A. Problem und Ziel
Der zügige Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, der optimale wirtschaftliche Einsatz konventioneller Kraftwerke und der verstärkte grenzüberschreitende Stromhandel machen den raschen Ausbau des Höchstspannungsübertragungsnetzes in Deutschland dringend erforderlich.
Mit den Beschlüssen zur Umsetzung der Energiewende wurde durch die §§ 12a ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein neues Verfahren zur Netzausbaubedarfsplanung eingeführt und wurden durch Verabschiedung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) die Grundlagen für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren gelegt. Den ersten Netzentwicklungsplan Strom hat die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) am 26. November 2012 bestätigt und der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan vorgelegt.
Die Bundesregierung hat am 19. Dezember 2012 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze beschlossen; mit dem in Artikel 1 dieses Gesetzentwurfs enthaltenen Bundesbedarfsplangesetz soll der Entwurf des Bundesbedarfsplans in ein Bundesgesetz überführt und für die enthaltenen Netzausbauvorhaben entsprechend § 12e Absatz 4 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt werden.
Die Bundesnetzagentur führt für die im Bundesbedarfsplangesetz gesondert gekennzeichneten länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen die Bundesfachplanung nach den §§ 4 ff. NABEG durch.
§ 2 Absatz 2 NABEG ermächtigt die Bundesregierung darüber hinaus, die Planfeststellungskompetenz bezüglich dieser Leitungen an die Bundesnetzagentur zuzuweisen, um Verzögerungen bei länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Projekten zu vermeiden.
B. Lösung
Mit dem vorliegenden Verordnungsentwurf wird von der Verordnungsermächtigung in § 2 Absatz 2 NABEG Gebrauch gemacht, indem die Zuständigkeit für die Durchführung von Planfeststellungsverfahren für im Bundesbedarfsplangesetz enthaltene länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die BNetzA übertragen wird.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Verordnung hat keine Auswirkungen auf die Einnahmen oder Ausgaben der öffentlichen Haushalte.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Mit der Verordnung entsteht kein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger.
Für die von dieser Verordnung erfassten länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben, die der Anpassung, Entwicklung und dem Ausbau der Übertragungsnetze dienen, wird die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs bereits im Bundesbedarfsplangesetz festgestellt. Die Vorhabenträger können gemäß § 65 Absatz 2a i.V.m.
§ 12c Absatz 4 EnWG zur Realisierung der Vorhaben verpflichtet werden.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die Verordnung bündelt die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren für die erfassten Leitungsvorhaben bei der Bundesnetzagentur. Das entlastet die Übertragungsnetzbetreiber dahingehend, dass für diese Vorhaben Planfeststellungsverfahren nicht mehr parallel in mehreren Bundesländern durchgeführt werden müssen und dass den Vorhabenträgern in dem Verfahren ein einheitlicher Ansprechpartner zur Verfügung steht. Mangels praktischer Erfahrungen mit den Beschleunigungsinstrumenten ist eine Konkretisierung der Kostenersparnis derzeit nicht möglich.
Die Verordnung führt keine neuen Informationspflichten ein.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Die durch die Verordnung vorgesehenen Änderungen führen zu keinem weiteren Personalbedarf bei der Bundesnetzagentur, bei Ländern oder Kommunen.
Die Planungs- und Genehmigungsbehörden der Länder werden entlastet, da die Aufgaben für die Durchführung der Planfeststellung für die von der Verordnung erfassten länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben fortan von der Bundesnetzagentur wahrgenommen werden.
Der entsprechende Personalbedarf bei der Bundesnetzagentur wurde bereits bei der Verabschiedung des Ersten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze berücksichtigt.
F. Weitere Kosten
Keine.
Verordnung der Bundesregierung
Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungverordnung - PlfZV)
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 25. April 2013
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungverordnung - PlfZV) mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungverordnung - PlfZV)
Vom ...
Auf Grund des § 2 Absatz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1690) verordnet die Bundesregierung:
§ 1 Durchführung der Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen führt die Planfeststellungsverfahren nach Abschnitt 3 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz durch für
- 1. die gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbedarfsplangesetzes in der Anlage zu diesem Gesetz mit "A1" gekennzeichneten länderübergreifenden Höchstspannungsleitungen und
- 2. die gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 des Bundesbedarfsplangesetzes in der Anlage zu diesem Gesetz mit "A2" gekennzeichneten grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, soweit diese nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres fallen.
§ 2 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens nach Artikel 4 Absatz 1 des Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze] in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt
1. Ausgangslage
Der zügige Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, der optimale wirtschaftliche Einsatz konventioneller Kraftwerke und der verstärkte grenzüberschreitende Stromhandel im EU-Binnenmarkt machen den raschen Ausbau des Höchstspannungsübertragungsnetzes in Deutschland dringend erforderlich (zu den technischen Hintergründen, zur Situation der Höchstspannungsnetze und zum Ausbaubedarf ausführlich die Begründungen zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz, Bundestagsdrucksache 17/6073, und zum Bundesbedarfsplangesetz, Bundesratsdrucksache 819/12 (PDF) ).
2. Energierechtlicher Hintergrund
Mit den Beschlüssen zur Umsetzung der Energiewende wurde durch die §§ 12a ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein neues Verfahren zur Netzausbaubedarfsplanung eingeführt und wurden durch Verabschiedung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) die Grundlagen für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren gelegt. Diese Maßnahmen dienen dem Ziel, den Netzausbau im Hinblick auf die mit der Energiewende beabsichtigte Transformation der Energiesysteme zu beschleunigen und zugleich die technischen Voraussetzungen für einen verstärkten grenzüberschreitenden Stromhandel zu schaffen.
Den ersten Netzentwicklungsplan Strom hat die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) am 26. November 2012 bestätigt und der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan vorgelegt.
Die Bundesregierung hat am 19. Dezember 2012 als Artikel 1 des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze den Entwurf eines Bundesbedarfsplangesetzes verabschiedet, mit dem der Entwurf des Bundesbedarfsplans in ein Bundesgesetz überführt und für die enthaltenen Netzausbauvorhaben entsprechend § 12e Absatz 4 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt wird.
Die Bundesnetzagentur führt für die im Bundesbedarfsplangesetz gesondert gekennzeichneten länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen die Bundesfachplanung nach den §§ 4 ff. NABEG durch.
§ 2 Absatz 2 NABEG ermächtigt die Bundesregierung darüber hinaus zur Einführung eines bundeseinheitlichen Planfeststellungsverfahrens, um Verzögerungen bei länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Projekten zu vermeiden.
3. Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren
Mit Inkrafttreten des Bundesbedarfsplangesetzes finden die Regelungen des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz gemäß § 2 Absatz 1 NABEG auf die Errichtung oder Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen Anwendung. Für diese Vorhaben werden die Trassenkorridore im Rahmen der Bundesfachplanung nach §§ 4 ff. NABEG festgelegt. Zudem findet gemäß §§ 18 ff. NABEG ein bundeseinheitliches Planfeststellungsverfahren Anwendung.
Mit § 2 Absatz 2 NABEG wird die Bundesregierung ermächtigt, die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellung für die betroffenen Leitungsvorhaben an die Bundesnetzagentur zuzuweisen. Diese Maßnahmen sollen insbesondere dazu dienen, Verzögerungen bei Projekten, die Ländergrenzen überschreiten, zu vermeiden.
Die Bundesnetzagentur führt für die im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen die Bundesfachplanung nach den §§ 4 ff. NABEG durch. In der Bundesfachplanung werden die Trassenkorridore der erfassten Höchstspannungsleitungen verbindlich festgestellt. Das umfasst die Prüfung der Trassenkorridore hinsichtlich ihrer Raum- und Umweltverträglichkeit und beinhaltet ihre zeichnerische Darstellung. Diese Prüfungen ersetzen für diese Vorhaben die Durchführung von Raumordnungsverfahren. Die Festlegungen der Bundesfachplanung sind für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren verbindlich.
Mit der Durchführung der Bundesfachplanung durch die Bundesnetzagentur wird gewährleistet, dass für ein Vorhaben einheitliche Verfahrensvorschriften Anwendung finden, eine einheitliche Rechtspraxis erfolgt und ein einziger Ansprechpartner für die Vorhabenträger zur Verfügung steht.
Im Wege der durch diese Verordnung erfolgenden Zuweisung (auch) der Planfeststellungsverfahren an die Bundesnetzagentur sollen zusätzliche Synergiepotentiale genutzt, Verfahren beschleunigt, die Transparenz der Verfahren erhöht und der Verwaltungsaufwand reduziert werden:
- - Die Bündelung der Kompetenz für die Bundesfachplanung und die Planfeststellung bei ein und derselben Behörde gewährleistet eine einheitliche und stringente Handhabung der wichtigen länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben des Bundesbedarfsplans. Doppelprüfungen, Informationsverluste oder sonstige Brüche zeitlicher bzw. organisatorischer Art werden vermieden und eine gesamtstaatliche Koordination über alle Planungsstufen hinweg ermöglicht. Erst damit kommt die im Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz angelegte Verzahnung von Bundesfachplanung und Planfeststellungsverfahren im Interesse der Beschleunigung der Gesamtplanung voll zum Tragen. - Die Bündelung beider Verfahren bei einer Behörde ist geeignet, Synergieeffekte zu erzielen und Verwaltungskosten zu reduzieren. Zudem kann die Bundesnetzagentur weitere Synergien heben, da sie regulierungsseitig die für den Netzausbau notwendigen Investitionsmaßnahmen genehmigt. Insofern ergeht die Entscheidung über Ausbau und Kosten der erfassten Leitungen "aus einer Hand", was nicht nur die verwaltungsseitigen Abläufe strafft, sondern auch den Übertragungsnetzbetreibern Planungs- und Investitionssicherheit verschafft. Sie erhalten einen einheitlichen entscheidungsbefugten Ansprechpartner für das gesamte Planungsverfahren.
- - Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Vorhabenträger nicht zunächst bei einer Behörde die Unterlagen für die Bundesfachplanung vorlegen und später bei einer anderen Behörde die Unterlagen für die Planfeststellung einreichen müssen. Ist - wie in dieser Verordnung vorgesehen - nur eine Behörde für beide Verfahren zuständig, so kann im Planfeststellungsverfahren ggf. auf vorhandenen Daten aufgebaut werden. Dies hat insbesondere für das Verhältnis von Strategischer Umweltprüfung (bei der Bundesfachplanung) und Umweltverträglichkeitsprüfung (im Planfeststellungsverfahren) besondere Bedeutung. Hier kann im konkreten Einzelfall eine abgeschichtete Prüfung erfolgen.
4. EU-rechtlicher Kontext
Der Ausbau der transeuropäischen Energieleitungen rückt auch zunehmend in den Fokus der Energiepolitik der Europäischen Union. Auf Basis des Vertrags von Lissabon (BGBl. 2008 II S. 1038) verfügt die Europäische Union mit Artikel 194 der Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über einen eigenen energiepolitischen Kompetenztitel, der durch die Kompetenz nach den Artikeln 170-172 AEUV zum Erlass von Leitlinien für transeuropäische Netze, u.a. im Bereich Energieinfrastruktur, ergänzt wird.
Die Europäische Kommission sieht im Hinblick auf die Realisierung des Binnenmarktes für Energie die Notwendigkeit zu einer deutlichen Beschleunigung der Realisierung von Leitungsvorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse. Die Mitteilung der Kommission zu "Energieinfrastrukturprioritäten bis 2020 und danach - ein Konzept für ein integriertes europäisches Energienetz" vom 17. November 2010 ( KOM (2010) 677, S. 15) nennt erneut die komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren als Hauptgrund für die meisten Verzögerungen bei den Leitungsbauvorhaben von europäischem Interesse. Auf Basis dieser Analyse legte die Kommission am 19.10.2011 Vorschläge für ein "Energieinfrastrukturpaket" (EIP) vor, die auf eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus wichtiger grenzüberschreitender Energieinfrastrukturen bis 2020 abzielen ((KOM (2011) 658) und KOM (2011) 665)). Rat und Europäisches Parlament haben auf Basis des Kommissionsvorschlags im März 2013 eine "Verordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur" (TEN-E-Verordnung) beschlossen, die voraussichtlich im Mai 2013 in Kraft treten wird. Die Verordnung soll der Identifikation und Förderung vorrangiger Infrastrukturprojekte im Energiesektor (Bereiche Strom, Gas und Öl sowie intelligente Netze, Stromautobahnen und CO₂-Transportinfrastruktur) dienen.
Kern der TEN-E-Verordnung sind Vorschriften zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren für Energieinfrastrukturvorhaben, die als Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse identifiziert wurden. Nach Artikel 8 Absatz 1 der TEN-E-Verordnung werden die Mitgliedstaaten zur Benennung einer nationalen Behörde ("onestopshop"), verpflichtet, die für die Betreuung der Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse verantwortlich ist, von der Antragstellung bis zur finalen Genehmigung. Eine Abweichung dahingehend, dass für ein einzelnes Vorhaben bzw. eine bestimmte Kategorie von Vorhaben eine andere Behörde zuständig ist, ist nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass diese Behörde das jeweilige Vorhaben in seiner Gesamtheit betreut und als einziger Ansprechpartner bis zur Annahme einer umfassenden Entscheidung über das Vorhaben fungiert (Artikel 8 Absatz 2). Da die Zuständigkeit für die Durchführung der Bundesfachplanung für grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen gemäß §§ 4 ff. NABEG nach geltender Rechtslage bei der Bundesnetzagentur liegt, entspricht es dem Konzept der TEN-E-Verordnung, ihr insoweit auch die Zuständigkeit für die Planfeststellung zu übertragen.
Artikel 10 der TEN-E-Verordnung schreibt zudem verbindliche Verfahrensfristen vor: Die Festlegung des Verlaufs von Leitungstrassen, einschließlich der Planung bestimmter Leitungskorridore, sowie die Durchführung projektbezogener Planungs- und Genehmigungsverfahren muss im Rahmen einer "umfassenden Entscheidung" innerhalb einer Gesamtfrist von dreieinhalb Jahren erfolgen, die um maximal 9 Monate verlängert werden kann. Eine derartige Beschleunigung kann nur dann erreicht werden, wenn Synergieeffekte zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung in optimaler Weise genutzt werden. Dafür ist es erforderlich, beide Verfahren bei einer Behörde zu bündeln
Deutschland ist von den Energieinfrastrukturleitlinien als zentrales Strom-Transitland in Europa in besonderem Maße betroffen. Dies zeigt sich u.a. darin, dass im vorläufigen Auswahlverfahren von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern im Ländervergleich die meisten Vorschläge für Projekte von gemeinsamem Interesse übermittelt wurden. Darunter befinden sich sämtliche im Bundesbedarfsplangesetz enthaltenen grenzüberschreitende Leitungsvorhaben.
5. Beteiligung der Länder an der Bundesfachplanung sowie im Planfeststellungsverfahren
Die Länder werden von der Bundesnetzagentur im Bundesfachplanungs- sowie im Planfeststellungsverfahren umfassend beteiligt.
Im Rahmen der Bundesfachplanung nehmen die zuständigen Länder in der Antragskonferenz nach § 7 Absatz 2 NABEG an der Erörterung von Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung teil, wobei insbesondere erörtert wird, inwieweit Übereinstimmung der beantragten Korridore mit den Erfordernissen der Raumordnung der betroffenen Länder besteht oder hergestellt werden kann. Sie können gemäß § 7 Absatz 3 i.V.m. § 6 Satz 1 Nummer 1 NABEG konkrete Vorschläge für die Trassenführung vorlegen sowie als Träger öffentlicher Belange im Rahmen des Beteiligungsverfahrens Stellungnahmen übermitteln (§ 9 Absatz 2 NABEG) und gegen die Bundesfachplanungsentscheidung Einwendungen erheben (§ 14 NABEG).
Im Rahmen der Planfeststellungsverfahren nehmen die zuständigen Länderbehörden ebenso wie kommunale Gebietskörperschaften als Träger öffentlicher Belange an der Antragskonferenz nach § 20 NABEG teil und können dort spezifische Länder- und Kommunalinteressen schon bei der Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens darlegen. Die Bundesnetzagentur leitet die vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen gemäß § 22 Absatz 1 Nummer 1 NABEG an die betroffenen Träger öffentlicher Belange weiter und fordert sie zur Stellungnahme auf, in der sie die für sie wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte darlegen, die für die Verwirklichung des Vorhabens von Bedeutung sind. Die Länderbehörden sind außerdem zum Erörterungstermin nach § 22 Absatz 7 NABEG (§ 22 Absatz 7 Satz 2 NABEG i.V.m. § 73 Absatz 6 Satz 1 bis 5 VwVfG) zu laden.
Darüber hinaus wirken die Länder gemäß § 32 Absatz 1 Satz 2 NABEG im Bundesfachplanungsbeirat mit. Der Bundesfachplanungsbeirat hat die Aufgabe, die Bundesnetzagentur bei Grundsatzfragen der Bundesbedarfsplanung und zur Aufstellung des Bundesnetzplans sowie zur den Grundsätzen der Planfeststellung zu beraten. Er kann zugleich selbst die Offenlegung von Informationen durch die Bundesnetzagentur verlangen. Der Bundesfachplanungsbeirat dient damit auf allen Planungsstufen dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen seinen Mitgliedern.
Die Bundesnetzagentur beabsichtigt darüber hinaus, Strukturen für eine enge Abstimmung mit den Länderbehörden bei der Durchführung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen zu entwickeln, um eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zur gewährleisten. Einzelheiten werden auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht.
Die Einbeziehung der Länder auf allen Stufen des Planungsprozesses gewährleistet eine engen Zusammenarbeit und einen umfassenden Informationsaustausch, so dass die Interessen der betroffenen Länder, frühzeitig und umfassend Berücksichtigung finden.
II. Alternativen
Es stehen keine anderweitigen Lösungen zur Verfügung, um Verzögerungen bei der Planung und Genehmigung von Leitungsausbauvorhaben abzubauen. Der zügige Ausbau des Anteils Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, die optimale Standortwahl neuer konventioneller Kraftwerke und der verstärkte grenzüberschreitende Stromhandel erfordern den schnellen Ausbau der Höchstspannungsnetze. Hierfür sind einfache, transparente und zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren aus einer Hand notwendig.
III. Folgen
1. Kosten für die öffentlichen Haushalte
Die durch die Verordnung vorgesehenen Änderungen führen zu keinem weiteren Personalbedarf bei der Bundesnetzagentur, bei Ländern oder Kommunen.
Die Planungs- und Genehmigungsbehörden der Länder werden entlastet, da die Aufgaben für die Durchführung der Planfeststellung für die im Bundesbedarfsplangesetz bezeichneten länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben fortan von der Bundesnetzagentur wahrgenommen werden.
Der entsprechende Personalbedarf bei der Bundesnetzagentur wurde bereits bei der Verabschiedung des Ersten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze berücksichtigt. Derzeit ist die Bundesnetzagentur mit der inhaltlichen, verfahrensmäßigen und organisatorischen Vorbereitung der Bundesfachplanung sowie der anschließenden Planfeststellung befasst. Die Einstellung externen Personals wird kontinuierlich betrieben. Im Personalhaushalt 2012 sind 148 Personaleinheiten für den Bereich Netzentwicklung/Netzausbau vorgesehen, weitere 72 werden für 2013 erwartet. Derzeit sind bei der Bundesnetzagentur etwa 100 Mitarbeiter in diesem Bereich tätig, mit einem breiten beruflichen Hintergrund. Bis Ende 2013 soll diese Zahl in etwa verdoppelt werden. Parallel wurden bei der Bundesnetzagentur weitere Projektreferate eingerichtet.
Die ersten Anträge auf Bundesfachplanung werden für Sommer 2013 nach Inkrafttreten des Bundesbedarfsplangesetzes erwartet. Mit den Bundesfachplanungsverfahren kann dann unmittelbar begonnen werden. Bereits jetzt werden von der Bundesnetzagentur weitere Vorbereitungen und ein enger und intensiver Dialog u.a. mit den Ländern durchgeführt. Bereits in 2012 hat die Bundesnetzagentur unter Beteiligung von Bundes- und Länderbehörden einen umfassenden Leitfaden und eine Mustergliederung für die von den Vorhabenträgern einzureichenden Anträge und Unterlagen erarbeitet.
Die Planfeststellungsverfahren werden zeitlich wie inhaltlich nahtlos an die Bundesfachplanung anknüpfen, da diese "abgeschichtet", d.h. mit Blick auf die anschließende Planfeststellung durchgeführt werden und beide Verfahrensstufen grundsätzlich auf denselben fachlichen Expertisen (z.B. umwelt- und raumbezogene Prüfungen) beruhen. Beispielsweise wird in der Bundesfachplanung eine strategische Umweltprüfung durchgeführt, auf deren Inhalte im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Planfeststellung zurückgegriffen werden kann. Die inhaltlichen Prüfungen werden von Verfahrensstufe zu Verfahrensstufe verfeinert.
Die Bundesnetzagentur verfügt somit über die notwendigen personellen und fachlichen Ressourcen zur Durchführung der Bundesfachplanungs- und Planfeststellungsverfahren.
2. Kosten für die Wirtschaft
Die Verordnung bündelt die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren für die erfassten Leitungsvorhaben bei der Bundesnetzagentur. Das entlastet die Übertragungsnetzbetreiber dahingehend, dass für diese Vorhaben Planfeststellungsverfahren nicht mehr parallel in mehreren Bundesländern durchgeführt werden müssen. Eine weitere Entlastung entsteht dadurch, dass Bundesfachplanung und Planfeststellung bei einer Behörde durchgeführt werden. Die Vorhabenträger müssen nicht zunächst bei einer Behörde die Unterlagen für die Bundesfachplanung aufbereiten und später bei einer anderen Behörde die Unterlagen für die Planfeststellung einreichen. Vielmehr kann im Planfeststellungsverfahren soweit wie möglich auf vorhandenen Daten aus der Bundesfachplanung aufgebaut werden. Dies hat insbesondere für das Verhältnis von Strategischer Umweltprüfung (bei der Bundesfachplanung) und Umweltverträglichkeitsprüfung (im Planfeststellungsverfahren) besondere Bedeutung. Hier kann im konkreten Einzelfall eine abgeschichtete Prüfung erfolgen. Damit wird Verwaltungsaufwand vermindert, was mittelbar dämpfend auf die Strompreise wirkt. Mangels praktischer Erfahrungen mit den Beschleunigungsinstrumenten ist eine Konkretisierung der Kostenersparnis derzeit noch nicht möglich.
Die Verordnung führt keine neuen Informationspflichten ein.
3. Gleichstellungspolitische Bedeutung
Die Verordnung hat keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.
4. Nachhaltigkeit
Der Verordnungsentwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinn der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Mit dem Verordnungsentwurf soll der Ausbau der Netzinfrastruktur mit Blick auf eine nachhaltige Stromversorgung vereinfacht und beschleunigt werden. Die Beschleunigung des Netzausbaus dient vor allem dem Ausbau von erneuerbaren Energien als Eckpfeiler einer nachhaltigen Energieversorgung.
IV. Befristung
Eine Befristung kommt nicht in Betracht, da der Übertragungsnetzausbau und der erforderliche Behördenaufbau auf einen langen Zeitraum angelegt sind. Dementsprechend sind auch das Netzausbaubeschleunigungsgesetz, § 12e Absatz 4 EnWG und das Bundesbedarfsplangesetz nicht befristet.
B. Besonderer Teil
Zu § 1
Mit der Vorschrift legt der Verordnungsgeber fest, für welche Vorhaben im Höchstspannungsübertragungsnetz die Bundesnetzagentur die Planfeststellung nach den §§ 18 ff. NABEG durchführt.
Mit § 2 Absatz 2 NABEG wurde bereits die Grundentscheidung getroffen, dass die Bundesnetzagentur für wichtige Leitungsvorhaben neben der Bundesfachplanung auch die Planfeststellung durchführen soll. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt der zentrale Hebel zur Beschleunigung von Netzvorhaben darin, die Planfeststellungskompetenz bei einer zentralen Stelle zu bündeln. Dementsprechend wird die Planfeststellungszuständigkeit für alle im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen der Bundesnetzagentur zugewiesen. Dies gilt nicht für die Leitungsabschnitte, die in den Anwendungsbereich der Seeanlagenverordnung fallen, auf die der Abschnitt 3 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz gemäß § 2 Absatz 5 NABEG keine Anwendung findet. Die Zuständigkeit für Planfeststellungsverfahren in der Ausschließlichen Wirtschaftszone verbleibt gemäß § 2 Absatz 2 Seeanlagenverordnung beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.
Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land werden derzeit nicht erfasst.
Zu § 2
Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung.
->
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (NKR-Nr. : 2551)
Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben geprüft.
| Erfüllungsaufwand |
Wirtschaft | Mit dem Regelungsvorhaben wird kein Erfüllungsaufwand ausgelöst, der über die im Netzausbaubeschleunigungsgesetz ausgewiesenen Auswirkungen hinausgeht. |
Bürger |
Verwaltung |
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben. |
Mit dem Regelungsvorhaben wird festgelegt, für welche Vorhaben nach dem Bundesbedarfsplangesetz die Bundesnetzagentur die Planfeststellung durchführen wird. Die Grundentscheidung für diese Zuständigkeitsübertragung wurde bereits durch eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage im Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) getroffen. Mit dem Regelungsvorhaben werden keine Vorgaben eingeführt, die über diese im NABEG getroffene Grundentscheidung hinausgehen.
Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter