838. Sitzung des Bundesrates am 9. November 2007
A.
Der federführende Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt, dass mit der bisherigen vierteljährlichen Handwerksberichterstattung erstmals eine die Unternehmen belastende Primärerhebung gänzlich durch die Nutzung von ohnehin vorliegenden Verwaltungsdaten entfallen soll. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die Qualität und Aktualität dieser Verwaltungsdaten - stammend von den Finanz- und Arbeitsverwaltungen - bisher zwar als hinreichend geeignet, aber doch als noch verbesserungsfähig eingeschätzt wird.
Auch im Hinblick auf die beabsichtigte - und vom Bundesrat unter dem Gesichtspunkt der weiteren Entlastung insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen uneingeschränkt begrüßte - zukünftige Ausweitung der Verwaltungsdatennutzung sollten die statistischen Ämter von Bund und Ländern beim Aufbau und der Gestaltung entsprechender Verwaltungsregister noch intensiver als bisher eingebunden werden.
Der Bundesrat begrüßt darüber hinaus, dass es bereits in der jüngsten Vergangenheit durch mehrere Gesetzesnovellierungen gelungen ist, die bisher stark durch Statistikpflichten betroffenen Branchen zu entlasten. Dies gilt insbesondere für das Verarbeitende Gewerbe.
Grundsätzlich ist es vertretbar, wenn bisher nicht oder nur am Rande der amtlichen Statistik berichtende Branchen, deren Bedeutung gewachsen ist, im Zuge des Strukturwandels mit einer - allerdings möglichst gering zu haltenden - Berichtspflicht belegt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht solche Informationspflichten vor, die auf entsprechende EU-Verordnungen zurückgehen.
Der Bundesrat stellt jedoch bedauernd fest, dass seine Vorschläge zur Entschlackung der einschlägigen EU-Vorgaben (vgl. BR-Drucksache 169/06(B) ) nur zum geringen Teil umgesetzt wurden. Auch aus der Unterrichtung des Deutschen Bundestages durch die Bundesregierung (vgl. BT-Drucksache 016/3959) geht hervor, dass die begrüßenswerten Bemühungen der Bundesregierung zur Entlastung bzw. geringstmöglichen Mehrbelastung der Unternehmen nicht durchgreifend erfolgreich waren.
Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob nicht für besonders belastende Merkmale die Informationen aus anderen Datenquellen als durch Befragung der Unternehmen gewonnen werden können. Dies gilt insbesondere für das Merkmal "Aufwendungen für Leiharbeiter".
2. Zu Artikel 2 Nr. 5 ( § 11 Abs. 1 UStatG)
In Artikel 2 Nr. 5 ist § 11 Abs. 1 wie folgt zu fassen:
Begründung
Bereits nach dem derzeitigen Umweltstatistikgesetz finden sowohl eine Erhebung der Umweltschutzinvestitionen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 UStatG) als auch eine Erhebung der laufenden Aufwendungen (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UStatG) statt. Die beiden Erhebungen richten sich an unterschiedliche Berichtskreise. Für die Erhebung der Umweltschutzinvestitionen werden Unternehmen und Betriebe befragt, die Umweltschutzinvestitionen getätigt haben. Im Gegensatz dazu erfolgt die Erhebung der laufenden Aufwendungen auf der Basis eines Stichprobenplans mit anschließender Hochrechnung. Die Stichprobenziehung muss unabhängig von der Erhebung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 UStatG durchgeführt werden, um eine repräsentative Auswahl treffen zu können.
Die Neuformulierung soll diesen Sachverhalt verdeutlichen. Aus der Formulierung im Gesetzentwurf könnte der Eindruck entstehen, dass die laufenden Aufwendungen für Maßnahmen, die ausschließlich oder überwiegend dem Schutz der Umwelt dienen, nur bei den Unternehmen und Betrieben erfragt werden sollen, die auch in den Umweltschutz investiert haben.
3. Zu Artikel 4 Nr. 4 (§ 4 Abs. 1, Abs. 2 HwStatG)
Artikel 4 Nr. 4 ist wie folgt zu fassen:
"4. § 4 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 werden die Wörter "von selbständigen Handwerkern" durch die Angabe "nach § 2 Nr. 1" ersetzt.
- b) In Absatz 2 werden die Wörter "allen selbständigen Handwerkern" durch die Wörter "den Betrieben und Unternehmen im Sinne von Absatz 1" ersetzt."
Begründung
Nach Artikel 4 Nr. 4 des Gesetzentwurfs sollen in § 4 Abs. 1 HwStatG die Wörter "von selbständigen Handwerkern" durch die Angaben "nach § 2 Nr. 1" ersetzt werden. Als Folgeänderung muss auch in § 4 Abs. 2 HwStatG die Formulierung "bei allen selbständigen Handwerkern" angepasst werden.
4. Zu Artikel 5 Nr. 01 - neu - (§ 1 Abs. 2 Satz 3 - neu - DlStatG)
Artikel 7 Nr. 3 Buchstabe a0 - neu - (§ 5 Abs. 1 Satz 3 - neu -HdlStatG)
- a) In Artikel 5 ist der Nummer 1 folgende Nummer voranzustellen:
"01. In § 1 wird dem Absatz 2 folgender Satz angefügt:
"Die Häufigkeit der Stichprobenziehung wird von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder festgelegt, die bei ihrer Entscheidung Effizienz und Qualität der Statistik berücksichtigen."
- b) In Artikel 7 Nr. 3 ist dem Buchstaben a folgender Buchstabe voranzustellen:
"a0) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Die Häufigkeit der Stichprobenziehung wird von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder festgelegt, die bei ihrer Entscheidung Effizienz und Qualität der Statistik berücksichtigen."
Begründung
Die Ergänzung dient der Klarstellung, dass die Stichproben nicht jährlich neu zu ziehen sind. Vielmehr legen die statistischen Ämter des Bundes und der Länder die Dauer der Gültigkeit einer Stichprobe nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Diese Klarstellung ist erforderlich, da in der Rechtsprechung teilweise die bislang geltende Gesetzesformulierung als Grundlage für die Beibehaltung einer Stichprobe über mehrere Jahre als nicht ausreichend angesehen wurde und demzufolge eine erhöhte Rechtsunsicherheit besteht. Die vorgeschlagene Ergänzung ist somit mittelbar auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau.
5. Zu Artikel 5 Nr. 2 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b DlStatG)
In Artikel 5 Nr. 2 ist § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b zu streichen.
Begründung
Die exakte Definition des synthetischen Merkmals "Vollzeiteinheit" ist kaum möglich, da der quantitative Umfang einer "Vollzeiteinheit" auf Grund unterschiedlicher Tarifverträge und der Vielzahl von flexiblen Arbeitszeitmodellen schwankt. Außerdem kann dieses Merkmal nicht direkt den Geschäftsunterlagen entnommen werden. Die Bereitstellung dieser Daten bereitet den berichtspflichtigen Unternehmen daher überproportional großen Aufwand. Zur Erfüllung entsprechender Lieferverpflichtungen an die EU kann jedoch auf andere bestehende Erhebungen innerhalb und außerhalb der amtlichen Statistik zurückgegriffen werden, die in Verbindung mit fundierten Schätzungen eine hinreichende Datengrundlage bilden, auch für einzelne Wirtschaftsbereiche und auf Länderebene. Zu nennen sind die Verdienststatistiken, die vom "Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder" der Statistikämter zur Verfügung gestellten Arbeitsvolumenberechnungen und das "IAB-Betriebspanel" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.
6. Zu Artikel 5 und 6
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die vorgesehenen Änderungen dahingehend zu prüfen, ob alternative Regelungen zur Ausweitung der Berichtskreise möglich sind, um die Bürokratiekosten bei den betroffenen Unternehmen möglichst gering zu halten.
Begründung
Durch Artikel 5 Nr. 1 bzw. Artikel 6 Nr. 1 des Gesetzentwurfs wird der in § 2 Abs. 1 DlStatG-E bzw. in § 2 DLKonjStatG-E genannte Erhebungsbereich ausgeweitet. Grundsätzlich ist die bessere statistische Erfassung des Dienstleistungssektors, die bisher im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe nicht so stark ausgeprägt ist, positiv zu bewerten. Die vorgesehene erhebliche Ausweitung der Zahl der Berichtspflichtigen - allein in Bayern ist mit einer Zunahme um etwa 2.000 bis 2.500 Berichtspflichtige (dies entspricht einer Steigerung um 15 %) zu rechnen - steht allerdings im Widerspruch zu dem Ziel, bürokratische Lasten gerade für kleine und mittelständische Unternehmen abzubauen. Zwar sieht der Gesetzentwurf in Artikel 5 Nr. 2 (§ 3 Abs. 5 DlStatG-E) bestimmte Erleichterungen für Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern vor, dennoch wird die Ausweitung des Berichtskreises mit zusätzlichen Bürokratiekosten auch für mittelständische Dienstleistungsunternehmen einhergehen. Dies sieht auch die Bundesregierung in der Gesetzesbegründung so (A. Allgemeiner Teil, VI. Bürokratiekosten). Deshalb wird um Prüfung gebeten, ob eine die Wirtschaft in geringerem Umfang belastende Regelung (die dennoch den EG-Vorgaben genügt) möglich ist.
7. Zu Artikel 7 Nr. 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa HdlStatG)
In Artikel 7 Nr. 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa wie folgt zu fassen:
- "aa) Zahl der tätigen Personen nach Stellung im Beruf und Geschlecht sowie Zahl der Teilzeitbeschäftigten jeweils nach dem Stand vom 30. September,"
Begründung
Die exakte Definition des synthetischen Merkmals "Vollzeiteinheiten der Teilzeitbeschäftigten" ist kaum möglich, da der quantitative Umfang einer "Vollzeiteinheit" auf Grund unterschiedlicher Tarifverträge und der Vielzahl von flexiblen Arbeitszeitmodellen schwankt. Außerdem kann dieses Merkmal nicht direkt den Geschäftsunterlagen entnommen werden. Die Bereitstellung dieser Daten bereitet den berichtspflichtigen Unternehmen daher überproportional großen Aufwand, zumal im Binnenhandel eine große Zahl von geringfügig Beschäftigten tätig ist. Zur Erfüllung entsprechender Lieferverpflichtungen an die EU kann jedoch auf andere bestehende Erhebungen innerhalb und außerhalb der amtlichen Statistik zurückgegriffen werden, die in Verbindung mit fundierten Schätzungen eine hinreichende Datengrundlage bilden, auch für einzelne Wirtschaftsbereiche und auf Länderebene. Zu nennen sind die Verdiensterhebungen, die vom "Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder" der Statistikämter zur Verfügung gestellten Arbeitsvolumenberechnungen und das "IAB-Betriebspanel" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.
B.
- 8. Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.