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Regelwerk, Technische Regeln, TRBS - TRGS - Arbeitsschutz
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TRBS 1151 - Gefährdungen an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsmittel - Ergonomisches und menschliche Faktoren, Arbeitssystem
- Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) -

Vom 6. März 2015
(GMBl. Nr. 17/18 vom 20.05.2015 S. 331)



In der aktuelle TRBS 1151 vom 06.03.2015, wurden Inhalte der
TRBS 11512007 (Archiv) und der
TRBS 22102006 (Archiv) übernommen.

- IIIb 3 - 35650 -
Siehe Fn. *

Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die Verwendung von Arbeitsmitteln wieder.

Sie werden vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.

Diese TRBS konkretisiert im Rahmen des Anwendungsbereichs die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regel kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

1 Anwendungsbereich

(1) Diese Technische Regel gilt für die Beurteilung von Gefährdungen und der Belastung sowie für die Ermittlung von Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln

(2) Diese Gefährdungen sind bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Absatz 1 und 2 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) insbesondere in Bezug auf die Verwendung des Arbeitsmittels unter Berücksichtigung der menschengerechten Gestaltung des Arbeitssystems zu beurteilen. Die Beurteilung des Arbeitssystems umfasst auch die oben genannten Zusammenhänge.

(3) Der Arbeitgeber hat bei der Auswahl von Arbeitsmitteln und bei der Festlegung von Maßnahmen zur Verwendung von Arbeitsmitteln auch die ergonomischen Zusammenhänge zu berücksichtigen (§ 3 Absatz 2 und 3, § 6 Absatz 1 BetrSichV). Dabei ist die Verwendung der Arbeitsmittel so zu gestalten und zu organisieren, dass Belastungen und Fehlbeanspruchungen, die die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können, vermieden oder, wenn dies nicht möglich ist, auf ein Mindestmaß reduziert werden. Hierbei sind insbesondere folgende Grundsätze zu beachten:

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Arbeitssystem

(1) Das Arbeitssystem umfasst das Zusammenwirken eines einzelnen oder mehrerer Benutzer mit den Arbeitsmitteln, um die Funktion des Systems innerhalb der Arbeitsumgebung unter den durch die Arbeitsaufgaben vorgegebenen Bedingungen zu erfüllen (siehe auch Literaturverzeichnis: DIN EN ISO 46385 Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen (Ausgabedatum: 2004-05)).

(2) Das Arbeitssystem stellt somit ein Modell dar, das die Wechselwirkungen der Systemelemente berücksichtigt, um systematisch Gefährdungen der Beschäftigten und die Belastung, die auf die Beschäftigten einwirkt, zu erheben und zielgerichtet Maßnahmen abzuleiten.

(3) Das kleinste Arbeitssystem bildet der Arbeitsplatz. Die Systemgrenzen können beliebig weit gesteckt werden, z.B. auf den Arbeitsbereich, die Arbeitsgruppe oder einen bestimmten Fertigungsabschnitt.

(4) Das Arbeitssystem dient der Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen und hat eine Eingabe und eine Ausgabe (vergleiche Abbildung 1).

(5) Eingabe ist u. a.:

(6) Ausgabe ist u. a.:

Abb. 1 Das Arbeitssystem

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(7) Das Arbeitssystem wird aus folgenden Elementen gebildet:

(8) Die im Rahmen des Arbeitssystems bestehenden Beziehungen zwischen Mensch und den anderen Systemelementen sowie dem Arbeitsablauf und dem Arbeitsplatz werden als ergonomische Zusammenhänge bezeichnet.

(9) Diese TRBS behandelt die in Abbildung 2 dargestellten Gefährdungen durch Wechselwirkungen im Arbeitssystem zwischen Arbeitsmittel und Mensch. Dabei werden auch die Gefährdungen berücksichtigt, die beim Verwenden eines Arbeitsmittels durch die Wechselwirkungen

auftreten.

Abb. 2 Wechselwirkungen, die beim Verwenden von Arbeitsmitteln Gefährdungen erzeugen können

Bild

2.2 Wechselwirkung

(1) Wechselwirkung ist die gegenseitige Beeinflussung der Systemelemente im Arbeitssystem, insbesondere

(2) Wechselwirkungen können zusätzliche oder die Veränderung bereits vorhandener Gefährdungen bewirken.

2.3 Belastungs-Beanspruchungs-Modell

(1) Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell (siehe auch Literaturverzeichnis: DIN EN ISO 26800 Ergonomie - Genereller Ansatz, Prinzipien und Konzepte (Ausgabedatum: 2011 -11)) beschreibt die Beziehungen zwischen

(2) Wesentlich ist dabei, dass die durch die Belastung bedingten Wirkungen nicht nur von der Veränderung der Belastung, sondern auch von den kurz- und langfristigen Veränderungen des Beschäftigten (z.B. Lernen, Übung, Erfahrungsgewinn) abhängen. Die Beanspruchung ist auch abhängig von den individuellen physischen und psychischen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Eigenschaften (z.B. Alter, Geschlecht, Leistungsfähigkeit) der Beschäftigten.

(3) Unter Belastung werden dabei alle von außen auf den Menschen wirkenden Einflussgrößen verstanden. Die Belastung lässt sich somit völlig unabhängig vom Menschen ermitteln. Zur Belastung gehören dabei die Anforderungen aus der Arbeitsaufgabe (z.B. Dauer und Verlauf der Tätigkeit, Aufgabeninhalt, Gefahren), die physikalischen Bedingungen (Klima, Beleuchtung, Lärm, Gerüche etc.), soziale und organisationale Faktoren (z.B. Organisationstyp, Schulung, Einweisung) und Faktoren außerhalb der Organisation des Betriebs (z.B. kulturelle Normen zu akzeptablen Arbeitsbedingungen).

(4) Die Beanspruchung des Menschen führt zu kurz- und langfristigen Folgen. Zu den kurzfristigen Folgen gehören z.B. Ermüdung, Monotonie. Die langfristigen Folgen können z.B. Einfluss auf die Gesundheit haben. Die Folgen der Beanspruchung können positiv aber auch negativ sein.

(5) Die Untersuchung einer Tätigkeit umfasst nach dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell die folgenden drei Schritte:

  1. Belastungsanalyse/Beanspruchungsanalyse unter der Beteiligung der Beschäftigten,
  2. Beurteilung,
  3. Gestaltung.

(6) Bei der Beurteilung, ob die Arbeit menschengerecht gestaltet ist, unterstützen die folgenden, hierarchisch aufgebauten Leitfragen:

  1. Führt die Tätigkeit zu Gesundheitsschäden z.B. durch Unfallgefahren?
  2. Liegen die Arbeitsanforderungen innerhalb der Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit: sind z.B. Bedien- teile erreichbar, Anzeigen erkennbar, Signale wahrnehmbar, ist der erforderliche Kraftaufwand nicht zu hoch etc.? Ist die Arbeit somit ausführbar?
  3. Ist die Tätigkeit bei regelmäßiger Wiederholung (z.B. Schicht) über ein ganzes Berufsleben ohne gesundheitliche Einschränkungen ausführbar bzw. sind die kurzfristigen Beanspruchungsfolgen durch die gegebenen Arbeitspausen und die Freizeit auszugleichen?
  4. Enthält die Tätigkeit auch planende und kontrollierende Elemente? Entspricht die Tätigkeit den Erwartungen des Beschäftigten?
  5. Werden die Beschäftigten an der Arbeitsgestaltung beteiligt, d. h., können sie ihre Erfahrungen, Kenntnisse in den Gestaltungsprozess mit einbringen?

(7) Die ersten beiden Leitfragen in Absatz 6 müssen grundsätzlich so beantwortet werden können, dass die Tätigkeit nicht zu Gesundheitsschäden führt und dass die Arbeitsanforderung innerhalb der Leistungsfähigkeit der Beschäftigten liegt.

Abb. 3 Gleiche Belastung - individuelle Beanspruchung (nach Laurig)
(Quelle: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), Hamburg)

Bild

3 Ermittlung und Beurteilung von Gefährdungen und Belastung

3.1 Ermittlung von Gefährdungen und Belastung des Menschen im Arbeitssystem bei der Verwendung von Arbeitsmitteln

3.1.1 Inbetriebnahme von Arbeitsmitteln

(1) Vor jeder erstmaligen Inbetriebnahme eines Arbeitsmittels, bei dem mit Wechselwirkungen im Arbeitssystem
(Erstinbetriebnahme, wesentliche Änderung, Verlagerung/Umsetzung, Änderung des Arbeitssystems) zu rechnen ist, ist der Planung dieses Arbeitssystems besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Hierbei sind die Wechselwirkungen des Arbeitsmittels im gesamten Arbeitssystem unter der besonderen Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Menschen zu betrachten und zu beurteilen.

(2) Einer Beanspruchung der Beschäftigten, die zu gesundheitlichen Schäden führen kann, muss durch eine ergonomische Gestaltung der Arbeitsmittel und mit der damit verbundenen Gestaltung von Arbeitsaufgabe und Arbeitsumgebung begegnet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das einzelne Arbeitsmittel häufig ergonomisch gut gestaltet ist, nicht aber seine Einordnung in einen größeren technischen Kontext und seine Einbettung in eine bestimmte Arbeitsaufgabe. Diese Bewertung ist erforderlich, um eine misch gut gestaltet ist nicht aber seine schädigungsfreie Verwendung des Arbeitsmittels zu ermöglichen.

(3) Es genügt nicht, dass ein Arbeitsmittel zwar nach den betrieblichen Erfordernissen sorgfältig ausgewählt wurde, dass aber die gesamte Schnittstellenbearbeitung nicht oder nicht ausreichend bearbeitet wurde (vergleiche Bekanntmachungen für Betriebssicherheit BekBS 1113 "Beschaffung von Arbeitsmitteln").

(4) Es ist vor der Inbetriebnahme eines Arbeitsmittels, bei dem mit Wechselwirkungen im Arbeitssystem zu rechnen ist, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Systemanalyse gemäß Belastungs-Beanspruchungs-Modell durchzuführen (siehe Nummer 2.3). Dabei sind insbesondere die nachfolgenden Fragen zu klären:

3.1.2 Gefährdungen und Belastungen an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsmittel

Eine nach arbeitswissenschaftlichen Kriterien erfolgende Gestaltung der Verwendung von Arbeitsmitteln hat neben der auftretenden Belastung auch die individuellen Eigenschaften der Beschäftigten, z.B. Alter und Geschlecht, zu berücksichtigen. Dabei ist die Variabilität der individuellen Leistungsvoraussetzungen (z.B. Sehschärfe, Lichtbedarf, Körperkräfte, Händigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit, Erfahrung, Kompetenz) zu beachten. Bei einer nicht nach arbeitswissenschaftlichen Kriterien erfolgten Gestaltung können durch Wechselwirkungen zwischen Mensch und Arbeitsmittel im Arbeitssystem z.B. Gefährdungen hervorgerufen werden durch:

3.1.3 Gefährdungen durch Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmittel und Arbeitsmittel

Durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander können zusätzlich Gefährdungen hervorgerufen oder bereits bestehende Gefährdungen verändert werden z.B. durch

3.1.4 Gefährdungen durch Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand

Durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel mit Arbeitsgegenständen können insbesondere Gefährdungen hervorgerufen oder verändert werden z.B. durch

3.1.5 Gefährdungen durch Wechselwirkungen mit der Arbeitsumgebung

Durch die Wechselwirkungen beim Verwenden von Arbeitsmitteln mit der Arbeitsumgebung können Gefährdungen hervorgerufen oder verändert werden, z.B. durch

3.2 Beurteilung von Gefährdungen und Belastung

(1) Die ermittelten Gefährdungen sind nach den Grundlagen der TRBS 1111 daraufhin zu bewerten, ob zusätzliche Maßnahmen zur Gefährdungsvermeidung oder, falls dies nicht möglich ist, zur Minimierung der Gefährdungen erforderlich sind. Bewertungskriterien sind auch in den TRBS zu einzelnen Gefährdungen zu finden, wie z.B.

(2) Der Ablauf für die Beurteilung der Gefährdungen aufgrund von Wechselwirkungen der Systemelemente im Arbeitssystem wird in Abbildung 4 beispielhaft erläutert.

Abb. 4 Beurteilung der Gefährdungen durch Wechselwirkungen

Bild

(3) Die Beurteilung der physischen und psychischen Belastung und Beanspruchung zur menschengerechten Gestaltung wird unterstützt durch die unter Nummer 2.3 Absatz 6 gestellten Leitfragen. Bei Hinweis auf kritische Belastungssituationen (z.B. auf der Grundlage von Unfallanalysen oder Arbeitsunfähigkeitsdaten ist eine vertiefte Beurteilung angezeigt. Hierzu können z.B. die in der Anlage 1 genannten Verfahren herangezogen werden. Die Auswahl der geeigneten Methode richtet sich u. a. nach

4 Schutzmaßnahmen

4.1 Rangfolge der Schutzmaßnahmen

Bei der Auswahl zur Bereitstellung der Arbeitsmittel und der Aufstellung der Arbeitsmittel sind mögliche Gefährdungen durch Wechselwirkungen zu berücksichtigen und zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, sind zusätzliche technische Maßnahmen am Arbeitsmittel bzw. Arbeitsplatz (so weit wie möglich) vorzusehen und diese ggf. durch organisatorische Maßnahmen (z.B. zum zeitlichen Arbeitsablauf) sowie persönliche Schutzmaßnahmen zu ergänzen.

4.2 Beispielhafte Schutzmaßnahmen

(1) Maßnahmen gegen Gefährdungen durch Wechselwirkung von Arbeitsmitteln untereinander, durch Wechselwirkung zwischen Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand oder zwischen Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung können auf der Grundlage der Maßnahmen, die in den TRBS zu spezifischen Gefährdungen beschrieben sind, wie z.B.

(2) Zur Ermittlung von Maßnahmen gegen psychische Belastung durch Über- oder Unterforderung sind im Zusammenhang mit Arbeitsaufgabe, Tätigkeit, Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation und zeitlicher Organisation z.B. zu beachten:

(3) Weitere Hinweise zur psychischen Belastung durch Über- oder Unterforderung sind im Literaturverzeichnis (DIN EN IS0 10075-2 Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung - Teil 2: Gestaltungsgrundsätze (Ausgabedatum: 2000-06) zu finden.

(4) Physische und psychische Belastung können zu Gefährdungen durch Handlungsfehler führen. Diese werden durch aufgabengerechte Auswahl sowie durch ergonomische Gestaltung und Anordnung der Arbeitsmittel vermieden, wie z.B.:

Abb. 5 Gesichtsfeld des Menschen bei Neigung des Blickes um 15° gegen die Waagrechte und einer Kopfdrehung um 0° gegen die Senkrechte beim stramm aufrechten Stehen
(Quelle: "Kleine Ergonomischen Datensammlung" (KED); Lange, W. und Windel, A.; 12. überarbeitete Auflage; Verlag TÜV Rheinland)

Bild

Abb. 6 Darstellung ergonomischer Greifräume Greifflächen in der Tischebene (ca. 20 cm über der Sitzene)
(1) = Beidhandzone,
(2) = Einhandzone,
(3) = erweiterte Einhandzone

(Quelle: "Kleine Ergonomischen Datensammlung" (KED); Lange, W. und Windel, A.; 12. überarbeitete Auflage; Verlag TÜV Rheinland)

Bild

Frau (18 - 65 Jahre)Mann (18 - 65 Jahre)
5. Perz.50. Perz.95. Perz.5. Perz.50. Perz.95. Perz.
(1)143
(147,5)
151,5
(156)
160,5
(165)
153
(156)
163
(166)
173,5
(176,5)
(2)37,5
(42)
41,5
(46)
45
(49,5)
41
(44)
45
(48)
49
(52)
(3)3534,5353838,539
(Klammerwert: inkl. 4,5 cm Absatz)(Klammerwert: inkl. 3 cm Absatz)

Abb. 7 ergonomischer Schalterarbeitsplatz, Maßangaben zu (1) bis (2) in cm
(Quelle: "Kleine Ergonomischen Datensammlung" (KED); Lange, W. und Windel, A.; 12. Überarbeitete Auflage; Verlag TÜV Rheinland)

Bild

Abb. 8 ergonomischer Steharbeitsplatz
(Quelle: "Kleine Ergonomischen Datensammlung (KED); Lange, W. und Windel, A.; 12. überarbeitete Auflage; Verlag TÜV Rheinland)

Bild

(5) Die Manipulation von Sicherheitseinrichtungen ist nicht zulässig. Maßnahmen gegen Umgehung von Sicherheitseinrichtungen:

In den Anlagen 1 bis 6 sind beispielhaft für konkrete Situationen Ermittlung und Beurteilung von Gefährdungen sowie geeignete Schutzmaßnahmen dargestellt.

4.3 Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen

(1) Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber feststellen, ob

  1. die eingeleiteten Maßnahmen ausreichend wirksam sind und
  2. sich keine zusätzlichen oder veränderten Gefährdungen aus den Schutzmaßnahmen ergeben haben.

(2) Zur Untersuchung eines Arbeitsplatzes nach dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell ist ein vergleichbares Vorgehen wie in Nummer 2.3 beschrieben anzuwenden. Danach hat der Arbeitgeber eine Belastungsanalyse/Beanspruchungsanalyse unter der Beteiligung der Beschäftigten durchzuführen, um dadurch die jeweilige betriebliche Situation angemessen beurteilen und bedarfsorientierte Maßnahmen der Gestaltung ableiten zu können. Deren Wirksamkeit ist nun durch eine erneute Belastungsanalyse/Beanspruchungsanalyse zu überprüfen. Dieses Vorgehen ermöglicht zum einen aussagekräftige Vorher-Nachher-Vergleiche anhand derselben Methodik, und zum anderen werden kontinuierliche Verbesserungsprozesse angestoßen sowie Lernen und Entwicklung ermöglicht.

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Beispiele für Verfahren zur Beurteilung der physischen und psychischen BelastungAnlage 1

A1.1 Leitmerkmalmethode Heben, Halten, Tragen

A1.1.1 Ziel der Methode

Aufdeckung und Grobquantifizierung sowie Beurteilung von relevanten Gefährdungen des Muskel-Skelett-Systems bei der manuellen Lastenhandhabung

A1.1.2 Erfasste Merkmale

A1.1.3 Durchführungsaufwand

A1.1.4 Ergebnisse

A1.2 Leitmerkmalmethode Ziehen, Schieben

A1.2.1 Ziel der Methode

A1.2.2 Erfasste Merkmale

A1.2.3 Durchführungsaufwand

A1.2.4 Ergebnisse

A1.3 Leitmerkmalmethode Manuelle Arbeitsprozesse

A1.3.1 Ziel der Methode

A1.3.2 Erfasste Merkmale

A1.3.3 Durchführungsaufwand

A1.3.4 Ergebnisse

A1.4 Methode "DGUV-Ideentreffen" zur Ermittlung psychischer Belastungen

Die Methode "DGUV-Ideentreffen" zielt darauf ab, die Kommunikation über sicherheits- und gesundheitsrelevante Themen zu verbessern. Von besonderer Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, die Beschäftigten systematisch mit einzubeziehen, weil sie die Verhältnisse "vor Ort" genau kennen. Sie sehen die Probleme in ihrem Tätigkeitsfeld und entwickeln Ideen zu deren Lösung. Die im Folgenden beschriebene standardisierte Vorgehensweise hilft, diese Ideen zu sammeln, zu konkretisieren und in die Tat umzusetzen.

Schritt 1: Was läuft - was läuft nicht? (ca. 15 min)

Jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin gibt Antworten auf folgende Fragen:

Schritt 2: Hauptthema finden (ca. 5 min)

Aus den Verbesserungswünschen wird ein Thema ausgewählt. Die Auswahl kann durch Abstimmung erfolgen. Leitfrage:

Schritt 3: Lösungen finden (ca. 30 min)

Fragen, die der Lösungsfindung dienen:

Schritt 4: Aufgabenblatt erstellen (ca. 5 min)

Die Ergebnisse schriftlich festlegen:

Folgetreffen (ab dem zweiten Treffen)

Was hat sich seit dem letzten Ideen-Treffen getan? (ca. 5 min)

Die verantwortlichen Personen informieren über Veränderungen. Leitfragen dabei sind:

Im Aufgabenblatt sind die noch erforderlichen Maßnahmen zu notieren. Lösungsvorschläge, die nicht umgesetzt werden konnten, müssen nochmals besprochen werden (Schritt 3).

Die Ideen-Treffen sollen einmal im Monat mit vier bis sieben Teilnehmenden durchgeführt werden. Eine Person muss im Vorfeld die Verantwortung für die Moderation der ersten Sitzung übernehmen. Diese Person soll Moderationserfahrung und ausreichende Sozialkompetenzen haben sowie in der Gruppe akzeptiert sein.

Führungskräfte können, müssen aber nicht an den Ideentreffen teilnehmen. Der Arbeitsgeber hat dafür zu sorgen, dass sie den Prozess dauerhaft sichtbar unterstützen. Es geht darum, alle betroffenen Beschäftigten zu Beteiligten zu machen und ihr Erfahrungswissen zu nutzen.

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Beispiele für Gefährdungen und Belastung an der Mensch-Arbeitsmittel-SchnittstelleAnlage 2

A2.1 Untersuchung eines Arbeitsplatzes mit sitzender Tätigkeit

Zunächst ist eine Beschreibung des Zwecks des Arbeitssystems vorzunehmen, wie sie hier beispielhaft für einen Arbeitsplatz in der Produktion mit sitzender Tätigkeit vorgenommen wurde.

Zweck des Arbeitssystems ist die Herstellung eines Produktes aus bereitgestellten Komponenten. Dabei werden jeweils zwei Einzelteile zum fertigen Produkt zusammengesetzt. In einer Schicht sind etwa 3000 Produkte herzustellen.

A2.1.1 Ermittlung

Es lassen sich Fotos

Beschreibung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung

Es lassen sich Fotos nutzen oder ein Grundriss, um die Lage und räumliche Anordnung des Arbeitsplatzes im Arbeitsraum zu dokumentieren.

Abb. A2.1 Grundriss des Arbeitsplatzes in der Produktion

Bild

Beschreibung des Arbeitsablaufes und der Tätigkeiten

Beschreibung des Arbeitsablaufes und Aus der Beschreibung des Arbeitsablaufes muss sich das Zusammenwirken von Mensch, Betriebsmittel und Arbeitsgegenstand ergeben. Hier bietet sich z.B. eine Gliederung in Ablaufabschnitte an.

Die entsprechende Gliederung für das Herstellen eines fertigen Produktes umfasst insgesamt acht Ablaufabschnitte:

  1. Maschine einschalten,
  2. den Kasten mit den Komponenten rechts auf den Abstellwagen stellen,
  3. eine festgelegte Menge an Komponenten entnehmen und rechts neben die Maschine auf die Tischplatte legen,
  4. Komponenten in die Maschine einlegen und ausrichten,
  5. Fußschalter mit dem linken Fuß drücken,
  6. das fertige Produkt wegnehmen und auf der linken Seite aufstapeln,
  7. den Stapel wegnehmen und in den linken Kasten legen,
  8. den linken vollen Kasten in das Regal stellen.

Die Ablaufabschnitte 4 bis 6 dauern insgesamt 10 Sekunden.

Belastungsermittlung

Bei der Belastungsermittlung sind u. a. zu berücksichtigen:

Das Ergebnis der für den beschriebenen Arbeitsplatz vorgenommenen Belastungsanalyse ist nachfolgend dargestellt:

Um die Tätigkeitsdurchführung in einer ergonomischen, d. h. gesunden Körperhaltung, durchführen zu können, muss der Arbeitsplatz u. a. unter Berücksichtigung der menschlichen Körpermaße gestaltet sein. Dazu wurden im Rahmen der anthropometrischen Analyse die folgenden Merkmale untersucht:

Beanspruchungsermittlung

Bei der Beanspruchungsermittlung können z.B. vorrangig die menschlichen Funktionsbereiche untersucht werden, bei denen Beanspruchungsschwerpunkte zu erwarten sind.

Die dargestellte Tätigkeit ist kurzzyklisch, wobei die Arbeitsfolge fest vorgegeben ist. Da die Komponenten richtig zu positionieren sind, verlangt die Tätigkeit weiterhin Daueraufmerksamkeit. Dementsprechend ist es sinnvoll, die psychischen Beanspruchungsfolgen zu ermitteln: Der Wiederholungscharakter der Tätigkeit macht zum Beispiel Sättigungs- oder Monotonieerlebnisse wahrscheinlich. Bedingt durch die unzureichende anthropometrische Gestaltung des Arbeitsplatzes und die dadurch bedingte ungünstige Körperhaltung lassen sich darüber hinaus zum Beispiel aber auch Rücken- und Kniebeschwerden nicht ausschließen, die daher ebenfalls zu erheben sind.

Die auftretenden zeitlichen und leistungsbezogenen Arbeitsanforderungen können grundsätzlich als für den Beschäftigten zu bewältigen eingeschätzt werden.

A2.1.2 Beurteilung

Die Beurteilung der ermittelten Belastung und Beanspruchung kann auf Grundlage der Kriterien der menschengerechten Arbeitsgestaltung vorgenommen werden.

Die entsprechende Beurteilung des Arbeitsplatzes führt zu folgendem Ergebnis:

Der Arbeitsplatz erfüllt zwar das Kriterium der Schädigungslosigkeit, nicht aber das Kriterium der Ausführbarkeit, da einige anthropometrische Kriterien nicht erfüllt werden. Darüber hinaus entspricht der Arbeitsplatz nicht dem Kriterium der Beeinträchtigungsfreiheit, da mit Monotonie- und Sättigungserlebnissen und körperlichen Beschwerden gerechnet werden muss.

A2.1.3 Maßnahmen

Gestaltungsmaßnahmen sind somit erforderlich, wobei der Mindestfreiraum in Kniehöhe, die Beinraumtiefe für die Füße und die Beinraumhöhe im Sitzen größer zu dimensionieren sind. Darüber hinaus genügt der Verstellbereich des vorhandenen Arbeitsstuhls ebenfalls nicht den Vorgaben und ist zu ersetzen.

Dem Auftreten von Monotonieerlebnissen lässt sich entgegenwirken durch einen Tätigkeitswechsel (job rotation), Aufgabenerweiterung (job enlargement; der Arbeitsinhalt wird durch mehrere ähnliche Aufgaben angereichert, die gleiches Qualifikationsniveau erfordern), Aufgabenbereicherung (job enrichment; die Arbeitsperson erhält weitere Aufgaben, die zu höheren Anforderungen führen und damit auch höhere Qualifikationsanforderungen stellen) und Erholungspausen. Sättigungserlebnissen kann durch Aufgabenbereicherung (job enrichment) und Erholungspausen begegnet werden.

A2.2 Untersuchung eines Arbeitsplatzes mit stehender Tätigkeit

Das in diesem Beispiel betrachtete Arbeitssystem besteht aus einem Arbeitsplatz, der an der Fertigungsstraße eines Automobilherstellers eingerichtet werden soll. Die Arbeitsaufgabe besteht in der Montage von Türen an einer Karosse. Diese Tätigkeit soll von einem Mitarbeiter durchgeführt werden.

A2.2.1 Ermittlung

Beschreibung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung

Die Tätigkeit ist taktgebunden und findet in einer Fertigungshalle statt. Die Montage an der Karosse (Produkt) erfolgt an einem Montageband. Die zu montierende Tür (Arbeitsgegenstand) wird in einer Distanz von drei Metern zum Montageplatz auf einem getakteten Transportband bereitgestellt. Dort muss sie aufgenommen und zum Montageplatz bewegt werden.

Die Bodenverhältnisse sind sauber und es stehen keine Hindernisse im Weg. An dem Arbeitsplatz werden sowohl Männer als auch Frauen eingesetzt.

Beschreibung des Arbeitsablaufes und der Tätigkeiten

  1. Montageanweisung lesen
  2. Produktvorbereitung für anschließenden Montageprozess
  3. Gehen zum Transportband mit Tür
  4. Aufnahme und Überprüfen der Tür
  5. Gehen mit Tür zur Karosse
  6. Positionieren der Tür an der Karosse
  7. Vorbereitende Montagetätigkeiten verrichten
  8. Befestigen der Tür an der Karosse

Abb. A2.2 Wegediagramm zu den Transportbändern mit Arbeitsgegenstand und mit Produkt

Bild

Arbeitsaufgabe:

Arbeitsmittel:

Arbeitsplatz:

Arbeitsumgebung:

Beanspruchungsermittlung

Es treten bei der Durchführung der Tätigkeit ungünstige Körperhaltungen, z.B. Vorbeugen des Oberkörpers in Kombination mit der manuellen Lastenhandhabung auf.

Bei der dargestellten Tätigkeit ist die Arbeitsfolge ohne Freiheitsgrade fest vorgegeben. Da sich dadurch Monotonie-Erlebnisse nicht ausschließen lassen, erfolgte mit dem REBA-Verfahren (Pohlandt et al. 1996) die Bestimmung der Monotonie, für die sich ein Wert von 40 ergab. Außerdem verlangt die Tätigkeit eine hohe Aufmerksamkeit aufgrund der Austaktung und den entgegengesetzt verlaufenden Transportbändern. Daher erfolgte weiterhin - ebenfalls mit dem REBA-Verfahren - eine Untersuchung der auftretenden Ermüdung. Hier ergab sich ein Wert von 46.

A2.2.2 Beurteilung

Zu prüfen war die Schädigungslosigkeit und Beeinträchtigungsfreiheit. In Anbetracht der manuellen Lastenhandhabung wurde hierfür die Leitmerkmalmethode (Heben, Halten, Tragen) herangezogen.

Bewertung:

- Lastgewicht:4 Punkte (14 kg, Frau)
- Körperhaltung:3 Punkte (gerade und auf Schulter)
- Ausführungsbedingungen:0 Punkte (gute Aufnahme und Platzierung)
- Häufigkeit:6 Punkte (400 mal)
- Gesamt:42 Punkte

42 Punkte nach der Leitmerkmalmethode entsprechen der Enstufung "gelb". Somit erreicht die Beanspruchung beim eben und Tragen von Lasten ein Niveau, das Gestaltungsmaßnahmen empfiehlt.

Tages-Lärmexpositionspegel beträgt 50 dB am Arbeitsplatz und liegt damit unterhalb des zulässigen Grenzwertes (80 dB).

Das mittlere horizontale Beleuchtungsniveau beträgt 500 Lux und entspricht damit den Anforderungen der Tätigkeit.

Der für die Monotonie ermittelte Wert entspricht der Bewertungsstufe 3 und weist auf eine starke Befindensbeeinträchtigung hin, denen mit Arbeits- und Organisationsgestaltung entgegenzuwirken ist.

Das Ermüdungsniveau erreicht die Bewertungsstufe 2, d. h., es liegt eine leichte Befindensbeeinträchtigung vor. Da jedoch keine Leistungsverschlechterung beobachtbar war, sind Gestaltungsmaßnahmen hier nicht erforderlich.

A2.2.3 Maßnahmen

Mit Hilfe eines geeigneten Manipulators wird die Belastung beim Heben und Tragen von Lasten soweit gesenkt, dass der Arbeitsplatz den Anspruch der Schädigungslosigkeit erfüllt (Einstufung grün). Ein Manipulator ist dann geeignet, wenn er nachfolgende Kriterien erfüllt:

Anhand eines Unterstützungsmotors und durch die Einhand-Bedienung konnte die leichte Bedienbarkeit gewährleistet werden. Dadurch kann die zweite Hand als zusätzliches Hilfsmittel zur genauen Positionierung genutzt werden. Des Weiteren erhielt der Manipulator einen Druckspeicher mit Anzeige, um bei Energieverlust die Funktionsfähigkeit zu sichern.

Um das Monotonie-Erleben zu reduzieren, erfolgte die Einführung von Job-Rotation.

A2.3 Untersuchung eines Arbeitsplatzes mit Belastung durch Informationsaufnahme: Fahrerarbeitsplatz im Seitenlader-Abfallsammelfahrzeug

Zweck des Arbeitssystems ist die Abfallbehälteraufnahme und -entleerung über ein Fahrzeug mit einem Auslegerarm (Seitenladerfahrzeug), welches in Kleinstädten und ländlichen Gebieten eingesetzt wird.

A2.3.1 Ermittlung

Beschreibung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung

Beim Arbeitsmittel handelt sich um ein Nutzfahrzeug mit einem Auslegerarm, der rechts hinter der Fahrerkabine positioniert ist. Zur Verbesserung der Sicht im Arbeitsbereich des Auslegerarms ist das Fahrzeug mit einem Rechtslenkerfahrerhaus ausgestattet. Die Fahrerkabine hat eine Innenabmessung von 2036 mm Breite, 1570 mm Höhe und 1500 mm Tiefe. Auf der linken Seite des Fahrerarbeitsplatzes befinden sich ein Joystick, ein Betätigungspult, das über weitere Schalter zur Steuerung des Greifarms verfügt, und ein Hebel für das Automatikgetriebe. Auf dem Armaturenbrett ist ein Monitor angebracht. Über diesen Monitor kann sich der Fahrer drei Kameraperspektiven anzeigen lassen. Die eine Kamera ist im rückwärtigen Bereich des Fahrzeuges angebracht, sodass der Fahrer für Rückwärtsfahrten den Bereich hinter seinem Fahrzeug einsehen kann. Eine Kamera ist auf der linken Seite des Fahrzeuges montiert und erfasst die Fahrbahn und den Straßenverkehr. Diese Kameraperspektive unterstützt den Fahrer beim Einfädeln in den fließenden Straßenverkehr. Die dritte Kameraperspektive dient der Überwachung des Greifarms innerhalb des Schüttraumes zur Kontrolle der Behälterentleerung.

Abb. A2.3 Fahrerarbeitsplatz in der Fahrerkabine
(Quelle: Hillecke, M.; Schütte, M.; Laurig, W.: Anthropometrische Analyse und Gestaltung des Fahrerarbeitsplatzes eines Seitenlader-Abfallsammelfahrzeuges. Z. ARB. WISS. 54, 2000, 3-4, S. 249-257)

Bild

Der Fahrer befindet sich in einer klimatisierten geschlossenen Fahrerkabine.

Beschreibung der Tätigkeiten

Die Tätigkeiten des Fahrers umfassen das Fahren im Straßenverkehr, Anfahren von Abfallbehältern, das Betätigen des Auslegerarms über Joystick: Abfallbehälter greifen, zum Schüttraum führen, in den Schüttraum entleeren, das Wiedereinfädeln in den Straßenverkehr und Anfahren des nächsten Abfallbehälters. Dabei muss er das Passieren von Engpässen, das Umfahren von Hindernissen und sonstige ungünstige Straßenverhältnissen (geringe Durchfahrtshöhen, weiche Bankette und erhöhtes Verkehrsaufkommen) im Rechtslenkerfahrerhaus bewältigen. Des Weiteren muss er Personen im Gefahrenbereich erkennen und entsprechend reagieren. Bei ungünstig abgestellten Abfallbehältern wird ggf. das Fahrzeug verlassen, der Behälter umgestellt, das Fahrzeug wieder bestiegen und der Auslegearm betätigt.

Belastungsermittlung

Bei der Belastungsermittlung sind u. a. zu berücksichtigen:

Bei der Überprüfung der Gestaltung der Arbeitsmittel wird von einem Menschmodell einer kleinen Frau (5. Perzentil) und eines großen Mannes (95. Perzentil) ausgegangen (siehe auch Literaturverzeichnis: DIN 33402-2 Ergonomie - Körpermaße des Menschen - Teil 2: Werte (Ausgabedatum: 2005-12)).

Die für den beschriebenen Arbeitsplatz vorgenommene Belastungsanalyse ergibt:

Abb. A2.4 Sehbedingungen des Fahrers bei aus- und eingefahrenen Auslegerarm in Draufsicht und Vorderansicht
(Quelle: Hillecke, M.; Schütte, M.; Laurig, W.: Anthropometrische Analyse und Gestaltung des Fahrerarbeitsplatzes eines Seitenlader-Abfallsammelfahrzeuges. Z. ARB. WISS. 54, 2000, 3-4, S. 249-257.)

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Die Aufgabe des Fahrers wird insbesondere erschwert durch Personen im Gefahrenbereich (Auslegerarm, Fahr- und Rückfahrbereich), Verkehr, schlechte Straßen- und Witterungsbedingungen.

Beanspruchungsermittlung

Es werden folgende Beanspruchungsschwerpunkte ermittelt:

Zum Einsehen des Gefahrenbereiches am Greifarm während der Behälteraufnahme und -entleerung muss der Fahrer je nach Anzahl der zu entleerenden Abfallbehälter sehr häufig eine ergonomisch ungünstige Haltung einnehmen. Deswegen ist auch bei gesunden Beschäftigten mit einer hohen Beanspruchung zu rechnen.

Die dargestellte Tätigkeit zur Steuerung der Maschine verlangt gerade bei vielen Personen im und in der Nähe des Gefahrenbereiches sowie bei schlechten Straßenverhältnissen und hohem Straßenverkehrsaufkommen eine hohe Daueraufmerksamkeit.

A2.3.2 Beurteilung

Die Beurteilung der Belastung und Beanspruchung ist auf der Grundlage von Kriterien der menschengerechten Arbeitsgestaltung vorzunehmen (siehe auch Literaturverzeichnis: DIN EN 894-1 Sicherheit von Maschinen - Ergonomische Anforderungen an die Gestaltung von Anzeigen und Stellteilen - Teil 1: Allgemeine Leitsätze für Benutzer-Interaktion mit Anzeigen und Stellteilen (Ausgabe 2009-01) und DIN 33408-1 Körperumrissschablonen - Teil 1: Für Sitzplätze (Ausgabedatum: 2008-03)).

Die entsprechende Beurteilung des Arbeitsplatzes führt zu folgendem Ergebnis:

Der Arbeitsplatz erfüllt nicht das Kriterium der Schädigungslosigkeit, da durch das häufige Auftreten von Körperhaltungen mit stark gedrehtem Kopf und Rumpf gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden können.

Von den für die Fahrt relevanten Bedienelementen 1. Ordnung (Lenker, Blinker etc.) befinden sich alle innerhalb des physiologisch maximalen Greifraums. Damit entspricht die Tätigkeit dem Kriterium der Ausführbarkeit.

Die Arbeitsfolge zur Behälterentleerung lässt wenige Variationen zu. Mit Monotonie- und Sättigungserlebnissen ist jedoch aufgrund der sich ändernden Begebenheiten im Straßenverkehr und Einflussnahme des Fahrers durch sein Fahrverhalten trotzdem nicht zu rechnen. Die erhöhte Daueraufmerksamkeit bei teilweise nicht optimalen Sichtbedingungen in Fahrzeugnähe kann Beanspruchungsfolgen wie Ermüdung und eine herabgesetzte Wachsamkeit bewirken, die wiederum Fahrfehler zur Folge haben können.

A2.3.3 Maßnahmen

Die ungünstige Körperdrehung bei der Behälterentleerung kann vermieden und die Sehbedingungen können verbessert werden durch den Einbau eines drehbaren Fahrersitzes, Verlagerung des Joysticks (z.B. Integration im Fahrersitz und mit dem Fahrersitz mitdrehend) und einer breiteren Fensterfläche auf der rechten Seite des Fahrers. Diese bauliche Veränderung des Fahrzeuges ist in Abstimmung mit dem Fahrzeughersteller vorzunehmen und ggf. einer Prüfung zur Betriebserlaubnis nach der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger bzw. nach Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zu unterziehen (Fahrzeugzulassung). Bei weiteren Maßnahmen zur Veränderung der maschinellen Aufbauten wie z.B. dem Greifarm sind die Bestimmungen zum Bereitstellen auf dem Markt, z.B. das Maschinenrecht, zu befolgen. Die Maßnahmen sind bei der Auswahl (Erwerb) weiterer Seitenladerfahrzeuge zu berücksichtigen.

Einer Ermüdung bedingt durch die ständige Daueraufmerksamkeit kann durch zusätzliche Kurzpausen und Gestaltung der Abfuhrgebiete (z.B. Größe der Abfuhrgebiete, Aufteilung auf mehrere Fahrer, ggf. Rotation der Abfuhrgebiete mit schwierigen Straßenverhältnissen etc.) begegnet werden.

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Beispiele für Gefährdungen durch Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmittel und ArbeitsmittelAnlage 3

A3.1 Mechanische Gefährdung bei mehreren sich unabhängig voneinander bewegenden Arbeitsmitteln

A3.1.1 Ermittlung

Überschneiden sich die Arbeitsbereiche mehrerer Arbeitsmittel, können diese zusammenstoßen und in dessen Folge umfallen.

A3.1.2 Beurteilung

Durch das umfallende Arbeitsmittel können Beschäftigte getroffen werden und schwerste Verletzungen erleiden.

A3.1.3 Maßnahmen

Sofern die Überschneidung der Arbeitsbereiche betrieblich nicht vorgesehen ist, können die Bewegungen begrenzt werden, um eine Überschneidung der Arbeitsbereiche zu verhindern.

Sofern die Überschneidung der Arbeitsbereiche betrieblich erforderlich ist, muss der Arbeitsablauf vor Beginn der Arbeiten festgelegt und für eine einwandfreie Verständigung der Bediener untereinander gesorgt werden.

A3.2 Gefährdungen durch ungeeignete Platzierung von unter Druck stehenden Arbeitsmitteln

A3.2.1 Ermittlung

Wird ein Druckbehälter im Arbeitsbereich eines Hebezeuges platziert, besteht bei Kollision die Gefahr des Zerknalls.

A3.2.2 Beurteilung

Aufgrund des Zerknalls wegfliegender Teile können Beschäftigte getroffen und verletzt werden.

A3.2.3 Maßnahmen

Sicherheitsgerechte Begrenzung des Arbeitsbereiches des Hebezeuges, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.

Druckgerät außerhalb des Arbeitsbereichs des Hebezeuges oder außerhalb des Arbeitsraumes platzieren.

A3.3 Gefährdungen durch physikalische Einwirkung (elektromagnetisch) eines tragbaren Funkgeräts auf die Steuerung einer Maschine

A3.3.1 Ermittlung

Elektronische Steuerungen von Maschinen sind aufgrund der EMV-Richtlinie und den zugehörigen harmonisierten Europäischen Normen gegenüber den üblicherweise vorkommenden elektromagnetischen Feldern ausreichend geschützt. Jedoch kann durch starke elektromagnetische Felder, welche die Werte überschreiten, die den entsprechenden Normen zugrunde liegen, eine Beeinflussung der Steuerungen von Maschinen oder Anlagen erfolgen.

Bei Justier- oder Einrichtarbeiten können Maschinen oder Anlagen oft nicht vollständig freigeschaltet werden. Wird bei diesen Arbeiten ein sehr leistungsstarkes Funkgerät in direktem Kontakt zu deren Steuerungen betrieben, kann die auftretende hohe Feldstärke die Steuerungselektronik der Maschine oder Anlage beeinflussen und unerwünschte Maschinenbewegungen auslösen.

A3.3.2 Beurteilung

Durch die unerwartete, unkontrollierte Bewegung können die Personen, die die Justier- oder Einrichtarbeiten durchführen, verletzt werden.

A3.3.3 Maßnahmen

Da die Feldstärke mit zunehmendem Abstand vom Sender schnell auf unkritische Werte abnimmt, ist ein ausreichender Sicherheitsabstand zwischen Funkgerät und der Steuerung der Maschine oder Anlage einzuhalten.

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Beispiele für Gefährdungen durch Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmittel und ArbeitsgegenständenAnlage 4

A4.1 Mechanische Gefährdung beim Zerspanen von Werkstoffen

A4.1.1 Ermittlung

Beim Zerspanen insbesondere von metallischen Werkstoffen entstehen je nach Rahmenbedingung (Material, Schnittgeschwindigkeit etc.) unterschiedlich ausgeprägte Späne, die scharfkantig oder heiß sein können und unkontrolliert wegfliegen.

A4.1.2 Beurteilung

Die scharfkantigen oder heißen Späne können den Bediener während der Bearbeitung treffen und zu Verletzungen oder Verbrennungen führen.

A4.1.3 Maßnahmen

Maschinen an geeigneter Stelle ganz oder teilweise einhausen sowie eine schützende Sichtscheibe installieren.

A4.2 Mechanische Gefährdung durch ein unkontrolliert bewegtes Werkstück

A4.2.1 Ermittlung

Beim Bearbeiten eines Werkstückes kann sich das befestigte Werkstück lösen und sich unkontrolliert bewegen.

A4.2.2 Beurteilung

Die bedienende Person kann von dem unkontrolliert bewegten Werkstück getroffen und dadurch verletzt werden.

A4.2.3 Maßnahmen

Werkstück formschlüssig befestigen.

A4.3 Elektrische Gefährdung durch elektrisch leitende Arbeitsgegenstände und nicht ausreichende Schutzart (Isolierung) des elektrischen Arbeitsmittels

A4.3.1 Ermittlung

Schleifstaub, der beim Bearbeiten von Blechen mit einem Winkelschleifer entsteht, wird mit der zur Kühlung dienenden Luft angesaugt und lagert sich im Winkelschleifer ab. Es entsteht so eine elektrisch leitfähige Schicht, die von unter Spannung stehenden Teilen bis zu Lüftungsöffnungen des Winkelschleifers reicht.

A4.3.2 Beurteilung

Beim Berühren der Lüftungsöffnungen kann es zu einer Körperdurchströmung kommen.

A4.3.3 Maßnahmen

Zur Verfügung stellen und Verwenden von druckluftbetriebenen Werkzeugen oder von Werkzeugen mit ausreichender Schutzart.

A4.4 Gefährdung durch explosionsartiges Verdampfen ("physikalische Explosion")

A4.4.1 Ermittlung

In Anlagen mit sehr heißen und kalten Flüssigkeiten (flüssiges Roheisen/Wasser) kann es bei Kontakt dieser Flüssigkeiten zur explosionsartigen Verdampfung der kalten Flüssigkeit kommen. Dabei wird ein Teil der heißen Flüssigkeit unkontrolliert weggeschleudert und kann brennbare Materialien entzünden.

A4.4.2 Beurteilung

Durch den entstehenden Brand können Beschäftigte Verbrennungen erleiden. Ferner können Beschäftigte von der heißen flüssigen Masse getroffen werden und erleiden schwere Verbrennungen.

A4.4.3 Maßnahmen

Trennung kalter und heißer Flüssigkeit.

A4.5 Thermische Gefährdung bei Beschädigung von Anlagenteilen durch Erosion

A4.5.1 Ermittlung

Anlagenteile (Arbeitsmittel) können z.B. durch Erosion geschwächt werden. Bei Tätigkeiten mit derartig geschwächten Arbeitsmitteln können diese versagen. Dies kann zu einem Leck oder Abriss führen, wobei Medien freigesetzt werden.

A4.5.2 Beurteilung

Werden dabei kalte oder heiße Arbeitsstoffe freigesetzt, tritt eine thermische Gefährdung der Beschäftigten auf.

A4.5.3 Maßnahmen

Verstärkte Ausführung der Anlagenteile, angepasste Instandhaltungsintervalle, Prüfung der Anlagenteile, Verwenden von persönlicher Schutzausrüstung.

A4.6 Gefährdung durch physikalische Einwirkung durch Lärmimmissionserhöhung beim Bearbeiten von Werkstücken aus anderem Werkstoff

A4.6.1 Ermittlung

Der Schallleistungspegel von Zerkleinerungsmaschinen für Kunststoffe ist von der Härte des Einsatzstoffes abhängig. Beim Beschicken der Maschine mit härteren Einsatzstoffen ergeben sich erheblich höhere Lärmpegel.

A4.6.2 Beurteilung

Beschäftigte können durch den erhöhten Schallleistungspegel gefährdet werden.

A4.6.3 Maßnahmen

Aufstellung der Maschine in einem separaten Raum oder Schallisolierung der Maschine.

A4.7 Gefährdung durch Einwirkung von Chlor und Austritt von Chlorgas aufgrund von Korrosion

A4.7.1 Ermittlung

In einer Chlorungsanlage einer Wasseraufbereitungsanlage kann das Rückströmen von Wasser in Chlorgas führende Leitungen zur beschleunigten Korrosion und infolgedessen zu einer Chlorgasfreisetzung führen.

A4.7.2 Beurteilung

Gefährdung der Beschäftigten durch das Austreten von giftigem Chlorgas.

A4.7.3 Maßnahmen

Verhinderung des Rückströmens von Wasser durch Druckdifferenzüberwachung, Rückströmsicherungen oder durch Einsatz einer Vakuum-Chlordosieranlage, Installation von Chlorgaswarneinrichtungen, Prüfung der Anlagenteile.

A4.8 Gefährdung durch Beschädigung mechanischer Positionsschalter durch Abrieb und damit einhergehende chemische Einwirkung

A4.8.1 Ermittlung

Staubentwicklung kann zum Abrieb der Antriebsrolle aus Kunststoff an mechanischen Positionsschaltern führen. In der Folge kann die Verriegelung der trennenden Schutzeinrichtungen versagen.

A4.8.2 Beurteilung

Durch Versagen der Schutzeinrichtung werden Beschäftigte gefährdet.

A4.8.3 Maßnahmen

Einsatz von berührungslos wirkenden Positionsschaltern.

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Beispiele für Gefährdungen durch Wechselwirkungen mit der ArbeitsumgebungAnlage 5

A5.1 Mechanische Gefährdung durch Quetschen zwischen sich bewegenden Arbeitsmitteln und ortsfesten Gegenständen in der Arbeitsumgebung

A5.1.1 Ermittlung

Bewegliches Arbeitsmittel nähert sich so weit einer Wand, dass Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden.

A5.1.2 Beurteilung

Es besteht die Gefahr, dass Körperteile von Beschäftigten eingequetscht werden.

A5.1.3 Maßnahmen

Sicherheitsabstand herstellen oder Quetschstelle sichern.

A5.2 Mechanische Gefährdung durch Kippen von Arbeitsmitteln, hervorgerufen durch Winddruck auf Arbeitsmittel

A5.2.1 Ermittlung

Aufragende Arbeitsmittel wie z.B. Hubarbeitsbühnen sind im Arbeitsbetrieb nicht mehr standsicher, wenn bestimmte Windlasten überschritten werden.

A5.2.2 Beurteilung

Durch Kippen des Arbeitsmittels können Beschäftigte abstürzen oder getroffen werden.

A5.2.3 Maßnahmen

Grenzwerte beachten.

A5.3 Mechanische Gefährdung durch Kippen eines Arbeitsmittels aufgrund nicht ausreichender Tragfähigkeit des Untergrunds

A5.3.1 Ermittlung

Die Tragfähigkeit des Untergrunds nimmt ab, wenn z.B. gefrorener Untergrund auftaut oder das Arbeitsmittel, z.B. Gerüst oder Kran, zu nah an einer Grube steht. In der Folge kann das Arbeitsmittel umkippen.

A5.3.2 Beurteilung

Durch Kippen des Arbeitsmittels können Beschäftigte abstürzen oder getroffen werden.

A5.3.3 Maßnahmen

Arbeitsmittel ordnungsgemäß aufstellen. Die vom Arbeitsmittel ausgehende Flächenpressung ist so zu verteilen, dass der Untergrund diese aufnehmen kann oder seine Tragfähigkeit wird verbessert (z.B. Verbau). Kontrolle der Tragfähigkeit des Untergrunds.

A5.4 Elektrische Gefährdung beim Berühren unter Spannung stehender Freileitungsseile durch sich bewegende Arbeitsmittel

A5.4.1 Ermittlung

Beim Verwenden von Arbeitsmitteln in der Nähe von Starkstromleitungen besteht die Gefahr, dass das Arbeitsmittel einer Freileitung so nah kommt, dass es zu einem Überschlag von den Freileitungsseilen zum Arbeitsmittel kommt oder die Isolierung eines Starkstromkabels beschädigt wird und dadurch Arbeitsmittel unter Spannung stehen.

A5.4.2 Beurteilung

Beschäftigte können durch Körperdurchströmung gefährdet werden.

A5.4.3 Maßnahmen

Erkundung der Arbeitsumgebung und Freileitung abschalten oder abschranken. Ein Arbeitsmittel verwenden, das der Freileitung nicht zu nah kommt bzw. die Isolierung des Stromkabels nicht beschädigt. Arbeitsmittel erden.

A5.5 Elektrische Gefährdung beim Verwenden elektrischer Arbeitsmittel in leitfähigen Bereichen mit begrenzter Bewegungsfreiheit

A5.5.1 Ermittlung

In einem engen Behälter mit leitender Oberfläche besteht eine erhöhte elektrische Gefährdung, weil die leitfähige Umgebung bei dieser Arbeit großflächig mit dem Körper berührt werden kann. Beim Auftreten eines Isolationsfehlers im Arbeitsmittel oder an der Leitung kann elektrischer Strom den menschlichen Körper durchströmen.

A5.5.2 Beurteilung

Aufgrund des geringen Körperwiderstandes kann es zu einem so hohen Strom durch den menschlichen Körper kommen, dass auch trotz kurzer Einwirkungsdauer Lebensgefahr besteht.

A5.5.3 Maßnahmen

Verwendung von elektrischen Arbeitsmitteln mit Schutzkleinspannung oder Schutztrennung.

A5.6 Brand- und Explosionsgefährdung bei Beschädigung von Rohrleitungen mit entzündbaren Gasen oder Flüssigkeiten

A5.6.1 Ermittlung

Eine Beschädigung von Rohrleitungen mit entzündbaren Gasen oder Flüssigkeiten kann zur Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre führen.

A5.6.2 Beurteilung

Die explosionsfähige Atmosphäre kann entzündet werden z.B. durch nicht explosionsgeschützte Arbeitsmittel.

A5.6.3 Maßnahmen

Maßnahmen nach TRBS 1112 Teil 1. Erkundung der Arbeitsumgebung und z.B. erforderlichenfalls Handschachtung.

A5.7 Thermische Gefährdung durch Erwärmen von Arbeitsmitteln durch die Arbeitsumgebung

A5.7.1 Ermittlung

Bei Arbeiten unter Hitzeeinwirkung in Kesseln oder Öfen können sich Arbeitsmitteloberflächen auf die Innentemperatur erhitzen.

A5.7.2 Beurteilung

Bei Temperaturen über 60 °C kann sich eine Gefährdung durch Kontakt mit heißen Oberflächen am Arbeitsmittel ergeben.

A5.7.3 Maßnahmen

Arbeitsmittel wärmeisolieren. Entfernen des Arbeitsmittels in Arbeitspausen aus dem Hitzearbeitsbereich. Verwendung persönlicher Schutzausrüstung.

A5.8 Gefährdung durch physikalische Einwirkung aufgrund der Auswirkung der Gestaltung und der Emissionen in der Arbeitsumgebung auf die Immissionen

A5.8.1 Ermittlung

Die Situation in einer Maschinenhalle ist durch hohe Lärmpegel gekennzeichnet, jedoch liegt an keinem der Arbeitsplätze ein gesundheitsgefährdender Lärmpegel vor. Eine neue Maschine, die zusätzlich in dieser Maschinenhalle errichtet wird, hat für sich alleine beurteilt ebenfalls unkritische Schallemissionswerte.

A5.8.2 Beurteilung

Aufgrund des bereits vorhandenen hohen Lärmpegels in der Maschinenhalle erreicht die Schallimmission durch die zusätzlich aufgestellte Maschine an Arbeitsplätzen in der Halle ein gesundheitsgefährdendes Niveau.

A5.8.3 Maßnahmen

Schallschutzkapselung einzelner Maschinen. Verbesserung der Raumakustik (z.B. Verbesserung der Schallabsorption von Decke und Wänden). Gegenseitige Verriegelung einzelner Maschinen, damit diese nicht gleichzeitig betrieben werden können.

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Gefährdung durch Manipulation von technischen Schutzeinrichtungen - Ermittlung der ManipulationsanreizeAnlage 6

Manipulation von Schutzeinrichtungen ist nicht zulässig. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung für die Aufrechterhaltung aller entsprechend der Gefährdungsbeurteilung vorgesehenen Schutzmaßnahmen. Durch die Manipulation von Schutzeinrichtungen wird das Unfallrisiko bei Tätigkeiten mit dem betroffenen Arbeitsmittel wissentlich erhöht.

Anreize zur Manipulation von Schutzeinrichtungen werden vermieden, wenn z.B.

Bei der Auswahl von Schutzeinrichtungen und Arbeitsmitteln sowie bei der Festlegung von Arbeitsabläufen sind die oben genannten Maßnahmen zu berücksichtigen. Wenn im laufenden Betrieb die Manipulation von Schutzeinrichtungen festgestellt wird, ist das Arbeitsmittel außer Betrieb zu nehmen. Vor Wiederinbetriebnahme ist die Gefährdungsbeurteilung neu durchzuführen.

Bei Änderung der Betriebsweise oder Änderung am Arbeitsmittel ist eine Abstimmung mit dem Hersteller/Inverkehrbringer anzuraten. Es empfiehlt sich, die nachfolgende Tabelle gemeinsam mit dem Hersteller/Inverkehrbringer zu erörtern, um Lösungen herbeizuführen:

  1. Sämtliche vorgesehenen Betriebsarten der Maschine sind zu identifizieren, z.B. Automatik, Einrichten, Manuell usw.
  2. Alle einzelnen Tätigkeiten, die an der Maschine durchgeführt werden, sind in den Tabellenzeilen zu erfassen und in der Spalte der entsprechenden Betriebsart mit einem "x" zu kennzeichnen.
    Hinweis: Auch selten durchgeführte Tätigkeiten sind zu berücksichtigen, da die Manipulation von Schutzeinrichtungen häufig nicht wieder rückgängig gemacht wird.
  3. In den folgenden beiden Spalten ist mittels "ja" bzw."nein" zu beantworten, ob die Durchführung der beabsichtigten Aufgabe in dieser Betriebsart zulässig und auch möglich ist, ohne eine Schutzeinrichtung zu manipulieren. Ein "nein" weist auf eine unsichere Maschine hin. Die Konstruktion der Maschine muss dann unbedingt verbessert werden.
    Hinweis: Praxisgerechte Betriebsarten stellen ein wichtiges Mittel dar, um die Manipulation von Schutzeinrichtungen unnötig oder uninteressant zu machen.
  4. In den weiteren Spalten werden mögliche Vorteile des Arbeitens ohne Schutzeinrichtung eingetragen und bewertet: die entsprechende Zelle ist mit "0" (keine Vorteile), "+" (leichte Vorteile) bzw."++" (deutliche Vorteile) zu kennzeichnen. Die Einträge "++" und "+" weisen auf Betriebsbedingungen hin, unter denen der Arbeitsablauf durch die Schutzeinrichtung behindert wird. Der Arbeitgeber hat dann u. a. zu prüfen, ob eine verbesserte hindert wird Der Arbeitgeber hat dann praxisgerechtere Schutzeinrichtung möglich ist, ob Bedienhandlungen oder Arbeitsabläufe verbessert werden können.

Tab. A6.1 Manipulationsanreiz einer Schutzeinrichtung bestimmen - Vorlage

Bild

Tabelle A6.2 zeigt ein beispielhaftes Ergebnis für die Anwendung von Tabelle A6.1 an der Schutztür einer Werkzeugmaschine. Lässt sich der Manipulationsanreiz nicht vollständig beseitigen, verfügt der Konstrukteur als letztes Mittel nur noch über die Möglichkeit, die Manipulation einer Schutzeinrichtung zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.

Tab. A6.2 Manipulationsanreiz einer Schutzeinrichtung bestimmen - Beispiel

Bild

Anmerkung 1:
Zur Durchführung des Verfahrens ist unter der Internetadresse

www.dguv.de/ifa/Praxishilfen/Bewertungsschemafür-Manipulationsanreize/index.jsp

eine ausführliche Erläuterung und eine EXCEL-Tabelle erhältlich.

Anmerkung 2:
Weitere Informationen zur Manipulation von Schutzeinrichtungen an Maschinen sind unter der Internetadresse

www.stoppmanipulation.org

erhältlich.

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LiteraturverzeichnisAnlage 7

[1] DGUV Information 206-007: Gesund und fit im Kleinbetrieb. So geht's mit Ideen-Treffen. Tipps für Wirtschaft, Verwaltung und Dienstleistung.

[2] Kleine Ergonomische Datensammlung, Hrsg. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; W. Lange, A. Windel; TÜV Media (15. überarbeite Auflage)

[3] BGHM Fachinformation Nr. 0034 "Händigkeitsgerechtes Arbeiten. Hinweise in Regelwerken und arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse", Hrsg. Berufsgenossenschaft Holz und Metall, 10/2013
(www.bghm.de > Webcode: 520)

[4] Normen-Recherche Ergonomie (ErgoNoRA) (www.nora.kan.de)

[5] Leitmerkmalmethode Heben, Halten, Tragen:

[6] Leitmerkmalmethode Manuelle Arbeitsprozesse:

[7] Leitmerkmalmethode Ziehen, Schieben:

[8] Themenbezogene Normen:

*) Gemäß § 21 Absatz 4 der am 1. Juni 2015 in Kraft tretenden Betriebssicherheitsverordnung (BGBl. I S. 49) macht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die anliegende vom Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) beschlossene Technische Regel für Betriebssicherheit sowie die Aufhebung einer Technischen Regel bekannt:
1.
Aufhebung der TRBS 2210
Die TRBS 2210 "Gefährdungen durch Wechselwirkungen" Ausgabe: September 2006 (BAnz. Nr. 232a, S. 32 vom 09.12.2006) wird aufgehoben.
2.
Neufassung der TRBS 1151
Die TRBS 1151 "Gefährdungen an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsmittel - Ergonomische und menschliche Faktoren -", Ausgabe August 2007 (GMBl 2007, S. 934 [ Nr. 47]), wird unter dem Titel "Gefährdungen an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsmittel - Ergonomische und menschliche Faktoren, Arbeitssystem -" neu gefasst.

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