Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 5 Absatz 2 Nummer 6 BNatSchG)
Dem Artikel 1 Nummer 1 ist folgende Nummer 01 voranzustellen: '01. § 5 Absatz 2 Nummer 6 wird wie folgt gefasst:
"6. die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln ist nach Maßgabe der auf Grund des § 5 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3, des § 5 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1, des § 7, des § 8 Absatz 1, des § 9 und des § 15 Absatz 1 und 2 des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 (BGBl. I S. 54, 136) erlassenen Düngeverordnung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2482) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmittel ist nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu führen." '
Begründung:
Die Dynamisierung des Verweises auf die Düngeverordnung in Nummer 6 des § 5 Absatz 2 BNatSchG ist erforderlich, damit stets die aktuell gültige DüngeV zur Geltung kommt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der parallel zu beratenden Verordnung zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen (BR-Drucksache 148/17 (PDF) ) von Bedeutung.
2. Zu Artikel 1 Nummer 02 - neu - (§ 15 Absatz 4 Satz 4 - neu - BNatSchG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 01 - neu - folgende Nummer 02 - neu - einzufügen:
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht in § 56a Absatz 3 für den Bereich des (bundesrechtlich geregelten) Meeresnaturschutzes eine Regelung für den Übergang der Verantwortung vom Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger auf einen dazu anerkannten Dritten vor und regelt damit für seinen Anwendungsbereich eine Ausnahme von § 15 Absatz 3 Satz 3 BNatSchG. Die Möglichkeit der Übertragung der Verantwortlichkeit für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf einen berechtigten Dritten mit befreiender Wirkung sollte allgemein in § 15 Absatz 3 BNatSchG geregelt werden. Eine solche Regelung würde Vorhabenträger davon entlasten, in eigener Regie oder jedenfalls unter eigener Verwaltung Maßnahmen des Naturschutzes oder der Landschaftspflege vorzunehmen, ohne dass von einer dafür erforderlichen Qualifikation und Ausstattung ausgegangen werden kann. Daher ist es zielführend, wenn die Verantwortlichkeit auf Dritte übertragen werden kann, die die erforderliche fachgerechte Umsetzung solcher Maßnahmen gewährleisten. Welche Kriterien diese Dritten erfüllen müssen, damit sie zur Übernahme der Verantwortlichkeit berechtigt sind, sollte sich nach Landesrecht bestimmen.
§ 16 Absatz 2 BNatSchG sieht bereits eine entsprechende Regelung vor, die jedoch hinsichtlich des Übergangs der Verantwortung auf Dritte in ihrem Anwendungsbereich auf vorgezogene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen begrenzt ist. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll diese Übertragungsmöglichkeit auch auf Fälle erweitert werden, bei denen es nicht um eine "Abbuchung" bevorrateter Kompensationsmaßnahmen, sondern um deren erstmalige Herstellung geht.
3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a (§ 27 Absatz 2 Satz 2 - neu - BNatSchG)
In Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a ist dem § 27 Absatz 2 folgender Satz anzufügen:
"Abweichende Vorschriften der Länder bleiben unberührt."
Begründung:
Die Zielsetzung der Regelung wird grundsätzlich begrüßt. Die geplante Änderung des § 27 BNatSchG führt jedoch dazu, dass Abweichungen von Ländern durch das jeweils geltende Landesnaturschutzgesetz durch neueres Recht zunächst verdrängt und aufgehoben werden. So gibt es teilweise bereits Abweichungen von § 27 BNatSchG, um den landestypischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Gleichwohl kann zum Beispiel bei zukünftigen Naturparkerklärungen der Aspekt "Bildung für nachhaltige Entwicklung" auch ohne landesgesetzliche Änderung ergänzend aufgenommen werden. Wird die vorgeschlagene Änderung nicht übernommen, müssen die betroffenen Länder ihr Landesgesetz kurzfristig anpassen. Diese Verpflichtung sollte durch die Öffnungsklausel relativiert werden, um die Länder von diesem Zwang zu befreien.
4. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b (§ 30 Absatz 2 Satz 3 BNatSchG)
In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b sind nach den Wörtern "Maßnahmen zur" die Wörter "Gefahrenabwehr oder" einzufügen.
Begründung:
Die Gefahrenabwehrbehörden sind nach Gefahrenabwehrrecht unter anderem für die Abwehr von Gefahren aus verlassenen Grubenbauen zuständig. Es ist von Bedeutung, dass beispielsweise bei einer gegenwärtigen Gefahr Maßnahmen ohne Beschränkungen durchgeführt werden können. Mit der Ergänzung soll daher klargestellt werden, dass Höhlen und naturnahe Stollen vom Schutzbereich des § 30 BNatSchG ausgenommen sind, soweit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durchgeführt werden.
5. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 39 Absatz 5 Satz 3 BNatSchG)
Artikel 1 Nummer 5 ist wie folgt zu fassen:
'5. § 39 Absatz 5 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 1 ... weiter wie Vorlage
- b) In Satz 3 werden vor dem Punkt am Satzende die Wörter "und den Beginn des Verbotszeitraums aus klimatischen Gründen um bis zu zwei Wochen zu verschieben" eingefügt.'
Begründung:
Ziel der Regelung ist es, den Ländern, die besonderen klimatischen Bedingungen ausgesetzt sind, eine Option zu geben, die Fristen ihren regionalen Besonderheiten anzupassen, ohne dabei den Artenschutz in irgendeiner Weise aufzuweichen.
So zeigen Auswertungen des Blühbeginns einzelner Pflanzen erhebliche zeitliche Verschiebungen innerhalb Deutschlands. Deutlich wird dies z.B. bei der Apfelblüte, die in Schleswig-Holstein und in den Mittelgebirgen 6 bis 10 Tage später einsetzt als in weiten Teilen Deutschlands (siehe auch http://www.dwd.de/DE/fachnutzer/freizeitgaertner/2_pflanzenentwicklung/_no de.html;jsessionid=0F79CC74A450A4C5AFE6F9B8BBD471E8.live11041).
Eine bundesweit einheitliche Regelung für den Beginn des Verbotszeitraums ist aus Artenschutzgründen daher nicht erforderlich. Die Möglichkeit, regionalen klimatischen Besonderheiten gerecht zu werden, würde die Akzeptanz des Artenschutzes in der Öffentlichkeit erhöhen, ohne seine Schutzgüter zu gefährden.
6. Zu Artikel 1 (§ 44 Absatz 1 und 2 BNatSchG)
Die Bundesregierung wird gebeten, mit der Europäischen Kommission zu klären, wie eine Regelung unionsrechtskonform ausgestaltet werden müsste, die den Artenschutz gewährleistet aber gleichzeitig die (Wieder-) Aufnahme einer zulässigen Nutzung innerhalb einer bestimmten Frist von den Verboten nach § 44 Absatz 1 und 2 BNatSchG freistellt.
Begründung:
Die Verbote des Artenschutzes können dazu führen, dass mögliche positive Beiträge von Projekten zur Bereitstellung von Lebensräumen (z.B. Verkehrswege oder Abbauvorhaben) verhindert werden. Der Vorhabenträger wird hierdurch nämlich veranlasst, zwischen Genehmigung des Vorhabens und Baubeginn, spätestens ab Baubeginn/Baufeldfreimachung, neue Ansiedlungen geschützter Arten aktiv zu unterbinden, um einen späteren Baustopp zu verhindern. Für technische Anlagen (Brücken, Gleisschotter, Regensammelbecken, Uferschutz) besteht zudem kein Anreiz, diese attraktiv für eine Ansiedlung geschützter Arten zu gestalten, da die spätere Unterhaltung durch restriktiven Artenschutz ver- oder behindert wird. Entsprechendes gilt für den Zugriff auf noch nicht oder vorübergehend nicht genutzte Teile der Betriebsflächen (z.B. Steinbrüche), so dass auf ihnen eine vorübergehende naturnahe Entwicklung (Bäume erreichen ein Alter, in dem Bruthöhlen von Vögeln oder Ruhestätten von Fledermäusen entstehen, entstehende Kleingewässer) vom Vorhabenträger nicht zugelassen werden kann.
Mit der vorgeschlagenen Regelung soll gefördert werden, dass Vorhabenträger solche temporären Naturentwicklungen zulassen, ohne befürchten zu müssen, im späteren Zugriff behindert zu werden. So könnten viele technische Bauwerke sowie Bau-, Betriebs- und Unterhaltungsflächen einen wirksamen temporären, häufig auch langfristigen Beitrag zur Erhaltung der Gesamtpopulation geschützter Tierarten leisten. Im Ergebnis würde sich die Situation aus Sicht des Natur- und Artenschutzes verbessern und zugleich ein Ausgleich mit den Interessen von Vorhabenträgern geschaffen. Die Geltung des Tötungs- und Verletzungsverbots soll jedoch insoweit aufrechterhalten bleiben, als Tötungen oder Verletzungen von Tieren infolge der Wiederaufnahme von Tätigkeiten durch zumutbare Maßnahmen vermieden werden können.
Dies soll unionsrechtlichen Risiken entgegenwirken und verhindern, dass die Tötung von Tieren, etwa im Baufeld, "sehenden Auges" hingenommen wird, obwohl ein Absammeln oder ähnliches zumutbar und damit die Tötung vermeidbar wäre.
Eine Regelung zum "Naturschutz auf Zeit" darf nicht gegen Unionsrecht verstoßen.
Daher wird die Bundesregierung gebeten, mit der EU-Kommission zu klären, wie eine unionsrechtskonforme Regelung ausgestaltet werden müsste. Berücksichtigung sollte dabei finden, dass die mit der gesetzlichen Ausnahmeregelung angestrebten - temporären - positiven Auswirkungen für den Natur- und Artenschutz einerseits und dem Schutz berechtigter Interessen von Vorhabenträgern andererseits in den Ausnahmevorschriften des Artikels 16 Buchstabe b ("zur Verhütung ernster Schäden insbesondere (...) an sonstigen Formen von Eigentum") und Buchstabe c ("(...) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich (...) oder positiver Folgen für die Umwelt") angelegt sind.
7. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a (§ 44 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 BNatSchG)
In Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a sind in § 44 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 die Wörter "das Verbot" durch die Wörter "die Verbote" zu ersetzen und nach den Wörtern "Absatz 1 Nummer 1" die Wörter "sowie der erheblichen Störung nach Absatz 1 Nummer 2" einzufügen.
Begründung:
§ 44 Absatz 5 Satz 3 ermöglicht die Festlegung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen. Darunter zu verstehen sind funktionserhaltende oder konfliktmindernde Maßnahmen, die unmittelbar am voraussichtlich betroffenen Bestand ansetzen, mit diesem räumlichfunktional verbunden sind und zeitlich so durchgeführt werden, dass zwischen dem Erfolg der Maßnahmen und dem vorgesehenen Eingriff keine zeitliche Lücke entsteht. Satz 3 geht davon aus, dass damit sichergestellt werden kann, dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten ununterbrochen gegeben bleibt. Beeinträchtigungs- oder Störungshandlungen, die unvermeidlich im unmittelbaren Zusammenhang mit den zulässigen Einwirkungen auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten erfolgen, sollen nicht den Verbotstatbestand des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllen. Allerdings ist es im Zuge der Durchführung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen regelmäßig auch erforderlich, begleitend und unterstützend Handlungen vorzunehmen, die den Störungstatbestand erfüllen würden, z.B. um zu verhindern, dass Tiere zum bisherigen Standort der Fortpflanzungs- und Lebensstätte zurückkehren wollen und nicht den Ersatzstandort aufsuchen (Vergrämungsmaßnahmen und anderes). Daher sollte gesetzlich klargestellt werden, dass ein Verstoß auch gegen das Störungsverbot nach Absatz 1 Nummer 2 nicht vorliegt, wenn Handlungen der Umsetzung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen dienen und die sonstigen Bedingungen der Nummer 2 eingehalten werden.
8. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe b (§ 57 Absatz 2 BNatSchG) Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe b ist zu streichen.
Begründung:
Für die vorgeschlagene Einvernehmensregelung wird keine fachliche Notwendigkeit gesehen. Die Erklärung der Meeresgebiete zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft
- i. S. des § 20 Absatz 2 BNatSchG orientiert sich an den naturschutzfachlichen und -rechtlichen Erfordernissen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde zu vertreten sind. Bei der Entscheidung sind andere Belange in der Abwägung zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung der anderen betroffenen Ressortbelange ist über die schon jetzt im Gesetz geregelte Beteiligung sichergestellt. Die derzeitige Regelung gewährleistet die sachgerechte Abwägung durch die zuständige Naturschutzbehörde und erfordert kein Einvernehmen. Im Sinne eines effektiven Meeresschutzes sollte das bisherige Verfahren beibehalten werden.
9. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat unterstreicht die hohe Bedeutung eines länderübergreifenden Biotopverbunds für die Erreichung der europäischen und nationalen Zielsetzungen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Er verweist auf die bisherigen Anstrengungen und Erfolge der Länder bei der Einrichtung des Biotopverbunds beispielsweise mit den Projekten Grünes Band, Wildkatzenwegeplan oder Grüner Wall im Westen. Er stellt fest, dass zur Einhaltung der ambitionierten Umsetzungsfrist für die Fertigstellung des länderübergreifenden Biotopverbunds bis 2027 gemeinsame und koordinierte Anstrengungen von Bund und Ländern notwendig sind.
- b) Der Bundesrat begrüßt vor diesem Hintergrund die Pläne zur Erstellung eines "Bundeskonzepts Grüne Infrastruktur", mit dem auch die weitere Umsetzung des länderübergreifenden Biotopverbunds durch die Biotopverbundsplanungen der Länder unterstützt werden soll. Er vertritt die Auffassung, dass die Umsetzung eines solchen Bundeskonzepts nur gelingen kann, wenn unter Einbezug der Länder die entsprechenden planerischen und rechtlichen Grundlagen für seine Umsetzung geschaffen werden. Er bittet darum, die Länder frühzeitig und umfänglich in die Erstellung einzubeziehen, um Synergien zu laufenden und geplanten Aktivitäten der Länder im Sinne des Biodiversitätsschutzes zu nutzen. Zudem muss im Bundeshaushalt eine ausreichende Finanzausstattung sichergestellt werden. Insbesondere auch bei der Umsetzung länderübergreifender Projekte zur Herstellung des Biotopverbundes wäre eine stärkere Unterstützung des Bundes wünschenswert, sowohl für den Lückenschluss als auch die Stärkung regionaler Verbundstrukturen.
- c) Zum Biotopverbund gehört auch die Wiedervernetzung bestehender länderübergreifender Verbundstrukturen. Der Bundesrat empfiehlt der Bundesregierung die Fortschreibung und Stärkung des Bundesprogramms Wiedervernetzung in Abstimmung mit den Ländern.
10. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren ein Verbot der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen und des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in Naturschutzgebieten, Nationalparken und Natura 2000-Gebieten sowie in einem Streifen von 3 000 Metern Breite um solche Schutzgebiete in das Bundesnaturschutzgesetz aufzunehmen.
Begründung:
Mit der Regelung sollen ökologisch sensible Gebiete vor Beeinträchtigungen durch das Ausbringen gentechnisch veränderter Organismen (GVO) geschützt werden. Denn im Rahmen der allgemeinen Prüfungen für die Freisetzungsgenehmigung finden die spezifischen Schutzbelange eines nach Naturschutzrecht unter Schutz gestellten Gebietes keine hinreichende Berücksichtigung. Ein nationales Verbot des Einsatzes von GVO innerhalb von Schutzgebieten ist europarechtlich zulässig. Zudem ist der Schutz ökologisch sensibler Gebiete vor Eintragungen durch GVO völkerrechtlich geboten. So sehen Artikel 8a, 8e und 8g der Biodiversitäts-Konvention den Schutz besonderer ökologischer Gebiete, insbesondere vor einer Verschlechterung durch GVO, vor.