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Paratuberkuloseleitlinien - Leitlinien für den Umgang mit der Paratuberkulose in Wiederkäuerbeständen
Vom 17. Januar 2005
(BAnz. Nr. 28 vom 10.02.2005 S. 2165)
Einleitung
Die Paratuberkulose, auch "Johne'sche Krankheit" genannt, ist eine unheilbare, durch Mycobacterium avium spp. paratuberculosis ausgelöste Infektionskrankheit bei Rindern, Schafen und Ziegen, die in Deutschland verbreitet ist und für große wirtschaftliche Schäden in den Herden sorgt. Infizierte Tiere zeigen lange Zeit keine Krankheitssymptome und sind nur schwer zu ermitteln. Dadurch ist es schwierig, die Krankheit zu bekämpfen. Nur durch die Paratuberkulosefreie Jungtieraufzucht ist es möglich, die Krankheit unter Kontrolle zu bringen. Im ersten Lebensjahr sind Lämmer und Kälber für eine Paratuberkulose-Ansteckung besonders anfällig. Wenn es gelingt, Jungtiere während dieser Zeit Paratuberkulosefrei zu halten, ist der erste Schritt im Kampf gegen diese schwerwiegende Erkrankung getan. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Senkung des Infektionsdrucks im Bestand. Die Paratuberkulose der Wiederkäuer steht im Verdacht, in Zusammenhang zu stehen mit der beim Menschen auftretenden Erkrankung Morbus Crohn. Diese Erkrankung führt zu langwierigen, unheilbaren Darmentzündungen und hochgradigem Durchfall mit vielerlei Komplikationen. Der Zusammenhang ist zwar zurzeit nicht bewiesen, aber auch nicht eindeutig widerlegt (N. N., 2001, Schrauder et al., 2003).
Vorausschickend ist festzustellen, dass die Paratuberkulose in Wiederkäuerherden keine neue Erkrankung darstellt, jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Paratuberkulose führt in betroffenen Herden zu großen Schäden und zu Leiden zumindest der klinisch erkrankten Tiere; eine Behandlung gibt es bisher nicht. Eine Sanierung betroffener Bestände ist langwierig.
Die zur Verfügung stehende Diagnostik ist zurzeit noch nicht geeignet, den dringend notwendigen, flächendeckenden Überblick über die Situation in Deutschland zu realisieren. Die blutserologische
Diagnostik jedoch ist bei Wahl eines geeigneten Tests in Abhängigkeit von der Bestandsgröße geeignet, einen ersten überblick über die Verbreitung im Bestand zu erheben. Schwierigkeiten bei der Interpretation können" sich dennoch aufgrund der besonderen Pathogenese der Paratuberkulose ergeben. Ein aktueller serologischer Einzeltierstatus ist hingegen sowohl im positiven als vor allem auch im negativen Falle nicht aussagekräftig. Der mikrobiologische Einzeltierstatus ist im negativen Falle nicht aussagekräftig, ein positives Ergebnis in der Kultur gilt als beweisend. Ein negativer Einzeltierstatus schützt somit nicht vor dem Eintrag der Erkrankung z.B. in andere Bestände. Nur ein über einen längeren Zeitraum erhobener Bestandsstatus kann, begründet durch die Eigenschaften des Erregers, eine gewisse Aussage über die einstehenden Tiere zulassen.
Besonders wichtig ist, dass die Erkrankung in der Landwirtschaft und der Tierärzteschaft ernst genommen wird und, auch wenn ein Betrieb nicht den Anspruch auf einen Status erhebt oder direkte klinische Probleme aufweist, eine umfassende Betriebs- und Aufzuchthygiene praxisorientiert umgesetzt sowie konstant durchgeführt wird. Hierzu und zur Vorbereitung des bundesweiten Überblicks über den tatsächlichen Verbreitungsgrad der Paratuberkulose soll die vorliegende Leitlinie, die von Wissenschaftlern, den zuständigen Landesbehörden und dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft erarbeitet wurde, dienen und den Weg zu einer erfolgreichen Strategie gegen die Paratuberkulose bereiten. Für weitergehende Maßnahmen wird auf den "Ratgeber Paratuberkulose" (Geue et al., 2002) verwiesen.
Die Leitlinie basiert auf drei Säulen von Maßnahmen:
Die Ziele der Leitlinie sind:
Die unter den Nummern 1 bis 4 genannten Ziele sollen letztendlich in der nachhaltigen Bekämpfung der Paratuberkulose gipfeln.
Die Überarbeitung und Verfeinerung der bundeseinheitlichen Leitlinien von 1992 ist notwendig geworden, da die Mehrheit der Länder z. T. sehr verschiedenartige Überwachungsmaßnahmen und Bekämpfungsprogramme mit aktuell unterschiedlicher Akzeptanz durchführen. Diese Programme sind zumeist mit großem Aufwand und mit großen Anstrengungen einzelner Landwirte verbunden. Zum Teil engagieren sich die Tierseuchenkassen der Länder bei der Durchführung der Programme. Die Leitlinie soll dazu beitragen, bundeseinheitliche Mindeststandards in Bezug auf den Umgang mit der Paratuberkulose in Rinder-, Schaf- und Ziegenbeständen zu Schaffen und die Vorgehensweise realistisch auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse in Deutschland zu vereinheitlichen.
Abschnitt I
Allgemeine Hygienemaßnahmen
Die im Folgenden aufgeführten allgemeinen Maßnahmen, die sich primär an den Tierhalter richten, sind auch geeignet, bei anderen Infektionskrankheiten eine Verbreitung von Erregern zu reduzieren.
1. Allgemeine Bestandsmaßnahmen
2. Abkalben, Ablammen
3. Aufzucht
4. Kolostrummanagement
5. Remontierung
6. Klinische Maßnahmen
7. Weidemanagement
8. Auktionen, Landwirtschaftsausstellungen aller Art, Gemeinschaftsweiden, Almen etc., Verbandsmaßnahmen
Abschnitt II
Statusdefinition für den Bestand
Die Statusdefinition erfolgt nach den vom Tierbesitzer durchgeführten Maßnahmen im Betrieb wie folgt:
1 Basismaßnahmen (Status I)
1.1 Durchführung der empfohlenen Hygienemaßnahmen nach Abschnitt I.
1.2 Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig die Maßnahmen nach Abschnitt I dieser Leitlinie in den Betrieben.
1.3 Wenn keine Eigenremontierung durchgeführt wird, werden - nur Tiere mit bekanntem und von der zuständigen Behörde bestätigtem Status (der Herdenstatus ist maßgebend) zugekauft.
2 Fortgeschrittene Überwachung (Status II)
2.1 Die Voraussetzungen des Status I sind erfüllt.
2.2 Es wird einmal jährlich eine serologische Überwachung aller Tiere ab einem Alter von zwei Jahren mit einem Test, der nachweislich eine Spezifität von mehr als 99% aufweist, durchgeführt. Anstatt der jährlichen serologischen Untersuchung aller Tiere im Alter von mehr als zwei Jahren können diese Tiere mittels valider PCR nach Empfehlung des zuständigen Nationalen Referenzlabors auf Paratuberkulose-Erreger untersucht werden.
2.3 Wenn keine Eigenremontierung durchgeführt wird, werden nur Tiere aus Betrieben, die mindestens den Status II aufweisen, zugekauft; das betroffene Tier muss mit in die Untersuchungen eingeschlossen worden sein und der Status von der zuständigen Behörde bestätigt werden.
3 Bekämpfung/Sanierung (Status III)
3.1 Die Voraussetzungen des Status II sind erfüllt.
3.2 Alle serologisch positiven Tiere sowie alle Nachkommen und Vorfahren serologisch positiver Tiere sind dreimal im Abstand von jeweils sechs Monaten mittels bakteriologischer Kotuntersuchung oder mittels valider PCR aus Kot nach Empfehlung des zuständigen Nationalen Referenzlabors auf Paratuberkulose-Erreger zu untersuchen. Die Nachkommen im, Alter von unter zwei Jahren sind zu separieren und ab einem Alter von zwei Jahren nachzuuntersuchen. Nachfolgend sind alle verbleibenden serologisch positiven Tiere mindestens einmal jährlich mittels Kotuntersuchung (bakteriologisch, PCR) zu untersuchen.
3.3 Alle bakteriologisch positiven Tiere, einschließlich der in einer validen PCR positiv getesteten Tiere, sind unverzüglich zu schlachten. Die Bestimmungen des Fleischhygienerechts sind in der jeweils gültigen Fassung zu beachten.
3.4 Wenn keine Eigenremontierung durchgeführt wird, werden nur Tiere aus Betrieben, die mindestens den Status III aufweisen, zugekauft; das betroffene Tier muss mit in die Untersuchungen eingeschlossen worden sein und der Status von der zuständigen Behörde bestätigt werden.
4 Paratuberkulose-unverdächtig (Status IV)
4.1 Ein Bestand wird als Paratuberkulose-unverdächtig eingestuft, wenn dieser mindestens fünf Jahre auf Paratuberkulose serologisch mit einem Test, der nachweislich eine Spezifität von mehr als 99% aufweist und klinisch oder bakteriologisch (einschließlich PCR-Befunde) und klinisch mit negativem Ergebnis untersucht worden ist und in dem zur Aufrechterhaltung des Status die serologische oder bakteriologische (einschließlich PCR-) Untersuchung fortdauert.
4.2 Wenn keine Eigenremontierung durchgeführt wird, werden nur Tiere aus Betrieben, die mindestens den Status IV aufweisen, zugekauft; das betroffene Tier muss mit in die Untersuchungen eingeschlossen worden sein und der Status von der zuständigen Behörde bestätigt werden.
Abschnitt III
Vorbereitung einer flächendeckenden, bundesweiten Überwachung bzw. Erfassung
der Verbreitung der Paratuberkulose
Zurzeit überprüft das Nationale Referenzlabor für Paratuberkulose alle zugelassenen Diagnostika auf ihre Eignung zum Einsatz für die flächendeckende Erfassung und Überwachung des Auftretens der Paratuberkulose. Eine Eignungsempfehlung zur Anwendung wird angestrebt. Zurzeit erstreckt sich keine Zulassung auf die Eignung als Massendiagnostikum, welche die Voraussetzung für ein zuverlässiges Screening und Monitoring der Betriebe darstellt.
Geue, L. et al., 2002
Ratgeber Paratuberkulose
(http:1 /www.BFAV.de/organisation/ifed/krankheiten/mycobacterium.html)
N. N:, 2001
Stellungnahme des ehemaligen Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin über den Zusammenhang von Paratuberkulose und Morbus Crohn (http:/ /www.bfr.bund.de/cms/media.php/95/protokollmcpara.pdf)
Schrauder et al., 2003
Morbus Crohn und Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis - eine Literaturstudie des BfR und des RKI
(http:/ /www.bfr.bund.de)
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