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94. Arbeitsplatzrichtwert: 2-Methylbut-3-en-2-ol
(CAS-Nr.: 115-18-4)

Ausgabe: April 2001
(BArbBl. 4/2001 S. 57



2 mg/m3 (0,6 ml/m3), Spitzenbegrenzung: Überschreitungsfaktor 2

1. Substanzcharakteristik:

Substanzname:2-Methylbut-3-en-2-ol
Strukturformel:CH2 = CH - C(OH)(-CH3)2
Summenformel:C5H10O
CAS-Nummer:115-18-4
molare Masse:86,1 g/mol
Schmelzpunkt:-28 °C
Siedepunkt:96-98,5 °C
Flammpunkt:11 °C
Zündtemperatur:380 °C
Dampfdruck:137 hpa (50 °C)
spezif. Gewicht:0,82 g/cm3 (20 °C)
Aussehen:flüssig
Umrechnungsfaktor:1 ml/m3 (ppm) = 3,6 mg/m3:

2. Grenzwerte, Einstufungen, Regelungen:

Kennzeichnung nach EG-Richtlinien

Kennzeichnung aufgrund eigener Erkenntnisse
Gefahrensymbole:F - leichtentzündlich
 Xn - gesundheitsschädlich
R-Sätze:R 11 -22 -36
Einstufung gemäß Verordnung brennbarer Flüssigkeiten- VbF (jetzt BetrSichV):B
Wassergefährdungsklasse:1 (Deutschland, Selbsteinstufung)

3. Herstellung, Verwendung, Exposition:

2-Methylbut-3-en-2-ol wird aus 2-Methylbut-3-in-2-ol durch katalytische Hydrierung an einem suspendierten Palladiumkontakt bei ca. 70 °C und ca. 3 bar in einem geschlossenen System hergestellt. Ebenfalls in einem geschlossenem System wird 2-Methylbut-3-in-2-ol bei ca. 70 °C und ca. 3 bar unter Verwendung eines Katalysators zu 2-Methylbutanol-2 hydriert (tert.-Amylalkohol).

2-Methylbut-3-en-2-ol wird als Zwischenprodukt für die chemische Industrie u.a. zur Herstellung von Pharmazeutika, Pflanzenschutzmittel und Riechstoffen eingesetzt. Aufgrund des Herstellungsprozesses in geschlossenen Systemen ist eine Exposition auszuschließen. Eine mögliche Exposition ist nur bei Abfüllarbeiten gegeben (Fass- und Tankzugbefüllung).

4. Erfahrung am Menschen:

Nach lokaler akzidentieller Einwirkung von 2-Methylbut-3-en-2-ol wurden zwei Fälle von Augenreizung beobachtet

5. Toxikologische Daten:

Eine vollständige Darstellung aller verfügbaren Daten enthält ein Stoffdatensatz der BASF, Stand: August 1997. Soweit nicht anderweitig gekennzeichnet sind alle Daten diesem Stoffdatensatz entnommen.

2-Methylbut-3-en-2-ol ist aufgrund der akuten Toxizität als gesundheitsschädlich einzustufen. Die orale LD50 an der Ratte liegt im Bereich von 1400 - 2000 mg/kg. Die dermale LD50 von 2-Methylbut-3-en-2-ol wurde am Kaninchen mit 1640 mg/kg bestimmt.

Die einmalige inhalative Exposition (4 Stunden) gegenüber hohen Konzentrationen von 21,3 mg/l 2-Methylbut-3-en-2-ol führte bei 2 von 10 Tieren zum Tode. Bei den übrigen Tieren traten als klinische Symptome narkoseähnliche Wirkung, beschleunigte und unregelmäßige Atmung, taumelnder bis unsicherer Gang sowie Reizerscheinungen an den Augen auf. Diese klinischen Symptome waren innerhalb eines kurzen Zeitraumes reversibel. Zum Vergleich sei noch auf die LC50 von Allylalkohol hingewiesen, die mit 0,37 mg/l (Ratte, 4 h) angegeben wird. Im Gegensatz zu Allylalkohol ist beim 2-Methylbut-3-en-2-ol die Bildung einer reaktiven vinylogen Carboxylgruppe nicht möglich. Die bei Exposition gegen eine mit Substanz gesättigte Raumluft an der Ratte auftretende Mortalität (1 Stunde) ist im Zusammenhang mit der Flüchtigkeit der Substanz zu sehen. Die Substanz zeigte keine Reizwirkung auf die Haut. Am Auge fanden sich Reizerscheinungen an den Konjunktiven (Rötung, Schwellung, Exsudatbildung) von nur mäßiger Intensität und kurzer Dauer, allerdings mit deutlichen Trübungen der Hornhaut, so dass die Substanz am Auge stark reizend wirkt.

In einem Maximierungstest erzeugte 2-Methylbut-3-en-2-ol am Meerschweinchen keine sensibilisierende Wirkung.

Im Standard-Ames-Test erwies sich die Substanz als nicht mutagen. Ebenfalls negativ war das Ergebnis eines sogenannten Liquid Suspension Assay an Salmonella typhimurium TA 98 und TA 100. Im Mikronucleus-Test an der Maus nach i.p. Applikation von 500, 1000 und 1500 mg/kg erwies sich die Substanz als nicht klastogen.

Langzeituntersuchungen zur Abklärung eines kanzerogenen Potentials und Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität liegen nicht vor.

Die Substanz wurde in 28 - Tage - Studien mit Schlundsondenapplikation an der Ratte untersucht:

Es wurden Dosierungen von 30, 150, 750 mg/kg 2-Methylbut-3-en-2-ol getestet. Substanz-bedingte Mortalität trat nicht auf. Es zeigte sich in der oberen Dosisgruppe eine narkotische Wirkung und reduziertes Allgemeinbefinden. In den beiden oberen Dosierungen waren wenig spezifische Veränderungen einzelner biochemischer Parameter gegeben. 30 mg/kg war der No Observed Adverse Effect Level (NOAEL).

Die klinischen Befunde aus der 28-Tage-Studie ohne pathomorphologische Korrelate sprechen für eine unspezifische Wirkung und schnelle Ausscheidung der Substanz ohne Kumulation.

Untersuchungen zur fruchtschädigenden Wirkung liegen nicht vor. Doch wurden Untersuchungen mit dem strukturell ähnlichen 2-Methyl-3-butinol-2 durchgeführt, die keine Hinweise auf ein fruchtschädigendes Potential ergaben.

Für einen die systemische Toxizität von Methylbutenol berücksichtigenden Richtwert kann vom NOAEL der oralen 28-Tage-Studie ausgegangen werden (30 mg/kg und Tag). Es spricht bei diesem Stoff nichts gegen eine Übertragung des oralen Aufnahmepfades auf die inhalative Zufuhr; in beiden Fällen ist die systemische Verfügbarkeit gegeben. Die Anwendung eines Allometrieäquivalentes zur Übertragung eines oralen Versuches an der Ratte auf den Menschen von ca. 4 und eines Faktors für die Extrapolation von 28 Tagen auf 2 Jahre von 6 sowie eines Faktors von 5 für Intra- und Interspeziesextrapolation ergibt einen Gesamtfaktor von 120 und somit einen NOAEL für den Menschen von ca. 0,25 mg/kg und Tag bzw. ca. 20 mg/10m3 (= 2 mg/m3) Atemluft.

Zu 2-Methylbut-3-en-2-ol selbst liegt keine Inhalationsstudie vor. Es existieren jedoch zu Allylalkohol ältere Inhalationsstudien, die hier Anhaltspunkte zur lokalen Toxizität geben können. Allylalkohol ist als chemisch reaktiver anzusehen, denn es kann bei diesem Stoff die primäre OH-Gruppe zu Acrolein oxidiert werden, während Methylbutenol nur über eine wegen des Verzweigungstypes nicht oxidierbare tertiäre OH-Gruppe verfügt. Somit ist die Bildung einer (in der Regel zu starken Reizungen führenden) vinylogen Carbonylfunktion nicht möglich. Dies zeigt sich auch bei einem Vergleich des Reizpotentials an der Haut: flüssiges Methylbutenol wirkt nicht reizend an der Haut, Allylalkohol hingegen ätzend. (Am Auge wirken beide Stoffe reizend.) Der Strukturvergleich wird also nicht wegen gleichartiger, sondern quantitativ unterschiedlicher Wirkungen gezogen; der aktivere Stoff ist zugleich der auf inhalativem Wege besser geprüfte.

Der offensichtlich toxischere und zu Acrolein oxidierbare Allylalkohol wirkte in den älteren Studien bei 5 mg/m3 (2 ppm) nach über 6 Monaten der klinischen Beobachtung (- histologische Befunde wurden nicht erhoben -) an Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und Hunden nicht reizend und nicht systemisch toxisch. Auch mit dem strukturell ähnlichen, im Rahmen subakuter oraler Studien deutlich stärker schleimhautreizenden 2-Methylbut-3-in-2-ol werden für Expositionsbereiche um 3 mg/m3 keine lokalen Reizungen für inhalative Exposition mehr erwartet (vgl. TRGS 901 Teil II lfd. Nr. 95). Umso weniger wird ein solcher Effekt für 2-Methylbut-3-en-2-ol im ARW-Bereich von 2 mg/ m3 erwartet. Ein Überschreitungsfaktor von 2 kann somit angesetzt werden.

6. Analysenmethode:

Messprinzip:Mit Hilfe einer Pumpe wird eine definiertes Luftvolumen durch ein Glasröhrchen gesaugt, das mit 150 mg Aktivkohle gefüllt ist. Anschließend wird der adsorbierte ungesättigte Alkohol mit einem Lösungsmittelgemisch aus Schwefelkohlenstoff mit 2 % iso-Propanol desorbiert und gaschromatographisch bestimmt.
Technische Daten:absolut: 10 ng an 2-Methylbut-3-en-2-ol relativ: 0,4 mg/m an 2-Methylbut-3-en-2-ol bei einem Probeluftvolumen von 25 L einem Desorptionsvolumen von 1 ml und einem Injektionsvolumen von 1 µl
Selektivität:Die Selektivität ist in jedem Einzelfall zu prüfen
Vorteile:Personenbezogene und selektive Messungen möglich
Nachteile:Keine Anzeige von Konzentrationsspitzen
Apparativer Aufwand:Ex-Pumpe mit Gasmengenzähler oder Volumenanzeiger, Probenahmeröhrchen, Gaschromatograph mit Flammenionisationsdetektor(FID)


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