Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 295/07 (PDF) = AE-Nr. 070378,
Drucksache 525/09 (PDF) = AE-Nr. 090423,
Drucksache 184/11 (PDF) = AE-Nr. 110242 und AE-Nr. 080670
Brüssel, den 28.2.2013
COM (2013) 107 final
2013/0064 (COD)
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Programms zur Unterstützung der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum
{SWD(2013) 54 final}
{SWD(2013) 55 final}
Begründung
1. Hintergrund des vorgeschlagenen Rechtsakts
Dank weltraumgestützter Systeme steht ein breites Spektrum von Anwendungen zur Verfügung, die im Alltag eine ganz wesentliche Rolle spielen (wie etwa Fernsehen, Internet oder Ortungsdienste), für zentrale Wirtschaftsbereiche von strategischer Bedeutung sind und einen Beitrag zu unserer Sicherheit leisten. Die EU ist auf weltraumgestützte Anwendungen und sich daraus ableitende Dienstleistungen sowie auf die Raumforschung angewiesen, um ihre Politik in Bereichen wie Umwelt- und Klimaschutz, Entwicklung und Landwirtschaft sowie ihre Meerespolitik und ihre Politik in sicherheitsrelevanten Bereichen einschließlich der GASP/GSVP umzusetzen; sie sind aber auch für die Förderung von technischem Fortschritt, industrieller Innovation und Wettbewerbsfähigkeit von entscheidender Bedeutung.
Mit der zunehmenden Abhängigkeit von weltraumgestützten Diensten kann unsere Gesellschaft nicht mehr auf den Schutz der Weltrauminfrastruktur verzichten. Jeder - und sei es auch nur ein teilweiser - Ausfall von Weltrauminfrastrukturen könnte erhebliche Konsequenzen für ein reibungsloses Wirtschaftsleben und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger haben und würde die Erbringung von Diensten im Katastrophen- oder Krisenfall beeinträchtigen.
Allerdings sind die Weltrauminfrastrukturen immer häufiger durch Kollisionen zwischen Raumfahrzeugen bzw. in noch stärkerem Ausmaß durch Kollisionen zwischen Raumfahrzeugen und Weltraummüll bedroht. Tatsächlich stellt Weltraummüll mittlerweile die größte Bedrohung für nachhaltige Weltraumaktivitäten dar.
Zur Verringerung des Kollisionsrisikos müssen Satelliten und Weltraummüll aufgespürt und überwacht, ihre Positionen katalogisiert und ihre Bewegungen (Flugbahn) bei Kollisionsgefahr verfolgt werden, damit die Satellitenbetreiber so vorgewarnt werden, dass sie die Position ihrer Satelliten verändern können. Diese Tätigkeit wird als Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (Space Surveillance and Tracking - SST) bezeichnet und derzeit meist mithilfe von bodengestützten Sensoren wie Teleskopen und Radaren erbracht.
Das Kollisionsrisiko und die damit verbundenen Konsequenzen werden noch durch weitere Maßnahmen verringert. Darunter fällt die Forschungsarbeit zum besseren Schutz der Satelliten vor Kollisionsfolgen und zur Entwicklung von Technologien zur Entfernung von Trümmern aus den Umlaufbahnen. Überdies sollen die Raumfahrtnationen durch mehrere Initiativen zu einer Verringerung des im Zuge ihrer internationalen Aktivitäten im All anfallenden Weltraummülls verpflichtet werden. Für den von der EU vorgeschlagenen internationalen Verhaltenskodex für Weltraumtätigkeiten, über den mit den Raumfahrtnationen verhandelt wird, gab es bislang breite internationale Unterstützung. So wichtig diese Instrumente auch wären, falls ihre Bestimmungen zur Anwendung kommen sollten, sie können jedoch nicht die Problematik des bereits vorhandenen oder noch entstehenden Weltraummülls beseitigen, sondern lediglich dessen exponentielle Zunahme eindämmen. Die einzige Lösung besteht gegenwärtig darin, Kollisionen zu vermeiden und den unkontrollierten Wiedereintritt von Raumfahrzeugen oder Raumfahrzeugtrümmern in die Erdatmosphäre zu überwachen.
In Europa verfügt man zurzeit nur über beschränkte Kapazitäten, um Satelliten und Weltraummüll sowie den Eintritt von Objekten in die Erdatmosphäre zu überwachen und aufzuzeichnen. Darüber hinaus gibt es keine richtigen Kollisionswarndienste für die Satellitenbetreiber.
In der Mitteilung der Kommission "Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union" ( KOM (2011) 152) wird anerkannt, dass die Weltrauminfrastrukturen und die sich daraus ableitenden Dienstleistungen von Bedeutung sind und ihr Schutz gewährleistet werden muss. Ferner wird darin unterstrichen, dass die Europäische Union die Organisation und Lenkung eines europäischen Systems festlegen und dabei dessen doppeltem Verwendungszweck sowie der Notwendigkeit, seine nachhaltige Verwendung zu gewährleisten, Rechnung tragen sollte, was bereits in der im Oktober 2010 verabschiedeten Mitteilung zur Industriepolitik hervorgehoben wurde.
Da die Zuständigkeit der EU im Hinblick auf die Raumfahrtpolitik mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 erweitert wurde, ist es gerechtfertigt, dass die EU in diesem Bereich tätig wird. Durch Artikel 189 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird die EU ermächtigt, gemeinsame Initiativen zu fördern, die Forschung und technologische Entwicklung zu unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des Weltraums im Rahmen der europäischen Raumfahrtpolitik zu koordinieren.
Die Mitgliedstaaten haben sich in mehreren Entschließungen und Schlussfolgerungen des Rates1 dafür ausgesprochen, dass die EU in diesem Bereich tätig werden muss. Bereits im Jahr 2008 hat der 5. Weltraumrat bekräftigt, dass Europa "auf europäischer Ebene eine Fähigkeit zur Überwachung und Kontrolle seiner Raumfahrtinfrastruktur und des Weltraummülls entwickeln muss"2. Ferner bestätigte er auch, dass die EU eine aktive Rolle bei der Einführung des SSA-Systems und seiner Lenkungsmechanismen übernehmen muss. Zuletzt wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2011 über die Mitteilung zur EU-Weltraumstrategie erneut darauf hingewiesen, dass eine europäische SST-Kapazität eingerichtet werden sollte, damit die europäischen Weltraumressourcen und ihre Starts sicherer werden. Es wird gefordert, dass hierbei "die Europäische Union die in den Mitgliedstaaten sowie auf europäischer und gegebenenfalls internationaler Ebene bereits vorhandenen oder derzeit im Aufbau befindlichen Ressourcen, Kompetenzen und Qualifikationen so weit wie möglich nutzen [sollte]". In der Entschließung wird die EU [Europäische Kommission und EAD] aufgefordert, in enger Zusammenarbeit mit der ESA und den Mitgliedstaaten Vorschläge für eine Lenkungsstruktur und eine Datenpolitik vorzulegen, die der hohen Sensibilität der SST-Daten Rechnung tragen. Diese Sichtweise teilt auch das Europäische Parlament in seinem am 30. November 2011 verabschiedeten Bericht über die Weltraumstrategie der EU3.
Durch die mit den beiden europäischen Vorzeigeprogrammen Galileo und Copernicus (neue Bezeichnung für das Programm für globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung GMES) erzielten Fortschritte entstand auch ein Bewusstsein dafür, dass der Schutz der EU-Weltrauminfrastruktur eine Notwendigkeit darstellt. Galileo ist und bleibt als erstes Vorzeigeweltraumprojekt der EU eines der Fundamente, auf denen ihr Weltraumengagement aufbaut, Copernicus wiederum weist eine bedeutende weltraumgestützte Komponente (nämlich die Sentinel-Satelliten) auf. Beim Programm Copernicus, bei dem es sich anfangs um ein FuE-Projekt handelte, begann kürzlich die Phase der ersten operativen Tätigkeiten.
Im Einklang mit diesen Ausführungen betrifft der vorliegende Vorschlag für einen Beschluss die Einrichtung eines europäischen Dienstes zur Vermeidung von Zusammenstößen zwischen Raumfahrzeugen bzw. zwischen Raumfahrzeugen und Weltraummüll sowie die Überwachung des unkontrollierten Wiedereintritts ganzer Raumfahrzeuge oder von Raumfahrzeugteilen. Die technische Bezeichnung für diesen Dienst lautet "europäischer SST-Dienst".
Gemäß dem in der Mitteilung der Kommission "Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger" aus dem Jahr 20114 verfolgten Ansatz kann durch diesen Beschluss eine Partnerschaft begründet werden, bei der die Mitgliedstaaten mit ihren bestehenden und künftigen Ressourcen einen Beitrag zur SST-Kapazität auf europäischer Ebene leisten und die EU für einen rechtlichen Rahmen und einen finanziellen Beitrag zur Durchführung der geplanten Maßnahmen sorgt. In dem rechtlichen Rahmen werden Lenkungsstruktur und Datenpolitik im Einklang mit den maßgeblichen Schlussfolgerungen des Rates festgelegt.
Schließlich darf keinesfalls unerwähnt bleiben, dass mit den vorgeschlagenen europäischen SST-Diensten einem wesentlichen Ziel der EU-Raumfahrtindustriepolitik - wie es in der für 2013 geplanten diesbezüglichen Kommissionsmitteilung heißt - Rechnung getragen wird: Demnach soll die technologische Eigenständigkeit für Europa verwirklicht und ein unabhängiger Zugang zum Weltraum gesichert werden.
2. Ergebnisse der Konsultationen interessierter Kreise und Folgenabschätzungen
Der Vorschlag wurde im Anschluss an eine eingehende Konsultation der Interessenträger und der breiten Öffentlichkeit erarbeitet. Ihm ist eine Folgenabschätzung beigefügt.
Die GD Unternehmen und Industrie konsultierte in den vergangenen Jahren unterschiedliche Kreise, die sich mit Weltraumfragen beschäftigen oder davon betroffen sind, zu verschiedenen Bereichen, in denen die EU künftig auch tätig werden könnte und zu denen insbesondere die Entwicklung eines europäischen Dienstes für die Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (SST) gehört. Der Aufbau eines derartigen Dienstes wurde auch von den für die Raumfahrtpolitik zuständigen EU-Ministern diskutiert.
Die wichtigsten Schlussfolgerungen dieser Konsultationen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- - Unter den für die Raumfahrtpolitik zuständigen Ministern der EU- und ESA-Mitgliedstaaten herrscht Konsens darüber, dass ein europäischer SST-Dienst unter der Federführung der EU, nicht aber der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt werden sollte. Dieser Konsens geht klar aus den obengenannten Schlussfolgerungen des Rates hervor. Der Grund dafür kam immer wieder zur Sprache: Der europäische SST-Dienst weist eine Sicherheitsdimension auf (er ermöglicht die Beschaffung von Informationen über die zivile und militärische Weltrauminfrastruktur und -tätigkeit einzelner Staaten), für die die EU - im Gegensatz zur ESA - zuständig und entsprechend ausgestattet ist. Im AEUV ist eindeutig festgelegt, dass die EU sowohl über die Zuständigkeit für die Koordination des Betriebs von Weltraumsystemen als auch über die Zuständigkeit und die bestehenden Mechanismen für die Beherrschung der Sicherheitsdimension dieses Dienstes verfügt. Die Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass die ESA die EU bei dieser Aufgabe unterstützen sollte (wie es durch ihr SSAVorbereitungsprogramm auch geschieht), dass sie aber als FuE-Einrichtung weder die Zuständigkeit noch die Mechanismen besitzt, die nötig wären, um einen europäischen SST-Dienst einzurichten und selbstständig zu betreiben. - Insbesondere fordern die Mitgliedstaaten die EU auf, Lenkung und Datenpolitik für einen europäischen SST-Dienst festzulegen, eine aktive Rolle bei der Einrichtung des Dienstes zu übernehmen sowie bestehende Sensoren und Fachkompetenzen bestmöglich zu nutzen. Die Mitgliedstaaten haben auch klare Vorstellungen darüber, wie den Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen ist: Die SST-Sensoren müssen unter nationaler Kontrolle bleiben. Die Vertraulichkeit von SST-Informationen stellt ein Grundprinzip der SST-Datenpolitik dar. Sie sollte nur nach Prüfung des jeweiligen Falles bei Bedarf aufgehoben werden.
- - Unter den EU- und ESA-Mitgliedstaaten sowie den Fachleuten herrscht Konsens darüber, dass ein künftiger europäischer SST-Dienst bestehende Sensorressourcen, die gekoppelt und als Netz betrieben werden sollten, für seine Zwecke nutzen und darauf aufbauen soll. Man ist sich auch darin einig, dass man mit den derzeitigen Ressourcen die gewünschte Leistungsfähigkeit nicht erreichen kann. Dafür müssten neue Ressourcen (etwa Überwachungs- und Verfolgungsradare sowie Teleskope) errichtet und in ein europäisches SST-System integriert werden. Die Mitgliedstaaten, die über Sensorkapazität verfügen bzw. zu deren Entwicklung bereit sind, sollten beim Aufbau des europäischen SST-Dienstes eine Schlüsselrolle spielen.
- - Die Mitgliedstaaten und die Fachleute auf diesem Gebiet stimmen ferner darin überein, dass für Aufbau und Betrieb eines europäischen SST-Dienstes zumindest,
- - die wenigen bestehenden Ressourcen (meist bodengestützte Teleskope und Radare zum Empfang der Positionsdaten von Satelliten) gekoppelt und diese Kapazitäten durch die Errichtung und Koppelung neuer Ressourcen verstärkt werden müssen (Sensorfunktion);
- - eine Verarbeitungsfunktion entwickelt werden muss, mit der die empfangenen SST-Daten zusammengeführt und analysiert werden (Verarbeitungsfunktion);
- - ein rund um die Uhr besetztes Frontdesk eingerichtet werden muss, das die Verbindung zu den Nutzern darstellt und Warnungen über drohende Kollisionen und Abstürze für die Satellitenbetreiber und zuständigen Behörden herausgibt.
- - Bei den über Jahre geführten Gesprächen wiesen die Mitgliedstaaten, die SST-relevante Ressourcen besitzen, immer wieder auf einen für die Lenkung des Systems wesentlichen Aspekt hin: Aufgrund von Sicherheitsbedenken müssen bei einem künftigen europäischen SST-System die Sensorfunktion und die Verarbeitungsfunktion unter der Kontrolle der zuständigen nationalen Behörden (in einigen Fällen bei Militärbehörden) bleiben. Die Mitgliedstaaten sind mehrheitlich dafür, dass jene Mitgliedstaaten, die Eigentümer bestehender oder neuer Ressourcen sind, für den Aufbau eines europäischen SST-Dienstes ein Konsortium bilden könnten, um die Sensorfunktion und die Verarbeitungsfunktion als Netz zu führen. Die Mitgliedstaaten sind ebenfalls der Ansicht, dass das Frontdesk von diesem Konsortium selbst oder einer anderen, über adäquate Sicherheitsmerkmale verfügenden Stelle wie z.B. vom Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) betrieben werden sollte. Gleichzeitig stellten die Mitgliedstaaten klar, dass sie aus Gründen der nationalen Sicherheit hierbei nicht mit einem kommerziellen Partner zusammenarbeiten würden. - Es herrscht Konsens darüber, dass ein europäischer SST-Dienst in enger Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelt werden sollte.
- - Die Mitgliedstaaten sind dazu bereit, ihre Ressourcen für den Aufbau eines europäischen SST-Dienstes zur Verfügung zu stellen. Sie sind der Ansicht, dass im Gegenzug dafür die Errichtung des Dienstes - zumindest in Bezug auf die direkt mit dessen Aufbau verbundenen Tätigkeiten - aus EU-Mitteln finanziert werden sollte. Die Mitgliedstaaten stellen nicht nur ihre Ressourcen zur Verfügung, sondern sind darüber hinaus auch dafür offen, einen finanziellen Beitrag zu leisten.
Wie sich bei der Konsultation auch zeigte, ist sich die Öffentlichkeit dessen bewusst, dass der Schutz der Weltrauminfrastruktur notwendig ist, und unterstützt dies auch.
3. Rechtliche Aspekte
Rechtsgrundlage des Vorschlags der Kommission ist Artikel 189 Absatz 2 AEUV.
Der Vorschlag wird als Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vorgelegt. Er ist von allgemeiner Geltung und sein Inhalt in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar, auch wenn die Teilnahme an der Errichtung und am Betrieb des europäischen SST-Systems nicht verpflichtend ist.
In dem Vorschlag werden die mit der geplanten Maßnahme angestrebte Erbringung von Diensten für die Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum sowie der Umfang dieser Dienste, die Aspekte der Lenkung und die Haushaltsmittel geregelt. Der Haupttext wird durch einen Anhang über die Grundsätze der SST-Datenpolitik ergänzt, der Bestandteil des Vorschlags ist.
Der Vorschlag entspricht dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die mit dem Verschlag angestrebte Unterstützung des Aufbaus europäischer SST-Dienste durch eine Bündelung bestehender nationaler Ressourcen überschreitet die finanziellen und technischen Möglichkeiten eines einzelnen Mitgliedstaats und kann nur auf EU-Ebene auf zufriedenstellende Weise verwirklicht werden. Was die Verhältnismäßigkeit betrifft, so überschreiten die Maßnahmen der EU aus zwei Gründen nicht das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß: Erstens entspricht die vorgesehene Belastung des Haushalts den Kosten, die anhand gründlicher Analysen geschätzt wurden, und zweitens erscheint das gewählte Lenkungsschema am zweckmäßigsten.
4. Auswirkungen auf den Haushalt
Mit dem SST-Programm werden die von der Kommission insgesamt für den nächsten MFR vorgeschlagenen EU-Haushaltsmittel nicht überschritten. Es werden keine über den MFR-Vorschlag hinausgehenden Mittel beantragt. Gemäß Artikel 11 Absatz 1 des Vorschlags sollten die Finanzmittel für das Programm zur SST-Unterstützung - in voller Übereinstimmung mit der jeweiligen Rechtsgrundlage - aus anderen einschlägigen Programmen umgeschichtet werden.
Die EU wird die Aktivitäten mit Finanzhilfen (einschließlich Pauschalen) unterstützen. Bei den Empfängern dieser Finanzhilfen wird es sich um die teilnehmenden Mitgliedstaaten handeln, die mit nationalen Ressourcen einen Beitrag zum europäischen SST-System leisten, sowie um das EUSC, wenn es mit den teilnehmenden Mitgliedstaaten im Rahmen der Errichtung und des Betriebs der Funktion zur Erbringung von SST-Diensten gemäß Artikel 3 Buchstabe c kooperiert sowie als "Frontdesk" der EU fungiert. Der geschätzte Gesamtbeitrag der EU zur Umsetzung des Unterstützungsprogramms wird für den Zeitraum 2014-2020 mit 70 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen veranschlagt. Allerdings hängt dieser Gesamtbeitrag vom Ausgang des Mitentscheidungsverfahrens über den MFR und den mit dem MFR zusammenhängenden Programmen ab, aus denen die Mittel für das Programm zur SST-Unterstützung umgeschichtet werden. Für die Höhe des Beitrags werden überdies die Entscheidungen ausschlaggebend sein, die im Rahmen der jeweils relevanten Programme über die Verwendung der Mittel für jene Aktivitäten getroffen werden müssen, die durch das SST-Unterstützungsprogramm zu kofinanzieren sind.
Die für die Programme veranschlagten Kosten werden nach gründlichen Analysen und Gesprächen mit Fachleuten festgelegt, die insbesondere den Weltraumagenturen und vergleichbaren Einrichtungen in den EU-Mitgliedstaaten bzw. der ESA angehören.
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Programms zur Unterstützung der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union
- gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 189 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses5, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen6, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) In ihrer Mitteilung "Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger"7 hob die Kommission hervor, dass die geteilte Zuständigkeit im Bereich Raumfahrt, die der Union mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) übertragen wurde, mit einer verstärkten Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten einhergeht. Weiter betonte die Kommission, dass alle neuen Maßnahmen auf der Grundlage vorhandener Ressourcen durchgeführt werden müssen; der Bedarf an neuen Ressourcen ist dabei gemeinsam zu ermitteln.
- (2) In seiner Entschließung "Weiterentwicklung der europäischen Raumfahrtpolitik" 8 vom 26. September 2008 wies der Rat darauf hin, dass Raumfahrtressourcen für unsere Wirtschaft unverzichtbar geworden sind und ihre Sicherheit zu gewährleisten ist. Er betonte, dass "Europa [...] eine Fähigkeit zur Überwachung und Kontrolle seiner Raumfahrtinfrastruktur und des Weltraummülls entwickeln muss, die sich anfangs auf die bestehenden nationalen und europäischen Kapazitäten stützt und dabei die Beziehungen nutzt, die möglicherweise in der Zukunft zu anderen Partnerstaaten und deren Fähigkeiten hergestellt werden".
- (3) In seiner Entschließung "Globale Herausforderungen: Aus den europäischen Weltraumsystemen uneingeschränkt Nutzen ziehen"9 vom 25. November 2010 stellte der Rat fest, dass eine neue Fähigkeit zur Weltraumlageerfassung (Space Situational Awareness - nachstehend "SSA") auf europäischer Ebene aufgebaut werden muss, damit die bestehenden nationalen und europäischen zivilen und militärischen Mittel weiterentwickelt und optimal genutzt werden, und ersuchte die Europäische Kommission und den Rat, eine Lenkungsstruktur und Datenpolitik vorzuschlagen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, unter Einhaltung der geltenden Sicherheitsanforderungen und -vorschriften mit ihren einschlägigen nationalen Fähigkeiten dazu beizutragen. Ferner ersuchte er "alle europäischen institutionellen Handlungsträger, geeignete Maßnahmen zu prüfen", die auf fest umrissenen zivilen und militärischen Nutzeranforderungen aufbauen würden, die einschlägigen Mittel im Einklang mit den geltenden Sicherheitsanforderungen nutzen würden und die früheren Entwicklungen im Rahmen des SSA-Vorbereitungsprogramms der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) berücksichtigen würden.
- (4) In seinen Schlussfolgerungen vom 31. Mai 2011 zur Mitteilung der Kommission "Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger"10 und in seiner Entschließung "Leitlinien zum Mehrwert und Nutzen des Weltraums für die Sicherheit der europäischen Bürger"11 vom 6. Dezember 2011 wies der Rat darauf hin, dass "auf europäischer Ebene ein leistungsfähiges SSA-System [ ... ] aufgebaut werden muss" und forderte die Europäische Union auf, "die in den Mitgliedstaaten sowie auf europäischer und gegebenenfalls internationaler Ebene bereits vorhandenen oder derzeit im Aufbau befindlichen Ressourcen, Kompetenzen und Qualifikationen so weit wie möglich [zu] nutzen". Angesichts des doppelten Verwendungszwecks eines solchen Systems und unter Berücksichtigung dessen besonderer Sicherheitsdimension forderte der Rat die Europäische Kommission auf, "in Zusammenarbeit mit der Hohen Vertreterin [der Union für Außen- und Sicherheitspolitik] und in enger Zusammenarbeit mit der ESA und den Mitgliedstaaten, die eigene derartige Ressourcen besitzen und über Kapazitäten verfügen, sowie im Benehmen mit allen beteiligten Akteuren Vorschläge vorzulegen, wie diese Ressourcen und Kapazitäten umfassend ausgeschöpft und genutzt werden können, um ein SSA-System als Maßnahme auf europäischer Ebene zu entwickeln, und in diesem Zusammenhang eine angemessene Lenkungsstruktur und Datenpolitik festzulegen, die der hohen Sensibilität der SSA-Daten Rechnung trägt".
- (5) Der Weltraummüll stellt mittlerweile die stärkste Bedrohung für nachhaltige Weltraumaktivitäten dar. Deshalb sollte ein Programm zur Unterstützung der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (Space Surveillance and Tracking - nachstehend "SST") geschaffen werden, mit dem die Einrichtung und der Betrieb von Diensten zur Beobachtung und Erfassung von Objekten im Weltraum gefördert wird, um zu verhindern, dass einerseits Raumfahrzeuge durch Kollisionen beschädigt werden und andererseits Bodeninfrastrukturen oder Menschen auf der Erde durch den unkontrollierten Wiedereintritt von vollständigen Raumfahrzeugen oder Trümmerteilen davon in die Erdatmosphäre zu Schaden kommen.
- (6) Von der Bereitstellung der SST-Dienste werden alle öffentlichen und privaten Betreiber weltraumgestützter Infrastrukturen profitieren, so auch die Union aufgrund ihrer Zuständigkeit für ihre Weltraumprogramme - den geostationären Navigations-Ergänzungsdienst für Europa (European Geostationary Navigation Overlay Service - EGNOS) und Galileo, die durch die Verordnung (EG) Nr. 683/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die weitere Durchführung der europäischen Satellitenprogramme (EGNOS und Galileo)12 eingeführt wurden, und das Programm Copernicus/GMES, das durch die Verordnung (EU) Nr. 911/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 über das Europäische Erdbeobachtungsprogramm (GMES) und seine ersten operativen Tätigkeiten (2011-2013)13 eingerichtet wurde. Wiedereintrittswarnungen nutzen darüber hinaus den nationalen im Zivilschutz tätigen Behörden.
- (7) Die SST-Dienste sollten die Forschungsaktivitäten zum Schutz weltraumgestützter Infrastruktur im Rahmen des Programms "Horizont 2020", das durch [reference to Horizon 2020 Regulation to be added once adopted] geschaffen wurde, sowie die Tätigkeiten der Europäischen Weltraumorganisation in diesem Bereich ergänzen.
- (8) Darüber hinaus sollte das Programm zur SST-Unterstützung eine Ergänzung zu bestehenden Risikobegrenzungsmaßnahmen darstellen, z.B. zu den Leitlinien der Vereinten Nationen zur Beherrschung der Gefahren durch Weltraummüll oder zu anderen Initiativen wie dem Vorschlag der Union für einen internationalen Verhaltenskodex für Weltraumtätigkeiten.
- (9) Die zivilen und militärischen SSA-Nutzeranforderungen wurden im Arbeitsdokument der Kommission "European space situational awareness highlevel civilmilitary user requirements" (Allgemeine zivile und militärische Nutzeranforderungen an die europäische Fähigkeit zur Weltraumlageerfassung)14 festgelegt, das von den Mitgliedstaaten am 18. November 2011 im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee des Rates gebilligt wurde15. Die Erbringung von SST-Diensten sollte nur zivilen Zwecken dienen. Rein militärische Anforderungen sollten nicht Gegenstand dieses Beschlusses sein.
- (10) Der Betrieb von SST-Diensten sollte auf einer Partnerschaft zwischen der Union und den Mitgliedstaaten beruhen, wobei sowohl auf nationaler Ebene vorhandene als auch künftige Fachkompetenzen und Kapazitäten genutzt werden sollten, z.B. Fachwissen bei mathematischen Analysen und bei Modellrechnungen sowie bodengestützte Radareinrichtungen oder Teleskope, die von den beteiligten Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten bleiben Eigentümer ihrer Ressourcen, behalten die Kontrolle darüber und bleiben verantwortlich für Betrieb, Instandhaltung und Erneuerung.
- (11) Die Zuständigkeit für Betrieb und Erbringung der SST-Dienste könnte beim Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) liegen, einer EU-Agentur, die durch die Gemeinsame Aktion des Rates vom 20. Juli 2001 betreffend die Einrichtung eines Satellitenzentrums der Europäischen Union (2001/555/GASP)16 geschaffen wurde; sie stellt zivilen und militärischen Nutzern weltraumgestützte geografische Bildinformationsdienste und -produkte mit verschiedenen Geheimhaltungsstufen zur Verfügung. Die Kompetenz des EUSC beim Umgang mit vertraulichen Informationen in einer sicheren Umgebung und seine engen institutionellen Verbindungen mit den Mitgliedstaaten sind bei der Erbringung von SST-Diensten von Vorteil. Voraussetzung für seine Beteiligung am Programm zur SST-Unterstützung ist eine Änderung der Gemeinsamen Aktion des Rates, die derzeit kein Tätigwerden des EUSC im Bereich SST vorsieht.
- (12) Genaue Informationen über die Art, die Spezifikationen und die Position bestimmter Objekte im Weltraum beeinträchtigen möglicherweise die Sicherheit der Europäischen Union oder ihrer Mitgliedstaaten. Bei der Einrichtung und dem Betrieb des SST-Sensorennetzes, der Kapazität zur Verarbeitung und Analyse von SST-Daten und der Erbringung von SST-Diensten sollten deshalb Sicherheitserwägungen angemessene Berücksichtigung finden. Daher müssen in diesem Beschluss allgemeine Bestimmungen über die Nutzung und den sicheren Austausch von SST-Daten und -informationen zwischen den Mitgliedstaaten, dem EUSC und den Empfängern von SST-Diensten festgelegt werden. Ferner sollten die Europäische Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst die für die Klärung von Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Programms zur SST-Unterstützung erforderlichen Koordinierungsmechanismen definieren.
- (13) Die Zuständigkeit für die Verhandlungen bezüglich der Bestimmungen über die Nutzung und den sicheren Austausch von SST-Daten und -informationen sowie deren Umsetzung sollte bei den beteiligten Mitgliedstaaten und dem EUSC liegen. In den Bestimmungen über die Nutzung und den Austausch von SST-Daten und -informationen, die sowohl in diesem Beschluss als auch in der Vereinbarung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten und dem EUSC festgelegt werden, sollten die vom Sicherheitsausschuss des Rates gebilligten Empfehlungen zur SSTDatensicherheit17 berücksichtigt werden.
- (14) Der Sicherheitsausschuss des Rates empfahl, eine Risikomanagementstruktur aufzubauen, damit sichergestellt ist, dass Fragen der Datensicherheit bei der Umsetzung des Programms zur SST-Unterstützung gebührend berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck sollten die beteiligten Mitgliedstaaten und das EUSC die geeigneten Risikomanagementstrukturen und -verfahren schaffen.
- (15) Das Programm zur SST-Unterstützung sollte im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union18 von der Union finanziert werden. Die EU-Finanzmittel für das Programm zur SST-Unterstützung sollten aus den im mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 vorgesehenen einschlägigen Programmen umgeschichtet werden.
- (16) Die finanziellen Interessen der Union sollten während des ganzen Ausgabenzyklus durch verhältnismäßige Maßnahmen geschützt werden, darunter Prävention, Aufdeckung und Untersuchung von Unregelmäßigkeiten, Rückforderung entgangener, zu Unrecht gezahlter oder nicht widmungsgemäß verwendeter Mittel und gegebenenfalls Sanktionen.
- (17) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Anwendung dieses Beschlusses - im Hinblick auf die Annahme eines mehrjährigen Arbeitsprogramms und die Erfüllung der Kriterien für die Beteiligung am Programm zur SST-Unterstützung durch die Mitgliedstaaten - sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren19, ausgeübt werden.
- (18) Da die Ziele dieses Beschlusses, nämlich die Unterstützung von Maßnahmen für die Einrichtung und den Betrieb des SST-Sensorennetzes, für die Einrichtung der Kapazität zur Verarbeitung und Analyse von SST-Daten und für die Einrichtung und den Betrieb von SST-Diensten, auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, da sie die finanziellen und technischen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten allein überschreiten, und daher wegen des Ausmaßes des Beschlusses besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden -
Haben folgenden Beschluss Erlassen:
Artikel 1
Einrichtung des Programms
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2020 wird ein Programm zur Unterstützung der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (Space Surveillance and Tracking - im Folgenden "SST") eingerichtet.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck
- (1) "Objekt im Weltraum" jedes künstliche oder natürliche Objekt im Weltraum;
- (2) "Raumfahrzeug" jedes künstliche oder natürliche Objekt im Weltraum, das einem bestimmten Zweck dient (einschließlich künstlicher Satelliten);
- (3) "Weltraummüll" Raumfahrzeuge oder Teile davon, die keinem bestimmten Zweck mehr dienen (einschließlich Teile von Raketen oder künstlichen Satelliten sowie nicht mehr in Betrieb befindliche künstliche Satelliten);
- (4) "SST-Sensor" ein Gerät oder eine Kombination von Geräten wie z.B. boden- oder weltraumgestützte Radare und Teleskope, mit der physikalische Parameter von Objekten im Weltraum, z.B. deren Größe, Position oder Geschwindigkeit, gemessen werden können;
- (5) "SST-Daten" physikalische Parameter von Objekten im Weltraum, die mit Hilfe von SST-Sensoren ermittelt werden;
- (6) "SST-Informationen" sind verarbeite SST-Daten, die für den Empfänger unmittelbar aussagekräftig sind.
Artikel 3
Ziele des Programms zur SST-Unterstützung
Durch das Programm zur SST-Unterstützung sollen insbesondere folgende Maßnahmen zum Aufbau einer SST-Kapazität gefördert werden:
- (a) die Einrichtung und der Betrieb einer Sensorfunktion, die aus einem Netz vorhandener boden- oder weltraumgestützter nationaler Sensoren zur Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum besteht;
- (b) die Einrichtung und der Betrieb einer Funktion zur Verarbeitung und Analyse der von den Sensoren empfangenen SST-Daten, was die Fähigkeit einschließt, Objekte im Weltraum aufzuspüren, zu erkennen und zu katalogisieren und diesen Katalog zu pflegen;
- (c) der Aufbau und Betrieb einer Funktion zur Erbringung von SST-Diensten für Raumfahrzeugbetreiber und Behörden.
Artikel 4
SST-Dienste
- 1. Die in Artikel 3 Buchstabe c genannten Dienste umfassen:
- (a) die Bewertung des Risikos einer Kollision zwischen Raumfahrzeugen oder zwischen einem Raumfahrzeug und Weltraummüll und die Generierung von Warnungen zur Kollisionsvermeidung während des Starts und In-Orbit-Betriebs von Raumfahrzeugen;
- (b) die Erkennung und die Bewertung des Risikos von Explosionen, Auseinanderbrechen oder Kollisionen im Orbit;
- (c) die Bewertung des Risikos eines Wiedereintritts von Objekten aus dem Weltraum und Weltraummüll in die Erdatmosphäre und die Warnung davor sowie die Voraussage von Zeit und Ort des Einschlags.
- 2. Die SST-Dienste werden für Mitgliedstaaten, den Rat, die Kommission, den EAD, öffentliche und private Raumfahrzeugbetreiber und im Katastrophenschutz tätige Behörden erbracht. Sie werden in Einklang mit den in Artikel 9 festgelegten Bestimmungen über die Nutzung und den Austausch von SST-Daten und -informationen erbracht.
- 3. Die beteiligten Mitgliedstaaten, das EUSC und die Kommission können für etwaige Schäden aufgrund einer nicht erfolgten, unterbrochenen oder verzögerten Erbringung von SST-Diensten oder ungenauer Informationen im Rahmen der Erbringung der SST-Dienste nicht haftbar gemacht werden.
Artikel 5
Maßnahmen, die durch das Programm unterstützt werden sollen
- 1. Durch das Programm zur SST-Unterstützung werden nach Maßgabe der in Artikel 7 aufgeführten besonderen Bedingungen Maßnahmen unterstützt, mit denen die in Artikel 3 erläuterten Ziele erreicht werden sollen und die im Arbeitsprogramm nach Artikel 6 Absatz 2 enthalten sind.
- 2. Die Entwicklung neuer SST-Sensoren wird mit dem Programm zur SST-Unterstützung nicht gefördert.
- 3. Die EU kofinanziert die gemäß Absatz 1 durchgeführten Maßnahmen, unter anderem durch Finanzhilfen in Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. XXX/2012.
Artikel 6
Die Rolle der Europäischen Kommission
- 1. Die Kommission
- (a) verwaltet die Mittel, die für das Programm zur SST-Unterstützung bereitgestellt werden, und gewährleistet dessen Umsetzung;
- (b) ergreift die Maßnahmen, die zur Erkennung, Beherrschung, Verringerung und Überwachung von Risiken im Zusammenhang mit dem Programm notwendig sind;
- (c) schafft in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst die für die Sicherheit des Programms erforderlichen Koordinierungsmechanismen.
- 2. Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte, in denen sie ein mehrjähriges Arbeitsprogramm für das Programm zur SST-Unterstützung aufstellt, das die Arbeitsprogramme der Programme nach Artikel 11 Absatz 1 bei Bedarf ergänzt. Festgelegt werden in diesem Arbeitsprogramm die verfolgten Ziele, die erwarteten Ergebnisse, die zu finanzierenden Maßnahmen sowie Zeitplan und Modalitäten für deren Umsetzung, der Höchstsatz für eine Kofinanzierung durch die Union und die besonderen Bedingungen für Finanzhilfen der Union im Rahmen des Programms zur SST-Unterstützung. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 14 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 7
Beteiligung von Mitgliedstaaten
- 1. Mitgliedstaaten, die sich an der Umsetzung der in Artikel3 genannten Ziele beteiligen wollen, stellen einen Antrag bei der Kommission und weisen dabei nach, dass sie folgende Kriterien erfüllen:
- (a) Sie besitzen SST-Sensoren und verfügen über geeignete technische Mittel und geeignetes Personal für deren Betrieb oder über Datenverarbeitungskapazitäten.
- (b) Sie haben einen Aktionsplan für die Umsetzung der in Artikel 3 genannten Ziele aufgestellt.
- 2. Im Hinblick auf die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Kriterien durch die Mitgliedstaaten erlässt die Kommission Durchführungsbeschlüsse. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 14 Absatz 2 erlassen.
- 3. Die Mitgliedstaaten, die die in Absatz 1 genannten Kriterien erfüllen, schließen eine Vereinbarung gemäß Artikel 10.
- 4. Die Mitgliedstaaten, die die in Absatz 1 genannten Kriterien erfüllen und Vertragsparteien der in Artikel10 genannten Vereinbarung sind, können Finanzbeiträge aus dem Programm zur SST-Unterstützung erhalten. Die Kommission veröffentlicht auf ihrer Website die Liste der Mitgliedstaaten und hält diese auf dem aktuellen Stand.
Artikel 8
Beteiligung des Satellitenzentrums der Europäischen Union
Das Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) beteiligt sich an der Umsetzung des in Artikel 3 Buchstabe c genannten Ziels und kann vorbehaltlich des Abschlusses der in Artikel10 genannten Vereinbarung Finanzbeiträge aus dem Programm zur SST-Unterstützung erhalten.
Artikel 9
Nutzung und Austausch von SST-Daten und -informationen
Für die Nutzung und den Austausch von SST-Daten und -informationen zum Zweck der Umsetzung der in Artikel 3 genannten Ziele sind folgenden Vorschriften maßgeblich:
- (a) Eine unbefugte Offenlegung von Daten und Informationen ist zu verhindern, zugleich müssen jedoch ein effizienter Betrieb und eine Nutzung der erhaltenen Informationen in größtmöglichem Umfang möglich bleiben.
- (b) Die Sicherheit der SST-Daten ist zu gewährleisten.
- (c) Im Rahmen des Programms zur SST-Unterstützung erlangte Informationen werden nach dem Grundsatz "Kenntnis nur, wenn nötig" sowie in Einklang mit den Anweisungen und Sicherheitsvorschriften des Urhebers der Informationen und des Eigentümers des betreffenden Objekts im Weltraum zur Verfügung gestellt.
Artikel 10
Koordinierung operativer Tätigkeiten
Die Mitgliedstaaten, die die in Artikel 7 Absatz 1 genannten Kriterien erfüllen, und das EUSC schließen eine Vereinbarung über die Regeln und Mechanismen für ihre Zusammenarbeit bei der Umsetzung der in Artikel 3 genannten Ziele. Diese Vereinbarung enthält insbesondere Bestimmungen über:
- (a) die Nutzung und den Austausch von SST-Daten und -informationen, wobei die vom Sicherheitsausschuss des Rates gebilligten Empfehlungen "Space Situational Awareness data policy - recommendations on security aspects" (Datenpolitik im Zusammenhang mit der Fähigkeit zur Weltraumlageerfassung - Empfehlungen zu Sicherheitsaspekten)20 berücksichtigt werden;
- (b) den Aufbau einer Risikomanagementstruktur, mit der die Umsetzung der Bestimmungen über die Nutzung und den sicheren Austausch von SST-Daten und -informationen gewährleistet wird.
Artikel 11
Finanzierung des Programms zur SST-Unterstützung
Artikel 12
Schutz der finanziellen Interessen der Union
- 1. Die Kommission gewährleistet bei der Durchführung der nach diesem Beschluss finanzierten Maßnahmen den Schutz der finanziellen Interessen der Union durch geeignete Präventivmaßnahmen gegen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen, durch wirksame Kontrollen und - bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten - durch Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge sowie gegebenenfalls durch wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen.
- 2. Die Kommission oder ihre Vertreter und der Rechnungshof sind befugt, bei allen Empfängern, Auftragnehmern und Unterauftragnehmern, die Unionsmittel aus dem Programm erhalten haben, Rechnungsprüfungen anhand von Unterlagen und Kontrollen vor Ort durchzuführen.
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) kann gemäß den Verfahren nach der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates24 bei allen direkt oder indirekt durch solche Finanzierungen betroffenen Wirtschaftsteilnehmern Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durchführen, um festzustellen, ob im Zusammenhang mit einer Finanzhilfevereinbarung, einem Finanzhilfebeschluss oder einem Vertrag über eine Finanzierung aus Unionsmitteln ein Betrugs- oder Korruptionsdelikt oder eine sonstige rechtswidrige Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union vorliegt.
Unbeschadet der Unterabsätze 1 und 2 ist der Kommission, dem Rechnungshof und dem OLAF in Kooperationsabkommen mit Drittstaaten und internationalen Organisationen, in Finanzhilfevereinbarungen, Finanzhilfebeschlüssen und Verträgen, sofern sich diese Abkommen, Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verträge aus der Durchführung dieses Beschlusses ergeben, ausdrücklich die Befugnis zu erteilen, derartige Rechnungsprüfungen sowie Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durchzuführen.
- 3. Empfänger von Finanzhilfen für die Maßnahmen gemäß Artikel 3 bewahren während eines Zeitraums von fünf Jahren ab der letzten Auszahlung alle Belege über die mit der betreffenden Maßnahme zusammenhängenden Ausgaben für die Kommission auf.
Artikel 13
Überwachung und Bewertung
- 1. Die Kommission überwacht die Umsetzung des Programms zur SST-Unterstützung.
- 2. Bis zum 1. Juli 2018 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bewertungsbericht über die Umsetzung des Programms zur SST-Unterstützung vor. Dieser Bericht enthält Empfehlungen zur Erneuerung, Änderung oder Aussetzung der Maßnahmen, die mit dem Programm zur SST-Unterstützung gefördert werden, wobei Folgendes berücksichtigt wird:
- (a) Erreichung der Ziele des Programms zur SST-Unterstützung, im Hinblick auf sowohl Ergebnisse als auch Auswirkungen der mit dem Programm zur SST-Unterstützung geförderten Maßnahmen;
- (b) Effektivität des Ressourceneinsatzes.
Artikel 14
Ausschussverfahren
- 1. Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
- 2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
Artikel 15
Inkrafttreten
Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident/Die Präsidentin
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin
Finanzbogen zu vorgeschlagenen Rechtsakten
Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.
- 1. Siehe Rat der Europäischen Union, Entschließung zur Europäischen Raumfahrtpolitik (Brüssel, 25. Mai 2007, 10037/07 ), die den Ausgangspunkt der EU-Raumfahrtpolitik bildet; Entschließung des Rates "Weiterentwicklung der europäischen Raumfahrtpolitik" vom 26. September 2008 (Ratsdokument 13569/08); Entschließung des Rates über den "Beitrag der Raumfahrt zu Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen des Europäischen Konjunkturprogramms sowie weitere Schritte" vom 29. Mai 2009 (10500/09); Entschließung des Rates "Globale Herausforderungen: Aus den europäischen Weltraumsystemen uneingeschränkt Nutzen ziehen" vom 25. November 2010 (16864/10); Schlussfolgerungen des Rates zum Thema "Entwicklung einer Raumfahrtstrategie der Europäischen Union zum Nutzen der Bürger" vom 31. Mai 2011 und Entschließung des Rates "Leitlinien zum Mehrwert und Nutzen des Weltraums für die Sicherheit der europäischen Bürger" vom 6. Dezember 2011 (18232/11).
- 2. Rat der Europäischen Union, Entschließung "Weiterentwicklung der europäischen Raumfahrtpolitik", Brüssel, 26. September 2008 (13569/08).
- 3. Bericht des Europäischen Parlaments über die Mitteilung der Kommission zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger (2011/2148(INI)).
- 4. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: "Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger", KOM (2011) 152 endg. vom 4.4.2011.
- 5. ABl. C vom, S. .
- 6. ABl. C vom, S..
- 7. KOM (2011) 152 vom 4.4.2011.
- 8. CS 13569/08 vom 29.9.2008.
- 9. CS 16864/10 vom 26.11.2010.
- 10. CS 10901/11 vom 31.5.2011.
- 11. ABl. C 377 vom 23.12.2011, S. 1.
- 12. ABl. L 196 vom 27.4.2008, S. 1.
- 13. ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 1.
- 14. SEK(2011) 1247 endgültig vom 12.10.2011.
- 15. Ratsdokument 15715/11 vom 24.10.2011.
- 16. ABl. L 200 vom 25.7.2001, S. 5.
- 17. Ratsdokument 14698/12 vom 9.10.2012.
- 18. ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.
- 19. ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.
- 20. CS 14698/12 vom 9.10.2012.
- 21. KOM (2011) 814 endg. vom 31.11.2011. Verweis nach Annahme zu aktualisieren.
- 22. KOM (2011) 811 endg. vom 30.11.2011. Verweis nach Annahme zu aktualisieren.
- 23. KOM (2011) 753 endg. vom 15.11.2011. Verweis nach Annahme zu aktualisieren.
- 24. ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2.