![]() Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. Regelwerk, TRLV | ![]() |
TRLV Vibrationen Teil - Allgemeines
Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV Vibrationen)
Ausgabe:
März 2015
Vom 25.03.2015
(GMBl. Nr. 25/26 vom 24.06.2015 S. 482)
Archiv 2010
- Bek. d. BMAS v. 25.3.2015 - IIIb4-34517-2 -
Gemäß § 12 der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung in Verbindung mit § 21 Absatz 4 der Betriebssicherheitsverordnung macht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die anliegenden vom Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) beschlossenen Technischen Regeln für Vibrationen bekannt:
- Neufassung der TRLV Vibrationen Teil "Allgemeines"
Die TRLV Vibrationen Teil "Allgemeines", Ausgabe Januar 2010 (GMBl 2010, S.271 [Nr.14/15]) wird wie folgt neu gefasst:
Die Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV Vibrationen) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Vibrationen wieder.
Sie werden vom Ausschuss für Betriebssicherheit unter Beteiligung des Ausschusses für Arbeitsmedizin ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRLV Vibrationen, Teil "Allgemeines" konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung und der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Anwendungsbereich
(1) Diese Technische Regel und ihre Folgeteile gelten für die Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen durch Vibrationen mit Auswirkungen auf den gesamten Körper oder nur das Hand-Arm-System und nennen beispielhaft Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Vibrationsbelastung.
(2) Der Teil "Allgemeines" enthält die Gliederung der TRLV Vibrationen und wesentliche Begriffe, die bei der Umsetzung der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung hinsichtlich Vibrationen relevant sind.
(3) Unabhängig von den in dieser TRLV beschriebenen Vorgehensweisen sind von dem Arbeitgeber die Beschäftigten oder ihre Interessenvertretung, sofern diese vorhanden ist, aufgrund der einschlägigen Vorschriften zu beteiligen.
2 Verantwortung
(1) Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist der Arbeitgeber verantwortlich. Er hat sich fachkundig beraten zu lassen (z.B. durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte), sofern er nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfugt.
(2) Hinsichtlich der Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretung gelten die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes bzw. der jeweiligen Personalvertretungsgesetze.
3 Gliederung der TRLV Vibrationen
Teil Allgemeines
Teil 1: Beurteilung der Gefährdung durch Vibrationen
Teil 2: Messung von Vibrationen
Teil 3: Vibrationsschutzmaßnahmen
4 Begriffsbestimmungen
In der TRLV Vibrationen werden folgende Begriffe verwendet:
4.1 Hand-Arm-Vibrationen
Hand-Arm-Vibrationen sind mechanische Schwingungen im Frequenzbereich zwischen 8 Hz und 1.000 Hz, die bei Übertragung auf das Hand-Arm-System des Menschen Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten verursachen oder verursachen können, insbesondere Knochen- oder Gelenkschäden, Durchblutungsstörungen oder neurologische Erkrankungen. Hand-Arm-Vibrationen treten z.B. auf beim Arbeiten mit handgehaltenen oder handgeführten Arbeitsgeräten mit rotierenden oder oszillierenden Teilen, aber auch durch handgehaltene Werkstücke, durch handgehaltene schwingende Bedienelemente oder bei Geräten mit Einzelauslösung (z.B. Nagler, Bolzensetzer).
4.2 Ganzkörper-Vibrationen
Ganzkörper-Vibrationen sind mechanische Schwingungen im Frequenzbereich zwischen 0,1Hz und 80 Hz, die bei Übertragung auf den gesamten Körper Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten verursachen oder verursachen können, insbesondere Rückenschmerzen und Schädigungen der Wirbelsäule. Ganzkörper-Vibrationen wirken über die Füße beim stehenden, über das Gesäß, die Füße und den Rücken beim sitzenden oder über die Auflagefläche beim liegenden Menschen auf den gesamten Körper beim Kontakt mit vibrierenden Oberflächen ein. Für Gesundheit, Komfort und Wahrnehmung ist der Frequenzbereich von 0,5Hz bis 80 Hz, für Kinetosen (Bewegungs- oder Seekrankheit) der Frequenzbereich von 0,1 Hz bis 0,5 Hz von Bedeutung. Ganzkörper-Vibrationen treten z.B. auf Fahrzeugen und selbstfahrenden Maschinen und in der Nähe von Maschinen mit großer Unwucht oder Schlagenergie (z.B. Schmiedehämmern) auf.
4.3 Frequenzbewertung
Die physikalische Messgröße für die Messung und Bewertung von Vibrationen ist die von der Zeit t abhängige Schwingbeschleunigung a(t). Die Frequenzbewertung dient dazu, die auf den Menschen einwirkenden mechanischen Schwingungen entsprechend der frequenzabhängigen Beanspruchung zu gewichten und in ihrer Bandbreite zu begrenzen. Da bei Ganzkörper-Vibrationen die Frequenzbewertung und der jeweils relevante Frequenzbereich von dem Beanspruchungskriterium, von der jeweiligen Einleitungsstelle der Schwingungen und außerdem von der Richtung der Schwingungen abhängen, existieren verschiedene Frequenzbewertungskurven. Für Hand-Arm-Vibrationen wird nur eine Frequenzbewertungskurve verwendet. Sie gilt für die drei Raumrichtungen und ist unabhängig vom Beanspruchungskriterium. Frequenzbewertete Schwingbeschleunigungen werden im Fall von Ganzkörper-Vibrationen durch einen Index w in Form von aw(t) oder im Fall von Hand-Arm-Vibrationen durch einen Index hw in Form von ahw(t) gekennzeichnet.
4.4 Gleitender Effektivwert und Maximalwert des gleitenden Effektivwerts
Der gleitende Effektivwert awτ(t) der frequenzbewerteten Schwingbeschleunigung aw(t) ist zeitlich veränderlich und wird nach folgender Gleichung ermittelt:
Darin sind ξ die Integrationsvariable (die Zeit), τ die Integrationszeitkonstante für die gleitende Mittelung und t der Zeitpunkt der Beobachtung.
Bei τ = 1 s wird üblicherweise anstelle von awτ(t) das Symbol aws(t) mit S für "slow" verwendet. Bei T = 0,125 s wird üblicherweise anstelle von awτ(t) das Syrnbol awF(t) mit F für "fast" verwendet.
Im Sinne der Prävention von Gesundheitsgefährdungen infolge der Einwirkung von Ganzkörper-Vibrationen wird τ = 0,125 s und für Hand-Arm-Vibrationen τ = 1 s empfohlen.
Der Maximalwert des gleitenden Effektivwertes max{awτ(t)} ist der maximale gleitende Effektivwert und gleich dem höchsten Wert, den der gleitende Effektivwert während der Messdauer erreicht. Seine besondere Angabe ist daher nur bei der fortlaufenden Beobachtung des gleitenden Effektivwertes sinnvoll, z.B. bei wiederholt auftretenden Stößen oder zur Beobachtung von Änderungen des gleitenden Effektivwertes.
4.5 Expositionsdauer, Einwirkungsdauer
Die Expositionsdauer oder Einwirkungsdauer ist die Dauer, während der ein Kontakt zur vibrierenden Oberfläche besteht und die Schwingungen in den menschlichen Organismus eingeleitet werden.
4.6 Minimierungsgebot
Jeder Arbeitgeber hat Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach dem Stand der Technik zu treffen, damit die Gefährdung der Beschäftigten durch Vibrationen vermieden bzw. so weit wie möglich verringert wird. Dabei hilft die Durchführung eines Vibrationsminderungsprogramms.
4.7 Mittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit
Mittelbare (indirekte) Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit liegen zum Beispiel vor, wenn durch Vibrationen die Erfassung von Warnsignalen (z.B. von Anzeigeinstrumenten) gestört wird, mobile Maschinen nicht sicher bedient werden können oder wenn Vibrationen die Stabilität der Strukturen oder die Festigkeit von Verbindungen (z.B. von Gebäuden, Maschinen oder Anlagen) beeinträchtigen.
4.8 Personenbezogenes Koordinatensystem
Zur einheitlichen Festlegung der Messrichtungen dient das personenbezogene Koordinatensystem nach Abbildung 1.
Abb. 1 Koordinatensystem für Ganzkörper-Vibrationen und Hand-Arm-Vibrationen
4.9 Unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit
Bei den unmittelbaren (direkten) Auswirkungen ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen akuten und chronischen Wirkungen von Vibrationen.
4.9.1 Unmittelbare Auswirkungen infolge Ganzkörper-Vibrationen
(1) Bei der Einwirkung von Ganzkörper-Vibrationen können interindividuell große biologische Variationen vorkommen. Ganzkörper-Vibrationen können das allgemeine Wohlbefinden stören, die menschliche Leistungsfähigkeit beeinflussen oder ein Gesundheits- und Sicherheitsrisiko (s. Abbildung 2) darstellen. Niederfrequente Vibrationen mit Frequenzen unter 0,5 Hz können die Funktion des Gleichgewichtsorgans stören und zu Kinetosen (Bewegungskrankheit, Seekrankheit) führen. Weitere akute Wirkungen von Ganzkörper-Vibrationen können schmerzhafte Muskelverspannungen, Verdauungsstörungen, Störungen der peripheren Durchblutung oder Funktionsstörungen der weiblichen Fortpflanzungsorgane sein. Ausgelöst durch Vibrationen kann es zur Änderung physiologischer/biochernischer Parameter (z.B. der Pulsfrequenz, des Blutdrucks oder der Ausschüttung von Hormonen) kommen, die von den Beschäftigten individuell sehr verschieden als Unbehagen bis hin zu Schmerzen wahrgenommen werden und zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen können.
(2) Infolge langjähriger Einwirkung von Ganzkörper-Vibrationen kann es zu Rückenschmerzen, zu einem verstärkten Verschleiß der Wirbelsäule und in deren Folge auch zu neurologischen Ausfällen in den unteren Gliedmaßen (Kauda-Syndrom) kommen. Außerdem können chronische Störungen der Durchblutung der Füße durch langjährige Vibrationseinleitung über die Füße nicht ausgeschlossen werden.
Abb. 2 Belastungs-Beanspruchungs-Modell für Ganzkörper-Vibrationen
4.9.2 Unmittelbare Auswirkungen infolge Hand-ArmVibrationen
(1) Hand-Arm-Vibrationen können unterschiedliche biologische Wirkungen hervorrufen:
(2) Es ist nicht auszuschließen, dass mehrere unterschiedliche Schädigungsarten bei ein und demselben Menschen gleichzeitig auftreten.
(3) Insbesondere die Zeit- und die Frequenzstruktur der Vibrationen sowie die aufzubringenden statischen Kräfte (Haltekräfte sowie Andruck- und Greifkräfte) haben neben mitwirkenden Umgebungsfaktoren (z.B. Kälte, Lärm) Einfluss auf die Entstehung der Schädigung.
(4) Längere Einwirkungen von Hand-Arm-Vibrationen im Frequenzbereich unterhalb von 30 ... 50 Hz können krankhafte Veränderungen an den Gelenken und Knochen sowie den Sehnenscheiden des Hand-Arm-Schulter-Systems verursachen. Bei höherfrequenten Vibrationsbelastungen treten verstärkt Durchblutungsstörungen der Finger sowie neurologische und motorische Erkrankungen auf.
Abb. 3 Belastungs-Beanspruchungs-Modell für Hand-Arm-Vibrationen
4.10 Wechsel- und Kombinationswirkungen
Wechsel- und Kombinationswirkungen können die unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit verstärken. Das Zusammenwirken mehrerer gleichzeitig einwirkender Belastungen kann die Gefährdung für die Beschäftigten erhöhen.
Beispiele:
5 Literaturhinweise
[1] Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz - Gemeinsame Grundsätze zur Erstellung von Handlungshilfen - Bek. des BMA vom 1. September 1997 - Mb 1-34502 / 4 - Bundesarbeitsblatt 11/1997, 74
[2] CEN-Bericht CR 12349:1996: Mechanische Schwingungen - Leitfaden über die Wirkung von Schwingungen auf die Gesundheit des Menschen. Beuth Verlag, Berlin
[3] Handbuch Ganzkörper-Vibration: A 219, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn, Juli 2007
[4] Handbuch Hand-Arm-Vibration: A 220, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn, August 2007
[5] VDI 2057 Blatt 1:2002: Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen - Ganzkörper-Schwingungen. Verein Deutscher Ingenieure, Beuth Verlag, Berlin
[6] VDI 2057 Blatt 2: 2012: Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen - Hand-Arm-Schwingungen. Verein Deutscher Ingenieure, Beuth Verlag, Berlin
![]() | ENDE | ![]() |