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67. Tris(2-chlorethyl)phosphat
(CAS-Nr.: 115-98-8)
Ausgabe:
Februar 2000
(BArbBl. 2/2000 S. 83)
Es liegt eine ausführliche Toxikologische Bewertung von Tris(2-chlorethyl)phosphat der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie vor (BG-Nr. 33), auf die im folgenden Text zum großen Teil Bezug genommen wird [BG Chemie, 1995].
Gentoxizität:
In vitro:
Im Salmonella/Mikrosomen-Test an den Stämmen TA 100, TA 1535 und TA 1538 besaß Tris(2-chlorethyl)phosphat mit und ohne metabolische Aktivierung (S9-Mix aus mit Aroclor 1254 induzierter Rattenleber) in Konzentrationen von 1 und 10 µg/Platte keine mutagene Wirkung [Prival et al., 1977].
Auch in einem anderen Salmonella/Mikrosomen-Test an den Stämmen TA 98, TA 100, TA 1535, TA 1537 und TA 1538 ergab sich mit und ohne metabolische Aktivierung (S9-Mix aus mit Aroclor 1254 induzierter Rattenleber) ein negativer Befund (ohne Angaben der Konzentrationen) [Simmon et al., 1977].
Tris(2-chlorethyl)phosphat (ohne Angabe zum Reinheitsgrad) wurde im Salmonella/Mikrosomen -Test an den Stämmen TA 1535, TA - 1537, TA 1538, TA 98 und TA 100 ohne und mit metabolischer Aktivierung (S9-Mix aus mit Aroclor 1254 induzierter Rattenleber) auf gentoxische Wirkung untersucht. Die Konzentrationen betrugen 0, 0,1, 1, 10, 100, 500 bzw. 2000 µg/Platte. Weder ohne noch mit metabolischer Aktivierung kam es zu einer Erhöhung der Mutantenzahlen. Bakteriotoxizität wurde auch durch die höchste Konzentration (2000 µg/Platte) nicht erreicht [BIBRA, 1977].
Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde weiterhin im Salmonella/Mikrosomen-Test an den Stämmen TA 98, TA 100, TA 1535, TA 1537 und TA 1538 mit und ohne metabolische Aktivierung (S9-Mix aus mit Aroclor 1254 induzierter Rattenleber) geprüft. Die Konzentrationen betrugen 1, 3, 10 und 30 µmol/Platte (entsprechend 286, 857, 2855 bzw. 8566 µg/Platte). In diesen Versuchen ergab sich nach metabolischer Aktivierung eine schwache, aber dosisabhängige mutagene Wirkung beim Stamm TA 100. Beim Stamm TA 1535 war die Erhöhung der Mutantenzahl stark (bis Faktor 7,6). 30 µmol/Platte waren bakteriotoxisch. An den anderen Stämmen (ohne und mit metabolischer Aktivierung) sowie an den Stämmen TA 100 und TA 1535 (ohne metabolische Aktivierung) war Tris(2-chlorethyl)phosphat nicht mutagen [Nakamura et al., 1979].
In einem anderen Salmonella/Mikrosomen-Test. wurde Tris(2-chlorethyl)phosphat (ohne Angabe zum Reinheitsgrad) nach Anhang V der Richtlinie 79/831/EWG auf gentoxische Wirkung im Platteninkorporationstest untersucht. Die Prüfung erfolgte ohne und mit metabolischer Aktivierung (S9-Mix aus mit Clophen A50 induzierter Rattenleber) an den Stämmen TA 100, TA 1535, TA 98, TA 1537 und TA 1538 mit den Konzentrationen 0, 50, 160, 500, 1600 bzw. 5000 µg/ Platte. Weder ohne noch mit metabolischer Aktivierung kam es zu einer Erhöhung der Revertantenzahlen. 5000 µg/Platte erwiesen sich in Vorversuchen als bakteriotoxisch [FhG, 1982].
In einem weiteren Salmonella/Mikrosomen-Test mit den Stämmen TA 98, TA 100, TA 1535, TA 1537 und TA 1538 mit und ohne metabolische Aktivierung (Sprague-Dawley-Rattenleber, Aroclor 1254-induziert) in Konzentrationen von 500, 2500, 5000, 7500 und 10000 µg/Platte war Tris(2-chlorethyl)phosphat bis zur höchsten Konzentration mit und ohne S9-Mix nicht mutagen. Eine toxische Wirkung konnte auch bei der höchsten Konzentration nicht beobachtet werden [LMP, 1984].
Im Präinkubationstest erwies sich Tris(2-chlorethyl)phosphat an den Stämmen TA 100, TA 1535, TA 1537 und TA 98 in den Konzentrationen von 33 bis 3333 µg/Platte mit und ohne metabolische Aktivierung (S9-Mix aus mit Aroclor 1254 induzierter Ratten- und Hamsterleber) wiederum als nicht mutagen. Ausreichende Detailangaben zum Versuchsprotokoll fehlten aber [Haworth et al., 1983].
Auch am Saccharomyces cerevisiae-Stamm D4 war Tris(2-chlorethyl)phosphat mit und ohne metabolischer Aktivierung negativ, desgleichen im Maus-Lymphoma-Test am TK-Locus. Detailangaben für beide Versuche fehlten [Ulsamer et al., 1980].
Tris(2-chlorethyl)phosphat (Antiblaze 100, ohne Angaben zum Reinheitsgrad) wurde an Maus-Lymphoma-Zellen (LS 1 78Y/TK+/-) ohne und mit metabolischer Aktivierung (S9-Mix aus mit einem 2:1 Gemisch von Aroclor 1242 und Aroclor 1254 induzierter Rattenleber) auf gentoxische Wirkung untersucht. Die Konzentrationen (in DMSO) betrugen ohne Aktivierung 0,01 bis 0,08 µl/ml und mit Aktivierung 0,06 bis 0,15 µl/ml. Höhere Konzentrationen erwiesen sich als zytotoxisch. Sowohl ohne als auch mit metabolischer Aktivierung wurde kein signifikanter Anstieg der Mutationsfrequenz am Thymidin-Kinase-Locus beobachtet, Tris(2-chlorethyl)phosphat wirkte somit in diesem Test nicht gentoxisch [Mobil, 1984].
Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde auch an V79-Zellen des Chinesischen Hamsters auf 6-Thioguanin-resistente Mutanten untersucht. Die Versuche erfolgten mit und ohne metabolische Aktivierung (S9-Mix aus mit Methylcholanthren induzierter Rattenleber) mit den Konzentrationen 500, 1000 und 2000 µg/ml. Sowohl mit als auch ohne metabolische Aktivierung wurden keine 6-Thioguanin-resistenten Mutanten gefunden [Sala et al., 1982].
Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde auch an CHO-Zellen des Chinesischen Hamsters hinsichtlich Chromosomenaberrationen und Schwester-Chromatid-Austausch (SCE) mit und ohne metabolische Aktivierung geprüft. Chromosomenaberrationen traten im Konzentrationsbereich von 160 bis 1600 µg/ml nicht auf. Bezüglich der Schwester-Chromatid-Austauschrate war der Befund ohne metabolische Aktivierung im Konzentrationsbereich von 5 bis 160 µg/ml ebenfalls negativ und mit metabolischer Aktivierung im Konzentrationsbereich von 160 bis 1600 µg/ml fraglich, da nur in einem von zwei Versuchen die SCE-Rate um 20 % stieg [Galloway et al., 1987].
Ein anderer SCE-Test an V79-Zellen (Lungenfibroblasten) des Chinesischen Hamsters erbrachte ohne und mit metabolischer Aktivierung ab 700 µg/ml (ohne S9-Mix) bzw. bei 700 µg/ml (mit S9-Mix) einen signifikanten Anstieg der Austauschrate. Der geprüfte Konzentrationsbereich umfaßte 343 bis 3000 µg/ml (ohne S9-Mix) bzw. 490 und 700 µg/ml (mit S9-Mix). Es wurden nur jeweils 30 Metaphasen/Dosis gesichtet, was die Aussagekraft dieses positiven Ergebnisses vermindert [Sala et al., 1982].
Die DNA-Bindung von Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde in vitro bei einer Konzentration von 5 mM und einer Inkubationszeit von 180 Minuten untersucht. Eine Alkylierung konnte nicht nachgewiesen werden (ohne weitere Angaben) [Lown et al., 1980].
In vivo:
In einem Mikronukleustest erhielten je 2 Chinesische Hamster/Geschlecht und Dosis 62,5, 125 bzw. 250 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat/ kg Körpergewicht einmal intraperitoneal injiziert (2 Tiere/Dosis). Nach 24 Stunden wurden die Mikronuklei/1000 polychromatische Erythrozyten untersucht. Sie betrugen nach 62,5 mg/kg 5,25 ± 0,7, nach 125 mg/kg 6,63 ± 0,57 und nach 250 mg/kg 7,00 ± 1,00. Bei den Kontrollen lagen sie bei 3,50 ± 0,50. Das Ergebnis wurde von den Autoren wegen unterschiedlicher Werte bei männlichen und weiblichen Tieren und ungenügender Dosisabhängigkeit des Effektes als fraglich angesehen. Wegen der geringen Tierzahl/Dosis ist der Versuch nicht als valide anzusehen [Sala et al., 1982].
Ein anderer Mikronukleustest wurde an 22 männlichen und weiblichen NMRI-Mäusen durchgeführt. Sie erhielten einmal 1000 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat/kg Körpergewicht oral, wobei 3 von 22 Tieren starben. Bei je 6 Mäusen wurde 24, 48 und 72 Stunden nach der Applikation das Knochenmark aus dem Femur präpariert. Eine Positivkontrolle erhielt 20 mg Cyclophosphamid/kg Körpergewicht und eine Lösemittelkontrolle DMSO. Tris(2-chlorethyl)phosphat verursachte in diesem Versuch keine signifikante Veränderung des Anteiles polychromatischer Erythrozyten und die Anzahl Mikronukleitragender polychromatischer Erythrozyten war zu keinem Zeitpunkt statistisch signifikant erhöht [FhG, 1984].
In einem weiteren Mikronukleustest gemäß OECD-Richtlinie Nr. 474 erhielten Gruppen von je 5 männlichen und weiblichen CD- 1-Mäusen 175, 350 bzw. 700 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat (Reinheitsgrad > 99,25 %)/kg Körpergewicht als Lösung in Maiskeimöl einmal intraperitoneal injiziert. Entsprechende Kontrollen (Maiskeimöl bzw. Cyclophosphamid, 40 mg/kg Körpergewicht) wurden mitgeführt. Die obere Dosierung (LD50) lag im toxischen Bereich; 5 Mäuse verendeten oder mußten in moribundem Zustand getötet werden. Die untere Dosis (1/4 LD50) wurde symptomlos vertragen. Nach 24 Stunden, bei den Tieren der oberen Dosisgruppe und der Kontrollgruppen nach 16, 24 und 48 Stunden, wurde das Femurknochenmark aufgearbeitet und 1000 polychromatische Erythrozyten/Tier auf Mikronuklei untersucht. Die Behandlung mit Tris(2-chlorethyl)phosphat bewirkte keine Induktion von Mikronuklei und ließ keine Hinweise auf potentielle Spindeleffekte erkennen [IRI, 1993].
Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde im Augen-Mosaik-Versuch an Drosophila melanogaster auf somatische Zellschädigungen untersucht (interchromosomale mitotische Rekombination). Dabei erwies sich Tris(2-chlorethyl)phosphat nach Verfütterung von bis zu 40 mM an Larven und Auswertung von 250 Augen/Dosis als nicht gentoxisch [Vogel und Nivard, 1993].
Kanzerogenität:
In einer Kanzerogenitätsstudie mit Scl:ddY-Mäusen erhielten Gruppen zu je 50 männlichen und weiblichen Tieren (mittleres Ausgangsgewicht 30 bzw. 25 g) 18 Monate lang 0, 120, 600, 3000 bzw. 15000 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat (Reinheitsgrad 98 %)/kg Futter, entsprechend 0, 17, 86, 430 bzw. 2143 mg/kg Körpergewicht. Der Körpergewichtszuwachs war lediglich bei den männlichen und weiblichen Mäusen der 2143 mg/kg Körpergewicht-Gruppe von Beginn an stark verzögert, obgleich sich die Futteraufnahme nicht von den anderen Gruppen unterschied. Die Körpergewichtsentwicklung der übrigen Dosisgruppen unterschied sich nicht von der Kontrollgruppe. Am Ende der Versuchsperiode betrug die Überlebensrate in der hohen Dosisgruppe bei den männlichen Mäusen 38 % und bei den weiblichen Mäusen 36 % (Kontrollen männlich ca. 60 %, weiblich ca. 65 %). Die Gesamttumorraten betrugen bei Versuchsende bei den männlichen Mäusen in der Kontrollgruppe 68 % (34/50), in der 17 mg/kg Körpergewicht-Gruppe 78 % (38/49), in der 86 mg/kg Körpergewicht-Gruppe 80 % (39/49), in der 430 mg/kg Körpergewicht-Gruppe 83 % (39/47) und in der 2143 mg/kg Körpergewicht-Gruppe 100 % (50/50). Die entsprechenden Gesamttumorraten bei den weiblichen Mäusen lagen bei 61 (30/49), 57 (28/49), 66 (33/50), 80 (39/49) bzw. 82 % (41/51). Die Tumorbildungsrate nahm also bei männlichen und weiblichen Tieren dosisabhängig zu, war aber bei den männlichen Mäusen nur in der höchsten und bei den weiblichen Mäusen nur in den beiden oberen Dosisgruppen statistisch signifikant erhöht. Tumoren fanden sich vor allem in der Niere und in der Leber, im Vormagen und im weißen Blutbild, wobei die Inzidenz an Nieren- und Lebertumoren bei den männlichen Tieren dosisabhängig anstieg. Die Inzidenzen sind in den Tabellen 1, 2, 3 und 4 dargestellt.
Histologisch handelte es sich bei den in der höchsten Dosisgruppe signifikant erhöhten Tumoren um Nierenadenome und -karzinome (nur männliche Tiere), Adenome und Karzinome der Leber (nur männliche Tiere), Papillome und Karzinome des Vormagens (nur weibliche Tiere) und Leukämien (nur weibliche Tiere). In der zweithöchsten Dosisgruppe waren hepatozelluläre Adenome und Karzinome bei den männlichen Tieren und Leukämien bei den weiblichen Tieren signifikant erhöht. Bei den Vormagentumoren zeigte sich die signifikante Erhöhung erst nach Addition der gut- und bösartigen Veränderungen oder sie erhöhte sich nach Addition bei den Lebertumoren von p < 0,05 auf p < 0,01. Die Inzidenz an Nierentumoren war also bei den männlichen Mäusen dosisabhängig ab 430 mg/kg Körpergewicht und in der höchsten Dosisgruppe mit 82 % signifikant erhöht, die der Nierenkarzinome ebenfalls dosisabhängig ab 86 mg/kg Körpergewicht und mit 64 % in der höchsten Dosisgruppe ebenfalls signifikant erhöht. Die Autoren berichteten von historischen Kontrolldaten an Nierenzelltumoren bei männlichen B6C3F1-Mäusen (0,1 %, 3/2543), SWR/J-Mäusen (0,4 %, 1/269), CD-I/ICR-Mäusen (0,5 %, 2/436), Swiss-Mäusen (1,0 %, 1/101) und CF-1-Mäusen (3,0 %, 10/328) sowie bei weiblichen B6C3F1-Mäusen von 0,08 % (2/2522) und bei den anderen Stämmen von 0 % [Takada et al., 1989]. Wegen der dosisabhängigen nierentumor- und nierenkarzinombildenden Wirkung ab 430 mg/kg Körpergewicht, die im Vergleich zu historischen Kontrollwerten eindeutig ist, dürfte Tris(2-chlorethyl)phosphat als Substanz betrachtet werden, die bei männlichen Mäusen ab Dosierungen in dieser Größenordnung Nierentumore verursachen kann.
In einer Kanzerogenitätsstudie mit B6C3F1-Mäusen erhielten Gruppen zu je 50 männlichen und weiblichen Tieren 5mal wöchentlich 0, 175 oder 350 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat (98 % rein)/kg Körpergewicht/Tag als Lösung in Maiskeimöl 103 Wochen (26 Monate) lang per Schlundsonde verabreicht. Einer zusätzlichen Gruppe von 10 Tieren/Geschlecht und Dosierung wurde die Substanz nur 15 Monate (66 Wochen) lang Verabreicht. Weder nach 15 noch nach 26 Monaten verursachte die Substanz Zeichen einer systemischen Toxizität, d. h. die Körpergewichtsentwicklung, die Überlebensrate und das klinische Verhalten sowie die untersuchten hämatologischen und klinisch-chemischen Parameter (nur bei der 15-Monate-Gruppe angegeben) der dosierten Mäuse unterschieden sich nicht von den Kontrollgruppen. Nach 15 Monaten trat von den 10 weiblichen Tieren der hohen Dosisgruppe (350 mg/kg Körpergewicht) allerdings bei 2 Mäusen ein Adenom und bei einer dritten Maus ein Karzinom der Harderschen Drüse auf. Von den 10 männlichen Tieren wurde in der hohen Dosisgruppe (350 mg/kg Körpergewicht) bei 2 Mäusen eine Hyperplasie der Niere beobachtet, davon bei der einen Maus zusätzlich ein Adenom der Niere. Die Inzidenz an Läsionen in Niere und Harderscher Drüse bei den Mäusen, die für 26 Monate behandelt wurden, ist in Tabelle 5 dargestellt.
Unter den Bedingungen dieses Versuches ergab sich nach Meinung der Autoren für männliche Mäuse "no evidence of carcinogenic activity" und für weibliche Mäuse "equivocal evidence of carcinogenic activity" aufgrund der marginal erhöhten Inzidenz an Adenomen der Harderschen Drüse, die über der historischer Kontrollen lag (53/2 193, 2,4%, Range 0 bis 10%) [NTP, 1991; Matthews et al., 1993].
In einer NTP-Studie zur Frage der kanzerogenen Wirkung von Tris(2-chlorethyl)phosphat erhielten Gruppen von je 60 männlichen und weiblichen Fischer-3441N-Ratten 5mal wöchentlich 0, 44 oder 88 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat (ca. 98prozentig)/kg Körpergewicht als Lösung in Maiskeimöl über einen Zeitraum von bis zu 103 Wochen (26 Monate) per Schlundsonde. Je 10 der 60 Tiere/Geschlecht wurden nach 66 Wochen (15 Monate) getötet. Die Ratten dieser Satellitengruppe wiesen keine substanzbedingten Veränderungen der hämatologischen Parameter auf, doch waren die Aktivitäten der alkalischen Phosphatase und der Alaninaminotransferase bei den weiblichen Ratten der 88 mg/kg-Gruppe signifikant erniedrigt. Die Sektion ergab bei den Tieren der 88 mg/kg-Gruppe eine signifikante Erhöhung der absoluten und relativen Leber- und Nierengewichte. Histologisch wurden bei einer männlichen Ratte der hohen Dosisgruppe ein Tubulusadenom der Niere und bei 3 weiblichen Ratten dieser Gruppe degenerative Veränderungen im Gehirn gefunden. Die Überlebenszeit der männlichen und weiblichen Ratten der hohen Dosisgruppe, die über 26 Monate behandelt wurden, war reduziert (weibliche Tiere: Kontrolle 64 %, 44 mg/kg: 66 %, 88 mg/kg: 34 %; männliche Tiere: Kontrolle 72 %, 44 mg/kg: 66 %, 88 mg/kg: 50 %), das mittlere Körpergewicht der überlebenden Tiere ähnelte dem der Kontrollen. Die hauptsächlichen Veränderungen (siehe Tabelle 6) traten in der Niere und im Gehirn auf.
Fokale Hyperplasie des Tubulusepithels der Nieren und Tubulusadenome waren bei den männlichen Ratten der 88 mg/kg-Gruppe deutlich und signifikant erhöht, in geringerem Ausmaß, aber ebenfalls statistisch signifikant auch bei den weiblichen Ratten. Tubuläre Nierenkarzinome traten bei den männlichen Ratten in der Kontrollgruppe und in der hohen Dosisgruppe je einmal auf.
Im Gehirn und im Hirnstamm waren bei mehr als 40 % der weiblichen Ratten der 88 mg/kg-Gruppe degenerative Schädigungen (Gliosis, Mineralisation, Hämorrhagien und/oder Hämosiderin-Anreicherung) zu beobachten, bei den männlichen Tieren nur vereinzelt. Außerdem war eine leicht, bei den weiblichen Tieren der hohen Dosisgruppe signifikant erh9hte Inzidenz von Schilddrüsenneoplasmen und mononukleären Leukämien (auch bei den männlichen Tieren signifikant) zu verzeichnen, doch war eine Substanzabhängigkeit ungewiß, da die Inzidenzen im Bereich historischer Kontrolldaten lagen. Unter den Bedingungen dieses 2-Jahres-Versuches ergab sich nach Meinung der Autoren wegen der erhöhten Inzidenz an Nierenadenomen, die als frühes Stadium bei der Entwicklung von Karzinomen angesehen wurden, für männliche und weibliche F344/N-Ratten eine "clear evidence of carcinogenic activity" [NTP, 1991; Matthews et al., 1993].
Zur Klärung der Frage, warum männliche Ratten bezüglich der Entstehung von Nierentumoren empfindlicher reagieren als weibliche Ratten, wurden geschlechtsspezifische Unterschiede im Metabolismus, in der Harn-Clearance und -Konzentration überprüft. Es ergaben sich zwischen männlichen und weiblichen Ratten keine nennenswerten Geschlechtsdifferenzen bezüglich Resorption, Metabolismus, Gewebeverteilung und der Exkretion von Tris(2-chlorethyl)phosphat. Auch ließ das Metabolitenmuster und seine Ausscheidung keine nennenswerten Unterschiede erkennen[NTP, 1994].
Je 50 weibliche Scl:ddY-Mäuse erhielten Tris(2-chlorethyl)phosphat als 5- oder 50prozentige Lösung in Ethanol zweimal wöchentlich auf die enthaarte Haut über einen Zeitraum von 18 Monaten (79 Wochen). Zusätzlich wurden zur Prüfung der chronischen Toxizität je 5 Tiere/ Gruppe mitgeführt und nach 6 und 12 Monaten getötet. Körpergewichtsentwicklung, Futterverbrauch und Überlebensrate unterschieden sich nicht von den Kontrollen. Bei den Mäusen der 50 %-Gruppe war das Milzgewicht herabgesetzt. Die Inzidenz von Tumoren oder anderen, nicht neoplastischen Veränderungen der Haut und anderen Organen unterschied sich nicht von den Kontrollen. Nach diesen Untersuchungen besaß Tris(2-chlorethyl)phosphat an der Haut keine kanzerogene Wirkung. Bei der Zwischensektion nach 6 und 12 Monaten konnten keine systemischen Veränderungen (Organgewichte, Hämatologie, Histopathologie) festgestellt werden [Takada et al., 1991].
Zur Prüfung der initiierenden und promovierenden Wirkung von Tris(2-chlorethyl)phosphat bei dermaler Applikation wurde ein Versuch an weiblichen Swiss-Mäusen (Alter bei Versuchsbeginn 60 Tage) durchgeführt. Versuchsaufbau und die Ergebnisse sind in Tabelle 7 dargestellt. Gewichtsentwicklung und Überlebenszeiten wurden nicht mitgeteilt. In diesen Untersuchungen besaß Tris(2-chlorethyl)phosphat keine kanzerogene oder tumorpromovierende Wirkung. Eine mögliche initiierende Wirkung hinsichtlich Haut- oder Lungentumoren ließ sich nicht bestätigen, weil die Unterschiede zu den Kontrollen nicht signifikant waren (Vergleich mit historischen Kontrollen ohne Angabe von Daten; es ist aber bekannt, daß die spontane Lungentumorinzidenz bei der Swiss-Maus 40 bis 50 % betragen kann). Die Autoren beurteilten Tris(2-chlorethyl)-phosphat als nicht kanzerogen [Sala et al., 1982].
Die International Agency for Research on Cancer [IARC] stellte fest, daß im oben genannten Versuch die promovierende Wirkung und die komplette Karzinogenität von Tris(2-chlorethyl)-phosphat wegen des Fehlens von Kontrollen nicht beurteilt werden kann [IARC, 1990]:
Tris(2-chlorethyl)phosphat wurde im Talgdrüsenschwund-Test an der Maus untersucht. Je 25 weiblichen Swiss-Mäusen (45 Tage alt) wurden am 1., 3. und 5. Tag auf die Rückenhaut insgesamt 31,9, 53,2 oder 74,5 mg der Testsubstanz in Aceton (pro Applikation 0,05 ml) verabreicht. Kontrolltiere erhielten nur Aceton. Am 8. Tag wurde die behandelte Hautstelle herauspräpariert und die Zahl der Talgdrüsen und die Epidermisdicke gemessen. Es wurde keine Verminderung der Talgdrüsen bei den behandelten Tieren gegenüber den Kontrollen und keine epidermale Hyperplasie festgestellt [Sala et al., 1982].
Ein Zelltransformationstest mit BALB/3T3-Mäusezellen verlief positiv [ohne Weitere Angaben; Ulsamer et al., 1980]. Eine Beurteilung der Angaben ist nicht möglich, da Detailangaben fehlen.
In einem zweiten Zelltransformationstest mit C3H1OT 1/2-Zellen bewirkte Tris(2-chlorethyl)-phosphat in den Konzentrationen von 900 und 1500 µg/ml ohne S9-Mix keine Transformationen. Mit S9-Mix kam es nach 40 Tagen lediglich bei 1 von 42 Platten (2,3 %) bei 900 µg/ml zu Typ III-Foci. Bei allen anderen Testreihen traten keine Transformationen auf. Das Ergebnis wurde als negativ bewertet [Sala et al., 1982].
Die gleichen Autoren führten einen weiteren Zelltransformationstest an Embryozellen des Syrischen Hamsters durch. Die Konzentrationen betrugen 400, 500, 600 und 800 µg/ml (pro Konzentration 10 Platten). Nach 7 Tagen waren bei 400 µg/ml 3,3 % (entsprechend 1,4 transformierte Kolonien/Platte) und bei 500 µg/ml 1,2 % (entsprechend 0,6 transformierte Kolonien/ Platte) der Kolonien transformiert, was als positives Ergebnis interpretiert wurde. 800 µg/ml waren zytotoxisch. Die transformierende Wirkung lag bei 0,58 Kolonien/ng Substanz [Sala et al., 1982].
Reproduktionstoxizität:
In einem Mehrgenerationen-Test erhielten männliche und weibliche -Swiss-CD-1-Mäuse (F0) 175, 350 bzw. 700 mg Tris(2-chlorethyl)phosphat/kg Körpergewicht täglich 7 Tage lang vor der Paarung und danach über einen Zeitraum von 98 Tagen per Schlundsonde. Die Dosis von 700 mg/kg KGW/Tag stellte in einem Vorversuch die MTD dar.
Es wurden bei den mit Tris(2-chlorethyl)phosphat behandelten Tieren keine substanzbedingten klinischen Vergiftungssymptome festgestellt. Die Anzahl der Würfe/Paar war bei den Mäusen der F0-Generation vermindert: In der 700 mg/kg-Gruppe war die Anzahl der Paare mit 2 oder mehr Würfen und in der 350 mg/kg-Gruppe die Anzahl der Paare mit 5 Würfen signifikant erniedrigt im Vergleich zur Kontrolle. Die Zahl der lebenden Jungtiere/Wurf war ab 350 mg/kg/Tag dosisabhängig verringert. In der 700 mg/kg-Gruppe war die kumulative Zeitspanne bis zum Werfen des 2. und 3. Wurfes deutlich verlängert gegenüber der Kontrolle.
In Kreuzpaarungsversuchen wurden nur die Tiere der 700 mg/kg-Gruppe mit Kontrolltieren verpaart. Dabei wurde festgestellt, daß zwar die Paarungsrate unbeeinflußt blieb, die Trächtigkeits- und Fertilitätsindices bei der Paarung mit behandelten Männchen sowie die Anzahl lebender Jungtiere/Wurf bei der Paarung sowohl mit behandelten Weibchen als auch mit behandelten Männchen aber beeinträchtigt war. Das Körpergewicht der behandelten Weibchen war in der 22. und 23. Versuchswoche signifikant erniedrigt gegenüber der Kontrolle. Bei der Nekropsie der F0-Tiere war bei den behandelten Männchen und Weibchen das relative Nieren- und Nebennierengewicht erniedrigt. Bei den behandelten Männchen war außerdem das relative Lebergewicht erhöht und das relative Testesgewicht erniedrigt; Konzentration und Motilität der Spermien waren durch die Tris(2-chlorethyl)phosphat-Behandlung beeinträchtigt und der Anteil ahnormaler Spermien war erhöht. Bei den behandelten Weibchen war das durchschnittliche Ovargewicht erhöht und mehrere Tiere wiesen einen flüssigkeitsgefüllten Follikel in einem Ovar oder in beiden Ovarien auf; der Östruszyklus der Tiere blieb unbeeinflußt. Bei der histopathologischen Befundung der mit 700 mg/kg KGW behandelten Tiere wurde bei allen Männchen und bei 50 % der Weibchen eine Zytomegalie des Nierentubulusepithels festgestellt.
Im Alter von 74 Tagen wurden die F1-Tiere der Kontrollgruppe sowie der 175 mg/kg und der 350 mg/kg-Gruppe verpaart; in der 700 mg/kg-Gruppe war es nur zu einem einzigen Wurf gekommen und keines der Jungtiere überlebte bis zum 4. Postnataltag. Das Paarungsverhalten, die Zeitspanne von der Befruchtung bis zum Werfen und das Lebendgewicht der F2-Jungtiere blieben unbeeinflußt von der Tris(2-chlorethyl)phosphat-Behandlung. Der Anteil männlicher Jungtiere bei den lebenden Nachkommen war dosisabhängig bereits ab der mit 175 mg/kg niedrigsten getesteten Dosis statistisch signifikant verringert. In der 350 mg/kg-Gruppe waren außerdem die Zahl der Jungtiere/Wurf signifikant sowie die Trächtigkeits- und die Fertilitätsrate leicht; aber nicht statistisch signifikant, erniedrigt. Bei den am Ende des Paarungsversuchs getöteten Tieren der F1-Generation waren die relativen Organgewichte vergleichbar mit den Kontrolldaten; lediglich das relative Gewicht des rechten Nebenhodens war in der 350 mg/kg-Gruppe signifikant erniedrigt. Die Spermien-Anzahl und -Motilität sowie der Anteil abnormaler Spermien unterschieden sich nicht von den Kontrollwerten und der Ostruszyklus der Tiere blieb unbeeinträchtigt. Die histöpathologische Untersuchung von Leber, Niere/Nebenniere, Hoden, Nebenhoden, Gehirn und Ovar bei je 10 männlichen und 10 weiblichen F1-Tieren der Kontroll- und der 350 mg/kg-Gruppe blieb ohne auffälligen Befund.
Tris(2-chlorethyl)phosphat führte damit in dieser Studie zu einer dosisabhängigen Verringerung der Zahl der Würfe/ Paar sowie der Anzahl lebender Jungtiere/Wurf ohne gleichzeitige äußere Anzeichen einer parentalen Toxizität. Das fetale Wachstum war jedoch nicht beeinträchtigt. Weiterhin wurde gezeigt, daß die Männchen deutlich empfindlicher auf die Tris(2-chlorethyl)- phosphat-Behandlung reagierten als die Weibchen: Alle untersuchten Spermienparameter waren beeinträchtigt. Die Reproduktionseffektivität der F1-Tiere konnte für die 700 mg/kg-Dosis-gruppe nicht untersucht werden, da es in Folge der herabgesetzten Fertilität der F0-Tiere dieser Gruppe nur zu einem Wurf kam und keines der Jungtiere bis zum 4. Postnataltag überlebte. Definitive Aussagen zur Reproduktionseffektivität in der 350 mg/kg-Gruppe sind nicht möglich.
Aus diesen Befunden wurde geschlossen, daß Tris(2-chlorethyl)phosphat für die Mäuse beider Generationen eindeutig reproduktionstoxisch im Sinn einer Fertilitätsschädigung wirkt und dieser Effekt bis herab zur Dosis von 175 mg/kg Körpergewicht zu beobachten ist (verminderter Anteil männlicher Jungtiere/Wurf nach Paarung der F1-Tiere). Die Abweichungen der Körpergewichtsentwicklung lagen bei beiden Geschlechtern innerhalb von 10 % der Kontrollen. Als einziges Zeichen einer systemischen Toxizität gegenüber einem spezifischen anderen Endpunkt wurden bei den F0-Mäusen der 700 mg/kg-Gruppe Organgewichtsveränderungen sowie histopathologisch eine Zytomegalie des Nierentubulusepithels (minimal bis gering ausgeprägt) und der Leber (minimal bis mäßig) festgestellt. Außerdem lag in dieser Dosisgruppe bei 3/12 Männchen eine Zwischenzell-Hyperplasie des Hodens (Kontrolle: 0/10) und bei 2/13 Weibchen eine zystische Veränderung des Ovars (Kontrolle: 0/12) vor [EHRT, 1991].
Im Rahmen des NTP wurde neben anderen Substanzen auch Tris(2-chlorethyl)phosphat hinsichtlich seiner Wirkung auf Spermien, Hodengewichte und die Vaginalzytologie (Ostrus) untersucht. Dabei handelte es sich um die unter Kapitel 7.5 der TOXIKOLOGISCHEN BEWERTUNG der BG Chemie beschriebenen Versuche mit l6wöchiger Zufuhr per Schlundsonde. Bei den Ratten wurden die Tiere der 22, 88 und 175 mg/kg-Gruppen untersucht, bei den Mäusen (B6C3F1) die der 44, 175 und 700 mg/kg-Gruppen. Bei männlichen Ratten verursachte Tris(2-chlorethyl)phosphat eine statistisch gesicherte Verminderung der Spermienmotilität und Erhöhung der Spermiendichte in der hohen Dosisgruppe (175 mg/kg Körpergewicht) [EHRT, 1991]. Die anderen Parameter (Gewichte von Hoden, Nebenhoden und deren Cautla, Spermienanomalien) blieben unbeeinflußt.
Bei männlichen Mäusen kam es in der hohen Dosisgruppe (700 mg/kg KGW) statistisch signifikant zu einer Verringerung der absoluten und relativen Hodengewichte, zu einer Abnahme der absoluten (nicht der relativen) Nebenhodengewichte, zu einer 28 %igen Verringerung der Spermiendichte und zu einem Anstieg abnormaler Spermien um den Faktor > 2. Systemisch verursachten die 700 mg/kg KGW lediglich < 10 % Körpergewichtsverminderung. Die weiblichen Ratten zeigten durch Tris(2-chlorethyl)phosphat keine Beeinflussung des Ostruszyklus; bei weiblichen Mäusen war der Zyklus in den beiden Dosisgruppen 44 und 175 mg/kg KGW/Tag verlängert [Morrissey et al., 1988; EHRT, 1991].
In einem Screening-Test zur Reproduktionstoxizität nach Chernoff/ Kavlock erhielten 50 weibliche CD-1-Mäuse vom 6. bis 13. Trächtigkeitstag die vorher ermittelte LD10 von Tris(2-chlorethyl)phosphat (940 mg/kg Körpergewicht) als Lösung in Maiskeimöl per Schlundsonde. Unmittelbar nach der Geburt wurden die Zahl der lebenden Jungtiere und ihr Gesamtwurfgewicht registriert. Die Jungtiere wurden dann noch 3 Tage bei den Muttertieren gelassen und danach wiederum ihre Anzahl/Wurf sowie die Gewichte der Muttertiere und der Gesamtwürfe ermittelt. Die Muttertiere hatten einen signifikant verringerten Gewichtszuwachs. Trotz Applikation maternaltoxischer Dosen wurden die Anzahl der Würfe, die Anzahl lebender Tiere/Wurf, die Geburtsgewichte der Jungtier und die Jungtierentwicklung bis zum dritten postnatalen Tag (Gewichtsentwicklung, Überlebensrate) nicht beeinflußt [Hardin, 1987; Hardin et al., 1987].
50, 100 bzw. 200 mg/kg Körpergewicht mit der Schlundsonde vom 7. bis 15. Trächtigkeitstag an Gruppen von 23 bis 30 trächtigen Wistar-Nippon-Ratten (11-12 Wochen alt) verabreicht wirkten nur in der 200 mg/kg-Gruppe auf die Muttertiere toxisch (Exitus 7/30, Piloerektion, Schwäche. verminderte Futteraufnahme und leicht verminderte KGW- Zunahme). In den anderen beiden Gruppen wurden keine Vergiftungssymptome bei den Muttertieren gesehen. Am 20. Trächtigkeitstag fanden sich bei den Feten aller 3 Dosisgruppen keine Mißbildungen und keine erhöhte Todesrate. Ab 100 mg/kg war die Inzidenz cervikaler Rippen und die Zahl der Brustbeinvariationen und bei 200 mg/kg außerdem die Zahl der Lumbalrippen und der gespaltenen Sacralbögen erhöht. In der Aufzuchtphase fehlten bei allen Jungtieren morphologische Schädigungen. In Verhaltenstesten (Open Field-Test und Water Maze-Test) zeigten die männlichen Jungtiere der 200 mg/kg-Gruppe Abweichungen von der Norm; in anderen funktionellen Testen (Rota Rod, Slope Test, Pain Reflex oder Preyers Reflex Examination) fanden sich keine Unterschiede zu den Kontrollen. Das relative Organgewicht der Hypophyse (bezogen auf Hirngewicht) war bei den Jungtieren der 200 mg/kg-Gruppe um 20 % erniedrigt. Damit wirkt Tris(2-chlor-ethyl)phosphat in dieser Studie ab 200 mg/kg KGW maternaltoxisch; ab 100 mg/kg treten leichte embryotoxische Effekte auf in Form von Skelettvariationen. Ab 200 mg/kg kommt es zu leichten Veränderungen in der postnatalen Entwicklung der Jungtiere. Somit liegt in dieser Studie der NOEL für die Feten bei 50 mg/kg KGW und für die Muttertiere bei 100 mg/kg KGW [Kawashima et al., 1983]; Übersicht:
Bei der Inhalation von Tris(2-chlorethyl)phosphat in Konzentrationen von 0,5 und 1,5 mg/m3über 4 Monate (24 Stunden/Tag) wurden bei 6 männlichen Ratten (Stamm nicht angegeben) gonadotoxische Effekte mitgeteilt. Bei Tieren, die 1,5 mg/m3inhalierten, wurde eine- Abnahme der Anzahl beweglicher Spermatozoen angegeben, in der 0,5 mg/m3-Gruppe war keine Einschränkung der Bewegungsaktivität beobachtet worden (ohne Datenangaben). In beiden Dosisgruppen wurden morphologisch veränderte Spermien beschrieben (Anwachsen des Spermienschwanzes an den Spermienkopf), die in der Kontrollgruppe nicht beobachtet wurden; es fehlten jedoch qualitative und quantitative Angaben. Die aus den histologischen Untersuchungen abgeleiteten Ergebnisse einer Störung der Meiose können wegen fehlender Beschreibung der Befunde nicht nachvollzogen werden. Bei der Paarung behandelter männlicher Ratten mit 16 unbehandelten Weibchen wurde eine erhöhte Anzahl von Prä- und Postimplantationsverlusten mitgeteilt (Präimplantation: Kontrolle 0,9 %, niedrige Dosis 1,85 %, hohe Dosis 12,1 %; Postimplantation: Kontrolle 0,9 %, niedrige Dosis 3,6 %, hohe Dosis 10,5 %) [Schepelskaja und Dyschinewitsch, 1981]. In der Publikation finden sich keine Angaben über die Zahl der für diesen Versuch herangezogenen behandelten männlichen Ratten bzw. unbehandelten weiblichen Ratten, keine Angaben über Verpaarungsmodus und Verpaarungsdauer, keine ausreichende Dokumentation.
Fazit:
Gentoxizität:
Im Salmonella/Mikrosomen-Test erweist sich Tris(2-chlorethyl)phosphat in 6 von 7 Untersuchungen als eindeutig nicht mutagen. In Genmutationstesten in vitro mit Säugerzellen (Maus-Lymphoma-Test, 6-Thioguanin-Resistenz) wird kein mutagenes Potential nachgewiesen. Es bewirkt in vitro keine Chromosomenaberrationen, erhöht aber die Schwester-Chromatid-Austauschrate fraglich bis signifikant. In vivo sind zwei Mikronukleusteste im Ergebnis nicht klastogen und ein weiterer gestattet keine Aussage. Auch im Drosophila-Test (interchromosomale mitotische Rekombination) ist Tris(2-chlorethyl)phosphat nicht gentoxisch. Insgesamt scheint Tris(2-chlorethyl)phosphat kein gentoxisches Potential zu besitzen. Gemäß den EU-Einstufungskriterien erfolgt daher keine Einstufung (Mut. -).
Kanzerogenität:
In 2 von 3 Zelltransformationstesten in vitro hat Tris(2-chlor-ethyl)phosphat zelltransformierend gewirkt.
Zur Untersuchung der tumorbildenden Wirkung von Tris(2-chlorethyl)-phosphat liegen zwei orale Kanzerogenitätsstudien an der Maus und eine orale Langzeitstudie an der Ratte vor. In der einen Mäusestudie wurde die Substanz über 18 Monate mit dem Futter in Dosierungen von 17, 86, 430 oder 2143 mg/kg Körpergewicht an Scl:ddY-Mäuse verabreicht, in der anderen wurde die Substanz über 26 Monate per Schlundsonde in Dosierungen von 175 oder 350 mg/kg Körpergewicht an B6C3F,-Mäuse appliziert. Lediglich in dem Fütterungsversuch war nur in der hohen Dosisgruppe (2143 mg/kg Körpergewicht) der Körpergewichtszuwachs stark verzögert und die Überlebensrate vermindert. Bei dem Fütterungsversuch (18 Monate, 17 bis 2143 mg/kg Körpergewicht) nahm die Tumorrate bei den männlichen und weiblichen Tieren dosisabhängig zu, war aber bei den männlichen Mäusen nur in der höchsten und bei den weiblichen Mäusen nur in den beiden oberen Dosisgruppen (430 und 2143 mg/kg Körpergewicht) statistisch signifikant erhöht. Die Inzidenz an Nierentumoren war bei den männlichen Mäusen dosisabhängig ab 430 mg/kg Körpergewicht und in der höchsten Dosisgruppe mit 82 % signifikant erhöht, die der Nierenkarzinome ebenfalls dosisabhängig ab 430 mg/kg Körpergewicht und mit 64 % in der höchsten Dosisgruppe ebenfalls signifikant erhöht. Im Vergleich zu historischen Kontrolldaten wurde die nierentumorbildende Wirkung der Substanz von den Autoren bei den männlichen Mäusen in diesem Fütterungsversuch als eindeutig bezeichnet. Auch kam es ab einer Dosierung von 86 mg/kg Körpergewicht dosisabhängig und ab 430 mg/kg Körpergewicht statistisch signifikant zu einer erhöhten Inzidenz an hepatozellulären Adenomen (bei den Karzinomen nicht signifikant) der männlichen Mäuse sowie zu einer dosisabhängig erhöhten Inzidenz an Papillomen und Plattenepithelkarzinomen des Vormagens, bei männlichen Tieren ab 86 mg/kg Körpergewicht, bei weiblichen ab 430 mg/g Körpergewicht (signifikant nur bei den weiblichen Tieren der hohen Dosisgruppe). Die Inzidenz an Leukämien war nur bei den weiblichen Mäusen in den beiden oberen Dosisgruppen (ab 430 mg/kg Körpergewicht) signifikant erhöht. Bei dem Schlundsondenversuch (26 Monate, 175 oder 350 mg/kg Körpergewicht; Zwischentötungsgruppe nach 15 Monaten) traten bei den männlichen Mäusen in der hohen Dosisgruppe (350 mg/kg Körpergewicht) ebenfalls bei 3/50 (6 %) Tieren ein Adenom und bei 1/50 (2%)Tieren ein Adenokarzinom der Niere auf (im Vergleich zu 1/50 (2 %) bzw. 0/ 50,bei der Kontrollgruppe). Bereits nach 15 Monaten wurde bei einem männlichen Tier der hohen Dosisgruppe ein Adenom der Niere gefunden. Außerdem war in diesem Versuch in beiden Dosisgruppen die Inzidenz an Tumoren der Harderschen Drüse bei den weiblichen Tieren im Vergleich zur Kontrollgruppe sowie auch im Vergleich zu historischen Kontrolldaten erhöht, aufgrund derer die Autoren für weibliche Mäuse eine "equivocal evidence of carcinogenic activity" ableiteten. In der oralen Langzeitstudie an Ratten wurde die Substanz über 26 Monate per Schlundsonde in Dosierungen von 44 oder 88 mg/kg Körpergewicht an Fischer-344-/N-Ratten verabreicht. Hyperplasien und Adenome der Niere waren bei den männlichen Ratten der hohen Dosisgruppe deutlich und statistisch signifikant erhöht, in geringem Ausmaß, aber ebenfalls signifikant auch bei den weiblichen Ratten (männliche Tiere: Kontrolle 1/50 (2 %), niedrige Dosis 5/50 (10 %), hohe Dosis 24/50 (48 %); weibliche Tiere: Kontrolle 0/50, niedrige Dosis 2/50 (4 %), hohe Dosis 5/50 (10 %). Die Autoren leiteten wegen der erhöhten Inzidenz an Nierenadenomen, die als frühes Stadium bei der Entwicklung von Karzinomen angesehen werden, für männliche und weibliche F344-Ratten eine "clear evidence of carcinogenic activity" ab. An der Mäusehaut besitzt Tris(2-chlorethyl)phosphat bei zweimal wöchentlicher Pinselung mit 5- und 50prozentigen Lösungen über einen Zeitraum von 18 Monaten keine tumorigene Wirkung.
Zusammenfassend traten die im Vordergrund stehenden Nierentumore und Tumore der Harderschen Drüse bereits unterhalb der maximal verträglichen Dosis auf, und zwar die Nierentumore in zwei verschiedenen Spezies (Ratte, Maus) und bei der Maus in zwei Studien. Auch handelte es sich um Tumore, die nicht spontan vermehrt auftreten und auch gegenüber historischen Kontrolldaten erhöht waren. Allerdings waren signifikant erhöht nur die benignen Nierentumore (erst in systemisch toxischer Dosis waren auch die Nierenkarzinome signifikant erhöht), wenn auch dosisabhängig, so daß die vorhandenen Daten für eine Einstufung in die Kategorie Carc. 2 ausreichen. Insgesamt sprechen diese Befunde für eine kanzerogene Wirkung von Tris(2-chlorethyl)phosphat, die möglicherweise auf einem epigenetischen Mechanismus beruht. Einen unterstützenden Hinweis geben die 2 von 3 in vitro-Zelltransformationsteste mit positivem Ergebnis, so daß gemäß den EU-Einstufungskriterien Tris(2-chlorethyl)phosphat in die Kategorie krebserzeugend 2 eingestuft wird. (C:2)
Reproduktionstoxizität/Fertilitätsminderung:
In einer 2-Generationenstudie an Swiss-CD 1-Mäusen-haben sich fertilitätsschädigende Effekte gezeigt: In der F0-Generation kam es ab 350 mg/kg zur Verminderung der Wurfzahl/Paar und der lebenden Tiere/ Wurf (dosisabhängig) und bei der mit 700 mg/kg KGW höchsten Dosis zur Beeinträchtigung aller Spermienendpunkte (Konzentration, Motilität, abnormale Spermien). In der F1-Generation war ab der mit 175 mg/kg KGW niedrigsten getesteten Dosis der Anteil männlicher Jungtiere bei den F2-Tieren verringert. Außerdem ergaben sich Anzeichen für eine Tris(2-chlor-ethyl)phosphatbedingte Beeinträchtigung der Trächtigkeits- und Fertilitätsrate in der F1-Generation bei 350 mg/ kg KGW. Aus Kreuzpaarungsversuchen ging hervor, daß die Ursachen bei beiden Geschlechtern lagen, wenn auch die männlichen Tiere empfindlicher reagierten. Alle eingesetzten Dosierungen waren systemisch (abgesehen von einer spezifischen Nierentoxizität) nicht toxisch.
Auch in einer 90-Tage-Studie mit B6C3F1-Mäusen haben sich in der hohen Dosisgruppe (ebenfalls 700 mg/kg Körpergewicht) ohne allgemeine systemische Toxizität (Körpergewichtsverminderung < 10 %) Hinweise auf fertilitätsschädigende Effekte bei den männlichen Mäusen ergeben. So kam es statistisch signifikant zu einer Verringerung der absoluten und relativen Hodengewichte, zu einer Abnahme der absoluten Nebenhodengewichte, zu einer Verringerung der Spermiendichte und zu einem Anstieg abnormaler Spermien. Bei den weiblichen Mäusen war der Östruszyklus zum Teil verlängert. Es wurden jedoch nur die Tiere der 700 mg/kg-Gruppe untersucht. Auch in einer 90-Tage-Studie an Ratten verursachte die Substanz in der hohen Dosisgruppe (175 mg/kg Körpergewicht) statistisch signifikant eine Verminderung der Spermienmotilität und Erhöhung der Spermiendichte.
Aus einer nicht bewertbaren 4monatigen Inhalationsstudie an Ratten ergeben sich ebenfalls Hinweise auf eine spermienschädigende Wirkung von Tris(2-chlorethyl)phosphat.
Aufgrund der in verschiedenen Studien an Ratte und Maus nachgewiesenen Effekte auf die Fertilität erfolgt gemäß den EU-Einstufungskriterien eine Einstufung in die Kategorie 2. (RF:2)
Reproduktionstoxizität/Entwicklungsschädigung:
In einem Screening-Test an CD-1-Mäusen mit Verabreichung von systemisch toxischen 940 mg/kg Körpergewicht (LD50) war die Jungtierentwicklung bis zum dritten postnatalen Tag (Gewichtsentwicklung, Überlebensrate) nicht beeinflußt, es liegen aber keine Angaben über weitere Parameter vor.
In einer Teratogenitätsstudie an Wistar-Ratten wirkte Tris(2-chlor-ethyl)phosphat bei 200 mg/kg KGW maternaltoxisch; ab 100 mg/kg treten leichte embryotoxische Effekte auf in Form von vermehrten Skelettvariationen. Bei 200 mg/kg kommt es zu leichten Veränderungen in der postnatalen Entwicklung der Jungtiere. Aufgrund des Fehlens näherer Angaben zu den nur summarisch berichteten Anomalien und Skelettvariationen (keine Einzeltierdaten, keine Angaben zur Verteilung der Effekte auf die Würfe usw.) sowie angesichts der Tatsache, daß die Effekte nur bei der höchstengetesteten, bereits maternaltoxischen Dosis auftraten und auch historische Kontrolldaten zum verwendeten Rattenstamin ("Wistar-Nippon-Ratte") fehlen, ist die Signifikanz der Befunde und damit die Validität dieser Studie fraglich. Daher kann diese Studie nicht als Basis für eine Einstufung herangezogen werden.
Gemäß den EU-Einstufungskriterien erfolgt daher insgesamt keine Einstufung des Endpunktes Reproduktionstoxizität/Entwicklung (RE: -).
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