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Diisopenthylphthalat (DIPP)
(CAS-Nr.: 605-50-5)

Ausgabe: März 2001
Stand: Mai 2000


Bei Di(isopentyl)phthalat (DIPP) handelt es sich um einen Phthalsäureester von mittlerer Kettenlänge. Das Isopentyl-Derivat kann mit dem n-Pentyl-Derivat vermischt sein. Es liegen zu DIPP nur sehr wenige Daten vor, doch kann zur Bewertung dieses Stoffes auch die bessere Datenlage zu den strukturverwandten Phthalaten Di-npentyl- und Di-nbutylphthalat (DBP) mit herangezogen werden.

Mutagenität:

Es gibt zu DIPP selbst keine Daten.

Aufgrund der strukturellen Merkmale und in Analogie zu der sehr umfangreichen Datenbasis von Dibutylphthalat (DBP; BUA 1987/1993) zu diesem Endpunkt bestehen keine Verdachtsmomente für eine gentoxische Wirkung.

Kanzerogenität:

Langzeitstudien mit DIPP liegen bisher nicht vor.

Eine Erhöhung der Lebergewichte wurde im Rahmen einer pränatalen Toxizitätsstudie mit DIPP nachgewiesen (s. u.). DIPP ist vermutlich ein Peroxisomenproliferator am Nager wie DBP (BUA 1987/1993). Diese Form der Enzyminduktion ist mit einer generellen Lebervergrößerung verbunden und - zumindest initial - einer vermehrten DNA-Synthese. Bei Ratte und Maus stellt dies potentiell eine lebertumordisponierende Stoffwechselsituation dar.

Allerdings ist die tatsächliche Kanzerogenität der einzelnen Peroxisomenproliferatoren höchst unterschiedlich ausgeprägt. Von prognostischer Aussagekraft sind die Höhe der Wirkschwelle und das Ausmaß der Lebervergrößerung, weniger die maximale Peroxisomendichte und Enzymaktivität im Hochdosisbereich. Ausführlich untersucht in dieser Hinsicht wurden verschiedene lipidsenkende Pharmawirkstoffe sowie der mit DIPP strukturell verwandte Phthalsäureester DBP. Die Phthalsäureester gehören zu den eher schwach wirksamen Verbindungen, und unter diesen zeigt DBP wiederum eine relativ schwache Aktivität, so dass durchweg hohe Dosen zur Auslösung dieses Effektes erforderlich sind.

Nicht-Nager zeigen eine weitgehende Resistenz gegenüber dem Phänomen der Peroxisomenproliferation (s. u.) und der hiermit assoziierten Effekte wie Enzym-Induktion, Hepatomegalie und Tumorinduktion. Hamster zeigen hingegen noch schwache Effekte (Lake et al., 1984).

Man nimmt heute an, dass die Speziesunterschiede auf Dichte und Funktionalität eines bestimmten Rezeptortyps zurückgehen, des peroxisomenstimulierenden (PPARa)-Rezeptors, welcher bei Ratte und Maus in besonders hohem Maße und vollständiger Form exprimiert wird (Ashby et al., 1994; Bentley et al., 1993; Lee et al., 1995; Cattley et al., 1998; Maloney and Waxman, 1999). Die Stimulation der Rezeptoren führt in den Zielzellen dieser Spezies zu einer Vielzahl von Transkriptionen bzw. Genexpressionen und morphologisch zu einer Proliferation von Zellorganellen (Peroxisomen, Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum), zur Suppression von Apoptose (Roberts et al., 1998) sowie zu einer zumindest initialen, bei manchen Stoffen auch kontinuierlichen Erhöhung der DNA-Synthese (Marsman et al., 1988) und Mitoserate nach Aktivierung der Kupffer'schen Sternzellen (Rose et al., 1997); die Leber ist in allen wirksamen Dosen auf längere Zeit vergrößert.

Transgene Mäuse, denen der peroxisomenstimulierende (PPARa-)Rezeptor fehlt, zeigten mit DEHP keine Peroxisomenproliferation, keine Hepatomegalie und keine vermehrte DNA-Synthese (Ward et al., 1998). Die Bioverfügbarkeit war gegeben, dies konnte man an den Hoden- und Nierenschädigungen sehen, die allerdings schwächer ausgeprägt waren als beim Wild-Typ. Auch war selbst mit der hochwirksamen Verbindung Wy-14,643 keine Hepatokanzerogenität an PPARaKnockout-Mäusen mehr erkennbar (Peters et al., 1997).

Die menschliche Leber weist 1 - 10 % der funktionalen PPARa-Rezeptordichte von Mäusen auf (Palmer et al., 1998). Hierin dürfte der Grund für die geringere toxikodynamische Empfindlichkeit des Menschen zu sehen sein, wie sie auch in vitro an Leberzellkulturen zum Ausdruck kommt (s. u.). Aus der langjährigen Erfahrung mit Fibrat-Therapien hat sich bisher kein Hinweis auf eine tumorigene Wirkung am Menschen ergeben.

Aufgrund der experimentellen und klinischen Erfahrungen werden Peroxisomenproliferatoren zur Zeit von IARC nicht als kanzerogen für den Menschen klassifiziert (IARC, 1995/1996). Diese Einschätzung wird überwiegend auch in neueren Publikationen geteilt, wenngleich sie heute differenzierter und mehr im Sinne quantitativer Unterschiede erfolgt (Cattley et al., 1998; Doull et al., 1999; Maloney and Waxman, loc. cit.).

In Leberzellkulturen von Kaninchen, Meerschweinchen, Marmosets und Menschen ließen sich mit DEHP bzw. DINP und anderen Peroxisomenproliferatoren bzw. ihren aktiven Metaboliten keine Effekte darstellen: Die Aktivität der Enzyme Palmitoyl-CoAOxidase und Carnitinacetyltransferase blieb unverändert, kein Einfluss auf die spontane oder TRGFß1-induzierte Apoptose, auf die DNA-Synthese, die ß-Oxidation oder die a-Hydroxylaurinsäurebildung (Elcombe et al., 1997; Ashby et al., 1994; Butterworth et al., 1989; Dirven et al., 1993; Goll et al., 1999; Hasmall et al., 1999).

Reproduktionstoxizität:

Entwicklungsschädigung:

Nach oraler Verabreichung von DIPP an Wistar-Ratten in Dosierungen von 40, 200 und 1.000 mg/kg vom 6. - 15. Trächtigkeitstag (8 - 10 Tiere; Zubereitung in Olivenöl) starben in der obersten Dosisgruppe alle Feten ab (100 % Postimplantationsverlust).

Bei 200 und bei 40 mg/kg wurden keine Effekte beobachtet. Bei den Muttertieren waren am 20. Trächtigkeitstag, also 5 Tage nach dem Ende der Applikationsperiode, noch Erhöhungen der absoluten und relativen Lebergewichte erkennbar bei gleichzeitig verringerter Nahrungsaufnahme und verminderter Körpergewichtsentwicklung. Die maternalen Effekte stehen mit dem fetalen Effekt, der als spezifisch und selektiv anzusehen ist, in keinem ursächlichen Zusammenhang (Hellwig et al., 1997).

Fertilitätsminderung:

Zu DIPP selbst liegen keine Daten vor.

DIPP gehört jedoch mit Dibutylphthalat und Di-npentylphthalat zu den Phthalsäureestern mittlerer Kettenlänge, deren Monoester Schädigungen des Keimepithels am Hoden bewirken (BUA 1987/1993; Creasy et al., 1983; Foster et al., 1980; Gray et al., 1982). Die Sertoli-Zellen sind offenbar der primäre Angriffsort. Sie zeigen eine starke Vakuolisierung des glatten endoplasmatischen Retikulums. Verluste des Keimepithels, als mutmaßliche Folge der Sertolizellschädigung, werden ebenfalls beobachtet. Das strukturverwandte Di-npentylphthalat hemmte die Fertilität von CD1-Mäusen im Rahmen einer Mehrgenerationenstudie nach dem "continuous breeding" Protokoll bei 1,5 und 2,5 % im Futter und partiell bei 0,5 %. Ein NOAEL wurde im Rahmen dieser Studie nicht erreicht (Heindel et al., 1989).

Fazit:

Mutagenität:

Aufgrund des Fehlens von Daten zur Genotoxizität von DIPP ist gemäß den EU-Einstufungskriterien keine Einstufung möglich (M: -).

Kanzerogenität:

Da zur Frage der Kanzerogenität keine Daten am Tier vorliegen und die subakuten Lebereffekte wenig Relevanz für den Menschen haben, ist gemäß den EU-Einstufungskriterien eine Einstufung von DIPP bezüglich Kanzerogenität im Augenblick nicht möglich (C: -).

Reproduktionstoxizität/Entwicklungsschädigung:

Eine selektive fetale Toxizität an der Ratte (mit 100 % Postimplantationsverlust) wurde mit DIPP bei 1.000 mg/kg/Tag beobachtet. Die Dosisbeziehung erscheint relativ steil, denn bei 200 mg/kg/Tag wurden keine Effekte mehr beobachtet. Die maternale Toxizität kann jedoch den Effekt bei 1.000 mg/kg/Tag nicht erklären. Es bestehen keine Hinweise, dass DIPP bzw. sein aktiver Metabolit MIPP bei Primaten im Vergleich zur Ratte eine niedrigere Bioverfügbarkeit erreicht.

Es ergibt sich somit die Notwendigkeit, den Stoff gemäß EU-Einstufungskriterien als entwicklungsschädigend Kategorie 2 einzustufen (RE: 2).

Reproduktionstoxizität/Fertilitätsminderung:

Aufgrund der Verwandtschaft zu Dibutyl- und Di-npentylphthalat und der Befunde mit Di-npentylphthalat im Rahmen einer Mehrgenerationenstudie bestehen auch für DIPP Verdachtsmomente auf eine fertilitätsmindernde Wirkung in kennzeichnungsrelevanten Dosisbereichen. Der Stoff wird daher als fertilitätshemmend Kategorie 3 eingestuft (RF: 3).

Literatur:

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