Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) In einem Rechtsstaat kommt der Rechtsdurchsetzung eine besondere Bedeutung zu. Dabei dienen die zivilprozessuale und die öffentlichrechtliche Vollstreckung gleichermaßen dem Ziel, rechtlichen Regelungen praktische Wirksamkeit zu verleihen. Sie sind deshalb grundsätzlich gleichrangig.
- b) Durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I Seite 2258), das in seinen wesentlichen Teilen am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, wurden den Gerichtsvollziehern, nicht aber den Vollstreckungsbehörden, zusätzliche Sachaufklärungsbefugnisse bei der Zwangsvollstreckung eingeräumt. Diese Sachaufklärungsbefugnisse sind erforderlich, führen jedoch dazu, dass die Vollstreckungsbehörden, denen die Beitreibung öffentlichrechtlicher Geldforderungen (Steuern, Gebühren, Beiträge, Bußgelder unter anderem) obliegt, benachteiligt werden. Die Erfolgsaussichten bei der Vollstreckung öffentlichrechtlicher Forderungen sind geringer als bei der Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen. Die Benachteiligungen gehen vor allem zu Lasten der öffentlichen Kassen des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Verstärkt wird diese Entwicklung durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 665/2014
sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2591), das punktuell die Sachaufklärungsbefugnisse der Gerichtsvollzieher fortentwickelt hat.
- c) Der Bundesrat hat bereits in seiner Stellungnahme vom 11. Juli 2014 zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes die Bundesregierung gebeten, zügig Regelungsvorschläge vorzulegen, um die Nachteile zu beseitigen, die im Rahmen der Sachaufklärung bei der Vollstreckung öffentlichrechtlicher Geldforderungen durch die Vollstreckungsbehörden gegenüber der Vollstreckung privatrechtlicher Geldforderungen durch die Gerichtsvollzieher bestehen (vgl. BR-Drucksache 225/14(B) ). Die Bundesregierung teilte in ihrer Gegenäußerung hierzu mit, dass die vom Bundesrat gewünschten Regelungen zügig erarbeitet und hierzu ein weiteres Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird (vgl. BT-Drucksache 18/2337, Seite 18).
- d) Vor diesem Hintergrund begrüßt der Bundesrat ausdrücklich den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf. Er ist geeignet, den Gleichlauf von zivilprozessualer und öffentlichrechtlicher Vollstreckung zu verbessern.
- e) Allerdings ist der Gesetzentwurf änderungs- und ergänzungsbedürftig, weil der angestrebte Gleichlauf zwischen zivilprozessualer und öffentlichrechtlicher Vollstreckung nicht erreicht wird. Nach dem Gesetzentwurf sollen Vollstreckungsbehörden im Rahmen der Aufenthaltsermittlung und Auskunftseinholung Halter- und Fahrzeugdaten vom Kraftfahrt-Bundesamt unter anderem nur dann übermittelt werden dürfen, wenn unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des Halters glaubhaft gemacht wird, dass die Daten zur Vollstreckung von Ansprüchen in Höhe von jeweils mindestens 500 Euro benötigt werden. Eine solche Anspruchsuntergrenze besteht für Gerichtsvollzieher nicht. Ferner darf bei der Auskunftseinholung durch den Gerichtsvollzieher die Datenübermittlung der Fahrzeug- und Halterdaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister durch Abruf im automatisierten Verfahren erfolgen. Den Vollstreckungsbehörden ist nur das schriftliche Abfrageverfahren erlaubt, das zeit- und verwaltungsaufwändig sowie fehleranfällig ist.
Darüber hinaus stellt der Gesetzentwurf punktuell nicht den Gleichlauf zwischen den Sachaufklärungsbefugnissen und den korrespondierenden Übermittlungsbefugnissen her. Sowohl der Gerichtsvollzieher als auch die Vollstreckungsbehörde dürfen nach dem für sie geltenden Vollstreckungsrecht zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners und im Rahmen der Auskunftseinholung bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmte Daten ohne eine Anspruchsmindestgrenze einholen. Demgegenüber bestimmt das für den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung einschlägige Recht eine Anspruchsmindestgrenze von 500 Euro.
Unabhängig von der notwendigen Harmonisierung der Sachaufklärungsbefugnisse bei der Vollstreckung privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher Forderungen sowie bei den Sachaufklärungsbefugnissen und den Übermittlungsbefugnissen sollten die bestehenden Anspruchsmindestgrenzen entfallen. Auch Beträge unter 500 Euro (wie zum Beispiel Geldbußen für Verkehrsverstöße) müssen grundsätzlich mit der notwendigen Konsequenz beigetrieben werden können, wenn der generalpräventive Zweck der Vollstreckung erreicht werden soll.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 5a Absatz 1 Nummer 3, § 5b Absatz 1 Nummer 2 VwVG), Artikel 4 Absatz 4d - neu - StVG)
Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:
- a) Artikel 1 Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In § 5a Absatz 1 ist Nummer 3 wie folgt zu fassen:
"3. bei dem Kraftfahrt-Bundesamt die Halterdaten nach § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Straßenverkehrsgesetzes."
- bb) in § 5b Absatz 1 ist Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:
"2. beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Vollstreckungsschuldner eingetragen ist, erheben."
- b) Nach Artikel 4 ist folgender Artikel einzufügen:
§ 35 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Nummer 14 wird das Wort "oder" am Ende durch ein Komma ersetzt.
- b) In Nummer 15 wird der Punkt am Ende durch das Wort "oder" ersetzt.
- c) Folgende Nummer 16 wird angefügt:
"16. zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft angeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wird, voraussichtlich nicht zu erwarten ist."
2. In Absatz 3 Satz 1 wird die Angabe "Absätze 4, 4a bis 4c" durch die Angabe "Absätze 4, 4a bis 4d" ersetzt.
3. Nach Absatz 4c wird folgender Absatz eingefügt:
(4d) Zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens übermittelt das Kraftfahrt-Bundesamt der Vollstreckungsbehörde auf Ersuchen die nach § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 gespeicherten Halterdaten, soweit sich die Vollstreckungsbehörde die Angabe nicht durch Anfrage bei der Meldebehörde beschaffen kann." '
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Durch die Änderung des § 5a Absatz 1 Nummer 3 VwVG-E wird die Befugnis der Vollstreckungsbehörde zur Abfrage der Halterdaten des Vollstreckungsschuldners nach § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StVG beim Kraftfahrt-Bundesamt begründet, wenn der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners nicht durch Anfrage bei der Meldebehörde zu ermitteln ist. Damit entspricht § 5a Absatz 1 Nummer 3 VwVG-E dem § 755 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 ZPO.
Durch die Änderung des § 5b Absatz 1 Nummer 2 VwVG wird die Befugnis der Vollstreckungsbehörde begründet, beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Absatz 1 StVG zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Vollstreckungsschuldner eingetragen ist, zu erheben, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 5 Absatz 1 VwVG in Verbindung mit § 284 Absatz 1 AO nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft angeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wird, voraussichtlich nicht zu erwarten ist.
§ 5b Absatz 1 Nummer 2 VwVG entspricht § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ZPO.
Zu Buchstabe b:
Durch Artikel 4a - neu - werden im Straßenverkehrsgesetz mit § 35 Absatz 1 Nummer 16 - neu - und Absatz 4d - neu - StVG-E entsprechende Übermittlungsbefugnisse zugunsten der Vollstreckungsbehörden begründet. Die Verantwortung für das Vorliegen der in § 35 Absatz 1 Nummer 16 - neu - und Absatz 4d - neu - StVG-E genannten Voraussetzungen der Übermittlung trägt nach § 43 Absatz 1 Satz 3 StVG die ersuchende Vollstreckungsbehörde.
Die Änderung des § 35 Absatz 3 Satz 1 StVG-E ist eine Folgeänderung zu der Einfügung des § 35 Absatz 4d - neu - StVG-E.
Die in der Verwaltungspraxis von der Zulassungsbehörde oder dem Kraftfahrt-Bundesamt an Vollstreckungsbehörden durchgeführte Datenübermittlung nach § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG, auf welche sich die Änderungen des VwVG in Artikel 1 (§§ 5a und 5b VwVG-E) in dem Gesetzentwurf beziehen, reicht nicht aus, um dem Anliegen der Vollstreckungsbehörden gerecht zu werden. In Artikel 1 §§ 5a und 5b VwVG-E ist daher § 39 Absatz 3 Satz 1 StVG durch § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StVG in § 5a Absatz 1 Nummer 3 VwVG-E und durch § 33 Absatz 1 StVG in § 5b Absatz 1 Nummer 2 VerVG zu ersetzen.
§ 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG räumt die Befugnis zur Datenübermittlung nur ein, wenn es sich um öffentlichrechtliche Ansprüche in Höhe von mindestens 500 Euro handelt. Die Wertgrenze ist mit Blick auf den durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2591) erfolgten Verzicht auf eine Mindestforderung in Höhe von 500 Euro in den §§ 755 und 802 l ZPO nicht nachvollziehbar, weil es um die Durchführung von im Interesse der Allgemeinheit liegenden Vollstreckungsverfahren geht. Es gibt keinen rechtfertigenden Grund, dass für die Übermittlung an den Gerichtsvollzieher keine Wertgrenze existiert und für die Vollstreckungsbehörden an einer Wertgrenze festgehalten wird. Der Unterschied, dass Gerichtsvollzieher aufgrund einer vollstreckbaren Ausfertigung eines Schuldtitels und Vollstreckungsbehörden aufgrund eines vollstreckbaren Verwaltungsaktes vollstrecken, hat mit der Wertgrenze nichts zu tun. Zugunsten der Vollstreckungsbehörden ist die gleiche Übermittlungsbefugnis zu regeln, wie sie für den Gerichtsvollzieher besteht. Die Durchsetzung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen sichert die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, die auf die Einnahmen öffentlicher Gelder für die Aufgabenwahrnehmung zugunsten der Allgemeinheit angewiesen ist. Gründe der Verfahrensökonomie bei den zur Datenübermittlung verpflichteten Behörden können angesichts dieses öffentlichen Interesses eine Wertgrenze von 500 Euro nicht rechtfertigen. Auch das Interesse des Schuldners am Schutz seiner Daten kann das öffentliche Interesse nicht überwiegen.
Hinzu kommt bei § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG, dass sich die Vorschrift nicht auch auf die im Verwaltungsweg vollstreckbaren Forderungen des bürgerlichen Rechts bezieht. Dies betrifft insbesondere Forderungen, die aus der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen oder der Nutzung öffentlichen Vermögens entstanden sind. Durch die Formulierung in § 35 Absatz 1 Nummer 16 - neu - und Absatz 4d - neu - StVG-E "zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens" werden anders als in § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG sowohl die öffentlichrechtlichen Ansprüche als auch die im Verwaltungswege vollstreckbaren Forderungen des bürgerlichen Rechts erfasst. Für sie gilt ebenfalls, dass eine Wertgrenze in Höhe von mindestens 500 Euro nicht gerechtfertigt ist, weil auch ihre Beitreibung für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit von wesentlicher Bedeutung ist.
Ein weiteres Argument gegen § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG ist, dass die Vorschrift die Glaubhaftmachung des Empfängers der Daten verlangt, dass er die Daten auf andere Weise entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen könnte. Eine solche Einschränkung besteht für Vollstreckungsbehörden nach anderen Rechtsvorschriften, wie beispielsweise nach § 74a StGB X und dem § 93 AO bzw. dem durch Artikel 3 geänderten § 93 Absatz 8 AO-E, nicht. Das Erfordernis der Glaubhaftmachung stellt bei einer Datenübermittlung an öffentliche Stellen im Geltungsbereich des Grundgesetzes eine Überregulierung dar.
Die Änderungen dienen zudem der Rechtssicherheit für die Vollstreckungsbehörden. Durch sie werden eindeutige Rechtsgrundlagen für die Auskunftsrechte und die korrespondierenden Übermittlungsbefugnisse geschaffen, die nicht von Auslegungsfragen abhängig sind. Bei § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG stellt sich die Frage, ob der Rechtsanspruch, der vollstreckt werden soll, einen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr aufweisen muss. Trotz des Wortlauts der Vorschrift, die "von nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang stehenden öffentlichrechtlichen Ansprüchen" spricht, ist dies angesichts der Kommentarliteratur nicht eindeutig. So heißt es in der Kommentierung von Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, § 39 StVG Rn. 1 bis 4, beck-online, wie folgt:
"Eine erweiterte Registerauskunft ist zu erteilen, wenn der Empfänger weitere Fahrzeug- und Halterdaten benötigt (Absatz 2) oder wenn die nach Absatz 1 erhaltenen Daten nicht zu den dort genannten Zwecken genutzt werden sollen (Absatz 3). Der erforderliche Zusammenhang mit dem Straßenverkehr muss allerdings in den Alternativen des Absatz 3 Seite 1 Nummer 2 und 3 ebenfalls gegeben sein. [...]. Ein Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr besteht, soweit es sich um auf öffentlichen Wegen und Plätzen stattfindenden Verkehr handelt ( § 1 StVO)."
Auch das Verwaltungsgericht Braunschweig hat in seinem Beschluss vom 04.09.2009 - 6 A 46/09 - zu § 39 Absatz 3 StVG Folgendes erklärt:
"Dass der gem. § 39 Absatz I StVG erforderliche Zusammenhang mit dem Straßenverkehr (so ausdr. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, StraßenverkehrsR, 40. Aufl., § 39 StVG Rdnr. 2) auch in den Fällen des § 39 Absatz III 1 StVG gegeben sein muss, ergibt sich sowohl aus der systematischen Stellung dieses Absatzes innerhalb der Gesamtnorm als auch aus dessen ausdrücklichem Verweis auf einige der in § 39 Absatz I StVG angeführten Halter- und Fahrzeugdaten."
In Hentschel/König/Dauer, StraßenverkehrsR, 40. Aufl. 2015, § 39 StVG Rn. 2 heißt es nunmehr, dass die Auffassung, der Zusammenhang mit dem Straßenverkehr müsse in den Fällen des Absatz 3 gegeben sein, auf einem unzutreffenden Verständnis der Norm beruhe. Hiergegen kann allerdings eingewandt werden, dass zwischen "von nicht mit der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr im Zusammenhang stehend" und dem "Zusammenhang mit dem Straßenverkehr" ein Unterschied besteht und der Wortlaut des § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG nicht von vornherein so verstanden werden kann, dass "kein Zusammenhang mit dem Straßenverkehr" bestehen muss.
Nach alledem sind zugunsten der Vollstreckungsbehörden mit den neuen Übermittlungsbefugnissen in § 35 Absatz 1 Nummer 16 - neu - und Absatz 4d - neu - StVG-E eindeutige Rechtsgrundlagen zu schaffen, die denen für den Gerichtsvollzieher entsprechen und die nicht von den Auslegungsfragen zu § 39 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 StVG und dessen Einschränkungen abhängig sind.
3. Zu Artikel 2 (§ 90 Absatz 7 Satz 2 AufenthG)
In Artikel 2 § 90 Absatz 7 Satz 2 sind nach dem Wort "die Vollstreckungsbehörde" die Wörter "in ihrem Ersuchen bestätigt, dass sie sich" einzufügen.
Begründung:
§ 90 Absatz 7 Satz 2 AufenthG-E gestattet der Ausländerbehörde die Datenübertragung nur in den Fällen, in denen die Anfrage bei der Meldebehörde erfolglos war. Zweck der Regelung ist nach der Gesetzesbegründung, dass auch für die Datenübermittlung an die Vollstreckungsbehörden der Länder das Erfordernis einer vorherigen erfolglosen Anfrage der Vollstreckungsbehörde bei der Meldebehörde verankert werden soll (für die Datenübermittlung an die Vollstreckungsbehörden des Bundes ergibt sich diese Einschränkung bereits aus § 5a VwVG-E).
Durch die Neufassung droht die Gefahr, dass die Ausländerbehörde - anders als bei der Datenübermittlung an den Gerichtsvollzieher gemäß § 90 Absatz 6 AufenthG in Verbindung mit § 755 ZPO - bei jeder Anfrage gemäß § 90 Absatz 7 AufenthG-E prüfen müsste, ob sich die Vollstreckungsbehörde die ersuchten Angaben auch durch eine Abfrage bei der Meldebehörde beschaffen kann. Mit dieser Prüfung wäre ein zusätzlicher Aufwand der Ausländerbehörden verbunden, der aus unserer Sicht vermieden werden sollte.
Vielmehr sollte die Regelung so ausgestaltet werden, dass eine materielle Prüfung durch die Ausländerbehörde durch eine Bestätigung der Vollstreckungsbehörde ersetzt würde.
4. Zu Artikel 3 (§ 93 Absatz 8 Satz 2 AO)
In Artikel 3 ist § 93 Absatz 8 Satz 2 wie folgt zu ändern:
- a) Nach dem Wort "Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz" ist das Wort "und" durch ein Komma zu ersetzen.
- b) Nach dem Wort "Länder" sind die Wörter "und nach der Justizbeitreibungsordnung" einzufügen.
Begründung:
Die nach der Justizbeitreibungsordnung zuständige Vollstreckungsbehörde kann Auskunftsersuchen in den Fällen des § 802l ZPO gemäß § 6 Absatz 1 JBeitrO durch Beauftragung eines Vollziehungsbeamten oder Gerichtsvollziehers einholen. Sie ist daneben aber auch befugt, die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 74a Absatz 1 SGB X und das Kraftfahrtbundesamt gemäß § 39 Absatz 3 StVG unmittelbar selbst um Übermittlung von Daten zu ersuchen. Für Ersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern besteht hingegen bislang kein eigenes Auskunftsrecht der nach der JBeitrO vollstreckenden Behörde (§ 93 Absatz 8 Satz 2 AO) .
In § 93 Absatz 8 Satz 2 AO-E ist ein derartiges Auskunftsrecht künftig für die nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Vollstreckungsbehörden vorgesehen. Diese Befugnis soll durch die mit diesem Antrag vorgeschlagene Änderung auf die nach der Justizbeitreibungsordnung zuständigen Vollstreckungsbehörden erstreckt werden. Insbesondere in Ländern, in denen die Aufgaben der Vollziehungsbeamten nach der Justizbeitreibungsordnung gemäß § 196 Absatz 1 Satz 1 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher auf Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher übertragen sind, wäre durch eine entsprechende Ermächtigung eine spürbare Entlastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher möglich. Eine unmittelbare Auskunftsberechtigung der Vollstreckungsbehörden könnte außerdem das Einziehungsverfahren straffen und bei Behörden, die sowohl für Vollstreckungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz als auch für Vollstreckungen nach der Justizbeitreibungsordnung zuständig sind, eine Vereinheitlichung des Einziehungsverfahrens ermöglichen.
Die Justizbeitreibungsordnung wird gemäß Artikel 14 Nummer 1 EuKoPfVODG vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2591) mit Wirkung vom 1. Juli 2017 in "Justizbeitreibungsgesetz" umbenannt. Die vorgeschlagene Änderung wäre bei Inkrafttreten nach diesem Zeitpunkt entsprechend anzupassen.
5. Zu Artikel 4 (§ 74a Absatz 1 Satz 1, 1a - neu -, Satz 4 SGB X) Artikel 4 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 4
Änderungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch
§ 74a Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 1 werden die Wörter "in Höhe von mindestens 500 Euro" gestrichen.
- b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
"Satz 1 gilt auch für Ersuchen von Vollstreckungsbehörden für im Verwaltungswege vollstreckbare Forderungen des bürgerlichen Rechts und von Gerichtsvollziehern, soweit sie von einer Vollstreckungsbehörde zur Vollstreckung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen oder der genannten Forderungen des bürgerlichen Rechts beauftragt sind."
- c) In dem neuen Satz 4 wie die Angabe "Satz 2" durch die Angabe "Satz 3" ersetzt.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Mit der Änderung des § 74a Absatz 1 SGB X-E wird der bisherige Satz 1:
"Zur Durchsetzung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen in Höhe von mindestens 500 Euro " durch zwei neue Sätze ersetzt, wobei der neue Satz 1 folgenden Wortlaut hat:
"Zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, dem zu vollstreckende Ansprüche in Höhe von mindestens 500 Euro zugrunde liegen, dürfen.....". Das Ziel der Änderung ist laut Begründung zum Gesetzentwurf die Erweiterung der Vorschrift auf im Verwaltungswege vollstreckbare Forderungen des bürgerlichen Rechts.
Die Änderung führt aber zu einer Reduzierung der Übermittlungsbefugnisse auf die Fälle, in denen ein Vollstreckungsverfahren vorliegt. Die noch geltende Fassung des § 74a Absatz 1 Satz 1 SGB X bezieht sich dagegen auf die Durchsetzung von Ansprüchen und beinhaltet damit alle Maßnahmen zur Geltendmachung, Sicherung und Vollstreckung sowohl bei der Erhebung als auch bei der Beitreibung des Anspruchs (so Diering/Timme unter anderem, SGB X § 74a Rn. 1 bis 9, beck-online). Mit der neuen Formulierung von Satz 1 entfällt also die Berechtigung, Daten zu übermitteln, die benötigt werden, um den öffentlichrechtlichen Anspruch geltend zu machen.
Es sollte daher an dem geltenden § 74a Absatz 1 Satz 1 SGB X festgehalten werden. Allerdings ist die Wertgrenze "in Höhe von mindestens 500 Euro" aufzuheben. Diese Wertgrenze ist mit Blick auf den durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2591) erfolgten Verzicht auf eine Mindestforderung in Höhe von 500 Euro in den §§ 755 und 802 l ZPO nicht mehr nachvollziehbar, weil es um die im Gemeinwohlinteresse liegende Durchsetzung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen geht. Die Durchsetzung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen sichert die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, die auf die Einnahmen öffentlicher Gelder für die Aufgabenwahrnehmung zugunsten der Allgemeinheit angewiesen ist. Gründe der Verfahrensökonomie bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung können angesichts dieses öffentlichen Interesses ein Festhalten an der Wertgrenze nicht rechtfertigen. Auch das Interesse des Schuldners am Schutz seiner Daten kann das öffentliche Interesse nicht überwiegen.
Zu Buchstabe b:
In einem neuen Satz 1a sind die im Verwaltungswege vollstreckbaren Forderungen des bürgerlichen Rechts in den Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen, was nach der Begründung des Gesetzentwurfs mit der Änderung des § 74a Absatz 1 SGB X gewollt ist. Für sie gilt ebenfalls, dass eine Wertgrenze in Höhe von mindestens 500 Euro nicht gerechtfertigt ist, weil auch ihre Beitreibung für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit von wesentlicher Bedeutung ist, auch wenn sich die öffentliche Verwaltung für die Erfüllung ihrer Aufgaben privatrechtlicher Rechtsformen bedient.
Außerdem sind die Ersuchen des Gerichtsvollziehers in den Anwendungsbereich des § 74a Absatz 1 SGB X einzubeziehen, wenn sie von der Vollstreckungsbehörde zur Vollstreckung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen oder der genannten Forderungen des bürgerlichen Rechts beauftragt worden sind.
Durch die Einschränkungen im neuen Satz 1a erfolgt eine klare Abgrenzung zu der in § 74a Absatz 2 SGB X geregelten Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche. Entscheidend ist, dass es sich bei den Ansprüchen nach § 74a Absatz 1 SGB X-E um solche der öffentlichen Verwaltung handelt, deren Beitreibung zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und damit im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Sinn und Zweck der privilegierten Auskunftserteilung nach § 74a Absatz 1 SGB X gegenüber der Auskunftserteilung an den Gerichtsvollzieher bei privatrechtlichen Ansprüchen nach § 74a Absatz 2 SGB X bleibt hierdurch gewahrt. Nach § 74a Absatz 1 SGB X sind anders als nach Absatz 2 alle in § 35 SGB I genannten Stellen zur Auskunft verpflichtet, was zur Durchsetzung von Forderungen der öffentlichen Verwaltung erforderlich und sachgerecht ist.
6. Zu Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe c - neu - (§ 74a Absatz 2 Satz 1 SGB X)
Dem Artikel 4 Nummer 2 ist folgender Buchstabe anzufügen:
'c) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter ", dem zu vollstreckenden Ansprüche von mindestens 500 Euro zugrunde liegen," gestrichen.'
Begründung:
Durch die Änderungen soll die Diskrepanz zwischen den Sachaufklärungsbefugnissen der Vollstreckungsbehörden und der Gerichtsvollzieher einerseits und den Übermittlungsbefugnissen der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits behoben werden. Während § 5a Absatz 1 Nummer 2 VwVG-E und § 5b Absatz 1 Nummer 1 VwVG-E davon ausgehen, dass die Vollstreckungsbehörde unabhängig von der Höhe der zu vollstreckenden Forderung unter den in der jeweiligen Vorschrift genannten Voraussetzungen Angaben bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung erheben darf, macht § 74a Absatz 1 Satz 1 SGB X-E die Übermittlungsbefugnis davon abhängig, dass dem Vollstreckungsverfahren zu vollstreckende Ansprüche in Höhe von mindestens 500 Euro zu Grunde liegen.
Die gleiche Diskrepanz ergibt sich im Rahmen des § 74a Absatz 2 Satz 1 SGB X, der die Übermittlungsbefugnisse an den Gerichtsvollzieher betrifft. Auch in diesen, sich nach der Zivilprozessordnung richtenden Vollstreckungsverfahren soll eine Übermittlung der Daten nur erfolgen können, wenn dem zu vollstreckende Ansprüche von mindestens 500 Euro zu Grunde liegen. Diese Einschränkung war zwar bislang auch in den damit korrespondierenden Vorschriften der § 755 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Satz 4 ZPO und § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 ZPO enthalten, wurde jedoch durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nummer 665/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung vom 21. November 2016 (BGBl. I, S. 2591) mit Wirkung vom 26. November 2016 gestrichen. Es besteht seither ein Widerspruch zwischen den Datenerhebungsrechten des Gerichtsvollziehers nach der Zivilprozessordnung und den Übermittlungsbefugnissen der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 74a Absatz 2 SGB X.
Um einen Gleichlauf von Auskunftsrechten und Übermittlungsbefugnissen sowohl für die Verwaltungsvollstreckung (§ 74a Absatz 1 SGB X) als auch für die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher nach der Zivilprozessordnung (§ 74a Absatz 2 SGB X) herzustellen, sollte in § 74a SGB X in beiden Absätzen die Einschränkung, dass die vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 Euro betragen müssen, gestrichen werden. Damit entfällt zugleich die Notwendigkeit, festzulegen, wie sich die Höhe der Ansprüche berechnet.