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6. TRK-Wert für Hydrazin

(BArbBl. 9/82 S. 98)


0,13 mg/m3 (0,1 ppm)

Im Verzeichnis krebserzeugender Arbeitsstoffe der Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe, Anhang II, Nr. 1.1, werden Hydrazin und Zubereitungen mit > 5 Massen-% an Hydrazin in die Gruppe III (gefährdend) eingeordnet.

Arbeitsmedizinisch-toxikologische Erfahrungen

Durch Hydrazin hervorgerufene Krebserkrankungen sind beim Menschen bis heute nicht beobachtet worden.

Mit Hydrazin (als Hydrat bzw. Sulfat) sind insgesamt 19 Tierversuche mit oraler bzw. intraperitonaler Applikation an Ratte, Maus und Goldhamster durchgeführt worden. Dabei blieben 2 Versuche an Goldhamstern und 2 Versuche an Mäusen ohne Hinweis auf eine kanzerogene Wirkung, während sich in 2 Versuchen mit Ratten und in 13 Versuchen mit Mäusen Hinweise auf eine schwachkanzerogene Wirkung von Hydrazin ergaben.

Diese Versuche sind sehr kritisch zu bewerten; hinsichtlich der absolut notwendigen Kontrollgruppen und der Tierzahlen weisen alle Versuche große Mängel auf. Abgesehen von diesen Mängeln fanden sich in den Versuchen nur bei Gabe toxischer oder subtoxischer Dosen zweifelsfreie kanzerogene Effekte.

In einem großangelegten Inhalationsversuch (6 Std./Tag; 5 Tage/ Woche über 1 Jahr; Weiterbeobachtung bis zum Lebensende) ergab sich bei Mäusen auch bei der maximalverträglichen Konzentration (1 ppm) kein Hinweis auf eine kanzerogene Wirkung. Bei den Goldhamstern traten bei der maximalverträglichen Konzentration (5 ppm) bei 19 von 160 ausgewerteten Tieren gutartige Nasenhöhlentumoren auf. Bei den Ratten entwickelten sich bei der maximalverträglichen Konzentration (5 ppm) solche Tumoren bei 50 % der Tiere und bei der nächstniederen Konzentration (1 ppm) noch bei 7 % der Tiere; zusätzlich traten bei 6% der Ratten der höchsten Konzentration (5 ppm) bösartige Nasenhöhlentumoren auf. Die Nasenraumtumoren traten erst gegen Ende des Versuches auf, ohne daß dadurch die Überlebenszeiten beeinflußt wurden.

Wegen der im Vergleich zum Menschen viel intensiveren Filtrations- und Resorptionsmöglichkeiten im Nasenraum der Nager müssen Inhalationsversuche mit Nagern vorsichtig bewertet werden. Aufgrund der Möglichkeit unspezifischer Reiztumoren bei hohen Konzentrationen lokal reizender Stoffe in empfindlichen Geweben sind Nasenraumtumoren bei Nagern wahrscheinlich genauso kritisch zu bewerten, wie wir das bei lokalen Tumoren nach subkutaner Applikation reizend wirkender Substanzen bei Ratte und Maus schon lange gewohnt sind.

Auch die Ergebnisse im Ames-Test und in einem in-vitro-Test mit Mäuse-Lymphomzellen sowie im host-mediated assay an der Maus lassen es als möglich erscheinen, daß Hydrazin kein echtes genotoxisches Kanzerogen ist, sondern mehr eine Substanz, die eine gewisse kanzerogene Wirkung erst im Bereich toxischer oder subtoxischer Dosen entfaltet.

Aus den vorliegenden toxikologischen Ergebnissen läßt sich - abgesehen von den bekannten grundsätzlichen Erwägungen - kein Einwand gegen den technisch begründeten TRK-Wert von 0,1 ppm ableiten.

Analytik

Zur Probenahme von dampfförmigem Hydrazin in der Luft in Arbeitsbereichen und zur analytischen Bestimmung hat sich das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft veröffentlichte Verfahren gut bewährt (Lit.: Analyt. Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Bd. 1, Luftanalysen, Methode I, bearbeitet von der Arbeitsgruppe Analytische Chemie der Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Herausgeber: D. Henschler, Verlag Chemie, Weinheim).

Die Probenahme erfolgt durch Absorption des dampfförmigen Hydrazins in verdünnter Schwefelsäure. Die quantitative Bestimmung wird durch Umsetzen des absorbierten Hydrazins mit p-Dimethylamino-benzaldehyd und anschließender colorimetrischer Messung durchgeführt. Bei Messungen in Arbeitsbereichen ist eine Nachweisgrenze von 0,01 mg/m3 ohne besonderen analytischen Aufwand erreichbar.

Herstellung und Verwendung

In der Bundesrepublik Deutschland wird Hydrazin als Hydrazinhydrat mit 64 Massen-% an Hydrazin in nur einem Betrieb hergestellt. Die Verbindung wird in Form von verdünnten, wäßrigen Lösungen verschiedener Konzentrationen in zahlreichen Betrieben in kleinen und kleinsten Mengen verwendet. Wasserfreies Hydrazin wird - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht eingesetzt.

Die Hauptanwendungsgebiete sind:

Ergebnisse der Arbeitsbereichsmessungen

Bei den zur Festlegung des TRK-Wertes durchgeführten Arbeitsbereichsmessungen wurden - entsprechend dem Dampfdruck der verwendeten Hydrazin-Lösungen - zwei unterschiedliche Konzentrationsniveaus vorgefunden.

In den Bereichen, in denen mit Hydrazin-Lösungen in mittleren Konzentrationen (15 - 64 Massen-%) umgegangen wurde, lagen die Konzentrationen in der Größenordnung von 0,1 ppm. Die höchsten Konzentrationen wurden in Bereichen mit reinem Hydrazinhydrat (64 Massen-% Hydrazin) vorgefunden.

Dagegen lagen die Konzentrationen in Arbeitsbereichen, in denen mit verdünnter Hydrazin-Lösung (< 15 Massen-% Hydrazin) umgegangen wurde, erheblich niedriger; in Bereichen, in denen Dampf mit Restgehalten an Hydrazin offen verwendet wurde (z.B. Dampfbügeleisen), lagen sie unterhalb der Nachweisgrenze.

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