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Kunststoffverwertung - Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen
Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis
- Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) -
Stand:
November 2013
(BAuA)
1 Allgemeines
Gehen Beschäftigte Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach oder werden bei diesen Tätigkeiten Gefahrstoffe freigesetzt, so ist der Arbeitgeber nach der Gefahrstoffverordnung [1] verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen und Maßnahmen zur Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten zu treffen. Die gleiche Vorgehensweise gilt entsprechend Biostoffverordnung (BioStoffV) [2] auch für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.
Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen ist die Rangfolge Substitution (Ersatz durch weniger gefährliche Stoffe oder Verfahren), technische Minimierung der Expositionen, organisatorische Maßnahmen und personengetragene Maßnahmen zu beachten. Für Gefahrstoffe mit Arbeitsplatzgrenzwert ist deren Einhaltung durch Arbeitsplatzmessungen zu ermitteln (TRGS 402 [3]), sofern keine gleichwertigen Beurteilungsverfahren beschrieben sind.
Diese Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis " Kunststoffverwertung - Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen" ist eine branchenspezifische Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten zur Verwertung von Kunststoffabfällen. Sie unterstützt den Arbeitgeber bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und Wirksamkeitsprüfung von Schutzmaßnahmen. Zur Erstellung wurde die bisherige LASI-Veröffentlichung LV 32 [4] von den Messstellen der Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen, dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) unter Einbeziehung neuer Daten überarbeitet.
Die Handlungsanleitung kann im Zusammenhang mit Gefährdungen durch freigesetzte Stäube als standardisiertes Arbeitsverfahren nach TRGS 400 [5] auf der Grundlage der Gefahrstoffverordnung [1] angewendet werden. Arbeitsplatzmessungen sind dann im Regelfall nicht erforderlich.
Die vorgegebenen Schutzmaßnahmen wurden auf der Grundlage von Arbeitsplatzmessungen nach der TRGS 402 [3] abgeleitet. Bei ihrer Anwendung kann von einer Einhaltung des Allgemeinen Staubgrenzwertes nach TRGS 900 [6] und Anhang I Nr. 2.3 Abs. 2 der Gefahrstoffverordnung [1] ausgegangen werden. In der einatembaren Staubfraktion konnten als Schwermetalle Blei und Cadmium bestimmt werden; andere Schwermetalle waren nicht nachweisbar. Die Bleikonzentration liegt unterhalb des Beurteilungsmaßstabes entsprechend TRGS 505 [21]. Für Cadmium erfolgte die Beurteilung anhand des Beurteilungsmaßstabs in Höhe von 0,2 µg/m3 (abgeleitet aus Krebsrisikozahl [19]). Höhere Cadmiumexpositionen können insbesondere bei Wartungs- und Reinigungsarbeiten beim PVC-Recycling auftreten. Für Dieselmotoremissionen sind die Schutzmaßnahmen gemäß TRGS 554 [17] anzuwenden.
Um die dauerhafte Wirksamkeit der getroffen Maßnahmen sicherzustellen, müssen diese regelmäßig überprüft werden. Dies kann mit Hilfe dieser Handlungsanleitung erfolgen.
Kunststoffe, insbesondere biologisch belastete aus der Sammlung über ein duales System, können mit biologischen Arbeitsstoffen, wie Schimmelpilzen, Bakterien oder Endotoxinen kontaminiert sein. Diese Handlungsanleitung enthält ergänzende Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen [7].
2 Anwendungsbereich
Diese Handlungsanleitung gilt für den Normalbetrieb in Betrieben, die Kunststoffe verwerten, die
anfallen und einer stofflichen Wiederverwertung zugeführt werden.
Die Handlungsanleitung gilt für Arbeitsplätze in Betrieben, die thermoplastische Standardkunststoffe lagern, sortieren, zerkleinern, klassieren, waschen, trocknen, trennen, mischen, compoundieren, granulieren oder umschmelzen/extrudieren (siehe auch Abbildung 1). Dabei können einzelne Verfahrensschritte vereinfacht sein oder ganz entfallen. Diese Handlungsanleitung gilt auch für die Verwertung von technischen Kunststoffen, soweit hierbei die einzelnen Verfahrensschritte des Verwertungsprozesses dieselben sind.
Kunststoffe im Sinne dieser Handlungsanleitung sind thermoplastische Massenkunststoffe wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS), Polyethylenterephthalat (PET), die ca. 90 % des verwertbaren Gesamtaufkommens ausmachen. Den restlichen Anteil bilden technische Kunststoffe wie Polyamide (PA), Polycarbonate (PC), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), Polybutylenterephthalat (PBT) u. a., deren weitere Verwertung außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Handlungsanleitung erfolgt. Aus den Kunststoffabfällen werden wieder Erzeugnisse und Produkte hergestellt. Dies können z.B. Lärmschutzwände, hochwertige Paneele oder PVC-Fenster sein.
Reinigungs- und Wartungsarbeiten, soweit diese zum täglichen Arbeitsablauf gehören (z.B. Reinigungsarbeiten am Schichtende oder bei Umstellung auf eine andere Charge), fallen ebenfalls in den Geltungsbereich der Handlungsanleitung.
Betriebsstörungen sind nicht Gegenstand dieser Handlungsanleitung. Insbesondere bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten im Rahmen von Betriebsstörungen sind ggf. zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Diese sind betriebsspezifisch festzulegen. Nicht in den Geltungsbereich der Handlungsanleitung fallen Tätigkeiten zur rohstofflichen Verwertung durch thermische Zersetzung oder zu Lösemittelverfahren sowie zur energetischen Verwertung. Bei der rohstofflichen Verwertung wird der Kunststoff in seine Ausgangsstoffe zerlegt; z.B. zur Methanolgewinnung. Energetische Verwertung tritt z.B. bei der Zement- oder Roheisenherstellung auf, wobei die Kunststoffabfälle als Energielieferanten oder Reduktionsmittel genutzt werden.
3 Informationsermittlung
Kunststoffabfälle sind Gewerbeabfälle sowie Abfälle aus dem Pflichtpfand und den Sammlungen der dualen Systeme. Die werkstoffliche Verwertung von Kunststoffen stellt eine qualitative Bearbeitung dar, die manuell, teil- oder vollautomatisch erfolgen kann. Dabei werden unerwünschte Stoffe wie z.B. Metall oder andere störende Kunststoffe möglichst vollständig entfernt.
3.1 Arbeitsverfahren und Tätigkeiten
In der Praxis muss nach den vorliegenden Ergebnissen bei den Verfahrensschritten nicht danach unterschieden werden, welche Kunststoffe verwertet werden. In Abbildung 1 ist eine Übersicht über den Verfahrensablauf dargestellt. Die Verfahrensschritte sind bei Gewerbeabfällen sowie Abfällen aus dem Pflichtpfand und den Sammlungen der dualen Systeme im Wesentlichen die gleichen wie bei sortenreinen Produktions- und Verarbeitungsabfällen, wobei bei Letzteren in der Regel einzelne Sortier- und Reinigungsschritte entfallen.
Nachfolgend werden die einzelnen Arbeitsschritte einer derartigen Anlage näher beschrieben:
Materialaufgabe
Je nach Betrieb und Art der angelieferten Kunststoffabfälle werden diese im Freien oder in der Halle gelagert. Mittels Flurförderzeugen oder anderer Fahrzeuge werden die Abfälle dann auf ein Band gegeben, das sie zur Sortierung oder direkt zum Mahlen/Schreddern weiter leitet. In einzelnen Betrieben erfolgt die Materialaufgabe zum Teil von Hand.
Sortieren
Die Kunststoffe werden entweder von Hand oder durch automatisierte Verfahren sortiert. Ziel der Sortierung sind möglichst sortenreine Kunststofffraktionen. Fremd-Kunststoffe und andere Störstoffe, die nicht zu den verwertenden Fraktionen gehören, werden dabei entfernt. Metalle werden in der Regel durch Metallabscheider abgetrennt, die oftmals an verschiedenen Stellen im technologischen Ablauf platziert sind.
Bei der manuellen Sortierung befinden sich die Arbeitsplätze im Allgemeinen in Sortierkabinen mit einer technischen Lüftung. Durch diese Sortierkabinen laufen die Bänder mit den zu sortierenden Kunststoffabfällen. Die Beschäftigten trennen die Kunststoffe manuell nach Fraktionen und entfernen dabei gleichzeitig die unerwünschten Bestandteile.
Bei der automatischen Sortierung erfolgt über optische und/oder spektrometrische Erkennungsverfahren eine Positiv- oder Negativerkennung, so dass Materialien gezielt aus dem Stoffstrom ausgeblasen werden.
Die erzielbaren Reinheiten der Kunststofffraktionen sind bei manueller und automatischer Sortierung vergleichbar.
Einige Sortiervorgänge sind dem Mahlen/Schreddern nachgelagert, da die zerkleinerten Kunststoffe durch Ausnutzung ihrer physikalischen Eigenschaften (z.B. Dichte) von noch vorhanden Störstoffen abgetrennt werden können. Dazu werden teilweise Zusatzstoffe (z.B. Flotationshilfsmittel) zugesetzt.
Mahlen/Schreddern
Hierzu werden alle Vorgänge gerechnet, die in Abbildung 1 unter Vorzerkleinerung und Zerkleinerung aufgeführt sind. Es handelt sich hier durchweg um Vorgänge, die von Maschinen verrichtet werden. Die Beschäftigten üben im Wesentlichen Kontroll- und Wartungsfunktionen aus.
Beim Mahlen und Schreddern werden die zu verwertenden Kunststoffe soweit zerkleinert, dass sie in die nachfolgenden Verfahrensschritte übergehen können.
Waschen
In großen Waschbädern erfolgt die Reinigung der Kunststofffraktionen. An der Oberfläche anhaftende Störkomponenten (z.B. Papier, Leim, Schmutz) werden bei diesem Verfahrensschritt, z. T. unter Zusatz von Waschmitteln, abgelöst und gleichzeitig abgetrennt.
Die Beschäftigten üben beim Waschen im Wesentlichen Kontrollfunktionen aus. In einigen Fällen entfernen sie durch Abschöpfen die Störstoffe aus den Waschbädern.
Die gewaschenen und getrockneten Mahlgüter können bereits das Endprodukt des Verwertungsbetriebes sein und werden dann sofort konfektioniert.
Mischen/Compoundieren
Die gereinigten Kunststofffraktionen werden gezielt mit Zuschlagstoffen gemischt, um eine Verbesserung ihrer Eigenschaften zu erzielen oder aber die Weiterverarbeitung zu erleichtern. So können beispielsweise optische Aufheller oder Farbstoffe zugemischt werden, um einen erwünschten Farbton des späteren Produktes zu erreichen.
Das Mischen erfolgt in der Regel in kontinuierlichen Systemen, wo automatisch die Zuschlagstoffe beigemischt werden. In einigen Fällen werden auch (großtonnagige) Mischer mit den Kunststoffen und Zuschlagstoffen beaufschlagt und die Mischung nach Beendigung des Mischvorganges entnommen.
Die Zugabe von Zuschlagstoffen erfolgt teilweise manuell aus Gebinden (z.B. Papiersäcken). Dabei erfolgt die Zugabe z.B. durch Einfüllen ganzer Säcke oder kleinerer Mengen mittels Schaufel. Hierbei kann es zu größeren Staubfreisetzungen kommen.
Extrudieren/Granulieren/Umschmelzen/Verpressen
Durch Schmelzen oder Verpressen entstehen aus den Kunststofffraktionen kompakte Erzeugnisse (z.B. Bakenfüße). Folien werden durch Ziehen oder Blasen aus der Schmelze oder dem Granulat erzeugt.
Beim Extrudieren wird die gemahlene Kunststofffraktion bei für die Kunststofffraktion spezifischen Temperaturen über eine Extruderschnecke geführt. Am Abschlag entsteht das Granulat mit definierten Eigenschaften, das in der Regel das Endprodukt des Verwertungsbetriebes darstellt und zur Weiterverarbeitung zur Verfügung steht. In Abhängigkeit von der technologischen Gestaltung des Extrusionsvorganges entstehen dabei Granulate unterschiedlicher Form und Größe.
Abbildung 1: Verfahrensschritte bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen [8]
Die Beschäftigten haben hier die Aufgabe, die störungsfreie Funktion der Extruder zu gewährleisten. Dazu werden die Siebe gereinigt und regelmäßig gewechselt. Beim Extrudieren kann es zu Störungen kommen. Läuft z.B. der Extruder heiß, so kann die plastische Masse "abbrennen", wodurch es bei der PVC-Verwertung zur Freisetzung chlorhaltiger Verbindungen (z.B. HCl) kommen kann. Im Falle derartiger Störungen muss unter Einsatz persönlicher Schutzausrüstung (insbesondere Atemschutz) der ordnungsgemäße Betrieb wieder hergestellt werden.
Konfektionieren
Die Endprodukte des Verwertungsbetriebes (Granulate oder Flakes) werden mittels Abfüllautomaten in Transportgebinde gefüllt (in der Regel Big Bags). Mit Flurförderzeugen werden diese Gebinde von den Abfüllvorrichtungen zum Zwischenlager transportiert oder direkt auf Transportfahrzeuge verladen.
Die Beschäftigten haben hier im Wesentlichen die Aufgabe, den Füllstand der Gebinde zu prüfen, Proben zur Qualitätskontrolle zu entnehmen und volle Gebinde gegen leere auszuwechseln.
3.2 Auftretende Stoffe bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen
Bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen können an den Arbeitsplätzen sowohl chemische Gefahrstoffe als auch biologische Arbeitsstoffe auftreten. Die Ergebnisse der Arbeitsplatzmessungen für die unter 3.1 aufgeführten Arbeitsverfahren und Tätigkeiten sind in den Anhängen 1 bzw. 2 dargestellt.
Bei den Tätigkeiten im Rahmen der Verwertung werden einatembare und alveolengängige Stäube freigesetzt.
Weiterhin ist die Freisetzung von Schwermetallen sowie organischen und anorganischen Gasen und Dämpfen als Zersetzungsprodukte von Kunststoffen möglich.
Zudem ist von einer Belastung der Luft durch Abgase von Dieselmotoren der Anlieferfahrzeuge auszugehen.
Weitere Gefahrstoffe haben keine Relevanz bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen.
Bei der Aufarbeitung von Kunststoffabfällen werden Stäube in unterschiedlichem Maße freigesetzt.
Darüber hinaus kann es infolge defekter, undichter Förderleitungen oder durch nicht abgedeckte Dosier- und Transportvorrichtungen zu Staubexpositionen kommen. Insbesondere Betriebsstörungen sowie Wartungs- und Reinigungsarbeiten können zu einer erhöhten Staubexposition führen.
Neben den zu verwertenden Kunststoffen und ihren Zuschlagstoffen enthalten die Stäube insbesondere beim Beschicken der Anlagen und beim Sortieren oft noch Inhaltsstoffe, die von der ursprünglichen Verwendung des Kunststoffes, aber auch von Transport und Lagerung herrühren.
Für die einatembare und die alveolengängige Staubfraktion betragen die Arbeitsplatzgrenzwerte 10 mg/m3 bzw. 1,25 mg/m3 [6].
Bei der thermischen Behandlung von Kunststoffen, z.B. beim Extrudieren, können organische Gase und Dämpfe freigesetzt werden. Beim Normalbetrieb der Anlagen ist
allerdings nicht von der Entstehung einer relevanten Menge an Zersetzungsprodukten auszugehen.
Bei Betriebsstörungen kann es dagegen auch zu höheren Expositionen kommen.
Je nach Kunststoffart und Temperatur, bei der die Materialen verarbeitet werden, können dies Monomere, flüchtige Additive und eine große Zahl verschiedener Zersetzungsprodukte bis hin zu Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2) sein [9, 10].
Bei der Herstellung von Kunststoffen werden teilweise Metallverbindungen z.B. als Bestandteile von Pigmenten, als Flammschutzmittel und als Stabilisatoren eingesetzt.
Obwohl seit einigen Jahren die Verwendung von Cadmium eingeschränkt bzw. verboten ist und die Verwendung von Blei (insbesondere in PVC-Produkten) eher rückläufig ist (Ersatz durch Ca/Zn als Stabilisator), kann die Luft am Arbeitsplatz mit Blei und Cadmium belastet sein, wenn Stäube von Altmaterial oder von Zuschlagstoffen auftreten und diese Materialien entsprechende Gehalte aufweisen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die zu Expositionen beitragenden Metalle und deren Verbindungen.
Expositionen durch andere Metalle oder ihre Verbindungen waren messtechnisch nicht nachweisbar.
Tabelle 1: In Kunststoffen enthaltene Metalle, die zur Exposition beitragen
Metalle und deren Verbindungen | mögliche Verwendung [11, 12] | Bemerkungen [13, 14, 15] |
Cadmium | Stabilisator in PVC, Pigment | wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen (Krebserzeugend K 2, Carc. Cat 2 (R45) bzw. Carc 1 B (H350)).
Kunststoffe mit mehr als 0,01 % Cd dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. |
Blei | Stabilisator in PVC, Pigment in PE | Beim Menschen bekanntermaßen fruchtschädigend (entwicklungsschädigend) (RE1; Repr. Cat 1 (R6 1) bzw. Repr. 1 A (H360)), gibt wegen möglicher Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit (Fruchtbarkeit) des Menschen Anlass zur Besorgnis (RF3; Repr. Cat. 3 (R62) bzw. STOT RE 2 (H302)).
Von der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe als krebserzeugend Kategorie 2 eingestuft [16]. |
Abgase von Dieselmotoren stellen ein komplexes Stoffgemisch mit gasförmigen und partikelförmigen Anteilen dar. Als Dieselmotoremissionen wird nach TRGS 554 "Abgase von Dieselmotoren" [17] der Elementare Kohlenstoff aus dem Partikelanteil des gesamten Abgasgemisches eines Dieselmotors bezeichnet, der sich bei Anwendung des anerkannten Analyseverfahrens 2 nach BGI 505-44 [44] ergibt. Dieselmotoremissionen (DME) sind als krebserzeugend eingestuft (Kategorie 2 nach DFG) [16]. Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte in Bereichen arbeiten, in denen Dieselmotoremissionen freigesetzt
werden, gelten nach TRGS 906 als krebserzeugend [37]. Gasförmige Bestandteile der Abgase von Dieselmotoren sind z.B. Stickoxide und Kohlendioxid.
Expositionen durch Dieselmotoremissionen können bei der Anlieferung der Kunststoffabfälle auftreten. Sie werden häufig in einer Halle angeliefert. Dazu müssen die Fahrzeuge die Halle ganz oder teilweise befahren. Die für den Straßenverkehr zugelassenen anliefernden Fahrzeuge sind in der Regel nicht mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet. Während der Anlieferung sind die Hallentore geöffnet. Die Motoren werden während der Wartezeiten abgestellt.
In den Arbeitsbereichen erfolgt der Transport angelieferter Ballen und Säcke und der mit z.B. Granulat gefüllten Big Bags häufig mit Flurförderzeugen. Dabei kommen in den Betrieben im Wesentlichen diesel-, gas- und elektrisch betriebene Gabelstapler zum Einsatz.
Für Dieselmotoremissionen gibt es gegenwärtig keinen gesundheitsbasierten Arbeitsplatzgrenzwert.
Die Verarbeitung kontaminierter Kunststoffe kann darüber hinaus zu einer Belastung der Luft durch biologische Arbeitsstoffe wie Schimmelpilze, Bakterien und Endotoxine führen. Diese Expositionen sind unabhängig von den Gefahrstoffen zu bewerten. Weitere Informationen zu biologischen Arbeitsstoffen sind in Anhang 2 dieser Handlungsanleitung verfügbar.
4 Beurteilung der Gefahrstoffexposition
Für die Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Arbeitsbereiche und Tätigkeiten können die in Tabelle 2 aufgeführten Schichtmittelwerte aus den Jahren 1996-2003 herangezogen werden. Die im Zeitraum 2002-2008 in geringerem Umfang zur Überprüfung der ehemaligen LASI-Veröffentlichung LV 32 [4] durchgeführten Arbeitsplatzmessungen bestätigten diese Ergebnisse. Zur Begründung wird auf die Auswertung umfangreicher Arbeitsplatzmessungen in Anhang 1 verwiesen. Es wurden die 95-Perzentile verwendet.
Tabelle 2: Übersicht über die ermittelten Schichtmittelwerte bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen (95-Perzentile bzw. Maximalwert(*)) [mg/m3]
Stoff | Schichtmittelwerte [mg/m3] |
einatembare Staubfraktion | |
alle Arbeitsbereiche davon: | 3,25 |
Materialaufgabe | 2,05 |
Sortieren | 1,48 |
Mahlen / Schreddern | 6,63 |
Waschen | 0,52 |
Mischen /Compoundieren 2 | 5,96 * |
Granulieren / Extrudieren | 1,36 |
Konfektionieren | 1,43 |
Sonstige | 3,47 |
alveolengängige Staubfraktion | 0,88 |
Blei | 0,013 |
Cadmium | 0,0004 |
Die Arbeitsplatzgrenzwerte für die einatembare und die alveolengängige Staubfraktion werden eingehalten. Um dies auch in Zukunft sicher zu stellen, sind in regelmäßigen Abständen oder nach Änderungen von Verfahren und Anlagen die Funktion und Wirksamkeit der vorhandenen technischen Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Funktionsprüfung der Lüftungsanlagen zu überprüfen, siehe auch Kapitel 6.
Für die ermittelten Cadmium-Konzentrationen liegt das 95-Perzentil mit 0,4 µg/m3 oberhalb des Beurteilungsmaßstabs in Höhe von 0,2 µg/m3 (abgeleitet aus Krebsrisikozahl [19]). Diese erhöhten Werte sind insbesondere auf das Mischen ohne wirksame Absaugung zurückzuführen. Bei Einhaltung der in dieser Handlungsanleitung aufgeführten Arbeitsweisen und Schutzmaßnahmen ist eine höhere Konzentration nicht zu erwarten.
Für Blei liegen die ermittelten Konzentrationen mit 0,013 mg/m3 deutlich unterhalb des in der TRGS 505 "Blei" aufgeführten Wertes von 0,1 mg/m3 [21] 3.
Beim Normalbetrieb der Anlagen ist nicht von der Entstehung einer relevanten Menge an Zersetzungsprodukten (Gase und Dämpfe) auszugehen.
Bei Verwendung von Dieselpartikelfiltern (DPF) sind beim Betrieb von Gabelstaplern und Flurförderzeugen keine partikulären Dieselmotoremissionen (DME) messbar.
Sind bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen die in Kapitel 5 aufgeführten Schutzmaßnahmen umgesetzt, müssen keine Arbeitsplatzmessungen durchgeführt werden. Die Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen kann entsprechend der TRGS 402 [3] mit dem Befund "Schutzmaßnahmen ausreichend" abgeschlossen werden.
Für die Übernahme dieses Befundes für den einzelnen Betrieb muss die Dokumentation der Gefahrstoffe und die Beschreibung der Tätigkeiten und Schutzmaßnahmen die Einhaltung der in diesen Empfehlungen beschriebenen Bedingungen bestätigen.
Bei Anwendung dieser Handlungsanleitung bleiben andere Anforderungen der Gefahrstoffverordnung, insbesondere zur Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung für hier nicht erfasste Arbeitsbereiche des Betriebes, in denen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen erfolgen und für die diese Handlungsanleitung nicht gilt, bestehen.
Eine Erweiterung der Gefährdungsbeurteilung ist auch erforderlich, wenn Kunststoffe außerhalb des Anwendungsbereiches der Handlungsanleitung verwertet oder Zuschlagstoffe verwendet werden, zu deren Inhaltsstoffen weitergehende Informationen vorliegen.
Für mögliche andere Arbeitsbereiche des Betriebes wird auf einschlägige Empfehlungen verwiesen.
5 Schutzmaßnahmen für Kunststoffverwertungsbetriebe
Nachfolgend sind die Schutzmaßnahmen aufgeführt, die bei den verschiedenen Tätigkeiten im Bereich der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen umzusetzen sind. Bei Umsetzung der geforderten Maßnahmen gilt diese Handlungsanleitung als standardisiertes Arbeitsverfahren nach TRGS 400 [5].
Damit reduziert sich der Aufwand zur Ableitung von Schutzmaßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erheblich. Dies gilt auch für weitere Hinweise in dieser Handlungsanleitung, wie z.B. zusätzliche Gefahrstoffinformationen einschließlich Informationen über Ersatzverfahren, technische Minimierungsmaßnahmen und andere Maßnahmen des Arbeitsschutzes in Hinblick auf Gefahrstoffe.
Zusätzlich werden die erforderlichen Maßnahmen beim Einsatz von dieselgetriebenen Fahrzeugen entsprechend TRGS 554 [17] aufgeführt.
Weiterhin sind die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen des Brand- und Explosionsschutzes sowie zum Hautschutz der Beschäftigten näher dargestellt.
Die in Anhang 2 aufgeführten ergänzenden Ausführungen unterstützen den Arbeitgeber bei der Beurteilung der Expositionen durch biologische Arbeitsstoffe. Es gelten die Vorgaben der TRBA 214 [22].
5.1 Maßnahmen zur Verringerung der Gefahrstoffexposition
Für die Anwendung dieser Handlungsanleitung sind die nachfolgenden Bedingungen einzuhalten. Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen ist nicht erforderlich, nach der chemischen Zusammensetzung des verwerteten Kunststoffes zu unterscheiden. Ebenso muss hinsichtlich der Gefahrstoffexposition nicht zwischen der Verwertung von gewerblichen Abfällen, Abfällen aus Sammlungen dualer Systeme und des Pflichtpfandes sowie von Produktions- und Verarbeitungsabfällen unterschieden werden.
Anlieferung
Müssen bei der Anlieferung der Kunststoffabfälle die für den Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge mit Dieselmotor ganz oder teilweise geschlossene Arbeitsbereiche befahren, sind sie mit einem aufsteckbaren Partikelfilter auszurüsten oder die Fahrzeugabgase sind unmittelbar am Auspuff zu erfassen und aus dem Arbeitsbereich abzuleiten (z.B. durch aufsteckbare Abgasabsaugungen). Ist dies nicht möglich, sind während der Anlieferung die Hallentore geöffnet zu halten. Die Motoren der Anlieferfahrzeuge sind während der Wartezeiten abzustellen. Ansonsten sind die Motorenläufe zu minimieren.
Maschinen und Anlagen
Die Maschinen und Anlagen zur Kunststoffverwertung müssen den vom Hersteller vorgegebenen Installations- und Betriebsbedingungen entsprechen. Bei bestimmungsgemäßer Nutzung muss die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sein.
Bei der Aufstellung und dem Betrieb von Maschinen und Anlagen sind auch die Gefährdungen, die durch Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsmitteln, Arbeitsstoffen oder mit der Arbeitsumgebung auftreten können, zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu beachten, dass es im Inneren der Absaugleitungen für die Kunststoffstäube ggf . zur Bildung explosionsfähiger Atmosphäre kommen kann. Dies ist durch entsprechende Explosionsschutzmaßnahmen zu vermeiden.
Arbeiten an Maschinen und Anlagen dürfen nur von Beschäftigten ausgeführt werden, die dazu befugt sind und diese Arbeiten selbständig sicher durchführen können oder bei diesen Arbeiten beaufsichtigt werden.
Steuerstände von Maschinen und Anlagen müssen so belüftet sein, dass die Gefährdung der Beschäftigten minimiert ist. Sie sind mindestens nach jeder Arbeitsschicht zu reinigen.
An den Maschinen und Anlagen angebrachte Abdeckungen und sonstige Schutzeinrichtungen, welche die Freisetzung von Gefahrstoffen verhindern sollen, dürfen während des Betriebs nicht geöffnet, entfernt oder anderweitig außer Funktion gesetzt werden.
An vorhandenen Transport-, Einfüll- und Abfüllvorrichtungen ist die Staubfreisetzung durch eine oder mehrere der nachfolgenden technischen Maßnahmen wirksam zu minimieren. Dazu gehören
An offenen Mischern und Anlagen, in denen pulverförmige Zuschlagstoffe zugemischt werden, muss eine wirksame Absaugung installiert sein, um eine Staubentwicklung und Ausbreitung in den Arbeitsbereich hinein zu verhindern.
Extrusions-, Blas-, Tiefzieh- und Kaltabschlagsanlagen müssen an den Stellen abgesaugt werden, an denen gefährliche Gase und Dämpfe in die Arbeitsplatzluft entweichen können.
Sortierkabinen
Für die manuelle Sortierung ist eine Sortierkabine nach den Vorschriften des Arbeitsstättenrechts einzurichten. Durch bauliche und lüftungstechnische Maßnahmen (selbstschließende Türen, Lamellenvorhänge, geschlossene Fenster, Verhinderung von Lufteintritt über die Abwurfschächte, Überdruck) ist sicherzustellen, dass keine belastete Luft in die Sortierkabine einströmen kann. Die Sortierkabine ist mit einer lüftungstechnischen Anlage nach dem Stand der Technik auszurüsten [45]. Anhand von Kontroll- und Wartungsplänen ist eine regelmäßige Wartung und Pflege der lüftungstechnischen Anlage durchzuführen und zu dokumentieren. Die lüftungstechnischen Anlagen sind nach Bedarf, mindestens jährlich, durch eine befähigte Person [46] zu prüfen. Über das Ergebnis der Prüfungen ist ein Nachweis zu führen.
Fahrzeuge für den innerbetrieblichen Transport
Der Betrieb dieselbetriebener Flurförderzeuge ohne Abgasnachbehandlungssystem oder Partikelfilter ist in ganz oder teilweise geschlossenen Arbeitsbereichen nicht zulässig.
Werden dieselbetriebene Flurförderzeuge benutzt, so müssen diese über eine Abgasnachbehandlung oder über einen Partikelfilter verfügen, welcher den Anforderungen der BAFU-Filterliste 4 entspricht. Die Abgasemissionen der Motoren sind entsprechend den Festlegungen der TRGS 554 Anlage 3 zu überwachen.
Bei der Neubeschaffung von Flurförderzeugen ist eine Prüfung nach TRGS 554 , Anlage 4 [17] zur Entscheidung über die Antriebsart durchzuführen. Für Transportarbeiten in den Arbeitsbereichen sind bevorzugt gas- oder elektrobetriebene Flurförderzeuge zu beschaffen und einzusetzen.
Gasbetriebene Flurförderzeuge sind zur Minimierung der Exposition durch Kohlenmonoxid regelmäßig zu warten und entsprechend den Herstellerangaben einzustellen.
Fahrzeugkabinen müssen so belüftet sein, dass die Gefährdung der Beschäftigten minimiert ist (Filtration der Atemluft). Sie sind nach jeder Arbeitsschicht zu reinigen. Die Türen und Fenster von Fahrzeugkabinen sind während des Betriebes geschlossen zu halten. Das Ein- und Aussteigen im belasteten Bereich ist soweit wie möglich zu reduzieren. Fahrzeugkabinen müssen klimatisiert werden.
Reinigungsarbeiten
Reinigungsarbeiten, insbesondere zur Entfernung von Staubablagerungen, sind regelmäßig durchzuführen. Zur weitestgehenden Vermeidung von Staubaufwirbelungen sind dazu Industriestaubsauger (Staubklasse H) oder Nassverfahren einzusetzen. Die Art und Häufigkeit der Reinigung ist in der Betriebsanweisung festzulegen.
Die Verwendung von Druckluft zum Abblasen ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die zu reinigenden Stellen für einen Industriestaubsauger nicht zugänglich sind, z.B. wegen verbauter Anlagenteile. In diesen Fällen hat vorher immer eine Grundreinigung mittels Industriestaubsauger zu erfolgen. Ein Abblasen des Fußbodens ist nicht zulässig.
Bei der Reinigung von Misch- und Mahlvorrichtungen und bei Betriebsstörungen, bei denen verstopfte Anlagen auseinander gebaut und frei geräumt werden müssen, sind partikelfiltrierende Halbmasken der Schutzklasse P2 zu tragen. Zur Reinigung sind auch hier Industriestaubsauger der Staubklasse H zu verwenden.
Es ist nach Möglichkeit zu verhindern, dass belastete Luft in angrenzende unbelastete Arbeitsbereiche gelangt.
Persönliche Schutzausrüstung
Die Beschäftigten sind mit Sicherheitsschuhen der Schutzkategorie S2 nach DIN EN 345 [24] und körperbedeckenden Arbeitsanzügen gemäß DIN EN 340 [25] als Arbeitskleidung auszustatten.
Beim Öffnen von Ballen sind geeignete Handschuhe - z.B. Lederhandschuhe - und Schutzschilde für das Gesicht zu tragen. Die verwendeten Handschuhe müssen nach DIN EN 388 [26] geprüft sein.
An Sortierarbeitsplätzen sind geeignete Schutzhandschuhe zu tragen.
Für einzelne Arbeitsbereiche und bei bestimmten Tätigkeiten ist vom Arbeitgeber Atemschutz bereitzustellen. Dabei sind die berufsgenossenschaftlichen Regeln zu beachten [23]. Das Tragen belastender persönlicher Schutzausrüstung als ständige Maßnahme anstelle technischer oder organisatorischer Schutzmaßnahmen ist nicht zulässig.
Bei folgenden Tätigkeiten sind partikelfiltrierende Halbmasken der Schutzklasse P2 zu tragen:
Halbmasken mit Partikelfilter oder gebläseunterstützte Hauben bieten gegenüber partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2) in der Regel einen besseren Dichtsitz und einen besseren Schutz und sind deshalb vorzuziehen.
Betriebsanweisung und Unterweisung
Für alle Arbeitsbereiche sind Betriebsanweisungen zu erstellen. In der Betriebsanweisung sind auch Art und Häufigkeit der Reinigungstätigkeiten und der Einsatz persönlicher Schutzausrüstungen festzulegen. Die Beschäftigten sind mindestens einmal jährlich arbeitsplatzbezogen anhand der Betriebsanweisung in einer für sie verständlichen Form und Sprache zu unterweisen.
Arbeiten an Maschinen und Anlagen dürfen nur von Beschäftigten ausgeführt werden, die dazu befugt sind und diese Arbeiten selbständig sicher durchführen können oder bei diesen Arbeiten beaufsichtigt werden.
Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Arbeiten mit Extrudern
Für Arbeitsbereiche mit Extrudern, die heiß laufen bzw. "Abbrennen" können, ist für die Beschäftigten persönliche Schutzausrüstung bereit zu halten. An Extrusionsanlagen für PVC sind entsprechende Atemschutzgeräte mit dem Filter der Typklasse B2P3 (P2) als Halb- oder Vollmaske zum Schutz vor chlorhaltigen Gasen zur Verfügung zu stellen. Bei einer Betriebsstörung ist diese Schutzausrüstung zu verwenden.
Die Beschäftigten sind über eine derartige Betriebsstörung anhand der dazu erstellten Betriebsanweisung zu unterweisen.
Essen, Trinken, Rauchen und Schnupfen ist an den Arbeitsplätzen nicht zulässig.
Darüber hinaus sind an allen Arbeitsplätzen die Grundsätze für die Verhütung von Gefährdungen nach den §§ 8 - 11 GefStoffV einzuhalten, siehe auch TRGS 500 [27].
5.2 Brand- und Explosionsschutz
Aufgrund der zu verarbeitenden, überwiegend brennbaren Kunststoffe besteht in Betrieben, die unter den Geltungsbereich dieser Handlungsanleitung fallen, eine hohe Brandgefährdung. Die während der Verarbeitung frei werdenden Stäube sind meist brennbar und als Staub-Luft-Gemisch unter bestimmten Verhältnissen explosionsfähig.
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz [28] in Verbindung mit §§ 6 und 11 sowie Anhang I Nr. 1 Gefahrstoffverordnung [1] sind vom Arbeitgeber auch die Gefährdung der Beschäftigten durch Brände und Explosionen zu ermitteln und betriebliche Mindestmaßnahmen zum Brand- und Explosionsschutz zu treffen und in der Betriebsanweisung festzulegen. Die Bildung einer explosionsgefährlichen Atmosphäre ist nicht zu erwarten, wenn die Maßnahmen nach 5.1 umgesetzt werden.
Die Arbeitsbereiche sind gemäß Anhang I Nr. 1 Abs. 1.4 Gefahrstoffverordnung [1]
Das Verwenden von offenem Feuer und offenem Licht ist nicht zulässig.
Grundsätzlich sind die Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung und Industriebaurichtlinie im Hinblick auf den Brand- und Explosionsschutz zu erfüllen. Weitergehende Maßnahmen hinsichtlich baulichem, technischem, betrieblichem und organisatorischem Brand- und Explosionsschutz können als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung erforderlich sein.
Detaillierte Hinweise zum Brand- und Explosionsschutz enthalten die TRGS 720-722 [29-31], TRGS 800 [32] und die ASR A2.2 [33].
5.3 Dermale Exposition
Für die Arbeitnehmer in Verwertungsbetrieben für Kunststoffe besteht gemäß TRGS 401 [34] auch bei längerfristigem Hautkontakt mit Stäuben nur eine geringe dermale Gefährdung. Betroffen sind vor allem die Hände durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen. Während der Sortierung besteht darüber hinaus eine mechanische Gefährdung durch Schnitt- und Stichverletzungen.
Beim Öffnen von Ballen sind nach DIN EN 388 [26] geprüfte Handschuhe - z.B. Lederhandschuhe zu tragen (siehe 5.1). Beim manuellen Sortieren sind ebenfalls geeignete Schutzhandschuhe zu tragen.
Im Betrieb ist ein tätigkeitsbezogener Hautschutzplan zu erstellen und auszuhängen. Im Hautschutzplan sind in übersichtlicher und verständlicher Form die erforderlichen Schutz-, Reinigungs- und Pflegemaßnahmen den entsprechenden hautgefährdenden Arbeiten zuzuordnen. Bei der Erstellung des Hautschutzplanes ist arbeitsmedizinische Unterstützung angeraten.
Die in der TRGS 401 [34] aufgeführten Hilfen zur Einschätzung der Gefährdung und zur Auswahl und Bewertung von persönlichen Schutzausrüstungen und Hautschutzmitteln sind heranzuziehen. Das Ergebnis ist zu dokumentieren.
6 Wirksamkeitsüberprüfung
Bei der Anwendung dieser Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis sind die in Kapitel 5 festgelegten Maßnahmen und Anforderungen einzuhalten.
In regelmäßigen Abständen oder nach Änderungen von Verfahren und Anlagen ist die Funktion und Wirksamkeit der vorhandenen technischen Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Funktionsprüfung der Lüftungsanlagen zu überprüfen. Dabei sind insbesondere die von Herstellern vorgeschriebenen Intervalle für Prüfungen und Wartungen einzuhalten. Alle Prüfungen und Instandsetzungsmaßnahmen an den Anlagen sind zu dokumentieren.
Der Anwender dieser Handlungsanleitung muss bei Verfahrensänderungen und ansonsten regelmäßig, mindestens aber einmal jährlich, die Gültigkeit der Voraussetzungen überprüfen und das Ergebnis dokumentieren. Hierzu zählen u. a. die Prüfung der unveränderten Gültigkeit dieser Handlungsanleitung und die Prüfung, ob diese Handlungsanleitung noch für die betrieblichen Tätigkeiten zutrifft. Insbesondere ist zu überprüfen, inwieweit sich die eingesetzten Stoffe verändert haben.
Bei Anwendung dieser Handlungsanleitung bleiben andere Anforderungen der Gefahrstoffverordnung, insbesondere zur Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung für hier nicht genannte Arbeitsbereiche des Betriebes, in denen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen erfolgen und für die diese Handlungsanleitung nicht gilt, bestehen.
Diese Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis ist unter www.baua.de verfügbar. Sie wird regelmäßig überprüft und dem Stand der technischen und rechtlichen Entwicklung angepasst. Der Anwender dieser Handlungsanleitung sollte daher immer auf die Verwendung der aktuellen Fassung achten.
7 Literatur
[1] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl. I S 1643), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S 1622), durch Artikel 2 der Verordnung vom 24. April 2013 (BGBl. I S 944) und Artikel 2 der Verordnung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S 2514)
[2] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) vom 27. Januar 1999 (BGBl. I S. 50), zuletzt geändert am 15.07.2013 (BGBl. I Nr. 40, S. 2514)
[3] TRGS 402: "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition", Ausgabe Januar 2010, geändert und ergänzt: GMBl 2014, S. 254-257 vom 02.04.2014 [Nr. 12]
[4] LASI-Veröffentlichung LV 32: "Umgang mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen", Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) (2004)
[5] TRGS 400: "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen", Ausgabe: Dezember 2010, GMBl 2011 Nr. 2 S. 19-32, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2012 S. 715 v. 13.9.2012 [Nr. 40]
[6] TRGS 900: "Arbeitsplatzgrenzwerte", Ausgabe Januar 2006 (BArbBl. Heft 1/2006 S. 41-55), zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2014 S. 271-274 v. 02.04.2014 [Nr. 12]
[7] TRBA 400: "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen", Ausgabe April 2006, BArbBl. 6/2006 S. 62
[8] R. Hebisch, A. Johnen, G. Linsel: "Stoffbelastungen beim Recycling von Kunststoffen", Sicherheitsingenieur 34 (2003), Heft 5, S. 16-21
[9] J. Auffarth, E. Lehmann, J. Gmehling, V. Wölfel, K.-H. Rentel: "Stoffbelastungen bei der Kunststoffverarbeitung", Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Gefährliche Arbeitsstoffe (GA 43), Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven (1994)
[10] Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz: "Flüchtige Zersetzungsprodukte von Kunststoffen"; BIA-Info 3/99, Sankt Augustin (1999)
[11] Umweltstiftung WWF Deutschland: "Kunststoffe - Umwelt und Gesundheitsfragen" (1995)
[12] J. Brandrup (Hrsg.): "Die Wiederverwendung von Kunststoffen", Carl Hauser Verlag, München (1995)
[13] Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, Abl Nr. L 353/1 vom 31.12.2008
[14] TRGS 905: "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe", BArbBl. Heft 7/2005 S. 68-78, zuletzt geändert und ergänzt GMBl Nr. 26 S. 528 (04.07.2008)
[15] Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. Nr. L 396 vom 30.12.2006 S. 1) zuletzt geändert und ergänzt durch Verordnung (EU) Br. 836/2012 (ABl. Nr. L 252 vom 19.09.2012)
[16] Deutsche Forschungsgemeinschaft: "MAK- und BAT-Werte-Liste 2010", Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Wiley-VCH Verlag, Weinheim (2010)
[17] TRGS 554: "Abgase von Dieselmotoren", Ausgabe Oktober 2008, GMBl. Nr. 56/58/2008 vom 08.12.2008 S. 1179, ber. GMBL Nr. 28 vom 02.07.2009 S. 604
[18] Linsel, G.; Kummer, B.: "Endotoxine in der Luft am Arbeitsplatz", Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 58, Nr. 7/8, 281-287 (1998)
[19] Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz - IFA Handbuch; Ergänzbare Sammlung, Hrsg: Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IFA, Erich Schmidt Verlag; Kennzahl 120120: Krebsrisikozahlen.
[20] Bekanntmachung zu Gefahrstoffen 910: "Risikowerte und Exposition-Risiko-Beziehungen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen (Bekanntmachung 910)", Ausgabe Juni 2008, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2012 S. 717 [Nr. 40]
[21] TRGS 505: "Blei", Ausgabe: Februar 2007, GMBl. Nr. 12 vom 08.03.2007 S. 12
[22] TRBA 214 "Abfallbehandlungsanlagen" Ausgabe September 2013 (GMBl. Nr. 49 vom 30.09.2013 S. 978-989)
[23] BGR/GUV 190: "Benutzung von Atemschutzgeräten", Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Stand November 2009
[24] DIN EN 345: "Spezifikation der Sicherheitsschuhe für den gewerblichen Gebrauch"
[25] DIN EN 340: "Schutzkleidung; Allgemeine Anforderungen", Ausgabe März 2004
[26] DIN EN 388 "Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken". Beuth-Verlag, Dezember 2003
[27] TRGS 500: "Schutzmaßnahmen", Ausgabe Januar 2008, GMBl. Nr. 11/12 vom 13.03.2008 S. 224; zuletzt geändert GMBl. Nr. 26 vom 04.07.2008 S. 528
[28] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (ArbSchG - Arbeitsschutzgesetz) vom 7. August 1996; BGBl. I 1996 S. 1246, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836)
[29] TRGS 720 "Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre - Allgemeines"; Bundesanzeiger Nr. 103a vom 02.06.2006
[30] TRGS 721 "Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre - Beurteilung der Explosionsgefährdung"; Bundesanzeiger Nr. 103a vom 02.06.2006
[31] TRGS 722: "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähige Atmosphäre"; Ausgabe: März 2012, GMBl.2012, S. 398-410 [Nr. 22]
[32] TRGS 800: "Brandschutzmaßnahmen", Ausgabe: Dezember 2013; GMBl 2011 Nr. 2 S. 33-42
[33] ASR A2.2: Maßnahmen gegen Brände, Ausgabe November 2012, GMBl 2012, S. 1225
[34] TRGS 401: "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen", Ausgabe: Juni 2008; GMBl. Nr. 40/41 S. 818; zuletzt berichtigt GMBl 2011 Nr. 9 S. 175
[35] "Staubbelastung bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen in hessischen Betrieben", Regierungspräsidium Kassel - Fachzentrum für stoffliche und andere Arbeitsplatzfaktoren, Oktober 2003
[36] J. Auffarth, R. Hebisch, A. Johnen, G. Linsel: Stoffbelastungen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Gefährliche Arbeitsstoffe (GA 64), Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven (2004)
[37] TRGS 906: "Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 GefStoffV", Ausgabe Juli 2005 (BAnz. Nr. 59a vom 24.03.2006 S. 31; geändert GMBl. Nr. 24 vom 27.04.2007 S. 499)
[38] LASI-Veröffentlichung LV 23: "Leitlinien zur Biostoffverordnung", 3. überarbeitete Auflage, Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) (2008)
[39] Messung von Gefahrstoffen - IFA Arbeitsmappe, Expositionsermittlung bei chemischen und biologischen Einwirkungen: Verfahren zur Bestimmung der Endotoxinkonzentrationen (Kennzahl 9450), der Schimmelpilzkonzentration (Kennzahl 9420), der Bakterienkonzentration (Kennzahl 9430) in der Luft am Arbeitsplatz. Ergänzbare Sammlung, Hrsg: Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IFA, Erich Schmidt Verlag
[40] Richtlinie VDI 4253 Blatt 3: Erfassen luftgetragener Mikroorganismen und Viren in der Außenluft - Verfahren zum quantitativen kulturellen Nachweis von Bakterien in der Luft - Verfahren nach Abscheidung in Flüssigkeiten, Ausgabedatum 08/2008
[41] TRBA 500: "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen", GMBl. Nr. 15-20 vom 25. April 2012, S. 373-379
[42] TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe" (Bekanntmachung des BMA nach § 52 Abs. 3 Gefahrstoffverordnung), November 2011 GMBl 2011 S. 1019 [Nr. 49-51]
[43] Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 18. Dezember 2008, BGBl. I S 2768, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 23. Oktober 2013 (BGBl. I S 3882)
[44] Verfahren zur Bestimmung von organischen Stoffen im Feinstaub - anwendbar für partikelförmige Dieselmotor-Emissionen (BGI 505-44) Bezugsquelle: Carl Heymanns Verlag GmbH Köln www.wolterskluwer.de
[45] VDI 2262: Luftbeschaffenheit am Arbeitsplatz - Minderung der Exposition durch luftfremde Stoffe. Blatt 1-4, Beuth-Verlag Berlin, 2006-2013
[46] TRBS 1203: Befähigte Personen. GMBl 2010 Nr. 29 vom 12.05.2010 S. 627, geändert und ergänzt: GMBl 2012 S. 386 [Nr.21]
Es sind die jeweils aktuellen Fassungen der aufgeführten Literaturstellen zu verwenden.
Grundlagen der Beurteilung der Gefahrstoffexposition | Anhang 1 |
Arbeitsplatzmessungen beim werkstofflichen Verwerten von Kunststoffen wurden von den Messstellen der Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen [35], der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) [8, 36] von 1996 bis 2003 in 42 Betrieben durchgeführt. Im Rahmen der Neufassung dieser Handlungsanleitung wurden die Daten um Ergebnisse weiterer Messungen in 28 Betrieben aus den Jahren 2002 bis 2008 durch die Messstelle aus Baden-Württemberg und aus der Expositionsdatenbank ME-GA des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) erweitert.
Anhang 2 liefert zusätzliche Informationen zu den Belastungen durch biologische Arbeitsstoffe. Diese wurden von 1997 bis 2003 in 51 Betrieben ermittelt. Dazu kommen neuere Daten aus 23 Betrieben aus den Jahren 2002 bis 2008.
In den untersuchten Betrieben wurden gewerbliche Abfälle, Produktionsabfälle sowie Abfälle nach der Verpackungsverordnung und aus Sammlungen des Dualen Systems werkstofflich verwertet. Die Mehrzahl der Betriebe lieferte nach Extrusion als Produkt ein Granulat; andere stellten Folien oder Formteile her. Einige Betriebe produzierten Mahlgut oder Flakes als Endprodukt.
Ergebnisse der Arbeitsplatzmessungen
Bei den Arbeitsplatzmessungen in den Betrieben wurden die in Tabelle 3 aufgeführten Gefahrstoffe ortsfest oder personengetragen gemessen. Es wurden Schichtmittelwerte und auch Kurzzeitwerte ermittelt. Eine Unterscheidung nach der Art der verwerteten Kunststoffe erfolgte bei der Zusammenfassung der Messergebnisse nicht.
Tabelle 3: Zusammenstellung der untersuchten Stoffe
Stoff | Beurteilungskriterien [mg/m3] | Spitzenbegrenzung | Bemerkungen |
alveolengängige Staubfraktion (A) | 1,25 | AGW, TRGS 900 [6] | |
einatembare Staubfraktion (E) | 10 | 2(II) | AGW, TRGS 900 [6] |
Dieselmotoremissionen | - | - | TRGS 906 [37], krebserzeugend Kategorie 2 |
Blei 5 | 0,1 | - | TRGS 505 [21] |
Cadmium | Basierend auf Krebsrisikozahl 0,0002 | - | Aus der Krebsrisikozahl [19] lassen sich Beurteilungsmaßstäbe analog der Bekanntmachung (BekGS) 910 [20] für das Akzeptanz und Toleranzrisiko in Höhe von 0,2 µg/m3 bzw. 2 µg/m3 ableiten |
Bei der einatembaren Staubfraktion wurden die Messergebnisse noch weiter nach den verschiedenen Verfahrensschritten aufgeschlüsselt. Dies war erforderlich, da im Datenkollektiv einige Grenzwertüberschreitungen auftraten.
Tabelle 4a Zusammenstellung der Messergebnisse für die einatembare Staubfraktion aus den Jahren 1996 bis 2003
Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [mg/m3] | 95-Perzentil [mg/m3] | Maximalwert [mg/m3] | |
Alle Messergebnisse | 31 | 326 | 0,50 | 3,25 | 7,21 |
Davon | |||||
- personengetragen | 29 | 203 | 0,54 | 3,24 | 7,18 |
- ortsfest | 30 | 123 | 0,40 | 2,08 | 7,21 |
davon bei(m) | |||||
- Materialaufgabe | 16 | 87 | 0,53 | 2,05 | 3,90 |
- Sortieren | 13 | 70 | 0,44 | 1,48 | 2,78 |
- Mahlen / Schreddern | 13 | 49 | 0,59 | 6,63 | 7,21 |
- Waschen | 4 | 20 | 0,33 | 0,52 | 0,61 |
- Mischen / Compoundieren | 2 | 7 | 0,95 | - | 5,96 |
- Granulieren / Extrudieren | 12 | 44 | 0,49 | 1,36 | 3,16 |
- Konfektionieren | 8 | 20 | 0,37 | 1,43 | 1,90 |
- Sonstige 6 | 14 | 27 | 1,18 | 3,47 | 4,20 |
Tabelle 4b Zusammenstellung der Messergebnisse für die einatembare Staubfraktion aus den Jahren 2002 bis 2008
Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [mg/m3] | 95-Perzentil [mg/m3] | Maximalwert [mg/m3] | |
Alle Messergebnisse | 28 | 53 | 0,58 | 4,54 | 10,7 |
Davon | |||||
- personengetragen | 13 | 22 | 1,35 | 4,76 | 6,5 |
- ortsfest | 19 | 31 | 0,36 | 3,26 | 10,7 |
davon bei(m) | |||||
- Materialaufgabe | 7 | 10 | 0,52 | 3,15 | 4,80 |
- Sortieren | 9 | 13 | 0,58 | 3,06 | 3,51 |
- Mahlen / Schreddern | 7 | 11 | 1,70 | 5,34 | 6,50 |
- Granulieren / Extrudieren | 3 | 3 | 1,10 | 1,87 | 2,00 |
- Sonstige | 11 | 16 | 0,36 | 5,36 | 10,7 |
Bei der detaillierten Betrachtung der Messergebnisse für einzelne Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereiche wurden insgesamt sechs Werte nicht weiter berücksichtigt und nachfolgend kurz begründet. In einem Fall wurde in offene Behälter mit einer Fallhöhe von mehr als einem Meter abgefüllt, wobei weder abgesaugt wurde, noch die Fallstrecke durch einen Schlauch umhüllt war. Bei diesen worst case-Bedingungen betrug der ermittelte Schichtmittelwert bei einer personengetragenen Messung 11,5 mg/m3 . Bei den sonstigen Tätigkeiten wurde eine personengetragene Messung mit 29,5 mg/m3 nicht berücksichtigt, da hier Reinigungsarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden (Abblasen und Fegen mit massiver Staubaufwirbelung). Bei der Tätigkeit Mischen und Compoundieren wurden vier Messergebnisse deutlich oberhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes von 10 mg/m3 für die einatembare Staubfraktion nicht berücksichtigt. Die Grenzwertüberschreitungen beim Mischen wurden an einem großtonnagigen offenen Mischer festgestellt, der über keine Absaugung verfügte. In diesen Fällen waren die verfahrensspezifischen Bedingungen nach Kapitel 5.1 nicht eingehalten.
Die Messergebnisse aus den Jahren 2002 bis 2008 bestätigen die Messergebnisse aus den Jahren 1996 bis 2003. Bei sonstigen Tätigkeiten wurde der Arbeitsplatzgrenzwert für die einatembare Staubfraktion mit 10,7 mg/m3 einmal überschritten. Für die Tätigkeiten Mischen und Compoundieren wurden keine neuen Daten erhoben.
In der einatembaren Staubfraktion wurden Blei und Cadmium bestimmt. Die Expositionen betrugen maximal 0,04 mg/m3 bzw. 0,003 mg/m3 (siehe Tabelle 5). Kurzzeitig höhere Expositionen wurden für beide Stoffe nicht festgestellt. Das 95-Perzentil der ermittelten Cadmium-Konzentrationen liegt mit 0,4 µg/m3 oberhalb des Beurteilungsmaßstabs. Bei Einhaltung der unter 5.1 aufgeführten Schutzmaßnahmen ist eine höhere Konzentration nicht zu erwarten.
Tabelle 5: Ermittelte Expositionen bei der Kunststoffverwertung (ohne einatembare Staubfraktion) aus den Jahren 1996 bis 2003
Stoff | Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [mg/m3] | 95-Perzentil [mg/m3] | Maximalwert [mg/m3] |
Blei | 15 | 125 | 0,001 | 0,013 | 0,037 |
Cadmium | 13 | 99 | < 0,000006 | 0,0004 | 0,003 |
alveolengängige Staubfraktion | 37 | 204 | 0,19 | 0,88 | 2,09 |
Dieselmotoremissionen | |||||
- Schichtmittelwerte | 7 | 11 | 0,027 | 0,045 | 0,046 |
- Kurzzeitwerte | 5 | 12 | 0,14 | 0,75 | 0,76 |
Die Messergebnisse für die alveolengängige Staubfraktion lagen unter 70 % des Allgemeinen Staubgrenzwertes von 1,25 mg/m3 (siehe Tabelle 5). Bezogen auf den jeweiligen Arbeitsplatzgrenzwert lagen die Expositionen durch die einatembare Staubfraktion bei gleichen Tätigkeiten höher als die durch die alveolengängige Staubfraktion.
In einigen Betrieben wurden dieselbetriebene Flurförderzeuge ohne Partikelfilter in geschlossenen Arbeitsbereichen eingesetzt. Wenn dieses beobachtet wurde, erfolgten Messungen der krebserzeugenden Dieselmotoremissionen. Dabei wurden Kurzzeitwerte und Schichtmittelwerte gemessen. Im Schichtmittel betrugen die höchsten Expositionen etwa 0,05 mg/m3 für elementaren Kohlenstoff (EC). Wie aus Tabelle 5 ersichtlich, kam es kurzzeitig zu Expositionen bis zu 0,8 mg/m3. Wurden Gabelstapler und Flurförderfahrzeuge mit Dieselpartikelfilter (DPF) verwendet, waren keine partikulären Dieselmotoremissionen (DME) messbar.
Die Exposition der Beschäftigten bei der Verwertung von Kunststoffen ist in erster Linie auf die Staubfraktionen und deren Inhaltsstoffe zurück zu führen. Mit Ausnahme einiger Schichtmittelwerte für die einatembare Staubfraktion lagen die Messergebnisse durchweg unterhalb der Arbeitsplatzgrenzwerte.
Belastungen durch Gase und Dämpfe sind von untergeordneter Bedeutung. So wurde für alle Lösemittel eine Exposition unter 2 % der jeweiligen Arbeitsplatzgrenzwerte ermittelt. In einem Betrieb, der ölbeaufschlagte Kunststoffbehälter recycelte, wurden unmittelbar an der Anlage Expositionen bis zu etwa 90 mg/m3 für die Summe der Kohlenwasserstoffe ermittelt. Diese Messungen stellen den worst case dar. In der Praxis hielten sich die Beschäftigten dort nie länger als eine bis zwei Minuten auf (Summe der Aufenthaltsdauer während der Schicht kleiner 10 Minuten). Bei allen anderen Tätigkeiten und in allen anderen Betrieben lagen die Expositionen um mindestens eine Größenordnung niedriger.
Bei der Verwertung von PVC wurden an den Extrusionsmaschinen auch die Chlorwasserstoff-Expositionen (HCl) gemessen. Alle Expositionen lagen unterhalb von 0,08 mg/m3. Bei kurzzeitigen Reinigungsarbeiten (< 15 min) wurden an den Extrusionsmaschinen Konzentrationen bis zu 0,13 mg/m3 gemessen. Der Arbeitsplatzgrenzwert von 3 mg/m3 [6] wurde deutlich unterschritten.
In den Tabellen 6a und 6b sind die ermittelten Expositionen durch Gefahrstoffe für die beiden Zeiträume zusammengefasst. Dabei sind nur die Stoffe aufgeführt, die einen signifikanten Beitrag zur Gesamtexposition beisteuern.
Tabelle 6a Übersicht über die ermittelten Schichtmittelwerte bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen aus den Jahren 1996 bis 2003
Stoff | Median [mg/m3] | 95-Perzentil [mg/m3] | Maximalwert [mg/m3] |
einatembare Staubfraktion | |||
alle Arbeitsbereiche | 0,51 | 3,25 | 7,21 |
davon: Materialaufgabe | 0,53 | 2,05 | 3,90 |
Sortieren | 0,44 | 1,48 | 2,78 |
Mahlen / Schreddern | 0,59 | 6,63 | 7,21 |
Waschen | 0,33 | 0,52 | 0,61 |
Mischen /Compoundieren | 0,95 | - | 5,96 |
Granulieren / Extrudieren | 0,49 | 1,36 | 3,16 |
Konfektionieren | 0,37 | 1,43 | 1,90 |
Sonstige | 1,18 | 3,47 | 4,20 |
alveolengängige Staubfraktion | 0,19 | 0,88 | 2,09 |
Blei | 0,001 | 0,013 | 0,037 |
Cadmium | < 0,000006 | 0,0004 | 0,003 |
Dieselmotoremissionen | 0,027 | 0,045 | 0,046 |
Tabelle 6b Übersicht über die ermittelten Schichtmittelwerte bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen aus den Jahren 2002 bis 2008
Stoff | Median [mg/m3] | 95-Perzentil [mg/m3] | Maximalwert [mg/m3] |
einatembare Staubfraktion | |||
alle Arbeitsbereiche davon: | 0,58 | 4,54 | 10,7 |
Materialaufgabe | |||
Sortieren | 0,58 | 3,06 | 3,51 |
Mahlen / Schreddern | 1,70 | 5,34 | 6,50 |
Granulieren / Extrudieren | 1,1 | 1,87 | 2,00 |
Sonstige | 0,36 | 5,36 | 10,7 |
Informationen zu den Expositionen durch biologische Arbeitsstoffe bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen | Anhang 2 |
Bei der Verwertung von Kunststoffabfällen kann es neben der Exposition durch Gefahrstoffe auch zum unbeabsichtigten Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen, d. h. Mikroorganismen kommen. Diese Mikroorganismen werden mit organischen Verunreinigungen auf dem Kunststoffmaterial in den Verwertungsprozess eingetragen und stellen insbesondere luftgetragen, als Schmierinfektion und in Folge von Schnitt- und Stichverletzungen eine Gefährdung für die Beschäftigten dar.
Grenzwerte für biologische Expositionen wurden bisher nicht aufgestellt. Die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 214 "Abfallbehandlungsanlagen" gilt für Aufbereitungs- und Sortieranlagen einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen wie Kunststoffe. Dort wird unter Nummer 6 auf ein Technischen Kontrollwert (TKW) zu Beurteilung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen verwiesen. Wird der TKW überschritten, sind die Schutzmaßnahmen zu optimieren bis der TKW eingehalten oder unterschritten wird [22].
An den Arbeitsplätzen im Bereich der Verwertung von Kunststoffabfällen (z.B. Wertstoffsortieranlagen, Kunststoffaufbereitungsanlagen u. a.) können grundsätzlich Pilze, Bakterien und Viren auftreten. Die Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe in Risikogruppen wird entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko vorgenommen. Erfahrungsgemäß handelt es sich in den Recyclingbetrieben im Wesentlichen um Schimmelpilze und Aktinomyzeten der Risikogruppen 1 und 2, die Erkrankungen beim Menschen verursachen können. Eine wirksame Vorbeugung und Behandlung ist normalerweise möglich. Mögliche toxische und sensibilisierende Wirkungen der biologischen Arbeitsstoffe sind bei der Gefährdungsbeurteilung zusätzlich zu berücksichtigen.
Für die Bewertung der Exposition durch Mikroorganismen am Arbeitsplatz haben sich in der Vergangenheit geeignete Summen- bzw. Leitparameter herausgebildet. Im Bereich der Verwertung sind das Schimmelpilze und Endotoxine. Endotoxine sind Strukturbestandteile gramnegativer Bakterien und können zu Entzündungen der Atemwege oder grippeähnlichen Symptomen führen [18].
Nachfolgend werden Hinweise auf das Vorkommen biologischer Arbeitsstoffe bei der Kunststoffverwertung und auf mögliche Schutzmaßnahmen gegeben, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (LASI-LV 23 [38], TRBA 400 [7]) zu beachten sind. In dieser Handlungsanleitung sind Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten enthalten, die gemäß § 5 Biostoffverordnung bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind.
A2.1 Gemessene Expositionen durch biologische Arbeitsstoffe
Die Exposition durch luftgetragene biologische Arbeitsstoffe wurde mittels Filtersammlung und anschließender Analyse dieser Filter ermittelt. Die Schimmelpilzmessungen erfolgten nach dem Verfahren zur "Bestimmung der Schimmelpilzkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz", IFA-Arbeitsmappe, Kennzahl 9420 [39]. Bei Messungen in Arbeitsbereichen können sowohl die Direkte Methode (kürzere Probenahmedauer und direktes Auflegen der beaufschlagten Filter auf Nährböden) als auch die Indirekte Methode (längere Probenahmedauer mit anschließendem Anlegen einer Verdünnungsreihe und Ausplattieren der Verdünnungsstufen auf Nährböden) angewandt werden. Für die Bewertung der Schimmelpilzexpositionen in den untersuchten Bereichen hat sich die Indirekte Methode als die geeignete Methode erwiesen.
Zur Bestimmung der luftgetragenen Endotoxine wurden die Filter in endotoxinfreiem Wasser extrahiert und in diesem Extrakt mit dem Limulus-Amöbozyten-Lysat-(LAL) Test die endotoxische Aktivität bestimmt (IFA-Arbeitsmappe, Kennzahl 9450 [39]).
Für den Nachweis der Exposition durch luftgetragene Bakterien wurden die allgemeinen Vorgaben der IFA-Arbeitsmappe, Kennzahl 9430 "Verfahren zur Bestimmung der Bakterienkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz" [39] herangezogen.
Zum einen erfolgte die Bebrütung bei 30 °C, die erste Auszählung erfolgt nach 24 h, danach in 24 h-Abständen bis 72 h, ausschlaggebend ist die höchste Koloniezahl. Zum anderen erfolgte der Nachweis der Gesamtbakterien nach VDI-Richtlinie 4253, Blatt 3 [40]. Die dabei beimpften Platten werden nach 48 h (Bebrütung bei 36 °C) und nach sieben Tagen (Bebrütung bei 22 °C) visuell ausgezählt.
Da die vorhandene Datenbasis eine Auswertung nach Technologieschritten nicht zuließ, wurde folgende Unterteilung nach den verwerteten Kunststoffen gewählt:
Die ermittelten Ergebnisse sind in den Tabellen 7 und 8 zusammengefasst.
Tabelle 7a Übersicht über Messergebnisse von Schimmelpilzen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen aus den Jahren 1997 bis 2003
Stoffgruppe | Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [KBE/m3] | 95-Perzentil [KBE/m3] | max. Wert [KBE/m3] |
Unsortiert, biologisch kontaminiert | 19 | 43 | 6,9 x 105 | 3,2 x 106 | 3,6 x 106 |
Sortiert, biologisch kontaminiert | 17 | 85 | 8,9 x 104 | 1,3 x 106 | 1,7 x 106 |
sortenrein, biologisch nicht kontaminiert | 6 | 20 | 8,8 x 103 | 1,5 x 104 | 1,5 x 104 |
unbelastete Außenluft | 5 | 11 | 2 x 102 | 1,9 x 103 | 2,9 x 103 |
Tabelle 7b Übersicht über Messergebnisse von Schimmelpilzen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen aus den Jahren 2002 bis 2008 (unbelastete Außenluft 200 bis 700 KBE/m3)
Stoffgruppe | Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [KBE/m3] | 95-Perzentil [KBE/m3] | max. Wert [KBE/m3] |
biologisch kontaminiert, sortiert und unsortiert | 21 | 144 | 9,7 x 104 | 9,9 x 105 | 2,1 x 106 |
Erwartungsgemäß ist bei unsortiertem, biologisch kontaminiertem Material die Exposition mit durchschnittlich 6,9 x 105 KBE/m3 am höchsten. Insgesamt weichen die in diesen Betrieben ermittelten Werte stark voneinander ab. Es wurde eine Spannbreite von 0,05 x 106 bis 3,6 x 106 KBE/m3 ermittelt. Die auftretenden Keimexpositionen werden im Wesentlichen durch die Materialdurchsatzmengen, das Staubungsverhalten des Materials (trocken, feucht, nass), die technischen, speziell die lufttechnischen und räumlichen Bedingungen sowie den Reinigungszustand der Räume und Anlagen bestimmt.
Liegt sortiertes, biologisch kontaminiertes Material vor, so reduziert sich die Schimmelpilzkonzentration durchschnittlich um eine Zehnerpotenz. Es ist von einer mittleren Keimexposition auszugehen.
Bei sortenreinem, biologisch nicht kontaminiertem Material, wie z.B. bei Kunststoffprofilen, Kunststofffenstern und -folien wurden Schimmelpilze in der Luft nachgewiesen, jedoch ist bei einer durchschnittlichen Exposition von 8,8 x 103 KBE/m3 verglichen mit einer Außenluftbelastung von 102 bis 103 KBE/m3 von einer Gefährdung kaum auszugehen.
Die neueren Ergebnisse von 2002 bis 2008 liegen im Bereich der Ergebnisse für sortiertes Material aus den Jahren 1996 bis 2003.
Tabelle 8 Übersicht über Messergebnisse zu Endotoxinen bei der werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen
Stoffgruppe | Anzahl der Betriebe | Anzahl der Messergebnisse | Median [EU/m3] | 95-Perzentil [EU/m3] | max. Wert [EU/m3] |
Unsortiert, biologisch kontaminiert | 1 | 8 | 26,5 | 82 | 83 |
Sortiert, biologisch kontaminiert | 5 | 44 | 32,6 | 395 | 928 |
sortenrein, biologisch nicht kontaminiert | 4 | 22 | 1,7 | 10,8 | 16,7 |
unbelastete Außenluft | 8 | 12 | 0,1 | 0,4 | 0,5 |
Endotoxine spiegeln eine Exposition mit gramnegativen Bakterien wider und zeigten eine maximale Konzentration von 1000 EU/m3. Sie sind beim Verarbeiten biologisch kontaminierten Materials im Vergleich zur Referenz-Außenluft signifikant erhöht. Ein Effekt der Vorsortierung des Verwertungsguts konnte mit dem Datenmaterial nicht nachgewiesen werden. Es ist insgesamt von einem eher geringen Risiko durch Endotoxine in den untersuchten Verwertungsbetrieben auszugehen.
Die Bakterienkonzentration wurde über zehn Messungen in fünf verschiedenen Betrieben ermittelt. Bei einer Bebrütungstemperatur von 30 °C lagen die Messergebnisse zwischen 1,4 x 103 und 1,8 x 104 KBE/m3. Bei 22 ° C wurden 1,0 x 1 02 bis 1,0 x 104 KBE/m3 gemessen, bei 36° C 1,5 x 102 bis 6,0 x 103 KBE/m3. In der Außenluft lagen die Messergebnisse zwischen 1,0 x 102 und 3,0 x 102 KBE/m3 (Hinweis: Aufgrund der niedrigen Bakterienkonzentrationen werden derartige Messungen in den Betrieben nur bei begründetem Verdacht durchgeführt).
Insgesamt sind aus den vorliegenden Messergebnissen aufgrund unterschiedlicher Technologien und Anlagen detaillierte Aussagen für einzelne Technologieschritte nicht ableitbar.
A2.2 Schutzmaßnahmen gegenüber biologischen Arbeitsstoffen
Bei der Verarbeitung von biologisch belasteten Kunststoffen ist unabhängig von der Vorsortierung mit einer biologischen Belastung zu rechnen. Biologische Belastungen sind zu erwarten, wenn
An ständigen Arbeitsplätzen (mehr als 2 Stunden Tätigkeitsdauer in der Schicht) sind die Expositionen durch biologische Arbeitsstoffe zu minimieren. Alle unter 5.1 genannten Maßnahmen zur Gefahrstoffreduzierung tragen auch zu einer Verringerung der Expositionen durch biologische Arbeitsstoffe bei.
Je mehr das biologisch belastete Material mechanisch bewegt und vereinzelt wird, desto größer ist die Freisetzung der Keime und somit die Luftbelastung. Ist die manuelle Sortierung von sortiertem oder unsortiertem biologisch kontaminiertem Kunststoffmaterial nicht zu vermeiden, müssen folgende Maßnahmen realisiert werden:
Wird an Arbeitsplätzen mit biologischen Arbeitsstoffen umgegangen, sind die Mindeststandards der TRBA 500 [41] einzuhalten.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Schimmelpilzhaltige Stäube sind in der TRGS 907 [42] als sensibilisierend eingestuft. Die sensibilisierende Wirkung ist im Rahmen der arbeitsmedizinischen Beratung der Beschäftigten, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ausüben, gemäß § 14 Abs. 2 BioStoffV [2] unter Beteiligung eines Arztes nach § 7 Abs. 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) [43] besonders zu beachten. Bei der Beratung sind die Beschäftigten über Wunschvorsorge nach ArbMedVV zu informieren.
1) Diese Systeme werden im Text durchgängig als "duale Systeme" bezeichnet. Eine Übersicht über die anerkannten Systeme nach § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung (duale Systeme) ist unter www.ihkveregister.de abzurufen.
2) Von insgesamt 11 Messungen beim Mischen wurden in vier Fällen Grenzwertüberschreitungen für die einatembare Staubfraktion festgestellt. Hier waren die verfahrensspezifischen Bedingungen nach Kapitel 5.1 nicht eingehalten. Diese Messergebnisse wurden daher nicht berücksichtigt
3) Es ist zu beachten, dass eine zusätzliche Bleibelastung der Beschäftigten durch orale Aufnahme (Hand-Mund-Kontakt) möglich ist, wenn die beschriebenen Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden.
4) http://www.bafu.admin.ch/luft/00632/00639/00644/index.html#sprungmarke0_2
5) Wegen der individuell sehr unterschiedlichen oralen Bleiaufnahme besteht bei Arbeitsplatzkonzentrationen im Bereich von 0,1 mg Blei/m3 kein enger Zusammenhang zwischen der Höhe des Blutbleispiegels (individuelle innere Belastung des Beschäftigten) und der Bleistaubkonzentration in der Atemluft [21]. Die orale Aufnahme ist daher z.B. durch persönliche Hygienemaßnahmen zu minimieren.
6) In einigen Fällen konnten insbesondere personengetragene Messungen nicht einzelnen Arbeitsschritten zugeordnet werden. Dies war vor allem der Fall bei den Schichtleitern und den Betreuern der Messwarte, die sich oftmals zwischen den verschiedenen Arbeitsplätzen bewegten. Auch mussten Beschäftigte als Aushilfe kurzfristig an andere Arbeitsplätze wechseln, weil die dort tätigen Mitarbeiter Unterstützung benötigten. Ebenso gehören dazu Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten in den Betrieben.
*) Die Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis wurde von der Arbeitsgruppe Kunststoffrecycling auf Basis der LASI/ALMA-Empfehlungen LV 32 erstellt.
Die Kapitel 1-7 dieser Handlungsanleitung stellen ein vom AGS als VSK anerkanntes standardisiertes Arbeitsverfahren dar
Herausgeber: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Griesbachstr. 1
D-76185 Karlsruhe
www.1ubw.deRedaktion:
Arbeitsgruppe "Kunststoffrecycling"
Dipl.-Ing. Gerhard Ott (Vorsitz)
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Hertzstraße 173
76187 KarlsruheDipl.-Ing. Katja Vossen
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Alte Heerstr. 111
53757 Sankt AugustinDr. Ralph Hebisch
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Friedrich-Henkel-Weg 1-25
44149 DortmundDr. Gunter Linsel
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Nöldnerstraße 40-42
10317 BerlinErolf Brucksch
Regierungspräsidium Kassel
Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe
Ludwig-Mond-Straße 33
34121 KasselDipl.-Ing. Sybille Simon
Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie
Magazinstraße 15-16
10179 BerlinDr. Thomas Probst
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse)
Hohe Straße 73
53119 Bonn
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