Abteilung Waldschutz ist für alle Waldbesitzarten des Landes Sachsen-Anhalt als wissenschaftliche Einrichtung mit Beratungsfunktion zuständig.
Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt unterhält ein länderübergreifendes Waldschutzmeldewesen (in Form des Waldschutzmeldeportals), das von allen Waldbesitzern des Landes kostenfrei genutzt werden kann. Darüber hinaus hat sie im Bereich des Waldschutzes folgende Aufgaben:
Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Abteilung Waldschutz prüft die Schließung von Indikationslücken gemäß pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen und führt die dazu erforderlichen Untersuchungen einschließlich der Versuche (Mittelprüfungen) für den forstlichen Bereich des Landes Sachsen-Anhalt durch.
6. Qualifizierung Forstpersonal
Ein effizienter Waldschutz im Land Sachsen-Anhalt ist nur durch qualifiziertes Personal zu gewährleisten. Das Landeszentrum Wald führt deshalb Schulungen, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen für eigene Bedienstete und Bedienstete anderer forstlicher Dienststellen, gegebenenfalls mit Unterstützung durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, in eigener Verantwortung durch. Über die geplanten Maßnahmen ist das zuständige Ministerium in der Vorbereitungsphase zu informieren.
7. Außergewöhnliche Schäden und Schadenssituationen
Über außergewöhnliche Schäden und Schadenssituationen, insbesondere bei Ereignissen mit Waldflächenverlusten oder Schäden, die die Waldfunktionen temporär nicht mehr gewährleisten, ist das zuständige Ministerium unverzüglich durch das Landeszentrum Wald zu informieren.
8. Sprachliche Gleichstellung
Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem RdErl. gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
9. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser RdErl. tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Bezugs-RdErl. außer Kraft.
ENDE |