A. Problem und Ziel
- Staaten und Gebiete, die keine oder nur sehr niedrige Steuern erheben und deren Steuerbehörden keinen Zugang zu Bankinformationen oder zu Informationen über die Eigentumsverhältnisse an Rechtsträgern haben und die auch nicht bereit sind, solche Informationen ausländischen Steuerbehörden auf Ersuchen zu überlassen, bieten Rahmenbedingungen, die es Nichtansässigen erlauben, diese Staaten und Gebiete für Steuerhinterziehungszwecke einzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist die Initiative der OECD zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs entstanden, die zur Entwicklung der OECD-Grundsätze zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch geführt hat und um deren internationale Durchsetzung sich die OECD bemüht.
- Die Regierung von Jersey hat die Grundsätze der OECD akzeptiert und sich gleichzeitig bereit erklärt, sie in Abkommen mit OECD-Mitgliedstaaten umzusetzen.
B. Lösung
- Das Abkommen mit Jersey ist das erste Abkommen über Auskunftsaustausch für Besteuerungszwecke, das die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Initiative der OECD mit einem Gebiet abgeschlossen hat. Das Abkommen verpflichtet Jersey, den deutschen Steuerbehörden alle für die Besteuerung erforderlichen Auskünfte auf Ersuchen zu erteilen. Das Abkommen entspricht dem OECD-Standard.
- Es enthält alle Kernelemente des OECD-Musterabkommens für den Auskunftsaustausch (2002) und ebenso des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (2005).
- Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz soll das Abkommen die für die Ratifikation erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erlangen.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
E. Sonstige Kosten
F. Bürokratiekosten
- Das Abkommen regelt den Auskunftsaustausch in Steuersachen im Verhältnis zu Jersey. Insoweit werden durch das Abkommen Informationspflichten insbesondere für die Verwaltung neu eingeführt.
- Es werden Informationspflichten für
- a) Unternehmen eingeführt:
- Anzahl: 1 betroffene Unternehmen: verbundene Unternehmen im Geltungsbereich des Abkommens
- Häufigkeit/Periodizität: Einzelfälle erwartete Nettobelastung: marginal
- b) Bürgerinnen und Bürger eingeführt:
- Anzahl: 1
- Häufigkeit/Periodizität: Einzelfälle
- c) die Verwaltung eingeführt:
- Anzahl: 15
- erwartete Nettobelastung: allenfalls gering wegen vermutlich sehr geringer Fallzahl
- Für den Bereich der Bürgerinnen und Bürger werden lediglich die Informationspflichten, aber keine daraus resultierenden Be-/Entlastungen ausgewiesen.
- Im Einzelnen:
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 2. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 13.02.09
Entwurf
Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
- Dem in Berlin am 4. Juli 2008 unterzeichneten Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen wird zugestimmt. Das Abkommen wird nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Abkommen nach seinem Artikel 12 Absatz 1 in Kraft tritt ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Abkommen findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Die Zustimmung des Bundesrates ist nach Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes erforderlich da das Aufkommen aus den von dem Abkommen betroffenen Steuern gemäß Artikel 106 des Grundgesetzes ganz oder zum Teil den Ländern oder den Gemeinden zusteht.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Abkommen nach seinem Artikel 12 Absatz 1 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind von dem Gesetz nicht zu erwarten.
Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung von Jersey, im Folgenden die "Vertragsparteien" - in Anerkennung der Tatsache, dass die bereits bestehenden Rechtsvorschriften die Zusammenarbeit und den Austausch von Auskünften in Steuerstrafsachen vorsehen, angesichts der seit langem stattfindenden aktiven Beteiligung der Vertragsparteien an internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Finanzkriminalität und anderer Straftaten, einschließlich der Verfolgung der Finanzierung des Terrorismus, in Anerkennung dessen, dass die Regierung von Jersey im Rahmen ihrer Ermächtigung durch das Vereinigte Königreich das Recht hat, mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen auszuhandeln zu schließen, durchzuführen und, vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abkommens, zu kündigen, in dem Wunsch, die Bedingungen des Auskunftsaustauschs in allen Steuersachen zu erweitern und zu erleichtern, in der Erkenntnis, dass das folgende Abkommen nur Verpflichtungen für die Vertragsparteien enthält - sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Gegenstand und Geltungsbereich des Abkommens
- Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien leisten einander Unterstützung durch Austausch von Auskünften, die für die Durchführung des jeweiligen Rechts der Vertragsparteien betreffend die unter dieses Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind, einschließlich Auskünften, die für die Ermittlung, Veranlagung und Erhebung dieser Steuern, für die Vollstreckung von Steuerforderungen oder für Ermittlungen in beziehungsweise die Verfolgung von Steuerstrafsachen voraussichtlich erheblich sind. Die persönlichen Rechte und Sicherheiten, welche die Gesetze oder die Verwaltungspraxis der ersuchten Vertragspartei gewähren, bleiben anwendbar.
Artikel 2
Zuständigkeit
- Die ersuchte Vertragspartei ist nicht zur Erteilung von Auskünften verpflichtet die ihren Behörden nicht vorliegen und sich auch nicht im Besitz oder in der Verfügungsmacht von Personen in ihrem Hoheitsbereich befinden.
Artikel 3
Unter das Abkommen fallende Steuern
Artikel 4
Begriffsbestimmungen
- (1) Für die Zwecke dieses Abkommens, soweit nichts anderes bestimmt ist,
- a) bedeutet der Ausdruck "Bundesrepublik Deutschland", im geographischen Sinn verwendet, das Gebiet, in dem das Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland gilt;
- b) bedeutet der Ausdruck "Jersey", im geographischen Sinn verwendet die Vogtei Jersey (Bailiwick of Jersey), einschließlich ihres Küstenmeers;
- c) bedeutet der Ausdruck "zuständige Behörde"
- i) in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesministerium der Finanzen oder die Behörde, an die es seine Befugnis delegiert hat; in Steuerstrafsachen ist dies das Bundesministerium der Justiz oder die Behörde, an die es seine Befugnis delegiert hat;
- ii) in Jersey den Finanzminister (Treasury and Resources Minister) oder seinen bevollmächtigten Vertreter;
- d) umfasst der Ausdruck "Person" natürliche Personen, Gesellschaften und alle anderen Personenvereinigungen;
- e) bedeutet der Ausdruck "Gesellschaft" eine juristische Person oder einen Rechtsträger, der für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt wird;
- f) bedeutet der Ausdruck "börsennotierte Gesellschaft" eine Gesellschaft, deren Hauptaktiengattung an einer anerkannten Börse notiert ist und deren notierte Aktien von jedermann ohne weiteres erworben oder veräußert werden können. Aktien können "von jedermann" erworben oder veräußert werden wenn der Erwerb oder die Veräußerung von Aktien weder implizit noch explizit auf eine begrenzte Investorengruppe beschränkt ist;
- g) bedeutet der Ausdruck "Hauptaktiengattung" die Aktiengattung beziehungsweise die Aktiengattungen, die eine Mehrheit der Stimmrechtsanteile und des Wertes der Gesellschaft darstellen
- h) bedeutet der Ausdruck "anerkannte Börse" eine Börse, auf die sich die zuständigen Behörden der Vertragsparteien verständigen;
- i) bedeutet der Ausdruck "Investmentfonds oder Investmentsystem für gemeinsame Anlagen" eine Investitionsform für gemeinsame Anlagen, ungeachtet der Rechtsform. Der Ausdruck "öffentlicher Investmentfonds oder öffentliches Investmentsystem für gemeinsame Anlagen" bedeutet einen Investmentfonds oder ein Investmentsystem für gemeinsame Anlagen, bei dem die Fondsanteile, Gesellschaftsanteile oder sonstigen Anteile am Fonds oder System ohne weiteres von jedermann erworben, veräußert oder zurückgekauft werden können. Fondsanteile, Gesellschaftsanteile oder sonstige Anteile am Fonds oder System können ohne weiteres "von jedermann" erworben, veräußert oder zurückgekauft werden, wenn der Erwerb, die Veräußerung oder der Rückkauf weder implizit noch explizit auf eine begrenzte Anlegergruppe beschränkt ist;
- j) bedeutet der Ausdruck "Steuer" eine Steuer, für die das Abkommen gilt;
- k) bedeutet der Ausdruck "ersuchende Vertragspartei" die um Auskünfte ersuchende Vertragspartei;
- l) bedeutet der Ausdruck "ersuchte Vertragspartei" die Vertragspartei, die um Erteilung von Auskünften ersucht wird;
- m) bedeutet der Ausdruck "Maßnahmen zur Beschaffung von Auskünften" die Gesetze und Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die eine Vertragspartei zur Beschaffung und Erteilung der erbetenen Auskünfte befähigen;
- n) bedeutet der Ausdruck "Auskunft" beziehungsweise "Informationen" Tatsachen, Erklärungen, Unterlagen oder Aufzeichnungen jeder Art;
- o) bedeutet der Ausdruck "Steuersachen" alle Steuersachen einschließlich Steuerstrafsachen;
- p) bedeutet der Ausdruck "Steuerstrafsachen" Steuersachen im Zusammenhang mit vorsätzlichem Verhalten vor oder nach Inkrafttreten dieses Abkommens, das nach dem Strafrecht der ersuchenden Vertragspartei strafbewehrt ist;
- q) bedeutet der Ausdruck "Strafrecht" sämtliche nach dem jeweiligen Recht der Vertragsparteien als solche bezeichneten strafrechtlichen Bestimmungen, unabhängig davon, ob sie im Steuerrecht, im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen enthalten sind.
- (2) Jeder in diesem Abkommen nicht näher definierte Ausdruck hat sofern der Zusammenhang nichts anderes erfordert, die Bedeutung, die ihm zu dem Zeitpunkt zukam, zu dem das Ersuchen nach dem Recht dieser Vertragspartei gestellt wurde, wobei die Bedeutung nach dem anzuwendenden Steuerrecht dieser Vertragspartei Vorrang vor einer Bedeutung hat, die dem Ausdruck nach anderem Recht dieser Vertragspartei zukommt.
Artikel 5
Auskunftsaustausch auf Ersuchen
- (1) Auf Ersuchen der ersuchenden Vertragspartei erteilt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei Auskünfte für die in Artikel 1 genannten Zwecke. Diese Auskünfte werden ohne Rücksicht darauf erteilt, ob die ersuchte Vertragspartei diese Auskünfte für eigene steuerliche Zwecke benötigt oder ob das Verhalten, das Gegenstand der Ermittlungen ist, nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei eine Straftat darstellen würde wäre es im Gebiet der ersuchten Vertragspartei erfolgt.
Die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei stellt nur dann ein Auskunftsersuchen nach diesem Artikel, wenn sie die erbetenen Auskünfte nicht durch andere Maßnahmen in ihrem eigenen Gebiet erlangen konnte; ausgenommen sind Fälle, in denen der Rückgriff auf derartige Maßnahmen unverhältnismäßig große Schwierigkeiten mit sich bringen würde.
- (2) Reichen die der zuständigen Behörde der ersuchten Vertragspartei vorliegenden Informationen nicht aus, um dem Auskunftsersuchen entsprechen zu können, so ergreift diese Vertragspartei nach eigenem Ermessen alle geeigneten Maßnahmen zur Beschaffung von Informationen, die erforderlich sind, um der ersuchenden Vertragspartei die erbetenen Auskünfte zu erteilen auch wenn die ersuchte Vertragspartei diese Auskünfte zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht für eigene steuerliche Zwecke benötigt.
- (3) Auf ausdrückliches Ersuchen der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei erteilt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei in dem nach ihrem Recht zulässigen Umfang Auskünfte nach diesem Artikel in Form von Zeugenaussagen und beglaubigten Kopien von Originaldokumenten.
- (4) Beide Vertragsparteien gewährleisten, dass ihre zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit diesem Abkommen die Befugnis haben, folgende Auskünfte auf Ersuchen einzuholen beziehungsweise zu erteilen:
- a) Auskünfte von Banken, anderen Finanzinstituten oder Personen, einschließlich Bevollmächtigten und Treuhändern, die als Vertreter oder Treuhänder handeln;
- b)
- i) Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften, Gemeinschaften und anderen Personen, einschließlich - bei Investmentfonds oder Investmentsystemen für gemeinsame Anlagen - Auskünfte über Gesellschaftsanteile, Fondsanteile und sonstige Anteile;
- ii) bei Trusts Auskünfte über Treugeber, Treuhänder, Protektoren und Treuhandbegünstigte; bei Stiftungen Auskünfte über Gründer und Mitglieder des Stiftungsrats sowie über Begünstigte; dies gilt unter der Voraussetzung, dass durch dieses Abkommen keine Verpflichtung der Vertragsparteien geschaffen wird Auskünfte über Eigentumsverhältnisse einzuholen beziehungsweise zu erteilen, die börsennotierte Gesellschaften oder öffentliche Investmentfonds beziehungsweise öffentliche Investmentsysteme für gemeinsame Anlagen betreffen es sei denn, diese Auskünfte können ohne unverhältnismäßig große Schwierigkeiten eingeholt werden.
- (5) Jedes Auskunftsersuchen ist möglichst detailliert abzufassen und muss die folgenden schriftlichen Angaben enthalten:
- a) die Bezeichnung der Person, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt
- b) den Zeitraum, für den die Auskünfte erbeten werden;
- c) die Art der erbetenen Auskünfte und die Form, in der die Auskünfte der ersuchenden Vertragspartei vorzugsweise zur Verfügung zu stellen sind;
- d) den steuerlichen Zweck, für den um die Auskünfte ersucht wird
- e) die Gründe für die Annahme, dass die erbetenen Auskünfte für die Durchführung des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei in Bezug auf die unter Buchstabe a bezeichnete Person voraussichtlich erheblich sind;
- f) die Gründe für die Annahme, dass die erbetenen Auskünfte der ersuchten Vertragspartei vorliegen oder sich im Besitz oder in der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsbereich der ersuchten Vertragspartei befinden;
- g) den Namen und die Anschrift von Personen, soweit bekannt in deren Besitz sich die erbetenen Auskünfte vermutlich befinden
- h) eine Erklärung, dass das Ersuchen dem Recht und der Verwaltungspraxis der ersuchenden Vertragspartei entspricht und dass die Auskünfte von der ersuchenden Vertragspartei nach ihrem Recht oder im Rahmen der üblichen Verwaltungspraxis eingeholt werden könnten, würde die ersuchte Vertragspartei unter gleichen Umständen ein rechtsgültiges Ersuchen nach diesem Abkommen stellen;
- i) eine Erklärung, dass die ersuchende Vertragspartei alle ihr in ihrem eigenen Gebiet zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Einholung der Auskünfte ausgeschöpft hat, ausgenommen solche die unverhältnismäßig große Schwierigkeiten mit sich bringen würden.
- (6) Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei bestätigt der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei den Eingang des Ersuchens; sie bemüht sich nach besten Kräften, die erbetenen Auskünfte der ersuchenden Vertragspartei innerhalb der kürzesten vertretbaren Frist zu übermitteln.
Artikel 6
Steuerprüfungen im Ausland
- (1) Die ersuchende Vertragspartei kann bei angemessener Vorankündigung darum ersuchen, dass die ersuchte Vertragspartei, soweit dies nach deren Recht zulässig ist, Vertretern der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei die Einreise in das Gebiet der ersuchten Vertragspartei zur Befragung natürlicher Personen und Prüfung von Unterlagen gestattet, soweit die betreffenden natürlichen oder anderen Personen dem im Voraus schriftlich zugestimmt haben. Die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei unterrichtet die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei über Zeitpunkt und Ort des geplanten Treffens mit den betreffenden natürlichen Personen.
- (2) Auf Ersuchen der zuständigen Behörde einer Vertragspartei kann die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei gestatten dass Vertreter der zuständigen Behörde der erstgenannten Vertragspartei während des relevanten Teils einer Steuerprüfung im Gebiet der letztgenannten Vertragspartei anwesend sind.
- (3) Ist dem in Absatz 2 bezeichneten Ersuchen stattgegeben worden so unterrichtet die zuständige Behörde der die Prüfung durchführenden Vertragspartei so bald wie möglich die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei über Zeitpunkt und Ort der Prüfung, die mit der Durchführung der Prüfung beauftragte Behörde oder den damit beauftragten Bediensteten sowie über die von der erstgenannten Vertragspartei für die Durchführung der Prüfung vorgeschriebenen Verfahren und Bedingungen. Alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Steuerprüfung trifft die die Prüfung durchführende Vertragspartei.
Artikel 7
Möglichkeit der Ablehnung eines Ersuchens
- (1) Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei kann die Unterstützung ablehnen, wenn
- a) das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gestellt wurde;
- b) die ersuchende Vertragspartei nicht alle ihr in ihrem eigenen Gebiet zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Einholung der Auskünfte ausgeschöpft hat; ausgenommen sind Fälle, in denen der Rückgriff auf derartige Maßnahmen unverhältnismäßig große Schwierigkeiten mit sich bringen würde; oder
- c) die Erteilung der erbetenen Auskünfte der öffentlichen Ordnung (ordre public) der ersuchten Vertragspartei widerspräche.
- (2) Dieses Abkommen verpflichtet die ersuchte Vertragspartei nicht
- a) zur Übermittlung von Angaben, die einem Aussageverweigerungsrecht unterliegen oder zur Preisgabe eines Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens, mit der Maßgabe, dass die in Artikel 5 Absatz 4 bezeichneten Auskünfte nicht allein schon deshalb als ein solches Geheimnis oder Geschäftsverfahren gelten oder
- b) zur Durchführung von Verwaltungsmaßnahmen, die von ihren Gesetzen und ihrer Verwaltungspraxis abweichen, soweit die Verpflichtungen einer Vertragspartei nach Artikel 5 Absatz 4 durch diesen Buchstaben nicht berührt werden.
- (3) Auskunftsersuchen dürfen nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die dem Ersuchen zugrunde liegende Steuerforderung sei strittig.
- (4) Die ersuchte Vertragspartei ist nicht zur Einholung und Erteilung von Auskünften verpflichtet, welche die ersuchende Vertragspartei nach ihrem Recht oder im Rahmen der üblichen Verwaltungspraxis nicht einholen könnte, würde die ersuchte Vertragspartei unter gleichen Umständen ein rechtsgültiges Ersuchen nach diesem Abkommen stellen.
- (5) Die ersuchte Vertragspartei kann ein Auskunftsersuchen ablehnen wenn die Auskünfte von der ersuchenden Vertragspartei zur Durchführung von Bestimmungen des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei oder damit zusammenhängender Anforderungen erbeten werden, die einen Bürger der ersuchten Vertragspartei gegenüber einem Bürger der ersuchenden Vertragspartei unter den gleichen Umständen benachteiligen.
Artikel 8
Vertraulichkeit
- (1) Die von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien erteilten und empfangenen Auskünfte sind vertraulich zu behandeln.
- (2) Diese Auskünfte dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit den in Artikel 1 bezeichneten Aufgaben befasst sind, und von diesen Personen oder Behörden nur für die in Artikel 1 bezeichneten Zwecke verwendet werden; hierzu gehört die Entscheidung über Rechtsbehelfe. Für diese Zwecke dürfen die Auskünfte in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen gelegt werden.
- (3) Diese Auskünfte dürfen ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der zuständigen Behörde der ersuchten Vertragspartei nicht für andere als die in Artikel 1 bezeichneten Zwecke verwendet werden.
- (4) Die nach diesem Abkommen der ersuchenden Vertragspartei erteilten Auskünfte dürfen keinem anderen Hoheitsbereich bekannt gegeben werden.
- (5) Personenbezogene Daten dürfen übermittelt werden, soweit dies zur Durchführung dieses Abkommens erforderlich ist und vorbehaltlich des Rechts der übermittelnden Vertragspartei.
Artikel 9
Kosten
- Die ersuchende Vertragspartei erstattet der ersuchten Vertragspartei alle unmittelbaren Kosten, die im Rahmen der Erteilung von Auskünften nach diesem Abkommen entstehen. Die betreffenden zuständigen Behörden konsultieren einander von Zeit zu Zeit im Hinblick auf diesen Artikel; insbesondere konsultiert die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei in der Frage, ob bei der Auskunftserteilung auf ein bestimmtes Ersuchen mit beträchtlichen Kosten zu rechnen ist.
Artikel 10
Verständigungsverfahren
- (1) Bei Schwierigkeiten oder Zweifeln zwischen den Vertragsparteien bezüglich der Durchführung oder Auslegung des Abkommens bemühen sich die zuständigen Behörden, die Angelegenheit in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
- (2) Über die in Absatz 1 bezeichneten Vereinbarungen hinaus können sich die zuständigen Behörden der Vertragsparteien auf die nach den Artikeln 5, 6 und 9 anzuwendenden Verfahren verständigen.
- (3) Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können zur Herbeiführung einer Einigung nach diesem Artikel unmittelbar miteinander verkehren.
- (4) Die Vertragsparteien verständigen sich bei Bedarf auf Verfahren zur Streitbeilegung.
Artikel 11
Protokoll
- Das anliegende Protokoll ist Bestandteil dieses Abkommens.
Artikel 12
Inkrafttreten
- (1) Dieses Abkommen tritt einen Monat nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander notifiziert haben, dass ihre jeweiligen Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Abkommens erfüllt sind. Maßgebend ist der Tag des Eingangs der letzten Notifikation.
- (2) Dieses Abkommen ist nach seinem Inkrafttreten anzuwenden
- a) auf Steuerstrafsachen und
- b) auf alle anderen unter Artikel 1 fallenden Angelegenheiten, jedoch nur in Bezug auf die am oder nach dem Tag des Inkrafttretens beginnenden Veranlagungszeiträume oder, soweit es keinen Veranlagungszeitraum gibt, bei allen am oder nach dem genannten Tag entstehenden Steuern.
Artikel 13
Kündigung
- (1) Jede Vertragspartei kann das Abkommen durch ein Kündigungsschreiben an die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei kündigen.
- (2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Kündigungsanzeige bei der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei folgt.
- (3) Wird das Abkommen gekündigt, so bleiben die Vertragsparteien in Bezug auf die nach dem Abkommen erhaltenen Auskünfte an Artikel 8 gebunden.
Geschehen zu Berlin am 4. Juli 2008 in zwei Urschriften, jede in deutscher und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
Heinrich Tiemann
Nicolette Kressl
Für die Regierung von Jersey
Frank Walker
Protokoll zum Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung von Jersey haben anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen den beiden Regierungen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen nachstehende Bestimmungen vereinbart die Bestandteil des Abkommens sind:
- 1. Das in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a genannte Aussageverweigerungsrecht ist so auszulegen, als schließe es auch ein durch die Gerichte aufgrund ständiger Rechtsprechung festgestelltes Aussageverweigerungsrecht ein.
- 2. In Bezug auf Artikel 8 Absatz 5 gewährleisten die Vertragsparteien den Schutz personenbezogener Daten in einem Umfang, welcher der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr entspricht.
Darüber hinaus gilt Folgendes:
- a) Die Verwendung der Daten durch die empfangende Stelle ist nur zu dem angegebenen Zweck und nur zu den durch die übermittelnde Stelle vorgeschriebenen Bedingungen zulässig vorbehaltlich der nach Artikel 8 Absatz 3 erforderlichen schriftlichen Zustimmung ist die Verwendung darüber hinaus zulässig zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zum Zwecke der Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit;
- b) die empfangende Stelle unterrichtet die übermittelnde Stelle auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse;
- c) personenbezogene Daten dürfen nur an die zuständigen Stellen übermittelt werden. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle erfolgen;
- d) die übermittelnde Stelle ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem Recht der übermittelnden Vertragspartei geltenden Datenübermittlungsverbote zu beachten.
Erweist sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt worden sind, so ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen.
Diese ist verpflichtet, die Berichtigung oder Löschung solcher Daten unverzüglich vorzunehmen;
- e) dem Betroffenen ist auf Antrag über die zu seiner Person übermittelten Daten sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Erteilung dieser Auskunft besteht nicht, soweit eine Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse, sie nicht zu erteilen, das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung überwiegt. Im Übrigen richtet sich das Recht des Betroffenen, über die zu seiner Person vorhandenen Daten Auskunft zu erhalten, nach dem Recht der Vertragspartei, in deren Gebiet die Auskunft erbeten wird;
- f) wird eine Person im Zusammenhang mit der Übermittlung von Daten im Rahmen dieses Abkommens rechtswidrig geschädigt so haftet ihr hierfür die empfangende Stelle nach Maßgabe des für sie geltenden Rechts. Sie kann sich im Verhältnis zu der geschädigten Person zu ihrer Verteidigung nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verursacht worden ist. Die empfangende Stelle hält die übermittelnde Stelle schadlos für Schäden, die von der empfangenden Stelle verursacht werden;
- g) soweit das für die übermittelnde Stelle geltende Recht in Bezug auf die übermittelten personenbezogenen Daten besondere Löschungsfristen vorsieht, weist diese Stelle die empfangende Stelle darauf hin. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten personenbezogenen Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt wurden, nicht mehr erforderlich sind;
- h) die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen;
- i) Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
- 3. In Artikel 9 ist der Ausdruck "unmittelbare" Kosten wie folgt auszulegen:
- a) Zu den "unmittelbaren Kosten" zählen unter anderem folgende Kosten:
- i) angemessene Kosten für die Reproduktion und die Übermittlung von Unterlagen oder Aufzeichnungen an die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei;
- ii) angemessene Gebühren, die ein Finanzinstitut oder eine Aufbewahrungsstelle für das Kopieren von Unterlagen und die mit einem bestimmten Auskunftsersuchen verbundene Recherche erhebt;
- iii) angemessene Kosten für stenografische Niederschriften und Befragungen, eidliche mündliche Zeugenaussagen oder Zeugenaussagen vor Gericht;
- iv) angemessene, in Übereinstimmung mit den nach anzuwendendem Recht zulässigen Sätzen festgesetzte Kosten und Aufwendungen von Personen, die freiwillig in der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise Jersey zur Befragung, eidlichen mündlichen Zeugenaussage oder Zeugenaussage vor Gericht im Zusammenhang mit einem bestimmten Auskunftsersuchen erscheinen;
- v) angemessene Anwaltskosten für nicht staatlich bestellten Rechtsbeistand, der mit Zustimmung der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei zur Prozessführung vor den Gerichten der ersuchten Vertragspartei im Zusammenhang mit einem bestimmten Auskunftsersuchen bestellt oder verpflichtet wird.
- b) Zu den "unmittelbaren Kosten" zählen nicht die regulären Verwaltungs- und Gemeinkosten, die der ersuchten Vertragspartei bei der Prüfung und Beantwortung von Auskunftsersuchen der ersuchenden Vertragspartei entstehen.
- c) Sind bei einem bestimmten Ersuchen unmittelbare Kosten oberhalb eines Betrags von 500,- Euro oder des entsprechenden Betrags in Pfund Sterling zu erwarten, so tritt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei mit der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei in Kontakt, um zu klären, ob die ersuchende Vertragspartei das Ersuchen weiterverfolgen und die Kosten tragen möchte.
- d) Die zuständigen Behörden konsultieren einander spätestens zwölf Monate nach dem Inkrafttreten des Abkommens und danach auf Ersuchen einer der beiden zuständigen Behörden hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Abkommen tatsächlich entstandenen oder möglicherweise entstehenden Kosten sowie mit dem Ziel, diese Kosten auf ein Mindestmaß zu begrenzen.
- 4. Förmliche Mitteilungen zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien einschließlich der Ersuchen um Auskunft im Zusammenhang oder in Übereinstimmung mit dem geschlossenen Abkommen, sind schriftlich und auf direktem Wege an die nachfolgend angegebenen Adressen oder eine andere Adresse, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei gegebenenfalls mitgeteilt hat, zu richten.
Alle einem Auskunftsersuchen folgenden Mitteilungen werden je nach Praktikabilität in schriftlicher Form oder durch unmittelbare Kontaktaufnahme an die jeweils zuständige Behörde oder ihren bevollmächtigten Vertreter gerichtet.
Zuständige Behörde für die Bundesrepublik Deutschland: | Zuständige Behörde für Jersey: |
Bundeszentralamt für Steuern 53221 Bonn | The Minister for Treasury and Resources PO Box 353 Cyril Le Marquand House The Parade St Helier JE4 8UL |
in Bezug auf Steuerstrafsachen: | in Bezug auf Steuerstrafsachen: |
Bundesamt für Justiz 53094 Bonn. | die vorgenannte Behörde. |
Denkschrift zum Abkommen
I. Allgemeines
1. Ziele und Bedeutung des Abkommens
Im Mai 1998 veröffentlichte die OECD einen Bericht unter dem Titel "Harmful Tax Competition - An Emerging Global Issue". Der Bericht befasst sich insbesondere mit dem speziellen Umfeld, das sich in einer Reihe von Staaten und Gebieten entwickelt hat, welches es Bürgern anderer Staaten ermöglicht, ohne besonderes Risiko der Besteuerung in ihrem Heimatstaat zu entgehen. Dazu gehören der mangelnde Zugang zu Informationen, die für die Besteuerung relevant sind, oder die Weigerung, solche Informationen ausländischen Steuerbehörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen.
Schon mit der Annahme des Berichts hat der Rat der OECD den Steuerausschuss angewiesen, Maßnahmen zu ergreifen, um den schädlichen Steuerwettbewerb einzudämmen.
Dazu gehörte die Erstellung einer Steueroasenliste.
Auf dieser Liste war auch das britische Krongebiet Jersey verzeichnet. In einer politischen Erklärung vom 22. Februar 2002 hat sich Jersey gegenüber der OECD zur Akzeptanz der von der OECD entwickelten Grundsätze zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch, wie sie in einem Musterabkommen der OECD aus dem Jahr 2002 niedergelegt sind, verpflichtet.
Gleichzeitig hat Jersey seine Bereitschaft erklärt, die Grundsätze im Rahmen bilateraler Abkommen mit OECD-Mitgliedstaaten zu implementieren. Mit der Unterschrift unter das vorliegende Abkommen kommt die Regierung von Jersey ihrer Zusage nach. Sie unterstreicht damit ihre Verpflichtung, die internationalen Standards in Bezug auf Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Finanzregulierung umzusetzen und an internationalen Anstrengungen zur Bekämpfung von Finanz- und sonstiger Kriminalität, einschließlich Steuerstraftaten, mitzuwirken.
Für Deutschland ist es das erste Abkommen über Auskunftsaustausch für Besteuerungszwecke, das mit einem Gebiet abgeschlossen wird, das nach OECD-Kriterien schädlichen Steuerwettbewerb betrieb. Das Abkommen ist ein wichtiger Schritt bei den weltweiten Bemühungen um ein internationales Finanzsystem, das nicht durch mangelnde Transparenz und fehlenden wirksamen Auskunftsaustausch in Steuersachen verzerrt wird.
2. Die Gliederung des Abkommens
Inhalt, Aufbau und textliche Ausgestaltung des Abkommens entsprechen weitgehend dem OECD-Musterabkommen für Auskunftsaustausch aus dem Jahr 2002.
Das Abkommen berechtigt jede Vertragspartei, die andere Vertragspartei um Auskunft in einer konkreten Steuersache zu ersuchen, die Gegenstand einer Ermittlung oder Untersuchung ist. Auskünfte werden in jedem Verfahrensstadium erteilt d. h. sowohl im Steuerfestsetzungsverfahren als auch im Steuerstrafverfahren.
II. Zu den einzelnen Artikeln des Abkommens
Zu Artikel 1
Dieser Artikel umschreibt in allgemeiner Form das Ziel des Abkommens, gegenseitige Amts- und Rechtshilfe durch Auskunftsaustausch zu leisten. Satz 2 stellt klar, dass im Rahmen dessen die persönlichen Rechte der Steuerpflichtigen gemäß dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien, wie beispielsweise das Recht auf rechtliches Gehör, gewahrt bleiben.
Zu Artikel 2
Artikel 2 stellt klar, dass eine Vertragspartei nicht verpflichtet ist Auskünfte zu erteilen, über die ihre Behörden nicht verfügen oder die sich nicht im Besitz einer Person in dieser Vertragspartei befinden oder die dieser Person zugänglich sind.
Zu Artikel 3
Dieser Artikel enthält die Steuern, für die das Abkommen gilt. Auf deutscher Seite sind es die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer einschließlich der auf diese Steuern erhobenen Zuschläge. Absatz 2 bestimmt, dass nach gesonderter Vereinbarung der Vertragsparteien das Abkommen auch für Steuern gleicher oder ähnlicher Art gilt die nach der Unterzeichnung des Abkommens erhoben werden.
Zu Artikel 4
Dieser Artikel definiert die für die Abkommensanwendung grundlegenden Begriffe (Absatz 1). Absatz 2 enthält die aus den Doppelbesteuerungsabkommen bekannte übliche Auslegungsregel, die auf das innerstaatliche Recht als subsidiäre Auslegungsquelle verweist.
Zu Artikel 5
Absatz 1 bestimmt, dass sich die Vertragsparteien auf
Ersuchen Auskünfte für die in Artikel 1 genannten Zwecke erteilen. Ein automatischer oder ein spontaner Auskunftsaustausch ist nicht Gegenstand des Abkommens.
Um Auskünfte kann sowohl für Zwecke des normalen Besteuerungsverfahrens als auch für Zwecke eines Steuerstrafverfahrens ersucht werden. Die Auskünfte sind unabhängig davon zu erteilen, ob die ersuchte Vertragspartei die ersuchten Informationen für eigene steuerliche Zwecke benötigt oder ob im Falle eines Steuerstrafverfahrens das zugrunde liegende Verhalten des Steuerpflichtigen auch im ersuchten Staat eine Straftat darstellen würde. Nummer 4 des Protokolls zum Abkommen enthält ergänzende Regelungen zur Abwicklung des Verfahrens.
Nach Absatz 2 hat die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei, wenn sie nicht im Besitz der erbetenen Informationen ist, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Informationen zu beschaffen.
Nach Absatz 3 kann eine Vertragspartei auch darum ersuchen die Auskünfte, z.B. Zeugenaussagen, in einer bestimmten Form übermittelt zu bekommen. Soweit die ersuchte Vertragspartei aufgrund ihres innerstaatlichen Rechts dazu nicht in der Lage ist, befreit sie dies jedoch nicht von der Verpflichtung, die Information als solche zu übermitteln.
Absatz 4 verpflichtet die Vertragsparteien, sicherzustellen, dass Bankinformationen und Informationen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften und anderen Rechtsträgern stets zugänglich sind und damit auf Ersuchen zur Verfügung gestellt werden können. Ausgenommen hiervon sind lediglich Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften oder Investmentvermögen. Die Aufzählung der Banken und anderen Institute und Personen gemäß Buchstabe a stellt keine abschließende Aufzählung dar.
Sie ist insbesondere nicht als eine Beschränkung der Befugnisse aus Absatz 1 zu verstehen.
Absatz 5 benennt die Angaben und Ausführungen, die ein Auskunftsersuchen enthalten muss. Hierdurch soll die ersuchte Vertragspartei nicht nur in die Lage versetzt werden die ersuchten Informationen einzuholen, sondern auch überprüfen zu können, dass die erbetenen Informationen tatsächlich für die Besteuerung voraussichtlich erheblich sind.
Absatz 6 regelt, dass die ersuchte Vertragspartei den Eingang des Auskunftsersuchens bestätigt und sich bemüht die erbetenen Informationen schnellstmöglich zu übermitteln.
Zu Artikel 6
Absatz 1 eröffnet die Möglichkeit, Vertreter einer Vertragspartei in den Hoheitsbereich der anderen Vertragspartei zum Zwecke der Befragung von Personen und der Prüfung von Unterlagen zu entsenden. Voraussetzung hierfür ist, dass dies nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei zulässig ist und die betroffenen Personen dem im Voraus schriftlich zugestimmt haben. Die Entscheidung, ob dem Ersuchen stattgegeben wird und welche Bedingungen und Voraussetzungen gegebenenfalls einzuhalten sind, obliegt ausschließlich der ersuchten Vertragspartei.
Darüber hinaus ist nach Absatz 2 ein Ersuchen zulässig, Vertreter zu einer im anderen Hoheitsbereich stattfindenden Steuerprüfung zu entsenden. Über dieses Ersuchen entscheidet ebenfalls ausschließlich die ersuchte Vertragspartei.
Absatz 3 beschreibt das Verfahren für den Fall, dass einem Ersuchen nach Absatz 2 stattgegeben wird.
Zu Artikel 7
Dieser Artikel bestimmt die Grenzen der Auskunftserteilung.
Nach Absatz 1 ist die ersuchte Vertragspartei nicht verpflichtet, einem Ersuchen nachzukommen, wenn das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Abkommens gestellt wurde, die ersuchende Vertragspartei nicht alle ihre eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die Information zu beschaffen, oder die Erteilung der Auskünfte der öffentlichen Ordnung der ersuchten Vertragspartei entgegenstehen würde.
Nach Absatz 2 besteht für eine Vertragspartei keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn die Informationen einem Aussageverweigerungsrecht unterliegen oder die Preisgabe eines Handels-, Industrie-, Gewerbeoder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens darstellen würden. Auch ist die ersuchte Vertragspartei nicht verpflichtet, Maßnahmen durchzuführen, die von ihren eigenen Gesetzen oder von ihrer Verwaltungspraxis abweichen. Nummer 1 des Protokolls zum Abkommen stellt klar, dass zu den Aussageverweigerungsrechten auch solche gehören, die auf ständige Rechtsprechung zurückgehen. Diese Klarstellung bezieht sich auf Jersey. Die sich aus Absatz 2 ergebende Einschränkung der Verpflichtung, Auskünfte auf Ersuchen zu erteilen, gilt nicht in Bezug auf die in Artikel 5 Absatz 4 genannten Bankauskünfte und Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften und anderen Rechtsträgern.
Absatz 3 regelt, dass ein Auskunftsersuchen nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass die zugrunde liegende Steuerforderung strittig ist.
Absatz 4 legt fest, dass die Auskunftserteilung abgelehnt werden kann, wenn die ersuchende Vertragspartei im umgekehrten Fall die Auskünfte nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht erteilen könnte.
Die ersuchte Vertragspartei kann nach Absatz 5 ein Auskunftsersuchen ablehnen, wenn die Auskünfte der Anwendung von Vorschriften des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei dienen, die Bürger der ersuchten Vertragspartei diskriminieren.
Zu Artikel 8
Dieser Artikel regelt die Geheimhaltungsverpflichtungen.
Nach Absatz 1 haben die Vertragsparteien die erteilten und empfangenen Informationen vertraulich zu behandeln. Nach Absatz 2 dürfen die übermittelten Informationen nur den Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden, die mit den jeweils erforderlichen Maßnahmen nach Artikel 1 befasst sind. Die Auskünfte können jedoch in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offengelegt werden.
Die Verwendung für andere als die in Artikel 1 genannten Zwecke darf nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde erfolgen, die die Information erteilt ( Absatz 3 ) . Nach Absatz 4 dürfen die erteilten Auskünfte keinem anderen Hoheitsbereich, also anderen Staaten oder Gebieten bekannt gegeben werden. Personenbezogene Daten dürfen nach Absatz 5 nur insoweit übermittelt werden, als dies für die Durchführung des Abkommens erforderlich und nach dem Recht der übermittelnden Vertragspartei möglich ist. Ergänzende Bestimmungen zu der Übermittlung von personenbezogenen Daten enthält die Nummer 2 des Protokolls zum Abkommen.
Zu Artikel 9
Artikel 9 regelt die Frage der Kosten, die einer Vertragspartei im Zusammenhang mit der Beschaffung von Informationen und der Erteilung von Auskünften entstehen.
Danach trägt die ersuchende Vertragspartei alle unmittelbaren Kosten, die aufgrund des Auskunftsersuchens anfallen. Zu den unmittelbaren Kosten gehören nicht die allgemeinen Kosten, die der ersuchten Vertragspartei durch die Erledigung eines Auskunftsersuchens entstehen.
Nummer 3 des Protokolls zum Abkommen regelt Einzelheiten der Kostentragung.
Zu Artikel 10
Absatz 1 gibt den zuständigen Behörden die Möglichkeit, Schwierigkeiten oder Zweifel, die sich bei der Durchführung oder Auslegung des Abkommens ergeben, einvernehmlich in einer Verständigungsvereinbarung zu regeln. Darüber hinaus können sich die zuständigen Behörden auf Verfahren zur Durchführung der Artikel 5, 6 und 9 verständigen. Die zuständigen Behörden können bei der Durchführung des Abkommens unter Auslassung des diplomatischen Weges unmittelbar miteinander in Kontakt treten. Absatz 4 legt fest, dass sich die Vertragsparteien bei Bedarf auf Verfahren zur Streitbeilegung verständigen können.
Zu Artikel 11
Dieser Artikel stellt klar, dass das Protokoll Bestandteil des Abkommens ist.
Zu Artikel 12
Dieser Artikel enthält die Bestimmungen über das Inkrafttreten und die erstmalige Anwendung des Abkommens.
Nach Absatz 1 tritt das Abkommen einen Monat nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem sich beide Vertragsparteien mitgeteilt haben, dass die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Abkommens in der jeweiligen Vertragspartei vorliegen. Maßgebend ist die letzte Notifikation.
Nach Absatz 2 ist eine Auskunftserteilung grundsätzlich nur für Veranlagungszeiträume möglich, die ab dem Inkrafttreten des Abkommens beginnen. Soweit kein Veranlagungszeitraum besteht erfolgt eine Auskunftserteilung nur für ab dem Inkrafttreten des Abkommens entstehende Steueransprüche. In Bezug auf Steuerstrafsachen können jedoch Auskunftsersuchen bereits für Steueransprüche gestellt werden, die vor Inkrafttreten des Abkommens entstanden sind.
Zu Artikel 13
Dieser Artikel regelt die Kündigung des Abkommens.
Nach Absatz 1 kann jede Vertragspartei das Abkommen schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei kündigen. Absatz 2 bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens des Abkommens nach erfolgter Kündigung. Dieser ist der erste Tag des Monats, der nach Ablauf von drei Monaten nach Zugang der Kündigung folgt. Absatz 3 bestimmt, dass die Vertragsparteien auch im Falle einer Kündigung des Abkommens an die Geheimhaltungspflichten des Artikels 8 im Hinblick auf die erhaltenen Auskünfte gebunden bleiben.
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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 771:
Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o. g. Gesetzes auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Für die Wirtschaft wird eine Informationspflicht eingeführt. Hierdurch entstehen Bürokratiekosten in marginaler Höhe. Für Bürgerinnen und Bürger wird eine Informationspflicht eingeführt. Für die Verwaltung werden 15
Informationspflichten eingeführt.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Catenhusen Prof. | Dr. Färber |
stv. Vorsitzender | Berichterstatterin |