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Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
11. Rohkaffeestaub

(BArbBl. 1/98 S. 50)



Vorkommen:

Eine Exposition ist für Beschäftigte in der Rohkaffeeverarbeitung gegeben.

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

1950 berichteten FIGLEY und RAWLING erstmals über 7 Erkrankungsfälle an Asthma bronchiale bei Arbeitern einer rohkaffeeverarbeitenden Fabrik. Als ursächlich wurde in den Transportsäcken enthaltenes Rizinusantigen angesehen. Später wurden Kreuzreaktionen zwischen Rizinus- und grüner Kaffeebohne vermutet, jedoch nicht bestätigt. Im RAST-Hemmtest erwiesen sich Kaffee- und Rizinusbohnenextrakt als verschiedene Antigene [LEHRER et al. 19781. FREEDMAN et al. (1961) diskutierten auch im Kaffee enthaltene Chlorogensäure als das Hauptantigen. In weiteren Mitteilungen [BRUUN 1957, LAYTON 19651 wurde als ursächliche Allergenquelle der Staub der Rohkaffeebohne ermittelt. In der Folgezeit erschienen weitere kasuistische Mitteilungen über allergische Rhinitis und/oder Asthma bronchiale durch Rohkaffeestaub bei beruflicher Exposition [KAYE et al. 1961, KARR et al. 1978, WALLENSTEIN et al. 1983, MÜSKEN et al. 1992, TREUDLER et al. 1996]. KARR et al. (1978) untersuchten 8 Kaffee-arbeiter und 8 Kontrollen. 6 Arbeiter hatten arbeitsabhängige Symptome (Asthma, Rhinitis, Konjunktivitis, Urtilcaria) und positive Hauttests auf Extrakte von grüner Kaffeebohne und Fabrikstaub. Die symptomfreien Exponierten und alle Kontrollen hauen negative Hauttests. Bei den 6 Erkrankten fanden sich IgE-Antikörper gegen grüne Kaffeebohne (GCB) und Rizinusbohne (RB) im RAST. Der Fabrikstaub enthielt sowohl GCB- als auch RB-Antigen. Der RAST-Hemmtest ergab keine Kreuzreaktion zwischen GCB und RB.

WALLENSTEIN et al. (1983) berichteten über 2 Patienten (beide aus einem Betrieb), die nach beruflichem Kontakt mit Rohkaffeestaub an allergischer Rhinitis und Asthma bronchiale erkrankten. In beiden Fällen fanden sich im Intrakutantest mit Rohkaffeeextrakten in hoher Verdünnung positive Sofortreaktionen und hohe Konzentrationen an spezifischen IgE-Antikörpem (RAST-Klassen 3 bzw. 4). Im Provokationstest (1mal bronchial, FEV-Abfall 26 % 10 min post inhalationem mit deutlichen klinischen Erscheinungen, Testabbruch und therapeutische Gabe von Isoprenalin, im Azetylcholintest leichte unspezifische bronchiale Hyperreaktivität; 1mal nasal mit Sekreteosinophilie und positiver Klinik wegen Kontraindikation für bronchiale Provokation) Sicherung der klinischen Aktualität.

MÜSKEN et al. (1992) berichteten über einen Patienten, der als Lagerarbeiter in einer Kaffeerösterei tätig war und an arbeitsplatzbezogenem Asthma bronchiale erkrankte. In-vivo (stark positiver Pricktest mit Rohkaffee-Frugoniextrakt vom Arbeitsplatz bei 2 negativen Kontrollen, fraglich positiver nasaler Test mit Rohkaffeestaubextrakt bei eindeutiger Klinik, jedoch negativem Rhinomanometriebefund, positiver bronchialer Provokationstest als Sofortreaktion mit FEV1-Abfall von 27 %) und in-vitro (RAST-Klasse 4 bei Rohkaffeestaubextrakt und Rizinusschrotextrakt) wurde eine Rohkaffeestauballergie belegt.

TREUDLER et al. (1996) beschrieben eine kombinierte Typ-I- und Typ-IV-Allergie bei einem in der Kaffeeindustrie arbeitenden Ingenieur, der nach 9monatiger Exposition an arbeitsabhängiger Rhinokonjunktivitis und ekzematösen Hautveränderungen erkrankte. Es fanden sich positiver Pricktest auf grüne, nicht auf geröstete Kaffeesorten, positiver CAP-RAST auf grüne Kaffeebohne (Kl. 3), negativer auf RB, positiver nasaler Provokationstest mit Rohkaffeestäuben, positiver Epikutantest auf Rohkaffeestäube und Röstkaffeestaub.

Kürzlich berichteten LEMIERE et al. (1996) über einen Patienten mit beruflichem Asthma durch gerösteten Kaffee. Aufgrund der Ergebnisse in RAST-Hemmtests gehen die Autoren davon aus, daß im grünen und im gerösteten Kaffee dieselben Allergene, im gerösteten in geringerer Konzentration, enthalten sind.

Angaben zur Prävalenz von Beschwerden im Bereich der Augen und Atemwege bei beruflichem Kontakt zu Rohkaffee schwanken zwischen 13 [THOMAS et al. 1991] und 40 % [OSTERMAN et al. 1985].

OSTERMAN et al. (1985) fanden im Rahmen einer Querschnittstudie von 129 Kaffeeröstereiarbeitern in 40 % arbeitsabhängige respiratorische Symptome und in 20 % positive Hauttests auf GCB und RB. Es fanden sich positive GCB-RAST nur bei positivem RB-RAST. Die weitere Untersuchung von 22 Kaffeeröstereiarbeitern mit expositionsabhängigen Beschwerden ergab bei 14/22 bronchiale Hyperreaktivität, bei 18/22 positive Pricktests auf partiell gereinigten wasserlöslichen Extrakt aus GCB, bei 8/22 positive bronchiale Provokationstests und bei 7/22 positive nasale Tests, spezifisches IgE gegen GCB-Extrakt bei 11/22 und gegen RB bei 16/22.

DE ZOTTI et al. (1988) fanden bei 218 Hafenarbeitern mit Exposition gegenüber grünen Kaffeebohnen in 14 % (n = 31) expositioasabhängige allergische Symptome (Auge, Nase, Eronchialsystem). 13/31 hatten eine Sensibilisierung gegen Arbeitsplatzallergene (GCB; RB, Extrakt aus Jutesäcken, die GCB enthielten).

THOMAS et al. (1991) fanden bei der Untersuchung von 197 Arbeitern in der Kaffeeindustrie (80 % der Exponierten) in 13 % arbeitsabhängige Atemwegsbeschwerden (wheezing, Husten, Dyspnoe), in 30 % bronchiale Hyperreaktivität, in 54 % Atopie, in 15 % positive Pricktests auf GCB, in 14 % positve GCB-RAST, in 15 % positive RB-RAST. Eine signifikante Korrelation für arbeitsabhängige respiratorische Beschwerden bestand nur zum RB-RAST und zur Expositionsdauer. Die Autoren schlußfolgern, daß RB als hochpotentes Allergen die Effekte anderer Einflußfaktoren (GCB, Atopie, bronchiale Hyperreaktivität, Rauchgewohnheiten) überdeckt, und die Verunreinigung mit RB das Hauptproblem für respiratorische Beschwerden in der kaffeeverarbeitenden Industrie bleibt

ROMANO et al. (1995) fanden bei der Untersuchung von 211 Kaffeearbeitern in 10 % ausschießlich Rhinokonjunktivitis und in 16 % Asthma bronchiale, nahezu stets mit Rhinokonjunktivitis einhergehend. Die Prävalenz der Sensibilisierung (Pricktest) lag bei 15 % für GCB, bei 22 % für RB sowie bei 22 % für ubiquitäre Allergene. Die Sensibilisierung gegenüber Berufsallergenen stieg signifikant bei ubiquitärer Sensibilisierung (Atopie) und war auch bei Rauchern häufiger als bei Nichtrauchern (2facher Anstieg des relativen Risikos).

Bewertung:

Zahlreiche kasuistische Beobachtungen und epidemiologische Querschnittstudien belegen das Vorkommen von Atemwegserkrankungen durch grünen Kaffee. Sie sind in erster Linie IgE-bedingt, belegt durch positive Haut- und Provokationstests sowie durch den Nachweis von spezifischen IgE-Antikörpern.

Literatur:

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