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KTA 3103 - Abschaltsysteme von Leichtwasserreaktoren
Sicherheitstechnische Regel des KTA

Fassung November 2015
(BAnz AT 08.01.2016 B4)



Siehe FN *

Frühere Fassung der Regel:
1984-03 (BAnz. Nr. 145a vom 4. August 1984)

Grundlagen

(1) Die Regeln des Kerntechnischen Ausschusses (KTA) haben die Aufgabe, sicherheitstechnische Anforderungen anzugeben, bei deren Einhaltung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage (§ 7 Absatz 2 Nr. 3 Atomgesetz - AtG) getroffen ist, um die im AtG und in der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) festgelegten sowie in den "Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke" (SiAnf) und den "Interpretationen zu den Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke" weiter konkretisierten Schutzziele zu erreichen.

(2) Mit der vorliegenden Regel werden Anforderungen an die Abschaltsysteme konkretisiert, welche in den Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke (SiAnf), insbesondere in Abschnitt 3.2, enthalten sind.

(3) Bei der Anwendung dieser Regel erfüllen die Abschaltsysteme in ihrer Gesamtheit die in den SiAnf festgelegten allgemeinen Grundsätze der Sicherheitsvorsorge und die dort angegebenen Detailanforderungen.

(4) Abschaltsysteme haben die sicherheitstechnische Aufgabe, den Reaktor im Anforderungsfall in den unterkritischen Zustand zu überführen und langfristig unterkritisch zu halten. Die Abschaltsysteme in ihrer Gesamtheit müssen eine dauerhafte Abschaltung gewährleisten.

(5) Die Abschaltsysteme sollen im Zusammenwirken mit den physikalischen Prozessen der nuklearen Leistungserzeugung und der Kernkühlung und mit anderen Systemen, zum Beispiel dem Reaktorschutzsystem, dazu beitragen, dass die übergeordneten Schutzziele Kontrolle der Reaktivität, Kühlung der Brennelemente und Einschluss der radioaktiven Stoffe erfüllt werden.

1 Anwendungsbereich

(1) Diese Regel gilt für Abschaltsysteme von Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren. Sie gibt an, welche Anforderungen an die Systeme zur Abschaltung eines Reaktors einschließlich der aktiven Stellglieder zu stellen sind. Dabei beschränkt sich die Regel auf die Sicherheitsebenen 1 bis 3 sowie den ATWS (Ereignis mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems) auf Sicherheitsebene 4a sowie auf Einwirkungen von außen und Notstandsfälle.

(2) Einwirkungen von Innen werden nur hinsichtlich der Anordnung und Anlagenkonstruktion (Abschnitt 4.3.3) betrachtet.

(3) Nicht zum Anwendungsbereich dieser Regel gehören

  1. die Systeme zum Nachspeisen von Hilfsmedien wie Wasser und Stickstoff nach Schnellabschaltung beim Siedewasserreaktor,
  2. die an Herstellung, Vorprüfung, Werkstoffprüfung, Bau-, Druck- und Abnahmeprüfungen der Boreinspeisesysteme zu stellenden Anforderungen,

    Hinweis:

    Soweit druck- und aktivitätsführende Komponenten betroffen sind, ist dies in KTA 3211.3 geregelt. Ansonsten gelten die jeweils anzuwendenden technischen Regeln, wie die Druckgeräterichtlinie (DGRL).

  3. die leittechnischen Einrichtungen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Abschaltsysteme,

    Hinweis:

    Anforderungen an elektrische Antriebe des Steuerstabsystems werden in KTA 3504, Abschnitt 8 geregelt. In KTA 3103 werden Anforderungen an den hydraulischen Antrieb geregelt (Abschnitt 4.2.2.4). Verfahrenstechnische Anforderungen an die Leittechnik (z.B. maximal zulässige Reaktionszeiten) werden hier nicht formuliert, weil diese aus der Analyse der jeweils zu betrachtenden Ereignisabläufe resultieren.

  4. Anforderungen (zahlenmäßige Vorgaben) an die Reaktivitätswirksamkeit der Abschaltsysteme und die Reaktivitätsrate bei der Abschaltung und

    Hinweis:

    Diese Anforderungen sind in KTA 3101.2 geregelt. Die KTA 3101.2 behandelt die reaktivitätsseitigen Anforderungen an die Abschaltsysteme, die sich im Zusammenwirken mit den Eigenschaften der nuklearen Kernauslegung ergeben. Die system-technischen Anforderungen an die Abschaltsysteme sind in KTA 3103 festgelegt.

  5. die zur Beherrschung von Kühlmittelverluststörfällen vorgesehenen Nachwärmeabfuhrsysteme, die sowohl die Kühlung des Reaktorkerns als auch die Abschaltung durch Borierung sicherstellen (DWR), mit der Ausnahme, dass Anforderungen bezüglich Borsäurevorrat und Borsäureüberwachung unter diese Regel fallen.

    Hinweis:

    Anforderungen an die Nachwärmeabfuhrsysteme sind in KTA 3301 geregelt.

2 Begriffe

(1) Abschalteinrichtung

Eine Abschalteinrichtung umfasst diejenigen Abschaltsysteme, welche im jeweiligen Anforderungsfall sicherstellen, dass der Reaktor hinreichend schnell in den unterkritischen Zustand überführt und dauerhaft gehalten wird.

Hinweis:

Die Abschaltsysteme werden hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung zusammengefasst zu Abschalteinrichtungen.

Die Abschalteinrichtungen des Druckwasserreaktors sind das Steuerstabsystem ggf. in Verbindung mit einem unterstützenden, erdbebengesicherten Boriersystem (z.B. Zusatzboriersystem) und die Gesamtheit der weiteren Boriersysteme (z.B. Volumenregel- und Chemikalieneinspeisesystem, Druckspeicher und Flutbehälter mit den dazu gehörenden Einspeisepumpen).

Die Abschalteinrichtungen des Siedewasserreaktors sind

Als Schnellabschaltsystem dient bei beiden Reaktortypen das Steuerstabsystem, beim SWR mit hydraulischem Einschießen.

(2) Hersteller

Als Hersteller werden Firmen bezeichnet, die mit der Herstellung (Fertigung oder Prüfung) einer Komponente, eines Bauteils oder einem Fertigungs- oder Prüf-Teilschritt beauftragt sind.

(3) Steuerelement

Beim DWR wird unter einem Steuerelement die Gesamtheit aller mechanisch verbundenen Absorberstäbe (Finger) verstanden. Synonym wird auch der Begriff Steuerstab verwendet.

Hinweis:

Beim SWR ist der Begriff Steuerstab gebräuchlicher. Synonym wird auch der Begriff Steuerelement verwendet.

3 Aufgaben der Abschaltsysteme

3.1 Allgemeines

(1) Die Abschaltsysteme in ihrer Gesamtheit müssen in den Sicherheitsebenen 1 bis 3 sowie beim ATWS (Sicherheitsebene 4a) in der Lage sein, folgende sicherheitstechnische Funktionen zu erfüllen:

  1. den Reaktor in den unterkritischen Zustand überführen,
  2. den Reaktor auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 bei dem un-günstigsten Zustand, der unter den in Betracht zu ziehenden Umständen möglich ist, langfristig unterkritisch zu halten und
  3. den Reaktor bei ATWS auf der Sicherheitsebene 4a zum ungünstigsten Zykluszeitpunkt, ausgehend von Volllast Xenongleichgewicht, in den unterkritischen Zustand zu überführen und dort dauerhaft zu halten.

(2) Für Einwirkungen von außen gelten die Anforderungen der Sicherheitsebene 3. Bei Notstandsfällen sind die Abschaltsysteme so auszulegen, dass sie wirksam bleiben.

(3) Für die sicherheitstechnische Funktion nach 3.1 (1) a) sind zwei voneinander unabhängige und verschiedenartige Systeme vorzusehen:

  1. Ein Schnellabschaltsystem, das für sich allein in der Lage ist, den Reaktor aus den Zuständen der Sicherheitsebenen 1 bis 3 hinreichend schnell unterkritisch zu machen und hinreichend lange unterkritisch zu halten.

    Hinweis:

    Die erforderliche Schnelligkeit der Abschaltung und die erforderliche Dauer der Unterkritikalität ergeben sich aus Ereignisablaufanalysen (z.B. Störfallanalysen).

  2. Ein weiteres Abschaltsystem, das für sich allein in der Lage ist, den Reaktor aus allen Zuständen der Sicherheitsebenen 1 und 2 und bei Ereignisabläufen der Sicherheitsebene 3 heraus, die keine schnellen Reaktivitätsänderungen erfordern, unterkritisch zu machen und langfristig zu halten.

    Hinweis:

    Diese allgemeine Anforderung an das Vorhandensein zweier Abschaltsysteme antizipiert nicht, dass das Schnellabschaltsystem auf Sicherheitsebene 3 nicht zur Verfügung steht.

3.2 Schnellabschaltsystem

(1) Das Schnellabschaltsystem ist Bestandteil des Sicherheitssystems.

(2) Die reaktivitätsbindenden Stellglieder sind neutronenabsorbierende Steuerelemente.

Hinweis:

Beim Siedewasserreaktor ist das hydraulische Antriebssystem Bestandteil des Schnellabschaltsystems.

3.3 Weiteres Abschaltsystem

(1) Das weitere Abschaltsystem verwendet beim DWR als reaktivitätsbindende Stellmittel im Kühlmittel lösliche Borverbindungen und beim SWR die Steuerelemente mit einem zum Schnellabschaltsystem diversitären elektromechanischen Antrieb.

(2) Das weitere Abschaltsystem muss in der Lage sein, den Reaktor aus allen Zuständen der Sicherheitsebenen 1 und 2 heraus, die keine schnellen Reaktivitätsänderungen erfordern, sowie bei Ereignissen mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems (ATWS, Sicherheitsebene 4a), unterkritisch zu machen und langfristig unterkritisch zu halten.

Hinweise:

(1) Beim DWR werden für diese Funktion alternativ oder zusammen auch mehrere Boreinspeisesysteme herangezogen.

(2) Das beim SWR vorhandene Boriersystem ergänzt das weitere Abschaltsystem. Die Anforderungen an die Abschaltreaktivität dieses Systems sind in KTA 3101.2, Abschnitt 6.3.2 festgelegt.

(3) Lässt sich die sicherheitstechnische Funktion nach 3.1 (1) b) nach Eintreten von Ereignissen der Sicherheitsebene 3 nicht allein durch das Schnellabschaltsystem erfüllen, so sind die zu deren Erfüllung vorgesehenen Systeme Bestandteil des Sicherheitssystems. Der Zeitpunkt ihres Einsatzes sowie die Entscheidung, ob ihr Einsatz von Hand eingeleitet werden kann oder automatisch eingeleitet werden muss, sind aufgrund der Ereignisablaufanalysen unter Berücksichtigung der Wirksamkeit des Schnellabschaltsystems festzulegen.

4 Auslegung

4.1 Übergeordnete Anforderungen

(1) Abschaltsysteme sind so auszulegen, dass sie ihre Funktion sicher ausführen. Sie sind reparatur-, prüf-, und wartungs-freundlich aufzubauen. Sie sind so zu gestalten, dass Bedienung, Wartung und Reparatur sowie wiederkehrende Prüfungen unter möglichst geringer Strahlenbelastung des Personals erfolgen können.

(2) Das Schnellabschaltsystem muss auch bei Auftreten eines Einzelfehlers, zum Beispiel Versagen des reaktivitätswirksamsten Steuerelements, seine unter 3.1 (1) a) beschriebene sicherheitstechnische Funktion erfüllen.

(3) Die Abschaltsysteme, die Teil des Sicherheitssystems sind, müssen in ihrer Gesamtheit in der Lage sein, den Reaktor auch bei Auftreten eines Einzelfehlers beliebig lange unterkritisch zu halten.

(4) Die Abschaltsysteme können ganz oder teilweise zur betrieblichen Steuerung herangezogen werden. In diesem Fall ist sicherzustellen, dass für die sicherheitstechnischen Anforderungen jederzeit eine ausreichende Wirksamkeitsreserve vorhanden ist und dass die sicherheitstechnischen Anforderungen Vorrang vor den betrieblichen Anforderungen haben. Es muss sichergestellt sein, dass eine Funktion der betrieblichen Steuerung oder ein Fehler im System zur Steuerung die sicherheits-technische Funktion der Abschaltsysteme nicht beeinträchtigen kann.

4.2 Steuerelemente und Steuerelementantriebe

4.2.1 Allgemeine Anforderungen

(1) Die aus den Sicherheitsebenen 1 bis 3, beim ATWS (Sicherheitsebene 4a) sowie Einwirkungen von außen folgenden Anforderungen an

  1. Fahrweg,
  2. Fahrgeschwindigkeit,
  3. Abschaltzeit und
  4. Zahl der Fahrschritte

hängen vom jeweiligen Reaktor ab und müssen für die mechanische Auslegung vorliegen.

(2) Die Bauteile werden in folgende Gruppen eingeteilt:

  1. druckführende Wandung der Steuerelementantriebe,
  2. druckführende Teile der Antriebsmediensysteme,
  3. druckführende Teile innerhalb der druckführenden Umschließung (Siedewasserreaktor),
  4. Bauteile des Antriebs,
  5. Strukturteile des Steuerelements und
  6. Absorberstäbe.
Hinweis:

Beim SWR kann der Absorber in die Strukturteile integriert sein.

(3) Die Anforderungen an die Auslegung der Komponenten (2) a) bis d) werden in den Abschnitten 4.2.2.1 bis 4.2.2.4 behandelt. Die Konstruktion der Bestandteile des Schnellabschaltsystems ist darüber hinaus so vorzunehmen, dass bei ihrem Zusammenwirken mit angrenzenden Bauteilen anderer Komponenten die sicherheitstechnische Aufgabe der Steuerelemente und Steuerelementantriebe nach Abschnitt 3 im Anforderungsfall erfüllt wird.

(4) Für die Bauteile des Schnellabschaltsystems ist auf Basis der Nominalgeometrien und deren Toleranzen sowie unter Berücksichtigung der Nominalgeometrien der anderen angrenzenden Bauteile und deren Toleranzen ein freier Steuerelementweg bei Betriebstemperatur für die Sicherheitsebene 1 bis 3, einschließlich Einwirkungen von außen, nachzuweisen.

Hinweis:

Die Anforderung in (4) ist eine Auslegungsanforderung, mit der gewährleistet werden soll, dass ein ausreichender Spielraum für den Gängigkeitsnachweis vorhanden ist. Zusätzlich wird im nachfolgenden Absatz (5) der Nachweis der Gängigkeit unter Betriebsbedingungen gefordert.

(5) Für den Betrieb ist eine ausreichende Gängigkeit der Steuerelemente unter Berücksichtigung des Zustands der angrenzenden Bauteile nachzuweisen. Lässt sich ein Steuerelement nicht oder nur schwergängig verfahren oder werden verzögerte Einfall- bzw. Einschusszeiten festgestellt, ist der Sachverhalt unverzüglich sicherheitstechnisch zu bewerten. Ist die Einhaltung der spezifizierten Grenzwerte für den Reaktorkern nicht mehr sichergestellt, ist die Anlage in den Zustand unterkritisch kalt abzufahren.

Hinweis:

Zu den spezifizierten Grenzwerten für den Reaktorkern gehören u. a. die erforderliche Abschaltreaktivität sowie die für die Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 und 3 erforderlichen Reaktivitätsraten.

(6) Die mechanische Auslegung der Bauteilgruppen gemäß (2) e) und f) muss den Anforderungen nach KTA 3101.3, Anhang B genügen.

4.2.2 Auslegung der Komponenten

Hinweis:

In den nachfolgend verwiesenen Regeln KTA 3201.1 bis 3201.4 sowie KTA 3211.1 bis 3211.4 werden teilweise gemäß dem Anwendungsbereich dieser KTA-Regeln Rohrleitungen kleiner als DN 50 ausgeschlossen. In der Praxis wird entsprechend der für den jeweiligen Bereich anzuwendenden Spezifikationen (z.B. Konvoispezifikation K1, K2) vorgegangen.

4.2.2.1 Druckführende Wandung der Steuerelementantriebe

(1) Die Teile der druckführenden Wandung der Steuerelementantriebe umfassen Druckgehäuse, Dichtungsgehäuse und Magnetschaltergehäuse (Siedewasserreaktor), Druckrohr und Druckrohrverschluss (Druckwasserreaktor).

Hinweis:

Die oben aufgeführten Komponenten sind Teile der druckführenden Umschließung. Siehe KTA 3201.1.

(2) Für Werkstoffe, Auslegung, Konstruktion und Berechnung sowie Anforderungen an die Herstellung, Prüfbarkeit und Betriebsüberwachung gelten die Festlegungen in KTA 3201.1 bis KTA 3201.4.

4.2.2.2 Druckführende Teile der Antriebsmediensysteme des Siedewasserreaktors

Zu den druckführenden Teilen der Antriebsmediensysteme des Siedewasserreaktors gehören Druckbehälter, Armaturen und Rohrleitungen. Für Werkstoffe, Auslegung, Konstruktion und Berechnung sowie Anforderungen an die Herstellung, Prüfbarkeit und Betriebsüberwachung gelten die Festlegungen in KTA 3211.1 bis KTA 3211.4.

4.2.2.3. Druckführende Teile innerhalb der druckführenden Umschließung (Siedewasserreaktor)

(1) Die Analyse des mechanischen Verhaltens der druckführenden Teile des Siedewasserreaktor-Steuerelementantriebs (Hohlkolben, Drosselbuchse und Abdeckbuchse) ist nach KTA 3204 durchzuführen.

(2) Für die verwendeten Werkstoffe ist die Eignung unter Berücksichtigung der im Einsatz zu erwartenden chemischen, mechanischen, thermischen und strahlungsbedingten Belastungen nachzuweisen.

4.2.2.4 Bauteile des Antriebs

(1) Die ausreichende Festigkeit der Bauteile des Antriebs muss durch rechnerische oder experimentelle Untersuchungen nachgewiesen werden. Wenn die Funktionsfähigkeit und der Verschleiß für diese Teile dimensionsbestimmend sind, ist deren Nachweis im Rahmen einer experimentellen Typprüfung zulässig.

(2) Wird eine rechnerische Analyse des mechanischen Verhaltens der Bauteile des Antriebs durchgeführt, so sind die in KTA 3204 angegebenen Beanspruchungsgrenzen zugrunde zu legen.

(3) Für die verwendeten Werkstoffe ist die Eignung unter Berücksichtigung der im Einsatz zu erwartenden chemischen, mechanischen, thermischen und strahlungsbedingten Belastungen nachzuweisen.

4.2.2.5 Absorbermaterial und Material der Strukturteile

(1) Das Absorbermaterial und das Material der Strukturteile müssen hinsichtlich ihrer mechanischen, chemischen und neutronenphysikalischen Eigenschaften geeignet für den Einsatz unter Reaktorbedingungen sein.

(2) Die Wirksamkeit des Absorbermaterials ist unter Berücksichtigung des Ausbrands unter Reaktorbedingungen nachzuweisen. Der Nachweis darf geführt werden durch

  1. Zugrundelegung eines abdeckenden Werts für den Absorberausbrand oder
  2. rechnerische Berücksichtigung des Absorberausbrands unter Zugrundelegung der tatsächlichen Einsatzbedingungen.

(3) Für die verwendeten Werkstoffe ist die Eignung unter Berücksichtigung der im Einsatz zu erwartenden chemischen, mechanischen, thermischen und strahlungsbedingten Belastungen nachzuweisen.

4.2.3 Instrumentierung der Steuerelemente

(1) Für jedes Steuerelement sind eine Stellungsanzeige und eine Endlagenerfassung vorzusehen.

(2) Beim Siedewasserreaktor sind Geber am Steuerelementantrieb, die zur Erkennung der Trennung des Steuerelements vom Antrieb dienen, zweifach auszuführen.

(3) Die Energieversorgung für die Anzeigen ist zu überwachen. Der Ausfall ist zu signalisieren. Die erforderliche Energie ist durch eine unterbrechungslose Notstromversorgung bereitzustellen. Diese Energieversorgung ist durch Anzeigen und durch Gefahrenmeldung bei Ausfall zu überwachen.

(4) Wird die Instrumentierung für Schutz- und Zustandsbegrenzungen herangezogen, so muss sie den Anforderungen nach KTA 3501 genügen.

4.3 Verfahrenstechnische Systeme

4.3.1 Allgemeines

Verfahrenstechnische Systeme der Abschaltsysteme sind:

  1. der hydraulische Antrieb des Schnellabschaltsystems beim Siedewasserreaktor
  2. Boreinspeisesysteme als Bestandteil des Sicherheitssystems beim Druckwasserreaktor.
Hinweis:

Das beim SWR vorhandene ergänzende Boriersystem wird in diesem Abschnitt nicht behandelt, weil es nicht Bestandteil des Sicherheitssystems ist.

4.3.2 Einzelfehlerkonzept

Es gelten die in den SiAnf 3.1 (6) bis (8) beschriebenen Anforderungen sowie die Anforderungen in SiAnf, Anhang 4.

4.3.3 Anordnung und Anlagenkonstruktion

Gegen zu betrachtende störfallbedingte Belastungen, wie Reaktions-, Strahl- und Geschosskräfte, Überflutung und Brand, Erschütterung und Druckwelle sowie veränderte Umgebungsbedingungen, zum Beispiel Feuchtigkeit, Druck, Temperatur, Strahlung sind soweit erforderlich Maßnahmen vorzusehen, zum Beispiel

  1. räumlich getrennte Anordnung der Redundanten,
  2. konstruktive Maßnahmen (Ausschlagsicherungen, Abdeckungen, Verstärkungen, Stoßbremsen),
  3. bauliche Maßnahmen (Abkammerungen, Wände, erhöhte Fundamente) oder
  4. eine entsprechende Auslegung der Komponenten.

4.3.4 Funktionsbereitschaft

(1) Zur Sicherstellung der Funktionsbereitschaft sollen bei Funktionsauslösung wenige aktive Schalthandlungen erforderlich sein, zum Beispiel sollen Armaturen in Bereitschattsstellung stehen. Die Systeme sollen so ausgelegt sein, dass eine Funktionsprüfung aller Komponenten der Systeme durchführbar ist.

(2) Die Systeme dürfen für betriebliche oder andere als hier spezifizierte sicherheitstechnische Zwecke verwendet werden, wenn hierbei sichergestellt ist, dass

  1. betriebliche Steuerungsbefehle die Wirksamkeit der Sicherheitsfunktion nicht beeinträchtigen,
  2. sich hierbei kein bestimmender Einfluss auf die Verfügbarkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit der Systeme ergibt.

(3) Überwacht werden muss

  1. beim Druckwasserreaktor:
    der Füllstand in den Borsäurebehältern, die Borsäurekonzentration und die Armaturenstellung der Boreinspeisesysteme sowie bei Bedarf (z.B. bei Ergänzung von Bor) der B10-Gehalt,
  2. beim Siedewasserreaktor:
    der Füllstand und Druck in den Abschalttanks, die Armaturenstellung und bei Abschalttanks mit Innenbehälter die Feuchte.

(4) Aus der Messeinrichtung zur Funktionsüberwachung ist eine Gefahrenmeldung der Klasse I nach KTA 1501 abzuleiten. Die Messeinrichtung zur Funktionsüberwachung muss prüfbar sein.

(5) Beim Druckwasserreaktor muss sichergestellt sein, dass das Auskristallisieren von Bor verhindert wird. Die Bestimmung der Borkonzentration einschließlich des B10-Gehalts muss nach Probenahme im Kontrollbereich des Kraftwerks möglich sein.

4.3.5 Borsäurevorrat und Einspeiserate der Boreinspeisesysteme beim Druckwasserreaktor

Die aus den Betriebs- und Störfallbedingungen folgenden Anforderungen an die Wirksamkeit des Boriersystems bestimmen

  1. den Borsäurevorrat und
  2. die Einspeiserate

der Boreinspeisesysteme. Dabei sind die Borsäurekonzentration und der B10-Gehalt zu berücksichtigen. Die Anforderungen an den Borsäurevorrat und die Einspeiserate sind anlagenspezifisch zu bestimmen.

4.3.6 Energiebereitstellung der Antriebsmediensysteme beim Siedewasserreaktor

(1) Der Energievorrat muss ausreichen, um bei den ungünstigsten Ausgangsbedingungen der Steuerelemente diese so schnell einschießen zu können, dass der Reaktor aus den Sicherheitsebenen 1 und 2 sowie bei allen Ereignissen der Sicherheitsebene 3 in einer aus der Sicherheitsanalyse begründeten Zeit unterkritisch gemacht werden kann.

(2) Als ungünstigste Ausgangsbedingungen für die Antriebsmediensysteme sind anzunehmen:

  1. alle Steuerelemente sind voll ausgefahren,
  2. unterer und oberer Grenzwert des Wasservolumens und die unteren Grenzwerte des Gasdrucks.

5 Funktionssicherheit

5.1 Allgemeines

(1) Die Funktionssicherheit ist für Abschaltsysteme, die zum Sicherheitssystem gehören, zu beurteilen

  1. bei nicht betriebsbewährten Systemen, zum Beispiel bei Neuentwicklungen,
  2. bei wesentlichen Änderungen betriebsbewährter Systeme,
  3. zur Abschätzung der zulässigen Reparaturzeiten an deren Komponenten.

(2) Bei der Beurteilung der Funktionssicherheit sind

  1. die Funktionszuverlässigkeit der Abschaltsysteme insgesamt mit der Funktionszuverlässigkeit bereits ausgeführter Systeme gleicher oder ähnlicher Bauart und Betriebsweise zu vergleichen,
  2. Abweichungen in der geplanten Detailausführung von betriebsbewährten Systemen zu bewerten,
  3. Folgen des unterstellten Versagens einzelner Komponenten zu analysieren.

(3) Die Funktionssicherheit ist zu beurteilen aufgrund von

  1. Aufbau und Funktion,
  2. Eignungsprüfung am Prototyp und
  3. betrieblicher Bewährung.

5.2 Aufbau und Funktion

(1) Zur Beurteilung von Aufbau und Funktion sind Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgeht, inwieweit die vorgesehenen Systeme denen entsprechen oder von denen abweichen, für die Prototyperprobungen oder Betriebserfahrungen vorliegen.

(2) Die Unterlagen müssen Angaben enthalten über

  1. Fahrgeschwindigkeit,
  2. Einfall- oder Einschießzeit,
  3. Förderleistung des Boreinspeisesystems,
  4. Anzahl der Anforderungen (Schutzanregungen, Fahrschritte, Fahrfolge),
  5. Wirksamkeit des Absorbers,
  6. Aufbau des Systems (Schemata, Schaltbilder) und
  7. konstruktive Lösungen (Übersichtszeichnungen). Sie müssen ferner enthalten
  8. Beschreibung der mechanischen Komponenten und
  9. Beschreibung der elektrischen Geräte.

5.3 Eignungsprüfung am Prototyp

Bei neu konzipierten Abschaltsystemen sind Eignungsprüfungen am Prototyp erforderlich. Dabei sind, soweit zutreffend, zu untersuchen:

  1. Einfluss von Druck und Temperatur,
  2. Strömungsverhältnisse im Reaktordruckbehälter,
  3. hydraulische Auslegung, zum Beispiel dynamische Auslegung des Schnellabschaltsystems des Siedewasserreaktors und Pumpen der Boreinspeisesysteme,
  4. Wasserqualität (korrosive Bestandteile, Schmutz),
  5. Einfluss von Toleranzen und Versatz,
  6. Lebensdauer-Prüfprogramm entsprechend der Auslegung oder den nach dem Regelkonzept zu erwartenden Fahrschritten und der Fahrfolge,
  7. Einfluss von Störungen, zum Beispiel von Kühlung oder Spülung,
  8. Ausfall oder Fehlfunktion elektrotechnischer Komponenten,
  9. Auswirkungen von Störungen in der Leittechnik und
  10. Erprobung von Montagevorgängen einschließlich der Werkzeuge, wie zum Beispiel Kuppeln und Entkuppeln von Steuerelementen und Steuerelementantrieb sowie Ein- und Ausbau von Steuerelementantrieben.
Hinweis:

Die Zuverlässigkeitsanalyse kann die Eignungsprüfung am Prototyp einer geänderten oder neuen Ausführung ergänzen oder einzelne Untersuchungen ersetzen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn das System aus Komponenten aufgebaut ist, deren Einzelzuverlässigkeit und Zusammenwirken beurteilbar ist, zum Beispiel bei Kreisläufen und Kreislaufabschnitten von Boreinspeisesystemen.

5.4 Betriebliche Bewährung

Für die Beurteilung der Funktionssicherheit eines vorgesehenen Abschaltsystems vor seiner baulichen Ausführung sind Betriebserfahrungen mit gleichen oder ähnlichen Abschaltsystemen heranzuziehen.

6 Prüfungen

6.1 Begleitende Prüfung im Rahmen der Herstellung und Inbetriebnahme

(1) Die nachfolgenden Regelungen beziehen sich auf

  1. Steuerelemente und
  2. Steuerelementantriebe mit Ausnahme der druckführenden Wandung.
Hinweis:

Die Anforderungen an die begleitende Prüfung im Rahmen der Herstellung und Inbetriebnahme werden behandelt:

  1. für die druckführenden Wandungen der Antriebe sowie der Antriebsmediensysteme des SWR in KTA 3201.1 und 3201.3,
  2. für die Boriersysteme und für das Schnellabschaltsystem des SWR in KTA 3211.1 und 3211.3.

In den genannten Regeln sind Rohrleitungen kleiner als DN 50 ausgeschlossen. In der Praxis wird entsprechend der für den jeweiligen Bereich anzuwendenden Spezifikationen (z.B. Konvoispezifikation K1, K2) vorgegangen.

6.1.1 Allgemeines

Hinweis:

Unter dem Begriff "Begleitende Prüfung" werden die Tätigkeiten verstanden, die sich mit der Prüfung sowohl einzelner Komponenten der Abschaltsysteme als auch vollständiger Systeme befassen.

(1) Während der begleitenden Prüfung ist festzustellen, ob die betrachtete Komponente oder das System den gestellten Anforderungen genügt. Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind in Berichten, Bescheinigungen oder Zeugnissen niederzulegen. Der gesamte Prüfumfang wird in folgende Prüftätigkeiten unterteilt:

  1. Vorprüfung,
  2. Werkstoff-, Bau- und Druckprüfung,
  3. Abnahme- und Funktionsprüfung und deren Dokumentation.

(2) Sämtliche im Folgenden genannte Prüfungen sind durch Bescheinigungen über die Werkstoffprüfung oder durch Prüfberichte oder durch Einzelprotokolle zu belegen. Darin sind Prüfanforderungen, Prüfverfahren, Prüfergebnisse, Prüfumfang und die prüfende Person oder Institution anzugeben.

6.1.2 Vorprüfung

(1) In der Vorprüfung muss untersucht werden, ob die Komponente oder das System entsprechend den spezifizierten Anforderungen konstruiert und dimensioniert ist.

(2) Zur Vorprüfung gehören:

  1. die rechnerische Überprüfung aller für die Sicherheit wichtigen Bauteile (ersatzweise experimenteller Nachweis),
  2. die Überprüfung, ob jeweils geeignete Werkstoffe vorgesehen wurden,
  3. die Überprüfung der Eignung der vorgesehenen Schweiß-verfahren und der Zusatzstoffe,
  4. die Kontrolle, ob die vorgesehenen Fertigungsprüfungen den spezifizierten entsprechen und ausreichen,
  5. die Kontrolle, ob die vorgesehene Konstruktion die notwendigen Prüfungen gestattet,
  6. die Prüfung der Maßnahmen gegen unbeabsichtigtes Lösen von Verbindungselementen,
  7. die Prüfung der Instrumentierung und deren Stromlaufpläne und
  8. die Prüfung, ob der Hersteller die für die anstehenden Arbeiten notwendige Qualifikation nachgewiesen hat.

(3) Die einzelnen Schritte bei Fertigung und Prüfung sind detailliert in zeitlicher Folge in Fertigungs- und Prüffolgeplänen unter Angabe des Verantwortlichen zu erfassen und zu prüfen.

6.1.3 Werkstoffprüfungen an Erzeugnisformen

(1) Prüfungen und Abnahme der Werkstoffe erfolgen nach einem Werkstoffprüfplan, der Angaben wie Probenlage, Prüfverfahren und Prüfumfang enthält. Im Prüfplan sind die für die Prüfung Verantwortlichen zu benennen.

(2) Mechanisch-technologische und zerstörungsfreie Prüfungen sind nach der letzten Wärmebehandlung durchzuführen oder zu ergänzen. Ultraschallprüfungen sollen im konturenarmen Zustand vorgenommen werden.

(3) Die erforderlichen Prüfungen sind in Tabelle 6-1 zusammengestellt.

6.1.4 Bauprüfungen

(1) Bauprüfungen bestehen in einer Kontrolle, ob die Ausführungen der Komponenten und Systeme den vorgeprüften Unterlagen entsprechen.

(2) Voraussetzung für die Durchführung von Bauprüfungen ist die Erfüllung folgender Forderungen:

  1. Die Hersteller müssen über Einrichtungen und fachkundiges Personal verfügen, um die Werkstoffe und Komponenten einwandfrei verarbeiten und die notwendigen Prüfungen durchführen zu können.
  2. Die Qualitätssicherungssysteme der Hersteller müssen den Anforderungen nach KTA 1401 entsprechen.

(3) Die Erfüllung der Voraussetzungen nach (2) ist dem zu-gezogenen Sachverständigen nachzuweisen. Dieser ist berechtigt, sich von der Einhaltung der Voraussetzungen im Zuge der Fertigung zu überzeugen.

(4) Ferner ist zu prüfen, ob die im Prüfplan nach 6.1.3 genannten Werkstoffe verwendet und die dort geforderten Nachweise erbracht werden.

6.1.5 Abnahmeprüfungen

Es ist eine Abnahmeprüfung erforderlich. Diese muss vor der Inbetriebnahme durchgeführt sein. Sie erstreckt sich auf die richtige Bemessung, ordnungsgemäße Ausführung und auf ordnungsgemäße Anschlüsse der Komponenten.

6.1.6 Funktionsprüfungen

6.1.6.1 Allgemeines

Zu den Funktionsprüfungen zählen sowohl die serienmäßig im Prüfstand vorgesehenen Untersuchungen als auch Inbetriebnahmeversuche auf der Anlage. Art und Umfang dieser Prüfungen sind in Programmen zu spezifizieren.

6.1.6.2. Funktionsprüfungen auf dem Prüfstand

(1) Die Funktionsprüfungen auf dem Prüfstand müssen sich erstrecken auf:

  1. Nachweis der spezifizierten Fahrgeschwindigkeit von Antrieben und der Laufeigenschatten,
  2. Nachweis der spezifizierten Einfall- oder Einschießzeit,
  3. Nachweis der spezifizierten Öffnungs- und Schließzeit von Armaturen und
  4. Nachweis sicherheitstechnisch wichtiger Funktionen.

(2) Die einem Serientest unterzogenen Komponenten oder Baugruppen sind nach den Tests zu überprüfen.

6.1.6.3 Funktionsprüfungen bei der Inbetriebnahme

(1) Während der Inbetriebnahme sind die Funktion und das Zusammenspiel der Komponenten der Abschaltsysteme zu erproben. Dabei muss nachgewiesen werden, dass die im bestimmungsgemäßen Betrieb auftretenden Anforderungen erfüllt werden. Der Nachweis, dass die bei Ereignissen der Sicherheitsebene 3 auftretenden Anforderungen erfüllt werden, ist - sofern nicht auf andere Weise nachgewiesen - gleichfalls zu erbringen.

(2) Art und Umfang der Funktionsprüfungen sind in Inbetriebsetzungsprogrammen zusammenzufassen. Folgende Prüfungen sind erforderlich:

  1. Nachweis der spezifizierten Einfall- oder Einschießzeiten und Fahrzeiten sowie die Kontrolle der Laufeigenschaften,
  2. Nachweis der spezifizierten Öffnungs- und Schließzeiten von Armaturen sowie deren Totzeiten und
  3. Überprüfung des Allgemeinzustands, z.B. Einbauzustand der Armaturen, Verankerungen, Halterungen, Isolierungen, Messstellen, Messleitungen, Leckfreiheit und Dichtheit des Systems und Ölleckage.

6.2 Wiederkehrende Prüfungen

(1) Die nachfolgenden Regelungen beziehen sich auf

  1. Steuerelemente,
  2. Steuerelementantriebe mit Ausnahme der druckführenden Wandungen der Antriebe und
  3. Boriersysteme mit Ausnahme der Druckprüfung.
Hinweis:

Die Anforderungen an wiederkehrende Prüfungen werden behandelt:

  1. für die druckführenden Wandungen der Antriebe sowie der Antriebsmediensysteme des SWR in KTA 3201.4,
  2. für die Druckprüfung der Boriersysteme und für das Schnellabschaltsystem des DWR in KTA 3211.4.

6.2.1 Allgemeines

Für jede Anlage ist ein Prüfplan für wiederkehrende Prüfungen zu erstellen, in dem Art und Umfang der Prüfungen, Prüfverfahren, Prüfzyklen und die Form der Dokumentation der Prüfungen anzugeben sind.

6.2.2 Prüfungen der Funktion der Abschaltsysteme

6.2.2.1 Prüfungen während des Leistungsbetriebs

(1) Die Steuerelemente sind einzeln oder in Gruppen innerhalb regelmäßiger Zeitabstände entsprechend Prüfplan in Ein- und Ausfahrrichtung zu verfahren. Steuerelementbewegungen sind über die Stellungsanzeige oder eine andere Einrichtung nachzuweisen.

Hinweis:

Ausreichend sind ca. 10 cm Fahrweg beim DWR und ca. 3 cm Fahrweg beim SWR.

(2) Im DWR und SW R sind die Funktionsbereitschaft der Boreinspeisesysteme, insbesondere die Borsäurekonzentration und der Füllstand, in regelmäßigen Zeitabständen entsprechend Prüfplan zu überprüfen. Der Bor-10 Gehalt ist bei Bedarf (z.B. bei Ergänzung von Bor) zu überprüfen.

(3) Beim Siedewasserreaktor sind wenigstens einmal pro Zyklus alle sicherheitstechnisch wichtigen Zeiten, wie Einschießzeit der Steuerelemente, Ventilöffnungs- und -schließzeiten, einschließlich der Totzeiten der Systeme unter Betriebsbedingungen zu messen. Dies darf auch im leistungslosen Zustand erfolgen.

(4) Beim Druckwasserreaktor sind vor jedem Brennelementwechsel und nach dem Verschließen des Reaktordruckbehälters vor Aufnahme des Leistungsbetriebs die Einfallzeiten aller Steuerelemente unter Betriebsbedingungen zu ermitteln. Dies darf auch im leistungslosen Zustand erfolgen.

(5) Falls eine Instrumentierung zur Messung der Zeiten nach (3) und (4) oder der Abweichungen vom Sollwert auch bei un-beabsichtigten Schnellabschaltungen vorhanden ist, können Ergebnisse dieser Messungen bei den wiederkehrenden Prüfungen verwendet werden.

6.2.2.2 Prüfungen während des Stillstands

(1) Sicherheitstechnisch wichtige Zeiten und Funktionsabläufe müssen gemäß Prüfplan geprüft werden, soweit diese Prüfungen nicht während des Betriebs durchgeführt werden.

Hinweis:

Hierzu gehören zum Beispiel Ventilöffnungszeiten, Öffnungsbedingungen von eigenmedium-vorgesteuerten Ventilen, Zeitverzögerungen, Fördermenge und Förderhöhen.

(2) Steuerelementantriebe und Steuerelemente sowie für den Siedewasserreaktor die aktiven Komponenten für die Energiebereitstellung sind zu inspizieren. Die aktiven Komponenten für die Energiebereitstellung, zum Beispiel Schnellabschaltventile und Steuerelementventile, sind dabei im zerlegten Zustand zu inspizieren.

(3) Die Anzahl der zu inspizierenden Einheiten ist so festzulegen, dass die Prüfbefunde gemeinsam mit betrieblichen Aufzeichnungen eine repräsentative Aussage über alle vorhandenen Einheiten geben. Die Auswahl der zu prüfenden Einheiten richtet sich nach den betrieblichen Belastungen, zum Beispiel Lastspiele. Bauteile für sicherheitstechnisch wichtige Funktionen sind zu kontrollieren. Eine Inspektion darf entfallen, wenn ein Ausfall von Bauteilen keine sicherheitstechnischen Konsequenzen hat.

(4) Die Überprüfung des Allgemeinzustandes erfolgt durch Besichtigung des Systems.

Hinweis:

Dies betrifft zum Beispiel den Einbauzustand von Armaturen, Verankerungen, Halterungen, Isolierungen, Messstellen, Messleitungen, Leckfreiheit oder Dichtheit des Systems und Ölleckage.

(5) Beim SWR ist nach vollständiger Beladung einer Steuerstabzelle mit den Brennelementen der Zielbeladung oder nach vollständiger Kernbeladung die Funktionsweise der Steuerelemente und der Steuerelementantriebe durch vollständiges Ein- und Ausfahren zu überprüfen (FUP).

Hinweis:

Die ebenfalls beim Beladen ggf. durchgeführten Abschaltsicherheitstests (AST) werden in der KTA 3107 behandelt.

Tabelle 6-1: Werkstoffprüfungen an Erzeugnisformen

PrüfungKomponenten/Erzeugnisform
Druckbeanspruchte Bauteile, die zur druckführenden Umschließung gehörenSteuerelementantriebSteuerelementBehälter
Rohrleitungen
Armaturen
Pumpen
Kühlmediumberührte tragende BauteileKühlmedium-berührte nicht tragende Bauteile
Schrauben, Muttern, StifteRohre, Bleche, BänderStäbe und Schmiedeteile
Schmelzanalyseentsprechend den Anforderungen nach KTA 3201.1xxxxentsprechend den Anforderungen aus den jeweiligen Genehmigungsverfahrenentsprechend den Anforderungen an Hilfs- und Nebensysteme sowie Anforderungen aus KTA 3211.1
Härteprüfung 1xxx-
Zugversuch bei Raumtemperaturxxx-
Zugversuch bei Auslegungstemperaturxxx-
Kerbschlagbiegeversuchxx 2x 2-
Metallographie 3xxx-
Werkstoffverwechslungxxx-
Wärmebehandlungsnachweisxxxx
Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion 4xxxx
Technologische Prüfung-xx-
Druckprüfung----
Oberflächenbesichtigung und Maßkontrolle 5 6xxx-
Ultraschallprüfung an Erzeugnisformen-x 7x 7-
Magnet. Eigenschaften--x-
1) nicht bei austenitischen Werkstoffen

2) nur bei Rohrwanddicken größer als 12 mm, Blechdicken größer als 10 mm oder Durchmessern größer als 20 mm

3) 8-Ferrit-Gehalt bei Austenit, Korngröße, Gefügeaufnahme

4) bei ferritischem Chromstahl: Nachweis der Rostbeständigkeit

5) bei geschmiedeten Erzeugnisformen, z.B. Farbeindringprüfungen

6) am Fertigprodukt

7) bei Rohrwanddicken größer als 5,6 mm, Blechdicken größer als 10 mm oder Stabdurchmessern größer als 30 mm oder Schmiedeteilvergleichsquerschnitten größer als 30 mm.

.

Bestimmungen, auf die in dieser Regel verwiesen wirdAnhang A

(Die Verweise beziehen sich nur auf die in diesem Anhang angegebene Fassung. Darin enthaltene Zitate von Bestimmungen beziehen sich jeweils auf die Fassung, die vorlag, als die verweisende Bestimmung aufgestellt oder ausgegeben wurde.)

AtGGesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz - AtG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl.1 S. 1565), das zuletzt durch Artikel 307 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl.12015, Nr. 35, S. 1474) geändert worden ist
StrlSchVVerordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV)) vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 1714; 2002 I S. 1459), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 11. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2010)geändert worden ist
Druckgeräterichtlinie (DGRL)Richtlinie 2014/68/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Druckgeräten auf dem Markt
SiAnf(2015-03)Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2015 (BAnz AT 30.03.2015 B2)
Interpretationen zu den SiAnf(2015-03)Interpretationen zu den "Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke" vom 22. November 2012, geändert am 3. März 2015 (BAnz AT 30.03.2015 B3)
KTA 1401(2013-11)Allgemeine Forderungen an die Qualitätssicherung
KTA 3101.2(2012-11)Auslegung der Reaktorkerne von Druck- und Siedewasserreaktoren; Teil 2: Neutronenphysikalische Anforderungen an Auslegung und Betrieb des Reaktorkerns und der angrenzenden Systeme
KTA 3107(2014-11)Anforderungen an die Kritikalitätssicherheit beim Brennelementwechsel
KTA 3201.1(1998-06)Komponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren, Teil 1: Werkstoffe und Erzeugnisformen
KTA 3201.2(2013-11)Komponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren, Teil 2: Auslegung, Konstruktion und Berechnung
KTA 3201.3(2007-11)Komponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren, Teil 3: Herstellung
KTA 3201.4(2010-11)Komponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren, Teil 4: Wiederkehrende Prüfungen und Betriebsüberwachung
KTA 3204(2008-11)Reaktordruckbehälter-Einbauten
KTA 3211.1(2015-11)Druck- und aktivitätsführende Komponenten von Systemen außerhalb des Primärkreises; Teil 1: Werkstoffe
KTA 3211.2(2013-11)Druck- und aktivitätsführende Komponenten von Systemen außerhalb des Primärkreises; Teil 2: Auslegung, Konstruktion und Berechnung
KTA 3211.3(2012-11)Druck- und aktivitätsführende Komponenten von Systemen außerhalb des Primärkreises; Teil 3: Herstellung
KTA 3211.4(2013-11)Druck- und aktivitätsführende Komponenten von Systemen außerhalb des Primärkreises; Teil 4: Wiederkehrende Prüfungen und Betriebsüberwachung
KTA 3301(2015-11)Nachwärmeabfuhrsysteme von Leichtwasserreaktoren
KTA 3501(2015-11)Reaktorschutzsystem und Überwachungseinrichtungen des Sicherheitssystems
KTA 3504(2006-11)Elektrische Antriebe des Sicherheitssystems in Kernkraftwerken

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Bekanntmachung von sicherheitstechnischen Regeln des Kerntechnischen Ausschusses vom 4. Dezember 2015 (BAnz AT 08.01.2016 B4)

Gemäß § 7 Absatz 6 der Bekanntmachung über die Neufassung der Bekanntmachung über die Bildung eines Kerntechnischen Ausschusses vom 26. November 2012 (BAnz AT 10.12.2012 B2) gebe ich nachstehend die vom Kerntechnischen Ausschuss am 10. November 2015 beschlossenen Regeln (Regeländerungen)

KTA 1408.1 Qualitätssicherung von Schweißzusätzen und -hilfsstoffen für druck- und aktivitätsführende Komponenten in Kernkraftwerken;
Teil 1: Eignungsprüfung

KTA 1408.2 Qualitätssicherung von Schweißzusätzen und -hilfsstoffen für druck- und aktivitätsführende Komponenten in Kernkraftwerken;
Teil 2: Herstellung

KTA 1408.3 Qualitätssicherung von Schweißzusätzen und -hilfsstoffen für druck- und aktivitätsführende Komponenten in Kernkraftwerken;
Teil 3: Verarbeitung

KTA 1504 Überwachung der Ableitung radioaktiver Stoffe mit Wasser

KTA 2101.1 Brandschutz in Kernkraftwerken;
Teil 1: Grundsätze des Brandschutzes

KTA 2101.2 Brandschutz in Kernkraftwerken;
Teil 2: Brandschutz an baulichen Anlagen

KTA 2101.3 Brandschutz in Kernkraftwerken;
Teil 3: Brandschutz an maschinen- und elektrotechnischen Anlagen

KTA 2103 Explosionsschutz in Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren
(allgemeine und fallbezogene Anforderungen)

KTA 2201.5 Auslegung von Kernkraftwerken gegen seismische Einwirkungen;
Teil 5: Seismische Instrumentierung

KTA 2201.6 Auslegung von Kernkraftwerken gegen seismische Einwirkungen;
Teil 6: Maßnahmen nach Erdbeben

KTA 3101.3 Auslegung der Reaktorkerne von Druck- und Siedewasserreaktoren;
Teil 3: Mechanische und thermische Auslegung

KTA 3103 Abschaltsysteme von Leichtwasserreaktoren

KTA 3205.2 Komponentenstützkonstruktionen mit nichtintegralen Anschlüssen;
Teil 2: Komponentenstützkonstruktionen mit nichtintegralen Anschlüssen für druck- und aktivitätsführende Komponenten in Systemen außerhalb des Primärkreises

KTA 3211.1 Druck- und aktivitätsführende Komponenten von Systemen außerhalb des Primärkreises;
Teil 1: Werkstoffe

KTA 3301 Nachwärmeabfuhrsysteme von Leichtwasserreaktoren

KTA 3303 Wärmeabfuhrsysteme für Brennelementlagerbecken von Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren

KTA 3501 Reaktorschutzsystem und Überwachungseinrichtungen des Sicherheitssystems

KTA 3503 Typprüfung von elektrischen Baugruppen der Sicherheitsleittechnik

KTA 3505 Typprüfung von Messwertgebern und Messumformern der Sicherheitsleittechnik

in der Fassung 2015-11 bekannt (Anlage).

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