Zu Anhang 9

BMU- / LAGA Hinweise und Erläuterungen zu Anhang 9 Abwasserverordnung:
- Herstellung von Beschichtungsstoffen und Lackharzen -

Stand: September 1999



1 Anwendungsbereich

1.1 Wässerige Dispersionsfarben, kunstharzgebundene Putze und wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe

Diese Anforderungen gelten für in Gewässer einzuleitendes Abwasser, dessen Schmutzfracht im wesentlichen aus der Herstellung von wässerigen Dispersionsfarben, kunstharzgebundenen Putzen und wasserverdünnbaren Beschichtungsstoffen (Anstrichstoffen) stammt.

Diese Anforderungen gelten nicht für das Einleiten von Abwasser aus der Herstellung von

In Deutschland gibt es mehr als 70 Unternehmen, die im Jahr 1992 ca. 650.000 t wässerige Dispersionsfarben (einschließlich Dispersionslackfarben) und kunstharzgebundene Putze, sowie ca. 55 Unternehmen, die im Jahr 1992 ca. 150.000 t wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe hergestellt haben. Bis auf ein Werk sind alle Indirekteinleiter.

Wässerige Dispersionsfarben, kunstharzgebundene Putze und wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe sind dadurch charakterisiert, daß ihre flüssige Phase im Anwendungszustand ganz oder weiter überwiegend aus Wasser besteht. Ein gravierender Unterschied liegt jedoch darin, daß die Filmbildner im ersteren Fall als sehr feine, aber doch ungelöste wässerige Dispersionen bzw. Emulsionen vorliegen, im anderen Fall aber echt oder kolloid in Wasser, im allgemeinen aber Wasser-Lösemittel-Gemischen gelöst sind. Dies bedingt relevante Unterschiede in der Rohstoffauswahl, der Herstellung und den Abwasserverhältnissen. Soweit notwendig, wird deshalb im folgenden in

1.2 Lackharze

Diese Anforderungen gelten für in Gewässer einzuleitendes Abwasser, dessen Schmutzfracht im wesentlichen aus der Herstellung von Lackharzen (Lackkunstharze und Filmbildner) im Rahmen der Produktion von Beschichtungsstoffen stammt.

Diese Anforderungen gelten nicht für das Einleiten von Abwasser der chemischen Industrie (Anhang 22).

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nur wenige Betriebe zur Herstellung von Beschichtungsstoffen, die einen Teil der von ihnen benötigten Lackharze selbst erzeugen (von der Statistik nicht erfaßt).

Ein Großteil der Lackharze wird von der chemischen Großindustrie hergestellt und an die Lackhersteller vertrieben.

Lackharze (auch Bindemittel genannt) sind Basismaterial einer Beschichtung mit Lacken, Dispersionsfarben, etc. Es handelt sich dabei um polymere Verbindungen, die aber in der Regel eine niedrigere Molmasse als etwa die Kunststoffe besitzen und eine meist zähflüssige bis feste Konsistenz aufweisen. Die Lackharze werden entweder in Lösemitteln (heute auch zunehmend in Wasser) gelöst oder als wässerige Dispersion gehandhabt. Für den speziellen Einsatzzweck in Pulverlacken liegen die Lackharze als Feststoff vor.

Weitere Informationen zu den verschiedenen Stoffgruppen innerhalb der Lackharze werden in Kapitel 2.1.1.1 und 2.1.1.3 jeweils in den Abschnitten "Filmbildner" gegeben.

1.3 Beschichtungsstoffe auf Lösemittelbasis (ggf. mit Nebenbetrieben)

Diese Anforderungen gelten für in Gewässer einzuleitendes Abwasser, dessen Schmutzfracht im wesentlichen aus der Herstellung von Beschichtungsstoffen (Anstrichstoffen) auf Lösemittelbasis mit ggf. vorhandenen Nebenbetrieben stammt.

Diese Anforderungen gelten nicht für das Einleiten von Abwasser aus der Herstellung von

In Deutschland gibt es mehr als 250 Unternehmen, die 1992 ca. 500.000 t Beschichtungsstoffe auf Lösemittelbasis hergestellt haben. Bis auf ein Werk sind alle Indirekteinleiter.

2 Abwasseranfall und Abwasserbehandlung

2.1 Herkunft, Menge und Beschaffenheit des Rohabwassers

2.1.1 Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren

2.1.1.1 Wässerige Dispersionsfarben, kunstharzgebundene Putze und wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe (siehe Abbildung 1)

Abbildung 1: Abwasserbezogenes Schema der Herstellung von wäßrigen Dispersionsfarben (wD), kunstharzgebundenen Putzen (kP) und wasserverdünnbaren Beschichtungsstoffen (wB).

Wässerige Dispersionsfarben und kunstharzgebundene Putze sowie wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe werden durch Mischen und Dispergieren der Ausgangsmaterialien in Misch- und Dispergierbehältern (Rührwerke, Dissolver) hergestellt. Die fertigen Produkte werden in Vorrats-, Lager- und Transportbehälter abgefüllt.

Ausgangsstoffe (Rohstoffe) sind:

Die Filmbildner sind die wesentliche Grundsubstanz sowohl der flüssigen Beschichtungsstoffe als auch der verfestigten Beschichtungen. Als Filmbildner werden in Wasser dispergierbare, feinst verteilte organische Verbindungen von mittlerer bis hoher Molmasse verwendet. Sie werden in der Regel gewonnen in der chemischen Rohstoffindustrie durch Polymerisation, Polyaddition oder Polykondensation niedermolekularer Ausgangsstoffe. Unveränderte oder modifizierte Naturstoffe (wie native pflanzliche Öle oder Naturharze) werden nur selten verwendet. Aufgrund ihres trotz Modifizierung noch immer überwiegend lipophilen Charakters sind die zur Herstellung wasserverdünnbarer Beschichtungsstoffe verwendeten Filmbildner in der Regel erst nach Zugabe von Lösevermittlern in Wasser löslich bzw. verdünnbar.

Die wichtigsten synthetischen Filmbildner, häufig in Kombinationen eingesetzt, sind:

Filmbildner gehen bei Trocknung bzw. Härtung in feste, wasserunlösliche Verbindungen über.

Pigmente und Füllstoffe sind unlösliche oder schwerlösliche Substanzen von feinpulveriger Beschaffenheit. Bei kunstharzgebundenen Putzen werden auch grobkörnige Bestandteile (Sande) eingesetzt. Pigmente und Füllstoffe verleihen den Beschichtungen und Putzen farbliches Aussehen, mechanisches Gerüst und auch Sondereigenschaften, wie erhöhten Korrosionsschutz, Flammhemmung und Rutschfestigkeit. Pigmente und Füllstoffe haben weiterhin Einfluß auf den Glanz, die Haftfestigkeit, Dehnbarkeit, Härte und Beständigkeit. Klarlacke enthalten keine Pigmente bzw. Füllstoffe.

Mehle und auch Sande von natürlichen Mineralien oder Gesteinen werden überwiegend eingesetzt, aber auch bestimmte synthetische Verbindungen.

Zu den am häufigsten verwendeten farbgebenden Pigmenten und den nicht färbenden Füllstoffen zählen:

Lackhilfsstoffe (Additive) werden meist nur in geringen Mengen (0,05 - 1%) zugefügt. Sie beeinflussen die Herstellungsweise und die Eigenschaften der flüssigen Beschichtungsstoffe wie auch die Filmbildung und das Eigenschaftsbild der getrockneten bzw. ausgehärteten Beschichtungen.

Die Lackhilfsstoffe werden nach folgenden Gruppen unterschieden:

Wasserverdünnbaren Beschichtungsstoffen werden in geringen Anteilen (bis maximal 10 %) auch organische Lösemittel als Hilfe für die Verteilung (Verdünnbarkeit bzw. Löslichkeit) der Filmbildner im Wasser zugesetzt. Die organischen Lösemittel wirken mit, die geforderten Applikationseigenschaften der Beschichtungsstoffe während des Beschichtungsvorganges zu gewährleisten. Bei den wässerigen Dispersionsfarben und den kunstharzgebundenen Putzen besteht die flüssige Phase praktisch nur aus Wasser (ggf. enthärtet oder deionisiert). Die als Verfilmungshilfen zugefügten org. Verbindungen mit Lösemittelcharakter bewegen sich hier in einem Bereich von 0 - 3 %. Es werden im wesentlichen hydrophile (wasserlösliche) Lösemittel, die einen möglichst weiten Bereich von Lösekraft und Flüchtigkeit überdecken, verwendet. Daneben können in geringem Umfang auch hydrophobe (mit Wasser nicht mischbare) Lösemittel (wie z.B. Kohlenwasserstoffe) eingesetzt werden.

Als wichtigste hydrophile Lösemittel für wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe sind zu nennen:

Lösevermittler haben bei wB die Aufgabe, den jeweiligen Filmbildner durch die Ausbildung ionischer Strukturen in eine wasserlösliche bzw. wasserdispergierbare öder wasserverdünnbare Form zu überführen. Als Polycarbonsäure vorliegende Filmbildner (mit Carboxylgruppen modifizierte Materialien) werden mit basischen, als Polyamine vorliegende (mit Aminogruppen modifizierte Materialien), mit sauren Lösevermittlern in die hydrophile Form übergeführt.

Als Lösevermittler kommen in Betracht:

Flüchtige Lösevermittler haben den Vorteil, daß sie beim Trocknen oder Erhitzen der flüssigen Beschichtungen zusammen mit Wasser und den meist nur in geringen Anteilen erforderlichen organischen Lösemitteln verdampfen. Dabei wird der Filmbildner wieder wasserunlöslich, was durch die chemische Filmvernetzungsreaktion (Härtung) unterstützt wird.

Bei den Beschichtungsstoffen auf Wasserglasbasis neutralisiert die Kohlensäure der Luft die zur Löslichmachung verwendete Lauge und verwandelt so die zunächst wasserlösliche Beschichtung zum unlöslichen Silikat-Überzug.

2.1.1.2 Lackharze (siehe Abbildungen 2 und 3)

Bei der Herstellung von Lackharzen (Lackkunstharze) wird die Reaktion niedermolekularer Ausgangsstoffe zu oligomeren und polymeren organischen Verbindungen durch Polykondensation, Polymerisation und Polyaddition genutzt. In gelöster oder dispergierter Form dienen sie dann in Beschichtungsstoffen (Anstrichstoffen) als Filmbildner.

Abbildung 2: Abwasserbezogenes Schema der Herstellung von Lackharzen

Abbildung 3: Abwasserbezogenes Schema der Nebenbetriebe zur Lackharzherstellung

Bei der Polymerisation und Polyaddition entsteht primär kein Abwasser (Produktionswasser). Abwasser kann lediglich bei der Reinigung und in geringen Mengen bei der Vakuumerzeugung anfallen.

Bei der Polykondensation, die bei hohen Temperaturen durchgeführt wird, werden Reaktionswasser und flüchtige organische Verbindungen (u. a. Alkohole und Aldehyde) abgespalten. Die organischen Spaltprodukte werden zusammen mit dem Reaktionswasser und flüchtigen Zwischenprodukten wie auch mit Anteilen der eingesetzten Ausgangsstoffe unter Vakuum meist mit Hilfe von Schlepplösemitteln (häufig Xylol) aus den Reaktionsgefäßen ausgetragen und durch Indirektkühlung gesondert aufgefangen. Das bei Anwendung von Injektionskühlverfahren (Dämpfekondensation, Durchgang durch Wasserschleier) erheblich verunreinigte Kühlwasser wird in einem gesonderten Kreislauf geführt.

Lackkunstharze werden bei öder nach der Herstellung in der Regel in konzentrierte Lösungen (ggf. auch Dispersionen) übergeführt. Als flüssige Phase werden organische Lösemittel (Kohlenwasserstoffe wie Testbenzin, Xylol, C3- und C4-Alkylbenzole, Styrol, ferner Alkohole wie Isopropanol und Butanole, mitunter auch Ether höherer Glykole), Lösemittel-Wasser-Gemische und auch Wasser (ggf. mit Zusätzen von Ammoniak, Aminen oder auch Essigsäure) eingesetzt.

2.1.1.3 Beschichtungsstoffe auf Lösemittelbasis mit Nebenbetrieben (siehe Abbildung 4)

Die Herstellung von Beschichtungsstoffen auf Lösemittelbasis entspricht dem Herstellungsverfahren für wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe (siehe Nr. 2.1.1.1).

Abbildung 4: Abwasserbezogenes Schema der Herstellung von Beschichtungsstoffen auf Lösemittelbasis

Ausgangsstoffe sind:

Die Lösemittel vereinen die Einzelkomponenten zum flüssigen Beschichtungsstoff von vorgegebener Konsistenz und geforderten Eigenschaften. Die Lösemittelphase dieser Art von Beschichtungsstoffen ist ein komplexes Gemisch flüchtiger organischer Verbindungen, das einen weiten Bereich von Lösekraft und Flüchtigkeit überdeckt.

Die Lösemittel gehören folgenden Verbindungsgruppen an:

2.1.2 Abwasseranfall und Abwasserbeschaffenheit

2.1.2.1 Wässerige Dispersionen, kunstharzgebundene Putze und wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe (siehe Abbildung 1)

Die Behälter und Hilfsgeräte, die zum Ansatz, Mischen, Dispergieren und Abfüllen verwendet wurden, werden nach dem Abschluß der Fertigung oder vor einem Produktwechsel gereinigt. Zur Reinigung wird im allgemeinen Wasser benutzt, bei wB ggf. auch Lauge und in geringem Umfang Säure. Im Jahresmittel fallen je t Produkt bis zu 0,5 m3 Abwasser an. Zusätzlich kann Abwasser bei der Reinigung von Transportbehältern anfallen. Das Abwasser aus der alkalischen Reinigung bei wB mit bis zu 50%iger heißer Natronlauge enthält neben den Ausgangsstoffen vorwiegend Verseifungs- und Zersetzungsprodukte organischer Filmbildner (wie Mono- und Polyalkohole, Salze von natürlichen oder synthetischen Fettsäuren, von Phthalsäuren, von Adipin-, Malein- und Fumarsäure neben anderen Kunstharzabbauprodukten), außerdem Pigmente und deren Umwandlungsprodukte.

Das Abwasser fällt diskontinuierlich und unterschiedlich stark verschmutzt an.

2.1.2.2 Lackharze (siehe Abbildungen 2 und 3)

Das Abwasser bei der Polykondensation zu Polyestern (u. a. Alkydharzen) stellt einen relativ kleinen Teilstrom dar.

Es fällt stöchiometrisch entsprechend dem Reaktionsverlauf, der Menge der Einsatzstoffe und deren Umsetzungsrate an. Die Belastung dieses Reaktionswassers ist außerordentlich hoch. Der CSB (meist biologisch gut abbaubar) kann bis zu 200.000 mg/l betragen. Der Überlauf aus der Kreislaufführung des Injektionskühlwassers (Dämpfekondensation) ist entsprechend der relativ großen Injektionswassermenge niedriger belastet.

Beide Abwasserarten enthalten in unterschiedlichen Konzentrationen Reste unveränderter Ausgangsstoffe, wie u. a. Polyole, Fett- und andere Monocarbonsäuren, Dicarbonsäuren (Phthal-, Isophthal-, Adipin-, Malein-, Fumarsäure) und Tricarbonsäuren sowie niedermolekulare Zwischenprodukte (Halbester von Dicarbonsäuren). Trotz Abtrennung von Leichtstoffen (Schlepplösern und anderen) enthält das Abwasser noch Anteile flüchtiger organischer Lösemittel.

Bei der in Lackfabriken weniger häufig betriebenen Synthese von Amido-, Amido- und Phenolharzen können- neben unveränderten Basismaterialien (Harnstoff, Melamin, Phenole, Formaldehyd) auch Veretherungsalkohole (Methanol bis Butanol usw.) und flüchtige Zwischenprodukte enthalten sein.

Die Anlagen (Behälter, Geräte und Vorratsbehälter) müssen regelmäßig sorgfältig gereinigt werden. Als Reinigungsmittel werden Lösemittelgemische, Laugen unterschiedlicher Konzentration und auch Wasser verwendet. Beim Einsatz von Lösemitteln kann Abwasser bei der destillativen Lösemittelaufarbeitung (Nebenbetrieb) anfallen.

Reinigungslaugen enthalten neben unveränderten Ausgangsstoffen auch deren Abbauprodukte.

Je nach Struktur der Betriebe fallen folgende Abwasserarten an:

bei der Herstellung:

in Nebenbetrieben Abwasser aus:

2.1.2.3 Beschichtungsstoffe auf Lösemittelbasis mit Nebenbetrieben (siehe Abbildungen 3 und 4)

Abwasser kann lediglich bei der Reinigung der Anlagen mit Lauge anfallen und entspricht in Menge und Zusammensetzung dem Abwasseranfall gem. Nr. 2.1.2.1.

Das zusätzlich aus Nebenbetrieben bei der destillativen Lösemittelaufarbeitung anfallende Abwasser entspricht dem unter Nr. 2.1.2.2 genannten Abwasserstrom.

2.2 Abwasservermeidungsverfahren und Abwasserbehandlungsverfahren

2.2.1 Maßnahmen zur Abwasservermeidung und Abwasserverminderung

2.2.1.1 Wässerige Dispersionen, kunstharzgebundene Putze und wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe

Durch Optimierung der Produktfolge, Kreislaufführung des Reinigungs- und Nachspülwassers sowie der Kreislaufführung der Reinigungslauge bei den wB ist eine erhebliche Verminderung des Abwasseranfalls zu erreichen.

2.2.1.2 Lackharze

Maßnahmen zur Abwasservermeidung können sein

2.2.1.3 Beschichtungsstoffe auf Lösemittelbasis mit Nebenbetrieben

Hier sind die gleichen Maßnahmen anwendbar wie unter Nr. 2.2.1.1 und 2.2.1.2.

2.2.2 Maßnahmen zur Abwasserbehandlung

Die Maßnahmen zur Abwasserbehandlung sind für die drei Anwendungsbereiche identisch.

Das aus den Reinigungsprozessen anfallende Abwasser wird gesammelt und ist einer Fällung/Flockung zu unterziehen, sofern eine bloße Schwerkraftabscheidung nicht ausreicht. Als Fällungsmittel werden z.B. Eisensalze unter Zusatz geringer Mengen von Flockungshilfsmitteln (spezielle polymere Verbindungen) verwendet. Zur Neutralisierung bzw. zur Einstellung des für das Ausfällen von Schwermetallen jeweils optimalen pH-Wertes dienen im allgemeinen Kalkmilch, ggf. auch Natronlauge. Bei der Fällung/Flockung fallen die dispergierten Kunstharze samt den Pigmenten und Füllstoffen durch Brechung des Kolloidzustandes aus. Die anfallende Schlammenge wird im wesentlichen durch den auszufällenden Lackschlamm vorgegeben und nicht durch die zugesetzten Fällungschemikalien. Abschließend ist das durch Flockung vorbehandelte Abwasser zusammen mit anderem Abwasser, das keiner besonderen Vorbehandlung bedarf, einer biologischen Reinigung zuzuführen. Hochbelastete Teilströme mit einem CSB-Gehalt von mehr als 50 g/l, der biologisch nicht auf 500 mg/l verringert werden kann, werden abgetrennt und gesondert behandelt.

Sofern an einem Produktionsstandort noch andere Produkte hergestellt werden, kann eine gemeinsame Abwasservorbehandlung vorteilhaft sein. Dadurch können der Bedarf an Flockungs- und Neutralisationsmitteln und so auch Schlammanfall und Salzfracht verringert werden.

2.3 Abfallbehandlung und Abfallverwertung

Der bei der Abwasserbehandlung anfallende Schlamm ist, sofern er sich nicht verwerten läßt, nach den abfallrechtlichen Vorschriften zu entsorgen.

3 Auswahl der Parameter, für die Anforderungen zu stellen sind

3.1 Hinweise für die Auswahl der Parameter

Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) ist ein Maß für die chemisch oxidierbaren Inhaltsstoffe. Der CSB wurde aufgenommen, weil er als Summenparameter die Beurteilung der Eliminationsleistung der Abwasserbehandlungsanlage ermöglicht. Mit dem CSB wurden auch die schwer abbaubaren org. Stoffe erfaßt. Er ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.

Mit dem biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB5) werden die im Abwasser vorhandenen biologisch abbaubaren, organischen Inhaltsstoffe erfaßt. Der BSB5 wurde aufgenommen, weil er ein geeigneter Summenparameter zur Beurteilung der biologischen Reinigungsleistung ist. Er ist ein Maß für die durch die Einleitung zu erwartende Sauerstoffzehrung im Gewässer.

Die Fischgiftigkeit des Abwassers nach der biologischen Behandlung ist ein Maß für die aquatische Rest-Toxität des geklärten Abwassers. Sie geht außerdem in die Berechnung der Abwasserabgabe ein. Der Wert von GF = 2 entspricht dem Schwellenwert des Abwasserabgaben-Gesetzes.

Barium, Blei, Cadmium, Chrom, Kobalt, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn gelangen als Pigmente und Füllstoffe sowie als Abtragungen von Behälterwerkstoffen bei der Reinigung in das Rohabwasser und müssen in einer Abwasserbehandlungsanlage vermindert werden. Adsorbierbare organische Halogenverbindungen (AOX) stellen die Summe der verschiedensten halogenorganischen Abwasserinhaltsstoffe dar. Diese können u. a. aus dem Einsatz halogenhaltiger Rohstoffe (z.B. Pigmente) oder von halogenierten Lösemitteln stammen. Der AOX ist ein für die Abwasserabgabe maßgebender Parameter.

Leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW) sind als Summe der Lösemittel Trichlorethen ("Tri"), Tetrachlorethen ("Per"), 1,1,1-Trichlorethen und Dichlormethan zu verstehen. Sie sind heute im allgemeinen nicht mehr in Gebrauch (Punkt 2.5 Anhang 9). Sollten sie in speziellen Fällen dennoch eingesetzt werden, ist der Überwachungswert wegen der teilweisen Persistenz dieser Verbindungen in der Umwelt auf das genannte niedrige Niveau festzusetzen.

3.2 Hinweise für die Auswahl von Parametern, die gegebenenfalls im Einzelfall zusätzlich begrenzt werden sollen

Aufgrund örtlicher Gegebenheiten kann es erforderlich sein, weitere Parameter zu begrenzen. Folgende Parameter kommen dabei in Frage:

4 Anforderungen an die Abwassereinleitungen

4.1 Anforderungen nach § 7a WHG siehe Anhang 9 zur Abwasserverordnung.

4.2 Weitergehende Anforderungen entfällt

4.3 Alternative anlagenbezogene Anforderungen und Überwachungsvorgaben

entfällt

4.4 Berücksichtigung internationaler und supranationaler Regelungen

entfällt

5 Übergangsregelungen und -fristen (§ 7a Abs. 3 WHG)

Soweit die Anforderungen noch nicht eingehalten werden, erscheint unter Berücksichtigung der Planung und Ausführung ein Zeitraum von 5 Jahren angemessen.

6 Hinweise zur Fortschreibung

Soweit Fungizide und Algizide Verwendung finden müssen, besteht hinsichtlich ihrer Art und der Minimierung ihres Einsatzes noch Forschungsbedarf.

7 Literatur

K. Dören, W. Freitag und D. Stoye:
Wasserlacke: Umweltschonende Alternative für Beschichtungen
Verlag TÜV Rheinland, Köln 1992

anonym:
Reinigung schwermetallhaltiger Farbabwässer Oberfläche + JOT, Heft 2 (1991), S. 42 - 44

G. Hupfer:
Grundlagen für die Behandlung von Abwasser Farbe und Lack 99 (2), S. 121-122 (1993)

ATV-Hinweis ATV-H 757
Abwasser der Mineralfarbenindustrie Ausgabe 1/93

8 Erarbeitung der Grundlagen

Anhang 9 wurde in einem Gesprächskreis von Behörden- und Industrievertretern unter Leitung von Dr. Kröber (Hessische Landesanstalt für Umwelt) erarbeitet.