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TRGS 724 Gefährliche explosionsfähige Gemische -
Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken
Vom 2. Juli 2019
(GMBl. Nr. 33/34 vom 26.08.2019 S. 656)
- Bek. d. BMAS v. 2.7.2019 - IIIb 3 - 35125 - 5 -
ersetzt TRBS 2152 Teil 4
Textvergleich TRBS 2152-4 / TRGS 724
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder.
Sie werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Anwendungsbereich
(1) Diese Technische Regel konkretisiert die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu folgenden Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion gefährlicher explosionsfähiger Gemische auf ein unbedenkliches Maß beschränken:
Ferner findet sie Anwendung bei der Ermittlung der hierfür relevanten Inhalte des Explosionsschutzdokuments nach § 6 GefStoffV, dies umfasst unter anderem die Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen und die Festlegung der Anforderung an deren Ausführung.
(2) Die in dieser Technischen Regel aufgeführten Maßnahmen gelten - soweit sie Anforderungen an die Beschaffenheit beinhalten - nur für Anlagen, Geräte und Ausrüstungen, die nicht Geräte und Schutzsysteme im Sinne Richtlinie 2014/34/EU sind.
(3) Die im Folgenden beschriebenen Anforderungen zu Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes beziehen sich auf gefährliche explosionsfähige Atmosphären, sofern nicht anders erwähnt. Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes können auch bei nichtatmosphärischen Bedingungen angewandt werden, wenn Kenntnisse der Wirksamkeit dieser Maßnahmen unter den entsprechenden Bedingungen, z.B. andere Sauerstoffgehalte, andere Oxidationsmittel, andere Drücke und Temperaturen, vorliegen. Zum Einfluss der nichtatmosphärischen Bedingungen auf sicherheitstechnische Kenndaten siehe auch TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre".
(4) Bei Verwendung von MSR-Einrichtungen sind die Anforderung an die Zuverlässigkeit der Überwachung entsprechend TRGS 725 "Gefährliche, explosionsfähige Atmosphäre - Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen" festzulegen.
(5) Diese TRGS gilt auch für Verbrennungsreaktionen chemisch instabiler Gase, nicht aber für deren Zerfallsreaktionen. Sie gilt nicht für Reaktionen energiereicher Stoffe oder Gemische in der kondensierten Phase im Sinne der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen".
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Explosionsdruck (pex) und maximaler Explosionsdruck (pmax)
Explosionsdruck (pex) ist der unter festgelegten Versuchsbedingungen ermittelte Druck, der in einem geschlossenen Behälter bei der Explosion eines explosionsfähigen Gemisches mit bestimmter Zusammensetzung auftritt. Maximaler Explosionsdruck (pmax) ist der in Abhängigkeit vom Brennstoffanteil ermittelte höchste Explosionsdruck.
2.2 Zu erwartender Explosionsdruck (perw)
(1) Zu erwartender Explosionsdruck (perw) ist der maximale Druck, der in einem Anlagenteil bei realisiertem Schutzkonzept unter Berücksichtigung sowohl der gegebenen Anlagen und Verfahren als auch aller möglichen Betriebsparameter und Betriebszustände auftreten kann. Der zu erwartende Explosionsdruck kann sein:
(2) Der zu erwartende Explosionsdruck kann geringer sein als der maximale Explosionsdruck, wenn z.B. der Behälter nur zum Teil mit gefährlichem explosionsfähigem Gemisch gefüllt ist, die Gemischzusammensetzung für die Explosionsabläufe ungünstig ist oder Abkühlungseffekte durch umfangreiche Einbauten auftreten.
(3) Der zu erwartende Explosionsdruck kann höher sein als der maximale Explosionsdruck, wenn z.B. ein Vordruck in der Anlage vorhanden ist, ein Verdichten von unverbranntem Gemisch in Anlagenteilen bei der Reaktion möglich ist oder erhöhte Turbulenz (im Vergleich zu den Laborbedingungen) auftritt.
(4) Der zu erwartende Explosionsdruck entspricht dem reduzierten Explosionsdruck, wenn die Anlage durch Explosionsunterdrückung oder Explosionsdruckentlastung geschützt wird.
2.3 Reduzierter Explosionsdruck (pred)
Reduzierter Explosionsdruck (pred) ist der in einem durch Explosionsdruckentlastung oder Explosionsunterdrückung geschützten Behälter auftretende Explosionsdruck.
2.4 Explosionsfeste Bauweise
(1) Anlagenteile wie Behälter, Apparate, Rohrleitungen sind explosionsfest, wenn sie so gebaut sind, dass sie dem zu erwartenden Explosionsdruck im Innern standhalten, ohne aufzureißen. Explosionsfeste Bauweise schließt explosionsdruckfeste und explosionsdruckstoßfeste Bauweise ein.
(2) Anlagenteile sind explosionsdruckfest, wenn sie dem zu erwartenden Explosionsdruck standhalten, ohne sich bleibend zu verformen.
(3) Anlagenteile sind explosionsdruckstoßfest, wenn sie dem zu erwartenden Explosionsdruck standhalten ohne aufzureißen, wobei jedoch bleibende Verformungen auftreten können.
2.5 Explosionsdruckentlastung
Die Explosionsdruckentlastung ist eine Schutzmaßnahme, die verhindert, dass der Explosionsdruck in einem Behälter oder einem anderweitig umschlossenen Volumen die zulässige Festigkeit des Behälters überschreitet, indem Druck durch eine Öffnung in der Behälterwand abgeblasen wird.
2.6 Explosionsdruckentlastungseinrichtungen
Explosionsdruckentlastungseinrichtungen sind Einrichtungen zum Schutz eines Behälters oder eines anderweitig umschlossenen Volumens durch Entlastung des Explosionsdruckes. Einrichtungen zur Explosionsdruckentlastung können z.B. Berstscheiben oder Explosionsklappen oder ständige Öffnungen sein. Sicherheitsventile sind keine Explosionsdruckentlastungseinrichtungen.
2.7 Explosionsunterdrückung
Die Explosionsunterdrückung ist eine Verfahrensweise, bei der die Verbrennung eines explosionsfähigen Gemisches in einem geschlossenen oder im Wesentlichen geschlossenen Volumen erkannt und in der Anfangsphase durch Zugabe eines geeigneten Löschmittels abgebrochen wird, so dass es nicht zu einem gefährlichen Druckaufbau kommt.
Eine Explosion gilt dann als unterdrückt, wenn es möglich ist, den maximalen Explosionsdruck (pmax) auf einen reduzierten Explosionsdruck (pred) zu begrenzen, d. h. der zu erwartende Explosionsdruck wird verringert.
2.8 Explosionsunterdrückungssystem
Gesamtheit von Einrichtungen zur Realisierung einer Explosionsunterdrückung. Das Explosionsunterdrückungssystem besteht im Wesentlichen aus Detektoren, einer Steuerzentrale und unter Druck stehenden Löschmittelbehältern.
2.9 Explosionstechnische Entkopplung
Durch die explosionstechnische Entkopplung wird die Ausbreitung einer Explosion (Druck oder Flamme) in andere Anlagenteile und -bereiche, z.B. über Verbindungsrohre oder -kanäle, verhindert.
2.10 Entkopplungseinrichtungen
(1) Der Begriff Entkopplungseinrichtungen umfasst alle Einrichtungen, die durch explosionstechnische Entkopplung das Übertragen einer Explosion verhindern. Diese Einrichtungen wirken z.B. durch:
(2) Bei Explosionen von Gasen, Dämpfen und Nebeln im Gemisch mit Luft oder anderen Oxidationsmitteln sind wegen der unter Umständen sehr hohen Ausbreitungsgeschwindigkeiten (Detonationen) aktive Absperr- oder Löschungssysteme oft zu langsam, so dass hier passive Elemente, z.B. Bandsicherungen, Tauchungen oder Systeme mit hoher Gegenströmung, bevorzugt werden.
3 Allgemeine Anforderungen
(1) Bei Auswahl und Bemessung sowie Installation, Betrieb, Wartung, Prüfung und Instandsetzung von Einrichtungen zum konstruktiven Explosionsschutz sind funktionsbeeinträchtigende Einflüsse, z.B. durch Korrosion, Alterung, Abrasion, Prozessführung oder Umwelteinflüsse, zu beachten.
(2) Damit die sichere Funktion von Einrichtungen des konstruktiven Explosionsschutzes gewährleistet werden kann, sind die Informationen zu Installation, Betrieb, Wartung, Prüfung und Instandsetzung in den Betriebsanleitungen zu berücksichtigen. Bezüglich Prüfung und Instandsetzung wird zusätzlich auf TRBS 1201-1 "Prüfung von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen und Überprüfung von Arbeitsplätzen in explosionsgefährdeten Bereichen" und TRBS 1201-3 "Instandsetzung an Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU " verwiesen. Explosionsdrücke werden in der Regel als Überdrücke bezogen auf atmosphärischen Druck (1 bar) angegeben, dies kann aber in unterschiedlichen Branchen abweichen.
(3) Zum Schutz vor den Auswirkungen einer Explosion können beim konstruktiven Explosionsschutz folgende Maßnahmen in unterschiedlichen Kombinationen angewendet werden:
(4) Sofern im Falle einer Explosion mit deren Ausbreitung von einem Anlagenteil auf andere Anlagenbereiche zu rechnen ist, muss neben der explosionsfesten Bauweise auch die explosionstechnische Entkopplung grundsätzlich Bestandteil des konstruktiven Explosionsschutzes sein.
(5) Für die Ermittlung des zu erwartenden Explosionsdruckes müssen insbesondere folgende Randbedingungen und Einflussgrößen berücksichtigt werden:
(6) Ist in einem Behälter immer nur ein Teilvolumen mit explosionsfähiger Atmosphäre ausgefüllt oder kann die Konzentration des brennbaren Stoffes so begrenzt werden, dass die optimale Brennstoffkonzentration nicht erreicht werden kann, können ggf. niedrigere Explosionsdrücke in der Apparatur erwartet werden.
4 Anforderungen an die explosionsfeste Bauweise
(1) Explosionsfeste Anlagenteile müssen so gebaut sein, dass sie einer im Inneren erfolgenden Explosion ohne aufzureißen standhalten können. Bei der explosionsfesten Bauweise wird unterschieden zwischen "explosionsdruckfester" und "explosionsdruckstoßfester" Bauweise. Explosionsdruckfeste und explosionsdruckstoßfeste Bauweise sind bezüglich der Schutzziele der Gefahrstoffverordnung gleichwertige Maßnahmen.
(2) Als Mindestauslegungsdruck für Anlagenteile und Apparate in explosionsfester Bauweise ist der zu erwartende Explosionsdruck (siehe Abschnitten 2.2 und 2.3) zugrunde zu legen.
(3) Nach Explosions- oder Detonationsereignissen müssen die betroffenen Anlagenteile dahingehend überprüft werden, ob die Explosionsfestigkeit weiterhin gegeben ist.
(4) Explosionsfeste Anlagenteile können auch bei nichtatmosphärischen Gemischen verwendet werden, sofern diese Anlagenteile für die zu erwartenden Drücke ausgelegt sind.
5 Anforderungen an eine Explosionsdruckentlastung
(1) Eine Explosionsdruckentlastung ist unzulässig, wenn durch die dabei freigesetzten Stoffe Beschäftigte oder andere Personen gefährdet werden können.
(2) Eine Explosionsdruckentlastung ist so vorzunehmen, dass Gefährdungen für Beschäftigte und andere Personen, z.B. durch Druck- und Flammenwirkung oder durch weggeschleuderte Teile, vermieden werden. Die bei der Explosionsdruckentlastung auftretenden Rückstoßkräfte sind zu berücksichtigen.
(3) Eine Explosionsdruckentlastung in Arbeitsbereiche ist auszuschließen, wenn dadurch Beschäftigte oder andere Personen gefährdet werden.
(4) Eine Explosionsdruckentlastung soll auf möglichst kurzem und geradem Weg erfolgen.
(5) Wird an die Explosionsdruckentlastungseinrichtung ein Ausblasrohr angeschlossen, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass
(6) Die Explosionsdruckentlastung ist so auszulegen, dass die durch die Explosionsdruckentlastung geschützten Anlagenteile dem reduzierten Explosionsdruck standhalten können (Eignung).
(7) Explosionsdruckentlastungseinrichtungen und Ausblasrohre sind regelmäßig auf einwandfreien Zustand zu überprüfen. Dabei sind auch Beeinträchtigungen durch Umwelteinflüsse, z.B. Schneelast oder Vereisung, zu berücksichtigen.
(8) Die Funktionsfähigkeit einer Explosionsdruckentlastungseinrichtung muss nachgewiesen sein. Der Nachweis gilt z.B. als erbracht, wenn die Explosionsdruckentlastungseinrichtung als autonomes Schutzsystem nach Richtlinie 2014/34/EU in Verkehr gebracht worden ist und bestimmungsgemäß verwendet wird.
(9) Sofern die Eignung und Funktionsfähigkeit für nichtatmosphärische Gemische nachgewiesen sind, können diese Explosionsdruckentlastungseinrichtungen auch hierfür eingesetzt werden.
6 Anforderungen an die Explosionsunterdrückung
(1) Bei der Auslegung des Explosionsunterdrückungssystems ist zu berücksichtigen, dass dessen Eignung und Funktionsfähigkeit u. a. von der gegebenen Anlagen- und Verfahrenstechnik, den Betriebsparametern, wie Temperatur und Druck, den Eigenschaften der eingesetzten Stoffe und des Explosionsunterdrückungsmittels abhängt. Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung eines Explosionsunterdrückungssystems wird auf z.B. Abschnitt 6 der DIN EN 14373:2006 verwiesen.
(2) Die geschützten Anlagenteile müssen demnach Auslösen des Explosionsunterdrückungssystems auftretenden reduzierten Explosionsdruck standhalten.
(3) Sofern die Eignung und Funktionsfähigkeit für nichtatmosphärische Gemische nachgewiesen sind, können diese Explosionsunterdrückungssysteme auch hierfür eingesetzt werden.
(4) Bei dem Einsatz eines Explosionsunterdrückungssystems sind auch Gefährdungen für Beschäftigte oder andere Personen durch die Freisetzung des Explosionsunterdrückungsmittels, z.B. bei Instandhaltungsmaßnahmen, Störungsbeseitigung oder Reinigung, zu berücksichtigen.
7 Explosionstechnische Entkopplung bei Gasen, Dämpfen und Nebeln
7.1 Allgemeines
(1) Bei Öffnungen von Anlagenteilen, in denen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vorhanden ist und die nicht hinreichend explosionsfest ausgeführt sind, ist die Notwendigkeit eines Schutzes der Anlagenteile gegen das Einlaufen von Explosionen zu prüfen. Dies kann z.B. bei Be- und Entlüftungseinrichtungen, Füllstandsanzei gem. Füll- und Entleerungsleitungen, aber auch Verbindungsleitungen zu anderen Anlagenteilen erforderlich sein. Bei verbundenen Anlagenteilen kann es bei einer Explosion in einem Anlagenteil zu einer Vorkompression von explosionsfähiger Atmosphäre im anderen Anlagenteil kommen, so dass der dann zu erwartende Explosionsdruck in diesem Anlagenteil wesentlich höher sein kann. Der Explosionsdruck ist direkt proportional zum Ausgangsdruck. Zur Reduzierung der Druckbelastung kann eine flammentechnische Entkopplung, z.B. durch eine geeignete Flammendurchschlagsicherung, erforderlich sein.
(2) Öffnungen von Anlagenteilen, durch die Explosionen herausschlagen können und dadurch zu einer Gefährdung der Beschäftigten oder anderer Personen führen können, müssen gegen einen Flammendurchschlag geschützt sein. Hierzu können Füll-, Entleerungs- und Gaspendelanschlüsse, aber auch Ansaugöffnung und Auspuff von Verbrennungsmotoren gehören. Mögliche weitere Gefährdungen durch z.B. heiße Gase, Druckeinwirkungen oder Verbrennungsprodukte sind zu berücksichtigen.
(3) Bei miteinander verbundenen Anlagenteilen ist die Notwendigkeit eines Schutzes gegen die Ausbreitung einer Explosion zu prüfen. Dies kann z.B. bei Gaspendelsystemen und bei nicht ständig mit Flüssigkeit gefüllten Rohrleitungen wie Füll- und Entleerungsleitungen erforderlich sein.
7.2 Flammendurchschlagsicherungen
(1) Flammendurchschlagsicherungen sind Einrichtungen, die an der Öffnung eines Anlagenteils oder in verbindenden Rohrleitungen von Anlagenteilen eingebaut sind und deren vorgesehene Funktion es ist, den Durchfluss von Gasen, Dämpfen, Nebeln und Flüssigkeiten zu ermöglichen, aber den Flammendurchschlag zu verhindern.
(2) Die Wirkungsweise einer Flammendurchschlagsicherung beruht im Wesentlichen auf einem oder mehreren der folgenden Mechanismen:
(3) Je nach Einbausituationen und Betriebsverhältnissen sind entweder Deflagrations- oder Detonationssicherungen als Flammendurchschlagsicherungen zu verwenden.
(4) Wenn es zum Nachströmen von explosionsfähiger Atmosphäre und damit zu einem stabilisierten Brennen in oder an der Flammendurchschlagsicherung kommen kann, muss die Flammendurchschlagsicherung, sofern Abschnitt 7.4 nicht zutrifft, mit einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung im Sinne der TRGS 725 zum Erkennen eines stabilisierten Brennens ausgerüstet und für die unter Berücksichtigung ggf. eingeleiteter Maßnahmen, z.B. Absperren der Gemischzufuhr, Einblasen von Inertgas oder Luft, zu erwartende Dauer des Brennens geeignet sein. Abweichend von Satz 1 brauchen Detonationssicherungen unmittelbar an Tanks oder Behältern im Zuge von Gaspendel- und Gassammelleitungen nicht mit sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen zum Erkennen eines stabilisierten Brennens ausgerüstet werden. Flammendurchschlagsicherungen widerstehen ggf. einem Abbrand nur über eine begrenzte Zeitspanne (Standzeit) und verlieren dann ihre Flammendurchschlagsicherheit. Die Standzeit kann der Betriebsanleitung des Herstellers entnommen werden.
(5) Flammendurchschlagsicherungen müssen für die möglichen explosionsfähigen Gemische (zünddurchschlagsichere Normspaltweiten) und die Betriebsbedingungen (Druck und Temperatur der Gemische) geeignet sein.
(6) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU zusätzlich für höhere Drücke als 1,1 bar (Obergrenze des atmosphärischen Drucks gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) bewertet worden sind können bei explosionsfähigen Gemischen unter entsprechenden nichtatmosphärischen Bedingungen eingesetzt werden.
(7) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU für atmosphärische Bedingungen bewertet wurden, dürfen auch bei Drücken kleiner als 0,8 bar (Untergrenze des atmosphärischen Drucks gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) eingesetzt werden.
(8) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU zusätzlich für höhere Temperaturen als 60 °C (Obergrenze der atmosphärischen Temperatur gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) oder zusätzlich für tiefere Temperaturen als -20 °C (Untergrenze der atmosphärischen Temperatur gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) bewertet worden sind, und können bei explosionsfähigen Gemischen unter entsprechenden nichtatmosphärischen Bedingungen eingesetzt werden.
(9) Flammendurchschlagsicherungen dürfen nicht durch ihren Strömungswiderstand zu gefährlichen Druckerhöhungen in der Anlage führen.
(10) Die Gefahr des Zusetzens z.B. durch Schmutz, Polymerisation und Sublimation sowie durch Einfrieren muss ebenso beachtet werden wie der Verlust der Funktionsfähigkeit der Flammendurchschlagsicherung z.B. durch Korrosion.
(11) Flammendurchschlagsicherungen müssen möglichst nahe am Tank oder Behälter angebracht und so angeordnet sein, dass sie leicht gewartet werden können. Ist aus statischen Gründen die Montage auf dem Tankdach nicht möglich, kann die Flammendurchschlagsicherung direkt neben den Tank angeordnet werden, sofern die Rohrleitung zwischen Tank und Flammendurchschlagsicherung direkt neben der Tankwandung angeordnet wird. Die Flammendurchschlagsicherung ist so anzuordnen, dass im Tank oder in der Rohrleitung vorhandene explosionsfähige Atmosphäre durch einen Dauerbrand an der Flammendurchschlagsicherung nicht entzündet werden kann.
7.3 Strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtungen
(1) Strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtungen halten eine Strömungsgeschwindigkeit von Gasen oder Dämpfen an der Ausströmöffnung oberhalb der Flammenausbreitungsgeschwindigkeit aufrecht, um auf diese Weise einen Flammenrückschlag zu verhindern. Strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtungen sind geeignet, um explosionsfähige Atmosphäre in Anlagen mit erhöhten Temperaturen (Temperatur oberhalb der Zündtemperatur der brennbaren Gase und Dämpfe) einzuleiten.
(2) Die Strömungsgeschwindigkeit der Gase und Dämpfe ist auf geeignete Weise zu überwachen. Bei Unterschreiten der erforderlichen Mindestströmungsgeschwindigkeit ist die Zufuhr von explosionsfähiger Atmosphäre unverzüglich zu unterbrechen. Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtung ist als betriebliche explosionstechnische Entkoppelungsmaßnahme anzusehen. Sie ist in der Regel nicht als einzige Schutzmaßnahme anzuwenden und erfordert häufig eine in Strömungsrichtung vorgeschaltete Flammendurchschlagsicherung.
(3) Die erforderlichen Mindestströmungsgeschwindigkeiten für explosionsfähige Atmosphäre mit Stoffen der Explosionsgruppen IIA und IIB können Tabelle 1 entnommen werden. Die Tabellenwerte gelten als sichere Grenzwerte für die explosionsfähigen Atmosphären dieser Stoffe bei Ausströmen aus Rohren ohne turbulenzerhöhende Bauweise. In Fällen erhöhter Turbulenz und für andere explosionsfähige Gemische sind die Mindestströmungsgeschwindigkeiten experimentell zu bestimmen. Brennbare Gase und Dämpfe können gemäß DIN EN 60079-0:2014-06 in Verbindung mit ISO/IEC 80079-20-1:2015 in Explosionsgruppen eingeteilt werden. Die Explosionsgruppen charakterisieren auch die Zündempfindlichkeit für elektrische und elektrostatische Entladungen und für mechanische Zündquellen.
Tabelle 1: Erforderliche Mindestströmungsgeschwindigkeiten (nach Schampel)
Nennweite in mm | Stoffe der Explosionsgruppe IIA | Stoffe der Explosionsgruppe IIB | ||
< 20 | < 200 | < 20 | < 200 | |
Geschwindigkeit in m/s bei Umgebungstemperatur an der Einströmöffnung (z.B. bei einer Fackel) | > 4 | > 8 | > 6 | > 12 |
Geschwindigkeit in m/s bei erhöhter Temperatur an der Einströmöffnung (z.B. an einem Feuerraum) | > 8 | > 16 | > 12 | > 24 |
(4) Die Funktionssicherheit einer strömungsüberwachten rückzündsicheren Einströmung ist nachzuweisen.
7.4 Explosionstechnische Entkopplung von Rückgewinnungs- oder Abluftreinigungsanlagen
(1) Die erforderlichen Schutzmaßnahmen gegen Flammendurchschlag müssen unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre Zoneneinteilung und der in einer Rückgewinnungs- oder Abluftreinigungsanlage vorhandenen Zündmöglichkeiten abgestuft durchgeführt werden. Für die Zahl der gleichzeitig anzuwendenden und voneinander unabhängigen Maßnahmen zur Erzielung der Flammendurchschlagsicherheit gilt Tabelle 2. Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einströmung gilt nicht als autonomes Schutzsystem im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU .
Tabelle 2: Anzahl der Schutzmaßnahmen bei der Absicherung von Abluftleitungen
Wahrscheinlichkeit des Auftretens wirksamer Zündquellen in der Rückgewinnungs- oder Abluftreinigungsanlage | Anzahl der Schutzmaßnahmen bei Vorliegen folgender Zonen im Abluftsystem | ||
Zone 0 | Zone 1 | Zone 2 | |
ständig oder häufig (z.B. Brennerflamme) | 3 | 2 | 1 |
gelegentlich (z.B. bei vorhersehbaren Störungen) | 2 | 1 | 0 |
selten (z.B. bei seltenen Störungen) | 1 | 0 | 0 |
(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 Satz 2 ist gegeben, wenn nach DIN EN ISO 16852:2016 auf stabile Detonationen geprüfte Detonationssicherungen verwendet werden oder unter der Berücksichtigung des maximal zulässigen L/D Verhältnisses eine geeignete Deflagrationssicherung.
(3) Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtung ist in der Regel nicht als einzige Schutzmaßnahme anzuwenden und erfordert häufig eine in Strömungsrichtung vorgeschaltete Flammendurchschlagsicherung.
7.5 Flammendurchschlag bei Dauerbrand
(1) Ins Freie mündende Öffnungen von Tanks und Anlagen, aus denen nicht nur kurzzeitig Dampf/Luft-Gemische ausströmen können, müssen mit einer Einrichtung versehen sein, die dem Abbrand ausströmender explosionsfähiger Gemische für alle Einsatzbedingungen ohne Flammendurchschlag standhält (Dauerbrandsicherungen). Für den Fall, dass geeignete Dauerbrandsicherungen nicht einsetzbar sind, z.B. für Dämpfe einer bestimmten brennbaren Flüssigkeit wie für Alkohole, dürfen alternativ zu Satz 1 Detonationssicherungen in Lüftungsleitungen eingesetzt werden, wenn zwischen Detonationssicherung und der Öffnung der ins Freie mündenden Lüftungsleitung mindestens die nachfolgend genannte Länge eingehalten wird. Satz 2 ist z.B. erfüllt, wenn auf stabile Detonationen geprüfte Detonationssicherungen verwendet werden.
Tabelle 3: Mindestlänge der Rohrleitungen für Gemische unter atmosphärische Bedingungen (nach Schampel)
Nennweite der Rohrleitung in mm | Länge der Rohrleitung in m |
15 | 0,5 |
20 | 1 |
25 | 1,5 |
32 | 2 |
40 | 3 |
50 | 4 |
65 | 6 |
80 | 8 |
100 bis 200 | 10 |
8 Entkopplungseinrichtungen für Stäube
8.1 Allgemeines
(1) Die für Gase und Dämpfe genannten Einrichtungen zur explosionstechnischen Entkopplung sind bei Stäuben im Allgemeinen nicht einsetzbar (Verstopfungsgefahr etc.). Bei den für Stäube geeigneten Einrichtungen zur explosionstechnischen Entkopplung unterscheidet man zwei Systeme, vollständige Entkopplung und Teil-Entkopplung:
(2) Die Unterscheidung zwischen vollständiger Entkopplung und Teil-Entkopplung ist für die praktische Anwendung wichtig, da die Notwendigkeit einer vollständigen Entkopplung hinsichtlich Flamme und Druck nicht in allen Fällen besteht, sondern in einigen Fällen lediglich das Erzielen einer Flammenisolation oder einer Druckbegrenzung ausreicht. Geeignet für den Einbau in Rohrleitungssysteme oder zum Produktaustrag sind z.B. die unter den Abschnitten 8.2 bis 8.8 genannten Einrichtungen.
8.2 Aktive Explosionsschutzventile (Schnellschlussventil, Schnellschlussschieber, Schnellschlussklappe)
(1) Die zu entkoppelnde Explosion wird durch geeignete Detektoren erkannt. Über eine Steuereinheit wird ein Auslösemechanismus aktiviert, der das Explosionsschutzventil innerhalb einer ausreichend kurzen Zeit schließt, bevor Druck und Flamme dieses erreicht haben.
(2) Der für die Wirksamkeit des aktiven Explosionsschutzventiles erforderliche Einbauabstand ist zu beachten. Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels aktivem Explosionsschutzventil handelt es sich um eine vollständige Entkopplung. Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung aktiver Explosionsschutzventile wird z.B. auf Abschnitt 5 der DIN EN 15089:2009 verwiesen.
8.3 Passives Explosionsschutzventil (Schnellschlussventil)
(1) Beim Überschreiten einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit in der Rohrleitung schließt das Explosionsschutzventil automatisch und verbleibt anschließend in geschlossener Stellung. Die für das Schließen notwendige Strömungsgeschwindigkeit wird durch die Druckwelle der Explosion erzeugt. Passive Explosionsschutzventile dürfen nur in waagrecht verlegte Rohrleitungen eingebaut werden, soweit dies in der Betriebsanleitung des Herstellers nicht anders beschrieben wird. Passive Explosionsschutzventile eignen sich nur für relativ geringe Staubbelastungen, z.B. Reinluftseite von Filteranlagen.
(2) Reicht die zu erwartende Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit durch die Druckwelle der Explosion für ein rechtzeitiges Auslösen eines passive Explosionsschutzventils nicht aus, muss ein aktives Explosionsschutzventil eingesetzt werden, bei dem die Explosion durch geeignete Detektoren erkannt wird und das Explosionsschutzventil mittels einer Hilfsströmung, z.B. Einblasen von Stickstoff auf den Schließkörper rechtzeitig geschlossen wird.
(3) Der für die Eignung und Funktionsfähigkeit von Explosionsschutzventilen erforderliche Einbauabstand ist zu be achten. Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels passivem Explosionsschutzventil handelt es sich um eine vollständige Entkopplung. Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung passiver Explosionsschutzventile wird z.B. auf Abschnitt 5 der DIN EN 15089:2009 verwiesen.
8.4 Zellenradschleusen
(1) Zellenradschleusen zur explosionstechnischen Entkopplung müssen für den zu erwartenden Explosionsdruck explosionsfest und zünddurchschlagsicher ausgeführt sein.
(2) Im Explosionsfall muss die Zellenradschleuse automatisch, z.B. über einen Detektor, stillgesetzt werden, damit das Austragen von brennendem Produkt in nachfolgende Anlagenteile verhindert wird.
(3) Wird die Überwachung nicht vom Hersteller mitgeliefert, sind die Anforderungen an diese sicherheitsrelevante MSR-Einrichtung in Anlehnung an die TRGS 725 festzulegen. Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels Zellenradschleuse handelt es sich um eine vollständige Entkopplung. Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung von Zellenradschleusen wird z.B. auf Abschnitt 5 der DIN EN 15089:2009 verwiesen.
8.5 Explosionssichere Taktschleuse
(1) Explosionssichere Taktschleusen bestehen im Allgemeinen aus zwei jeweils für den zu erwartenden Explosionsdruck explosionsfest und zünddurchschlagsicher ausgeführten Ventilen bzw. Schiebern, mit denen eine Schleuse gebildet wird. Durch eine entsprechende funktionsgeprüfte Steuerung ist gewährleistet, dass sich immer mindestens ein Ventil bzw. Schieber in geschlossener Stellung befindet.
(2) Im Explosionsfall muss die explosionssichere Taktschleuse automatisch, z.B. über einen Detektor, umgehend geschlossen werden, damit das Austragen von brennendem Produkt in nachfolgende Anlagenteile verhindert wird.
(3) Wird die Überwachung nicht vom Hersteller mitgeliefert, sind die Anforderungen an diese sicherheitsrelevante MSR-Einrichtung in Anlehnung an die TRGS 725 festzulegen. Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels explosionssicherer Taktschleuse handelt es sich um eine vollständige Entkopplung. Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung von Anforderungen an explosionssichere Taktschleusen wird z.B. auf Abschnitt 5 der DIN EN 15089:2009 verwiesen.
8.6 Löschmittelsperren
(1) Löschmittelsperren bestehen im Wesentlichen aus einem oder mehreren Detektoren, einer Steuereinheit sowie einem oder mehreren Löschmittelbehältern Eine anlaufende Explosion wird durch Detektoren erkannt, die das Eindüsen von Löschmittel in die Rohrleitung zwischen den zu entkoppelnden Anlagenteilen auslösen. Durch das Löschmittel wird die Explosionsflamme gelöscht. Ein Ausbreiten des Explosionsdrucks wird durch die Löschmittelsperre nicht verhindert.
(2) Der für die Eignung und Funktionsfähigkeit von Löschmittelsperren erforderliche Einbauabstand ist zu beachten.
(3) Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels Löschmittelsperre handelt es sich um eine Teil-Entkopplung. Die mögliche Druckerhöhung ist bei der Auslegung der hinter der Löschmittelsperre angeordneten Anlagenteile zu berücksichtigen. Es ist zu beachten, dass infolge der Druckausbreitung sowohl Löschmittel als auch unverbrannte Stäube und Verbrennungsprodukte durch die Rohrleitung gedrückt werden und in andere Anlagenteile oder in die Umgebung gelangen können.
8.7 Entlastungsschlot
(1) Ein Entlastungsschlot ist eine passive mechanische Entkopplungseinrichtung, mit der Vorkompressionseffekte und Flammenstrahizündung verhindert werden soll, um damit die Wahrscheinlichkeit einer Explosionsübertragung in angeschlossene Anlagenteile zu verrin gem. Das erfolgt durch Änderung der Strömungsrichtung um 180 Grad bei gleichzeitiger Druckentlastung am Umlenkpunkt. Dies wird durch eine besondere Rohrleitungsgestaltung und -anordnung (siehe Abbildung 1) und üblicherweise durch den Einsatz einer Druckentlastungseinrichtung, z.B. Berstscheibe, am Umlenkpunkt erreicht.
Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Entlastungsschlotes
Durch den Entlastungsschlot kann die Explosionsübertragung in der Regel nicht zuverlässig verhindert werden, so dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind (FSA Bericht F-05-9706). Die Ausbreitung der Flammenfront wird jedoch so gestört, dass in dem nachgesetzten Leitungsteil zunächst nur mit einem langsamen Anlaufen der Explosion zu rechnen ist.
(2) Für den Einsatz des Entlastungsschlotes gelten im Wesentlichen die gleichen Einsatzbeschränkungen hinsichtlich der freiwerdenden Stoffe und der Gefährdung Beschäftigter, anderer Personen oder der Umwelt wie für die Explosionsdruckentlastung (siehe Abschnitt 5 Absätze 1 bis 3).
(3) Die in der Prüfung ermittelte maximal zulässige Länge der Rohre zwischen Explosionsschlot und angeschlossenem Behälter darf nicht überschritten werden.
(4) Da bei dem Einsatz von Entlastungseinrichtungen an einem Entlastungsschlot u. U. andere Belastungsfälle auftreten als bei dem Einsatz an Behältern, muss die Eignung und Funktionsfähigkeit der Entlastungseinrichtung für diesen Anwendungsfall nachgewiesen sein. Der Anwendungsfall beinhaltet auch das Vorhandensein von Rohrkrümmern bzw. Rohrverengungen und die Ausrichtung des Explosionsschlotes.
(5) Bei der explosionstechnischen Entkopplung mittels Entlastungsschlot handelt es sich um eine Teil-Entkopplung. Die Einschränkungen gegenüber einer vollständigen Entkopplung erfordern zusätzliche Maßnahmen für die hinter dem Entlastungsschlot angeordneten Anlagenteile. Wenn bei einer Objektabsaugung eine Entkopplung des Abscheiders zu den Ansaugstellen erforderlich ist und explosionsfähige Gemische in der Saugleitung sicher ausgeschlossen sind, kann trotz der oben genannten Einschränkungen mit dem Entlastungsschlot ein ausreichender Schutz der Beschäftigten und Dritter erreicht werden (siehe Absatz 3). Bezüglich der erforderlichen Vorgaben des Arbeitgebers zur Auslegung von Anforderungen an Entlastungsschlote wird z.B. auf Abschnitt 4 der DIN EN 16020:2011 verwiesen.
8.8 Produktvorlage
(1) Im Zusammenhang mit den Schutzmaßnahmen "explosionsfeste Bauweise für einen reduzierten Explosionsdruck" und "Explosionsdruckentlastung" oder "Explosionsunterdrückung" können Produktvorlagen mit ausreichender Füllhöhe eine geeignete Maßnahme zur explosionstechnischen Entkopplung sein. Dies setzt eine hinreichend feste Austragseinrichtung voraus, auf der die Produktvorlage "aufliegt", z.B. Zellenradschleuse, Förderschnecke oder Prozessventil. Die Austragseinrichtung selbst muss hierfür nicht flammendurchschlagsicher sein.
(2) Die Produktüberdeckung muss so hoch sein, dass unter Explosionsdruckbelastung ein Flammendurchschlag nicht erfolgen kann. Der erforderliche Mindestfüllstand muss auf geeignete Weise sichergestellt sein.
(3) Wird Produktüberdeckung durch MSR-Einrichtungen überwacht, sind die Anforderungen an diese sicherheitsrelevante MSR-Einrichtung in Anlehnung an die TRGS 725 festzulegen
9 Explosionstechnische Entkopplung bei hybriden Gemischen
Für eine explosionstechnische Entkopplung bei hybriden Gemischen kommen aufgrund des Staubanteils Maßnahmen aus Abschnitt 8 in Frage, wenn diese Einrichtungen auch die durch den Dampf- oder Gasanteil verursachten Explosionsauswirkungen ausreichend sicher begrenzen. Für das Vermeiden der Ausbreitung von Explosionen mit Staubanteilen über verbindende Rohrleitungen, Fördereinrichtungen o. ä. sowie eines Flammenaustritts aus Anlagenteilen sind in der Regel die in Abschnitt 7 genannten Flammendurchschlagsicherungen aufgrund der Verstopfungsgefahr nicht geeignet.
Literaturhinweise
DIN EN 14373:2006: Explosions-Unterdrückungssysteme; Deutsche Fassung EN 14373:2005
DIN EN 14460:2018: Explosionsfeste Geräte; Deutsche Fassung EN 14460:2018
DIN EN 15089:2009: Explosions-Entkopplungssysteme; Deutsche Fassung EN 15089:2009
DIN EN 16020:2011: Explosionsschlote; Deutsche Fassung EN 16020:2011
DIN EN ISO 16852:2016: Flammendurchschlagsicherungen - Leistungsanforderungen, Prüfverfahren und Einsatzgrenzen (ISO 16852:2016); Deutsche Fassung EN ISO 16852:2016
DIN EN 60079-0:2014-06 "Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 0: Betriebsmittel - Allgemeine Anforderungen"
FSA Bericht F-05-9706 "Wirksamkeit von Entlastungsschloten, Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin e. V.", www.fsa.de
ISO/IEC 80079-20-1:2017, deutsch: DIN EN ISO/IEC 80079-20-1:2016-02 - Entwurf "Explosionsfähige Atmosphären - Teil 20-1: Stoffliche Eigenschaften zur Klassifizierung von Gasen und Dämpfen - Prüfverfahren und Daten
Richtlinie 2014/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen (Neufassung)
Schampel, Klaus: Flammendurchschlagsicherungen, Expert-Verlag 1988
Vogel, A., Schepp, P., Radandt, S.: Neue Erkenntnisse über Entlastungsschlote für die explosionstechnische Entkopplung, Technische Überwachung, Bd. 46 (2015) Nr. 9
TRBS 1201-1 "Prüfung von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen und Überprüfung von Arbeitsplätzen in explosionsgefährdeten Bereichen"
TRBS 1201-3 "Instandsetzung an Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU "
TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"
TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre"
TRGS 725 "Gefährliche, explosionsfähige Atmosphäre - Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen"
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*) Die neue TRGS 724 "Gefährliche explosionsfähige Gemische - Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken" ersetzt die gleichnamige TRBS 2152 Teil 4, Ausgabe Februar 2012, GMBl 2012 S. 387, die hiermit aufgehoben wird.
Hinweis: Gegenüber der bisherigen TRBS 2152 Teil 4 erfolgten folgende Anpassungen bzw. Fortschreibungen:
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