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Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
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30. Phenol-Formaldehydharz
(CAS-Nr. 9003-35-4)

Ausgabe: Juli 1999
(BArbBl. 8/1999 S. 85)



Stand: Mai 1999

Novolak: Unter saurer Katalyse im Überschuß von Phenol hergestellt.
Resol: Unter alkalischer Katalyse im Überschuß von Formaldehyd hergestellt.

Vorkommen:

Phenol-Formaldehydharz (PFH) wurde 1872 als erster vollsynthetischer Kunststoff hergestellt, 1907 patentiert und kam unter dem Handelsnamen Bakelit auf den Markt.

Die Harze werden in der Elektro- und Elektronikindustrie, bei der Oberflächenbeschichtung und Imprägnierung von Papier und Textilien, als Bindemittel in Farben, für technische Fasern, Industrieformen, Sandpapier und Spanplatten, als Klebstoffe und in Kombination mit anderen Kunstharzen eingesetzt [4]. Exponiert sind Beschäftigte, die mit dem nicht ausgehärteten Kunstharz umgehen.

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

Seit 1943 sind eine Reihe von Einzelfällen von allergischem Kontaktekzem durch PFH in Klebstoffen, Laminaten, Baustoffen, Bindemittel, Korrekturpapier u.a. beschrieben worden [1, 11, 12, 16, 18, 20, 23].

MENEGHINI et al. (1961) werteten 1377 Fälle mit positiven Läppchenproben nach Berufsgruppen und Noxen aus und fanden 23 positive Reaktionen auf Phenolharz (nicht näher definiert). Es lag unter den 10 häufigsten Allergenen. Beschäftigte in der Kunstharzindustrie (16 Fälle von 45 positiven Reaktionen insgesamt) waren besonders häufig betroffen, aber auch Schreiner und Möbellackierer mit 4 von 38 positiven Reaktionen [21]. GOLDMANN (1963) fand unter 244 Fällen von allergischer Dermatitis in einem chemischen Betrieb .14 Fälle durch PFH verursacht [14]. HJORTH und FREGERT (1967) sahen insgesamt bei 2,4 % von 4508 Getesteten PFH-Allergie und wiesen darauf hin, daß entgegen früherer Annahmen Koinzidenz mit Formaldehydallergie (in 0,1 % bzw. 0,6 % dieser Fälle) eher selten sei [15].

Von 238 Exponierten antworteten 218 auf eine Fragebogenaktion und 98 gaben Hauterkrankungen an. 89 von diesen wurden getestet und 9 reagierten auf PEH (Resol) und einer auf Formaldehyd (insgesamt 4,2 % der Beschäftigten) [9]. Das in der Standardreihe geteste p-tert. Butyl-Phenol-Formaldehydharz ist kein guter Anzeiger für eine PFH-Allergie [4, 10]. BRUZE (1985) testete zusätzlich 2 Resole und sah bis 3 % Reaktionen auf ein Resol bei 440 Patienten, hingegen nur in 0,8 % Reaktionen auf p-tert. BPFH [2, 3]. Aus PF-Harzen wurden mehrere sensibilisierende Monomere (Methylol-Verbindungen) mit Molekulargewichten (MW) von 124 - 260 isoliert und untersucht [4, 5]. Die Reaktionsmuster fallen bei Sensibilisierten unterschiedlich aus [19]. Von 1990-1993 wurden in Finnland 1567 Fälle von berufsbedingtem allergischen Kontaktekzem registriert, davon wurden 147 (9 %) durch Kunstharze verursacht und von diesen 27 Fälle durch PFH (zusätzlich 12 durch p-tert. BPFH) [17].

In Deutschland wurden von 1992-1995 bei 2563 Patienten Novolak und 1836 Patienten Resol getestet und in 0,6 % (n=14) positive Reaktionen auf Novolak und 0,1 % (n=1) auf Resol festgestellt (keine Angaben zur Exposition und Relevanz) [13].

Bei 45 Probanden wurden 4-12 Pinselungen mit Phenolharz (nicht näher definiert, Konzentration nicht angegeben) auf dem Rücken durchgeführt. Nach 6-30 Tagen zeigten 19 (42 %) positive Reaktionen (positiver Epikutantest und "flare-up"). Irritationen traten nicht auf [21].

Im TINA-Test (modifizierter Meerschweinchen-Adjuvans-Test) konnten 5/21 Tiere (21 %) gegen ein PFH mit einem MW von 500 sensibilisiert werden. PFH mit einem MW von 2000 löste keine Sensibilisierung (0/25) aus. Die Induktionskonzentration betrug 5 bzw. 100 % i.m. und die Challengekonzentration 10 % [23].

BRUZE (1985) konnte für eine Reihe von Methylol-Phenol-Verbindungen im Meerschweinchen-Maximisationstest (GPMT) sensibilisierende Wirkung nachweisen. Durch 4,4-Dihydroxy-(hydroxymethyl)-diphenylmethan konnten 83 % (20/24) der Tiere sensibilisiert werden [3,4].

Bewertung:

Die sensibilisierende Wirkung durch Hautkontakt (R43) wird durch Fälle von allergischem Kontaktekzem und positiven Testbefunden bei Exponierten sowie Testreaktionen in niedriger Prävalenz bei konsekutiven Testungen in verschiedenen Kliniken begründet. Die Ergebnisse von experimentellen Sensibilisierungen sind unterschiedlich ausgefallen und weisen auf ein sensibilisierendes Potential der Monomeren hin. Gruppenreaktionen mit p-tert. Butyl-Fonnaldehyd-Harz und Formaldehyd werden wahrscheinlich durch den Gehalt an freiem Formaldehyd verursacht. Ausgehärtetes Phenol-Formaldehydharz sensibilisiert in der Regel nicht.

Literatur:

[1] Brunner, L.: Neuere beruflich bedingte Hauterkrankungen. Berufsdermatosen 10 (1962), 61

[2] Bruze, M.: Patch testing with a mixture of 2 phenol-formaldehyde resins. Contact Dermatitis 19 (1988), 116-119

[3] Bruze, M.: Detection of contact allergy to phenol formaldehyde resins. Contact Dermatitis 14 (1986) 127

[4] Bruze, M.; Zimerson, E.: Contact allergy to 3-methylol phenol, 2,4-dimethylol phenol and 2,6-dimethylol phenol. Acta dermatol. venereol. 65 (1985), 548-551

[5] Bruze, M.: Contact sensitizers in resins based on phenol and formaldehyde. Acta dermatol. venereol. (1985) Suppl. 119, 1-83

[6] Bruze, M.: Simultaneous reactions to phenol-formaldehyde resins colophony / hydroabietyl alkohol and balsam of Peru / perfume mixture. Contact Dermatitis 14 (1986), 119-120

[7] Bruze, M.; Fregert, S.; Zimerson, E.: Contact allergy to phenolformaldehyde resins. Contact Dermatitis 12 (1985), 81-86

[8] Bruze, M.: Sensitizing capacity of 4,4-dihydroxy-(hydroxymethyl)-diphenyl methanes in die guinea pig. Acta Dermatol. venereol. 66(1986), 110-116

[9] Bruze M.; Almgren, G.: Occupational Dermatoses in workers exposed to resins based on phenol and formaldehyde. Contact Dermatitis 19 (1988) 272-277

[10] Fregert, S.: Contact allergy to phenoplastics. Contact Dermatitis 7 (1981), 170

[11] Fregert, S.; Tegner, E.: Allergic contact dermatitis due to phenolic resin in ready products. Contact Dermatitis Newsletter 12 (1972), 328

[12] Gaul, L. E.; Underwood, MD.: The condensation of phenol and formaldehyde to produce a sensitizer unrelated to the formaldehyde component. J. Invest. Dermatol. 12(1949), 1-3

[13] Geier, J.: Informationverbund Dermatologischer Kliniken, Göttingen (pers. Mitteilung)

[14] Goldmann, P.: Betriebsbedingte Hauterkrankungen in der chemischen Industrie. Z. Haut. Geschlechtskr. 35 (1963), 14-30

[15] Hjorth, N.; Fregert,. S.: Sensitivity to formaldehyde and formaldehyde resins. Contact Dermatitis Newsletter 2 (1967), 18-19

[16] Jordan, W. P.; Bourlas, M.: Contact dermatitis from typewritter paper. Cuitis 15 (1975), 594

[17] Kanerva, L.; Jolanki, R.; Toikkanen, J.; Tarvainen, K.; Estlander, T.: Statistics on occupational Dermatoses in Finland. In: Curr. Probl. Derm. vol. 23, Irritant Dermatitis. Elsner, P.; Maibach, H. I. (eds); Basel: Karger, 1995, 28-40

[18] Ketel, van W. G.: Plastics and glues. Contact Dermatitis Newsletter 16 (1974), 470

[19] Malten, K. E.: Kontaktekzeme durch Leime bei Schuhmachern und Schuhträgern. Berufsdermatosen 10 (1962), 264-268

[20] Malten, K. E.; Seutter, E.: Phenolformaldehyde resin in paper. Contact Dermatitis 11(1984), 127-128

[21] Meneghini, C. L.; Rantuccio, F.; Ghislanconi, G.: Experimentelle ekzematöse Sensibilisierung durch Phenol- und Epoxidharz beim Menschen. Berufsdermatosen 11(1963), 350-355

[22] Meneghini, C. L.; Rantuccio, F.; Riboldi, A.: Klinisch-allergologische Beobachtungen bei beruflichen ekzematösen Kontakt-Dermatosen. Berufsdermatosen 11 (1963), 18 1-202, 280-293

[23] Sonneck, H. J.: Hautschäden durch Kunstharzsäurekitte. Berufsdermatosen 12 (1964), 42

[24] Ziegler, V.; Süß, E.: The TINA test. Curr. Probl. Derm. vol. 14, Basel: Karger, 1985, 172-192