891. Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2011
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Gesamtwertung
- 1. In Bekräftigung der gemeinsamen Bund-Länder-Stellungnahme zum Fünften Kohäsionsbericht und der kohäsionspolitischen Aussagen in seinen Stellungnahmen zur Mitteilung der Kommission: Überprüfung des EU-Haushalts (BR-Drucksache 667/10(B) vom 17. Dezember 2010) sowie zum Verordnungsvorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 (BR-Drucksache 399/11(B) vom 14. Oktober 2011) weist der Bundesrat darauf hin, dass gemäß Artikel 174 AEUV die europäische Kohäsionspolitik einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede in der Union zu verringern. Die Kohäsionspolitik kommt damit ihrem Vertragsziel nach, Entwicklungsrückstände zu überwinden, Wachstum und Beschäftigung in strukturschwachen Regionen zu stärken sowie die soziale Integration zu unterstützen. Gleichzeitig kann die Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag übernehmen, die Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu unterstützen. Diese Aufgabe stellt sich sowohl in den weniger entwickelten als auch in den stärkeren Regionen Europas. Der Bundesrat begrüßt es daher, dass auch in Zukunft die Kohäsionspolitik in allen Regionen Europas umgesetzt werden soll.
- 2. Der Bundesrat betrachtet den Vorschlag für eine Gemeinsame Verordnung als Diskussionsgrundlage der Kommission mit den Mitgliedstaaten.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass das Förderspektrum mit den von der Kommission vorgeschlagenen thematischen Zielen jedoch allein auf die Strategie Europa 2020 ausgerichtet werden soll. Nach Auffassung des Bundesrates dürfen die Regionen aber nicht eingeschränkt werden, integrierte regionale Entwicklungsstrategien auf den Weg zu bringen, die den jeweiligen regionalen Stärken und Bedarfen gerecht werden und einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung leisten können.
- 4. Der Bundesrat bedauert, dass es der Kommission offensichtlich nicht gelungen ist, tatsächlich eine allgemeine Verordnung für alle Fonds, für die der gemeinsame strategische Rahmen gilt, zu entwerfen.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 5)
- 5. Der Bundesrat hätte es begrüßt, wenn die Kommission eine tatsächliche allgemeine Verordnung für alle Fonds, für die der gemeinsame strategische Rahmen gilt, vorgelegt hätte
- 6. Die zahlreichen Überschneidungen des Teils mit gemeinsamen Bestimmungen für alle Fonds mit den allgemeinen Bestimmungen für den EFRE, ESF und KF machen die Regelungen unübersichtlich. Im Sinne der Klarheit sollte entschieden werden, entweder diese Teile in getrennten Verordnungen zu regeln oder beide Teile innerhalb der Allgemeinen Strukturfondsverordnung zusammenzuführen. Klare und übersichtliche Regelungen zur Verwaltung und Finanzkontrolle sind notwendig, um die Fehler bei der Umsetzung von Förderprogrammen zu minimieren.
- 7. Der Bundesrat fordert, dass es zu wirklichen Vereinfachungen in der Verwaltung der Fonds kommt. Die Anforderungen an die Einreichung und Umsetzung des Entwicklungsplans bzw. des Operationellen Programms sind aber um ein Vielfaches höher als in der laufenden Förderperiode. So ist eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten abzuschließen, die es bisher nicht gegeben hat und die die kofinanzierenden und verwaltenden Mitgliedstaaten sowie die Länder in der Durchführung der Programme einengt.
- 8. Der Bundesrat macht darauf aufmerksam, dass der Verordnungsvorschlag in den anstehenden Verhandlungen noch wesentlich nachgebessert werden muss, um den Grundprinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, der Verwaltungsvereinfachung und des Bürokratieabbaus in allen Teilen gerecht zu werden.
- 9. Der Bundesrat befürchtet, dass die Komplexität und der Umfang der Regelungen sowie der Verwaltungsaufwand, unter anderem durch die Einführung von Akkreditierungsverfahren, jährlichen Rechnungsabschlüssen und erweiterten Berichtspflichten, vor allem zu Lasten der Mitgliedstaaten und Regionen - aber auch der Empfänger - erhöht werden. Das dringende Anliegen Deutschlands, die Verwaltung der Operationellen Programme zu vereinfachen, wird dadurch konterkariert.
- 10. Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass insbesondere folgende Elemente des Verordnungsvorschlags im gemeinsamen Dialog mit den Mitgliedstaaten und Regionen einer grundlegenden Überarbeitung bedürfen:
"Delegierte Rechtsakte": Die Verfahren zur Delegation von Rechtsakten müssen den primärrechtlichen Vorgaben aus Artikel 290 AEUV entsprechen. In jedem Einzelfall einer Übertragung muss danach gewährleistet sein, dass nur unwesentliche Befugnisse übertragen werden.
"Partnerschaftsvereinbarung": Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Vorschriften über den Partnerschaftsvertrag grundlegend zu überarbeiten. Sie sollten lediglich die strategischen Prioritäten und Ziele enthalten. Das Instrument ist angesichts der unterschiedlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsverteilung in den Mitgliedstaaten sonst nicht handhabbar.
"Neue Verpflichtungen zur Einhaltung sanktionsbewehrter Konditionalitäten": Die Einführung umfangreicher zusätzlicher Exante-Konditionalitäten sowie die Verknüpfung der Programmierung und Programmabwicklung mit den Nationalen Reformprogrammen in Verbindung mit Sanktionsmöglichkeiten seitens der Kommission führen zu einer Vervielfachung der Komplexität der Programmplanung und -abwicklung sowie zu unkalkulierbaren Haushaltsrisiken für die Länder. Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass die zusätzlichen Sanktionsmöglichkeiten der Kommission die Akzeptanz der bisherigen Europäischen Kohäsionspolitik konterkarieren, die insbesondere in der langfristigen Planungssicherheit für alle Akteure bestand.
"Möglichkeit der Aussetzung von Zahlungen infolge von Leistungsüberprüfungen": Der Bundesrat plädiert für die Fortsetzung der etablierten Leistungskontrolle über Durchführungsberichte und Evaluationen. Er lehnt hingegen die Sanktionierung des Nichterreichens von Etappenzielen im Rahmen der Leistungsüberprüfung ab. Dadurch werden Anreize zu einer unambitionierten Programmgestaltung gesetzt und die Plan- und Steuerbarkeit der Operationellen Programme wird erschwert. Gleichzeitig entstehen den Länderhaushalten unkalkulierbare finanzielle Risiken.
I. Ziele, Gebietskategorien und Finanzrahmen
Ziele
- 11. Der Bundesrat befürwortet den Vorschlag der Kommission, die Kohäsionspolitik künftig im Rahmen der beiden Ziele "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" und "Europäische territoriale Zusammenarbeit" umzusetzen und bei dem erst genannten Ziel nach Gebietskategorien zu unterscheiden.
Gebietskategorien
Weniger entwickelte Regionen
- 12. Der Bundesrat unterstützt, dass die Kohäsionspolitik wie bisher vor allem den strukturschwächsten Regionen und Mitgliedstaaten zugute kommen soll. Die bisherigen Schwellenwerte für die Auswahl der Fördergebiete für den Kohäsionsfonds (90 Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Einwohner gemessen am Durchschnitt der EU-27) und für das Ziel "Konvergenz" (75 Prozent des regionalen Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner gemessen am Durchschnitt der EU-27) haben sich bewährt.
Übergangsregionen
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Vor dem Hintergrund der von der Kommission angestrebten und vom Bundesrat unterstützten strategischen Vernetzung der Fonds sollten für alle GSR-Fonds entsprechende Förderbedingungen gelten. Mit diesem Ziel ist es nicht vereinbar, dass für den ELER, anders als für EFRE und ESF, keine Übergangsregelungen vorgesehen sind. Diese unterschiedlichen Bedingungen für den regionalen Einsatz der Fonds widersprechen den Erfordernissen einer integrierten Regionalentwicklung unter Einbeziehung aller GSR-Fonds.
- 18. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die Einführung des neuen Regionentyps "Übergangsregion" für Regionen mit einem BIP/Kopf zwischen 75 und 90 Prozent des Durchschnitts der EU-27 nicht erforderlich ist. Das steht dem Grundsatz der Konzentration der Förderung entgegen. Förderung sollte immer befristet und degressiv ausgestaltet werden. Die oben genannten Forderungen lassen sich ebenfalls im Rahmen von Übergangsregelungen umsetzen.
Stärker entwickelte Regionen
- 19. Der Bundesrat unterstützt die Förderung aus den Strukturfonds in den stärker entwickelten Regionen. Die Kommission erkennt damit an, dass diese Regionen einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Europa-2020-Ziele leisten.
- 20. Der integrative Ansatz der Kohäsionspolitik unter Berücksichtigung der Erfordernisse der jeweiligen Regionen ist für eine nachhaltige Innovations- und Wachstumspolitik von großer Bedeutung und stellt eine notwendige Ergänzung zu den rein sektoral ausgerichteten anderen europäischen Politiken dar.
- 21. Zudem gilt es auch, innerhalb der stärker entwickelten Regionen Strukturschwächen und Disparitäten zu beseitigen, um die harmonische Entwicklung der EU insgesamt sicherzustellen. Hierzu gehört ebenfalls die auch in Anbetracht des demografischen Wandels an Bedeutung gewinnende Fachkräftesicherung.
Territoriale Zusammenarbeit
- 22. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Fortsetzung der Förderung und Stärkung der territorialen Zusammenarbeit vorsieht. Die Zusammenarbeit in Projekten und Strukturen über Staatengrenzen hinweg trägt wirksam zur europäischen Integration bei. Die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an allen Binnengrenzen der EU ist trotz aller Erfolge wegen fortbestehender Defizite und neuer Herausforderungen an den nationalen Randlagen nach wie vor erforderlich. Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass an den drei Ausrichtungen der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit festgehalten werden soll.
- 23. Der Bundesrat regt an, die Gebietskulisse für die Ausrichtung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Programmlinie A) zu erweitern, um auch die Berücksichtigung funktionaler grenzübergreifender Bezüge für die Zugehörigkeit zum Programmgebiet zuzulassen. Die bewährten Kooperationsräume der transnationalen Zusammenarbeit (Programmlinie B) sollten grundsätzlich beibehalten und für raumübergreifende Projekte flexibilisiert werden.
- 24. Der Bundesrat regt an, auch in der neuen Förderperiode einen Kofinanzierungssatz von bis zu 85 Prozent zu gewähren, wenn mindestens ein Teilnehmer am Programm zu einem Mitgliedstaat gehört, dessen durchschnittliches ProKopf-BIP weniger als 85 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP der EU-27 beträgt, um dem besonderen europäischen Mehrwert der territorialen Zusammenarbeit Rechnung zu tragen.
Finanzrahmen
Zusätzlichkeit
- 33. Der Bundesrat bekräftigt das Prinzip, dass die Unterstützung aus den Fonds für das Ziel "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" öffentliche oder gleichwertige Strukturausgaben des Mitgliedstaates nicht ersetzen dürfen. Bei der Bestimmung des Referenzwertes mit Bezug zu den öffentlichen und vergleichbaren Strukturausgaben des Mitgliedstaates sind insbesondere die Anstrengungen zur Konsolidierung der nationalen und regionalen öffentlichen Haushalte zu berücksichtigen. Eine gesonderte Nachweisführung auf regionaler Ebene wird abgelehnt, da für die Zusätzlichkeit der Unterstützung aus den Fonds die Gesamtheit der nationalen Anstrengungen entscheidend ist.
- 34. Der Bundesrat begrüßt, dass die Überprüfung des Zusätzlichkeitsprinzips in Mitgliedstaaten entfallen soll, in denen nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung in weniger entwickelten Regionen bzw. Übergangsregionen lebt. Um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, sollte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung der Schwellenwert auf 20 Prozent angehoben werden.
II. Strategische Programmplanung Gemeinsamer strategischer Rahmen (GSR)
- 35. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz der Kommission, die Abstimmung der kohäsionspolitischen Fonds untereinander durch einen GSR zu verbessern. Gemeinsame Regelungen müssen dazu führen, die Umsetzung der Programme einfacher und transparenter zu gestalten. In der laufenden Förderperiode bewährte Strukturen und Verfahren sollen dabei erhalten bleiben. Die Einbindung des Kohäsionsfonds, des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Europäischen Fischereifonds (EFF) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist dafür erforderlich. Die alleinige Ausrichtung des GSR auf die Ziele und Vorsätze der EU-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum widerspricht allerdings den primärrechtlich definierten Aufgaben und Zielen der Fonds.
- 36. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Anforderungen nicht über die im derzeitigen Instrument der Integrierten strategischen Leitlinien verankerten Inhalte hinausgehen sollten. Die bisherigen Erfahrungen mit der Umsetzung der Kohäsionspolitik zeigen, dass thematische Ziele und territoriale Herausforderungen nicht auseinanderfallen. Deshalb sollten territoriale Herausforderungen nicht gesondert adressiert werden. Vielmehr haben thematische Aspekte immer einen territorialen/regionalen/lokalen Bezug. Die besondere Bedeutung thematischer Ziele für den städtischen oder den ländlichen Raum kann im Rahmen der in den Operationellen Programmen zu formulierenden regionalen Entwicklungsstrategien herausgearbeitet werden.
- 37. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in den Verordnungen vorgesehenen thematischen Ziele und Einsatzbereiche der Fonds durch die im GSR festgelegten "zentralen Aktionen" nicht eingeschränkt werden dürfen.
- 38. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der GSR nicht als delegierter Rechtsakt gemäß Artikel 142 des Vorschlags durch die Kommission erlassen werden darf. Vielmehr soll der GSR, wie bisher auch, gemäß Artikel 177 AEUV durch Rat und Europäisches Parlament im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden.
- 39. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der für die strategische Planung vorgesehene Ablauf mit aufeinander aufbauenden Planungsstufen von der Verabschiedung der Verordnung, über den Gemeinsamen Strategischen Rahmen und der Partnerschaftsvereinbarung bis zur Genehmigung des Operationellen Programms erhebliche Zeit erfordern wird. Er fordert daher, dass der Planungsprozess gestrafft wird, um einen deutlich verzögerten Programmstart mit all seinen Folgeproblemen abzuwenden.
Partnerschaftsvereinbarung
- 40. Der Bundesrat begegnet der Grundidee von Partnerschaftsvereinbarungen grundsätzlich aufgeschlossen.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 41)
- 41. Der Bundesrat begegnet der Grundidee von Partnerschaftsvereinbarungen positiv.
- 42. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Partnerschaftsvereinbarungen nicht das geeignete Politikinstrument sind, um allgemeine wirtschafts- und beschäftigungspolitische Reformen aus den länderspezifischen Empfehlungen und/oder den Nationalen Reformprogrammen, die generelle Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten und die Umsetzung von europäischem in nationales Recht durchzusetzen.
- 43. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, im Benehmen mit den Fördergebieten und unter Berücksichtigung der jeweiligen innerstaatlichen Kompetenzverteilung für die Kohärenz der Programmplanung mit den länderspezifischen wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Empfehlungen gemäß Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4 AEUV zu sorgen. Die Kommission will eine evtl. Nichterfüllung dieser Empfehlungen durch Streichung oder Einfrieren der Strukturfondsmittel und andere Auflagen sanktionieren. Dies lehnt der Bundesrat ab, da die Empfehlungen dadurch eine faktische Verbindlichkeit erhalten würden.
- 44. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die vorgeschlagene Partnerschaftsvereinbarung [in der von der Kommission vorgeschlagenen Gestaltung]
- - den erforderlichen Umfang bei weitem überschreitet und zu einer bedenklichen Komplexitätssteigerung führt, die den in Aussicht gestellten Vereinfachungsbestrebungen deutlich widerspricht; - {inhaltlich} und [faktisch] keine [bilaterale] Vereinbarung, sondern weitgehend eine einseitige Verpflichtungserklärung der Mitgliedstaaten und der Länder {gegenüber der Kommission} darstellt;
- - in die föderalen Strukturen des Mitgliedstaates eingreift, weil zuständigkeits- und haftungsrechtlich fragwürdige Gesamtverantwortlichkeiten gefordert werden;
- - für die Mitgliedstaaten und Länder schwer kalkulierbare [und unzumutbare] finanzielle Haushaltsrisiken schafft; - {in der praktischen Gesamtbetrachtung} zu langwierigen Abstimmungs- und Koordinationsprozessen führt, die [einen rechtzeitigen Programmstart und] eine effiziente und effektive Umsetzung der Programme gefährden können;
- - hinsichtlich des Prozesses ihrer Erstellung und der Beteiligung verantwortungsgerecht geregelt werden sollte {, da in der deutschen Fassung in Artikel 5 des Vorschlags der Allgemeinen Verordnung richtigerweise von der Einbindung der Partner in die Vorbereitung, in Artikel 13 Nummer 2 des Vorschlags der Allgemeinen Verordnung aber von einer gemeinsamen Erstellung durch die Partner gesprochen wird. Dieser weite Ansatz der Mehrebenen-Governance widerspricht den nationalen Haftungs- und Verantwortungsebenen, wie dem Haushaltsrecht, da allein die Mitgliedstaaten und die Länder für die Inhalte der Partnerschaftsvereinbarung haften}.
[Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass in den auf nationaler Ebene zu schließenden Partnerschaftsvereinbarungen lediglich die strategischen Prioritäten und Ziele vereinbart werden sollen. Hauptinstrument der Programmplanung und Umsetzung müssen weiterhin die regionalen Operationellen Programme bleiben.]
- 45. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Partnerschaftsvereinbarungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung innerstaatlicher Zuständigkeiten erarbeitet werden sollen. Über die Art und Weise der Einbeziehung der zuständigen Behörden, der Wirtschafts- und Sozialpartner und ggf. weiterer Stellen, die die Zivilgesellschaft vertreten, entscheidet die innerstaatliche Struktur und Zuständigkeitsverteilung und nicht der "Ansatz der Mehrebenen-Governance". Eine Ermächtigung der Kommission für delegierte Rechtsakte zur Aufstellung eines Europäischen Verhaltenskodexes zur Umsetzung der Partnerschaft lehnt der Bundesrat ab.
- 46. Die Europäische Territoriale Zusammenarbeit (ETZ) kann aufgrund ihres multilateralen Charakters nicht über das Instrument der Partnerschaftsvereinbarung gesteuert werden. Sie sollte daher ausdrücklich aus deren Geltungsbereich herausgelöst werden.
- 47. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Vorschriften über die Partnerschaftsvereinbarung [im Hinblick auf diese Einwände] grundlegend zu überarbeiten.
Operationelle Programme
- 48. Der Bundesrat begrüßt, dass die Operationellen Programme wie bisher das wichtigste Instrument für die Durchführung der Kohäsionspolitik darstellen sollen.
- 49. Der Bundesrat stellt fest, dass auch die Anforderungen an die Operationellen Programme deutlich erhöht wurden. Er wendet sich gegen die Verknüpfung mit den Nationalen Reformprogrammen und den länderspezifischen Empfehlungen sowie die Aufnahme zusätzlicher Exante-Konditionalitäten.
- 50. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Programme gemäß dem Auftrag der Kohäsionspolitik vor allem eine Strategie zur Überwindung von regionalen Entwicklungsrückständen bzw. zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts beinhalten müssen und auf dieser Grundlage einen Beitrag zur EU-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum leisten. Daher dürfen europäische Vorgaben und Prioritäten die Flexibilität vor Ort nicht zu stark einschränken. Die Fördergebiete müssen weiterhin die Möglichkeit haben, auf der Grundlage breit gefächerter Maßnahmenbereiche und Förderinstrumente, entsprechend der spezifischen regionalen Bedürfnisse eigene Prioritäten zu setzen.
- 51. Der Bundesrat fordert, die Herausforderungen des demografischen Wandels bei den Einsatzmöglichkeiten aller GSR-Fonds in einem stärkeren Maße zu berücksichtigen, als dies der Entwurf der Kommission bisher vorsieht. Thematische Konzentration und Investitionsprioritäten sollten einen ausreichenden Gestaltungsspielraum zulassen, um innovative Lösungsansätze entwickeln und umsetzen zu können.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Entwurf der Allgemeinen Verordnung stellt bisher nur in Artikel 111 Absatz 4 auf die Gebiete mit besonderen demografischen Nachteilen ab und bezieht dies ausschließlich auf die eventuelle Anpassung der Kofinanzierungssätze. Er greift dabei auf die "alten" Sachverhalte vor Ergänzung des Artikels 174 AEUV zurück:
"...
- (a) Insel-Mitgliedstaaten, die im Rahmen des Kohäsionsfonds förderfähig sind, und andere Inseln außer denen, auf denen die Hauptstadt eines Mitgliedstaats liegt oder die eine ortsfeste Verbindung zum Festland haben;
- (b) Berggebiete nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats;
- (c) Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte (weniger als 50 Einwohner pro Quadratkilometer) und sehr geringer Bevölkerungsdichte (weniger als 8 Einwohner pro Quadratkilometer)..."
Auf diesen Artikel bezieht sich der Entwurf der EFRE-VO, Artikel 10, im Hinblick auf die Berücksichtigung demografischer Probleme in den Operationellen Programmen insgesamt:
"... Bei den aus dem EFRE kofinanzierten Operationellen Programmen für Gebiete, die mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen gemäß Artikel 111 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. [...]/2012 [Allgemeine Verordnung] konfrontiert sind, wird den besonderen Schwierigkeiten dieser Gebiete besondere Aufmerksamkeit gewidmet..."
Damit wäre die besondere Berücksichtigung demografischer Problemlagen in den deutschen Fördergebieten ausgeschlossen. Dies soll geändert werden.
III. Konditionalitäten
IV. Zu den Konditionalitäten bei der Hochschulbildung
- 79. Der Bundesrat weist für den Bereich der Hochschulbildung auf die Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten bzw. Ländern hin und spricht sich daher gegen die Vorgabe konkreter Maßnahmen im Rahmen sogenannte Exante-Konditionalitäten für den Bereich der Hochschulbildung aus.
- 80. Gemäß dem Kommissionsvorschlag soll die Erfüllung so genannter Exante-Konditionalitäten durch die Mitgliedstaaten bzw. Regionen Voraussetzung zur Gewährung von Fördermitteln aus den europäischen Strukturfonds sein. Wird eine Exante-Konditionalität nicht erfüllt, so soll die Kommission insofern befugt sein, die Zahlungen an das jeweilige operationelle Strukturförder-Programm auszusetzen (Artikel 17 Absatz 5 des Verordnungsvorschlags). Für den Bereich der Hochschulbildung sieht Anhang IV Nummer 9.2 als Exante-Konditionalitäten eine Strategie auf nationaler oder regionaler Ebene zur Steigerung der Hochschulabschlussquote sowie von Qualität und Effizienz der Ausbildung vor. Diese hat im Einklang mit der Mitteilung der Kommission "Wachstum und Beschäftigung unterstützen - eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen (KOM (2011) 567 endg.)" zu stehen. Sie muss zudem nach dem Willen der Kommission ins Detail gehende Maßnahmen zur Steigerung von Zahl und Erfolg der Studierenden, zur Steigerung der Qualität und zugunsten von Beschäftigungsfähigkeit und Unternehmergeist umfassen.
- 81. Gemäß Artikel 6 AEUV ist die EU im Bereich allgemeine und berufliche Bildung nur für die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zuständig. Artikel 165 AEUV konkretisiert diese Zuständigkeit und weist in Absatz 1 daraufhin, dass Unterstützungs- und Ergänzungsmaßnahmen nur erforderlichenfalls und unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems durchgeführt werden dürfen. Nach Artikel 177 AEUV legen das Europäische Parlament und der Rat die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation sowie das Verfahren zur Verwaltung der EU-Strukturfonds fest. Die verpflichtende Vorgabe ins Detail gehender Maßnahmen ist von keiner der Ermächtigungsgrundlagen gedeckt. Dies gilt sowohl für die im Verordnungsvorschlag aufgeführten als auch für die in der Kommissionsmitteilung genannten Maßnahmen. Bisher hatten die Mitgliedstaaten und Regionen im Rahmen der derzeit laufenden Strukturfonds bei der Aufstellung der nationalen Rahmenpläne und regionalen Operationellen Programme nur allgemeine Prioritäten "zu beachten". Sanktionierungsmaßnahmen waren und sind nicht vorgesehen.
V. Zu den Konditionalitäten beim lebenslangen Lernen
VI. Thematische Konzentration und Prioritätenbildung
- 85. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich die Konzentration des Mitteleinsatzes auf klare Prioritäten. Die thematischen Ziele umfassen jeweils unterschiedlich große Investitions- bzw. Politikbereiche. Die Gewichtung dieser thematischen Ziele und ihre Übersetzung in fondsspezifische Interventionsbereiche müssen daher in Abhängigkeit von den regionalen sozioökonomischen Gegebenheiten erfolgen und dürfen nicht von der Kommission vorgegeben werden. Die Vorgabe von Quoten in Bezug auf einzelne thematische Ziele und Investitionsprioritäten wird daher abgelehnt.
- 86. Der Bundesrat hält es nicht für zielführend, dass nach Artikel 87 des Verordnungsvorschlags Prioritätsachsen nur ein einziges thematisches Ziel des Katalogs nach Artikel 9 aufgreifen dürfen.
- 87. Der Bundesrat spricht sich daher gegen den in Artikel 87 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags enthaltenen Grundsatz aus, dass jede Prioritätsachse eines künftigen Operationellen Programms nur einem einzigen thematischen Ziel entsprechen muss.
- 88. Soweit ein integrierter Ansatz unter Einschluss von Wirtschaftsförderung, Innovation und nachhaltiger Entwicklung gefordert wird, soll sich dieser demnach aus mehreren Prioritätsachsen bedienen.
- 89. Da wegen der Problem- und Chancenvielfalt in einer Region eine größere Zahl von Prioritätsachsen gebildet werden müssten, würde dies zu unnötiger Bürokratie und einer weiteren Erstarrung der Förderung führen.
- 90. Der Bundesrat sieht in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten darin, dass in der Programmplanung für jede "Integrierte territoriale Investition" einzeln und vorab festgelegt werden muss, wie viele Mittel aus den einzelnen Prioritätsachsen veranschlagt werden. Der Bundesrat betont die Notwendigkeit der Vereinfachung, der notwendigen Flexibilität und des Wettbewerbsgedankens.
- 91. Der Bundesrat stellt fest, dass bei der Bildung der Prioritätsachsen in den Operationellen Programmen keine Verpflichtung besteht, aus den Investitionsprioritäten jedes thematischen Ziels nochmals auszuwählen.
- 92. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, im Bereich der Bestimmungen zur thematischen Konzentration (Artikel 9) in allen Regionen die auf Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz zielenden thematischen Ziele zu einem einzigen thematischen Ziel zusammenzuziehen. Darüber hinaus sind diese thematischen Ziele bei den prozentualen Vorgaben im EFRE (Artikel 4) zusammen in die jeweilige prozentuale Vorgabe einzubeziehen.
VII. Territoriale Entwicklung
- 93. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass nunmehr in Anlehnung an den LEADER-Ansatz von der örtlichen Bevölkerung betriebene Maßnahmen zur lokalen Entwicklung im Rahmen von Strategien für lokale Entwicklung aus allen Fonds unterstützt werden können.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 94)
- 94. Der Bundesrat begrüßt, dass nunmehr in Anlehnung an den LEADER-Ansatz von der örtlichen Bevölkerung betriebene Maßnahmen zur lokalen Entwicklung im Rahmen von Strategien für lokale Entwicklung aus allen Fonds unterstützt werden können.
- 95. Er weist darauf hin, dass die Zuweisung fester Mittelkontingente aus den Operationellen Programmen an die lokalen Gruppen allenfalls eine Option sein darf, und fordert eine entsprechende Klarstellung im Verordnungstext. Erfahrungsgemäß führt die Kontingentierung von Ausgaben für bestimmte Zielgruppen, Teilregionen oder experimentelle Ansätze zu einer Zersplitterung der Fördermittel und zu unterkritischen Massen, vor allem aber auch zu einem Verlust an Anpassungsflexibilität während der Programmlaufzeit. Dies steht im Widerspruch zur angestrebten Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzes und der thematischen Konzentration.
Gleiches gilt für die "Integrierten territorialen Investitionen". Auch hier sollten die Auswahl und die Mittelzuweisung in den Operationellen Programmen allenfalls optional vorgesehen werden.
- 96. Aus der Sicht der Länder erscheint es problematisch, Umsetzungsverantwortlichkeiten oder Förderentscheidungen auf die lokale Ebene zu übertragen, während die Haftung für die korrekte Mittelverwaltung letztlich bei den Ländern verbleibt. Es wird unabhängig davon nicht möglich sein, bereits in den Operationellen Programmen die geplanten "Maßnahmen zur lokalen Entwicklung" und die "Integrierten territorialen Investitionen" einschließlich der Zuweisung der Finanzmittel darzulegen.
VIII. Monitoring, Begleitung und Evaluierung
IX. Verwaltung und Finanzkontrolle
Zu den Strukturfonds
- 104. Der Bundesrat hält es für bedenklich, dass die neuen Strukturen keine Verbesserungen und Vereinfachungen erbringen werden. Die Einführung wird zudem Anlaufprobleme und Verzögerungen zu Beginn der Förderperiode verursachen. Der Bundesrat lehnt daher die neuen Strukturen ab.
Der Bundesrat fordert, das jetzt eingespielte und bewährte Verwaltungs- und Kontrollsystem der Strukturfondsförderung beizubehalten. Das agrarische Verwaltungs- und Kontrollsystem ist der Strukturfondsförderung wesensfremd und für diese ungeeignet.
In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat auf die folgenden Bürokratie schaffenden Regelungen hin:
- - die Einrichtung einer zusätzlichen (fondsübergreifenden) landesweiten Akkreditierungsstelle; - die Abgabe einer zusätzlichen jährlichen Managementerklärung;
- - zusätzliche jährliche Rechnungsabschlüsse, einschl. Sanktionierungsmöglichkeiten.
Verwaltungs- und Kontrollsystem
- 105. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Beibehaltung der in der Förderperiode 2007 bis 2013 bewährten Verwaltungsstrukturen aus Verwaltungsbehörde, Bescheinigungsbehörde und Prüfbehörde für die Umsetzung der Operationellen Programme.
- 106. Der Bundesrat lehnt jedoch eine Trennung zwischen der Verantwortung für die Förderung mit EU-Mitteln und den entsprechenden Entscheidungskompetenzen ab. Er weist darauf hin, dass die vorgesehenen "von der örtlichen Bevölkerung betriebenen Maßnahmen zur lokalen Entwicklung", die "Gemeinsamen Aktionspläne" und die "Integrierten territorialen Investitionen" die Transparenz von Kompetenzen und Verantwortung innerhalb des Verwaltungs- und Kontrollsystems für die Strukturfonds gefährden.
- 107. Die Regionen sollten zur Anwendung dieser Instrumente daher auch nicht verpflichtet werden.
- 108. Der Bundesrat betont nachdrücklich, dass Regelungen zum Verwaltungs- und Kontrollsystem der Strukturfondsförderung nicht in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten eingreifen dürfen. Entsprechend diesem Grundsatz obliegt es den Mitgliedstaaten, Verwaltungs- und Kontrollsysteme einzurichten und auch die notwendigen Behörden zu bestimmen. Die Regelung, nach der Verwaltungs-, Bescheinigungs- und Prüfbehörde selbst dann nicht in einer Behörde angesiedelt werden dürfen, wenn der Grundsatz der funktionellen Unabhängigkeit gewahrt ist, wird als Eingriff in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten und Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot abgelehnt. [Diese Regelung gefährdet im Übrigen etablierte, von der Kommission anerkannte Organisationsstrukturen und verursacht ein Mehr an Bürokratie, dem kein Mehrwert oder Nutzen gegenübersteht.] Die Vorgabe funktioneller Unabhängigkeit ist ausreichend.
- 109. Der Bundesrat weist darauf hin, dass im deutschen Verwaltungsrecht bereits Möglichkeiten zur unabhängigen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen existieren und keine zusätzlichen Verwaltungsstrukturen geschaffen werden müssen.
- 110. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die vor Finanzkorrekturen vorgesehene Anhörungsfrist von zwei Monaten extrem kurz bemessen ist und zu Lasten einer fundierten Gegenäußerung der Mitgliedstaaten geht. Eine Frist von mindestens drei Monaten erscheint angemessener, insbesondere vor dem Hintergrund der föderalen Struktur in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten.
Akkreditierungsverfahren
- 111. Der Bundesrat lehnt die [vorgesehene Akkreditierung von Verwaltungs- und Kontrollstellen] entschieden ab,
- 112. insbesondere die erstmalige Einführung einer Akkreditierung bzw. einer zusätzlichen Akkreditierungsbehörde für den Bereich der EU-Strukturfondsförderung sowohl auf Ebene der Änderung der EU-Haushaltsverordnung als auch auf Ebene der sektorspezifischen Verordnungen (Allgemeine Verordnung). Die bereits etablierten bisherigen Strukturen für die Verwaltung und Kontrolle der EU-Strukturfondsförderung (Verwaltungsbehörde, Bescheinigungsbehörde, Prüfbehörde) haben sich bewährt und bieten eine ausreichende Sicherheit für eine zuverlässige und sichere Umsetzung. Eine Fortschreibung der Systeme ist daher angezeigt. Eine Akkreditierung würde nur ein Mehr an Verwaltung, Bürokratie, Kosten und Komplexitäten schaffen, denen kein Mehrwert oder Nutzen gegenüber steht. Zusätzliche Strukturen innerhalb der Mitgliedstaaten führen dort nicht automatisch zu einer Erhöhung der Verwaltungsqualität. Der Bundesrat bekräftigt insoweit auch seine Stellungnahme zur Änderung der EU-Haushaltsordnung vom 24. September 2010 (BR-Drucksache 347/10 (PDF) ).
- 113. Die Umsetzung der Kohäsionspolitik durch die Mitgliedstaaten entspricht dem Subsidiaritätsgrundsatz in der EU. Dass die Strukturfondsförderung zum Bereich der geteilten Mittelverwaltung im Sinne von Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b der geltenden EU-Haushaltsordnung (EU-HHO) gehört, ist ein in Artikel 4 Absatz 7 normierter Grundsatz der Kohäsionspolitik. Dieser leitet sich direkt aus dem Subsidiaritätsprinzip des Artikels 5 EUV ab. Nur wenn Haushaltsmittel von der Kommission zentral und indirekt verwaltet werden, bestimmt Artikel 53 Absatz 2 der geltenden EU-HHO, dass dies nach Maßgabe der Artikel 54 bis 57 EU-HHO erfolgt. Der Verweis auf Artikel 56 Absatz 3 der geltenden EU-HHO in Artikel 64 Absatz 1 stellt jedoch die im Wege der geteilten Mittelverwaltung administrierte Kohäsionspolitik mit Politikbereichen gleich, in denen die Kommission die Haushaltsmittel zentral verwaltet. Eine damit verbundene Zentralisierung der Kohäsionspolitik in der EU lehnt der Bundesrat strikt ab.
Sollte der Verweis in Artikel 64 sich nicht auf die geltende EU-HHO, sondern auf den Kommissionsvorschlag einer neuen EU-Haushaltsordnung (Ausgangsentwurf KOM (2010) 260 endg.; aktuelle Fassung: KOM (2010) 815 endg.) beziehen, verweist der Bundesrat insofern auf seine ablehnende Haltung zu den dort vorgesehenen Akkreditierungsverfahren (BR-Drucksache 347/10(B) ).
- 114. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass eine Akkreditierung von staatlichen Behörden durch andere staatliche Behörden in Deutschland keinen Rückhalt im Verwaltungsrecht findet und generell auch als Eingriff in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten abzulehnen ist. Soweit staatliche Behörden die Verwaltungs- und Kontrollaufgaben wahrnehmen, muss jedwede Akkreditierung bereits aus diesem Grund ausscheiden.
- 115. Der Bundesrat hält es für angezeigt, an dem in der Förderperiode 2007 bis 2013 eingeführten Verfahren der Konformitätsprüfung mit einer Annahme der Systeme durch die Kommission festzuhalten. Wenn die eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme, die in der gegenwärtigen Förderperiode ja auch bereits Prüfungen unterzogen und ggf. im Ergebnis von Prüfungen optimiert wurden, weitergeführt werden können, wird mit einer Konformitätsprüfung am Beginn der Förderperiode 2014 bis 2020 auch kein zeitlicher Verzug beim Start der Förderung eintreten. Außerdem erhalten die Behörden damit eine gewisse Rechtssicherheit für ihre eingerichteten Verwaltungssysteme.
Aufgaben der Behörden
- 116. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Verwaltungsbehörden die vorgesehenen Zuverlässigkeitserklärungen im Zusammenhang mit den neu geforderten jährlichen Rechnungsabschlüssen wohl nur werden abgeben können, wenn die zugrundeliegenden Vorgänge tatsächlich und damit auch vor Ort einer Prüfung unterzogen werden. Er macht darauf aufmerksam, dass entsprechende jährliche Prüfungen in jedem einzelnen Projekt für die Empfänger einen erheblichen Aufwand bedeuten. Durch diese zusätzlichen Bürokratiekosten sowohl auf Seiten der Empfänger als auch der Mitgliedstaaten werden bei den Unternehmen, Forschungseinrichtungen und anderen Empfängern, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern insgesamt das Ansehen der Strukturfondsförderung der EU und auch die positive Wahrnehmung der EU nachhaltig beeinträchtigt werden.
- 117. Der Bundesrat unterstreicht, dass die Fehleranalyse des Europäischen Rechnungshofes und der Kommission gezeigt hat, dass die gravierendsten Fehler, die ermittelt wurden, sich auf eine begrenzte Zahl von Programmen in einigen Mitgliedstaaten konzentrieren.
Wenn Prüfungsergebnisse der Vergangenheit gezeigt haben, dass in bestimmten Programmen oder Mitgliedstaaten Optimierungen am Verwaltungs- und Kontrollsystem notwendig sind, sollten derlei Verbesserungen im Rahmen einer Konformitätsprüfung der betreffenden Mitgliedstaaten eingefordert werden. Eine generelle weitere Verschärfung des Verwaltungs- und Kontrollsystems, unter anderem durch die Einführung jährlicher Rechnungsabschlüsse, in allen Mitgliedstaaten lehnt der Bundesrat als unverhältnismäßig ab.
- 118. Der Bundesrat begrüßt die nunmehr eingeräumte Möglichkeit, für ein Operationelles Programm die Aufgaben von Verwaltungs- und Bescheinigungsbehörde zusammenzulegen. Damit werden allerdings keine Einsparungen oder Vereinfachungen von Aufgaben erreicht. Gleichzeitig weist der Bundesrat vor dem Hintergrund dieses Paradigmenwechsels darauf hin, dass offensichtlich in der Vergangenheit verzichtbare Anforderungen an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten gestellt wurden.
- 119. Er spricht sich in diesem Zusammenhang für eine stärkere Beachtung der Verhältnismäßigkeit zwischen Kontroll- und Sanktionssystemen einerseits und der Betrugsprävention und den potenziellen Schäden andererseits aus.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 121)
Finanzmanagement/Finanzfluss
Datenaustauschsysteme
- 129. Der Bundesrat teilt das Vorhaben, die europäische Kohäsions-, Struktur- und Beschäftigungspolitik mit gesteigerter Effizienz umzusetzen. Hierzu gehören auch leistungsfähige Datenverarbeitungssysteme.
- 130. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Forderung der Kommission, den gesamten Informationsaustausch zwischen den Empfängern und den Verwaltungsbehörden, Bescheinigungsbehörden, Prüfbehörden und den zwischengeschalteten Stellen ab dem 31. Dezember 2014 ausschließlich über elektronische Datensysteme abzuwickeln, nicht sichergestellt werden kann.
- 131. Er betrachtet es als zu weitgehend, dass der gesamte Informationsaustausch ab 31. Dezember 2014 zwischen den Empfängern und den für die Verwaltung und Kontrolle der Programme zuständigen Behörden ausschließlich auf elektronischem Weg erfolgen und die Nichteinhaltung dieser Vorgaben mit finanziellen Sanktionen verbunden werden soll. Deshalb bittet er die Kommission, die vorgeschlagenen Stufen und Sanktionen der e-Kohäsion zunächst zu erläutern und zu konkretisieren.
- 132. [Der Bundesrat weist vorsorglich darauf hin, dass] die beabsichtigte Verpflichtung zur Einführung auf eine Reihe von ungeklärten Fragen trifft, wie die Datensicherheit und den Datenschutz, die durchgängige Berücksichtigung nationaler Sicherheitsstandards bei allen Beteiligten auch außerhalb der Verwaltung, die Kompatibilität mit bisher eingeführten Systemen, die elektronische Signatur sowie die Verlässlichkeit und Authentizität von Ausgaben und Zahlungsbelegen. [Er vertritt die Auffassung, dass] die Verpflichtung zur vollständigen elektronischen Verwaltung nicht zu Verzögerungen bei der Programmumsetzung und zu unangemessenen Mitteleinsätzen führen darf.
- 133. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass allein die Übertragung der Abwicklung auf elektronische Medien nicht automatisch zu einer Senkung der Bürokratielasten für die Empfänger führt. Dafür sind einfache Verwaltungs- und Prüfverfahren vorrangig. Eine Vereinfachung der Verfahren wird jedoch durch die Vorschläge der Kommission nicht erreicht.
X. Förderfähigkeitsregeln
- 134. Der Bundesrat begrüßt, dass bei allen Fonds, die den Gemeinsamen Strategischen Rahmen unterstützen, grundsätzlich die Förderfähigkeit von Ausgaben auf der Grundlage von nationalen Regelungen festgelegt werden soll. Dadurch wird vermieden, dass gleichartige Ausgaben bei nationaler und bei europäischer Förderung unterschiedlich behandelt werden.
- 135. Dieser Grundsatz wird jedoch von einigen Vorschlägen der Kommission durchbrochen. Abzulehnen ist insbesondere der Vorschlag, nicht erstattungsfähige Mehrwertsteuer [bei Infrastrukturvorhaben] künftig nicht mehr als zuwendungsfähige Ausgabe anzuerkennen. Da die nicht erstattungsfähige Mehrwertsteuer von den öffentlichen oder privaten Projektträgern tatsächlich als Ausgabe getragen werden muss, bedeutet diese Regelung, dass [bei Infrastrukturvorhaben] der Fördersatz faktisch gegenüber der bisherigen Förderpraxis erheblich abgesenkt würde. Dies hätte gravierende negative Folgen für die Realisierbarkeit von Infrastrukturprojekten. Insbesondere kommunale, aber auch alle anderen Träger von Infrastrukturvorhaben wären von dieser Regelung betroffen.
- 137. Der Bundesrat lehnt eine Begrenzung des Kofinanzierungssatzes auf der Ebene jeder einzelnen Prioritätsachse ab. Wie auch in der laufenden Förderperiode sollte die Einhaltung der Obergrenze für die Beteiligung der Strukturfonds auf der Ebene des Operationellen Programms sichergestellt werden.
- 138. Der Bundesrat begrüßt die Klarstellung, dass die Förderung mit verschiedenen Unterstützungsarten erfolgen kann und dass dazu nicht nur direkte Finanzhilfen in der Form von Zuschüssen und die Unterstützung über Fondslösungen, sogenannte Finanzinstrumente, gehören, sondern auch die aus den Programmen direkt für einzelne Projekte gewährte rückzahlbare Unterstützung, die in mehreren Ländern schon seit der Förderperiode 2000 bis 2006 erfolgreich eingesetzt wird. [Der Bundesrat begrüßt, dass nach dem Verordnungsvorschlag in dem Kommissionsbeschluss zur Genehmigung eines Operationellen Programms festgelegt werden kann, ob der Kofinanzierungssatz entweder auf die förderfähigen Gesamtausgaben oder auf die förderfähigen öffentlichen Ausgaben angewandt wird (Artikel 110). Dies sollte im Sinne einer Harmonisierung auch für den ELER gelten.]
- 139. Der Bundesrat unterstützt auch eine weitere Erleichterung bei der Anwendung von Pauschalregelungen einschließlich der Möglichkeit, Pauschalregelungen aus anderen EU-Förderbereichen zu übernehmen. Damit es tatsächlich zu einer Erleichterung kommt, muss jedoch klargestellt werden, dass die Berechnungsgrundlagen für die Begründung einer Pauschalierungsregelung gemäß Artikel 57 Absatz 4 alternativ und nicht kumulativ nachzuweisen sind. Auch erscheinen der Prozentsatz von 15 Prozent für eine Gemeinkostenpauschale, der nach dem Verordnungsvorschlag ohne den Nachweis einer Berechnungsgrundlage angewandt werden darf, und ein maximaler Prozentsatz von 20 Prozent für eine Gemeinkostenpauschale auf Basis einer nachgewiesenen Berechnungsgrundlage zu gering und realitätsfern, als dass diese Pauschalsätze tatsächlich eine attraktive Option darstellen, und damit zu einer Vereinfachung führen. Im Übrigen sollten Pauschalregelungen bei allen Unterstützungsarten angewandt werden dürfen und nicht nur bei Finanzhilfen in der Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse.
- 140. Der Bundesrat schlägt vor, von der Regelung für Einnahmen schaffende Vorhaben neben Vorhaben, die unter die Regelungen zu staatlichen Beihilfen fallen, alle Formen der von den Endempfängern zurückzuzahlenden Hilfen auszunehmen, nicht nur - wie von der Kommission vorgeschlagen - die Hilfen, die über Finanzinstrumente ausgereicht werden, sondern auch die Hilfen, die für Infrastrukturmaßnahmen direkt als rückzahlbare Unterstützung gewährt werden. Anderenfalls bleibt die Unterstützungsart der direkten rückzahlbaren Unterstützung für Einnahmen schaffende Infrastrukturen weiterhin unattraktiv und damit faktisch ausgeschlossen.
- 141. Der Bundesrat begrüßt die Klarstellung im Rahmen der Verordnungsvorschläge zur Förderfähigkeit von Vorhaben je nach Standort (Artikel 60). Er fordert jedoch sicherzustellen, dass Förderstrategien in funktionalen Räumen nicht an administrativen Grenzen enden. Die Förderung länder- und Operationeller-Programm-übergreifender Strukturen sollte zukünftig ermöglicht werden. Daher sollte klar herausgestellt werden, dass Vorhaben mit fonds- oder programmübergreifendem Nutzen gleichzeitig aus mehreren Operationellen Programmen anteilig finanziert werden dürfen. Diese neuartige Kooperationsmöglichkeit sollte über die im Artikel 60 Absatz 2 Buchstabe b vorgegebene Grenze von 10 Prozent der Finanzierungsmöglichkeit außerhalb des Programmgebiets hinausgehen können.
XI. Finanzinstrumente
- 142. Der Bundesrat begrüßt die Kommissionsvorschläge zur Verstärkung des Einsatzes revolvierender Instrumente, um die Förderung auch über Förderperioden hinaus zu verstetigen. Er unterstützt die Öffnung des Instrumentariums für alle Themen und Handlungsfelder der Strukturfonds sowie bei Unternehmensfonds für alle Phasen der Unternehmensentwicklung. Er begrüßt dabei auch, dass neben den verschiedenen vorgesehenen Fondsvarianten (Finanzinstrumenten im engeren Sinne) auch die direkt (von den Verwaltungsbehörden oder zwischengeschalteten Stellen) als rückzahlbare Beihilfen gewährten Hilfen sowie Kombinationen von Finanzinstrumenten und anderen Fördermaßnahmen möglich bleiben. Allerdings sind klarere begriffliche Unterscheidungen zwischen Finanzinstrumenten und (sonstigen) rückzahlbaren Unterstützungsformen zu treffen.
- 143. Der Bundesrat fordert, dass die Regionen auch künftig in der Lage sein müssen, entsprechend dem regionalen Bedarf und dem Prioritätensystem des Operationellen Programms das passende Finanzinstrument oder die passende Unterstützungsart auszuwählen, neu zu entwickeln oder passgenau den bestmöglichen Instrumentenmix zu finden. Dabei dürfen einzelne Instrumente nicht privilegiert werden. Es darf keine höheren Hürden für Individuallösungen auf regionaler Ebene im Vergleich zu Standardinstrumenten auf EU-Ebene geben.
- 144. Insbesondere für eine Privilegierung von Fonds auf der EU-Ebene durch Anhebung des Beteiligungssatzes auf bis zu 100 Prozent ist kein sachlicher Grund erkennbar. Soweit für Finanzinstrumente eine Anhebung des Beteiligungssatzes um 10 Prozentpunkte in Betracht kommt, sollte dies im Übrigen unabhängig davon erfolgen, ob sie eine eigene Prioritätsachse bilden.
- 145. Es ist ebenfalls nicht akzeptabel, dass Prüfungen der von der Kommission verwalteten Finanzinstrumente durch die für die Programme zuständigen Stellen ausgeschlossen werden, während die Regelung zur Verwaltung und Kontrolle für Finanzinstrumente in der Zuständigkeit der Regionen einer künftigen Regelung durch die Kommission per delegiertem Rechtsakt zugewiesen wird. Ebenso lehnt der Bundesrat die Begrenzung von Zahlungsanträgen für national oder regional verwaltete Fonds auf den Zweijahresbedarf ab, während bei Finanzinstrumenten, die direkt oder indirekt durch die Kommission verwaltet werden, die Zahlung des Gesamtbetrags des EFRE-Beitrags an das Finanzinstrument erstattungsfähig bliebe.
- 146. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission dahingehend überein, dass mit den Klarstellungen bei den Begriffsbestimmungen, mit den vorgesehenen Bestimmungen zur Förderfähigkeit, zu Zinsen und sonstigen Gewinnen und zur Wiederverwendung von Rückflüssen sowie mit den Ausnahmeregelungen für Finanzinstrumente grundsätzlich die Rechtssicherheit verbessert wurde. Damit sind wichtige Forderungen der deutschen Länder erfüllt.
- 147. Der Bundesrat stellt fest, dass in Bezug auf die Abwicklung der Finanzinstrumente delegierte Rechtsakte vorgesehen sind. Damit besteht keine Rechtssicherheit für die Beteiligten. Diese ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung von Finanzinstrumenten und für ein stärkeres Engagement der Privatwirtschaft. Zwingend erforderlich ist ein von Beginn an verbindliches und abschließendes Regelwerk über die gesamte Förderperiode und Laufzeit der Finanzinstrumente, dessen Auslegung und praktische Anwendung zwischen den Beteiligten verlässlich abgestimmt ist.
Zur technischen Hilfe
- 148. Der Bundesrat sieht in dem vorliegenden Verordnungsvorschlag eine Verlagerung weiterer bürokratisch belastender Aufgaben von der Kommission auf den Mitgliedstaat. Ferner werden die Verfahren deutlich komplexer. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatz von 4 Prozent des Mittelbudgets für die technische Hilfe bei Weitem nicht ausreichend. Gerade für kleine Programme ist ein deutlich höherer Ansatz erforderlich, ohne dass dieser durch "Verzichte" anderer Programme erkauft werden muss.
Zu den Finanzbestimmungen
- 149. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Anliegen, gemeinsame Bestimmungen für die verschiedenen Fonds festzulegen, bei der Benennung der Gebietskategorien und der damit verbundenen EU-Beteiligung (Kofinanzierungssätze) nicht voll umfänglich umgesetzt wird. Während für den EFRE und den ESF die Gebietskategorie "Übergangsgebiet" (einschließlich Sicherheitsnetz) eingeführt wird, fehlt diese Kategorie im ELER. Damit würden sich für die Umsetzung der Fonds in den Regionen deutlich unterschiedliche Gebietszuordnungen sowie Kofinanzierungssätze ergeben. Dies widerspricht der angestrebten Harmonisierung. Der Bundesrat hält es deshalb für erforderlich, dass auch für den ELER die gleichen Regelungen für die Klassifikation der Gebietseinheiten gelten. Die Kategorie der Übergangsgebiete (einschließlich Sicherheitsnetz) ist entweder im Vorschlag zur ELER-Verordnung zu ergänzen oder durch geänderte Platzierung in der Rahmenverordnung sicherzustellen.
Begründung:
In der Rahmenverordnung (Artikel 82) werden für den EFRE und ESF drei Kategorien von Regionen auf der Nuts-2-Ebene ausgewiesen:
- - weniger entwickelte Regionen, - Übergangsregionen,
- - stärker entwickelte Regionen.
Demgegenüber findet sich in der ELER-Verordnung (Artikel 65) im Zusammenhang mit der Beteiligung der Fonds nur eine Aussage zu weniger entwickelten sowie den übrigen Regionen. Es besteht jedoch auch im Bereich der ELER-Verordnung das Erfordernis, dass die aus der Höchstförderung ausscheidenden Gebiete in Entsprechung der Regelung für die Strukturfonds als Übergangsregionen anerkannt und finanziell unterstützt werden.
Eine geänderte Platzierung in der Rahmenverordnung würde bedeuten, dass die relevanten Teile der Artikel 82, 84 und 110 aus dem Teil 3 in den Teil 2 der Rahmenverordnung zugeordnet werden müssen und erforderliche Querbezüge bzw. Relativierungen im Vorschlag zur ELER-Verordnung aufzunehmen sind.
XII. Delegierung von Rechtsakten
- 150. Der Bundesrat sieht es als kritisch an, dass der Verordnungsvorschlag an rund 40 Stellen Ermächtigungen enthält, nach denen die Kommission delegierte Rechtsakte (im Wesentlichen Präzisierungen und Einschränkungen) nach den Artikeln 142 und 143 des vorliegenden Entwurfs erlassen kann. Dies steht zum einen den Grundsätzen der Vereinfachung und der weitestgehenden Anwendung nationalen Rechts (Subsidiaritätsprinzip) entgegen. Zum anderen ist zu befürchten, dass diese nicht umfänglich vor Beginn der Förderperiode, sondern zu einem späteren Zeitpunkt und dann rückwirkend erlassen werden. Der Bundesrat fordert eine deutliche Reduzierung und Beschränkung sowie das Verbot der Rückwirkung.
- 151. Der Bundesrat stellt eine auffällige Häufung der Übertragung von Befugnissen auf die Kommission mittels delegierter Rechtsakte fest, für deren Erlass zudem keine Frist vorgesehen ist. Damit besteht für die Länder und letztlich Empfänger in wesentlichen Fragen keine Rechtssicherheit. Ein von Beginn an verbindliches und abschließendes Regelwerk stellt jedoch eine zentrale Voraussetzung für eine fehlerfreie und erfolgreiche Förderung dar.
- 152. Der Bundesrat fordert, dass die Delegierung von Rechtsakten (Artikel 142, 143 des Verordnungsvorschlags) den primärrechtlichen Vorgaben des AEUV entsprechen muss. Danach sind Ermächtigungen an die Kommission, delegierte Rechtsakte zu erlassen, auf vorab klar definierte inhaltliche (Artikel 290 AEUV) oder Durchführungsfragen (Artikel 291 AEUV) zu begrenzen. In jedem Einzelfall einer Ermächtigung muss gewährleistet sein, dass nur unwesentliche bzw. ausschließlich durchführungsbezogene Befugnisse übertragen werden. Die in vielen Vorschriften des Verordnungsvorschlags vorgesehenen breit angelegten Ermächtigungen zum Erlass weiterführender Rechtsakte zu wichtigen Fragen (Governance, Gemeinsamer strategischer Rahmen, Finanzkorrekturen bei materieller Zielverfehlung, Finanzinstrumente, Pauschalen, Aufgaben der Prüfbehörde) widersprechen diesem rechtsstaatlichen Grundsatz einzeln und erst recht in einer Gesamtbetrachtung eklatant.
XIII. Übergangsbestimmungen
- 153. Die Förderperiode 2014 bis 2020 wird sich mit der Abwicklung der vorangegangenen Förderperiode um mehrere Jahre überschneiden. Der Bundesrat fordert daher eine Klarstellung in Artikel 145 Absatz 1, dass sich die Abwicklung der Förderperiode 2007 bis 2013 nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften (insbesondere VO (EG) 1083/2006) richtet.
XIV. Berücksichtigung der Stellungnahme und Direktzuleitung an die Kommission
- 154. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die vorstehenden [Ausführungen] und {Forderungen bei der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an der Gestaltung und Ausrichtung der europäischen Kohäsions-, Struktur- und Beschäftigungspolitik} und [den weiteren Beratungen des Verordnungsvorschlags auf EU-Ebene] zu berücksichtigen.
- 155. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.