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Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
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31. Quecksilberverbindungen, organisch

Ausgabe: Juli 1999
(BArbBl. 8/1999 S. 86)



Stand: Mai 1999

Thiomersal (CAS-Nr.: 54-64-8) (Merthiolat, Ethylmercurithiosalicylat-Natriumsalz)
Mercurocbrom (CAS-Nr.: 129-16-8) (Merbromine)
Phenylquecksilbersalze (-acetat, (CAS-Nr.: 62-38-4), -chlorid,
(CAS-Nr.: 100-56-1), -borat, (CAS-Nr.: 102-98-7), -nitrat,
(CAS-Nr.: 55-68-5), -propionat, (CAS-Nr.: 103-27-5))

Vorkommen:

Thiomersal wird verbreitet als Konservierungsmittel, so z.B. in Impflösungen, Hyposensibilisierungslösungen, Augen- und Ohrentropfen, Kontaktlinsenflüssigkeit, Augenkosmetika, Zahnputzmitteln eingesetzt und findet auch im Pflanzenschutz und in der Veterinärmedizin Verwendung [14]. Mercurochrom wird zur Wunddesinfektion eingesetzt. Phenylquecksilbersalze werden als Antiseptika, Desinfektionsmittel und Konservierungsstoffe in medizinischen Produkten, Kosmetika, Kontrazeptiva, Farben u. a. und im Pflanzenschutz verwendet [17]. Nach der Kosmetikverordnung sind Thiomersal und Phenylquecksilbersalze in 0,007 % (als Hg) nur in Schmink- und Abschminkmitteln für die Augen zugelassen und müssen deklariert werden [26].

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

Typ-IV-Sensibilisierungen gegen Thiomersal sind sehr häufig. Bei routinemäßigen Testungen von Patienten mit Hauterkrankungen fanden sich in der Schweiz 4,2 % [27], in Osterreich bis 19 % [21], in den USA bis 10,6 % positive Testreaktionen [23]. Bei der Epikutantestung hautgesunder Erwachsener wurden hohe Prävalenzen von positiven Reaktionen besonders bei jungen Menschen beobachtet [10, 13, 26, 32]. In Deutschland ergaben die Testdaten von 19.339 Patienten (Thiomersal 0,1 % in Vaseline) eine Sensibilisierungsrate von 5,7 % [30]. Auf die Testung mit 0,05 % Thiomersal in Vaseline (n= 19.454) reagierten 778 (4 %) positiv, davon 4,2 % Frauen und 3,6 % Männer [31]. Bei der Auswertung von insgesamt über 40.000 Epikutantestungen von 1990 bis 1995 lag Thiomersal an 4. Stelle der häufigsten Allergene [30]. In einer Gruppe von Schulkindern (n=4 16) hatten alters- und geschlechtsabhängig 8 % bis 15,1 % positive Testreaktionen auf Thiomersal (0,1% oder 0,05% in Vaseline) [4]. Es handelte sich überwiegend um klinisch nicht relevante, asymptomatische Sensibilisierungen, die vermutlich durch thiomersalhaltige Impfstoffe (z.B. Tetanus-Impfstoff) induziert worden waren [13, 29]. Offenbar treten bei erneuter Impfung in der Regel keine wesentlichen Intoleranzerscheinungen auf [1]. Es wurden nur wenige Fälle von Urtikaria oder generalisiertem Ekzem durch Impfungen beschrieben [28, 35]. Kreuzreaktionen mit anderen organischen und anorganischen Quecksilberverbindungen, insbesondere mit Ethylquecksilbersalzen, die ein struktureller Bestandteil des Thiomersal sind, wurden gefunden [8, 10, 14]. Häufiger wurde die Verursachung des insgesamt eher seltenen allergischen Kontaktekzems durch Thiomersal in Kontaktlinsenflüssigkeit beobachtet [18, 34].

Allergisches Kontaktekzem und Sofort-Typ-Reaktionen durch Mercurochrom wurden in Einzelfällen beschrieben [2, 6, 7, 18]. In einem Kinderkollektiv mit allergischer Kontaktdermatitis reagierten 15 von 54 im Läppchentest auf Merbromin [22].

Phenylquecksilbersalze wurden in Einzelfällen als Ursache von allergischem Kontaktekzem durch Aufbewahrungsflüssigkeit für Thermometer [15], durch ein Spermizid [3] oder durch gebeiztes Saatgetreide [16] nachgewiesen. Vereinzelt wurde über allergische Sofortreaktionen berichtet [25, 33]. Bei konsekutiven Testungen mit Phenylquecksilberacetat (0,05 % in Vaseline oder 100 ppm in Wasser) wurden in Deutschland 5,5 % (n=1852) bzw. 1,7 % (n=10974) positive Reaktionen ohne Angaben zur Relevanz gefunden. Die Testzubereitung von 0,05 % in Vaseline wirkt nicht selten irritativ, deshalb sind insbesondere fragliche Reaktionen auf Phenylquecksilbersalze in diesen Konzentrationen kritisch zu bewerten [31]. Bei Kindern gehören Quecksilberverbindungen zu den häufigen Allergenen. Von 416 Schulkindern, die aus diagnostischen Gründen getestet wurden, reagierten altersabhängig bis zu 9,6 % der Mädchen und keine Jungen auf Phenylquecksilberacetat. Kreuzreaktionen mit Thiomersal und Quecksilber(ammonium)chlorid wurden beobachtet [4].

Zwischen 1977 und 1983 wurden bei der Testung mit Phenylquecksilberborat (0,025 % in Vas.) Sensibilisierungsraten von 0,7 % ermittelt [9]. Im Vergleich zu Sensibilisierungen durch Thiomersal liegen die Prävalenzen für Phenylquecksilbersalze deutlich niedriger.

Ein Arzt bekam eine Urtikaria und asthmatische Beschwerden nach Kontakt mit Bettwäsche und Arbeitskleidung, die mit einem phenylquecksilberpropionathaltigen Weichspüler behandelt worden war. Der Pricktest mit 0,85 %igem Phenylquecksilberpropionat und der bronchiale Provokationstest mit insgesamt 3 µg der Substanz waren positiv, ebenso ein Prausnitz-Küster-Test an 10 Freiwilligen [25].

Nach epikutaner Induktion mit 2 % Phenylquecksilbernitrat konnten bei 24/25 Probanden positive Reaktionen mit 0,5 % Phenylquecksilbernitrat (reizende Konzentration) ausgelöst werden [20]. In einem modifizierten Draize-Test an 56 Probanden wurde 10 mal für 48-72 Stunden Phenylquecksilberacetat (0,125 % in Vas.) appliziert. 16 Probanden reagierten auf eine Auslösung mit 0,1 %, 12 auf 0,05 % und einer auf 0,01 %. Allerdings reagierten auch von 36 Kontrollpersonen 6, 2 bzw. keiner auf diese Auslösekonzentrationen [24].

In verschiedenen experimentellen Sensibilisierungen am Meerschweinchen mit Thiomersal (Maximisierungstest, FCA-Test, Optimisationstest) ließen sich in den meisten Fällen mehr als die Hälfte der Tiere sensibilisieren [zit. bei 12 u.14].

Durch einen Bühler-Test (nicht näher dokumentiert) mit Phenylquecksilberacetat wurden 14/18 Meerschweinchen sensibilisiert [5].

Bewertung:

Die sensibilisierende Wirkung durch Hautkontakt (R43) von Thiomersal, Mercurochrom und verschiedenen Phenylquecksilbersalzen ist durch gesicherte Fallmitteilungen, zum Teil hohen Prävalenzraten bei konsekutiven Epikutantestungen und durch experimentelle Untersuchungen am Menschen und am Tier nachgewiesen. Kreuzreaktionen der organischen Quecksilberverbindungen untereinander und auch mit anorganischem Quecksilber werden gefunden.

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