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Begründung zu 1,2,4-Trichlorbenzol
(CAS-Nr.: 120-82-1)

Ausgabe: Januar 2006
Stand: November 2005



Status:- SCOEL:2 ppm 
 - EU-Richtlinie:2 ppm(RL 96/94/EG)
 - TRGS 9005 ppm(alle Trichlorbenzol Isomeren)
 - DFG:C 3, kein MAK-Wert (seit 1996)
 - TRGS 905:C-, M-, REIF- 

Daten:

Soweit nicht anders angegeben, liegen den folgenden Ausführungen die Grenzwertbegründung der SCOEL (EUR 18.218), die MAK-Begründungen (1979, 1990, Nachtrag 1996) und die Einstufungsbegründung des Beraterkreises Toxikologie zur CMR-Einstufung von 1,2,4-Trichlorbenzol (1,2,4-TCB) zugrunde(TRGS 906, Nr. 49). Dabei werden nur solche Daten genannt, welche für die 1Grenzwertaufstellung relevant sind. Eine Recherche in TOXLINE (1995-2000/01)zu 1,2,4 TCB erbrachte darüber hinaus keine bewertungsrelevanten Informationen.

Bei Arbeitnehmern die über kurze Zeit (k.w.A.) gegenüber 3 - 5ppm 1,2,4-TCB exponiert waren, traten minimale Augen- und Rachenreizung auf (Rowe 1975).

Bei männlichen Ratten (n = 20/Gruppe), Kaninchen (n = 4/Gruppe) und Hunden (n = 2/Gruppe) die über 1 Monat (7 Std./Tag) gegenüber 0,30 und 100 ppm 1,2,4-TCB exponiert waren, wurden bezüglich klinischer Symptomatik, Körpergewichtsentwicklung, Hämatologie, klinischer Chemie, Makroskopie und Histologie verschiedener Organe keine substanzbedingten Effekte festgestellt (Kociba et al. 1981). Die absoluten und relativen Lebergewichte von Ratten (um 11 % erhöht) und Hunden sowie das relative Nierengewicht von Ratten waren bei 100 ppm erhöht. Darüber hinaus war die Ausscheidung von Koproporphyrin und Uroporphyrin bei Ratten ab 30ppm erhöht (siehe folgende Tabelle). Bei Kaninchen und Hunden wurde die Porphyrin-Ausscheidung nicht untersucht.

Tabelle: Porphyrin-Gehalte im Urin von Ratten (n = 5) nach inhalativer Exposition gegenüber 1,2,4 TCB über 15 und 30 Tage

Konz.
(ppm)
Exp.Expositionstage
1530
  Koproporphyrin
(µg/24 Std.)
Uroporphyrin
(µg/24 Std.)
Koproporphyrin
(µg/24 Std.)
Uroporphyrin
(µg/24 Std.)
01  4.2 " 1.40.4 " 0.2
23.6 " 0.94.6 " 1.06.2 " 2.16.3 " 3.9
30216.2 " 2.7 *11.6 " 1.3 *15.8 " 3.0 *12.8 " 1.3*
1001  12.4 " 2.8 *11.5 " 0.4 *
233.8 " 2.9 *10.8 " 4.6 *15.2 " 2.7 *13.5 " 2.3 *

Konz.: Konzentration

Exp.: Experiment
1 erstes Experiment
2 zweites Experiment
* p < 0.5

Daten aufgeführt als Mittelwerte " Standardabweichung

In einer Folgestudie wurde eine leicht erhöhte Ausscheidung von Uroporphyrin bei Ratten die für 3 Monate (6 Std./Tag) gegenüber 0, 3 und 10ppm 1,2,4-TCB exponiert waren, bereits bei 10 ppm nachgewiesen (k.w.A.). Bei 3 ppm war die Porphyrinausscheidung nicht erhöht (Watanabe et al.1978 abstract). Ob weitere Parameter untersucht wurden, ist in dem Abstract nicht angegeben.

Männliche Ratten (n = 30/Gruppe), Kaninchen (n = 16/Gruppe) und Affen(n = 9/Gruppe) wurden bis zu 26 Wochen (7 Std./Tag) gegenüber 0, 25,50 und 100 ppm 1,2,4-TCB exponiert (Coate et al. 1977). Bei Ratten, nicht bei Kaninchen und Affen, wurden Zwischentötungen nach 4 und 13 Wochen durchgeführt. Körpergewichtsentwicklungen sowie hämatologische und klinisch-chemische Parameter im Serum waren nicht beeinträchtigt.Die bei Affen zusätzlich durchgeführten Lungenfunktionsmessungen und verhaltenstoxikologischen Tests blieben ebenfalls ohne Befund. Die histopathologische Untersuchung von Kaninchen und Affen zeigte keine Auffälligkeiten. Bei Ratten traten Effekte in Leber (Hepatozytomegalie,Vakuolisierung von Hepatozyten, Granulombildung; Hyperplasie der Gallengänge) und Niere (hyaline Degeneration), die als gering gradig beschrieben wurden, nach 4 und 13 Wochen, jedoch nicht nach 26 Wochen auf.Hepatozytomegalie war nach 4 Wochen stärker ausgeprägt als nach13 Wochen und bei der mittleren und hohen Dosisgruppe stärker ausgeprägt als bei der niedrigen Dosisgruppe. Vakuolisierung von Hepatozyten war weniger ausgeprägt als Hepatozytomegalie und verlief nicht dosisabhängig. Eine geringgradige Hyperplasie der Gallengänge tratnach 4 und 13 Wochen auf und verlief nicht dosisabhängig. Granulomabildung trat nur nach 4 Wochen auf und war nicht dosisabhängig. Die hyaline Degeneration in der Niere trat nach 4 Wochen in allen Dosisgruppen auf und nach 13 Wochen nur in der hohen Dosisgruppe. Inzidenzen sind nicht angegeben.Nach 26 Wochen traten die o.g. Effekte nicht auf. Eine Porphyrin-Ausscheidung wurde nicht untersucht.

Die 2-jährige Verabreichung von 1,2,4-TCB mit dem Futter führte bei B6C3F1-Mäusen zu Lebertumoren (Standard Chlorine of Delaware 1994b). Die Dosierungen betrugen 0, 21, 100 und 520 mg/kg KG/Tag (¢ ) sowie0, 26, 127 und 573 mg/kg KG/Tag (™). Bei den Tieren der höchsten Dosis starben im 2. Versuchsjahr 90 % der Männchen und alle Weibchen.Bei allen exponierten Tieren war das Lebergewicht erhöht und histologisch konnten zentrilobuläre Hepatozytomegalien festgestellt werden (siehe nachfolgende Tabelle). Alle anderen Organe sowie hämatologische Parameterwaren ohne auffälligen Befund. Eine Porphyrin-Ausscheidung wurde nicht untersucht.

Tabelle: Lebertumor-Inzidenzen bei der Maus nach chronischer oraler Gabe von TCB

1,2,4-Trichlorbenzol (mg/kg KG und Tag)¢

TM

0

0

21

26

100

127

520

573

Überlebende (104 Wo)¢

TM

45/50

39/50

44/49

37/49

41/50

42/50

5/50

0/50

absolutes Lebergewicht in g (104 Wo)¢

TM

1,6 " 0,6

1,4 " 0,2

1,8 " 0,4

1,9 " 0,4

3,0 " 1,7

4,0 " 2,3

7,4 " 1,8

k.A.

rel. Lebergewicht in % des Körpergew. (104 Wo)¢

TM

5,0 " 2,3

5,1 " 0,5

5,0 " 1,4

6,0 " 0,9

9,5 " 5,5

12 " 6,8

27 " 5,7

k.A.

Zentrilobuläre Hepatozytomegalie¢

TM

0/50

0/50

0/50

0/50

27/50

1/50

20/50

8/50

Hepatozelluläre Adenome¢

TM

4/50

3/50

7/50

4/50

16/50

16/50

2/50

8/50

Hepatozelluläre Karzinome¢

TM

8/50

1/50

5/50

1/50

27/50

28/50

50/50

46/50

Bei F344-Ratten traten in der 2-Jahres-Fütterungsstudie keine substanzbedingten Tumore auf (Standard Chlorine of Delaware 1994a). Die Dosierungen betrugen 0, 5.6, 19.4 und 66. 5 mg/kg KG/Tag (¢ ) sowie 0, 6.9, 23.5 und 81.4 mg/kg KG/Tag (™ ). Die Tiere der höchsten Dosisgruppe wiesen toxische Effekte auf: absolute und relative Lebergewichtserhöhung(¢ u.TM; : ca. 20 %), Leberzellhypertrophie (¢ : 60 %, Kontrolle 4 %; TM; : 74 %, Kontrolle 12 %), diffuse fettige Leberveränderungen (¢ : 28%, Kontrolle 10 %; TM; :60 %, Kontrolle 30 %), deutlich verringerte Überlebensrate bei Versuchsende (nur ¢ : 22 %) und Hyperplasie des Nierenbecken-Übergangsepithels (nur ¢ : 68 %, Kontrolle 4 %). Eine Porphyrin-Ausscheidung wurde nicht untersucht.

Grenzwertvorschlag: 0,5 ppm (NOEL 3 ppm; subchronisch, F = 5)

Als Grundlage für die Grenzwertableitung wird eine subchronische Inhalationsstudie mit Ratten herangezogen, in der ein NOEL von 3 ppm ermittelt wurde (Watanabe et al. 1978). Bei 10 ppm wurde eine erhöhte Porphyrinausscheidung gefunden. Zur Berücksichtigung der Inter- und Intraspezies-Variabilität wird der Faktor 5 verwendet.

Eine Zeitextrapolation wird nicht durchgeführt, da die bei Ratten nach Exposition gegenüber 25, 50 bzw.100 ppm über 4 und 13 Wochen gefundenen Effekte an Leber und Niere nach Exposition über 26 Wochen nicht mehrauftraten, bzw. nach 4 Wochen teilweise stärker ausgeprägt waren als nach 13 Wochen (Coate et al. 1977).

Eine Porphyrin-Ausscheidung wurde bei Coate et al. zwar nicht untersucht,jedoch deuten Ergebnisse von Fonia et al (1996) darauf hin, dass das Ausmaß histologischer Leberveränderungen mit der Porphyrin-Ausscheidung korreliert:

Bei männlichen Wistar Ratten, denen für 2 Tage 3,5-Diethoxycarbonyl-1,4-dihydrocollidin (DDC), ein porphyrinogener Stoff, intraperitoneal injiziert wurde (460 mg/kg), waren die Porphyringehalte in Leber und Urin erhöht und in der Leber traten vermehrt Hepatozyten mit Vakuolen die kristalline Aggregate enthielten, fibrotische Veränderungen und geschwollene Gallenkanälchen mit kristallinen Aggregaten auf. Nach gleichzeitiger Applikation von DDC und PK 11.195 waren die pathologischen Veränderungen in der Leber stärker ausgeprägt und der Gehalt an Porphyrinen in Leber und Urin war ebenfalls höher als nach alleiniger Applikation von DDC.

Andererseits zeigten Stonard et al. (1998), dass bei weiblichen Agus Ratten nach Verabreichung von 0,01 % Hexachlorbenzol im Futter über 98 Tage deutlich höhere Porphyringehalte in der Leber auftraten (189 " 17 nmol/g Leber) als nach Verabreichung von 0.2 % über 30 bzw. 8 Tage (5.5 " 1.4bzw. 0.42 " 0.02 nmol/g Leber, Kontrollen 0.12 " 0.01 nmol/g. Leber). Eine histologische Untersuchung der Leber und eine Bestimmung des Lebergewichtes wurden nicht durchgeführt.

Da die Ergebnisse von Coate et al. keine Zunahme des Ausmaßes histologischer Leberveränderungen mit zunehmender Expositionsdauer gegenüber 1,2,4 TCB zeigen, wird, unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Fonia et al., eine Korrelation mit der Porphyrin-Ausscheidung angenommen und somit kann der Faktor 2 für die Zeitextrapolation entfallen.

Literatur

[1] Coate W.B. et al. Chronic, Inhalation Exposure of Rats, Rabbits, and Monkeys to 1,2,4-Trichlorobenzene Arch. Environ. Health, 32, 249-255, 1977

[2] European Commission, Report EUR 18.216, 1998 Recommendation of the Scientific Committee for Occupational Exposure Limits for 1,2,4-Trichlorobenzene, SCOEL/SUM/35C, 1994

[3] Fonia O. et al. PK 11.195 Aggravates3,5-Diethoxycarbonyl-1,4-Dihydrocollidine-Induced Hepatic Porphyria in Rats Hepatology 24(3), 697-701, 1996

[4] Kociba R.J. et al. Subchronic Toxicity Study of 1,2,4-Trichlorobenzene in the Rat, Rabbit and Beagle Dog Drug Chem Toxicol, 4(3), 229-249. 1981

[5] MAK-Begründung 1,2,4-Trichlorbenzol, 1979

[6] MAK-Begründung 1,2,4-Trichlorbenzol (alle Isomeren), 1990

[7] MAK-Begründung 1,2,4-Trichlorbenzol, Nachtrag 1996

[8] Rowe, V.K. Unpublished data. Communication to the TLV Committee, 1975 zitiert in: ACGIH "Documentation of the TLVs", Sixth Edition 1991

[9] Standard Chlorine of Delaware, 1994a 104-week dietary carcinogenicitystudy with 1,2,4-trichlorobenzene in rats Hazelton Washington, Project No.HWA 2603-103, unveröffentlichte Untersuchung zitiert in: MAK-Begründung 1,2,4-Trichlorbenzol, Nachtrag 1996

[10] Standard Chlorine of Delaware, 1994b 104-week dietary carcinogenicitystudy with 1,2,4-trichlorobenzene in mice Hazelton Washington, Project No.HWA 2603-102, unveröffentlichte Untersuchung zitiert in: MAK-Begründung 1,2,4-Trichlorbenzol, Nachtrag 1996

[11] Stonard M.D. et al. Simulation of liver heme oxygenase in hexachlorbenzeneinduced hepatic porphyria Arch Toxicol 72, 355-361, 1998

[12] TRGS 906, Nr. 49, 1999

[13] Watanabe P.G. et al. Subchronic Toxicity Studies of 1,2,4-Trichlorobenzenein Experimental Animals Toxicol. Appl. Pharmacol., 45, 332-333, (abst. 265), 1978


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