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LASI-Veröffentlichung (LV) 28 - Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
(10/06/2002)
Vorwort
Die gegenwärtige Arbeitswelt ist von einem Strukturwandel geprägt, der für eine Vielzahl von Beschäftigten erhebliche Veränderungen im Hinblick auf Arbeitszeit (Nacht- und Schichtarbeit, Arbeit an Wochenenden, Flexibilisierung), Arbeitsorganisation (Gruppenarbeit, Telearbeit, Scheinselbständigkeit) und Belastungen am Arbeitsplatz mit sich bringt.
Während in der Vergangenheit die Probleme des Arbeitsschutzes primär im Bereich der Unfallgefährdung und der physischen Belastungen (Lärm, Hitze/Kälte, Gefahrstoffe usw.) lagen, tritt heute und in der Zukunft die Gefährdung von Beschäftigten durch psychische Belastungen am Arbeitsplatz immer stärker in den Vordergrund.
Dies bedeutet aber auch, dass die im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätigen Institutionen und Personen sich intensiver mit den "neuen" Belastungen (z.B. Burnout-Syndrom, Mobbing usw.) auseinandersetzen müssen.
Die schleppende Umsetzung in der Praxis zeigt, dass die Problemschwerpunkte unter anderem im Mangel geeigneter Instrumente für die Aufsichtsbehörden zu sehen sind, mit denen psychische Belastungen analysiert und bewertet werden können.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder haben daher den Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) beauftragt, ein Konzept zu erstellen, das geeignete Instrumente für die Beurteilung psychischer Belastungen anhand konkreter betrieblicher Situationen beschreibt und Methoden aufzeigt, mit denen Aufsichtsbehörden in das Betriebsgeschehen eingreifen können.
Dieses Konzept liegt jetzt vor und wird durch die Aufnahme in die Reihe der LASI-Veröffentlichungen einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt.
Es wird in Kürze durch einen Handlungsleitfaden für die staatlichen Arbeitsschutzbehörden ergänzt.
1 Einleitung und Zielstellung
In der heutigen Arbeitswelt treten psychische Belastungsfaktoren wie Angst vor Arbeitsplatzverlust, hoher Termindruck, Zunahme der Arbeitsintensität und des Anforderungsdruckes, Informationsmangel oder -überflutung, Kommunikations- und Kooperationsbarrieren, mangelnde Qualifizierungsmöglichkeiten und Erfahrungsaustausch oder zu wenig Handlungsspielraum in den Vordergrund. Bis zu 50 % der Beschäftigten in Deutschland fühlen sich durch Faktoren wie hohe Verantwortung und Zeitdruck, große Arbeitsmenge, große Genauigkeit oder ständige Aufmerksamkeit und Konzentration belastet /1/ /2/. Untersuchungen auf europäischer Ebene bestätigen diesen Trend: Mehr als 50% der Beschäftigten in Europa sehen sich hohem Arbeitstempo bzw. ständig wiederholten Bewegungen ausgesetzt /3/.
Die Reaktionen auf psychische Fehlbelastungen sind vielfältig. Kopfschmerzen, Erschöpfung, Lustlosigkeit, "Ausgebrannt-sein" oder Schlafstörungen sind weit verbreitete Folgen. 28% der Beschäftigten in Europa geben arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme infolge von Stress an. Die dritte Erhebung der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zeigt einen direkten Zusammenhang zwischen diesen gesundheitlichen Problemen und schwierigen Arbeitsbedingungen auf und nennt eine hohe Arbeitsintensität und repetitive Arbeitsabläufe als Hauptursachen /4/. Des weiteren sind psychische Fehlbelastungen an der Entstehung psychosomatischer Erkrankungen beteiligt und können Volkskrankheiten, wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Magen-Darm-Geschwüre begünstigen /5/.
Dies wirkt sich auch auf die Leistungsfähigkeit der Betriebe aus. Daneben werden die sozialen Sicherungssysteme, insbesondere durch die Kosten arbeitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und der Heilbehandlung, belastet. Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2000 kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland 7% aller Frühinvaliditätsfälle und 6% aller Arbeitsunfähigkeitstage durch psychische Fehlbelastungen verursacht sind /6/. Die gesamten Folgekosten psychischer Fehlbelastungen werden auf ca. 70 Mrd. E geschätzt /7/.
Die staatlichen Arbeitsschutzbehörden müssen sich den Herausforderungen stellen, die durch die oben genannten Veränderungen in der Arbeitswelt entstehen. Es gilt daher, wirksame Handlungsstrategien für den Umgang mit dem Thema "Psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz" zu entwickeln, um gesunde und persönlichbildende Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu fördern.
Damit kommt der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) auch einem Auftrag der 77. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) nach. In den vorliegenden Ausführungen werden die Handlungsgrundlagen und Handlungsfelder der staatlichen Arbeitsschutzverwaltungen auf dem Gebiet arbeitsbedingter psychischer Belastungen skizziert. Handlungsgrundlagen sind ein gemeinsames Grundverständnis über das Themenfeld "Psychische Belastungen" (Kap. 3), dessen arbeitsschutzrechtliche Einordnung (Kap. 2) sowie Handlungsansätze bei der Ermittlung und Reduzierung psychischer Fehlbelastungen (Kap. 4 und 5). Die Handlungsfelder der Aufsichtsbehörden werden in Kap. 6 beschrieben. Auf die einzelnen Aktivitäten (Informieren, Beraten, Überwachen etc.) wird ebenso eingegangen wie auf das Zusammenwirken der Arbeitsschutzverwaltung mit anderen Arbeitsschutzakteuren auf diesem Feld. Schließlich werden Strategien der Kompetenzentwicklung ausgeführt, damit die Akteure der Arbeitsschutzverwaltung diese Anforderungen erfüllen können.
Ziel ist es außerdem, für die staatliche Arbeitsschutzverwaltung praktikable Vorgehensweisen und Methoden aufzuzeigen, mit deren Hilfe psychische Fehlbelastungen ermittelt und beurteilt und geeignete Maßnahmen der Prävention abgeleitet werden können. In Fortführung dieses Positionspapiers wird ein Handlungsleitfaden für die staatlichen Arbeitsschutzbehörden erstellt. Dieser kann die Basis für konkrete Umsetzungskonzepte der Länder sein.
2 Rechtliche Einordnung
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits 1946 Gesundheit als einen
"Zustand des vollkommenen körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheiten und Gebrechen"
definiert. Weiterentwickelt wurde der Gesundheitsbegriff in der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation von 1988: Gesundheit als Fähigkeit des Individuums, die eigenen Gesundheitspotentiale auszuschöpfen und auf die Herausforderungen der Umwelt zu reagieren. Auf diesem Verständnis von Gesundheit baut u. a. die Richtlinie des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit auf.
Mit dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 07.08.1996 wurde der aus dem europäischen Recht (EG-Recht) resultierende, umfassende Arbeitsschutzansatz auf der Grundlage dieses Gesundheitsverständnisses in deutsches Recht umgesetzt. Es versteht Maßnahmen des Arbeitsschutzes als
"Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit" (§ 2 ArbSchG)
und verpflichtet den Arbeitgeber, diese
"Maßnahmen ... mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen" (§ 4 Nr. 4 ArbSchG).
Ein solches ganzheitliches Arbeitsschutzverständnis mit dem Zielkriterium der menschengerechten Gestaltung der Arbeit bezieht in jedem Fall psychische Fehlbelastungen und deren Ursachen in die Gesamtbetrachtung ein.
Welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes konkret erforderlich sind, hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln (§ 5 Abs. 1 ArbSchG). Er hat dabei zu berücksichtigen, dass sich eine Gefährdung nicht nur durch die "klassischen" Unfall- und Gesundheitsgefahren ergeben kann, sondern auch durch Faktoren wie
4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten" (§ 5 Abs. 3 ArbSchG).
Zumindest mittelbar haben all diese Faktoren einen Einfluss auf die psychische Belastungssituation am Arbeitsplatz.
Der Arbeitgeber hat schließlich die auf dieser Grundlage getroffenen Maßnahmen
"... auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen" (§ 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG).
Der gesamte betriebliche Prozess ist somit auf eine andauernde und dynamische Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgerichtet.
Das Arbeitsschutzgesetz fordert mit seinem systematischen, auf Nachhaltigkeit angelegten Ansatz darüber hinaus, eine geeignete betriebliche Organisationsstruktur aufzubauen (§ 3 Abs. 2 ArbSchG). Hierdurch sollen die vom Arbeitgeber formulierten Ziele zum Arbeitsschutz einschließlich des Aspektes "Psychische Fehlbelastungen" wirksam in die Tat umgesetzt werden.
Präventiv können nicht nur auf der Ebene des betrieblichen Arbeitsschutzes, sondern bereits bei der sicherheitstechnischen und ergonomischen Gestaltung einer Maschine oder eines Gerätes psychische Fehlbelastungen vermieden werden. Dem trägt das EG-Recht mit seiner ganzheitlichen Zielsetzung von Arbeitsschutz in der Maschinenrichtlinie (89/392/EWG) Rechnung. Mit dem Fokus auf Hersteller und Importeure fordert die Maschinenverordnung 1 i. V. m. Anhang I der Maschinenrichtlinie in einem ihrer Grundsätze für die Integration der Sicherheit bei Entwicklung und Bau von Maschinen, dass
"bei bestimmungsgemäßer Verwendung (... ) Belästigung, Ermüdung und psychische Belastung (Stress) des Bedienungspersonals unter Berücksichtigung der ergonomischen Prinzipien auf das mögliche Mindestmaß reduziert werden (müssen)".
Von den Rechtsverordnungen zur Durchführung des Arbeitsschutzgesetzes enthält die Bildschirmarbeitsverordnung explizit den Terminus "psychische Belastungen" als Kriterium bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Der Arbeitgeber hat danach
"bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (... ) bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher Probleme und psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen" (§ 3 BildscharbV).
Daneben wirken Verordnungen wie die Lastenhandhabungsverordnung, die Arbeitsmittelbenutzungsverordnung, die PSA-Benutzungsverordnung 2 und die Arbeitsstättenverordnung mit ihren Regelungen etwa zur Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsumgebungsbedingungen (Lärm, Klima, Beleuchtung, Ergonomie etc.) sowie das Arbeitszeitgesetz mit seinen Regelungen zur werktäglichen Arbeitszeit, zu Ruhezeiten, zur Nacht- und Schichtarbeit usw. wiederum mittelbar auf die Reduzierung psychischer Fehlbelastungen hin.
3 Arbeitsbedingte psychische Belastungen
3.1 Belastungskonzepte und Belastungsquellen
Der Begriff "Psychische Belastung" ist in der DIN EN ISO 10075-1: 2000 definiert /8/. "Psychische Belastungen" sind demnach die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Im Arbeitsprozess können dies Anforderungen aus der Arbeitsaufgabe, den organisatorischen, sozialen und physikalischen Arbeitsbedingungen sein (siehe Tabelle 3.1). Der Ausdruck "psychisch" bezieht sich dabei auf kognitive, informationsverarbeitende und emotionale Vorgänge im Menschen. Der Belastungsbegriff wird in dieser Definition wertneutral verwendet. Belastungen in diesem Sinne sind, anders als im umgangsprachlichen Gebrauch, nicht grundsätzlich negativ. Sie können eine Herausforderung und Ansporn für den Beschäftigen sein oder zu Arbeitsunzufriedenheit, Überforderung, Befindlichkeitsstörungen und Krankheit führen. Psychische Belastungen wirken sich nicht bei allen Menschen gleich aus. Personelle Faktoren wie Fähigkeiten, Leistungsvermögen und Motivation, und situative Bedingungen wie Autonomie und soziale Unterstützung beeinflussen die resultierende Arbeitsbeanspruchung. Die Wirkung psychischer Belastung und die Bedeutung individueller und situativer Voraussetzungen wird ebenfalls in der DIN EN ISO 10075-1: 2000 /8/ definiert: Die "psychische Beanspruchung" ist die zeitlich unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien.
Das Arbeitsschutzgesetz fordert nun, dass sämtliche Gefährdungen und Belastungen, die die Gesundheit negativ beeinflussen, zu ermitteln und Maßnahmen zu ihrer Verhütung umzusetzen sind (Kap. 2). Daher kommt den psychischen Fehlbelastungen eine besondere Bedeutung für den Arbeitsschutz zu. Mit "psychischen Fehlbelastungen" sind Anforderungen und Belastungen gemeint, die in ihrer Ausprägung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bei Beschäftigten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
In der Diskussion um "Psychische Fehlbelastungen und Fehlbeanspruchung" wird auch häufig der Begriff "Stress" genannt. Stress oder Stressreaktion sind psychische Fehlbeanspruchungen infolge einer Überforderungssituation. Der Beschäftigte sieht sich vor Anforderungen gestellt, die - jedenfalls seiner Bewertung nach - seine Leistungsmöglichkeiten übersteigen. Stress hat aber neben den individuellen Bewertungsmustern und Bewältigungsstrategien des Beschäftigten auch objektive Auslösefaktoren /9/ /10/. Stress auslösende Faktoren werden als "Stressoren" bezeichnet und ergeben sich am Arbeitsplatz - ebenso wie die psychischen Fehlbelastungen - aus der Arbeitsaufgabe und -organisation sowie der sozialen und physikalischen Umgebung. Die Begriffe Stressoren und Stressreaktion können den Begriffen (Fehl-)Belastung und (Fehl-)Beanspruchung in weiten Teilen untergeordnet werden /11/.
Tabelle 3.1: Einflussfaktoren psychischer Belastung und Merkmale /12, S. 329/
Einflussfaktoren | Merkmale |
Arbeitsaufgabe und organisatorischer Rahmen | |
Arbeitstätigkeit |
|
Arbeitsablauf |
|
Qualifikation Verhaltensanforderungen Arbeitszeit |
|
Flexibilisierung, z.B. Telearbeit, Leiharbeit, befristete Beschäftigung, Projektarbeit |
|
soziale Beziehungen | |
Betriebsklima |
|
Personalmanagement |
|
Einflüsse durch Faktoren der Arbeitsumwelt | |
Psychische Belastung z.B. Lärm, Kälte, Hitze, elektrische Gefährdungen und mögliche Kombinationen |
3.2 Folgen psychischer Fehlbelastungen
Psychische Fehlbelastungen können für die Betroffenen sowohl zu kurzfristigen als auch zu mittel- bis langfristigen negativen Folgen führen. Beispiele kurzzeitiger beeinträchtigender Effekte von psychischer Fehlbelastung sind psychische Ermüdung und psychische Sättigung /13/. Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates oder Störungen des Immunsystems zeichnen sich häufig durch eine multifaktorielle Ätiologie aus. Belastungen im sozialen Umfeld, Lebensstilfaktoren, Umweltfaktoren, Belastungen durch außerberufliche Aktivitäten und dispositionelle Faktoren wirken dabei mit Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz, z.B. langfristgen psychischen Fehlbelastungen, zusammen. Einen Überblick über negative individuelle Folgen gibt die Tabelle 3.2.
Durch psychische Fehlbelastungen im Arbeitsprozess entstehende Befindensbeeinträchtigungen und Erkrankungen haben nicht nur negative Folgen für den Beschäftigten, sondern führen zu Arbeitsausfällen in beträchtlichem Umfang und stellen somit auch ein betriebliches und volkswirtschaftliches Problem dar. Am Ende der Tabelle 3.2 werden Konsequenzen psychischer Fehlbelastung aufgelistet, die betriebliche Leistungsziele beeinträchtigen bzw. in Frage stellen.
Da den genannten psychischen Belastungsfolgen unterschiedliche Fehlbelastungen vorausgehen (Überforderung, Unterforderung etc.), müssen zu deren Beseitigung bzw. Prävention ganz gezielt adäquate Maßnahmen eingesetzt werden. Es ist also wichtig, die vorliegende Art der Fehlbelastung zu ermitteln (Kap. 4).
Tabelle 3.2: Negative Folgen psychischer Belastung (nach /14/)
(- :steigt, nimmt zu / ↓ : sinkt, nimmt ab)
Kurzfristige, aktuelle Reaktionen | mittel- bis langfristige, chronische Reaktionen | |
Körperlich |
|
|
Psychisch |
| |
Leistungsmäßig |
| |
Verhaltensmäßig |
| |
Wirtschaftlich (im Unternehmen) |
|
|
4 Ermittlung psychischer Fehlbelastungen
4.1 Ermittlung und Beurteilung der Arbeitsbedingungen
In der betrieblichen Praxis werden psychische Fehlbelastungen bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen häufig ausgeblendet. Gründe hierfür liegen unter anderem in mangelndem Problembewusstsein. Hinzu kommen Qualifizierungsdefizite bei den betrieblichen Akteuren und Schwierigkeiten bei der Auswahl und Anwendung geeigneter Verfahren für die Ermittlung, Beurteilung und Gestaltung psychisch beeinträchtigender und förderlicher Arbeitsbedingungen. Derlei Defiziten und Berührungsängsten gilt es zu begegnen (Kap. 6).
Eine sorgfältige Ermittlung der Arbeitsbedingungen und eine Beurteilung im Hinblick auf psychische Fehlbelastungen ist der geeignete Weg, um auf einer fundierten Entscheidungsgrundlage die gebotenen Arbeitsschutzmaßnahmen zu treffen. Für den Erfolg eines solchen betrieblichen Prozesses ist es wichtig, dass er als Regelkreis angelegt und unter aktiver Einbeziehung der Beschäftigten durchgeführt wird (Abb. 4.1).
Abb. 4.1: Prozess der Ermittlung und Beurteilung der Arbeitsbedingungen
In der Praxis steht eine Vielzahl von arbeitswissenschaftlichen und psychologischen Verfahren zur Verfügung, wobei die Anforderungen an das Vorwissen und die Kompetenz der Anwender jeweils ganz unterschiedlich sind. Einige Verfahren haben die Ermittlung psychischer Arbeitsbelastungen zum Ziel, andere die beanspruchenden Wirkungen der Belastungen. In Anhang 1 findet sich ein Überblick über die gebräuchlichen Untersuchungsansätze und deren Unterschiede.
Für die Ermittlung und Beurteilung psychischer Belastungen gibt es keinen "Königsweg". Die Verfahrensauswahl hängt maßgeblich von der Zielstellung der Beurteilung ab. Unter Umständen kann die Untersuchung verschiedener Belastungsaspekte und der Einsatz mehrerer Verfahren erforderlich sein 3. Dabei erweist sich die Kombination aus expertenorientierten ("objektiven") und betroffenenorientierten ("subjektiven") Verfahren als besonders zielführend (Anhang 1).
4.2 Stufenkonzept zur Ermittlung psychischer Belastungen
Psychische Belastungen treten an jedem Arbeitsplatz auf. Da Art und Ausprägung der psychischen Belastungen sehr unterschiedlich sein können, ist es sinnvoll, die Ermittlung und Beurteilung in mehreren Stufen durchzuführen und den Handlungsbedarf entsprechend zu spezifizieren. Im Folgenden wird von einem 3-Stufen-Konzept ausgegangen (Tabelle 4.1), das Strategien der Belastungsermittlung danach unterscheidet, wie umfangreich und in die Tiefe gehend Daten zur (Fehl-)Belastung erhoben werden. Mehrstufige Konzepte, die sich im arbeitswissenschaftlichen Bereich zusehends etablieren (/12/, /15/, /16/), zielen auf Erhebungsökonomie ebenso ab wie auf fundierte Gefährdungsermittlung im Einzelfall.
In der ersten Stufe sollten zur Orientierung die psychischen Belastungen im gesamten Betrieb untersucht werden, um die Verbreitung bestimmter Belastungsmerkmale zu erkennen und kritische Arbeitsbereiche und Arbeitsplätze zu identifizieren. Dazu können im Betrieb vorhandene Daten, die Hinweise auf Fehlbelastungen geben können (z.B. Krankenstand, Fluktuation, Arbeitsunfälle), ausgewertet werden. Erste Einschätzungen der Arbeitsbedingungen lassen sich auch aufgrund von Untersuchungen mit ursachenorientierten Erhebungsinstrumenten gewinnen (z.B. grobe Rasteranalysen oder Mitarbeiterbefragungen). Die vorhandenen Daten und gewonnenen Untersuchungsergebnisse sollten Arbeitsbereichen und/oder bestimmten Belastungsfaktoren zugeordnet, bewertet und auf dieser Basis festgestellt werden, ob Handlungsbedarf in Bezug auf Arbeitsschutzmaßnahmen besteht. Falls Ursachen für psychische Fehlbelastung bereits auf dieser Ermittlungsstufe erkennbar sind, sind geeignete Maßnahmen abzuleiten, durchzuführen und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Die Ergebnisse der Ermittlung und Wirksamkeitskontrolle sind zu dokumentieren sowie bei Veränderungen im Arbeitssystem zu aktualisieren.
Anderenfalls bzw. ergänzend hierzu ist es in der Regel erforderlich, den Prozess in einer zweiten Stufe zu durchlaufen. Diese unterscheidet sich von der ersten Stufe dadurch, dass bei der Ermittlung und Beurteilung die Ursachen psychischer Fehlbelastungen stärker im Vordergrund stehen. Diese können beispielsweise durch Arbeitsanalyseverfahren in ausgewählten Arbeitsbereichen, moderierte Gruppen- oder auch Einzelgespräche erhoben werden. Das weitere Prozedere entspricht dem der ersten Stufe, d.h., die gewonnenen Erkenntnisse sind zu bewerten, es ist festzustellen, ob (weiterer) Handlungsbedarf besteht etc.
Sofern im Rahmen der Ermittlung und Beurteilung auch auf der zweiten Stufe die Belastungsursachen noch nicht hinreichend erkannt werden können, ist der Prozess in den entsprechenden Arbeitsbereichen ggf. in einer dritten Stufe durch Feinanalyse (d.h. eine detaillierte Ursachenanalyse) der Belastungsfaktoren zu vertiefen. Diese kann und sollte jedoch nur durch arbeitspsychologisch geschulte Akteure vorgenommen werden.
Tabelle 4.1: Mehrstufiges Vorgehen bei der Beurteilung psychischer (Fehl-)Belastungen und Gefährdungen
Ebene | Ziel | Prozesselemente |
1. Stufe Orientierung, Grobanalyse im Gesamtbetrieb | Kritische Arbeits- bereiche und/ oder Belastungsschwerpunkte identifizieren | Ermitteln (I) der Belastungssituation durch:
Beurteilen (d.h. feststellen),
Festlegen, Durchführen und Überprüfen von Arbeitsschutzmaßnahmen |
2. Stufe Arbeitsbereichs- oder belastungsspezifische Analyse | Ursachenanalyse zur Ableitung konkreter arbeitsbereichs- und belastungsspezifischer Maßnahmen | Ermitteln (II) psychischer Belastungen durch weiterführende Verfahren z.B.
Beurteilen (d.h. feststellen),
Festlegen usw. (s.o.) |
3. Stufe Feinanalyse | Detaillierte Ursachenanalyse | Ermitteln (III) psychischer Belastung durch Feinanalyse (psychologische und arbeitswissenschaftliche Analyseverfahren)
Beurteilen des Handlungsbedarfs für AS-Maßnahmen Festlegen usw. (s.o.) |
5 Maßnahmen der Prävention
5.1 Zielkriterien menschengerechter Arbeitsgestaltung
Arbeit sollte durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes so gestaltet werden, dass Menschen ihre Tätigkeiten ohne gesundheitliche Schädigung oder Gefährdung ausüben können. In der Arbeitswissenschaft werden folgende Zielkriterien menschengerechter Arbeitsgestaltung definiert /17/: Die Arbeit sollte "ausführbar" und "schädigungslos" sein; dies sind Bewertungsebenen, die bereits für die "klassischen" Arbeitsgestaltungsmaßnahmen gelten. Darüber hinaus ist anzustreben, dass Beschäftigte frei von Befindlichkeitsbeeinträchtigungen arbeiten können und die im Laufe des Lebens erworbenen, veränderbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen und weiterentwickeln können. Arbeit ist somit entsprechend arbeitswissenschaftlicher Bewertungs- und Gestaltungskriterien "beeinträchtigungsfrei" bzw. beanspruchungsoptimiert und "lernförderlich" zu gestalten. Als weiteres Kriterium menschengerechter Arbeit gilt schließlich die "Sozialverträglichkeit" von Arbeitsplätzen oder Arbeitssystemen.
5.2 Ansatzpunkte zur Optimierung der Arbeitsbedingungen
Maßnahmen der menschengerechten Arbeitsgestaltung vereinen zwei Perspektiven: Zum einen sollen Fehlbelastungen vermieden oder vermindert, zum anderen gesundheitsförderliche Ressourcen aufgebaut oder gefördert werden. Sie können institutionell und somit an einer Veränderung der Verhältnisse ansetzen, aber auch individuell auf eine Verhaltensänderung bei den Mitarbeitern gerichtet sein (Tab. 5.1).
Tabelle 5.1: Verhältnis- und verhaltensorientierte Ansatzpunkte zur Belastungsoptimierung und Gesundheitsförderung /19/
Ansatzpunkte der Gestaltung | Institutionell (verhältnisorientiert) | Individiuell (verhaltensorientiert) |
belastungsorientiert (Vermeiden bzw. Beseitigen gesundheitsgefährdender Arbeitsbedingungen und Belastungen) | Optimierung von Arbeitsbelastungen:
| Optimierung von personellen Bedingungen /Leistungsvoraussetzungen:
|
ressourcenorientiert (Schaffen bzw. Erhalten gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen und Kompetenzen) | Aufbau von (äußeren/Unternehmens-) Ressourcen:
| Aufbau von (inneren/persönlichen) Ressourcen:
|
Dabei haben verhältnispräventive Maßnahmen (Rangfolge der Maßnahmen gemäß ArbSchG: technisch-organisatorisch-personenbezogen) Vorrang vor verhaltenspräventiven Maßnahmen; dies kommt in den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsschutzgesetzes (§ 4 ArbSchG) klar zum Ausdruck. Verhaltenspräventive Maßnahmen (z.B. Stressbewältigungsprogramme) zur Steigerung der persönlichen Ressourcen sollten nicht als isolierte Maßnahmen eingesetzt werden. Maßgebliche Veränderungen im Arbeitssystem sind durch Informationen, Schulungen und Unterweisungen zu begleiten.
Mit dieser erweiterten belastungs- und ressourcenorientierten Perspektive wird das herkömmliche Spektrum von Arbeitsschutzmaßnahmen maßgeblich verbreitert. Die Ansatzpunkte institutioneller und individueller Intervention müssen bei der Aufgabenübertragung an die Führungskräfte und besonderen Funktionsträger berücksichtigt werden. Auch gilt es, bei der Durchführung betrieblicher Maßnahmen, wie z.B. der Beschaffung von Arbeitsmitteln, Neuplanung und Veränderung von Arbeitsplätzen und bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung, die Vermeidung psychischer Fehlbelastungen als Teilziel zu definieren und in das Handeln zu integrieren.
5.3 Wirksamkeitskontrolle
Werden im Betrieb Maßnahmen zur Reduzierung von Fehlbelastungen durchgeführt, muss - im Sinne einer Qualitätskontrolle - überprüft werden, ob diese tatsächlich zielführend waren. Die regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen und die kontinuierliche Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten gehören zu den Pflichten des Arbeitgebers (§ 3 ArbSchG). Der Prozess und die Ergebnisse müssen dokumentiert werden.
6 Handlungsfelder der staatlichen Arbeitsschutzverwaltungen (ASV'en)
Im Folgenden werden die Handlungsfelder der staatlichen ASV'en skizziert. Die Handlungsanlässe (6.1) werden ebenso beschrieben wie die Aktivitäten der ASV'en auf betrieblicher Ebene (6.2). Sie reichen vom Erkennen psychischer Gefährdungsfaktoren über die Beratung der betrieblichen Akteure bis hin zur Überwachung betrieblicher Maßnahmen. Die Kooperation der ASV'en auf Länderebene und die Zusammenarbeit mit anderen überbetrieblichen Arbeitsschutz-Institutionen stellen wichtige Voraussetzungen dar für die Bewältigung dieser Aufgaben (6.3). Von zentraler Bedeutung ist darüber hinaus, dass die Mitarbeiter der ASV'en für diese Aufgaben mit der entsprechenden Wissens- und Handlungskompetenz ausgestattet werden (6.4). Im zu erstellenden Handlungsleitfaden werden die hier nur angerissenen Aufgaben detailliert und handlungsbezogen beschrieben.
6.1 Anlässe für das Handeln der ASV'en
Konkreter Handlungsbedarf in Betrieben oder auf überbetrieblicher Ebene kann sich für die ASV'en aus verschiedenen Anlässen ergeben. Neben dem allgemeinen Überwachungs- und Beratungsauftrag, sind hier konkrete Anfragen, Eingaben, Petitionen oder Beschwerden über Stress, Überstunden, Zeitdruck, Mobbing etc. zu nennen. Diese können auf betrieblicher Ebene von Beschäftigten, Betriebs-/Personalräten und Arbeitgebern geäußert, als auch auf überbetrieblicher Ebene von gesellschaftlichen Gruppen oder Institutionen, wie Gewerkschaften, Arbeitgeber-Verbänden, Krankenkassen, Kammern etc. an die ASV herangetragen werden. In diesen Fällen reagieren die ASV'en mit ihrer Arbeit vorwiegend auf Veranlassung von außen.
Handlungsbedarf kann sich andererseits dadurch ergeben, dass die Mitarbeiter der ASV'en aufgrund eigener Erfahrungen ein betriebliches Problem oder einen (z.B. branchenspezifischen) Problemschwerpunkt psychischer Fehlbelastung am Arbeitsplatz durch Indikatoren wie hohen Krankenstand, hohes Unfallaufkommen, hohe Beschäftigten-Fluktuation, Klagen über gesundheitliche Beschwerden, geringe Leistungsbereitschaft, hohen Überstundenanfall, Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz o.ä. erkennen. In diesem Zusammenhang können beispielsweise einer gut dokumentierten Gefährdungsbeurteilung aufschlussreiche Informationen entnommen werden. Auch die gezielte Erhebung des betrieblichen Ist-Zustandes durch eigene Anwendung von Untersuchungsinstrumenten (z.B. SIGMA 4, 5, ASCA-Modul "Psychische Belastung" 6, SPA-S 7), kann den ASV'en die notwendigen Informationen zur Identifizierung von Problemschwerpunkten liefern. Die ASV'en werden somit auf eigene Veranlassung tätig und agieren.
6.2 Handlungsfelder Aktivitäten der ASV'en
Probleme erkennen:
Ein Aufgabenfeld der staatlichen ASV'en ist es, Arbeitsschutzprobleme oder Indikatoren für psychische Fehlbelastungen zu erkennen. Eine solche Sensorfunktion wahrzunehmen, ist Voraussetzung, um der Rolle als Initiatoren von Problemlösungen sowie der als Moderatoren und Koordinatoren beim Zusammenwirken der Arbeitsschutzakteure gerecht werden zu können. Das Erkennen derartiger Probleme und die hierfür erforderliche fachliche Kompetenz (6.3) auf dem Gebiet der psychischen Belastungen ist gleichzeitig notwendig, um die Aufgabenfelder Informieren, Beraten und Überwachen qualifiziert wahrnehmen zu können. Dazu können die ASV'en auch selber in Stichproben oder Schwerpunktaktionen Arbeitsbedingungen ermitteln und beurteilen.
Um Fehlbelastungen erkennen und ermitteln zu können, benötigen die ASV'en qualitätserprobte Instrumente - sowohl auf der Screening-Ebene als auch auf der Ebene einer ursachenorientierten Belastungsanalyse (vgl. 4.2). Einzelne Länder verfügen bereits über Verfahren (z.B. Hessen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg). Generell ist zu fordern, dass Instrumente zur Ermittlung psychischer Belastungsfaktoren Mindestqualitätskriterien (Objektivität, Zuverlässigkeit, Validität, Messempfindlichkeit und diagnostische Aussagekraft, Generalisierbarkeit, Gebrauchstauglichkeit usw.) erfüllen. Sinnvoll erscheint eine Qualitätssicherung von Erhebungsinstrumenten auf nationaler Ebene 8, wonach Verfahrens-Entwickler nachzuweisen hätten, dass die entsprechenden Qualitätskriterien erfüllt wurden. Dies würde Betrieben und Arbeitsschutzverwaltungen den Zugang zu geeigneten Instrumenten erleichtern.
Informieren:
Psychische Belastungen werden bislang in den meisten Betrieben bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen ausgeblendet (4.1). Zu den vordringlichen Aufgaben der staatlichen ASV'en gehört, dass sie durch ihre Arbeit in den Betrieben und auf überbetrieblicher Ebene dazu beitragen, ein Bewusstsein für die durch psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz verursachten Gesundheitsbeeinträchtigungen und die Folgen für Beschäftigte, Unternehmen und den Staat entwickeln zu helfen. Es ist wichtig, die Akteure durch zuverlässige Informationen für das Thema zu sensibilisieren und ihnen die Scheu zu nehmen bzw. sie zu ermutigen, sich im betrieblichen Alltag damit auseinander zu setzen.
Neben grundlegendem Wissen über psychische Belastungsfaktoren, deren Folgen und mögliche Abhilfemaßnahmen können zu diesem Zweck z.B. Lösungskonzepte für die Prozessgestaltung im Betrieb sowie geeignete Instrumente für die Ermittlung und Beurteilung (einschließlich Auswahlkriterien) vermittelt werden. Die Informationen und Handlungshilfen müssen dabei so aufbereitet sein, dass sie sich in den Betrieben sinnvoll auf die dortigen Verhältnisse übertragen und in konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen umsetzen lassen. Nur dann sind sie bei betrieblichen Problemlösungen hilfreich und fördern die Motivation der Akteure.
Informieren können die ASV'en aber auch im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu bieten sich z.B. Informationsveranstaltungen auf überbetrieblicher Ebene an (6.4.2).
Beraten:
Arbeitgeber haben ein Recht auf Beratung - auch im Themenfeld psychische Belastungen. Dies legt der gesetzliche Beratungsauftrag des § 21 Abs. 1 ArbSchG fest. Die ASV kann diese Aufgabe im Grundsatz bereits mit der Weitergabe grundlegender Informationen erfüllen.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich mit zunehmender Sensibilisierung der Akteure ein immer größerer Bedarf an Beratung entwickeln wird, der sich am betrieblichen Einzelfall orientiert. Die ASV'en motivieren und unterstützen die betrieblichen Akteure auch im Rahmen von Einzelfallberatungen darin, die negativen Folgen von psychischen Fehlbelastungen zu verdeutlichen und Möglichkeiten der Prävention bzw. zum Abbau von Fehlbelastungen aufzuzeigen. Im Vordergrund der Beratung muss dabei stehen, betriebliche Probleme durch psychische Fehlbelastungen erkennen und eine eigene Problemlösekompetenz entwickeln zu helfen ("Hilfe zur Selbsthilfe"). Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, muss sie - wie generell im betrieblichen Arbeitsschutz - auf die Entwicklung einer systematischen Vorgehensweise ausgerichtet sein.
Im Vordergrund der Beratung sollten Antworten auf folgende Fragen stehen:
Was die Umsetzungsmöglichkeiten von belastungsreduzierenden Maßnahmen und deren Wirksamkeit anbelangt, ist generell eine größere Transparenz wünschenswert. Für den Informationstransfer und Beratungsauftrag der ASV'en würde die zentrale Sammlung und Dokumentation von praxiserprobten Interventionen (models of good practice) und entsprechenden Forschungsergebnissen ein geeignetes Hilfsmittel darstellen, die Betriebe bei ihrem Bemühen zu unterstützen, adäquate Strategien der Belastungsoptimierung auszuwählen und umzusetzen. Daher ist anzuregen, dass auf nationaler Ebene praxiserprobte Interventionen systematisiert und allseits verfügbar gemacht werden. Verschiedene Datenquellen können hierfür ausgewertet werden und in diese Dokumentation einfließen (Forschungsdokumentation von Evaluationsstudien, Gesundheitsberichte der Länder und der Krankenkassen etc.).
Überwachen:
Die ASV'en werden im Rahmen ihres gesetzlichen Überwachungsauftrages tätig, inwieweit das betriebliche Arbeitsschutzsystem funktioniert und die Beteiligten ihrer jeweiligen Verantwortung gerecht werden. Es geht darum, Schwachstellen und ihre Ursachen aufzuspüren, zu beseitigen und nachhaltige Veränderungen einzuleiten.
Die ASV'en überprüfen in Bezug auf "psychische Belastungen",
In einzelnen Fällen setzen die Mitarbeiter der ASV'en selbst ein Instrument zur Beurteilung der psychischen Belastungen im Betrieb ein, um sich einen Überblick zu verschaffen bzw. um das Ergebnis einer vom Betrieb durchgeführten Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen.
Stellen sie dabei Defizite fest, zeigen sie Ansätze zur Problemlösung auf und wirken auf die Beseitigung der Mängel hin. Im Bedarfsfall fordern sie die Durchführung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen und sanktionieren Verstöße. Dieser Aspekt staatlicher Überwachungstätigkeit kann im Zusammenhang mit psychischen Fehlbelastungen jedoch nur dort praktiziert werden, wo es "sanktionsbewehrte" Normen gibt (z.B. Arbeitszeitregelungen, Bildschirmergonomie, Lärm, Klima o. ä.). Auch wenn die Behörde nicht in jedem Fall einen sanktionsbewehrten Einstieg über Gesetze zur Durchsetzung ihrer Forderungen hat, sollte sie den Arbeitgeber über die negativen Folgen anhaltender psychischer Fehlbeanspruchungen aufklären und so seine Bereitschaft für Interventionen gewinnen. Wichtig ist, dass die Umsetzung der Maßnahmen anschließend vor Ort kontrolliert wird.
In den nächsten Jahren besteht in den Betrieben noch großer Beratungsbedarf zum Umgang mit dem Faktor "psychische Belastung" im Rahmen des Arbeitsschutzes. Die ASV'en sollten den Prozess der Lösungsfindung begleiten. Dabei können sie selbst neue Erfahrungen für ihre Beratungstätigkeit gewinnen.
6.3 Aufbau und Pflege von Kooperationsnetzwerken
Arbeitsschutz kann nur wirksam wahrgenommen werden, wenn ein erweitertes Arbeitsschutzverständnis in die betrieblichen und überbetrieblichen Strukturen und Prozesse integriert wird. Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Akteure im Arbeitsschutz interdisziplinär zusammenarbeiten. Denn das bisherige expertenorientierte und vor allem technisch dominierte Arbeitsschutzsystem stößt bei den psychischen Belastungen an seine konzeptionellen und instrumentellen Grenzen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Kräfte im Arbeitsschutz zu vernetzen und zu bündeln. In inner- und außerbetrieblichen Netzwerken können spezifische Fähigkeiten der Akteure wirkungsvoll zum Einsatz kommen und unter einer gemeinsamen Zielsetzung zusammengeführt werden.
Zum einen gilt es, die Aktivitäten der ASV'en auf dem Gebiet der psychischen Fehlbelastungen zu koordinieren, Kompetenzen zu bündeln und Kooperationen einzugehen. Den Anfang hierfür macht das vorliegende Positionspapier, das mit einem Handlungsleitfaden für Arbeitsschutzverwaltungen weitergeführt werden soll. Wichtig ist es aus Sicht der ASV'en aber auch, die eigenen Aktivitäten mit den gleichgearteten Strategien anderer Arbeitsschutz-Institutionen (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA), Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (UVT) etc.) abzustimmen.
Der Netzwerkgedanke darf sich aber nicht allein auf die ASV'en und überbetrieblichen Arbeitsschutz-Institutionen beschränken. Netzwerke, die der Zusammenführung und Bündelung verschiedener Erfahrungen und Kompetenzen zu dem genannten Themenbereich dienen, können auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein: auf der betrieblichen, überbetrieblichen, regionalen und überregionalen Ebene. Tabelle 6.1 zeigt drei Netzwerkebenen mit den entsprechenden Funktionen und Akteuren. Die Zielsetzungen und Vorgehensweisen der drei Netzwerkebenen können aufeinander aufbauen und sinnvoll ineinander greifen.
Tabelle 6.1: Netzwerke:
Ebenen, Funktionen, Akteure
Netzwerke | Funktion | Akteure |
Überregional | Erarbeitung übergeordneter Strategien, Erarbeitung und Verbreitung von Informationen, Wissen und Gestaltungslösungen | BMA, BAuA, LASI, HVBG, UVT und wissenschaftliche Institutionen |
Regional / überbetrieblich | Initiierung, Beratung und Begleitung von konkreten überbetrieblichen und betrieblichen Projekten (um z.B. branchen- oder tätigkeitsspezifische Belastungsschwer- punkte zu erkennen und Gestaltungsmaßnahmen zu erarbeiten) | Ämter für Arbeitsschutz / Gewerbeaufsichtsämter, UVT, Handwerkskammern, Innungen, Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, andere Unternehmensberater, Krankenkassen |
Innerbetrieblich | Verknüpfung der betrieblichen Aktivitäten zu einer einheitlichen Gesundheitspolitik | Geschäftsleitung, Vorgesetzte, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, andere innerbetriebliche Experten, Beschäftigte, externe Unternehmensberater |
Dabei gilt es, die Rollen der verschiedenen Akteure klar zu definieren und die gemeinsamen Ziele und Vorgehensweisen untereinander abzustimmen. Konzeptionelle, initiierende, beratende und operative Kooperationsaufgaben lassen sich unterscheiden. Im Anhang 2 werden mögliche Netzwerk-Beiträge der einzelnen Akteure aufgelistet.
6.4 Ansätze zur Kompetenzentwicklung
6.4.1 Aufbau von Kompetenzen bei den Mitarbeitern der ASV'en
Wesentliche Voraussetzung für die Ausfüllung der beschriebenen Handlungsfelder durch die ASV'en ist eine entsprechende Wissens- und Handlungskompetenz ihrer Mitarbeiter. Diese müssen auf dem Gebiet der psychischen Belastungen ebenso wie in "klassischen" Arbeitsschutzthemen über ein entsprechendes Grundwissen verfügen, das bei Bedarf noch vertieft werden kann (s.u.). Darüber hinaus kann sich die ASV in Fällen, in denen sie selbst arbeitspsychologisches Expertenwissen benötigt (z.B. Feinanalyse von Belastungsfaktoren; 4.2), auch externen Sachverstandes bedienen.
Grundqualifizierung:
Alle Aufsichtsmitarbeiter sind in Bezug auf psychische (Fehl-)Belastungen und Beanspruchungen zu sensibilisieren und je nach Vorkenntnissen gezielt weiterzubilden. Ziel der Grundqualifizierung ist, dass alle Mitarbeiter einschätzen können, ob "vor Ort" Handlungsbedarf für die ASV'en besteht (Tabelle 6.2). Die Ausbildungspläne sollen die Vermittlung dieser Kenntnisse und Kompetenzen gewährleisten.
Weiterführende Qualifizierung:
Weiterführende Schulungen sollen interessierte, motivierte und hierfür geeignete ASV-Mitarbeiter in die Lage versetzen, die konkrete Beratung von Betrieben zur Durchführung und Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung durchzuführen sowie die betrieblichen Bemühungen in diesem Bereich zu kontrollieren (Tabelle 6.2). Der Inhalt dieser Qualifizierung ist abhängig von der Aufsichtsstrategie der jeweiligen Länderaufsichtsbehörde.
Tabelle 6.2: Qualifizierung von Aufsichtsbeamten:
Kompetenzen und Kenntnisse
Kompetenzen | Kenntnisse | |
Grundqualifizierung |
|
|
Weiterführende Qualifizierung |
|
|
Arbeitspsychologisch/arbeitswissenschaftlich ausgebildetes Personal:
Zur weiterführenden fachlichen Beratung, Qualitätskontrolle und konzeptionellen Weiterentwicklung von Beratungs- und Überwachungsstrategien sowie zur Aus- und Weiterbildung der ASV-Mitarbeiter sollte den Arbeitsschutzbehörden arbeitspsychologisch oder arbeitswissenschaftlich ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen. Abhängig von der strategischen Konzeption der einzelnen Bundesländer kann eine solche fachliche Beratung auf verschiedenen Wegen sichergestellt werden:
Erfahrungsaustausch:
Nach Projekten und betrieblichen Aktionen zur Arbeitsschutzorganisation und Gefährdungsbeurteilung einschließlich des Aspekts "Psychische Belastung" sollten auf mehreren Ebenen regelmäßig Erfahrungen ausgetauscht werden, um Stärken und Schwächen verschiedener Vorgehensweisen und Verfahren zu erkennen sowie diese immer besser den Erfordernissen im Arbeitsschutz anzupassen. Der Austausch sollte erfolgen
6.4.2 Ansätze zur Kompetenzentwicklung von Kooperationspartnern
Die Aufsichtskräfte müssen zukünftig das Problembewusstsein besonders in den mittleren und kleinen Betrieben entwickeln sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ihre Vertreter in Bezug auf die Optimierung der psychischen Belastungen im Unternehmen beraten. Die Umsetzungskonzepte der Länder müssen den betrieblichen Akteuren vermittelt werden, damit sie es im Rahmen ihrer eigenen Umsetzungskonzepte mit berücksichtigen können.
Neben der Einzelberatung sollte auch eine gezielte Vortragstätigkeit, z.B. in Kammern und Innungen sowie in Wirtschaftsverbänden, realisiert werden. Ferner bieten sich Multiplikatorenschulungen an, z.B. im Rahmen der Meisterausbildung oder eines Ingenieursstudiums; zukünftige Fach- und Führungskräfte können auf diese Weise mit der Thematik vertraut gemacht und motiviert werden, bei Führungsprozessen und arbeitsgestalterischen Maßnahmen den Aspekt der Belastungsoptimierung zu berücksichtigen. Auch an Berufsschulen zu referieren, stellt einen zielführenden Weg dar.
Zusammen mit Bildungseinrichtungen (BAuA, Akademien der UVT u.a.) sollten Weiterbildungskonzepte entwickelt werden, in denen die Akteure in den Betrieben, wie
und Multiplikatoren, wie
Durch die Organisation von Seminaren und Workshops mit allen Beteiligten sollte der gemeinsame Erfahrungsaustausch gefördert werden. Dieses eröffnet die Möglichkeit, Umsetzungsprobleme zu erörtern und gegenseitig voneinander zu lernen. Darüber hinaus müssen natürlich die traditionellen Methoden der Öffentlichkeitsarbeit wie Faltblätter und Broschüren genutzt werden. Auch in internetgestützten Beratungsangeboten muss der Aspekt "psychische Belastung" einen angemessenen Platz finden.
Ansätze zur Ermittlung und Beurteilung psychischer Belastungen | Anhang 1 |
Im Folgenden werden Ansätze und Verfahren zur Ermittlung und Beurteilung psychischer Belastungen im Überblick dargestellt /19/. Einige Verfahren haben die Ermittlung psychischer Arbeitsbelastungen zum Ziel, andere die Ermittlung psychischer Beanspruchungen.
Daneben lassen sich zwei Ermittlungsstrategien unterscheiden.
Bei der ersten Variante führt eine externe Person, die nicht unmittelbar in dem betroffenen Arbeitssystem tätig ist, die Untersuchung durch.
Dies kann z.B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Betriebsarzt, ein Unternehmensberater oder auch ein Aufsichtsbeamter sein.
Diese Vorgehensweise wird häufig als "objektiv" oder expertenorientiert bezeichnet.
Bei der zweiten Variante, dem betroffenenorientierten oder "subjektiven" Verfahren, analysieren und beurteilen Beschäftigte die belastenden Arbeitsbedingungen.
Tabelle A.1 gibt einen Überblick über die gebräuchlichen Untersuchungsansätze und deren Unterschiede.
Tabelle A.1: Untersuchungsansätze und Methoden zur Ermittlung und Beurteilung psychischer Belastungen und Beanspruchungen /19/
Untersuchungs- ansätze | Psychische Belastung Arbeitsbedingungen | Psychische Beanspruchung Wirkung auf den Beschäftigten | ||
Akteure | "objektiv" Ermittlung und Beurteilung durch Externe | subjektiv Ermittlung und Beurteilung durch die Mitarbeiter | "objektiv" Ermittlung und Beurteilung durch Externe | subjektiv Ermittlung und Beurteilung durch die Mitarbeiter |
Methoden | Leitfäden für Dokumenten- analysen und Beobachtungs- interviews | fragebogen- gestützte Mitarbeiter- befragungen moderierte Gruppen- gespräche | arbeits- medizinische Untersuchungen, Auswertung statistischer Daten über Fehlzeiten, Arbeits- unfähigkeits- Diagnosen etc. | fragebogen- gestützte Mitarbeiter- befragung, Einzelgespräche |
Ermittlungs- aspekte | z.B. Belastung aus Arbeitsaufgabe, -organisation, und -umgebung (kognitive Belastung) | z.B. kognitive Belastung, Belastung aus sozialen Beziehungen (Betriebsklima, Personal) | psycho- physiologische Untersuchungen, z.B. Stresshormone, EKG | z.B. psychosomatische Beschwerden |
Objektive Belastungsanalysen
Bei objektiven Belastungsanalysen ermittelt und beurteilt eine externe Person die Arbeitsbedingungen. Sie führt Dokumentenanalysen und Beobachtungsinterviews anhand von Analyseleitfäden durch und gewinnt so Erkenntnisse über Belastungen aus Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung. Soziale Belastungen werden dabei in der Regel nicht erfasst. Die Verfahren setzen an der individuumsübergreifenden Ursachen- bzw. Aufgabenebene an und liefern personenunabhängig Ergebnisse. Das heißt, sie beschreiben Merkmale der Arbeitsbedingungen und nicht Eigenschaften der Mitarbeiter.
Subjektive Belastungsanalysen
Bei subjektiven Verfahren bewerten die Beschäftigen ihre Arbeitsbedingungen. Sie geben ihre eigene (personenabhängige) Wahrnehmung der Arbeitssituation wieder. Zwei Methoden können unterschieden werden:
Objektive und subjektive Beanspruchungsanalysen
Die Beanspruchung, d.h. die Wirkung der arbeitsbedingten Belastungen auf die Beschäftigten, kann bis zu einem bestimmten Ausmaß durch externe Experten, in erster Linie aber durch die Beschäftigten selbst ermittelt und beurteilt werden (Tabelle A.1). Ersteres bieten z.B. arbeitsmedizinische Untersuchungen durch den Betriebsarzt und letzteres Mitarbeiterbefragungen, die das psychische Wohlbefinden, psychosomatische Beschwerden, aber auch Phänomene wie Burnout erheben.
Im zu erstellenden Handlungsleitfaden werden subjektive wie objektive Verfahren zur Belastungs- bzw. Beanspruchungsanalyse vorgestellt und erläutert.
Mögliche Beiträge der Arbeitsschutz-Akteure zu Kooperationsnetzwerken zur "Ermittlung und Reduzierung psychischer Fehlbelastungen" | Anhang 2 |
Arbeitsschutz-Akteure | Normativ festgelegte bzw. selbst gewählte Aufgaben | Mögliche Netzwerk-Beiträge |
BMA | Arbeitsschutz- gesetzgebung, Entwicklung nationaler Arbeitsschutzstrategien | Im überregionalen Netzwerk
|
BauA | Erarbeitung und Bereitstellung von Wissen interdisziplinär und mit allgemeingültigem Anspruch | Im überregionalen Netzwerk:
Im regionalen Netzwerk:
|
Aufsichtbehörden der Länder | Umsetzung von Arbeitsschutzgesetzen: Prävention von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen Aufsicht, Beratung und Information zur Wahrung von Mindeststandards | Im überregionalen Netzwerk:
Im regionalen Netzwerk:
Im Betrieb:
|
Unfallversicherungs- träger | SGB VII: Autonome Rechtssetzung der Unfallversicherungsträger: Prävention von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Entschädigung von Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen | Im überregionalen Netzwerk
Im regionalen Netzwerk:
Im regionalen Netzwerk:
|
Krankenkassen | SGB VII: Krankenversicherung, Gesundheitsförderung Datenbereitstellung: Gesundheitsberichte Branchen-/ arbeitsplatzbezoge- | Im überregionalen Netzwerk:
Im regionalen Netzwerk:
Im Betrieb:
|
Arbeitgebervertreter Handwerkskammern, Innungen, Kreishandwerker/ schaften, Industrieverbände etc. | Interessenvertretung in Klein- und Mittelständischen Unternehmen | Im regionalen Netzwerk
Im Betrieb:
|
Arbeitnehmervertreter | Betriebsverfassungsgesetz, Personalvertretungsgesetz | Im überregionalen Netzwerk:
Im regionalen Netzwerk:
Im Betrieb:
|
Betriebsärzte, Sicherheitsfachkräfte, Überbetriebliche Dienste | Arbeitssicherheitsgesetz | Im Betrieb:
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Unternehmensberater freiberufliche Experten aus der Arbeitspsychologie, Arbeitswissenschaft, Gesundheitsförderung u.a. | Beratung, Fachlösungen, Prozessbegleitung | Im Betrieb:
|
/1/ Ministerium für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie (Hrsg.) (2001): Arbeitswelt 2000. Düsseldorf.
/2/ Badura, B., Litsch, M. & Vetter, Ch. (Hrsg.) (1999): Fehlzeitenreport 1999. Psychische Belastung am Arbeitsplatz. Berlin: Springer.
/3/ Rentrop, M. & Stamm, R. (2001): Arbeitsschutz in der Europäischen Union, Teil 2: Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren. Die BG, 6, S. 298-302.
/4/ Merllié, D. & Paolie, P (2001): Dritte Europäische Umfrage über Arbeitsbedingungen. Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen Dublin, Amt für amtliche Veröffentlichungen der europäischen Gemeinschaften, Luxembourg.
/5/ Oppolzer, A.(2000): Psychische Belastungen als "Risikofaktoren" arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren. Die BG, 9, S. 508-513.
/6/ Internationale Arbeitsorganisation (IAO) (2000): Disability and Work Internet: hppt://www.ilo.org/public/english/employment/skills/targets/disability.
/7/ Unfallverhütungsbericht Arbeit (2000). Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999.
/8/ DIN EN ISO 10075-1: 2000: Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung: Allgemeines und Begriffe. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Berlin: Beuth Verlag.
/9/ Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Hrsg.) (2000): Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse: Psychische Belastung und Beanspruchung. Forschungsergebnisse für die Praxis, Nr. 116. Dortmund: BAuA.
/10/ Ulich, E. (1998): Arbeitspsychologie. 4. neu überarb. und erw. Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
/11/ Greif, S. (1991): Stress in der Arbeit - Einführung und Grundbegriffe. In Greif, S., Bamberg, E., Semmer, N. (Hrsg.): Psychischer Stress am Arbeitsplatz. Göttingen: Verlag für Psychologie - Hogrefe.
/12/ Kittelmann, M., Kuhn, K, Richter, G., Ullsperger, P. & Weißgerber, B. (2001): Psychische Belastung. In Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Ratgeber zur Ermittlung gefährdungsbezogener Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb. Handbuch für Arbeitsschutzfachleute, S. 42, 3. aktualisierte Auflage, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, S. 327-342.
/13/ Richter, G. (1997): Psychische Belastung und Beanspruchung, (Schriftenreihe der Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Fa 36). Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
/14/ Udris, I. & Frese, M. (1999): Belastung und Beanspruchung. In Hoyos, Graf C., Frey, D. (Hrsg.): Arbeits- und Organisationspsychologie. Weinheim: Psychologie Verlagsunion, S. 429-445.
/15/ Gruber, H. & Debitz, U. (1999): Konzept zur Berücksichtigung psychischer Belastungen im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen, Ergo Med, 3, S. 127-129.
/16/ ISO/CD 10075-3: Ergonomic principles relates to mental workload - Part 3: Measurement and assessment of mental workload (in Arbeit).
/17/ Hoyos, C.G. (1999): Zur Ethik arbeits- und organisationspsychologischen Handelns. In Hoyos, G. C., Frey, D. (Hrsg.): Arbeits- und Organisationspsychologie. Psychologie Verlagsunion, Weinheim 1999, S. 640-648.
/18/ BMA/BAuA (2001): Konzeptentwurf zur Schwerpunktaktion "Psychische Fehlbelastung und Stress" im Rahmen der Initiative für Neue Qualität der Arbeit.
/19/ Flake, C. (2001): Psychische Belastungen in der Arbeitswelt erkennen und bewerten.
In Flake, C., Freigang-Bauer, I., Gröben, F. & Wenchel, K.-T.: Psychischer Stress in der Arbeitswelt erkennen - mindern - bewältigen.
Dokumentation der RKW Fachtagung am 24.11.1999. Eschborn:
RKW-Verlag, 15-54.
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) LASI-Veröffentlichungen (LV) | ||
LV- Nr. | Titel | Herausgabe |
23 | Handlungshilfe zur Umsetzung der Biostoffverordnung | Aug. 2001 |
24 | Umgang mit Lösemitteln im Siebdruck | Sept. 2001 |
25 | Ersatzstoffe in der Metallreinigung | Sept. 2001 |
26 | Umgang mit Gefahrstoffen beim Recycling von Kraftfahrzeugen | in Arbeit |
27 | Umgang mit Gefahrstoffen bei der manuellen Zerlegung von Bildschirmen und anderen Elektrogeräten | in Arbeit |
28 | Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention | Juni 2002 |
Auskünfte zu Fragen des Arbeitsschutzes erteilen die zuständigen obersten Landesbehörden bzw. deren nachgeordnete Ämter für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik / Gewerbeaufsichtsämter.
Ministerium für Umwelt und Verkehr des Landes Baden-Württemberg Kernerplatz 9 70182 Stuttgart | Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales Abteilung 5 - Arbeit - Postfach 141 30001 Hannover |
Sozialministerium Baden-Württemberg Schellingstraße 15 70174 Stuttgart | Ministerium für Arbeit und Soziales Qualifikation und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen Horionplatz 1 40213 Düsseldorf |
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz Schellingstraße 155 80797 München | Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz Bauhofstraße 9 55116 Mainz |
Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen des Landes Berlin Oranienstraße 106 10969 Berlin | Ministerium für Umwelt und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz Kaiser-Friedrich-Straße 7 55116 Mainz |
Ministerium für Arbeit, Soziales Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg Heinrich-Mann-Allee 103 14473 Potsdam | Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des Saarlandes Franz-Josef-Röder-Straße 23 66119 Saarbrücken |
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales der Freien und Hansestadt Bremen Faulenstraße 69 28195 Bremen | Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit Wilhelm-Buck-Straße 7 01097 Dresden |
Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg - Amt für Arbeitsschutz - Adolph-Schönfelder-Straße 5 22083 Hamburg | Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt Seepark 5 - 7 39116 Magdeburg |
Hessisches Sozialministerium Dostojewskistraße 4 65187 Wiesbaden | Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Schleswig-Holstein Adolph-Westphal-Straße 4 24143 Kiel |
Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern Werderstraße 124 19055 Schwerin | Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit Werner-Seelenbinder-Straße 6 99096 Erfurt |
2) Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstung bei der Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung - PSA-BV)
3) Detaillierte Hinweise auf Methoden und für die Methodenauswahl sollen in dem zu entwickelnden Handlungsleitfaden (vgl. Kap. 1) gegeben werden.
4) www.baua.de/sigma
5) Zemke, V., Reinold, F. & Scheitz, H. (1999): Erfahrungen bei der Anwendung eines Screening-Instrumentes zur Bewertung und Gestaltung menschengerechter Arbeitstätigkeiten - Erfassung psychischer Belastungen bei der Arbeit in Klein- und Mittelbetrieben der Holzindustrie, Ergo Med, 2, S. 119-121.
6) Weigand, H., Flake, C., Lehnhardt, H., Schuch, B., Wachkamp, M. & Zintel, K. (2000): ASCA-Modul "Psychische Belastung". Hessischen Arbeitsschutzverwaltung (unveröffentlicht).
7) Metz, A.-M. und Rothe, H.-J. (1999): Erfassung und Bewertung psychischer Belastungen, Screening pathogener Arbeitsbelastungen. Ergo Med, 2, S. 122-126.
8) Dies könnte etwa durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geschehen, die aktuell mit der Entwicklung eines Instrumenten-Pools befasst ist.
ENDE |