19. Es ist bereits heute absehbar, dass die in den Erwägungsgründen aufgeführten Zusagen der EU, flächendeckend bis zum Jahr 2015 für alle Gewässer den guten Zustand zu erreichen, nicht eingehalten werden können. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die aus der starken Industrialisierung und den intensiven landwirtschaftlichen Nutzungen resultierenden Belastungen der Umwelt, insbesondere der Gewässer, nicht in wenigen Jahren zurückgeführt werden können. Dies ist bereits auf Grund faktischer Randbedingungen wie z.B. Grundwassererneuerungszeiten nicht möglich.
Aber auch die mangelnde Kohärenz der Umweltpolitik mit anderen Politikfeldern (Prioritäres Ziel 7: Verbesserung der Einbeziehung von Umweltbelangen und der Politikkohärenz, siehe Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe g) trägt zu dem Problem bei. Hier ist zunächst die Landwirtschaftspolitik zu nennen, deren belastende Auswirkungen auf Gewässer-, Wasser- und Bodenqualität sich auf Grund der starken Industrialisierung bzw. Intensivierung der Landwirtschaft gegenüber dem Zustand im letzten Jahrhundert eher noch verstärkt haben. Diese Problematik wird durch die Anmerkung unter Ziffer 2, dass die Schadstoffbelastung von Luft, Gewässern und Böden spürbar zurückgegangen ist, ungerechtfertigterweise abgeschwächt. Es liegt zumindest in weiten Teilen nach wie vor z.B. eine erhebliche Belastung des Grundwassers mit Nitrat vor. Aktivitäten hin zu einer größeren Vereinbarkeit von Landwirtschafts- und Umweltpolitik, insbesondere Gewässerschutz, sind ausdrücklich zu begrüßen, und müssen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik entschieden gefördert werden ("Ökologisierung der GAP"). Zur Erreichung der Ziele bedarf es einer deutlicheren Abstimmung und einer Harmonisierung der europäischen Vorgaben und Richtlinien. Im Gegensatz zur Darstellung im Umweltaktionsprogramm sind die EU-weiten Regelungen ohne weitere Verbesserung nicht geeignet, die vorgegebenen Ziele zu erreichen; daher besteht erheblicher Harmonisierungsbedarf.
Weiter sind die Chemikalienpolitik und die Gesundheitspolitik zu nennen. Hier ist zwischen der Zulassung von Chemikalien (REACH) und der Gewässerüberwachung sowie der Bewirtschaftung eine stärkere Verknüpfung herzustellen. Nationale Anstrengungen alleine reichen hier nicht. Diese Kohärenz darf aber insbesondere vor Arzneimitteln nicht haltmachen. Auch hier ist bereits bei der Zulassung zu prüfen, welche Umweltauswirkungen sich durch den Einsatz neuer (und bereits zugelassener) Arzneistoffe ergeben und ob die gewünschte medizinische Wirkung auch auf andere wesentlich geringere umweltschädliche Weise erzielt werden kann.
Eine weiteres Feld der (Umwelt-) Politik, bei der eine Verbesserung der Kohärenz für die Erreichung der Ziele des Gewässerschutzes und der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich erscheint, ist die vorgesehene Förderung der erneuerbaren Energien. Daher sollten bei der Förderung erneuerbarer Energien die Umweltziele Erhaltung der Biodiversität und Gewässerschutz berücksichtigt werden.
Auch die Einbeziehung weiterer Politikfelder (z.B. Planung, Infrastruktur) ist von großem Nutzen für die Verbesserung der Umwelt und deren Auswirkung auf die Menschen. Die Verbesserung des Hochwasserschutzes und die Umsetzung der Hochwasser-Risikomanagementrichtlinie kann für Synergien bei der Erreichung des guten ökologischen Zustands der Fließgewässer genutzt werden. Eine Verminderung der Nährstoffbelastung der Meere und ein effektiver Meeresschutz kann nur erreicht werden, wenn der Nährstoffaustrag aus landwirtschaftlichen Flächen und der Transport der Nährstoffe über das Grundwasser und die Oberflächengewässer in Richtung Meer wirksam begrenzt werden (siehe Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie).
Die Festlegungen zur Erreichung des Schutzziels "Schutz, Erhaltung und Verbesserung des Naturkapitals der EU" im Vorschlag der Kommission, Ziffer 26 Buchstabe a bis g, enthalten zwar explizit den Hinweis auf die Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (Buchstabe b). Aber auch in den weiteren prioritären Zielen
- - 4: Maximierung der Vorteile aus dem Umweltrecht der EU
- - 5: Verbesserung der Faktengrundlage für die Umweltpolitik
- - 6: Sicherung von Investitionen für Umwelt- und Klimapolitik und angemessene Preisgestaltung sind wasserwirtschaftliche Ziele enthalten.
Allerdings sind die dazu erforderlichen Schritte, z.B. die Umsetzung des Blueprints für den Schutz der europäischen Wasserressourcen, nicht hinreichend konkret formuliert.