993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020
A
Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 58b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AMG), Buchstabe b Doppelbuchstabe aa (§ 58b Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 AMG), Nummer 8 (Anlage 2 Nummer 5 Buchstabe c, Nummer 7 Buchstabe d AMG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Buchstabe a Doppelbuchstabe aa ist in § 58b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 das Wort "Anwendungs-" durch die Wörter "Datum der ersten Anwendung" zu ersetzen.
- bb) In Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist in § 58b Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 das Wort "Anwendungs-" durch die Wörter "Datum der ersten Anwendung" zu ersetzen.
- b) In Nummer 8 ist Anlage 2 wie folgt zu ändern:
- aa) In Nummer 5 Buchstabe c ist das Wort "Anwendungs-" durch die Wörter "Datum der ersten Anwendung" zu ersetzen.
- bb) In Nummer 7 Buchstabe d ist das Wort "Anwendungs-" durch die Wörter "Datum der ersten Anwendung" zu ersetzen.
Begründung:
Tierhalter, die Tiere halten, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, müssen gemäß der Tierhalter-Arzneimittelanwendungs- und Nachweisverordnung jede Anwendung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln einzeln dokumentieren. Mit der Änderung soll klargestellt werden, dass bei den Mitteilungen nach § 58b des Arzneimittelgesetzes nur das Datum der ersten Anwendung und nicht das Datum jeder einzelnen Anwendung von Arzneimitteln mit antibiotischen Wirkstoffen innerhalb der jeweiligen Behandlung mitzuteilen ist. Durch die Verknüpfung zwischen der Anzahl der Behandlungstage mit dem Datum der ersten Anwendung des Arzneimittels wird eine datumsgenaue Zuordnung von Antibiotikaanwendungen zum jeweiligen Halbjahr gewährleistet.
2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe Satz 1 AMG), Buchstabe c - neu - (§ 58c Absatz 4 Satz 2 AMG), Nummer 2a - neu - (§ 58d Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AMG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Die Erstellung eines Maßnahmenplans sollte zeitlich enger an das Ende desjenigen Erfassungshalbjahres, in dem die Kennzahl 2 überschritten wurde, und damit an die Ursachen eines erhöhten Antibiotikaeinsatzes gekoppelt werden.
Derzeit kann die Zeitspanne zwischen dem Ende eines Erfassungshalbjahres bis zur Vorlage des Maßnahmenplans zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bis zu sieben Monate betragen. Das Arzneimittelgesetz sieht vor, dass die nach dem Plan zu ergreifenden Maßnahmen von der Tierhalterin / vom Tierhalter innerhalb von weiteren sechs Monaten zu erfüllen sind. Das hat zur Folge, dass die Zeitspanne zwischen dem Ende eines Erfassungshalbjahres bis zur Umsetzung der Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bis zu 13 Monate betragen kann.
Zu diesem Zeitpunkt sind bereits zwei weitere Erfassungshalbjahre nach Ende desjenigen Erfassungshalbjahres, in dem die Kennzahl 2 überschritten wurde, abgelaufen. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in diesen Halbjahren erneut zu einem erhöhten Einsatz von Antibiotika und einer weiteren Überschreitung der Kennzahl 2, eventuell auch in andersartigen Ursachen begründet, kommen kann.
Um den Antibiotikaeinsatz innerhalb eines Betriebes effektiv zu reduzieren, sollten die Ursachen des erhöhten Einsatzes durch das zeitnahe Ergreifen geeigneter Maßnahmen abgestellt werden. Förderlich hierfür wäre die zeitlich engere Kopplung zwischen dem erhöhten Antibiotikaeinsatz bzw. der Überschreitung der Kennzahl 2 und der Erstellung eines Maßnahmenplans - und damit der Umsetzung der Maßnahmen.
Durch die Verkürzung der Zeitspanne zur Vorlage eines Maßnahmenplans von sieben auf fünf Monate nach Ende des Erfassungshalbjahres wären zudem alle Verpflichtungen der Tierhalterin/des Tierhalters (abgesehen von der Umsetzung der Maßnahmen - sofern nicht bereits geschehen) bereits vor Ablauf des nächsten Erfassungshalbjahres erfüllt, was Überschneidungen vermeiden und zu mehr Klarheit und einer besseren Übersichtlichkeit der zu bewältigenden Aufgaben für den Tierhalter führen kann.
3. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 58d Absatz 2 Nummer 2 Satz 2 - neu - AMG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:
"2a. Dem § 58d Absatz 2 Nummer 2 wird folgender Satz angefügt:
"Auf den Maßnahmenplan nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 kann verzichtet werden, wenn die Kennzahl 2 bei 0,000 liegt und der Tierhalter der zuständigen Behörde glaubhaft darlegt, dass die durchgeführten Behandlungen erforderlich waren." "
Begründung:
Ziel des Antibiotikaminimierungskonzeptes ist es die Antibiotikaanwendung auf das aus Tierschutz- und Tiergesundheitssicht nötige Minimum zu reduzieren. Erreicht die Kennzahl 2 den Wert 0,000 ist davon auszugehen, dass dieses Ziel erreicht wurde. Bei einer Kennzahl 2 von 0,000 muss schon bei nur einer Behandlung eines Tieres mit einem antimikrobiellen Tierarzneimittel in einem meldepflichtigen Betrieb ein Maßnahmenplan erstellt und bei der zuständigen Behörde abgegeben und geprüft werden.
Dagegen besteht die Gefahr, dass notwendige Behandlungen unterbleiben, um nicht die Kennzahl 2 zu überschreiten.
Mit der Neuregelung kann von der Erstellung der Maßnahmenpläne abgesehen werden, wenn die Kennzahl 2 bei 0,000 liegt. Dadurch werden sowohl die Verwaltungen als auch die Betriebe entlastet. Die Meldepflicht bleibt unberührt.
4. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 58f AMG)
In Artikel 1 Nummer 3 ist § 58f wie folgt zu fassen:
" § 58f Verarbeitung und Übermittlung von Daten
(1) Die nach den §§ 58a bis 58d erhobenen Daten dürfen ausschließlich zu folgenden Zwecken verarbeitet werden:
- 1. zur Ermittlung und Berechnung der Therapiehäufigkeit und
- 2. zur Durchführung einer Risikobewertung nach § 58c Absatz 2 Satz 5 und für den Bericht nach § 58c Absatz 2 Satz 6.
(2) Über die Verarbeitung nach Absatz 1 hinaus sind die zuständigen Behörden in den Ländern befugt, Daten einschließlich personenbezogener Daten mittels einer Datenbank auch in Form automatisierter Abrufverfahren und regelmäßiger Datenübermittlung zu verarbeiten, wenn und soweit
- 1. die Daten im Zusammenhang mit amtlichen Kontrollen der Tätigkeiten von Unternehmern in den Bereichen
- a) Tierarzneimittel,
- b) Lebensmittel,
- c) Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen,
- d) Futtermittel,
- e) Tiergesundheit,
- f) Tierische Nebenprodukte und
- g) Tierschutz erhoben worden sind und
- 2. die Verarbeitung
- a) dazu dient, die Tätigkeiten der Unternehmer in den in Nummer 1 genannten Bereichen den geltenden Vorschriften entsprechend wirksam amtlich zu kontrollieren, und
- b) zur Aufgabenerfüllung der zuständigen Behörden erforderlich ist.
Die Befugnis nach Satz 1 gilt sowohl für die Datenverarbeitung zwischen den zuständigen Behörden desselben Landes als auch zwischen den zuständigen Behörden verschiedener Länder. Als zuständige Behörden gelten auch die von den Ländern eingerichteten gemeinsamen Stellen im Medizinprodukte- und Arzneimittelbereich."
Begründung:
Um die Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 umsetzen und eine integrierte Risikobeurteilung vornehmen zu können, müssen wenigstens die Daten aus allen in Artikel 1 Absatz 2 dieser Verordnung zwischen den zuständigen Behörden in den genannten Bereichen ausgetauscht werden können. Dies gilt auch für den Bereich der Tierarzneimittelüberwachung, wenn dieser auch formal nicht vollständig durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/625 über amtliche Kontrollen abgedeckt ist. Kontrollen zu Rückständen von Arzneimitteln und Antibiotikaresistenzen sind darin direkt geregelt und Erwägungsgrund 6 der Verordnung hebt die wichtige Rolle auch im Rahmen der Risikobeurteilung nach Artikel 9 hervor.
Nach Artikel 4 Absatz 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2019/2090 können amtliche Kontrollen, die - letztlich - in Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 erfolgen, auch Kontrollen bei Herstellern, Händlern, Transportunternehmern und Produktionsstätten von pharmakologisch wirksamen Stoffen und Tierarzneimitteln, von Apotheken, allen relevanten Akteuren in der Lieferkette und allen anderen von der Untersuchung betroffenen Standorten umfassen. Welche Behörde im Einzelnen welche Amtshandlung durchführt, lässt das Unionsrecht offen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Umgang mit den Betroffenen und der Verwaltungspraxis und - ökonomie erscheint es naheliegend, die mehrfache Vornahme gleicher Kontrollen bei demselben Unternehmer durch - zum Beispiel - Lebensmittelüberwachungsbehörde und Tierarzneimittelüberwachungsbehörde dadurch zu vermeiden, dass diese verschiedenen Behörden ihre jeweils bereits vorliegenden Informationen miteinander teilen, soweit dies für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist.
Das Unionsrecht sieht einen umfassenden Begriff von Gesundheit, den sogenannten onehealth-Ansatz vor. Neben der gesamten Lebensmittelkette und der Tiergesundheit ist die Anwendung von Medikamenten ein weiteres zentrales Element. Die Verordnung (EU) Nr. 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG verweist in ihren Erwägungsgründen auf die enge Verflechtung zwischen Tiergesundheit, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit und Arzneimittelanwendung. Gemäß Artikel 123 Absatz 1 Buchstabe f dieser Verordnung sind Kontrollen bei Eigentümern und Haltern von der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren durchzuführen. Gemäß Absatz 2 sind diese Kontrollen regelmäßig und auf Risikobasis durchzuführen.
Zu berücksichtigen sind dabei die gleichen Kriterien wie sie in der Verordnung über amtliche Kontrollen beschrieben werden.
Nach Artikel 123 Absatz 3 Buchstabe c der Verordnung müssen die zuständigen Behörden jeden Hinweis auf einen möglichen Verstoß berücksichtigen. Hinweise auf mögliche Verstöße erhält die Behörde sinnvollerweise aber vor allem auch durch Informationen aus den anderen Kontrollbereichen.
Die Zielsetzung von Tiergesundheits- und Arzneimittelrecht ist also die gleiche. Erreichen lässt sich das Ziel nur durch einen integrierten Ansatz, der nicht ohne einen umfassenden Informationsaustausch auskommt.
Absatz 2 Satz 2 stellt klar, dass die Datenverarbeitung nicht nur jeweils landesintern, sondern länderübergreifend zulässig ist.
Nach Absatz 2 Satz 3 dürfen sich auch bestimmte länderübergreifende Stellen wie insbesondere die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) an dem Datenaustausch beteiligen.
B
5. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.