Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zur Eingangsformel
Die Eingangsformel ist wie folgt zu fassen:
"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:"
Begründung:
Die Eingangsformel zum dritten Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes lautet bisher "Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen" und bringt damit zum Ausdruck, dass es sich um ein bloßes Einspruchsgesetz nach Artikel 77 Absatz 3 GG handelt. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zutreffend.
Das mit diesem Gesetz zu ändernde TKG vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) ist nach Artikel 87f Absatz 1 GG zustimmungsbedürftig. Auch das vorliegende Änderungsgesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt es eine Reihe von Fällen, in denen für die Änderung eines Zustimmungsgesetzes wiederum die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist. Das liegt auf der Hand, wenn das Änderungsgesetz selbst neue Vorschriften enthält, die ihrerseits die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen. Gleiches gilt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, wenn von der Änderung solche Regelungen des geänderten Gesetzes betroffen sind, die seine Zustimmungsbedürftigkeit begründet hatten. Siehe hierzu BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 1974 - 2 BvF 2/73 und 003/73 - NJW 1974, 1751 (1752).
Dies ist vorliegend der Fall, denn § 41a TKG, welcher mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gestrichen werden soll, wurde mit dem Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012 (BGBl. I S. 958) durch ein Zustimmungsgesetz eingeführt.
Die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts gilt umso mehr, da mit der Streichung von § 41a TKG auch ein Recht des Bundesrates auf Zustimmung zu einer Rechtsverordnung gestrichen werden soll.
Weiterhin ist in den Grundsätzen des TKG in § 2 Absatz 6 festgelegt, dass die Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien unabhängig von der Art der Übertragung zu berücksichtigen sind. Die Verbreitung von audiovisuellen Inhalten über das Internet nimmt stetig an Umfang und Bedeutung zu.
Dadurch greift der Gesetzentwurf in die Zuständigkeit der Länder nach den Artikeln 30 und 70 GG für Belange des Rundfunks und der vergleichbaren Telemedien ein.
Die Länder sind wegen des verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrags aus Artikel 5 GG unter anderem gefordert, die Entwicklung des Zugangs zum und die Angebotsvielfalt im Internet zu beobachten und möglicherweise auftretenden Tendenzen der Beschränkungen entgegenzuwirken. Diesbezügliche Aufgaben sind unter anderem den Landesmedienanstalten sowie in der binnenpluralen Aufsicht den Gremien der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zugewiesen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird in diese Zuständigkeit für Rundfunk und vergleichbare Telemedien über den Übertragungsweg Internet eingegriffen. Auch daher ist es zustimmungsbedürftig.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 ( § 41a TKG)
Artikel 1 Nummer 1 ist zu streichen.
Begründung:
§ 41a TKG wurde mit dem Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012 auf Anregung des Bundesrates eingeführt. Nach § 41a TKG unterliegen Rechtsverordnungen der Bundesregierung zur Netzneutralität mit grundsätzlichen Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung und den diskriminierungsfreien Zugang zu Inhalten der ausdrücklichen Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates.
Der Bundesrat hält die Regelung weiterhin für erforderlich, auch wenn die inzwischen in Kraft getretene TSM-VO gewisse Anforderungen an die Gewährleistung von Netzneutralität sowie Mindestanforderungen an die Dienstequalität umschreibt.
Sowohl die TSM-VO als auch die von dem Gremium der Europäischen Regulierungsstellen für Telekommunikation (GEREK) aufgrund von Artikel 5 Absatz 3 TSM-VO entworfenen Leitlinien sind teilweise wenig konkret, im Konjunktiv formuliert, verwenden unbestimmte Rechtsbegriffe, verweisen pauschal auf die Endnutzerrechte nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 TSM-VO und sehen statt eindeutiger Vorgaben vielfach Einzelfallentscheidungen der jeweiligen nationalen Regulierungsbehörde vor. Zudem können die materiellen Kriterien im Rahmen der Konsultation des Leitlinienentwurfs bis zu deren Verabschiedung noch weiter aufgeweicht werden.
Eine Rechtsverordnung nach § 41a TKG könnte die grundlegenden Kriterien für Einzelfallentscheidungen festlegen und sowohl Transparenz wie auch Rechtssicherheit gewährleisten.
Die in § 41a TKG vorgesehene Zustimmung des Bundesrates ist Ausdruck der föderalen Zusammenarbeit und stellt in einer rechtlich verbindlichen Form sicher, dass die Länder ihre berechtigten rundfunkpolitischen Belange rechtzeitig und in einem transparenten, offenen Dialog geltend machen können.
Um diese parlamentarische Kontrolle und Einbeziehung der Rundfunk- und Medienvielfaltsbelange im Zuständigkeitsbereich der Länder fortzuführen, ist der Erhalt des § 41a TKG erforderlich.
3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Nummer 1b - neu - (§ 45d Absatz 3 Satz 2 - neu -, Absatz 4 - neu -), Nummer 7 - neu - (§ 150 Absatz 16 - neu -)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Zu Buchstabe a (§ 43a Absatz 1 Satz 1 Nummer 15 - neu -): Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Buchstabe b.
Zu Buchstabe b (§ 45d Absatz 3 Satz 2 - neu -):
Zahlreiche Dienste und Anwendungen bei der Nutzung von Smartphones werden direkt über die monatliche Mobilfunkrechnung abgerechnet. Technische Voraussetzung für die Abrechnung solcher neben der Verbindung erbrachten Leistungen ist eine in der Regel automatisch durch spezielle Abrechnungsschnittstellen durchgeführte Identifizierung von Mobilfunkanschlüssen (sog. WAP-Billing). Immer mehr Betreiber von unseriösen Diensten und Kostenfallen spezialisieren sich auf diese Form der Abrechnung. Eine verbreitete Form sind beispielsweise Werbebanner, die Abos für Klingeltöne oder ähnliche Dienste anpreisen. Schon das ungewollte Antippen solcher Banner kann genügen, um einen kostenpflichtigen Dienst zu aktivieren. Auch Handyviren und sonstige Schadsoftware könnten auf diesem Weg Zahlungen auslösen. Eine weitere Möglichkeit ist das unbewusste Auslösen von so genannten In-AppKäufen zum Beispiel im Rahmen von zunächst kostenlosen Spiele-Apps.
Die Betroffenen merken, dass sie angeblich eine kostenpflichtige Leistung bestellt haben oft erst dann, wenn sie unbekannte Posten auf ihrer Mobilfunkrechnung (z.B. unter dem Begriff Mehrwertdienste, Premiumdienste oder Drittanbieter) entdecken. Das rechnungsstellende Unternehmen übernimmt in diesem Fall lediglich den Forderungseinzug, eine Prüfung der Begründetheit solcher Drittforderungen findet in der Regel nicht statt. Selbst wenn rechtlich gesehen (z.B. wegen Missachtung der Pflichtangaben nach der Button-Lösung, § 312j Absatz 2 bis 4 BGB) kein kostenpflichtiger Vertrag mit dem Drittanbieter zustande gekommen sein sollte, muss der Betroffene die unberechtigte Forderung erst aktiv gegenüber dem rechnungsstellenden Unternehmen und oder dem jeweiligen Drittanbieter bestreiten. Die Klärung der Frage, ob eine Zahlungspflicht des Endnutzers besteht, ist in der Regel mit hohem Aufwand verbunden.
Derzeit bietet die Regelung in § 45d Absatz 3 TKG betroffenen Mobilfunkkunden die Möglichkeit, kostenlos eine sogenannte Drittanbietersperre einzurichten. Abrechnungen von Drittanbietern werden so generell unterbunden, was jedoch dazu führt, dass diese bequeme Abrechnungsmöglichkeit auch für seriöse und nützliche Dienste wie z.B. die mobile Buchung von Fahrkarten nicht mehr zur Verfügung steht. Eine selektive, auf einzelne Anbieter oder Branchen beschränkte Sperre wird zwar derzeit von einigen Mobilfunkanbietern freiwillig angeboten, einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es jedoch nicht.
Diesem Problem kommt die in § 45d Absatz 3 Satz 2 - neu - vorgeschlagene Regelung bei, indem sie die bestehende Regelung zur Drittanbietersperre um einen rechtsverbindlichen Anspruch Betroffener auf die Einrichtung einer selektiven Sperre für ausgewählte Anbieter oder Leistungen ergänzt. Kunden, die bisher überhaupt keine Sperre eingerichtet hatten, weil ihnen eine selektive Sperrung bei ihrem Mobilfunkanbieter nicht oder nicht im gewünschten Umfang zur Verfügung stand und die nicht auf die Abrechnung einzelner Dienste verzichten wollten, werden so in die Lage versetzt, die Abbuchungsmöglichkeit erstmalig auf die von ihnen gewünschten Dienste zu beschränken. Kunden, die zuvor bereits eine pauschale oder auf freiwilliger Basis angebotene selektive Sperre eingerichtet hatten, erhalten einen Anspruch, ihre Auswahl kostenlos zu konkretisieren bzw. anzupassen.
Zu Buchstabe b (§ 45d Absatz 4 - neu -):
Zur weiteren Eindämmung von Kostenfallen bei der Mobilfunknutzung erscheint es außerdem geboten, Abbuchungen von Drittanbietern jedenfalls bei Verbraucherverträgen künftig nach dem Optin-Prinzip standardmäßig auszuschließen und nur auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers in dem von ihm gewünschten Umfang zuzulassen. Hierzu sollte Verbrauchern die Möglichkeit eingeräumt werden, durch ausdrückliche Erklärung eine Drittanbieterabbuchung pauschal oder selektiv für die von ihm bevorzugten Anbieter und Leistungsarten bei Vertragsschluss oder zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen. Eine spätere Änderung durch erneute Einrichtung einer vollständigen Sperre oder durch Sperrung weiterer Anbieter oder Leistungen soll jederzeit kostenlos möglich sein.
Zu Buchstabe c (§ 150 Absatz 16 - neu -):
Um Unannehmlichkeiten für Verbraucher im Rahmen bestehender Mobilfunkverträge auszuschließen, sollte das Optin-Prinzip nur für Neuverträge mit Verbrauchern zur Anwendung kommen. Der Wechsel vom bisherigen OptoutPrinzip des § 45d Absatz 3 TKG zur standardmäßigen Sperrung von Drittanbieterabrechnungen würde Mobilfunkanbieter verpflichten, die Abbuchung von Drittanbieterleistungen mit Inkrafttreten des Änderungsgesetzes unaufgefordert selbst bei denjenigen Verbrauchern zu deaktivieren, die diese Option bewusst für ausgewählte Dienste genutzt haben. Die Notwendigkeit zur Aufhebung von unerwünschten Sperren sowie die Wartezeit bis zum Wirksamwerden der Aufhebung wären mit einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Mobilfunkanbieter sowie erheblichen Unannehmlichkeiten für die betroffenen Verbraucher verbunden. Kunden laufender Verträge profitieren künftig von der Einführung eines Anspruchs auf eine kostenlose selektive Drittanbietersperre (vgl. Buchstabe b (§ 45d Absatz 3 Satz 2 - neu -)).
4. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 48 Überschrift, Absatz 4 - neu - TKG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer einzufügen:
'2a. § 48 wird wie folgt geändert:
- a) In der Überschrift wird das Wort "Fernsehgeräten" durch die Wörter "Fernseh- und Radiogeräten" ersetzt.
- b) Folgender Absatz wird angefügt:
(4) Ab dem 1. Januar 2019 muss jedes zum Verkauf, zur Miete oder anderweitig angebotene Hörfunkempfangsgerät, das den Programmnamen sowie programmbezogene Zusatzdienste anzeigen kann, zum Empfang digitaler Signale geeignet sein, die einer Norm einer anerkannten europäischen Normenorganisation entsprechen. " '
Folgeänderung:
In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer voranzustellen:
'01. In der Inhaltsübersicht wird in der Angabe zu § 48 das Wort "Fernsehgeräten" durch die Wörter "Fernseh- und Radiogeräten" ersetzt.
Begründung:
Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der Bundesregierung, die Interoperabilität von Radiogeräten im europäischen Recht zu verankern. Da die Digitalisierung des Hörfunks in den Mitgliedstaaten unterschiedlich fortgeschritten ist, gestaltet sich die Diskussion auf europäischer Ebene langwierig.
Um die Digitalisierung des Hörfunks in Deutschland zeitgemäß voranzutreiben, ist ein nationaler Vorstoß erforderlich, wofür das Telekommunikationsgesetz der richtige Ort ist. Endgerätehersteller sowie alle Marktteilnehmer, die Radiogeräte vermieten oder anderweitig zur Nutzung überlassen, sollen gesetzlich verpflichtet werden, nur solche Radioempfangsgeräte auf den Markt zu bringen, die auch den Empfang digitaler Signale ermöglichen.
Vorbild solcher Regelungen sind gesetzliche Vorgaben zur Interoperabilität von Fernsehgeräten. So lautet § 48 Absatz 1 TKG:
"Jedes zum Verkauf, zur Miete oder anderweitig angebotene analoge Fernsehgerät mit integriertem Bildschirm, dessen sichtbare Diagonale 42 Zentimeter überschreitet, muss mit mindestens einer von einer anerkannten europäischen Normenorganisation angenommenen Schnittstellenbuchse ausgestattet sein, die den Anschluss digitaler Fernsehempfangsgeräte ermöglicht". Die Vorschrift entspricht inhaltlich weitgehend dem § 5 Absatz 1 FÜG aus dem Jahr 1997.
Die Beschränkung auf den Empfang digitaler Signale, "die einer Norm einer anerkannten europäischen Normenorganisation entsprechen" soll einerseits die notwendige Technologieneutralität wahren und andererseits die Einhaltung gewisser Mindestanforderungen gewährleisten.
Die Bezugnahme auf Radiogeräte, die den Programmnamen sowie programmbezogene Zusatzdienste anzeigen, dient im Interesse der Verhältnismäßigkeit dazu, einfachste Radioempfangsgeräte im Niedrigpreissegment von der Verpflichtung auszuschließen.
5. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 116 Satz 2 - neu - TKG)
Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:
'3. § 116 wird wie folgt geändert:
- a) Nach den Wörtern "nach diesem Gesetz" werden die Wörter "sowie nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2120" eingefügt.
- b) Folgender Satz wird angefügt:
"Soweit die Bundesnetzagentur Aufgaben und Befugnisse nach der Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2120 wahrnimmt und dabei Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nach § 2 Absatz 6 Satz 1 betroffen sind, ist das Benehmen mit der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle herzustellen." '
Begründung:
Die TSM-VO sieht vor, dass neben den nationalen Regulierungsbehörden auch "andere zuständige Behörden" (Artikel 5 Absatz 4 TSM-VO) in den Mitgliedstaaten entsprechende Aufgaben übernehmen und insofern mit Rechten und Pflichten ausgestattet sein können.
Soweit nicht "andere zuständige Behörden" mit Aufgaben nach der TSM-VO beauftragen sind, ist eine Benehmensherstellung mit der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle (z.B. den Landesmedienanstalten in Abstimmung mit den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, soweit diese betroffen sind) bei Aufgaben der Bundesnetzagentur nach der TSM-VO erforderlich. Das Gebot der Berücksichtigung der Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nach § 2 Absatz 6 TKG allein wird dem verfassungsrechtlichen Auftrag und der Stellung der Länder nach Artikel 5 GG nicht gerecht.
Die Benehmensherstellung mit der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle ist auf die Sicherung der Belange des Rundfunks und der vergleichbaren Telemedien gerichtet. Das Benehmen darf von der zuständigen Stelle auch nur zur Sicherung dieser in Länderzuständigkeit liegenden Belange verweigert werden. Die Länder können sich damit - ohne dass eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischverwaltung begründet würde - in die Entscheidungsprozesse der Bundesnetzagentur, die von medienrechtlicher Bedeutung sind, mit einbringen.
Schon nach § 55 Absatz 5 Satz 3, § 57 Absatz 1 Satz 1, 6, § 58 Absatz 2 Satz 3, § 60 Absatz 2 Satz 3, Absatz 4 und § 63 Absatz 1 Satz 4 TKG ist in Frequenzangelegenheiten das Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde herzustellen, sofern Belange der Länder bei der Übertragung von Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder betroffen sind. Würde es im Fall der Aufgaben in Netzneutralitätsangelegenheiten nicht zu einer Durchbrechung des Trennungsgrundsatzes kommen, wären die Kompetenzen verkürzt, die den Ländern kraft Verfassungsrecht zustehen.
6. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 123 Absatz 2 Satz 3 - neu - TKG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
'3a. Dem § 123 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2120 arbeitet die Bundesnetzagentur, soweit Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nach § 2 Absatz 6 Satz 1 betroffen sind, mit der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle zusammen."
Begründung:
Schon jetzt sieht § 123 Absatz 2 TKG eine Zusammenarbeit zwischen der Bundesnetzagentur und den Landesmedienanstalten sowie einen Informationsaustausch vor.
Neben den Aufgaben und Befugnissen, die sich aus dem TKG ergeben, wird die Aufgabenbeschreibung der Bundesnetzagentur in § 116 TKG-E um die Aufgaben zur Aufsicht und Durchführung nach Artikel 5 TSM-VO erweitert.
Zur Klarstellung sollte die Bundesnetzagentur auch bei der Umsetzung der TSM-VO ausdrücklich mit der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle (z.B. den Landesmedienanstalten, die sich wiederum mit den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten abstimmen, soweit diese betroffen sind) zusammenarbeiten. Denn Tätigkeiten der Bundesnetzagentur können z.B. die Belange von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien insoweit betreffen, dass deren Gleichbehandlung bei der Weiterverbreitung über den Verbreitungsweg Internet betroffen ist.
Siehe im Übrigen hierzu auch die Ausführungen zu Ziffer 10 Buchstabe c und zu Ziffer 5.
7. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 126 Absatz 1 Satz 3 - neu -, 4 - neu - TKG)
In Artikel 1 Nummer 4 § 126 Absatz 1 sind nach Satz 2 folgende Sätze einzufügen:
"Die Bundesnetzagentur hat, soweit Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nach § 2 Absatz 6 Satz 1 betroffen sind, die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständige Stelle hierüber zu informieren und an eingeleiteten Verfahren zu beteiligen. Auf Antrag der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle prüft die Bundesnetzagentur auf der Grundlage dieses Gesetzes die Einleitung eines Verfahrens und die Anordnung von Maßnahmen nach den folgenden Bestimmungen."
Begründung:
Die Bundesnetzagentur hat bereits jetzt nach § 27 Absatz 3 TKG bei der Entgeltregulierung, soweit Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nach § 2 Absatz 6 Satz 1 betroffen sind, die zuständige Stelle - dort die Landesmedienanstalt - hierüber zu informieren und an eingeleiteten Verfahren zu beteiligen und auf Antrag der zuständigen Landesmedienanstalt die Einleitung eines Verfahrens und die Anordnung von Maßnahmen zu prüfen.
Auf der Grundlage von Artikel 5 GG ist es materiell- und verfahrensrechtlich erforderlich, die Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien nicht bloß bei der Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen und der Entgeltregulierung zu berücksichtigen. Insbesondere bei der Wahrung der Nutzerinteressen auf dem Gebiet der Telekommunikation und bei der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sowie bei der Unterstützung und Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen und Innovationen sind die medienrechtlichen Belange in der Zuständigkeit der Länder mit einzubeziehen. Von Verfassung wegen beziehen sich diese Belange, für welche die Zuständigkeit der Länder gegeben ist, nicht nur auf den Rundfunk im technischen Sinne, der einfachgesetzlich als Hörfunk und Fernsehen definiert ist, sondern auch auf solche Telemedien, die den Schutz des Artikels 5 GG genießen.
Deshalb soll die Bundesnetzagentur in solchen Fällen die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständige Stelle informieren und beteiligen, damit diese ihrer Aufgabe zur Sicherung der Meinungsvielfalt nachkommen können.
8. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 127 Absatz 1 Satz 1 TKG)
In Artikel 1 Nummer 5 § 127 Absatz 1 Satz 1 sind nach dem Wort "Gesetz" die Wörter "und aus der Verordnung (EU) Nr. 2015/2120" einzufügen.
Begründung:
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Fassung von Satz 1 sieht nur eine Auskunftspflicht der Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und der Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten bezüglich ihrer Rechte und Pflichten vor, die sich aus dem Telekommunikationsgesetz ergeben.
Rechte und Pflichten der Netzbetreiber und der Diensteanbieter ergeben sich nicht nur aus dem TKG, sondern auch aus der TSM-VO, die als unmittelbares Recht seit dem 1. April 2016 in Deutschland gilt.
9. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b und Buchstabe c Doppelbuchstabe aa (§ 149 Absatz 1b Nummer 01 - neu - und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 TKG)
Artikel 1 Nummer 6 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe b ist in § 149 Absatz 1b vor Nummer 1 folgende Nummer 01 einzufügen:
"01. entgegen Artikel 3 Absatz 2 durch eine oder mehrere Vereinbarungen mit einem oder mehreren Endnutzern über die gewerblichen und/oder technischen Bedingungen und die Merkmale von Internetzugangsdiensten wie Preis, Datenvolumina oder Geschwindigkeit und/oder durch eine Geschäftspraxis die Ausübung der Rechte der Endnutzer, über ihren Internetzugangsdienst, unabhängig vom Standort des Endnutzers oder des Anbieters und unabhängig von Standort, Ursprung oder Bestimmungsort der Informationen, Inhalte, Anwendungen oder Dienste, Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten, Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen und Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen, einschränkt,"
- b) In Buchstabe c Doppelbuchstabe aa ist vor der Angabe "1 und 3" die Angabe "01," einzufügen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Der vorliegende Gesetzentwurf ist insofern unvollständig, als gegenüber der TSM-VO (EU (Nr. ) 2015/2120 vom 25.11.2015) nicht alle Verstöße gegen die Netzneutralität als sanktionierbare Tatbestände erfasst werden. Die im Referentenentwurf noch vorhandene Sanktionierung von Verstößen gegen das in Artikel 3 Absatz 2 TSM-VO geregelte sogenannte "Zero Rating" wurde im Regierungsentwurf gestrichen.
Bei "Zero-Rating" setzt ein Internetzugangsdiensteanbieter den Preis für den Datenverkehr einer bestimmten Anwendung oder Anwendungsklasse auf Null. Die Nutzung dieser Anwendung oder Anwendungsklasse wird auch nicht auf das Inklusivvolumen des Internetzugangsdienstes angerechnet. Zero-Rating liegt also vor, wenn der Internetzugangsdiensteanbieter dem Nutzer beispielsweise keine Kosten für Daten in Rechnung stellt, mit denen dieser auf eine bestimmte Musikstreaming-Anwendung oder alle MusikstreamingAnwendungen zugreift. Hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung wird in den Leitlinien zu BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communications) davon ausgegangen, dass es sich bei Zero-Rating um eine der in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung genannten Geschäftspraktiken handelt. Es gibt verschiedene Arten von Zero-Rating, von denen einige problematischer sind als andere. In den Leitlinien von BEREC wird erläutert, dass einige Praktiken eindeutig verboten sind - nämlich diejenigen, bei denen nach Erreichen des Inklusivvolumens alle Anwendungen blockiert oder gedrosselt werden außer den Anwendungen mit Zero-Rating. Bei anderen ist die Sachlage weniger eindeutig; diese sind von den nationalen Regulierungsbehörden anhand einer Reihe von Kriterien, die in den Leitlinien aufgeführt sind, zu bewerten.
Ohne entsprechende Sanktionierung läuft dieses Verbot ins Leere.
Zu Buchstabe b:
Diese Änderung ist erforderlich, um die neu eingebrachte Nummer 01 zur Sanktionierung des Zero Ratings mit einer Geldbuße zu belegen (maximal 500 000 Euro). Dies war entsprechend ebenfalls im Referentenentwurf vorgesehen.
10. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes einzelne Vorgaben der seit April 2016 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Europäischen Wirtschaftsregion geltenden Verordnung (EU) Nr. 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ("TSMVO") zum Schutz der Endnutzer und zur Sicherung der Netzneutralität umgesetzt werden.
Der Bundesrat unterstützt die im allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs zu den Bestimmungen zur Netzneutralität dokumentierten Ziele der Gleichbehandlung des Datenverkehrs, der Diskriminierungsfreiheit beim Zugang zu und dem Angebot von Informationen, Inhalten, Diensten und Anwendungen, des angemessenen Verkehrsmanagements und der Transparenz für Endnutzer.
- b) Er sieht den allgemeinen Teil der Begründung zu den Bestimmungen zur Netzneutralität dahingehend kritisch, dass diese nicht nur Voraussetzung für Innovation und einen funktionierenden Wettbewerb ist, sondern auch elementare Grundlage für die Freiheit der Meinungsäußerung, die Informationsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und ein hohes Verbraucherschutzniveau in der digitalen Welt.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen, dass sich das Internet zunehmend zu einem maßgeblichen Medium und Faktor der Meinungsbildung entwickelt hat. Damit kann sowohl der Zugang zum Internet als solches als auch der Zugang zu und das Angebot von über das Internet verbreiteten Inhalten, Anwendungen und Diensten im besonderen Maße Einfluss auf die Demokratie bzw. die freiheitlichdemokratische Grundordnung haben.
- c) Er stellt hierzu fest, dass der Gesetzentwurf Regelungen zu den Aufgaben und Kompetenzen der Bundesnetzagentur als nationale Regulierungsbehörde im Sinne der TSM-VO trifft, ohne die Landesmedienanstalten zu berücksichtigen, mit denen die Bundesnetzagentur schon jetzt nach § 123 Absatz 2 TKG zusammenarbeitet und an die sie Erkenntnisse übermittelt.
Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Länder mit der Durchführung der aus Artikel 5 GG folgenden Aufgaben der Analyse und Überwachung von Konzentrationstendenzen auf Medienanbieterseite und bei der Wahrung der Vielfalt von medialen Angeboten im Rundfunk und vergleichbaren Telemedienangeboten unabhängig vom Verbreitungsweg die Landesmedienanstalten beauftragt haben. Nach Ansicht des Bundesrates sollte daher auch ausdrücklich die Zusammenarbeit der Bundesnetzagentur mit den nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Stelle (z.B. den Landesmedienanstalten in Konsultation mit den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, soweit diese betroffen sind) bei medienrelevanten Aufgaben nach der TMS-VO geregelt werden, um der Gefährdung von Meinungs- und Inhaltevielfalt frühzeitig entgegenzuwirken.
- d) Des Weiteren hält er eine Klarstellung im weiteren Gesetzgebungsverfahren für erforderlich, dass mit der Bezeichnung "Teilnehmer" in § 47a Absatz 1 TKG auch die vom Geltungsbereich der TSM-VO erfassten "Endnutzer" gemeint sind. Darauf scheint auch die - allerdings in diesem Zusammenhang systemfremde - Formulierung "Verbraucher" in der Einzelbegründung zu Nummer 2 Buchstabe b (§ 47a Absatz 1 Nummer 3 TKG-E) abzustellen.
In der TSM-VO werden die Rechte von "Endnutzern" festgelegt (Artikel 1 Absatz 1 TSM-VO). Bezüglich der Begriffsbestimmungen verweist Artikel 2 Satz 1 TSM-VO auf Artikel 2 der Universaldienste-Richtlinie 2002/12/EG. Diese wiederum definiert sowohl "Teilnehmer" in Artikel 2 Buchstabe k, als auch "Endnutzer" in Buchstabe n. Dies kann zu Missverständnissen bei der Auslegung von § 47a Absatz 1 Nummer 3 TKG-E hinsichtlich der erfassten Rechteinhaber führen.
11. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unseriösen Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der Abrechnung von Leistungen Dritter die gesetzlichen Anforderungen an die Feststellung der Identität der Drittanbieter zu verschärfen.
Soweit ein Telekommunikationsunternehmen eine Rechnung stellt, die auch Entgelte für Leistungen Dritter ausweist, muss es nach derzeitiger Rechtslage (§ 45p Telekommunikationsgesetz) lediglich seinen Kundinnen und Kunden auf Verlangen unverzüglich und kostenfrei die Namen und ladungsfähigen Anschriften der Dritten (bei Diensteanbietern mit Sitz im Ausland zusätzlich die ladungsfähige Anschrift eines allgemeinen Zustellungsbevollmächtigten im Inland) zur Verfügung stellen. Inwieweit nach der derzeitigen Rechtsgrundlage im Einzelfall eine ausreichende Identitätsprüfung der Drittanbieter durch die Telekommunikationsunternehmen stattfindet, ist fraglich.
Analog zu den Anforderungen im De-Mail-Gesetz an die Feststellung der Identität von natürlichen und juristischen Personen bei Eröffnung eines De-MailKontos sollten die Anforderungen an die Legitimation von Drittanbietern gegenüber den Rechnung stellenden Telekommunikationsunternehmen verschärft werden. Damit könnten unseriöse Geschäftsmodelle leichter verfolgt und abgestellt werden. So schreibt § 3 De-Mail-Gesetz grundsätzlich vor, dass die Identifizierung von natürlichen Personen anhand eines gültigen Ausweisdokuments und bei juristischen Personen anhand des Auszugs aus dem Handelsregister o.ä. durchzuführen ist.