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TRGS 602 - Einsatzstoffe und Verwendungsbeschränkungen - Zinkchromate und Strontiumchromat als Pigmente für Korrosionsschutz-Beschichtungsstoffe
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Ausgabe Mai 1988
(BArbBl. 5/1988 S. 46; GMBl. 23.06.2022 S. 468, aufgehoben)



Dieses Blatt gilt für den Einsatz von Ersatzstoffen und die Verwendungsbeschränkungen für Zinkchromat und Strontiumchromat als Pigmente für Korrosionsschutz-Beschichtungsstoffe.

Vorschriften der Verordnung über Gefahrstoffe (GefStoffV) sind eingearbeitet und kursiv dargestellt.

1 Anwendungsbereich

1.1 (1) Der Arbeitgeber soll prüfen, ob Stoffe oder Zubereitungen mit einem geringeren gesundheitlichen Risiko, als die von ihm in Aussicht genommenen, erhältlich sind. Ist dem Arbeitgeber die Verwendung dieser Stoffe und Zubereitungen zumutbar, soll er nur diese verwenden. Das Ergebnis der Prüfung nach Satz 1 ist der zuständigen Behörde auf Verlangen darzulegen.

(2) Der zuständigen Behörde ist unverzüglich anzuzeigen:

  1. die Herstellung eines krebserzeugenden Gefahrstoffes der Gruppe I oder II,
  2. ein Herstellungsverfahren, in dem zwischenzeitlich ein Stoff der Gruppe I oder II vorkommt,
  3. die Verwendung eines krebserzeugenden Gefahrstoffes der Gruppe I oder II zu dem Zweck, einen Stoff, eine Zubereitung oder ein Erzeugnis herzustellen oder, im Fall von Asbest, eine Leistung zu erbringen.

(3) Der Arbeitgeber hat den betroffenen Arbeitnehmern oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vorhanden ist, diesem einen Abdruck der Anzeige nach Absatz 2 zur Kenntnis zu geben.

(4) Die zuständige Behörde kann dem Arbeitgeber die Verwendung eines krebserzeugenden Gefahrstoffes untersagen

  1. bei krebserzeugenden Gefahrstoffen der Gruppe I, wenn deren Verwendung nicht erforderlich ist,
  2. bei krebserzeugenden Gefahrstoffen der Gruppe II, wenn

(5) Die Absätze 2 bis 4 und Nummer 1.2.3.2 Abs. 3 GefStoffV gelten nicht, wenn krebserzeugende Gefahrstoffe

  1. zum Zwecke der Forschung hergestellt oder verwendet werden,
  2. zum Zwecke der Prüfung ihrer Eigenschaften oder ihrer Zusammensetzung verwendet werden oder
  3. als Vergleichssubstanz für analytische Untersuchungen verwendet werden.

(6) Wird die Auslöseschwelle für krebserzeugende Gefahrstoffe der Gruppen II und III bei bestimmungsgemäßer Anwendung behördlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannter Verfahren oder Geräte nicht überschritten, gelten die §§ 18, 28 GefStoffV sowie Abs. 2 und 4 nicht.

1.2 Auch eine Unterschreitung von Grenzwerten entbindet nicht von der Verpflichtung zum Einsatz von Ersatzstoffen.

2 Stoffcharakteristik

Die Stoffcharakteristik der verschiedenen Zinkchromate und des Strontiumchromates zeigt Tab. 1.

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften und Wirkungen

Neben der passiven Beschichtung mit rein mechanischer Abschirmwirkung (barrier coatings) ist die Wirkungsweise von aktiven Korrosionsschutzpigmenten (anticorrosive coatings) auf Chromatbasis insbesondere bestimmter Zinkchromate durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet

Tabelle 1

Chemische BezeichnungFormelCAS*)Synonym/ HandelsnameAussehenLöslichkeit (g/l Wasser)
ZinkchromatZnCrO413530-65-9Chromsäure-Zinksalz (11), ZinkgelbZitronen gelbes Pulverunlöslich
Zinktetraoxi-
chromat 1)
ZnCr4 Zn(OH)2O415930-94-6Basisches Zinkchromat ZTO-Chromat: ZinktetrahydroxichromatGelbes Pulverca. 0,04
Basisches Zink-
kaliumchromat
4Zn·K20 4CrO3·3H2037300-23-5Basisches Zinkchromat C.I. Pigmentgelb Zinkchromat-Pigment: ZitronengelbZitronengelbe trikline Blättchen2.5-5
Zinkkalium-
chromat
KZn2(CrO4)2 OH11103-86-9Chromsäure-Kalium Zinksalz(2:2:l) ZinkgelbGelbes Pulvergeringfügig löslich
StrontiumchromatSrCrO47789-06-2Pigmentgelb 32 Strontiumchromat A StrontiumgelbGelbes Pulverca. 2
*) Chemical Abstract Service Nr: [7]
1) Hierbei sind auch andere Zinkpolyoxidchromate zu berücksichtigen

2.2 Hinweise auf Gesundheitsgefahren

(1) Neben sensibilisierenden und irritativen Wirkungen vorwiegend der Zinkchromate nach Haut und Schleimhautkontakt werden sowohl Zink- als auch Strontiumchromat in der MAK-Werte-Liste (5) als eindeutig krebserzeugend ausgewiesene Gefahrstoffe aufgeführt.

(2) Beim Menschen ist nach inhalativer Langzeitwirkung der Bronchialbereich als Zielorgan der Karzinombildung zu sehen. In der Zinkchromatpigment herstellenden Industrie (4) sowie bei Anwender zinkchromathaltiger Korrisionsschutzmittel im Spritzverfahren (3) wurde ein signifikant erhöhtes Bronchialkrebsrisiko ermittelt.

2.3 Gruppe nach GefStoffV

Zink- und Strontiumchromat sind im Anhang II Nr. 1.1 GefStoffV (11) in der Gruppe II (stark gefährdend) bei > 1 Gew.-% und in der Gruppe III (gefährdend bei < 1-0,1 Gew.-% in Gefahrstoffen) ausgewiesen.

2.4 Kennzeichnung

Stoffe und Zubereitungen werden mit der Aufschrift "Kann Krebs erzeugen in Form atembarer Stäube" und "GefahrstoffV-Gruppe II" gekennzeichnet.

3 Verwendung

(1) Zinkchromate und Strontiumchromat zählen zu den aktiven Korrosionsschutzpigmenten und werden sowohl in Haftgrundmitteln sowie auch in Grundanstrichen verwendet (2,9).

(2) Haftgrundmittel oder sog. Wash- bzw. Reaktionsprimer sind definiert als haftungsvermittelnde und darüber hinaus passivierende Mittel zur Metallvorbehandlung für den nachfolgenden Anstrich.

(3) Vorzugsweise verwendet werden 2-Komponenten-Washprimer mit mindestens 5 Gew.-% Zinktetraoxichromat als Korrosionsschutzmittel mit einem Chromanteil von ca. 15-20 % bezogen auf Chromsäure (CrO3) (6, 10, 12). Grundanstriche bzw. Grundbeschichtungen oder Grundierungen bestehen aus einer oder mehreren Schichten besonderer Haftfestigkeit zur Verbindung des Untergrundes mit den späteren Anstrichschichten. Als antikorrosiv wirkende Piginente finden insbesondere Zinkchromate unterschiedlicher stöchiometrischer Zusammensetzung wie z.B. basisches Zinkkaliumchromat und Strontiumchromat Anwendung.

(4) Gemäß DIN 55902 (6) enthalten Chrompigmente in Grundanstrichen einen Chromat-Gehalt von mindestens 42 % berechnet als Chromsäure und einen Zinkgehalt von 35 bis 40 % berechnet als Zinkoxid.

4 Ersatzstoffe und Ersatzverfahren

4.1 Ersatzstoffe

4.1.1 Haftgrundmittel

Für die passivierende Bearbeitung von Oberflächen, die aus Aluminium-Legierungen bestehen, bieten sich z.Z. noch keine Haftgrundmittel an, die zinkchromatfreie Rezepturen enthalten.

4.1.2 Grundanstriche

Zink- oder Strontiumchromate in Grundanstrichen sind je nach Anwendungsgebiet durch folgende Stoffe bzw. Verfahren ersetzbar.

4.1.2.1 Basisches Zinkphosphat-Hydrat und basisches Zinkaluminiumphosphat-Hydrat

(1) Die schützende Wirkung dieser aktiven Korrosionsschutzpigmente beruht auf einer Phosphatisierung des Metallgrundes.

(2) Gesundheitsgefahren

Bei anfallenden Schweißarbeiten von mit Zinkphosphat-/Zinkaluminiumphosphat-Pigmenten behandelten Werkstücken kann zinkoxidhaltiger Schweißrauch auftreten. Eine Inhalation dieser Rauche kann zu der als Zinkrauch-Fieber bekannten Symptomatik führen.

4.1.2.2 Zinkstaub

Bei Grundanstrichen mit Zinkstaub unterscheidet man zwei Arten:

  1. Die zinkstaubreichen Anstriche enthalten im Trockenfilm 92 bis 95 % reinen Zinkstaub. Das Bindemittel hat nur die Aufgabe, die Zink-Partikel zu benetzen und eine Haftung auf dem Untergrund zu gewährleisten.
  2. Bei den zinkarmen Anstrichen besteht die Pigmentierung aus einer Mischung von ca. 45 bis 64 % Zinkstaub und 10 bis 20 % Zinkoxid. Das Bindemittel wird nach der voraussichtlichen Belastung ausgewählt. Hauptsächlich eingesetzt werden Epoxidester, Epoxid-/Polyamid-Kombinationen und Alkylsilicate (2).

4.1.2.3 Bariummetaborat (BaB2O4 x H2O)

(1) Bariummetaborat ist sowohl in Dispersions- wie auch in Ölfarben als Korrosionsschutzpigment einsetzbar. Modifiziertes Bariummetaborat ist nicht nur auf Grundierungen beschränkt, sondern kann in allen Lackschichten eingesetzt werden. Somit ist in einem Mehrschichtaufbau ein durchgehender Korrosionsschutz gewährleistet. Es kann im Alkyd-, Acryl oder Epoxidharzen wie auch in Chlorkautschuk eingesetzt werden.

(2) Gesundheitsgefahren
Da es sich bei Bariummetaborat um eine in Wasser bis zu 0,4 % lösliche Verbindung handelt, ist sie anderen löslichen Bariumverbindungen in ihrer Gesundheitsgefährdung gleichzusetzen.

4.1.2.4 Bleihaltige Korrosionsschutzpigmente

(1) Auf den Einsatz von bleihaltigen Korrosionsschutzpigmenten sollte wegen möglicher Umweltbelastung weitestgehend verzichtet werden. Ausnahme:

Bleimennige für den schweren Korrosionsschutz bei Sanierung langlebiger Stahlbauten und wenn eine vollständige rostfreie Oberfläche während der Vorbehandlung nicht erzielt werden kann.

(2) Gesundheitsgefahren
Bleihaltigen Korrosionsschutzmitteln muß aus arbeitsmedizinisch-toxikologischer Sicht eine besondere Bedeutung zugemessen werden. Neben oraler Aufnahme kommt der inhalativen Inkorporation infolge Spritz-, Schleif- und insbesondere Schweißarbeiten besondere Bedeutung zu. (Für Schutzmaßnahmen beim Umgang mit bleihaltigen Korrosionsschutzmitteln s.a. TRGS 505.)

4.1.2.5 Zink- und Calciumferrite

Zink- und Calciumferrite werden auch als Korrosionsschutzpigmente eingesetzt. Ihre aktive Wirkung beruht auf einer Metallseifenbildung (13).

4.2 Ersatzverfahren

4.2.1 Phosphatieren

Phosphatierungen werden vorteilhaft bei Eisen-, aluminium- und zinkhaltigen Werkstoffen als Korrosionsschutzverfahren eingesetzt. Hierbei werden durch chem. Reaktionen auf den zu schützenden Metalloberflächen schwer lösliche Metallphosphate gebildet (8).

4.2.2 Zinkstaubfarbanstriche mittels Coil-Coating-Verfahren

(1) Die kontinuierliche Beschichtung von Blechen in großen Breiten und Längen wird als Coil-Coating bezeichnet. Beschichtet wird im Naß- oder Folienverfahren, wobei jeweils eine Kunststoffbeschichtung des Bleches erfolgt.

(2) Folgende Verfahren finden industriell Anwendung:

  1. DACROMED
    Eine wasserlösliche Dispersion auf Basis von Chromsäure und Zinkstaub wird bei ca. 150 °C auf dem Blech eingebrannt.
  2. ZINCROMETALL
    Ein Epoxidharz mit hohem Anteil an Zinkstaub wird bei ca. 250 °C auf dem zu beschichtenden Blech eingebrannt.
  3. INMOZINC
    Bei Imnozinc handelt es sich um einen Zweischichtaufbau auf vorphosphatiertem Blech:

4.2.3 Dickschichtsysteme

Korrosionsschutz für normale und teilweise auch hohe Beanspruchungen läßt sich auch mit Beschichtungssystemen erzielen, die frei von aktiven Pigmenten smd. Durch die Aufbringung höherer Schichtdicken wird die Diffusion von Wasserdampf und da-mit eine der Korrosionsursachen entscheidend gemindert. Eine Reihe dieser Dickschichtsysteme ist von der Bundesanstalt für Materialprüfung und -forschung geprüft und begutachtet worden.

4.2.4 Metallische Überzüge

4.2.4.1 Schmelztauchverfahren

Mit dem Schmelztauchverfahren können gleichmäßige und gut schützende metallische Überzüge hergestellt werden. An der Grenzzone findet eine Legierungsbildung statt. Durch Schmelztauchverfahren lassen sich beispielsweise verzinnte, verzinkte (feuerverzinkte), verbleite oder aluminierte Überzüge herstellen.

4.2.4.2 Diffusionsmetallüberzüge

Bei diesem Verfahren wird das Metall des schützenden Überzugs meist in Dampfform in der Hitze auf der Stahloberfläche abgeschieden und kann infolge Diffusion in unterschiedlicher Tiefe in das zu schützende Metall eindringen. Technisches Interesse haben die Verfahren:

  1. Chromdiffusion ("Inchromierung")
    Hierbei findet eine Anreicherung bis 35 % der äußeren Stahloberfläche (0,1 bis 0,2 mm) mit Chromatomen statt. Die Eigenschaften der so entstandenen Stahloberfläche entsprechen denen von Chrom-Stählen.
  2. Sherardisieren
    Bei dieser bei ca. 400 °C stattfindenden oberflächlichen Legierungsbildung von Stahl und Zink werden Korrosionsschutzüberzüge ähnlich denen der Feuerverzinkung gebildet. Sie weisen jedoch eine relativ rauhe Oberfläche auf, die eine gute Haftung nachfolgender Beschichtungen gewährleistet.

4.2.4.3 Elektroanalytische (galvanische) Überzüge

Bei diesem auch als Elektroplattierung bezeichneten Verfahren wird das Überzugsmaterial aus einer wäßrigen Lösung geeigneter Metallsalze auf dem als Kathode geschalteten Gegenstand abgeschieden. Als Metallsalze finden u.a. Zink, Zinn, Kupfer, Edelmetalle und Legierungen wie Messing und Bronze Verwendung. Besonders bewährt hat sich elektrolytisch verzinktes Blech. Wird die Oberfläche beschädigt, bilden sich zwischen dem Eisen und Zink galvanische Elemente. Zink als Anode schützt das Eisen vor Korrosion, bis es verbraucht ist (anodische Opferwirkung des Zinks).

5 Verwendungsbeschränkungen

Aufgrund der großen Bedeutung und der vereinzelt äußerst speziellen Anwendungsbereiche von Zink- und Strontiumchromat kann ein generelles Anwendungsverbot nicht ausgesprochen werden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die unter Nummer 4 aufgeführten Ersatzstoffe oder Ersatzverfahren Anwendung finden können. Sobald dies der Fall ist, sollten Zink- und Strontiumchromat ersetzt werden.

Literatur

(1) Adrian 0., Bittner A. und M. Gawohl: Neue Korrosionsschutzpigmente auf Phosphat-Basis, Farbe + Lack, 87. Jahrgang 10 (1981)

(2) Biethan U. et al.: Lacke und Lösungsmittel, Eigenschaften, Herstellung, Anwendung, Verlag Chemie, Weinheim, New York (1979)

(3) Dalager N. A.: Cancer mortality among workers exposed to zinc chromate paints, J. Occup, Med. 22, 1, 25-29 (1980)

(4) Davies J .M.: Lung cancer mortality among workers making lead chromats and zinc chromate pigments at three English factories. B.J. Ind. Med., 158-169 (1984)

(5)TRGS 900 "MAK-Werte 1987"

(6) DIN 55902 Zinkchromat-Pigmente

(7) IARC-Monographs: Some metals and metallic compounds, International agency for research on cancer (Hrsg.), Vol. 23 (1980)

(8) Oetteren van, K.-A.: Konstruktion und Korrosionsschutz, C.R. Vincentz Verlag, Hannover (1967)

(9) Oetteren van, K.-A.: Korrosionsschutz durch Beschichtungsstoffe, Carl Hanser Verlag, München (1980)

(10) Oetteren van, K.-A.: Ersatzstoffe für Chromatpigmente-Dokumentation - Bundesanstalt für Arbeitsschutz (1980)

(11) Verordnung über gefährliche Stoffe (Gefahrstoffverordnung-GefStoffV) vom 26. August 1986 (BGBl. I S.1470), geändert vom 16. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2721)

(12) Weise H.: Taschenbuch für Lackierbetriebe. C. R. Vincentz Verlag, Hannover (1978)

(13) Kresse P.: Farbe + Lack, 84 (1978), S. 156 bis 159

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