17. Zur Anmeldung
- Zur Online-Anmeldung
Die Möglichkeit der Online-Anmeldung muss eine gesicherte Identifizierung der anmeldenden Person im Sinne der Publikationsrichtlinie gewährleisten. Der Bundesrat bittet, dies entsprechend klarzustellen.
- Zum Registerverfahren
Der Bundesrat spricht sich weiterhin entschieden dafür aus, dass das jeweilige Verfahrensrecht auch im Rahmen der Anmeldung den Mitgliedstaaten überlassen bleibt. Hierdurch kann das in Deutschland bewährte Zusammenwirken von Notaren und Registergerichten beibehalten werden, wie es auch Artikel 10 der Publizitätsrichtlinie für nationale Gesellschaftsformen zulässt. Eine effektive Identifizierung und präventive Kontrolle müssen gewährleistet sein, um die mit einer nachträglichen Löschung oder mit Scheingeschäftsführern verbundenen Probleme für Gesellschafter und Rechtsverkehr zu vermeiden.
Der in Artikel 10 Abs. 4 des Verordnungsvorschlags derzeit vorgesehene Eingriff in das nationale Registerverfahrensrecht birgt zudem die Gefahr, dass die SPE aufgrund der bestehenden registerrechtlichen Strukturen und Vorschriften für die nationalen Gesellschaftsformen dauerhaft ein Fremdkörper bleibt. Die SPE sollte im Rahmen des Registerrechts den gleichen Vorschriften unterliegen wie vergleichbare nationale Gesellschaftsformen.
18. Zum Gläubigerschutzkonzept
- Allgemeines
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Entscheidung der Kommission gegen eine angemessene Mindestkapitalausstattung ohne flankierende andere gläubigerschützende Maßnahmen im Rechtsverkehr nicht tragbar ist.
Der Bundesrat erkennt dabei durchaus an, dass es neben dem Kapitalschutzsystem der deutschen GmbH mit einem Mindeststammkapital von 25 000 Euro andere wirksame Gläubigerschutzmaßnahmen gibt. Ihm ist bewusst, dass eine Europäische Privatgesellschaft in Wettbewerb mit Kapitalgesellschaften ohne (nennenswertes) Stammkapital tritt.
Gläubigerschutz zeigt sich in einem ausgewogenen System, wie es die meisten nationalen Gesellschaftsformen mit beschränkter Haftung kennen. Die SPE unterschreitet hierbei alle denkbaren Mindestanforderungen, was keinesfalls hinnehmbar ist.
Der Entscheidung der Kommission liegt die Annahme zugrunde, dass ein den Betrag von einem Euro übersteigendes haftendes Kapital schon deshalb nicht erforderlich sei, da die Gläubiger etwa für das Kredit-Rating eher auf den Cashflow als das Haftungskapital achten und im Übrigen ohnehin eine persönliche Haftung der Gesellschafter, etwa durch Bürgschaften, verlangen würden. Dies mag für verhandlungsstarke vertragliche Gläubiger, wie eine Bank, durchaus zutreffen. Sonstige vertragliche und gesetzliche Gläubiger, wie Sozialkassen und das Steuerfinanzamt, haben dagegen - ebenso wie auch Arbeitnehmer und vor allem Verbraucher-Kunden - keine Möglichkeit, sich solche Sonderrechte einräumen zu lassen. Die Begründung greift daher zu kurz und vermag den faktisch nicht vorhandenen Gläubigerschutz bei der SPE nicht zu rechtfertigen. Haftungsbeschränkungen darf es nicht ohne "Gegenleistung" geben.
Soweit man sich also gegen ein angemessenes Mindestkapital entscheidet, muss der Gläubigerschutz jedoch anderweitig gewährleistet sein. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass man ein reduziertes Stammkapital durch zwingende Thesaurierung und Rücklagenbildung gläubigerschützend flankiert. Darüber hinaus wäre hinsichtlich der Ausschüttung an die Gesellschafter über die Einführung eines zwingenden Solvency-Tests über den reinen Balance-Sheet-Test hinaus nachzudenken. Auch die englische Limited, die mit dem Stammkapital von einem britischen Pfund gegründet werden kann, sieht durch strenge öffentlichrechtliche Aufsichts- und Offenlegungspflichten eine Gegenleistung für die Haftungsbeschränkung bzw. -befreiung vor.
Am Beispiel des Gläubigerschutzes zeigt sich deutlich, dass ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unternehmers und denen seiner Gläubiger bei den derzeitigen mitgliedstaatlichen Gesellschaftsformen nur durch deren Zusammenschau mit dem jeweils auf die Gesellschaftsform anwendbaren Delikts- und Insolvenzrecht hergestellt werden kann.
Nach alledem spricht viel dafür, dass die Verordnung den Gläubigerschutz autonom mit einem abgeschlossenen Konzept regeln muss und sich nicht darauf verlassen darf, dass Schutzlücken durch die Anwendung nationaler Gesetze bzw. durch nationale Gerichte in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen angemessen geschlossen werden.
Eine Europäische Privatgesellschaft darf nicht Sammelbecken für all diejenigen "Unternehmer" werden, die unter Vermeidung jedweden finanziellen Aufwands ihre eigene Haftung dem Rechtsverkehr gegenüber im weitesten Umfang beschränken oder ausschließen wollen.
- Zur Kapitalaufbringung
Es ist mit den Vorstellungen einer sachgerechten Haftungsbeschränkung kaum vereinbar, dass die Gesellschafter eine Sacheinlage ohne jegliche externe Prüfung der Werthaltigkeit erbringen können. Missbrauch und Täuschung des Rechtsverkehrs sind hierdurch Tür und Tor geöffnet. Zwar deutet die Begründung des Verordnungsvorschlags an, dass die Anteilseigner "nach dem jeweils anwendbaren Recht" für die Werthaltigkeit verantwortlich sind. Wie dem in der tatsächlichen Ausgestaltung Rechnung getragen werden soll, bleibt jedoch unklar. Die GmbH als deutsches Pendant zur SPE hat - auch nach den Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) - ein ausdifferenziertes Kapitalaufbringungs- und -erhaltungssystem. Demgegenüber fehlt der SPE in diesem Bereich jeglicher nachvollziehbarer in sich geschlossener Ansatz.
- Zur Kapitalerhaltung
Zum Begriff der "Ausschüttung" in Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 des Verordnungsvorschlags sollte klargestellt werden, ob hiervon auch Zahlungen aufgrund einem Drittvergleich standhaltender Verkehrsgeschäfte (insbesondere auch - eigenkapitalersetzende - Gesellschafterdarlehen) erfasst sind. Der Begriff ist einerseits relativ weit gefasst und erfasst nicht nur einseitige Auszahlungen, sondern jedweden Abfluss von Gesellschaftsvermögen zugunsten eines Anteilseigners. Andererseits ist eine Verknüpfung mit der Gesellschafterstellung als solcher ("aufgrund der von ihm gehaltenen Anteile") vorgesehen, was wiederum gegen die Erfassung der oben genannten Verkehrsgeschäfte spricht. Im Zusammenhang mit Artikel 24 Abs. 1 des Verordnungsvorschlags spricht viel dafür, die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen jedweder Art auch unter den Begriff der "Ausschüttung" zu fassen, um die ohnehin nur begrenzte Schutzwirkung des Balance-Sheet-Tests nicht durch auf der Hand liegende Umgehungsgeschäfte vollkommen auszuhöhlen. Weder die Vorschlagsbegründung noch der IAR verhält sich hierzu.
28. Zum Gesellschaftsanteil
- Zum Verzeichnis der Anteilseigner
- -- Der Bundesrat spricht sich dafür aus, das Verzeichnis der Anteilseigner nicht vom Leitungsorgan, sondern vom Registergericht aufbewahren und publizieren zu lassen. Das Anteilsverzeichnis hat erhebliche Bedeutung für den Rechtsverkehr, insbesondere dann, wenn im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft die Anteilseigner verbindlich feststehen müssen.
- -- Im Übrigen dient das Verzeichnis der Anteilseigner auch als Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb. Artikel 16 Abs. 5 Satz 2 des Verordnungsvorschlags verweist für den gutgläubigen Erwerb auf die nationalen Rechtsvorschriften und somit für Deutschland auf § 16 Abs. 3 GmbHG (in der durch das MoMiG neu festgelegten Fassung). Eine privat geführte Gesellschafterliste in Verbindung mit rein privatschriftlichen Anteilsabtretungen kann jedoch keinen tauglichen Rechtsscheinträger für den gutgläubigen Wegerwerb von Gesellschaftsanteilen darstellen. Missbräuchen wäre Tür und Tor geöffnet.
Der Bundesrat spricht sich aus diesen Gründen gegen einen gutgläubigen Erwerb auf der Grundlage einer privaten Gesellschafterliste aus. Sollte die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs für notwendig angesehen werden, so kann dies nur ermöglicht werden, wenn sowohl die Anteilsabtretungen als auch die Gesellschafterliste von einem Organ der Rechtspflege geführt bzw. überprüft werden.
- Zur Anteilsabtretung
Artikel 16 Abs. 2 des Verordnungsvorschlags verlangt für die Vereinbarungen über Anteilsübertragungen nur die privatschriftliche Form. Eine geprüfte und verlässliche Registrierung der Anteilsinhaber in einem öffentlichen Register findet nicht statt. Hiermit wird ermöglicht, dass eine Auswechslung der Gesellschafter ohne Identitätskontrolle und ohne Überprüfung der Wirksamkeit des Übertragungsakts durch ein Organ der Rechtspflege stattfindet.
Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass das sich aus dem völligen Rückzug staatlicher Kontrolle ergebende Missbrauchspotenzial für eine haftungsbeschränkte Gesellschaft dem Rechtsverkehr nicht zuzumuten ist. Beteiligungsverhältnisse können beliebig verschleiert werden, was Gläubigerinteressen, besonders bei Firmenbestattungen, erheblich beeinträchtigt. Die Finanzbehörden bekommen für die Besteuerung relevante Tatsachen nicht mitgeteilt, Geldwäsche wird erleichtert. Nicht zuletzt ist die Verkehrsfähigkeit der Gesellschaftsanteile der SPE durch diese Vorgaben gefährdet. Aufgrund des Fehlens jeglicher Dokumentation und Wirksamkeitskontrolle ist die Frage, ob dem Veräußerer der Anteil auch wirklich zusteht, kaum zu klären. Folgen sind erhebliche Mehrausgaben im Rahmen der Due Diligence.
Die von der SPE selbst zu führende Liste der Anteilseigner ist für diese Prüfung im Streitfall weitgehend wertlos.
- Zum Ausschluss von Anteilseignern