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26. n-Hexan
(CAS-Nr.: 110-54-3)
(BArbBl. 11/97 S. 58)
Reproduktionstoxizität / Fertilität:
Zur Bewertung einer möglichen Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit liegen neuere Studien vor, die die Paarungsperiode einschließen; zusätzlich werden auch Studien herangezogen, bei denen Untersuchungen hinsichtlich Hodentoxizität durchgeführt wurden:
In einer 1-Generationenstudie (1986; [1]) an Sprague-Dawley-Ratten mit 100, 500, 1.500 ppm kommerziellen Hexans (n-Hexan-Anteil 52 %) mit 6 h/d über 7 d/w für 100 Tage premating bzw. 15 Tage mating period, wurde von den Autoren die NOAEC mit 1.500 ppm (5.3 mg/l) angegeben. Es wurden somit weder eine Beeinträchtigung der Fertilität noch der Reproduktionsorgane festgestellt.
In einer neuen, den heutigen Anforderungen entsprechenden 2-Generationenstudie (1994; [3]) wurden Ratten gegenüber 900, 3.000 und 9.000 ppm kommerziellen Hexans (n-Hexan-Anteil 52 %) exponiert. Neben ersten Anzeichen toxischer Effekte (Körpergewichtsverminderung) in der höchsten Dosisgruppe (3 1.7 mg/l) wurden weder Beeinträchtigungen der Reproduktionsparameter noch der Reproduktionsorgane gefunden.
Verglichen mit dieser nach heute gültigen Methoden durchgeführten und vollständig berichteten Prüfung sind die von Nylén et al. 1989 [4] publizierten Untersuchungen wegen erheblicher methodischer Mängel und nicht nachvollziehbarer Berichterstattung praktisch wertlos: Gruppen von 12 oder 18 männlichen Sprague-Dawley-Ratten im Gewicht von 250 bis 300 g (folglich zu schwer und damit zu alt) wurden 21 oder 18 Stunden pro Tag 28 oder 61 Tage lang Konzentrationen von 986 ± 55 oder 999 ± 29 ppm n-Hexan exponiert. Die Expositionsdauer ist gegenüber der Norm von 6-8 Stunden pro Tag viel zu hoch, weil sie keine Detoxifikationsphase erlaubt. Keine Ratte wurde am Ende der Exposition untersucht, sondern nicht nachvollziehbare Teilkollektive der ursprünglich exponierten Ratten wurden, soweit verständlich dargestellt, 2 Wochen, 10 Monate und 1 Jahr später getötet und makroskopisch, mikroskopisch, immunhistochemisch und endokrinologisch untersucht. Es wurden sowohl Normalbefunde als auch Hodenschädigungen verschiedener Art gefunden. Die diversen Schädigungen ergaben weder ein plausibles Schädigungsmuster noch ist erkenntlich, wie die angeblich untersuchten Kontrollen aussahen. Da die Rattenhoden bekanntlich eine hohe Residualkapazität und Regenerationsfähigkeit haben, sind akzeptable Aussagen nur möglich, wenn Inzidenzen bei ausreichend großen Kollektiven von exponierten und Kontrolltieren verglichen werden. Ebenso wie die Beschreibung der Schädigungen ist die Mitteilung, daß 2 von 3 n-Hexan exponierten Ratten auf Fertilität geprüft und für fruchtbar befunden wurden, wegen der weitaus zu geringen Anzahl von Ratten für eine fundierte Beurteilung nicht verwendbar. Die Befunde dieser häufig und vor allem häufig falsch zitierten Arbeit sind deshalb irrelevant im Vergleich zu den oben beschriebenen Generationsversuchen.
In einem Dominant-Letal-Test an CD-l-Mäusen wurde keine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fertilität bei Exposition gegenüber 100 und 400 ppm (0,35 bzw. 1,4 mg/l) über 6 h/d, 5 d/w über 8 Wochen mit einer Verpaarungsperiode von 2 Wochen beobachtet (1980; [2]).
Im folgenden sind Studien mit wiederholter Applikation im Hinblick auf eine Bewertung der Hodentoxizität aufgeführt. Nur bei extremen Expositionsbedingungen bezüglich der täglichen Expositionszeit bzw. verabreichter Menge wurden in einigen Fällen Hodenschäden beobachtet:
De Martino et al. (1987; [5]) berichten über schwere Hoden- und Nebenhodenschädigungen bei Sprague-Dawley-Ratten nach Exposition gegenüber 5.000 ppm (17,6 mg/l) über 16 Stunden/Tag, 6 d/w bis zu
6 Wochen; die täglich aufgenommene Menge würde bei 100 %iger Resorption 11.260 mg/kg betragen (berechnet für Atemvolumen 0,2 l/ min und 300 g Körpergewicht). An allgemeiner Toxizität wurden signifikante Wachstumsbeeinträchtigung (... "average reduction in body weight ranging from 20 to 30 % from the first to the sixth week of treatment`) und um 30 % verminderte Futteraufnahme, an klinischen Symptomen Polyneuropathie beschrieben. Die einmalige 24-stündige Exposition gegenüber ebenfalls 5.000 ppm wirkte spermatotoxisch; dieser Effekt war jedoch nach 30 Tagen reversibel.
Howd et al. (1983; [6]) exponierten Fischer-344-Ratten (21 bzw. 80 Tage alt) 24 Stunden zunächst 4 Wochen kontinuierlich, dann für weitere 7 Wochen 24 h/d über 6 d/w gegenüber 1.000 ppm (3,52 mg/l). Neben signifikant verminderten Hodengewichten (ohne histopathologische Befundung) wurde Polyneuropathie, Mortalität (bis zu 50 % bei den älteren Tieren) bzw. verminderte Körpergewichtszunahme (46 bzw. 67 % des Körpergewichts der Kontrollen); daneben wurden reduzierte absolute Leber- und Nierengewichte erhoben. Der beobachtete Effekt an den Hoden trat im Zusammenhang mit schweren Auswirkungen allgemeiner Toxizität auf.
In der Studie von Nylen ([4]; s.o.) wurden in 18 bzw. 21 h/d über 61 Tage gegenüber 1.000 ppm exponierten Tieren nach 10) bzw. 14 Monaten deutliche Hodenatrophie sowie Effekte auf Spermatozoenköpfe und auf die Nebenhoden (gelegentlich hypertrophes Epithel und keine bzw. wenige Spermatozoen) festgestellt.
In einer vergleichenden Neurotoxizitätsstudie (1980; [11]) in CD-Ratten mit n-Hexan-Metaboliten wurden nach 90-tägiger Verabreichung (Gavage) über 5 Tage/Woche von 1.140 mg/kg sowohl mit n-Hexan als auch mit "practical grade"-Hexan (n-Hexan-Anteil 40 %) bei der histologischen Hodenuntersuchung keine Effekte festgestellt. Während mit "practical grade-Hexan selbst bei 4.000) mg/kg (1.600 mg/kg reinen Hexans) ebenfalls keine Schädigungen beobachtet wurden, traten bei 4.000 mg/kg reines Hexan Atrophie des germinativen Epithels auf. Die vergleichende Bewertung lautete pauschal: "n-Hexane administration had a lesser effect on the germinal epithelium than did the other compounds; weiterhin wurde ausgesagt: "comparisons of the severity of this effect were not made in this study because this change was timedependent and a time to onset of atrophy was not controlled". Neben Neuropathie wurden bei den beiden genannten Dosierungen reduzierte Körpergewichtszunahmen ab der 3. Woche beschrieben.
In einer japanischen Arbeit (Kurita. 1974; [12]) wurden bei Wistar-Ratten nach 20-wöchiger Exposition. 6 d/w, gegenüber 2,99 mg/l n-Hexan "slight congestion in the testes" beschrieben. Weitere Details hinsichtlich Reinheit der Substanz. täglicher Expositionszeit und anderer methodischer Details liegen nicht vor, so daß eine Bewertung nicht möglich ist.
In den folgenden Studien wurden keine Hodenschäden beobachtet:
Die 5malige Verabreichung von 10.000 mg/kg (täglich je 5.000 vor- und nachmittags) an Sprague-Dawley-Ratten ergab nach 3 und 13 Tagen keine Hinweise auf spermatotoxische Wirkung bzw. Schädigung der männlichen Reproduktionsorgane (1992; [7]).
In zwei Studien (API, 1983; [8] und DeGroot u. Kepner, 1984; [8]) wurden Wistar- und CD-Ratten gegenüber maximal 900 ppm über 18 Monate exponiert. Es wurden keine Effekte an den Hoden berichtet (weitere Details liegen nicht vor).
Fischer-344-Ratten zeigten nach 13-wöchiger Exposition über 6 h/d, 5 d/W gegenüber 3.000 - l0.000 ppm keine testikulären Schäden in der makroskopischen und histologischen Untersuchung (1984; [9].
In neueren Kanzerogenitätsstudien wurden Ratten und Mäuse gegenüber 900, 3.000 und 9.000 ppm kommerziellen Hexans (n-Hexan-Anteil 52 %) 6 h/d, 5 d/w exponiert (1995; [10]). Neben der beobachteten Beeinträchtigung der Körpergewichtszunahme, insbesondere bei der höchsten Dosierung von 9.000 ppm (31,7 mg/l), wurden keine Effekte auf die Hoden bei Ratten und Mäusen festgestellt.
Eine vergleichende Bewertung der Untersuchungen hinsichtlich Hodentoxizität legt nahe, daß neben der absoluten Höhe der Dosis/Konzentration die Expositionsdauer pro Tag eine entscheidende Rolle spielt. Somit zeigt sich nur bei Tieren ohne Möglichkeit zur Entgiftung ein Effekt.
Fazit:
In Ein- und Mehrgenerationenstudien mit hohen Konzentrationen (Ratten) und einem DL-Test an Mäusen wurden weder Beeinträchtigungen der Fertilität noch der männlichen oder weiblichen Reproduktionsorgane festgestellt. Auch zeigten subchronische/ chronische Untersuchungen mit den in den Test-Guidelines vorgegebenen Expositionszeiten, selbst in sehr hohen Konzentrationen bis Lebenszeitexpositionen, keine Schädigung der Hoden. Die in einigen Untersuchungen mit unüblicher Expositionsdauer bei hohen Konzentrationen beobachteten Hodenschädigungen traten nicht "in einem Dosisbereich ohne Vorliegen anderer toxischer Wirkungen" auf; das Äquivalent für die tägliche aufgenommene Menge lag in diesen Studien weit über der für den oralen Verabreichungsweg vorgesehenen Limit-Dose von 1.000 mg/kg/Tag. Gemäß den EU-Einstufungskriterien erfolgt deshalb keine Einstufung hinsichtlich Reproduktionstoxizität/Fertilität (RF-).
Literatur:
EU-Dossier Hexane, WO20, Danish Toxicology center, 22.12.1994
[1] American Petroleum Inst. Report 33-32864. A single generation inhalation reproduction/fertility study on commercial grade hexane; 1986.
[2] API (American Petroleum Institute): Mutagenicity evaluation of n-hexane in the mouse dominant lethal assay. Submitted by Litton Bionetics Inc., LBI Project No. 21 141-0l (1980)
[3] Daughtrey et al.: Twogeneration reproduction study on commerical hexane solvent.
[4] Journal of Applied Toxicology 14, 487-393 (1994)
[5] Nylen et al.: Testicular atrophy and loss of nerve growth factorimmunoreactive germ cell line in rats exposed to n-hexane and a protective effect of simultaneous exposure to toluene or xylene. Arch. Toxicol. 63, 296-307 (1989)
[6] de Martino et al.: Effects of respiratory treatment with n-hexane on rat testis morphology. Experimental and Molecular Pathology 46, 199-216(1987)
[7] Howd et al.: A comparison of the rates of development of functional hexane neuropathy in weanling and young adult rats. Neurobehavioural Toxicology and Teratology 5, 63-68 (1983)
[8] Linder et al.: Endpoints of spermatotoxicity in the rat after short duration exposures to fourteen reproductive toxicants. Reproductive Toxicology 6, 491-505 (1992)
[9] API (1983) und DeGroot & Kepner (1984), zitiert in: International Programme on Chemical Safety; Environmental Health Criteria 122: n-Hexane. World Health Organization, Geneva, 1991, 53-54
[10] Cavender et al.: A 13-week vapor inhalation study of n-hexane in rats with emphasis on neurotoxic effects. Fundam. Appl. Toxicol. 4, 191-201 (1984)
[11] American Petroleum Institute: Reports 404 and 405. Inhalation oncogenicity study of commercial grade hexane in mice and rats. (1995)
[12] Krasavage et al.: The relative neurotoxicity of methyl-n-butyl ketone. n-hexane and their metabolites. Toxicol. Appl. Pharmacol. 52, 433-441 (1980)
[13] Kurita. H.: Experimental studies on the effects of n-hexane in albino rats. Ind. Health 9 (8), 24-29 (1974; japanisch).
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